Dich erleben - J. Kenner - E-Book

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J. Kenner

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Beschreibung

Nikki will ihren Mann Damien mit einem romantisch-erotischen Kurztrip überraschen. Doch schon bei ihrer Ankunft in San Francisco wird der Traum zum Albtraum: Reporter bedrängen den milliardenschweren Unternehmer und stellen bohrende Fragen nach einem unehelichen Sohn. Nikki ist schockiert und zutiefst verletzt. Damien bedeutet ihr alles, aber sie weiß auch, wie groß seine Anziehungskraft und seine Leidenschaft sind. Wer sagt die Wahrheit – und wird ihre Liebe diese harte Probe überstehen?

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J. Kenner

Dich

ERLEBEN

Erzählung

(Stark Novella 9)

Aus dem Amerikanischen von Charlotte Beck

Zur Erzählung

Nikki will ihren Mann Damien mit einem romantisch-erotischen Kurztrip überraschen. Doch schon bei ihrer Ankunft in San Francisco wird der Traum zum Albtraum: Reporter bedrängen den milliardenschweren Unternehmer und stellen bohrende Fragen nach einem unehelichen Sohn. Nikki ist schockiert und zutiefst verletzt. Damien bedeutet ihr alles, aber sie weiß auch, wie groß seine Anziehungskraft und seine Leidenschaft sind. Wer sagt die Wahrheit – und wird ihre Liebe diese harte Probe überstehen?

Zur Autorin

Die New-York-Times- und SPIEGEL-Bestsellerautorin J. Kenner arbeitete als Anwältin, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Ihre Bücher haben sich weltweit mehr als drei Millionen Mal verkauft und erscheinen in über zwanzig Sprachen. J. Kenner lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Texas, USA. Ihre lieferbaren Romane und Erzählungen finden Sie unter J. Kenner im Diana Verlag. Wenn Sie mehr über J. Kenner erfahren wollen, entdecken Sie Das große J. Kenner Fanbuch.

Romane mit Nikki und Damien

Dir verfallen (Stark 1)

Dir ergeben (Stark 2)

Dich erfüllen (Stark 3)

Dich lieben (Stark 4)

Dich halten (Stark 5)

Erzählungen mit Nikki und Damien

Dich befreien (Stark Novella 1)

Dir gehören (Stark Novella 2)

Dir vertrauen (Stark Novella 3)

Dich begehren (Stark Novella 4)

Dich beschenken (Stark Novella 5)

Dich besitzen (Stark Novella 6)

Dich berühren (Stark Novella 7)

Dich fühlen (Stark Novella 8)

Dich erleben (Stark Novella 9)

Erzählungen aus der Stark-Welt

Zähme mich (Jamie & Ryan) (Stark Friends Novella 1)

Verführe mich (Jamie & Ryan) (Stark Friends Novella 2)

Halte mich (Sylvia & Jackson) (Stark Friends Novella 3)

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so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Vollständige deutsche E-Book-Ausgabe 06/2019

Copyright © 2018 by Julie Kenner

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel Please Me

bei Evil Eye Concepts, Inc.

Copyright des deutschsprachigen E-Books © 2019 by Diana Verlag,

München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Janine Malz

Umschlaggestaltung: t.mutzenbach design, München

Umschlagmotiv: © Korionov /shutterstock.com

Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

Alle Rechte vorbehalten

e-ISBN 978-3-641-23962-6V002

www.diana-verlag.de

Kapitel 1

»Also, ich halte das für eine brillante Idee«, sage ich, während ich auf dem Boden hocke und meine Tochter anlächele, obwohl die Worte an Abby gerichtet sind, meine Geschäftspartnerin. »Und Anne sieht das genauso, oder, meine Süße?«

»Mama!«, sagt sie laut, und mir wird das Herz ganz warm. Sie streckt mir ihre speckigen Ärmchen entgegen, und ich ziehe sie begeistert an mich, während sie gähnt, sich die Augen reibt und sich an mich kuschelt. Sie hätte vor fünfundvierzig Minuten ins Bett gehen sollen und auch wenn sie gerade friedlich ist, weiß ich, dass sie gereizt sein wird, wenn ich sie nicht so schnell wie möglich hinlege.

Vorsichtig lege ich sie in das weiße Bettchen, das neben meinem Schreibtisch viel Platz einnimmt. »Schlafenszeit«, sage ich und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. »Anne muss jetzt schlafen und von Miss Abbys wunderbarer Idee träumen.«

Während sie die Augen schließt, greift sie nach mir. Aber ich weiß, dass sie nicht ihre Mommy, sondern ihre Decki will, und ich bücke mich und greife nach der gestreiften Krankenhausdecke, die ich vor knapp zwölf Monaten mit nach Hause genommen habe. Wir haben versucht, ihr Kuscheltiere aufzudrängen. Einen lachenden Tiger. Eine verrückte Giraffe. Aber Stofftiere haben keine Chance gegen Decki.

