der Weg, den du gehst - Wolfgang Lenk - E-Book

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Wolfgang Lenk

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Beschreibung

Auf der Grenzlinie zwischen Wasser und Land wandern, mich umdrehen und sehen, wie die Wellen der ansteigenden Flut die Spuren hinter mir verwischen ‒ und weiter gehen... Spuren aus den letzten Jahrzehnten: Ich drehe mich noch einmal um, nicht allein, sondern mit allen, die dieses Buch in der Hand haben, sehe mir die Spuren noch einmal an und freue mich an dem Weg. Wenn diese "Spuren" dann die eine oder den anderen ermutigen, selbst auf seinem Weg entschieden und gern weiter zu gehen ‒ um so besser. Wolfgang Lenk, geboren 1944, entwickelte und leitete in den letzten Jahren seiner Wirksamkeit als Pastor den Arbeitsbereich Meditation in der Nordelbischen Kirche (heute Nordkirche). Von theologischen Besinnungen über persönliche Klärungen bis hin zu konkreten Meditationsanleitungen und Meditationen trägt diese Sammlung die Früchte der letzten dreißig Jahre seines Wirkens zusammen.

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Inhalt

ein Wort zuvor

Persönliches

Mein Weg, meine Vision

Biographischer Hintergrund

Gott-Mutter?

Fleisch und Geist – Dualismus oder Polarität?

Vater-Erfahrung und Gottesbild

Matriarchat – Patriarchat und der Gott des Lebens

Wort Gottes, Geschlechtergerechtigkeit und Homosexualität

Seligpreisungen

Rückblick 2005 – Feuer

30 Jahre Trägerkreis Evangelisches Kloster … Ich erinnere mich

Motive bei der Gründung des Trägerkreises

Stichworte zur Biographie

Eindrücke und Kommentare

Athos – der heilige Berg oder: Das Ende eines Mythos

Kirche – ein Glaubensinhalt?

Beobachtungen zur Lage der Kirche

Zeitgeist, der Missbrauch und ich

Reformationsjubiläum ökumenisch?

Grundsätzliches

Anmerkungen zum beruflichen Hintergrund

Was ist Spiritualität?

Jahr – irgendwie anders

Meditation – ein Weg zu Gott?

Meditation – Übung und Gnade

Meditation – gelebte Rechtfertigung

Spiritualität und Esoterik

Verklärung – christliche Esoterik – Meditation

Christliche und östliche Meditationsformen – eine vergleichende Einführung

Christliche und interreligiöse Zugänge zu Gebet und Meditation

Meditation und »christliche Spiritualität«

Meditation – ein Briefwechsel

Nordelbien braucht ein »Haus der Stille, Meditation und Begegnung«

Meditation und spirituelle Begleitung

Spirituelle Beratung – Grundlagen

Honorare für Geistliche Begleitung

Weiterbildung Meditation

Liebe und Organisation – quer zum Trend gedacht

Anfang und Ende – Verfallsdatum und Berufung

»Hast Du da noch Worte?«

Einkehrtage und Einübung in die Stille – ein wachsender Bedarf auch in der Nordelbischen Kirche

Spiritualität und Gemeinde

Praktisches

Atmen – Gottes Atem in allem, was lebt

Heilende Kraft der Bilder

Mit dem Leib beten

Biblisches

Engel in Religion und kirchlicher Tradition

Siehe – Leben in Balance

Abnehmen – Johannes 3, 30

Christus lebt in mir – Galater 2, 20

Heilung, Gesundheit, Spiritualität – Epheser 3, 14 – 21

Betrachtungen in Rundbriefen

Anfangen

Gott wirken lassen

Labyrinth

Dankbar sein

Beten

Ego-Überwindung

Pilger sein

Glauben

Dreieinigkeit

Hingabe

Innere Stärke

Friede

Rechtfertigung

Kinder des Lichts

Meditation der Schönheit

Reines Herz

Auf dem Weg zur Gelassenheit

Meditationsanleitungen und Meditationen

Schritte zu Stille und Meditation: Gott ist gegenwärtig

Wie soll ich dich empfangen

Hinführung zum Herzensgebet

Du, mein Ebenbild – Worte für den inneren Weg

Vollkommen sein – Matthäus 5, 43 – 48

Nicht die Spuren sind wichtig,

die du hinterlässt,

sondern

der Weg, den du gehst.

*

sand und schaum

Immer wandere ich auf diesen stränden

zwischen sand und schaum

die flut wird meine fußstapfen auslöschen

und der wind wird den schaum fortblasen

aber das meer und der strand

werden übrig bleiben

ewig

Khalil Gibran

ein Wort zuvor

Spurensicherung? Ja, wohl auch.

Mir selbst wichtige Texte habe ich hier zusammengestellt.

Im Alter von fast 70 Jahren geht es mir auch darum, zugänglich zu machen, was mir im Laufe der Jahre wichtig geworden ist und was schriftlich festgehalten wurde:

Texte, die eher mich persönlich betreffen oder von Eindrücken berichten,

grundsätzliche Überlegungen zum Bereich Meditation und Spiritualität, zu denen ich mich herausgefordert sah durch äußere Anfragen oder durch Eindrücke von Geschehnissen um mich her,

Kontroversen,

Auslegungen zu biblischen Texten, wie sie auch in den Rundbriefen an Meditations-Interessierte vorkommen, und Meditationen.

Dabei habe ich die Texte inhaltlich kaum überarbeitet, sondern sie in ihrer Zeit- und Situationsbedingtheit gelassen – eben als Spuren, die hinter mir liegen. Überschneidungen sind deshalb nicht getilgt. Auch Zitate kommen selten vor, zumal ich beim Abfassen der Texte in der Regel keine Literatur verwendet habe, sondern gesagt oder geschrieben, was mir – auch aus vergangenen Auseinandersetzungen mit Literatur – jetzt wichtig erschien, ohne wissenschaftlichen Anspruch.

Ein wenig befriedigt es die Eitelkeit, sich selbst noch einmal anzuschauen, was sich im Laufe der Zeit alles gesammelt hat – also einige der Spuren zu betrachten, die hinter mir liegen.

*

Immer wieder ist es mir ein inneres Vergnügen, am Strand entlang zu wandern auf der Grenzlinie zwischen Wasser und Land, mich um zu drehen und zu sehen, wie die Wellen der ansteigenden Flut die Spuren hinter mir verwischen – und weiter zu gehen.

So möchte ich es auch jetzt halten.

Ich drehe mich noch einmal um, nicht allein, sondern zusammen mit allen, die dieses Buch in der Hand haben, sehe mir die Spuren noch einmal an und freue mich an dem Weg.

Wenn diese »Spuren« dann die eine oder den anderen ermutigen, selbst auf seinem Weg entschieden und gern weiter zu gehen – um so besser.

Hamburg, im Sommer 2014

Wolfgang Lenk

Persönliches

Mein Weg, meine Vision

Interview mit Wolfgang Lenk

durch Sieghard Wilm für die Nordelbischen Stimmen, Juli / August 2001, überarbeitet November 2011

Wolfgang Lenk, was hat Sie zur Meditation gebracht?

Das geschah aus einem existentiellen Bedürfnis heraus. Ich habe von meiner Lebensgeschichte her einen klassisch pietistischen Hintergrund. Wir waren Flüchtlinge, mein Vater starb schon 1946 und meine Mutter hatte eine lebendige Frömmigkeit, die bei aller materiellen Not der Nachkriegsjahre lebenstragend war. Als Kind hatte der »Vater im Himmel« immer eine doppelte Bedeutung für mich, da ich meinen irdischen Vater ja kaum kannte. Heute bin ich wieder dankbar für mein pietistisches Erbe, aus dem ich mich aber zunächst herausgearbeitet habe.

War Ihnen die pietistische Frömmigkeit irgendwann zu eng?

Glaube und Zwang vertragen sich nicht, da liegt ein Fehler vieler »frommer« Bewegungen. Ich kämpfe sehr für Freiheit. Aber wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke, denke ich heute: Ein junger Mensch braucht vielleicht eine feste Form, um sie dann später verlassen zu können und den eigenen Weg zu finden. In der Meditation habe ich später auf andere Weise Struktur verinnerlicht. Das verengt ja nicht, sondern ermöglicht viel, wenn es in selbst gewählter Freiheit geschieht.

Was waren für Sie entscheidende Personen und Stationen auf Ihrem Weg?

Da war die Begegnung mit Dr. Olaf Hansen (sen.), der eine spirituelle Tiefenerfahrung in Stalingrad gemacht hatte. Er hat mir die spirituelle Tradition des betrachtenden Gebets vermittelt, die auf Ignatius von Loyola zurückgeht, aber auch das Herzensgebet der Ostkirche. Mitte der 80er Jahre hatte ich eine Zeit der Krise und der Klärung. Die Begegnung mit Heidemarie Langer (Bibliodrama-Lehrerin) war mir bedeutsam, mehr noch die mit Eleonore und Willi Massa (Ökumen. Zentrum Neumühle). Später auch Fanz Xaver Jans-Scheidegger. Für mich wurde in dieser Zeit die Integration des Körpers und der Seele in die spirituelle Erfahrung wichtig: Gegenwärtig werden in der Gegenwart Gottes. Gegenwärtig bin ich im Körper: Er ist hier und jetzt, während Gedanken und Gefühlen vorauseilen oder hinterher hinken. Das Wort »Kontemplation« hat seinen Sinn vom Körper her, der ein »Tempel des Heiligen Geistes« ist.

