Die Angezählten - Anette Dowideit - E-Book

Die Angezählten E-Book

Anette Dowideit

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Beschreibung

Billig und konsumfreundlich muss es sein, nur nicht drüber nachdenken, lautet die Devise. Gewerkschaften gelten als unsexy, faire Bezahlung ist für viele kein Thema. Aber wieso darf Arbeit nichts kosten? Und wer ist eigentlich noch Mittelschicht? Neben wenigen Spitzenverdienern gibt es immer mehr Menschen, deren Einkommen nicht zum Leben reicht. Ehemals angesehene Berufe rutschen in Richtung Prekariat ab: Pilot, Stewardess, Lehrer, Krankenschwester. Investigativ-Autorin Anette Dowideit nimmt verschiedene Branchen und Berufe unter die Lupe und zeigt: Den Preis für die Billigflüge, die wir buchen und die Pakete, die wir hin- und herschicken, zahlen wir am Ende alle. Wir brauchen faire Regeln am Arbeitsmarkt, denn Arbeit hält unsere Gesellschaft zusammen. Hören wir auf, am eigenen Ast zu sägen!

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Anette Dowideit

DIE ANGEZÄHLTEN

Wenn wir von unserer Arbeit nicht mehr leben können

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Deutschland im Jahr 2019. Billig, konsumfreundlich und auf Nur-nicht-drüber-Nachdenken getrimmt. Gewerkschaften gelten als unsexy, faire Bezahlung ist kein Thema. Dabei gibt es immer mehr Menschen, deren Einkommen nicht zum Leben reicht. Investigativ-Autorin Anette Dowideit nimmt die Löhne und Gehälter verschiedener Branchen unter die Lupe und fragt: Wer ist eigentlich noch Mittelschicht? Ehemals angesehene Berufe rutschen in Richtung Prekariat ab: Pilot, Stewardess, Lehrer, Krankenschwester. Wir brauchen mehr Bewusstsein für den Preis der Flüge, die wir buchen, der Pakete, die wir bestellen, aber vor allem brauchen wir faire Regeln am Arbeitsmarkt. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, werden wir selbst ganz schnell zu Billiglöhnern.

Vita

Anette Dowideit ist Diplom-Volkswirtin, Absolventin der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft, Autorin mehrerer Bücher, regelmäßiger Gast in Talkshows. Sie arbeitet als Chefreporterin bei der Zeitungsgruppe Die Welt. Nach vier Jahren als Korrespondentin in New York ist sie seit 2011 Mitglied des Investigativteams. Für ihre Recherchen kooperiert sie mit Fernsehredaktionen wie Frontal 21 oder dem Rechercheteam des Bayerischen Rundfunks – und steht dabei auch selbst vor der Kamera.

Inhalt

DREI, ZWEI, EINS … ARM

ARBEIT PREKÄR – JETZT AUCH IN DER MITTELSCHICHT

Warum unser Leben nicht mehr wie das der Beimers und der Drombuschs funktioniert

Niedriglohnjobs und erzwungene Flexibilität: Wir verlieren unsere innere Mitte

Unnormale Jobs

Wohnen wird zur sozialen Frage

Berechtigte Zukunftsangst

Uns drohen amerikanische Verhältnisse

Soziale Risse

Einfallstor für Populismus

Das Rückgrat der Wirtschaft zerfällt

WELCHE MITTELSCHICHTBRANCHEN ABSTÜRZEN

Abgehandelt im Einzelhandel

Rattenrennen um die Kunden

Darf’s ein bisschen mehr sein?

Die Tiefflieger

Persilschein von der Bundesregierung

Lehrer, ein Beruf für Arme

Billige Beamte

Stopp, Polizei!

Überlastete Justiz

Abgestempelt und abgefahren

Fahr Bus und Bahn, dann wirst du arm

Gute Pflege – aber bitte günstig

Arm als Arzt

Handwerk hat morschen Boden

Auslaufmodell Bankberater

Wenn Computer der Mittelschicht die Arbeit nehmen

MENSCHEN MIETEN

Wie in der Gig Economy jeder zu seiner eigenen Marke werden muss

Selbstausbeutung

Unsere neuen Diener: die Clickworker

Über die Uberisierung

Microworking

Wir Nutznießer

DAS UNTERE ENDE DES ARBEITSMARKTS

Wir Konsumenten sind mit schuld

Wie die Bundesregierung den Lohndrückern hilft

Niedriger Mindestlohn

Von einer Tasche in die andere

Schöne Zahlen

Auf Kosten des Steuerzahlers

Ene, mene, muh: Das Risiko, das trägst jetzt du

Lohndumping: Mindestlohn zahlt längst nicht jeder

Essen und Trinken vom lohngedumpten Fahrer

Amazon – jetzt auch auf der Straße

Seien Sie Ihr eigener Chef

Die Kaste der Unsichtbaren: Schwarzarbeit in Deutschland

Warum öffentliche Bauvorhaben in Wahrheit so schön billig sind

Die neuen Leibeigenen

WAS DIE ENTWERTUNG DER ARBEIT MIT UNS MACHT

Burn-out, Depression – und nur dank Pillen fit für den Job

Aussortiert vom Arbeitsmarkt

HALLO POLITIK, BIST DU DA?