Sie lächelt und klammert sich an die Decke. Ich verspüre einen Kloß im Hals, als könnte ich meine enorme Liebe für diese kleine Person kaum ertragen. Dann atme ich ein und versuche, nicht mehr an meine jüngere Tochter zu denken und mich wieder auf die Welt der Smartphone-Apps zu konzentrieren.

Als ich mich umdrehe, grinst Abby mich mit schalkhaftem Blick breit an. »Das ist total komisch, Nikki«, flüstert sie. »Das muss wohl das seltsamste Entwicklungstreffen ­überhaupt sein.«

Beiläufig zucke ich die Achseln. »Was soll ich sagen?«, flüstere ich. »Ich bin gerne anders.« Ich schnappe mir den Baby-Monitor und mache dann eine Kopfbewegung in Richtung hintere Terrassentür, wo wir ungestört reden können und nicht befürchten müssen, mein kleines Mädchen aufzuwecken. »Komm.«

Anne war schon immer eine gute Schläferin. Aber genauso wie ihre Namensvetterin, Ashley Anne Fairchild Price, verwandelt sie sich in ein schreckliches kleines Monster, wenn sie nicht ausreichend Schlaf bekommt.

Als ich klein war, war meine Schwester Ashley mein Fels in der Brandung; dank ihr habe ich meine schreckliche Kindheit unter der Fuchtel meiner Mutter überlebt. Ich vertraute Ashley. Schaute zu ihr auf. Und liebte sie bedingungslos.

Aber mein Gott, dieses Mädchen konnte zur Furie werden, wenn es nicht genug schlief.

Meine Jüngste kommt sehr nach ihrer Tante, fürchte ich.

Bei dem Gedanken verspüre ich wieder Druck auf der Brust, allerdings ist es dieses Mal Liebe, die von Schmerz getrübt wird. Weil Anne meine Schwester nie kennenlernen wird. Viele Jahre lang hatte ich geglaubt, dass Ashley der Hölle entkommen war, die unsere Mutter uns auf Erden bereitete. Ich hatte gedacht, dass nur ich ihr zum Opfer gefallen war, dazu gezwungen, zu hungern und alle möglichen Arten von Missbrauch zu erdulden, nur damit ich bei Schönheitswettbewerben ihr hübsches, herausgeputztes Püppchen sein konnte.

Ich habe mich geritzt und bin dadurch entkommen. Ein Ventil für den ganzen Schrecken und Schmerz, der sich in mir angestaut hatte. Und als ich wegen der tiefen Schnitte auf meinen Oberschenkeln nicht mehr im Badeanzug bei Wettbewerben auftreten konnte, war dies ein Befreiungsschlag. Zumindest hatte ich mich von diesem Schrecken befreit.

Ashleys Flucht war endgültiger. Sie dachte, sie hätte als Frau versagt – dass sie niemals die Perfektion erreichen ­konnte, die unsere Mutter so nachdrücklich verlangte – und nahm sich das Leben.

Ihr Tod hat mir ein Loch ins Herz gerissen.

Der Schmerz über ihren Verlust begleitet mich seit Jahren, aber nun, da ich Kinder habe, ist ihre Abwesenheit noch schwerer zu ertragen. Nun habe ich zwei kleine Mädchen, die nie ihre Tante kennenlernen werden. Und ich bin die Einzige, die jemals wirklich verstehen wird, welche Lücke durch Ashleys Abwesenheit in ihrem Leben klafft.

»Alles in Ordnung?« Abby sieht mich an, bevor sie sich in einen gepolsterten Terrassenstuhl setzt.

»Ja«, sage ich, dann ringe ich mir ein Lächeln ab und entscheide mich für eine Notlüge. »Ich bin nur in Gedanken abgeschweift.« Ich setze mich auf den Stuhl neben ihr, sodass wir beide auf den unberührten Strand von Malibu und die sich brechenden Wellen des Pazifiks schauen.

Wir befinden uns in dem Ferienhäuschen am Strand, das Damien für mich gebaut hatte, bevor wir Kinder bekamen. Damals hatte ich einmal erwähnt, das Einzige, was unserem atemberaubenden Haus am Hang noch fehle, sei eine Hintertür, die direkt zum Strand führe.

Weil Damien mich wahnsinnig verwöhnt, hatte er mich daraufhin mit dem Bungalow überrascht. Dieser befindet sich am Fuße unseres Anwesens, und man erreicht ihn über einen gewundenen Pfad vom Hauptgebäude aus. Das Häuschen ist zwar klein, aber wunderschön, und als ich davon erfuhr, war ich von einer wilden Mischung aus Ehrfurcht und Freude erfüllt.

Ehrfurcht, weil Damien einfach so mir nichts, dir nichts entscheiden konnte, ein Haus zu bauen. Freude, weil er es nur getan hat, um mir eine Freude zu machen.

Meine Familie hat in Texas mit Öl und Gas viel Geld verdient, deswegen kenne ich die schönen Seiten des Lebens. Aber mit Damiens Milliarden konnte meine Familie nicht mithalten. Jedoch war er nicht schon immer vermögend. Nein, Damien Stark hat um das Leben kämpfen müssen, das er sich aufgebaut hat, ebenso wie um alles andere, das er jemals besessen hat. Und das, denke ich mit einem kleinen Lächeln, schließt auch mich ein.