Was ist protestantisch an Ihrem Weg?

Ich halte viel von der Rechtfertigungslehre, die bei Luther ja eher Erfahrung als Lehre ist: Nicht irgendwelche Leistungen, auch keine religiösen Übungen schaffen die Verbindung zu Gott, sondern Gott selbst hat sie längst geschaffen – und ich darf da sein in seiner Gegenwart – ungeschönt, wie ich bin. Bei der Meditation kann ich auch die Erfahrung der Sinnlosigkeit jeder religiösen Übung machen, wenn ich meine, damit etwas erreichen zu können, das nicht schon da ist. Im Kern aber ist jede Meditationsübung schlichte und leibhaftige Einübung in das Dasein in Gottes Nähe. Das kann sehr elementare Rechtfertigungserfahrung sein: »So wie ich bin, ist es gut.«

Gab es nicht Anfragen an Sie, ob der meditierende Lenk noch in der lutherischen Tradition steht?

15 Jahre war ich Gemeindepastor in Hamburg-Marmstorf, einer konservativ lutherisch geprägten Gemeinde. Als ich meine Meditation öffentlich machte, gab es in der Gemeinde Anfragen, wie christlich das denn sei, was ich da mache. Auch am Anfang meiner Tätigkeit beim Gemeindedienst gab es solche Fragen. Heute fühle ich mich von der Kirche sehr getragen.

Aber dennoch frage ich: Ist die Frömmigkeit in die Randbereiche der Volkskirche abgewandert?

Ja, nehmen Sie nur das Thema der Feiertagsheiligung. In der Breite der Volkskirche ist der Sonntag als Kulturgut verlorengegangen. Das ist ja nicht nur ein Problem der säkularisierten Gesellschaft, sondern betrifft die Kirche selbst. Die Vertrautheit mit den eigenen Glaubenstraditionen ist im Schwinden. Dass Menschen sich Zeit nehmen für Bibellesen und Gebet, ist selten geworden.

Woran liegt das?

(überlegt) Ich will mal vorsichtig sagen: Es könnte an dieser Mischung aus Aufklärungstheologie und falsch verstandener lutherischer Rechtfertigungslehre liegen, durch die jede feste Form von Frömmigkeit dem Verdacht ausgesetzt wurde, gesetzlich zu sein. Durch die Aufklärung wurde ja eine wissenschaftliche Theologie ganz bewusst von der religiösen Praxis getrennt.

Also ist die Aufklärung schuld?

Ich möchte die Aufklärung nicht missen, sie ermöglicht, dass man nicht automatisch an überlieferte Werte und Normen gebunden ist. Das ist ein wichtiger Schritt für einen mündigen Christen. Aber im Fahrwasser der Aufklärung wurde an den Universitäten viel Zynismus gelehrt und jede Art von Frömmigkeit abgewertet. Das habe ich dann später auch unter Pastorenkollegen erlebt. Die Frömmigkeit der betenden Großmutter etwa, die mit »Befiehl du deine Wege …« durchs Leben gegangen ist, wurde nicht wertgeschätzt.

Ist die Krise ein hausgemachter Fehler der Theologen?

Nein, das wäre zu einfach. Die Theologen, die Kirche insgesamt sind Teil eines gesamtgesellschaftlichen Trends zum Wertepluralismus und Traditionsabbruch.

Wie würden sie diesen Traditionsabbruch charakterisieren?

Wir kennen keine geschlossenen Systeme von Welt- und Selbstdeutung mehr, die Rituale unserer Tradition sind nicht mehr selbstverständlich. Sie müssen heute erklärt werden und sie werden denjenigen, die sie noch kennen, damit auch noch genommen. Mich faszinierte der Dalai Lama, wie selbstverständlich er angesichts vieler christlicher und säkularer Gäste buddhistische Rituale vollzog …

Es ist ja erstaunlich, wie sich westliche Menschen kulturfremden Autoritäten anvertrauen, aber voller Skepsis gegenüber dem Christentum sind, in dem sie aufwuchsen …

Ja, das Fremde ist eben freier verfügbar als Projektionsfläche für alle möglichen frommen Wünsche … Was wir hier im Westen als Buddhismus kennen lernen, ist ja meistens schon eine unseren westlichen Bedürfnissen angepasste Variante.

Und trotzdem beneiden wir manchmal dieses missionarische Selbstbewusstsein der fremden Traditionen. Wir selbst haben Brüche in unserer Tradition, die Selbstverständlichkeit ist uns abhanden gekommen … Gibt es ein Zurück?

Für mich gibt es keinen Weg zurück. Ich war letztes Jahr auf dem Athos, habe dort die geschlossene Welt der Klöster erlebt. Kirche und Reich Gottes werden dort in eins gesetzt. So faszinierend dieses Selbstbewusstsein auch ist, für so falsch halte ich es. Auch den jüngsten Äußerungen der katholischen Kirche muss ich widersprechen. Ich bin Luther dankbar, der gesagt hat: Die Kirche als Institution ist weltlich, in ihr ist das Reich Gottes möglich, aber sie ist nicht das Reich Gottes.

Was ist dann der Weg unserer Kirche?

Der Pietismus ist schon im 17./18.Jahrhundert den Weg des Subjektivismus, der persönlichen Aneignung und Überzeugung gegangen. Nur wenn wir das aufnehmen, können wir in dieser urbanen Gesellschaft überleben. Unsere Kirche muss der Personwerdung des Menschen dienen.

Droht dann nicht ein Rückzug in die Innerlichkeit?

Das ist eine andere Gefahr: der religiöse Egoismus, dem die anderen egal sind. Echte Innerlichkeit führt heraus aus kollektiven Strukturen. Sie weckt erst die Gemeinschaftsfähigkeit. Wirkliche Gemeinschaft kann sich nur über das überzeugte und selbst verantwortliche Subjekt bilden. Gemeinschaft aus Tradition ist vielfach mit innerer Unmündigkeit verbunden. Verordnete Gemeinschaft bekommt leicht faschistoide Züge.

Wie können denn neue Formen religiöser Verbindlichkeit entstehen?

Schauen wir uns doch einfach bei der »Konkurrenz« um: Was entwickeln die anderen für missionarische Formen? Womit begeistert die Saj Baba Bewegung? Was machen die Anthroposophen? Wie arbeiten die Baptisten? … Von all denen können wir lernen: Immer wird die Überzeugung und Verantwortlichkeit des Einzelnen ernst genommen und herausgefordert – spirituell wie materiell … Unsere Kirche steht vor enormen Strukturveränderungen.

Wenn ich »Strukturveränderung« höre, denke ich an die ganze Diskussion um Organisationsentwicklung … sie meinen aber wohl noch etwas anderes, als die betriebswirtschaftliche Sicht auf die Kirche?

Wenn sich immer weniger Menschen zugehörig fühlen, weil sie eben nicht mehr in der Tradition stehen, dann wird sich eine zukünftige Struktur der Kirche an einer Entscheidungsfrömmigkeit orientieren, bei der die Verantwortlichkeit des Einzelnen für sein Schicksal und das Schicksal der Welt ernst genommen wird. Das bedeutet auch, eine ganz andere Verantwortung für das materielle Überleben der Kirche zu übernehmen. Ich habe oft gemerkt, wie die Unverbindlichkeit wächst, wenn etwas nichts kostet. Was in unserer urbanen Gesellschaft nichts kostet, ist eben auch nichts wert. Das jetzige kollektive System der Kirche mit seinem anonymen System von Kirchensteuer schafft Unverbindlichkeiten und Anspruchshaltungen. Eine latent depressive Stimmung wird gefördert, denn es ist ja so schön, sich betütteln zu lassen.

Wohin kann sich unsere Kirche in spiritueller Hinsicht entwickeln?

Wir brauchen spirituelle Lehrer, die nicht belehren, sondern wecken. Man könnte von einer Hebammenfunktion sprechen. Wir müssen rauskommen aus der falschen Verschämtheit, nicht leiten, nicht führen zu wollen. Insgesamt kann ich sagen, dass die spirituelle Kompetenz derzeit wächst. Es wird in der Kirche an einer Vernetzung der spirituellen Zentren gebaut. Und Spiritualität bekommt mehr Gewicht in der Theologenausbildung.

Ist das Thema »Spiritualität« derzeit Trend in der Kirche und außerhalb der Kirche?

Es ist ein Modethema, aber es ist auch mehr: Dahinter steht ein Hunger nach Sinn … Ich wage keine Prognose für die Kirche, denn Trends sind immer widersprüchlich. Durch das Gewicht der Unternehmensberatung gibt es den Trend zur Machbarkeit von Kirche. Dem entgegen kann man Spiritualität nicht verzwecken und nicht verordnen. Man kann sie aber fördern. Darin sehe ich meine Aufgabe.

