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Weihnachten ist kein Datum – es ist ein Gefühl. In seinem neuen Erzählband „Der unfreiwillige Weihnachtsmann“ versammelt Carsten Zehm Geschichten von Menschen, die an den Feiertagen mehr finden, als sie suchen: Hoffnung, Mitgefühl – und manchmal ein kleines Wunder, das niemand erwartet hat. Ein mürrischer Rentner stolpert widerwillig in ein Weihnachtsmannkostüm und entdeckt, dass man Herzen nicht nur mit Geschenken öffnen kann. Eine Familie erlebt ein turbulentes Fest, als plötzlich das Ordnungsamt, drei Polizisten und ein halber Gänsebraten in die Feier geraten. Eine Drohne bringt Chaos und Freude zugleich, während in einem verschneiten Dorf jemand einem Engel begegnet, der gar keiner zu sein scheint – und doch zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Carsten Zehm erzählt mit feinem Humor, liebevollem Blick und einer Prise Nachdenklichkeit vom Fest der Feste – warmherzig, leise, manchmal heiter, immer menschlich. Seine Figuren sind keine Helden, sondern Menschen: ungeduldig, einsam, überfordert oder schlicht zu spät dran – und gerade deshalb berührend echt. Zwischen Rotkohl, Kerzenlicht und Schneeflocken finden sie, was Weihnachten wirklich ausmacht: Nähe. Denn manchmal genügt ein kleiner Moment, um zu zeigen, dass Menschlichkeit und Hoffnung nicht verloren sind – selbst dann, wenn die Welt draußen laut, hektisch und ungeduldig geworden ist. „Der unfreiwillige Weihnachtsmann“ ist ein Lesebuch für stille Stunden, ein Begleiter durch die kalten Tage und eine Einladung, sich auf das einzulassen, was bleibt, wenn die Geschenke längst ausgepackt sind. Warmherzig, augenzwinkernd und atmosphärisch dicht geschrieben, vereint der Band die schönsten Facetten des Festes – zwischen Lächeln und Tränen, Ironie und Innigkeit. Für alle, die Weihnachten nicht nur feiern, sondern fühlen wollen.
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Seitenzahl: 61
Veröffentlichungsjahr: 2025
Allen, die noch an Weihnachten glauben …
.
Der unfreiwillige Weihnachtsmann
© 2025 Carsten Zehm
Website: www.carsten-zehm.de
Covergrafik: freepik
ISBN: 978-3-384-73026-8
Verlagslabel: Oranien-BuchDruck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
„Man muss die Menschenan das Gute erinnern, damit sie es nicht verlernen.”
Marie von Ebner-Eschenbach
Prolog – Vorhang auf
7
Der unfreiwillige Weihnachtsmann
11
Bescherung 2.0
23
Der Engel von Niederfelde
35
Der Weihnachtsmann im Parkverbot
41
Stille Nacht – aber nicht für alle
59
Das letzte Geschenk
77
Eine Verspätung an Heiligabend
83
Ein Gespräch mit dem Weihnachtsmann
101
orhang auf
V
Ein Gespräch mit dem Weihnachtsmann
(irgendwo am Nordpol)
Weihnachtsmann:
Na, da bist du ja endlich. Ich dachte schon, du hättest wieder den Glitzer in deinem Haar sortieren müssen.
Christkind:
Sehr witzig. Irgendwer muss schließlich für die festliche Note sorgen. Wenn’s nach dir ginge, stünden nur Rentiere im Wohnzimmer.
Weihnachtsmann:
Und was wäre daran schlecht? Die sind wenigstens CO₂-neutral.
Christkind:
Ja, aber sie haaren.
Weihnachtsmann:
Ha! Als ob deine Flügel nicht dauernd Federn verlieren würden. Letztes Jahr habe ich drei davon aus dem Glühwein gefischt.
Christkind:
Na schön. Aber trotz aller Unterschiede: Am Ende sind wir doch jedes Jahr wieder die Deppen, die alles richten müssen.