Ich weiß immer noch nicht, welcher glücklichen Sternenkonstellation ich Damiens Liebe zu verdanken habe, aber ich weiß, dass sie aufrichtig und unfassbar tief ist. Ich weiß es, weil er es mir sagt. Und wichtiger noch: Es mir zeigt. Mit jeder Berührung, jedem Kuss, jedem albernen oder extravaganten Geschenk. Er ist mein Herz und meine Seele. Mein Atem und mein Körper.

Und das Wunder ist: Ich liebe ihn ebenso von ganzem Herzen.

Wir kennen uns, er und ich. Intim. Leidenschaftlich. Ganz und gar.

Deswegen weiß ich mit absoluter Sicherheit, dass ihn ­etwas bedrückt. Etwas, von dem er mir nicht erzählt hat,das ihn aber schon seit einigen Tagen beschäftigt. Und obwohl ich mir einrede, dass er Probleme bei der Arbeit haben muss – weil er mir versprochen hat, dass es zwischen uns beiden keine Geheimnisse mehr geben wird – glaube ich es irgendwie nicht.

Neben mir lehnt sich Abby seufzend zurück, und ich zwinge mich, wieder an die Gegenwart zu denken, lasse widerstrebend meine Ängste und Sorgen los.

»Weißt du«, sagt Abby nachdenklich, »ich dachte schon, unsere Büros in Studio City wären schön. Aber das hier ist definitiv eine Nummer besser.« Sie dreht sich zu mir und sieht mich an. »Können wir ein Glas Wein trinken?«

Ich lache. »Nanu, Abigail Jones, ich bin schockiert.«

Sie verdreht die Augen. »Nein, bist du nicht. Außerdem bist du diejenige, die immer wieder sagt, wie großartig die neue Idee für die App ist. Darauf sollten wir anstoßen.«

»Überredet.« Da ich meine Gäste und Geschäftspartner zuvorkommend behandeln will – und da sich ein Glas Chardonnay großartig anhört –, schnappe ich mir eine Flasche aus dem kleinen Weinkühlschrank hier draußen und schenke uns beiden ein Glas ein.

»Auf dich«, sage ich. »Und auf die Mommy-Watch-App.«

Der Arbeitstitel ist doof – das wissen wir beide –, aber die Idee ist großartig. Abby hatte den Einfall, eine Smartphone-­App zu entwickeln, die speziell für junge Mütter gedacht ist, die wieder in den Beruf zurückkehren. Sie wird alle Hilfsmittel für Mommys zusammenführen, die es bereits gibt. Video- und Audioüberwachung von Babys, Nanny-Cams, Frage- und Antwort-Ressourcen, Wachstumsprotokolle und unzählige andere Optionen – allesamt in einer App vereint.

Ich denke mal, das wird ein Erfolg. Und da Abby ein Ass im Programmieren ist – weswegen ich sie ursprünglich eingestellt habe –, weiß ich, dass sie es schaffen wird.

»Und du meinst wirklich, wir sollten damit nicht noch etwas warten?«, fragt sie.

»Das glaube ich echt nicht.« Das sage ich aus Überzeugung, aber ich verstehe auch ihr Zögern. Noch vor gut einem Jahr war Abby meine Angestellte gewesen und ich ein frustriertes Wrack, das gleichzeitig Mutter und Geschäftsfrau sein wollte.

Angesichts von Damiens Vermögen musste ich natürlich nicht arbeiten, das wusste ich. Aber ich war doch nur aus dem einen Grund von L. A. nach Dallas gekommen: um meine eigene Web-Entwicklungsfirma zu gründen. Dass ich eine Art »Herrscher des Universums« geheiratet hatte, ­änderte nichts daran.

Meine Mädchen allerdings änderten alles. Unsere fast vierjährige Tochter Lara haben wir mit zwanzig Monaten aus China adoptiert, und kurz bevor wir rüberflogen, wurde ich mit Anne schwanger. Ursprünglich hatte ich vor, nach drei Monaten mit den Mädels wieder in Vollzeit vom Küchentisch aus zu arbeiten.

Doch diese Pläne hatten sich schlagartig geändert, als ich das Büro betreten hatte. Mir war schmerzhaft klar geworden, dass ich Annes erste Schritte und ihre ersten Worte zu Hause miterleben wollte. Ich wollte meine Älteste Lara dabei be­obachten, wie sie mit unserer Katze spielte oder auf dem Klavier herumhämmerte. Ich wollte mich darüber amüsieren, wie sie Dora schaute und begeistert das Kartenlied mit­sang. Und verdammt, ich wollte mit ihr zu Gymboree gehen und Bälle in einen großen Fallschirm aus Tuch werfen.

Aber ich wollte auch meine Karriere.

Nachdem ich lange in mich gegangen war, entschied ich mich für einen Kompromiss und bot Abby eine Partnerschaft an. Ich schloss unser Büro in der Innenstadt, was mir Stunden im Straßenverkehr ersparte. Und ich verwandelte meinen geliebten Bungalow in ein Büro.