*

Biographischer Hintergrund

Ziemlich geradlinig erscheint mir rückblickend mein spiritueller Weg – geradlinig durch alle Brüche hindurch. Ich möchte deshalb die wenigen Andeutungen des vorangehenden Interviews ergänzen – und damit zugleich den folgenden Texten etwas mehr biographischen Hintergrund geben:

Wenn ich mich an meine frühe Kindheit erinnere, taucht der Grabstein meines Vaters auf. »Vater unser im Himmel«, betete meine Mutter mit uns fünf Kindern immer wieder an dieser Stelle. Der hier begrabene Vater hatte uns verlassen, als ich gerade zwei Jahre alt geworden war. Nur kurz war er »Gast« in meinem Leben gewesen: bei meiner Taufe als Soldat im Heimaturlaub und im letzten halben Jahr seines Lebens als kranker Mann, der aus der Kriegsgefangenschaft gekommen war. Erst sehr spät ist mir bewusst geworden, wie sehr die beiden Väter im Himmel für mich zu einer Gestalt verschmolzen sind. Hatte er selbst doch in seinen letzten Tagen zu uns Kindern gesagt, dass er uns für immer verlassen müsse und nicht mehr für uns sorgen könne, sondern es dann umso mehr der himmlische Vater tun werde, dem er uns nochmals ganz besonders anvertraute – so ein späterer schriftlicher Bericht unserer Mutter.

Väterlich-männlich war mein kindliches Gottesbild geprägt, männlichkämpferisch meine Frömmigkeit, zu der ich mich in der Pubertät »bekehrt« hatte. Der Kampf galt dabei vor allem der eigenen Vitalität und Lebenslust, die es zu beherrschen galt. Männlich – wenn auch moralisch etwas liberaler – war auch das Gottesbild, das die Theologie in meinem Studium beherrschte. Auch als meine naive Frömmigkeit im Studium zerbrach und mit Betrachtendem Gebet und Herzensgebet eine neue Praxis spiritueller Übung mir Rückbindung gab, waren Ordnung, Disziplin, Gehorsam und Selbstüberwindung entscheidende Tugenden. Dr. Olav Hanssen (sen.), selbst stark durch Kriegserlebnisse und Todeserfahrungen geprägt, war als mein geistlicher Lehrer distanziert gegenüber allen Gefühlen. »Nicht wie ich will, sondern wie Du willst« (Matthäus 26,39) war ihm in Stalingrad und danach zum zentralen Gebetswort und Lebensmotto geworden, dem sich alles unterzuordnen hatte. Für seinen Platonismus und seinen daraus resultierenden »pädagogischen Eros« war der »geistige Mensch« Leitbild in Abgrenzung zum »Psychosomatiker« und zum Menschen, der in ungebrochener Vitalität lebt. An ihm orientierte auch ich mich in der verbindlichen Ordnung der »Regel der Koinonia« – einer Gemeinschaft, die alte Ordenstraditionen auf neue Weise sowohl in Familie und Beruf als auch ehelos zu leben versuchte: täglich eine Stunde Meditation und einmal jährlich mindestens vier Tage Einkehr mit strenger Meditationszeit, tägliche Brevier-Lesung von mehreren Kapiteln aus dem Evangelium, verbindliche Gespräche über die eigene Meditationspraxis und Lebensgestaltung etwa einmal monatlich (heute würde man dazu »geistliche Begleitung« sagen), Verpflichtung zum »einfachen Leben« (konstruktive Auseinandersetzung mit Fragen der gesunden Lebensführung, Konsum-Kritik, kritischer Umgang mit Medien und Informationen). Vieles, was später Trend wurde, haben wir in dieser Gemeinschaft »Koinonia« bereits Ende der sechziger Jahre erprobt und uns angeeignet. Die Beschäftigung mit der platonischthomistischen Philosophie, wie Joseph Pieper sie vermittelte, wirkt bis heute in mir nach. Manche Gedanken dieser Sammlung sind davon inspiriert.

Aus diesem Geist heraus tat ich meinen Dienst als Gemeindepastor – streng zu mir selbst und zu anderen. Wenn Beruf und Kinder die vorgesehene Meditationszeit am Morgen oder im Laufe des Tages nicht ermöglichten, quälten wir uns (auch Irmgard, meine Frau, gehörte der Koinonia an) gegen Mitternacht noch auf die Meditations-Bänkchen bis zum Umfallen, falls die Sanduhr nicht vorher schon den Sand nach unten hatte rieseln lassen. Das Gebet von Charles de Foucault »Mein Vater, ich überlasse mich dir …« gehörte in dieser Zeit zu meinem Eingangsritual der Meditation.

In meiner zweiten Gemeinde, der Auferstehungsgemeinde in Hamburg Marmstorf, begegnete mir ein Amts- Gemeinde- und Gottesdienstverständnis, das mich faszinierte und dem ich mich zunächst anpasste: »Lutherische Katholizität« war das Stichwort. Der Pastor als Hirte und Wächter der Gemeinde hatte den »Schatz der göttlichen Wahrheit« (= die Lehren der lutherischen Orthodoxie des 16. und 17. Jahrhunderts) zu verwalten, ihm gemäß die Gottesdienste zu leiten und die Bibel auszulegen und ggf. auch widerstrebende Gemeindeglieder zur Ordnung zu rufen, notfalls aus der Gemeinde zu verweisen (es gab ja genug liberalere Gemeinden rundherum!). Kritik von außen, auch von übergeordneten Dienststellen (vor allem dem Propst) wurde heftigst abgewehrt – notfalls auch mit kirchenrechtlichen Mitteln. Mit Genugtuung nahmen wir wahr, dass selbst Kirchengerichte »uns Marmstorfern« weitgehend Recht gaben. Diese Auseinandersetzungen waren nicht nur anstrengend – sie hatten auch etwas Sportliches!

Es würde zu weit führen, hier den einzelnen Gründen nach zu gehen, die dieses patriarchale Gottes-, Welt- und Selbstbild ins Wanken brachten und in mir den Wandel auslösten, der sich in den folgenden Texten spiegelt. Zusammenfassend kann ich sagen: alle typischen Zeichen einer »Krise in der Lebensmitte« tauchten auf und stürzten mich in eine tiefgreifende Verunsicherung. In dieser Zeit musste ich Dr. Olav Hannsen als meinen geistlichen Begleiter und die Verbindlichkeiten der Koinonia verlassen – zunächst von ihm angestoßen und von mir erfolgreich abgewehrt, nach einem Jahr aber aus innerer Überzeugung. Das von ihm übernommene Herzensgebetswort (Mantra) »Mein Vater, nicht wie ich will, sondern wie du willst« konnte ich nicht mehr meditierend beten: All zu deutlich spürte ich, wie die schädlichen Folgen meiner Erziehung zu Gehorsam und Selbstüberwindung durch dieses Gebet stabilisiert worden war. Meine Lebendigkeit war verloren gegangen.

Im Zentrum dieses Umbruchprozesses stand ein Traum, den ich etwa wie folgt erinnere:

Ich stehe im Talar am Grab eines Mannes in meinem Alter. Das Ritual der Beerdigung ist vollzogen. Ich wende mich der Witwe zu, spreche ihr mein Beileid aus, wende mich gemeinsam mit ihr von Grabe ab und lege bergend meinen Arm um ihre Schulter. In diesem Moment höre ich hinter mir ein ungeheures Getöse. Ich wende mich um und sehe, wie eine gewaltige Kirche, die sich offenbar über dem Grab erhoben hatte, in sich zusammen stürzt und im Grab versinkt. Staunend und fasziniert nehme ich dies Geschehen war – und gehe meinen Weg weiter – von diesem Grab weg.

Die konstruktive Auseinandersetzung mit solchen Träumen war in der bisherigen geistlichen Begleitung nicht möglich gewesen. Sie wäre »psychosomatisch«, also ungeistlich. Ich solle lieber mehr meditieren, als mich damit befassen, wurde mir geraten. Ich selbst wusste jedoch wie Pharao nach seinen Träumen, dass mein zukünftiger Weg daran hing, die Botschaft dieses und andere Träume zu verstehen. Meinen Dienst in der Gemeinde tat ich ohne für mich erkennbare Einschränkungen weiter, während es in mir erheblich arbeitete. Die Begegnung mit der Tiefenpsychologie C. G. Jungs erschloss mir einen neuen Zugang zur Welt der Symbole und Träume, feministisch-theologische Ansätze gaben mir Impulse und Aspekte zu einem neuen Verständnis der biblischen Tradition. Ich suchte pastoral-psychologische Begleitung und fand sie bei Albin Beck, einem erfahrenen Tiefenpsychologen, der mit mir über viele Jahre hin bis zu seinem Tod vor allem Träume bearbeitete.

Meine Bewerbung um eine pastoralpsycholgische Zusatzausbildung wurde abgelehnt. Wichtigstes Argument war die Frage, wo meine bisherige spirituelle Erfahrung fruchtbar werden könne, wenn ich nun meinen Schwerpunkt auf die Pastoralpsychologie legen wolle. In einem persönlichen Gespräch nach der Auswahltagung sagte mir Professor Scharfenberg, oberste Autorität der »Gilde«, spirituelle Erfahrungen würden zukünftig in Kirche und Gesellschaft weit mehr benötigt als pastoralpsychologische Begleitung. Ich sollte deshalb lieber an der Überwindung meiner derzeitigen Krise und an der Integration psychosomatischer Erfahrungen und der Leibhaftigkeit in meinen spirituellen Weg arbeiten. Für dieses Gespräch bin ich dem bald danach gestorbenen Wegweiser bis heute dankbar.