Weihnachtsmann:
Das stimmt. Und trotzdem machen wir’s.
Christkind:
Ja. Weil irgendwer dran glauben soll, dass es an Weihnachten mehr gibt als Geschenke und Stress.
Weihnachtsmann:
Apropos Geschenke, ich hab was für dich. Dieses kleine Buch hier. „Der unfreiwillige Weihnachtsmann“. Lies mal. Schenk ich dir.
Christkind:
Hey, das ist voll lieb. Danke. „Der unfreiwillige Weihnachtsmann“ … klingt nach dir! Nächstes Jahr schenke ich dir auch was.
Weihnachtsmann:
Na dann – frohes Fest, Partnerin im Glitzer.
Christkind:
Frohes Fest, alter Mann mit Bauch. Oder darf ich „wandelnde Knödelkugel“ sagen.
Weihnachtsmann:
Wenigstens bin ich noch nie im Schornstein stecken geblieben.
Manchmal hilft Lachen mehr als alle Kerzen zusammen.
(Notiz aus dem Punschbuch des Weihnachtsmanns,
Jahr unbekannt)
D
er unfreiwillige Weihnachtsmann
Er hasste Weihnachten.
Seit Jahren schon.
Er konnte sich nicht erinnern, Weihnachten überhaupt einmal gut gefunden zu haben. Manchmal glaubte er, dass einer seiner Vorfahrern ein Grinch gewesen sein musste.
Die Nachbarn schmückten ihre Balkone mit blinkenden Lichterketten, die jeden Abend so grell flackerten, dass er die Vorhänge zuziehen musste. In den Gärten der Einfamilienhäuser auf der anderen Straßenseite lieferten sich aufblasbare Schneemänner und Rentiere ein Wettrennen. Jede Hauskante war mit einer Lichterkette geschmückt. Laser – der neueste Schrei in der Hitliste des kitschigsten Vorweihnachtsmülls – zeichneten bunte Dinge an die Hauswände.
Wahrscheinlich nahmen die Besitzer an, dass sie zu Weihnachten gehörten.
Im Fernsehen liefen schnulzige Filme mit falschem Schnee, falschen Gefühlen und falschen Happy Ends. Und in den Supermärkten dudelte seit Wochen dieselbe endlose Dauerschleife von „Last Christmas“ bis „Oh Tannenbaum“. Nur die seit dem ersten September im Angebot befindlichen Pfefferkuchen waren bereits mehrere Male nachgefüllt worden. Wer verdammt stopfte sich bereits im Früherbst Pfefferkuchen und Marzipanbrote in den Hals?
Horst Wiegand, 72 Jahre alt, alleinstehend, pensionierter Lagerarbeiter und chronisch schlecht gelaunt, war auf dem besten Weg, als Griesgram in die städtische Folklore einzugehen. Keine Frau, keine Kinder, keine Enkel, keine Geschwister, quasi die Personifizierung der Einsamkeit. In seiner Zwei-Zimmer-Wohnung im dritten Stock überkam ihm bereits Anfang November das Gefühl, dass die Welt ohne ihn besser dran wäre.
Oder er ohne diese Welt.
Eine Welt, die seit Jahren den Bach runterging und im Dezember nichts Besseres zu tun hatte, als sich im Konsumrausch zu wiegen und zu tun, als ob Weihnachten das Fest der …
… ach, lass es einfach!
Einen Tag vor dem so genannten Heiligen Abend rief ihn plötzlich Kalle an, Karl-Heinz, mit dem er früher dreißig Jahre lang im selben Betrieb gearbeitet hatte, bis die Firma dichtmachte und sie beide in den Vorruhestand geschickt wurden. Der eine fand Trost in seiner Familie, der andere im Bier.
„Hotte, alte Socke“, dröhnte es durchs Telefon, dieselben Worte, mit denen er ihn dreißig Jahre lang jeden Morgen begrüßt hatte. Wieso war der immer noch genauso gut gelaunt wie damals?