Nun kommt unsere Rezeptionistin/Büromanagerin Marge an drei Tagen die Woche. Abby arbeitet von zu Hause aus oder kommt in den Bungalow, wenn wir uns zusammensetzen müssen. Und obwohl ich ursprünglich bei den bestehenden Kunden und Projekten bleiben wollte, liefen die Geschäfte so gut, dass wir erst kürzlich zwei weitere Kunden angenommen und noch eine Angestellte dazugenommen haben.

Und natürlich entwickeln wir wieder eigene Inhalte. Wie Abbys App.

»Ja«, sage ich und kehre mit einem entschiedenen Nicken zum Thema zurück. »Absolut, wir sollten vorankommen. Du kannst mit Travis zusammenarbeiten.«

Sie nickt nachdenklich, den Blick fest aufs Meer gerichtet. »Er wird seine Sache bestimmt gut machen.«

Ich muss mir ein Lächeln verkneifen. Travis ist vor zwei Monaten als Programmierer zu Fairchild Development gestoßen, und er und Abby haben sich auf Anhieb gut verstanden. Sie will das vor mir auf gar keinen Fall zugeben – vielleicht hat sie Angst, dass es mir nicht gefällt. Aber solange das Knistern zwischen ihnen ihre Arbeit nicht beeinflusst, habe ich damit kein Problem.

»Gibt es noch etwas, was wir besprechen müssen?«

Abby blättert durch das schwarze Leder-Portfolio mit dem Monogramm Fairchild & Partners Development auf der Vorderseite. Sie kritzelt einige Notizen hin und streicht ein paar Zeilen durch, dann dreht sie sich schulterzuckend zu mir. »Ich glaube, wir haben alles. Ich rede dann morgen mit Travis, okay? Ich kann ihn bei mir in der Nähe zum Frühstücken treffen, oder wir treffen uns hier.«

Ich schüttele den Kopf. »Ich nehme mir morgen frei. Erinnerst du dich? Langes Wochenende.«

Sie streckt mir ihr Glas entgegen. »Das ist das Gute daran, wenn man Chefin ist. Mach dir einen schönen Tag.«

Ich denke an meine ausgeklügelten Pläne fürs Wochen­ende. Pläne, die Damien, Kerzenschein und viel Zeit im Bett beinhalten. Ein warmer Schauder erfasst mich, und ich hebe ebenfalls das Glas. »Glaub mir, das habe ich fest vor.«

Kapitel 2

Als Anne aufwacht, haben Abby und ich zwei Gläser Wein intus, sodass ich darauf bestehe, dass sie ihr Auto stehen lässt und sich von Edward nach Hause bringen lässt.

»Aber, ich möchte nicht …«

»Es macht wirklich keine Umstände. Das ist sein Job. Und ich verspreche dir, dass es ihm nichts ausmacht, im Gegenteil. Außerdem hört er seine Hörbücher nur im Auto, und ich weiß zufällig, dass er fast am Ende des letzten Thrillers von Steve Berry angekommen ist. Glaub mir: Er fährt dich gern.«

Darüber muss sie lachen, nimmt das Angebot aber an, woraufhin ich Edward eine Nachricht schreibe, in der ich ihn bitte, die Limo vorzufahren und uns auf dem Rundweg vor dem Haus zu treffen.

Abby runzelt die Stirn. »Eine Limo?«

Ich zucke die Schultern. »Wozu habe ich eine Limo, wenn nicht dazu, meine Geschäftspartnerin würdig nach Hause kutschieren zu lassen?«

»Eric hat seine Chance echt vermasselt«, sagt sie und meint damit den zweiten meiner früheren Angestellten für Geschäftsentwicklung. Er hat nur Tage vor meiner Entscheidung, weniger zu arbeiten, einen Job in New York angenommen – deswegen ist Abby nun meine Partnerin.

»Der amüsiert sich prächtig in Manhattan«, sage ich. Was vielleicht stimmt. Aber die Wahrheit ist, dass ich ihn in meinem Team vermisse. Abby und ich sind stark im Tech-Bereich, aber Eric war brillant im Kundenkontakt. Bei Abendessen zur Neukundenakquise oder Kundenpflege war er unschlagbar. Ich hingegen bin lieber allein und verstecke mich hinter der Tastatur.

Um ehrlich zu sein, habe ich seine Karriere verfolgt. Und obwohl er sich gut schlägt, macht er nichts Außergewöhn­liches. Das Unternehmen, für das er arbeitete, wurde aufgekauft. Nun ist Eric ein kleiner Fisch in einem großen Teich. Und da stellt sich mir natürlich die Frage, ob er gern wieder ein großer Fisch in einem kleineren Teich wäre.

Aber darüber zerbreche ich mir ein anderes Mal den Kopf. Im Augenblick will ich nur zurück zum Haus. Zurück zu Damien und den Kindern.