So führte mein Weg nach mehreren Seminaren bei Heidemarie Langer in die zweijährige Weiterbildung Meditation im »Ökumenischen Zentrum Neumühle« in Tünsdorf bei Mettlach an der Saar (Eleonore und Dr. Willi Massa), in den Loccumer Arbeitskreis Meditation und schließlich in die Weggemeinschaft »Via Cordis« (Franz-Xaver Jans-Scheidegger).

Aus diesem Umbrüchen heraus wandelte sich grundlegend nicht nur mein Gottes- und mein Selbstbild. Mein Verständnis der Bibel als grundlegendem Dokument christlicher Überlieferung, als »Heilige Schrift«, erfuhr eine ebenso gründliche Umgestaltung wie meine Entscheidung in moralischen Fragen oder mein Verhältnis zur Kirche.

Dem Weg von Dr. Olav Hanssen und der an ihm orientierten Gemeinschaft, die sich um das von ihm gegründeten Gethsemaneklosters in Goslar sammelte, blieb ich freundschaftlich und zunehmend dankbar verbunden. Wie sehr mich die philosophisch-grundsätzlichen Überlegungen, die Lektüre der Schriften von Romano Guardini, Josef Pieper und anderen geprägt haben, wird mir im Rückblick auch meiner eigenen Texte deutlich. Ich staune, wie gerade das Gedicht von Bergengruen »O komm, Gewalt der Stille« dabei immer wieder auftaucht.

Beruflich ergab sich in diesen Jahren auch eine Veränderung: Als Referent beim »Gemeindedienst der Nordelbischen Kirche« war es mir möglich, immer eindeutiger meinen Aufgabenschwerpunkt auf die Vermittlung von Meditationserfahrungen im Raum dieser Kirche und darüber hinaus zu legen. Diese Aufgabe ist mir geblieben, auch in der Zeit des Ruhestandes.

*

Gott-Mutter?

Das Gebet der Hingabe an Gott von Charles de Foucault habe ich viele Jahre vor jeder Meditation gebetet. In der erwähnten Krise aber tauchten Fragen und Zweifel auf, die das Gebet durchzogen (1986):

Mein Vater, ich überlasse mich dir.

Dem Geist – nicht der Mutter, der Natur!?

Mach mit mir, was du willst.

Überwinde die nur natürlichen Kräfte in mir!

Was du auch mit mir tun magst,

Eigentlich wehre ich mich dagegen.

ich danke dir!

Denn ich liebe die Mutter ebenso wie den Vater!

Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an,

Doch, ich ersehne noch mehr, selbst wenn ich spüre, dass diese Sehnsucht mir

wenn nur dein Wille sich an mir erfüllt und an allen deinen Geschöpfen, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott.

oder

anderen Geschöpfen manchmal nicht gut tut – ich kann und will diese Sehnsucht nicht hinter mir lassen!

In deine Hände lege ich meine Seele.

Ja, die Hoffnung habe ich, dass du das Gespaltene heilen und meine Sehnsucht auf ein gutes Ziel lenken kannst.

Ich gebe sie dir, weil ich dich liebe

Fehlt mir gerade an dieses Vertrauen und diese

und weil diese Liebe mich treibt,

Liebe? Habe ich noch immer Angst vor dir, Vater,

mich in deine Hände zu legen

dass du mir etwas sehr Kostbares nimmst, wenn

ohne Maß

ich mich ohne Maß und Grenze dir überlasse?

mit einem grenzenlosen Vertrauen.

Ich liebe ja auch die Mutter, meine Natur, und die Wünsche und Sehnsüchte, die in mir wach sind! Bist du wirklich mit der Mutter so uneins?

Denn du bist mein Vater!

Ich hoffe auf Versöhnung. Vielleicht ist es ja nur ein Widerstreit in mir? Vielleicht bist du ja im Tiefsten eins mit der Natur, die du geschaffen und geliebt hast – nur ich habe diese Einheit noch nicht gefunden!

*

Fleisch und Geist – Dualismus oder Polarität?

Der Text entstand im August 1989 als Vorbereitung auf ein Cursillo-Wochenende (»Kleiner Kurs Glauben«). Er spiegelt das Ringen und die Notwendigkeit, leibliche und seelische Prozesse in den spirituellen Weg zu integrieren.

Galater 5, 16 -25

Lasst euch vom Geist leiten, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen. Denn das Begehren des Fleisches richtet sich gegen den Geist, das Begehren des Geistes aber gegen das Fleisch; beide stehen sich als Feinde gegenüber, so dass ihr nicht imstande seid, das zu tun, was ihr wollt.

Wenn ihr euch aber vom Geist führen lasst, dann steht ihr nicht unter dem Gesetz.

Die Werke des Fleisches sind deutlich erkennbar: Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes Leben, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid und Missgunst, Trink- und Essgelage und ähnliches mehr. Ich wiederhole, was ich euch schon früher gesagt habe: Wer so etwas tut, wird das Reich Gottes nicht erben.

Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung; dem allem widerspricht das Gesetz nicht.

Alle, die zu Christus Jesus gehören, haben das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt.

Wenn wir aus dem Geist leben, dann wollen wir dem Geist auch folgen. Auseinandersetzung:

1. Mich ärgert der Text. Ich möchte mit ihm kämpfen:

Wer sagt denn, dass das Fleisch böse ist?

»Fleisch« ist doch in biblischer Sprache die gesamte körperliche Wirklichkeit des Lebens: Alles Lebendige, das wächst, blüht, reift und Frucht bringt und vergeht zu neuem Wachstum (Jesaja 40, 6-8).

Ich liebe das Lebendige, die Fülle des Lebens mit aller sinnlichen Lust und Leidenschaft, mit den unergründlichen Geheimnissen der Natur, des Kosmos und meines eigenen Körpers.

2. Auch ich kenne den Zwiespalt von Geist und Leib in mir:

Er ist nach meiner Erfahrung die Folge einer falschen, leibfeindlichen Erziehungstradition im christlichen Gewand mit dem liebenden und bestrafenden Gott als Oberaufseher in einem moralisch-prüden Weltgebäude.

Dieser Götze ist für mich gestürzt! Gott ist anders.

Er ist die Fülle des Lebens, die Licht und Dunkel, Leben und Tod, Himmel und Erde, Geist und Natur verbindet – als das »Wort«, das »Fleisch geworden«, als der Gekreuzigte, der auferstanden ist.

Doch spüre ich auch den Zwiespalt zwischen Leben und Willen in mir: Oft möchte ich mehr als ich kann. Dann überziehe ich die Kräfte meines Körpers und meiner Seele, werde unzufrieden und versuche die Unzufriedenheit mit »Fressen und Saufen« zu überspielen. Ich übe mich in professioneller christlicher Nächstenliebe – und habe manchmal die »Schnauze voll«, wenn nach einem langen Arbeitstag meine Kinder und meine Frau auch noch was von mir wollen.

Ich möchte »geistlich« sein mit all den schönen Früchten, die Paulus da nennt – und erfahre, wie mein Wille häufig gerade das Gegenteil erreicht!

3. Ich entdecke, dass der Geist denselben Lebensgesetzen folgt wie die Natur:

Den Gesetzen von Wachsen, Blühen, Reifen und Frucht bringen – aber auch Vergehen zu neuem Wachstum.

Da ist nichts gemacht, gewollt, geplant: alles geschieht von allein: Früchte, die der Geist (Gottes) wachsen lässt. Ich kann zulassen, was »Christus in mir« wirkt.

Meine Aufgabe ist nicht ein gewaltsames Zerstören der natürlichen Kräfte in mir und das »kreuzigen« meiner Lebendigkeit, sondern

zulassen und ertragen können, dass »alles seine Zeit« hat (Prediger Salomo 3,1ff)

annehmen des »Kreuzes der Endlichkeit«, das im Dasein selbst liegt – wissend und glaubend, dass es Christus getragen und zum Weg gemacht hat, der zum Vater – zum Leben in Fülle – führt.

Die »Früchte des Geistes gehören offensichtlich zu den Dingen, die man am besten verhindert, indem man sie um jeden Preis will und die am leichtesten gedeihen, wo man in absichtsloser Liebe zu allem Lebendigen lebt – verletzlich und bereit, dem Schmerz der Vergänglichkeit nicht auszuweichen.

Bei der Natur – dem »Fleisch« – will ich in die Lehre gehen, um die Lebensgesetze des »Geistes« zu entdecken!

*

Vater-Erfahrung und Gottesbild

Referat für einen Arbeitskreis hauptamtlicher MitarbeiterInnen in der Jugendarbeit am 15. Dezember 1989, dem 43. Todestag meines Vaters.

1

Ich habe keine Erinnerung an einen leiblichen Vater oder Pflegevater. Ich war zwei Jahre alt, als er starb. Geboren wurde ich, als er im Krieg war. Nur etwa ein halbes Jahr lang habe ich unter einem Dach gelebt mit einem kranken Mann, von dem ich durch spätere Erzählungen meiner Mutter weiß, dass er mein Vater war. Auch Bilder habe ich von ihm gesehen – das Hochzeitsbild über dem Bett meiner Mutter und andere – und das sicher die vergangene Realität verklärende Bild, das meine Mutter in ihren spärlichen Erzählungen über ihren Mann vermittelte. Dass diese Bilder nicht mein realer Vater waren, sondern bestenfalls eine Seite von ihm – das ahne ich erst heute. Meine Mutter, eine ziemlich lebensfrohe und vitale Frau, hat nicht wieder geheiratet. Ich habe also keine Erfahrung mit einem »real existierenden« Vater. Ich hatte als Kind nur einen »Vater im Himmel« – im doppelten Sinn. Das war der Glaube, den meine fromme Mutter mir sehr eindrücklich vermittelt hatte.