„Kalle, alte Hundelunge“, ergänzte Horst ihre rituelle Begrüßung. „Was ist los? Hast du keinen Pfefferkuchen mehr im Laden bekommen, weil das Sortiment schon auf Ostern umgestellt wurde?“
„Du musst mir helfen, Alter. Meine Enkel bestehen drauf, dass der Weihnachtsmann kommt, also die vier Kleinen zumindest. Die vier großen glauben nicht mehr an den dicken Mann mit dem weißen Bart.“
„Acht Enkel hast du jetzt schon? Haben deine Kinder nichts Besseres zu tun?“ Ungewollt schlich sich etwas in seinen Ton, von dem er nicht wollte, dass Kalle es mitbekam.
„Wir können doch die Welt nicht den Doofen überlassen, Hotte. Haben wir doch früher auch immer gesagt.“
„Haben wir aber bisher nicht besonders gut hinbekommen.“
Eine kurze Pause, doch bevor Horst eine tiefschürfende, philosophische Bemerkung über Weihnachten und früher einfiel, fuhr Karl-Heinz fort: „Ja klar, acht Zwerge. Die Jüngste ist jetzt auch schon drei. Und die wollen den Weihnachtsmann. Letztes Jahr ist der Nachbar eingesprungen, aber der hat’s versaut. Hatte eine Jogginghose und Badelatschen unter dem Weihnachtsmannmantel an.
Und dann hat er sich nach der Bescherung direkt vor dem Haus eine Kippe angezündet und dabei seinen Bart abgefackelt.
Hotte, du bist meine letzte Hoffnung.“
„Ach? Am 23. fällt dir das ein? Wie viele hast du schon vorher gefragt?“
„Nur meinen Bruder, ehrlich. Aber der hat sich heute Morgen den Fuß gebrochen. Und ein Weihnachtsmann mit Gipsbein … echt jetzt?“
Horst wollte schon abwinken, doch Karl-Heinz legte nach: „Ich hab das Kostüm hier. Roter Mantel, Bart, Mütze – alles komplett. Ich bring dir das vorbei, dann kannste dich in Ruhe zuhause fertig machen. Du musst nur rein in die Stube und ‘Ho, ho, ho’ sagen. Ich mache dir einen Zettel fertig, auf dem alles Wichtige draufsteht. Danach trinken wir zusammen einen und du gehst wieder. Bitte! Ich hab‘ auch eine gute Flasche Scotch für dich. Bitte Hotte, lass mich nicht hängen. Du bist meine letzte …“
„Ja ich weiß“ Es sollte genervt klingen, schien aber nach Aufgeben zu klingen.
„Echt jetzt? Danke Hotte. DANKEEEE! Das vergesse ich dir nicht.“
Vielleicht lag es an der Leere im Kühlschrank, vielleicht an der noch leereren Stille in seiner Wohnung, jedenfalls hörte Horst sich noch ein „Na gut“ sagen, bevor er richtig nachdenken konnte.
Am Heiligabend um fünf Uhr stand er schließlich in seiner Küche, zog den roten Mantel über, stülpte sich die billige Mütze über den Kopf und betrachtete sich im Spiegel. Einen lächerlichen Wattebart brauchte er nicht, den Bart hatte er selber, lang, weiß und gepflegt. Trotzdem sah er albern aus. Albern, klein und dick.
„Na dann, Frohe Weihnachten“, knurrte er sich selbst an und stapfte hinaus.
Karl-Heinz wohnte am anderen Ende der Stadt, und Horst beschloss, zu Fuß zu gehen. Die Straßenbahn hätte ihn nur noch mehr in Rage gebracht, mit all den glotzenden Passagieren.
Die Stadt war voller Lichter. Menschen eilten mit Tüten, Päckchen, Glühweintassen umher. Kinder kreischten, irgendwo dudelte Musik aus einem offenen Fenster. „Last Christmas“ natürlich. Wie er dieses Lied hasste. Horst zog den Mantel enger.