Nachdem ich Anne gewickelt habe, gehen wir den Schotterweg entlang, der zum Haupthaus führt. Mein kleines Mädchen tapst neben mir und hält mich an der Hand. Abby pfeift tief und beeindruckt, als sie die Limo sieht, ganz ab­gesehen von Edward, der in seiner perfekt gebügelten und gestärkten Uniform schick aussieht. »Madam«, sagt er und öffnet ihr die Tür. Dabei sehe ich, dass er die Bar aufgefüllt hat, und nicke ihm anerkennend zu. Er antwortet nicht – dafür ist er viel zu sehr Profi –, aber ich erkenne einen Hauch Belustigung in seinem Blick.

»Nord-Hollywood«, sagt er und deutet auf die Nachricht, die ich ihm zuvor geschickt habe. »Da habe ich ausreichend Zeit, mein Buch zu Ende zu hören.«

»Gern geschehen«, sage ich lächelnd und ernte diesesMal ein breites Lächeln. »Sie können heute Abend gern freinehmen«, füge ich hinzu, weil ich weiß, dass Damien heute früh mit dem Tesla ins Büro gefahren ist. »Aber wir sehenuns morgen um zehn, oder?« Edward ist für den Morgentransport für meine Überraschung für Damien zuständig.

»Natürlich, Mrs. Stark.«

Ich habe ihn wiederholt gebeten, mich Nikki zu nennen, und er hat es wiederholt ignoriert. Mittlerweile denke ich, ich muss mich Edward wohl geschlagen geben.

Ich beobachte sie beim Wegfahren, winke dem getönten Fenster zu, hinter dem Abby sitzt und wahrscheinlich ent­weder zurückwinkt oder sich noch einen Drink einschenkt. Ich denke an das erste Mal zurück, als ich in dieser Limo gefahren wurde, und eine heiße Welle sinnlicher Erinne­rungen rollt durch mich hindurch und lässt meinen Körper summen. Ich schließe die Augen, schwelge in der Hitze und der Erinnerung an Damiens Stimme, die mich umgibt. Mich neckt. Mir Befehle erteilt.

Ich habe Dinge getan, die ich mir nie hätte vorstellen können, habe mich völlig Damiens fester Stimme und den sinnlichen Befehlen hingegeben. Das tue ich noch immer. Unsere Beziehung ist so eng, als seien wir körperlich miteinander verbunden, deswegen bin ich so beunruhigt von der Tatsache, dass er in den letzten Tagen abgelenkt und abwesend war, mir aber nicht den Grund dafür verraten hat.

Ich seufze und blicke zu Anne, die sich ein Stück entfernt hat, um die Felsen zu betrachten. Als ich sie rufe, eilt sie zu mir, und ich nehme sie an die Hand und will gerade rein­gehen. Aber ich halte inne, als ich ein abruptes Hupen höre, das von einem grollenden Motor untermalt wird. Einen Augenblick später erblicke ich ein elegantes klassisches Thunderbird-Kabrio, das mit quietschenden Reifen an dem Ort zum Stillstand kommt, wo zuvor die Limo stand.

»Das lässt Ryan dich tatsächlich fahren?«, frage ich meine beste Freundin Jamie, während sie sich wie Grace Kelly den Schal aus dem Gesicht streicht. Der Vergleich passt gut. ­Jamie ist zwar brünett und nicht blond, aber wie die Prinzessin hat sie einen atemberaubenden und einzigartigen Stil, den die Kameras absolut vergöttern. Ich bin fotogen und hübsch, aber ich sehe aus wie das bodenständige blonde Mädchen von nebenan. Jamie hingegen ist der Inbegriff von Raffinesse, Eleganz und Sinnlichkeit.

Als Antwort auf meine Frage hebt Jamie den Kopf. »Das alte Ding? Er hat inzwischen ein neues Spielzeug. Ganz ehrlich, wir sollten die beiden nie wieder gemeinsam shoppen gehen lassen.«

Damien und Ryan besitzen nun beide die neusten Teslas, die im regulären Handel noch nicht verfügbar sind. Aber ich nehme ihr nicht ab, dass sie sich in der Familiengarage der Hunters einfach bedienen darf. Für Ryan ist dieser Thunderbird wie ein Baby – und er weiß verdammt gut, dass Jamie nicht die vorsichtigste Fahrerin der Welt ist.

»Du hast die Schlüssel eingesteckt, als er heute Morgen nach London geflogen ist, oder?«

Sie schlägt unschuldig die Augen nieder. »Er hat sie ganz hinten in seiner Schreibtischschublade liegen lassen. Hinter den Briefmarken. Das war quasi wie eine Einladung.«

Ich verkneife mir jeglichen Kommentar. Ich muss schließlich für Anne ein gutes Beispiel abgeben.

Jamie schließt zu mir auf und hält Anne die Hand hin. »Hallo, Süße. Hast du Tante Jamie vermisst?«

Jamie ist eigentlich gar nicht mit mir verwandt, aber wir sind definitiv wie Familie füreinander.

»Wir beide werden am Wochenende ganz viel Spaß haben«, erklärt sie Anne, die auf und ab hüpft und eindeutig hocherfreut ist, Jamie zu sehen.