Aber ich habe Ersatzväter gehabt, vor allem zwei »väterliche Freunde« – der eine, der mich von der Jugendzeit bis zum Studium intensiv begleitet hat; und der andere, der mir vom Studium an Gesprächspartner und Herausforderung gewesen ist. Diese Ersatzväter hatten lange Zeit den Vorteil, dass ich in der Regel nur für ein paar Freizeitwochen im Jahr mir ihnen zu tun hatte – sie von der Realität meines Lebens fast genau so weit entfernt waren wie mein »Vater im Himmel«. Ich konnte und musste mich mit keinem von ihnen streiten, um überleben zu können. Vielleicht ist dies eine Vatererfahrung, die es mir schwer macht, mich mit väterlichen Menschen zu streiten; mich von ihnen abzugrenzen; meinen eigenen Weg als Mann zu gehen; mit mir selbst im Frieden zu leben, auch wenn ich mich mit anderen streite.

Ich habe einen gewissen Vater-Hunger, so wie manche Menschen mit einem gewissen Mutter-Hunger leben müssen.

2

Es gibt verschiedene Eltern- bzw. Vater-Erfahrungen: Meine; daneben vielleicht die Erfahrung geradezu idealer Väter; ganz gewiss auch die Erfahrung von Vätern, die wohl äußerlich vorhanden sind, die aber das Leben des Kindes kaum berühren – es entsteht keine Beziehung. Schlagende, besoffene Väter; grausame, Furcht gebietende Tyrannen; Schwächlinge …

Jede Vatererfahrung ist für die Lebensgestaltung des Kindes prägend – des Sohnes in anderer Weise wie der Tochter. Jede Vatererfahrung prägt die Identität eines Menschen und sein Weltverhältnis sehr wesentlich – vielleicht ist nur die Muttererfahrung noch prägender.

Nun gibt es wohl im Leben eines jeden Menschen – ganz gleich welche Art von Vater er erfahren hat – eine Zeit der kritischen Distanz zum eigenen Vater; das ist eine Zeit, in der auch beim besten Vater sehr deutlich erkannt wird, dass auch er nicht das Ideal ist. Woher kommt diese Distanzierung? Diese Unterscheidung zwischen dem, wie Vater ist – oder war – und dem, wie er eigentlich sein könnte, wie ich ihn mir wünschte? Nur aus dem Vergleich mit anderen Vätern?

C. G. Jung spricht vom »Vater-Archetyp«, der als Ur-Muster in jedem Menschen angelegt ist. Nach Jung lebt in den unbewussten Tiefenschichten der Seele eines jeden Menschen ein Bild von Vater, das ihn befähigt, zu väterlichen Menschen – dem leiblichen Vater (so vorhanden) natürlich zuerst – ein Kind-Vater-Verhältnis zu entwickeln. Dieser Vaterarchetyp befähigt ihn aber auch, seinen realen Vater zu kritisieren – vor allem in der Pubertät – und die eigene Prägung durch den Vater, die auch jede äußere Trennung überdauert, selbstkritisch zu befragen und vielleicht sogar zu verändern. Am deutlichsten wird das wohl als »Krise in der Lebensmitte« erlebt.

Der Vater im Himmel der Ideale kritisiert den real erlebten Vater, die von ihm geprägte männliche Seite des eigenen Wesens und wird zur Leben gestaltenden Kraft.

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Erich Fromm, der zu Ihrem Thema Wesentliches gesagt hat in seiner »Kunst des Liebens«, beschreibt es als Lebensaufgabe des reifenden Menschen, dass er seine – positive oder negative – Bindung an Vater und Mutter nicht nur äußerlich aufgeben, sondern sich auch innerlich von ihnen lösen muss. Auf diese Weise baut er / sie allmählich in sich selbst väterliche und mütterliche Kräfte auf. Das ist ein Lebensprozess, der sicher um so schmerzlicher und mühsamer ist, je mehr Verletzungen in der realen Vater- bzw. Mutter-Erfahrung erlitten wurden. Dieser Lebensprozess ist zu einer eigenständigen Gottesbeziehung genau so notwendig wie zu einem gesunden menschlichen Selbstbewusstsein. Solange ich nicht die innere Lösung von Vater und Mutter vollzogen habe, werde ich nicht nur ständig der Gefahr erliegen, anderen Menschen Wünsche und Konflikte anzutragen, die eigentlich gar nicht sie selbst, sondern die eigene Eltern-Kind-Erfahrung meinen. Ich werde immer auch der Gefahr erliegen, meine Vorstellungen von Gott mit unbewältigten Erfahrungen mit meinen Eltern zu füllen oder – wie Tilman Moser in seiner »Gottesvergiftung«: Gott zusammen mit falschen Machtansprüchen oder Versprechungen von Geborgenheit seitens der Eltern aus meinem Leben zu verbannen.

Umgekehrt: Die Entwicklung des Vaterbildes, der väterlichen Kräfte als Anteil des eigenen Wesens (ebenso des Mutterbildes und der mütterlichen Kräfte) befreit zu unmittelbarer Begegnung mit anderen Menschen – zu mündigem Umgang auch mit menschlichen Autoritäten. Und befreit zu einer liebenden Beziehung zu Gott, der Mitte des Kosmos wie des eigenen Wesens. Die Wirksamkeit der Vater- bzw. Mutter-Archetypen spielt dabei sicher eine wesentliche Rolle.

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Das Vaterbild Gottes in der biblisch-christlichen Tradition (eine göttliche Mutter gibt es da ja nicht so selbstverständlich – aber dazu nachher mehr) ist nicht identisch mit dem Vater-Archetyp, aber es korrespondiert mit ihm. Die biblischen Bilder sind Nahrung für den Vater-Archetyp in unserer Seele; sind Stoff, an dem die Seele des Menschen zur Eigenständigkeit reifen kann.

Ebenso aber – vielleicht noch mehr als das biblische Bild- und Begriffsmaterial – wirkt die väterliche und mütterliche Seite meines eigenen Wesens auf die jungen Menschen, für die ich Verantwortung trage. In welcher Weise ich als Mutter, Vater, Erzieher usw. die biblischen Inhalte vermittle, hängt also ganz wesentlich zusammen mit der Frage, wie ich selbst auf dem Weg bin, ein eigenständiger Mensch zu werden, der die väterlichen und mütterlichen Anteile des eigenen Wesens integriert hat. Ich kann und muss meine eigene Unreife und Autoritätshörigkeit in den Jugendlichen reproduzieren genau so wie meine eigene Freiheit und Liebe zum Leben mit seinem ganzen Risiko, das mir keiner abnimmt. Daher ist die eigene Entwicklung Schlüssel für die Vermittlung des biblisch-christlichen Gottesbildes – der göttlichen Kraft jenseits der Bilder.

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Das große Problem des biblisch-christlichen Gottesbildes ist, dass dieser himmlische Vater sehr oft als »alleinerziehender Vater« auftritt. Die Kirche hat dies Problem des christlichen Gottesbildes dadurch zu lösen versucht, dass sie seit frühen Zeiten dem »Drei-Männer-Gott« – der heiligen Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Geist – Maria als »Gottesmutter« zur Seite stellte. Im Dogma von der leiblichen Himmelfahrt Marias machte die katholische Kirche Mitte vergangenen Jahrhunderts diese (nach C.G. Jung tiefenpsycholgisch notwendige) Ergänzung des Gottesbildes zum offiziellen Glaubensinhalt für ihre Gläubigen.

Die feministische Theologie begreift den Heiligen Geist als die mütterliche Kraft in Gott, wofür viele Einzelheiten in den sprachlichen und symbolischen Befunden der biblischen Texte sprechen. In Jesus sieht sie den vollkommenen Menschen – den Gott-Menschen, der männliche und weibliche, mütterliche und väterliche Wesenszüge in sich vereint.

Die katholische Lösung lässt äußerlich die patriarchale Ordnung unberührt: Nicht nur im Himmel Gottes spielt die mütterlich-weibliche Kraft eher eine dienende und untergeordnete Rolle – auch auf der Erde im Raum der katholischen Kirche – wie bis weit in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts hinein auch in den Kirchen der Reformation – dürfen Frauen Kinder gebären und dem Leben dienen, nicht aber leiten und führen.

Jesus ist als Jude in eine vom Patriarchat geprägte Welt gekommen, in der Gottesdienst nur stattfinden konnte, wenn – unabhängig von der Zahl der anwesenden Frauen – zwölf Männer da waren. In seiner Umwelt durften Frauen weder das Innerste des Tempels betreten – ein gesonderter Vorhof war ihnen vorbehalten – noch Priesterinnen werden. Der Blutfluss der Monatsregel galt nicht als Zeichen des sich ständig erneuernden Lebens, sondern als kultische Verunreinigung. Auch der Sündenfall war Evas Schuld, die deshalb alles Weibliche für alle Zeiten in die zweite Reihe verbannte. Auch Paulus schreibt – vorchristlich-patriarchalischen Traditionen folgend – die Unterordnung der Frau fest, verordnet ihnen, im Gottesdienst zu schweigen, und wiederholt als Begründung dafür das alte Vorurteil, Frauen seien am Sündenfall schuld.