»Große Pläne?«, frage ich.

»Wir machen ein Mädelswochenende, stimmt’s, Prinzessin?«

»Pünzessn!«, wiederholt Anne, und Jamie zwinkert mir zu.

»Siehst du?«, sagt sie. »Das wird toll.«

»Aber bitte verdirb meine Kinder nicht, okay?«

Damien weiß es noch nicht, aber ich entführe ihn zu ­einem romantischen Wochenende. Und weil das mit zwei kleinen Kindern im Schlepptau nahezu unmöglich ist, hat sich Jamie freiwillig als Babysitterin angeboten. Zu sagen, dass ich dankbar bin, wäre noch untertrieben, denn nur ­eine Stunde, nachdem ich alles geregelt hatte, fragte mich unsere Nanny Bree, die bei uns wohnt, ob sie über das lange Wochenende freinehmen und nach Vegas fahren könnte, wo ihre Schwester überraschend heiratet, als wäre sie mit ihrem Zukünftigen durchgebrannt.

Glücklicherweise ist Jamies Ehemann bis nächste Woche in Europa, wo er sich mit den ganzen Sicherheitschefs der verschiedenen europäischen Abteilungen von Stark Inter­national trifft. Jamie ist nicht mitgeflogen, weil sie arbeiten musste, aber da sie durch Ryans Abwesenheit Zeit hatte, ­stellte sie sich zum Babysitten zur Verfügung, was entweder weib­liche Solidarität oder völliger Wahnsinn war.

Ich gehe mal davon aus, dass es Solidarität war.

Aber was auch der Grund sein mag, ich bin ihr dankbar. Und obwohl Jamie ein Trottel sein kann, weiß ich auch, dass sie mit Argusaugen über meine Kinder wachen und sie mit ihrem Leben verteidigen wird. Und das Beste daran ist, dass Jamie sich bereit erklärt hat, in meinem Haus zu bleiben, das mit hochwertigen Sicherheitssystemen, den besten Baby-Monitoren sowie einer gut ausgestatteten Küche und Bar versehen ist. Letztere ist eher für Jamie als für die Kids interessant. Außerdem kennt Jamie das Haus gut. Sie hat einige Male im Gästehaus übernachtet, aber dort wohnt inzwischen natürlich Bree. Deswegen bleibt Jamie dieses Wochenende in der Gästesuite im zweiten Stock, die auch nicht gerade schäbig ist, falls ich das anmerken darf.

Als wir die Haustür öffnen, werde ich fast von dem hohen »Mama«-Geschrei der fast vierjährigen Lara umgeworfen: Sie rast auf mich zu, ihre kurzen Beine flitzen, dann umklammert sie meine Beine. »Ich hab dich vermisst, Mama! Ich hab dich lieb!«

Ich nehme sie auf den Arm. »Ich hab dich auch lieb, meine Kleine. Hattest du heute Spaß mit Miss Bree?«

»Wir haben gemalt«, sagt Bree und lächelt unten an der Treppe.

»Das habe ich mir gedacht«, antworte ich lächelnd. Das kohlrabenschwarze Haar meines kleinen Mädchens ist voller gelber Sprenkel und auf ihrer Nasenspitze ist ein grüner Kleks.

»Das ist Wasserfarbe«, versichert mir Bree. »Das kann man auswaschen.«

»Und auch wenn nicht, ist das in Ordnung. Ich glaube, es ist ein modisches Statement.«

Bree lacht, Lara sieht Jamie und lässt mein Bein los, umzu ihrer heiß geliebten Tante zu stürzen. Jamie kümmert sich um beide Kids – ich glaube, sie könnte auch jetzt schon inihr Wochenende starten –, währenddessen eile ich zu Bree.

»Wann fahren Sie?«

»Jetzt, wenn das okay ist. Ich habe meine Sachen schon ins Auto geräumt.«

»Das ist in Ordnung«, versichere ich ihr. »Fahren Sie vorsichtig, und sagen Sie Ihrer Schwester alles Gute.«

»Mach ich. Ich komme am Sonntag spät zurück, damit ich die Kinder Montagfrüh wecken kann. Soll ich vor meiner Abfahrt noch etwas für morgen vorbereiten?« Bree hatte mir bei einigen Vorbereitungen für meine Überraschung geholfen, aber nun schüttele ich nur den Kopf.

»Ich habe alles im Griff.«

»Gut«, sagt sie, dann grinst sie verschmitzt. »Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.«

»Die werde ich haben.«

Sobald sie weg ist, richte ich meine Aufmerksamkeit auf die Mädchen. »Daddy kommt bald nach Hause. Sollen wir Snacks machen?«

»Teddy-Kekse!«, quietscht Lara.

Jamie schüttelt den Kopf. »Ich hatte eher auf einen flüs­sigen Erwachsenensnack gehofft.«

»Ist geritzt. Und für dich, kleiner Hosenscheißer«, sage ich, während ich Lara hochhebe und sie an den Beinen baumeln lasse, »dachte ich an Äpfel und Käse, und für Daddy überlegen wir uns etwas Interessanteres. Okay?«

Sie versucht mit dem Kopf zu wippen, aber weil sie kopfüber hängt, wackelt sie nur in meinen Armen.