»Gott« – wie man ihn sich damals vorstellte – und die Männer hatten offenbar eine in Gesetzen gebannte Berührungsangst vor der Lebendigkeit der Frauen.

Jesus teilte diese Berührungsängste nicht. In seiner Nachfolge sind Frauen gleichrangig neben Männern, oft erzählt er Frauengeschichten als Gleichnisse der Nähe Gottes. Von Frauen lässt er sich zärtlich und liebevoll berühren, auch wenn sie in schlechtem Ruf stehen. Nach seiner Auferstehung bestimmt er die Frauen, die ihn bis zuletzt begleitet hatten und denen er als erstes begegnet, zu Zeuginnen seiner Auferstehung und beauftragt sie ausdrücklich mit der Verkündigung dieser Nachricht – wie er ja auch durch eine Frau zur Welt gebracht wurde. So hat er in seiner Person die alten Strukturen des Patriarchats zerbrochen. Auch dieser Konflikte wegen wurde er gekreuzigt.

Seine Auferstehungskraft aber wird noch immer von kirchlichen Grabeswächtern unter Verschluss gehalten.

Im Gottes- wie im Menschenbild ist die Kirche weitgehend Paulus und dem Frühkatholizismus, nicht aber Jesus gefolgt!

Christliche Bewegungen, die ein Gottesbild vertraten, das in ganz anderer Weise das mütterlich-weibliche Element integriert haben und auch Frauen als Priesterinnen wirken ließen, wurden von früh an als (gnostische) Irrlehrer bekämpft und – sobald die Macht zur Verfügung stand – genauso verfolgt, wie Jesus vom patriarchalen Judentum verfolgt wurde.

So ist in der katholischen Tradition – und bei allen evangelischen Christen, die sich daran orientieren – Maria auch als »Gottesmutter« eher ein Alibi für ein religiös begründetes patriarchales Gottesbild als eine wirkliche Wandlung und Öffnung für die weibliche Seite Gottes: dem patriarchalen Gott, der eifersüchtig und rächend sein Volk bewacht und bestraft, dem auch Maria nur als willenlose Gebärmutter gehorsam zur Verfügung steht und die er darum mit seiner besonderen Nähe belohnt – diesem Gottesbild entspricht eine Kirche, die sich im Besitz der Wahrheit wähnt und diesen Besitz in schwer verständlichen Formeln einer Theologensprache hütet und schützt. Mit ihren Dogmen macht sie andere zu Ketzern, die sie verfolgt und körperlich (in früheren Zeiten) oder gesellschaftlich (in unserer Zeit) umbringt. Nach außen betreibt sie mit Schwert (früher) und zivilisatorischer Überlegenheit (heute) Mission und fordert nach innen mit organisierter geistiger Macht Gehorsam, den sie ggf. auch durch Entlassungen erzwingt; denn sie maßt sich an, besser zu wissen als der andere, was für ihn gut ist.

Diesem vorchristlich-patriarchalen Gottesbild entspricht also ein Führungsstil – und man braucht dazu keine katholische Weltanschauung, um in diesen Stil zu verfallen: Wie viele Pastoren (wie auch Laien in der Gemeindeleitung) lieben eine klare oder auch unbewusste autoritäre Struktur in der Zusammenarbeit von Menschen einer Gemeinde? »Geistliche Führung« hat wieder Konjunktur. Autorität ist nach wie vor gefragt – und vor allem Menschen, die sich in der Tugend des Gehorsams üben.

Im Protestantismus gibt es – nicht erst mit der feministischen Theologie – eine andere Art, mit diesem Problem umzugehen: Hier entwickelte sich seit der Zeit der Aufklärung die Bibelkritik auf der Basis der historischen Forschung – oder schon durch Luthers Prinzip von Christus als der Mitte der heiligen Schrift eine kritische Auslegung mancher Bibelstellen. Von dieser Mitte her muss alles andere kritisch gelesen werden, auf diese Mitte hin will die ganze heilige Schrift verstanden werden. Da beginnt sich nun – mühsam und schwerfällig genug – das Gottesbild wie die kirchliche Praxis zu öffnen für die Frau, die gleichrangig neben dem Mann steht. Da wird entdeckt, dass die Taube – Symbolgestalt des Heiligen Geistes – uraltes Symbol vorchristlicher Muttergottheiten ist, dass Gott also die Polarität von Mann und Frau in sich selbst zu gleichrangiger Einheit verbindet. Da wird das Gottesbild Jesu zum Maßstab – der »Vater im Himmel«, für dessen Reich Frauen genau so wie Männer gleichnishaft und durchsichtig werden können. Und dem entspricht dann auch eine Gestalt der Kirche, ein Führungsstil und eine neue Form der Zusammenarbeit: »Einer ist euer Meister, Christus. Ihr aber seid (Schwestern und ) Brüder.« (Matthäus 23,8).

Ich komme, wie wohl wir alle, aus einer patriarchal-autoritär geprägten Christlichkeit. Meine Mutter, in gleicher Weise wie meine »väterlichen Freunde«, geistlichen Führer – oder wie man solche Menschen nennen mag – haben sie mir vermittelt. Und ich spüre, wie in dieser Tradition eine Leben verneinende Kraft steckt. Ich merke, wie bei Jesus ein ganz anderer Wind weht, ein ganz anderer Geist herrscht.

Hier bin ich noch auf der Suche, bin noch nicht fertig – mit mir selbst, mit den verschiedenen Seiten des Gottesbildes der kirchlichen Tradition und mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben. An dieser Suchbewegung habe ich Ihnen Anteil gegeben.

Ich spüre, wie mein eigener Weg ganz wesentlich meinen Umgang mit den Menschen prägt – meine Rolle als Pastor und auch das Gottesbild, das durch mich den Menschen vermittelt wird:

Ist es ein Gottesbild des Gehorsam gebietenden Patriarchen, der keinen Widerspruch, kein eigenes Nachdenken und Entscheiden duldet; der Angst verbreitet und so die Menschen in Unmündigkeit hält, aus der sie sich über kurz oder lang emanzipieren müssen, wenn sie erwachsen werden und gesund bleiben wollen? Oder ist es das Bild eines wahrhaft liebenden Gottes, der wohl über die Abwendung seiner Menschen und ihre Irrwege, ihre Fehlentwicklungen weint, der aber auch auf Umwegen ihnen nachgeht und mit offenen Armen auf sie wartet? Ist es der Gott, der väterlich-männliche Züge trägt und doch zugleich beseelt ist von einem mütterlichen Geist?

Ich wünsche mir, dass dieses letzte Bild mich und meine Kirche immer stärker prägt, denn in ihm spüre ich befreiende Kraft.

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Thesen zu »Vater-Erfahrung und Gottesbild«

Die Thesen wurden einige Monate später als Grundlage für Gespräche über dieses Thema erstellt.

Quer zu den verschiedenen subjektiven Vater-Erfahrungen der Kindheit liegt die archetypische Wirklichkeit des Vaterbildes (bzw. des Mutterbildes). Diese archetypische Wirklichkeit liegt der menschlichen Fähigkeit zugrunde, Vaterbeziehungen aufzunehmen, wie auch der Fähigkeit, Vatererfahrungen zu kritisieren und als eigene Lebenswirklichkeit um zu gestalten.

Lebensaufgabe der Reifung im Leben eines jeden Menschen ist nicht nur die äußere und die innere Auflösung der Vater- (Mutter-)Bindung, sondern die Ausgestaltung väterlicher (wie mütterlicher) Kräfte in der eigenen Seele. Nur so ist Mündigkeit möglich.

In welcher Weise aus der christlichen Tradition heraus ein Gottesbild vermittelt wird, hängt nicht primär an der Theologie, sondern die Art der Theologie hängt an der Reifung oder Reifungsverweigerung der Persönlichkeit des Theologen / der Theologin. Das Subjekt in seiner Beziehung zur Reifung (Individuation) ist hermeneutischer Schlüssel zur Tradition.

Die christliche Tradition in ihrer kirchlichen Gestalt ist überwiegend pa-tiarchal-männlich geprägt, ähnlich wie die meisten Theologie betreibenden Menschen. Eine patriarchal-männliche Symbolik hat in ihrer Geschichte immer wieder zu autoritären Strukturen geführt, in denen die mütterlichweiblichen Seelenanteile genauso wie die Frauen in ihren sozialen Rechten unterdrückt wurden.

Von einer individuations-psychologischen Hermeneutik her ist die kirchliche Tradition kritisch zu befragen. Sie muss weiter entwickelt werden aus den mütterlich-weiblichen Anteilen, die auch in den biblischen Gottesbildern enthalten sind, damit die Tradition nicht zum Reifungshindernis für die Männer und zur latenten oder offensichtlichen Unterdrückung der Frauen wird.

Die Symbole der heiligen Hochzeit können die Symbole des Patriarchen-Gottes ablösen. Die trinitarische Symbolik bietet dazu eine ausreichende Grundlage, wenn der Heilige Geist mit der Sophia-Tradition als mütterlich-weibliche Kraft verstanden werden kann und Jesus als der vollkommene Mensch, der männliche und weibliche Qualitäten in sich zur harmonischen Einheit verbindet, und darin sich als Gefäß des Göttlichen – als Christus – erweist.