Im Erdgeschoss befindet sich eine riesige Industrieküche, die ich aber nie benutze. Stattdessen erklimmen wir die massive frei schwebende Treppe zum zweiten Stock, dann durchqueren wir den offenen Bereich zur kleineren, normal großen Küche, die ursprünglich als Vorbereitungsraum für Caterer geplant war.

Sie wird immer noch für Partys benutzt, aber zumeist ist die kleinere Küche das Herzstück unseres Hauses, und sobald ich Lara hinunterlasse, drängelt sie zum Frühstückstisch, wo ihre Malbücher und Stifte verstreut liegen.

Während sie wie verrückt malt, schenkt Jamie Wein ein und ich schneide Obst und Käse, dann schütte ich Cracker in eine Schüssel. Als Damien ankommt, hole ich noch Oliven und Hähnchensalat heraus, den ich im Delikatessgeschäft gekauft habe. Nicht sonderlich extravagant, aber es passt gut zum Bourbon, den er ganz sicher haben möchte.

Ich habe mir gerade einen Würfel Wisconsin Cheddar in den Mund gesteckt, als mein Telefon klingelt. Es ist ­Damien. »Hey«, sage ich mit dem Mund voller Käse. »Bist du im Auto?«

»Ich komme hier nicht weg. Es ist mal wieder die Hölle los.«

»Oh.« Enttäuschung überkommt mich, zusammen mit der Angst, dass meine Pläne für ein langes Wochenende von Arbeitskrisen zunichtegemacht werden. Ich atme tief einund sehe, dass Jamie mich voller Mitleid anschaut. »Also, Jamie ist hier. Sie kann auf die Kids aufpassen, und ich könnte die Nacht im Tower-Apartment verbringen.« Stark International befindet sich im Stark Tower, einem Wolkenkratzer in der Innenstadt von L. A. Damiens Privatbüro nimmt die Hälfte des obersten Stockwerks ein, und sein – inzwischen unser – Privatapartment nimmt die andere Hälfte der Etage sein.

»Das ist verlockend, aber nein. Ich muss …«

Als er nicht weiterspricht, zieht sich mein Magen noch mehr zusammen. »Was?«, flüstere ich und hoffe, dass er mir nun endlich sagt, was Sache ist.

»Ich muss mich darum kümmern.«

»Damien, bitte …«

»Ich komme so schnell wie möglich nach Hause. Das verspreche ich dir. Gib den Mädels einen Kuss von mir. Wir ­sehen uns später.«

Ich zögere, warte auf die vertrauten Worte: Stell dir bis dahin vor, dass ich dich berühre. Aber es herrscht nur Stille, und ich schlucke die aufsteigenden Tränen herunter. »Ich liebe dich auch. Willst du noch mit Lara …«, setze ich an, aber er hat schon aufgelegt.

Ich atme tief ein und starre auf mein Telefon, bevor ich den Kopf hebe und Jamie in die Augen schaue.

»Es tut mir leid«, sagt sie. »Aber ganz ehrlich, Nicholas, der Mann leitet so ziemlich das ganze Universum. Natürlich hat er allerhand um die Ohren.«

Sie hat recht, also atme ich tief ein, reiße mich zusammen und zwinge mich zu guter Laune, während wir uns Bade­sachen anziehen und mit den Kindern auf die Terrasse hinterm Haus gehen. Lara ist eine kleine Wasserratte, deswegen lasse ich sie ihre Schwimmflügel anziehen und sie am niedrigen Ende planschen, während Jamie und ich die Füße ins Wasser halten und Wein aus Plastikbechern trinken. Wir reden über alles und nichts, wie es beste Freundinnen machen, beobachten meine Älteste, die kichernd unter Wasser Blasen macht und furchtlos vom Beckenrand springt. Hinter uns spielt Anne ruhig mit LEGO Duplo in ihrem schattigen Planschbecken; ihr ist der Pool noch unheimlich.

Alles in allem ist es ein perfekter Tag, der nur von meinen anhaltenden Ängsten getrübt wird, die sich nicht auflösen, egal wie sehr ich es auch versuche.

Später hat Jamie die Ehre, Lara vorzulesen. Ihr Lieblingsbuch ist immer noch Gute Nacht, kleine Eule, das sowohl Damien als auch ich auswendig kennen. Während Jamie sich um meine Älteste kümmert, lese ich Anne Gute Nacht, Gorilla vor und dann lege ich sie in ihr Bettchen. Ich bleibe stehen, betrachte ihr süßes Gesicht, während sie einschläft und bin dankbar, dass ich so pflegeleichte Kinder habe. Natürlich gibt es auch mal Tränen und Reizbarkeit, aber heute war ein Tag ohne Wutanfälle.

Und dafür danke ich Gott.