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Matriarchat – Patriarchat und der Gott des Lebens

Predigt über 1. Könige 19, 1 – 8 (9-13a)

Am Sonntag Okuli – 18. März 1990 in der Auferstehungskirche Hamburg-Marmstorf

Elia ist auf der Flucht. Er flieht vor dem Leben. Tatkräftig hatte er eingegriffen in die Geschichte seines Volkes. Aber nun flieht er vor den Folgen seines Erfolges.

In Gottes Namen hatte er gehandelt: radikal dem Willen Gottes gehorchend – ein Nachfolger Gottes. Und er hatte in Gottes Namen gesiegt.

Israel war wieder einmal in den Einflussbereich der Naturreligionen seiner Nachbarn geraten. Ahab, der König, hatte Isebel, eine Priesterin der Astarte geheiratet. Überall im Lande tauchten Priester des Baal auf – überall im Lande wurde das Fest der Heiligen Hochzeit des Gottes Baal mit der Göttin Astarte gefeiert: Vermählung von Himmel und Erde, die dem Land seine Fruchtbarkeit gab – dem Land wie den Menschen. Faszinierende Feste voll Rausch und sinnlicher Leidenschaft, voller Begeisterung für das Leben und voller Schmerz über seine Vergänglichkeit. Anziehend und mitreißend wirkte diese Religion auf das Volk Israel. Wie fern schien dagegen Jahwe, der Namenlose, der Unsichtbare, der Gott der Wüste!

Elia aber war für Jahwe eingestanden, hatte das Volk zur Entscheidung gerufen: »Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Ist Jahwe Gott, so folgt ihm nach; ist’s aber Baal, so folgt ihm!« Vor dem unentschieden schweigenden Volk fordert er die 450 versammelten Priester Baals heraus: Sie sollten zu ihrem Gott beten und er zu Jahwe. Welcher Gott das dargebrachtes Opfer durch ein Feuer vom Himmel verzehren würde, der solle als wahrhaftiger Gott gelten.

Sie kennen das Ergebnis? Baal blieb stumm, Jahwe antwortete mit Feuer. Elia nutzte die aufgewühlte Stimmung des Volkes und ließ alle 450 Baalspriester sofort umbringen.

Konnte er einen größeren Erfolg erringen?

Nun aber flieht er vor den Folgen seines Erfolges. Die Königin droht ihm mit dem Tod – Rache für den Ritualmord an den Priestern.

Hatte Gott diese Morde gewollt? Ich weiß es nicht. Ich glaube es nicht. Elia hatte es geglaubt und danach gehandelt. Nun aber war sein Glaube am Ende. Er glaubte einfach nicht mehr, dass Jahwe ihn schützen könne vor dem Zorn der Königin Isebel. Er glaubte nicht mehr an die Macht seines Gottes, die er noch vor wenigen Stunden demonstriert hatte.

War der innere Einklang zwischen ihm und dem lebendigen Gott zerbrochen? War er auf sich allein zurück geworfen? Hatte er eigenmächtig zum Schwert gegriffen oder dazu aufgerufen, statt auch hier auf die Macht Gottes zu vertrauen?

Jedenfalls flieht er nun. Er flieht nicht nur in die Wüste. Er flieht in den Schlaf und er möchte durch den Schlaf am liebsten aus dem Leben fliehen: »Es ist genug, Herr, nimm nun meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.«

Hatte er in seinem Eifer für Gott die Verbindung zu dem Gott des Lebens genau so verloren wie die anderen in ihrer Gottlosigkeit?

Ich weiß es nicht, ob Sie solche Stunden des Selbstzweifels und der Verzweiflung auch kennen. Ich denke, keinem bleiben sie ganz erspart. Je radikaler einer den Glauben ernst nimmt; je entschlossener eine dem Ruf Jesu in die Nachfolge gehorchen will, desto klarer kennt sie auch solche Stunden der müden Resignation.

Auch die Jünger unter dem Kreuz erfuhren diese Resignation und Verzweiflung. Auch die Frauen mussten das Dunkel der Grabeshöhle erfahren, in der all ihre alte Begeisterung nun lag.

Vielleicht muss jeder Mensch sich mindestens zwei mal bekehren: die erste Bekehrung ist der Aufbruch aus der gleichgültigen Bequemlichkeit; aus dem Leben, das nur nach äußeren Gütern und Werten strebt – die Bekehrung zum Gehorsam gegen Gottes Willen. Vielleicht krankt die Christenheit und Kirche unserer Zeit – und auch unsere Gemeinde – an Unentschlossenheit, dem Ruf Jesu in die Nachfolge zu gehorchen.

Aber dann sind da auch die entschlossenen Nachfolge-Christen, die sich auf Gottes Seite fühlen und meinen, gegen alle möglichen Formen des Unglaubens kämpfen zu müssen – meistens mit nicht ganz so viel Erfolg wie Elia. Vor ihnen liegt so etwas wie eine zweite Bekehrung, die vielleicht noch schmerzlicher ist als die erste: Von den »schlechten« Seiten seines Wesens löst man sich ziemlich leicht. Aber von den »guten«?

Elia muss erleben, dass auch seine besten Absichten und Kräfte nicht näher bei Gott sind als die dunklen seiner »Väter«. Er muss erleben, wie sein ganzes Glaubensgebäude stürzt und fällt. Er muss erleben, dass Gott noch ganz anders ist, als er bisher meinte. Das ist wie ein innerer Tod. Das ist wie der Tod, den die Jünger Jesu unter dem Kreuz und in der Grabeshöhle mit erleben. Darum will Elia auch äußerlich sterben.

Für Gott aber ist dieser Tod der eigentliche Neubeginn. Erst durch diesen Zusammenbruch hindurch gehen Elia die Augen auf für die wahre Macht Gottes:

In mütterlicher Behutsamkeit rührt Gott den erschöpft schlafenden Elia an. »Steh auf und iß!« Keine Forderung, kein militärischer Appell, kein Aufruf zu neuen Taten, keine Moralpredigt und kein gutes Zureden. Einfach ein gedeckter Tisch in der Wüste: Nahrung, Erfrischung, Kraft. Nicht einmal jetzt die Aufforderung, nun wieder an die Arbeit zu gehen. Elia darf weiter ruhen, sich fallen lassen, schlafen. Kein fordernder, kämpferischzerstörender Gott begegnet ihm da: Gott, wie eine nährende Mutter, in deren Schoß er seinen Kopf legen darf – Gott wie eine gute Mutter, die zum Leben weckt und befreit.

Ein zweites Mal rührt der Engel ihn an, behutsam aber entschlossen: »Steh auf und iss! Du hast noch einen weiten Weg vor dir!« Wieder der gedeckte Tisch in der Wüste: Erfrischung, neue Kraft. Und keine Aufforderung, zurück in den alten Kampf zu gehen!

Ein weiter Weg – tiefer hinein noch in die Wüste. Da, am Ende des langen Weges, fern von allem Kampf: da ist der Berg Gottes, die Höhle, in der sein Glaube und sein Leben neu geboren wird. Da lässt ihn Gott sein wahres Wesen spüren: nicht in dem Sturm, der mitreißt und zerstört; nicht in dem Erdbeben, das die Grundfesten erschüttert; nicht in dem Feuer, das noch kurz zuvor die Opfer verzehrt hatte: nein, Gott ist nicht im Sturm der Begeisterung und nicht in der zerstörenden Gewalt!

Ein stilles sanftes Sausen, leise, wie der Atem, der in uns unaufhörlich aus- und einzieht – in uns und in jedem Menschen. So erfährt er Gott als die leise behutsame Kraft des Lebens, der er nun dient.

Auch auf seiner Flucht hatte dieser Gott und seine Kraft ihn nicht losgelassen. Durch das Zerbrechen seines Bildes von Gott war ihm der wahre, Leben spendende Gott begegnet.

Amen.

*

Nachbesinnung zur Predigt über 1. Könige 19

Tagebuch-Notiz nach dem Gottesdienst am 18. März 1990

Im Ringen mit meinem Widerstand gegen den Kampf der patriarchalen Gottheit und ihres Propheten wurde mir die initiatische Kraft dieser Geschichte bewusst als eine Geschichte, die auch ein sich wandelndes Gottesbild im Menschen Elia gestaltet:

Im Namen des »Heiligen Kriegs-« und Vatergottes tritt Elia zum Kampf an gegen das matriarchale Götterpaar Baal – Astarte. Heilige Hochzeit auf immanent-religiöser Ebene wird bekämpft im Namen der Transzendenz Gottes. Im »Gottesurteil auf dem Karmel« (1.Könige 18) setzt sich die transzendente Gottheit durch. Das Patriarchat besiegt das Matriarchat.

Aber Elia, der siegreiche Prophet, wird vom Schatten der verdrängten Weiblichkeit eingeholt. Die Lebensmutter wird für ihn zur Todesmutter, in deren Arme er unwissend flüchtet. Im Todesschlaf der Wüste aber erweist sich die Gottheit als eine – auch der transzendente Gott zeigt sein mütterlich-nährendes Wesen; aus dem Tod in der Höhle des Gottesberges wird Elia von der mütterlichen Seite des transzendenten Gottes neu geboren – zu einem neuen Gottesbild und neuem Leben erlöst.