Jamie und ich treffen uns auf der Terrasse wieder, wo wir uns hinsetzen und ich die Überwachungs-App auf dem Handy im Blick behalte, während wir Snacks knabbern und weiter quatschen. Ich fühle mich wieder wie ein Teenager bei einer Pyjamaparty, aber diese Illusion ist schnell verflogen, als Jamie herzhaft gähnt, dann aufsteht und sagt, sie gehe ins Bett. Jamie hätte nie schlappgemacht, als wir noch Teenager waren; das wäre ihr geradezu peinlich gewesen.

Als ich sie daran erinnere, zuckt sie nur die Schultern und grinst mich verschmitzt an. »Ja, aber ich bin nur deshalb müde, weil Ryan und ich letzte Nacht wie die Kaninchen gerammelt haben und ich vor lauter Abschiedssex kein Auge zugetan habe.«

»Ach so«, entgegne ich trocken. »Hätte ich mir eigentlich denken können.«

»Kommst du rein?«

Ich nehme noch einen Schluck Wein und schüttele den Kopf. »Geh du ruhig. Ich werde hier draußen bleiben und noch ein wenig die Sterne betrachten.« Ich schaue wieder auf mein Telefon, wie ich es schon den ganzen Abend mache, aber keine E-Mail oder Nachricht von Damien.

»Je länger er heute arbeitet, desto weniger wird es ihn stressen, morgen frei zu machen«, sagt Jamie weise.

Ich nicke, weiß, dass sie recht hat, wünschte mir aber dennoch, dass Damien mit mir daheim wäre.

»Nacht, Nicholas«, sagt sie.

»Nacht, James«, antworte ich und verwende ebenfalls den Spitznamen aus unserer Kindheit.

Sie geht zu ihrer Gästesuite, und ich schaue in den Himmel, lächele, als ich eine Sternschnuppe in der mondlosen Nacht erblicke. Und wieder fehlt mir Damien neben mir, aber dieses Mal, als ich auf mein Telefon schaue, höre ich ein Rascheln aus dem Lautsprecher. Die Videokomponente des Monitors funktioniert nicht – ich wollte sie eigentlich heute reparieren lassen und habe es vergessen –, aber das macht nichts. Entweder hat Sunshine, unsere Katze, sich am Fußende zusammengerollt, oder Lara hat sich die Decke weggestrampelt.

Weil ich sowieso ins Bett muss, stehe ich auf und gehe wieder zu unserem Schlafzimmer im zweiten Stock. Wir haben das Gästezimmer dahinter in ein Kinderzimmer für unsere Mädchen umgewandelt, und vor etwa einem Monat haben wir Annes Kinderbett vom Elternschlafzimmer in den Raum gestellt, den sie sich mit ihrer Schwester teilt. Dahin gehe ich nun, ich will kurz nach den Mädchen und der Katze sehen, bevor ich mich hinlege, und bin mir sicher: Je früher ich mich hinlege, desto früher wird Damien neben mir liegen.

Nur, dass er schon da ist.

Ich erstarre im Türrahmen, habe Angst, dass er mich gehört hat. Noch mehr Angst habe ich allerdings, dass mir meine Augen einen Streich spielen. Aber es ist Damien. Er sitzt im Schaukelstuhl, wird vom sanften Nachtlicht beleuchtet, sein mitternachtsschwarzes Haar schimmert. Er hält Lara in den Armen, umfasst ihren Kopf, während sie schläft. Und obwohl er in Richtung Fenster sitzt, kann ich ihn fast vollständig sehen. Und ich kenne sein Gesicht gut genug, um den Ausdruck darin zu lesen: Schmerz, Trauer. Vielleicht sogar Verzweiflung.

Mein Herz macht einen Satz, und ich schnappe nach Luft, was im ansonsten stillen Raum besonders laut zu hören ist.

Ich lege mir die Hand vor den Mund, als könnte ich so das Geräusch zurückrufen, aber es ist zu spät. Damien schaut auf, und obwohl der Schmerz immer noch sein Gesicht überzieht, liegt in seinen zweifarbigen Augen so viel Liebe und Zärtlichkeit, dass ich mich am Türrahmen festhalten muss.

Langsam verzieht er den Mund zu einem Lächeln, bei dem mir ganz warm wird, die Trauer ist auf seinen wundervollen Gesichtszügen wie weggeblasen. Er streckt mir die Hand entgegen, und ich gehe zu ihm, sehne mich nach seiner Berührung. Der Bestätigung, dass alles in Ordnung ist.

Aber als ich zu meinem Ehemann gehe, diesem Mann, den ich von ganzem Herzen liebe, erkenne ich die Schatten unter seinen Augen, und ich kann die kalte Decke der Angst nicht abschütteln, die sich auf meine Schultern legt, als ich meine Hand in Damiens gleiten lasse.

Kapitel 3

Nachdem wir Lara wieder ins Bett gelegt haben, gehen Damien und ich schweigend ins Schlafzimmer. Als ich die Tür hinter uns zugezogen habe, erwarte ich, dass er zu sprechen beginnt.

Aber er sagt nichts. Er sitzt nur im Sessel am Fenster und löst seine Krawatte.