Tod und Neugeburt – das Mysterium der Verwandlung – steht am Ende des Kampfes der patriarchalen gegen die matriarchale Gottheit. Elia selbst wird verwandelt mit der Verwandlung seines Gottesbildes (oder umgekehrt!): nicht mehr das Feuer, sondern der leise Windhauch, der Atem ist Gottes Bild.

Das Symbol von der Heiligen Hochzeit ist transformiert von der immanent-sinnlichen auf die transzendent-übersinnliche Ebene: der Vater und die nährende und gebärende Mutter sind eins geworden.

Im Vollzug der meditierenden Nacherzählung der Geschichte hat sich mir diese Dimension neu erschlossen. Mir wird noch einmal bewusst, wie sehr für mich die eigene Initiation und Reifung hermeneutischer Schlüssel zur Tradition geworden ist.

Nachtrag am 26. November 1992

Inzwischen ist mir deutlich, dass Elia am Ende dieser Geschichte – in den folgenden Versen zu lesen – wieder in den alten Kampf mit gleicher Blutrünstigkeit zurück geschickt wird. Darüber wollte ich damals nicht nachdenken.

Heute frage ich mich: Kämpft Elia nach dem Geschehen in der Wüste und am Gottesberg einen anderen Kampf als vorher?

Geistesgeschichtlich gesehen scheint die in dieser Geschichte sich andeutende Integration ein Jahrtausende weiter Vorgriff, dem wir in unserer Zeit vielleicht erst allmählich zu entsprechen beginnen – oder dem jede Zeit neu entsprechen lernen muss.

Eins scheint der weggelassene Schluss der Geschichte jedenfalls zu sagen: Initiatische Prozesse, zu Wandlung notwendige Regressionen sind Durchgangsstadien – kein Ort, an dem man sich einrichten kann.

*

Wort Gottes, Geschlechtergerechtigkeit und Homosexualität

Die Denkschrift der EKD zu Lebensformen hat eine heftige Gegenreaktion fundamentalistischer und konservativer Kreise ausgelöst. In einem Gottesdienst tauchten entsprechende Bewertungen auf: Gleichstellung homosexueller Menschen und Tilgung der männlichen oder weiblichen Kennzeichen im Personalausweis als Symptome für einen modernen Tanz um das »goldene Kalb«. Dies löste ein grundsätzliches Gespräch über diese Phänomene in unserer Gesellschaft und Kirche aus. In diesem Zusammenhang wurde ich mir meines eigenen Weges noch einmal bewusst: aus einem ähnlichen fundamentalistischen Hintergrund heraus hin zu neuer evangelischer Freiheit. Mit den folgenden Zeilen versuche ich diesen Weg zu skizzieren und meine eigene Stellung zu den diskutierten Fragen zu finden. Die angedeuteten Beispiele spiegeln diese konkrete Gesprächssituation. (2014)

Verständnis der »Heiligen Schrift« der Christenheit als »Wortes Gottes«

In meiner früheren Ablehnung der Homosexualität als Sünde ging ich von einem Verständnis aus, nach dem Gottes Wort im Wesentlichen zwischen den beiden Buchdeckeln der Bibel zu finden sei: Deshalb sind die Aussagen über Gott ebenso wie die ethischen Anweisungen darin verbindliche Norm. Das war um so selbstverständlicher möglich, als ich keine konkreten Menschen kannte, von denen ich wusste, dass sie homosexuell sind. Bei der untergeordneten Rolle der Frau, wie sie etwa Paulus einfordert, sah ich nie eine bindende Norm: hatte ich doch eine Mutter, die ganz »ihrem Mann« stand und gleichrangig mit Männern umzugehen verstand – auch in religiöser Hinsicht.

Allerdings hatte ich schon sehr früh Schwierigkeiten, mit den Widersprüchen in dem so verstandenen Wort Gottes zurecht zu kommen. Wohl wusste ich, dass ich um den Heiligen Geist beten müsse, der mich das rechte (= rechtgläubige) Verständnis der Hlg. Schrift lehrt. Aber ich merkte erst im Laufe des Studiums, wie sehr mein »rechtes Verständnis« der Heiligen Schrift geprägt war von dem, was meine jeweiligen Lehrer aus der Vielfalt biblischer Aussagen in den Vordergrund rückten, d. h. welche Inhalte und Normen sie selbst für verbindlich ansahen und welche sie einfach ignorierten, um selbst mit den Widersprüchen klar zu kommen.

Im Studium allerdings lernte ich, dass die Bibel nicht einfach als Buch Gottes Wort ist, sondern menschliche Überlieferungsgeschichte, in der sich Gottesbegegnungen und Gotteserfahrungen spiegeln in zeitbedingter Sprache und kulturbedingten Wertevorstellungen ganz unterschiedlicher Zeiten. Mit diesen geschichtlich bedingten Sprachformen wandeln sich auch die Gottesbilder in der Bibel je nach menschlichem Fassungs- und Ausdrucksvermögen. Trotz dieser Einsicht bin ich auch noch als Pastor in Predigt und Unterricht eher fundamentalistisch mit der Bibel umgegangen – ohne zu merken, dass ich nun eben meine eigene gegenwärtige Erkenntnis zum Maßstab dessen setzte, was gültig ist und was nicht.

Durch Krisen und Erschütterungen hindurch habe ich heute zu der Überzeugung gefunden, dass Wort Gottes je neu entsteht, wo mich Gottes Nähe berührt. Bonaventura, führender Vertreter der frühen franziskanischen Theologie, ist mir da eine Hilfe mit der Aussage, Gott habe dem Menschen zwei Bücher gegeben, ihn zu finden: die Natur (= das sich wandelnde Leben selbst) und die Bibel. Nur weil die Menschen ihn in seinem ersten Buch nicht erkennen konnten, musste er ihnen noch das zweite Buch dazu geben – als Lesehilfe des ersten! Auch eine Grundaussage lutherischer Tradition half mir zu größerer Klarheit: die lebendige Stimme des Evangeliums (»via vox evangelii«) sei nicht in der Bibel zu lesen oder im Wort des Predigers zu hören – gemäß der paulinischen Aussage: »Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig.« (2.Kor. 3,6) Wort Gottes im Sinne der lebendigen Stimme des Evangeliums entsteht zwischen dem Auge des Lesenden und dem Gelesenen bzw. dem Ohr des Hörenden und dem Gehörten durch den Heiligen Geist selbst, der das Herz des Menschen berührt. Gottes Wort ist also immer aktuell, immer persönlich und auch subjektiv. Es nimmt die gegenwärtige Entwicklung des Menschen ernst und bezieht sie je neu mit ein. Damit aber habe ich nichts in der Hand oder im Kopf, was ich als göttliche Wahrheit und von Gott gewolltes richtiges Verhalten festmachen könnte. Mir bleibt nur, je neu danach zu suchen, zu fragen, aufmerksam hin zu hören und das offene Gespräch – ohne dass ich dabei verbindliche, dauerhaft gültige Festlegungen im Sinne einer göttlichen Ordnung erwarten könnte. Darin bin ich entschieden evangelisch – im Unterschied zu orthodoxen, katholischen oder fundamentalistischen Positionen.

Biblische Aussagen über die Rolle der Frau oder über Sexualität

Mit solchem Verständnis des Wortes Gottes ist es mir nicht mehr möglich, biblische Aussagen über die Rolle der Frau oder über bestimmte Formen sexuellen Verhaltens als geschichtslos verbindlich geltende Weisungen zu nehmen.

Viele unterschiedliche Lebensformen stehen in der Bibel nebeneinander. Allein im Stammbaum Jesu nach Matthäus (Matth. 1,2-16) spiegeln sich ohne jede Bewertung unterschiedliche Rollen von Frauen und nicht der gängigen Norm entsprechende Formen der Sexualität, während Lukas einen »Stammbaum« überliefert, in dem nur Männer genannt sind. Offenbar liegt Matthäus daran, bereits am Anfang seines Evangeliums etwas von der Freiheit Jesu sichtbar zu machen, der nicht bewertet: Thamar, die als Prostituierte verkleidet ihren Schwiegervater Juda einlädt und so doch noch ein Kind bekommt, nachdem die beiden Söhne Judas kinderlos gestorben waren; Rahab, die als Prostituierte die israelischen Kundschafter aufnimmt – offenbar auch als »Kunden«, da sie auf diese Weise in den Stammbaum Jesu gerät; Ruth, die Ausländerin, die einem reichen Israeliten im Schlaf »die Füße aufdeckt« und sich ihm »vor die Füße legt« – und so seine Frau wird; oder schließlich Bathseba, die David unter schlimmen Machenschaften in seinen Harem holt und zu seiner Lieblingsfrau macht. Auch von den Vielehen der »Erzväter« Abraham und Jakob wird ohne jede Bewertung berichtet. In all dem geht es nicht um normative Maßstäbe. Es sind zeit- und kulturbedingte Lebensformen, die selbstverständlich vorausgesetzt werden. Auch das, was sich in den paulinischen Aussagen über die Rolle der Frau, die Ehe und die Homosexualität spiegelt, kann ich nur als Ausdruck zeitbedingter Einsichten, nicht aber als verbindliche Weisung verstehen, selbst wenn es diesen Anspruch erhebt. Solch ein Anspruch mag allenfalls in der damaligen Zeit gegolten haben.