Warum das bedingungslose Grundeinkommen auch keine Lösung ist

Arbeitsmarkt, Herzensthema der SPD

Arbeit muss wieder teurer werden – so kann es gehen

SOZIALES SICHERUNGSSYSTEM 4.0

QUELLENVERZEICHNIS

ANMERKUNGEN

DREI, ZWEI, EINS … ARM

Marco Witterling hat oft Ohrensausen. Er war deshalb schon häufiger beim Arzt, doch der konnte nichts finden. Witterling ist verheiratet, Vater eines kleinen Mädchens, und er hat vor ein paar Jahren eine Eigentumswohnung in einer Kleinstadt gekauft, für die er nun die Schulden abbezahlen muss. Nachts kann er oft nicht gut schlafen. Dabei arbeitet Witterling in einem Beruf, der früher mal ein Traumjob war. Pilot.

Für viele seiner Kollegen ist der Beruf wahrscheinlich immer noch die Erfüllung ihres Kleinjungentraums. Bloß eben nicht für Witterling – und wohl auch für so einige Kollegen nicht. Der Enddreißiger, der eigentlich anders heißt, fliegt für Ryanair. Eine Airline, mit der wahrscheinlich die meisten von uns schon mindestens einmal in den Urlaub oder zu einem Städtetrip gereist sind. Wo sonst sind die Flüge so billig zu haben, dass sich eine Familie mit Kindern eine solche Ferienreise überhaupt leisten kann? Oder ein Student mal eben nach Barcelona kommt?

Ryanair spielt seit Jahren eine Rolle in den Medien, nämlich die des schlimmsten aller Arbeitgeber der Lüfte. Für viele der Piloten, die in Deutschland und anderswo in Europa für die Fluggesellschaft die Maschinen lenken, dachte der Konzern sich ein besonderes Anstellungsmodell aus – oder besser gesagt: ein Nicht-Anstellungsmodell. Neue Ryanair-Piloten mussten Ich-AGs gründen. Als Selbstständige, die tageweise gebucht wurden und Rechnungen an ihren Auftraggeber schreiben, trugen sie fortan selbst das wirtschaftliche Risiko. Zum Beispiel jenes, krank zu werden und kein Geld mehr zu verdienen. Und dann etwa die Hypotheken für die Eigentumswohnung nicht mehr zahlen zu können. Fällt ein Pilot auf diese Weise aus, muss Ryanair ihn nicht bezahlen – er ist ja nicht geflogen. Auch für die Altersvorsorge zahlt der Flugkonzern durch dieses Modell nicht mit. Und er wird die Piloten viel leichter los, sollte einmal Flaute bei den Buchungen herrschen.

Ryanair kam bisher problemlos damit durch. Und das, obwohl die Piloten die Uniformen der Airline trugen, immer nur für diesen einen Auftraggeber tätig waren und ständig auf Abruf sein mussten. Oder, wie Gewerkschafter und Arbeitsrechtler sagen: scheinselbstständig waren. Erst seit kurzem regt sich europaweit Widerstand von Pilotengewerkschaften. Jahrelang ging es Ryanair gut. Die Gewinne stiegen, die Passagierzahlen legten zu, weil die Flüge so schön billig waren: quer durch Europa für 25 Euro, innerdeutsche Flüge gibt es teilweise für fünf Euro. Für die Mitarbeiter in den Cockpits dagegen – die immerhin für die Sicherheit und das Leben der Passagiere mitverantwortlich sind – geht diese Rechnung weitaus weniger glatt auf.

Witterling wirkt im Gespräch leicht fahrig. Man merkt ihm die Belastung an. Den Schichtdienst, den Stress. Er sagt, in den vergangenen Jahren habe es immer mal wieder Momente gegeben, in denen es ihm bei der Arbeit unheimlich wurde. Einer davon kam an einem feuchtkalten Wintertag. Damals saß er mit dickem Kopf, kratzendem Hals und zugeschwollener Nase im Cockpit. Er hatte sich zum Dienst geschleppt. Dabei sei vollkommen klar gewesen, dass er eigentlich ins Bett gehört hätte. Mitten auf dem Flug dann, über den Wolken, passierte es: Sein Kopf begann zu pulsieren. Es wurde ihm derart schwindelig, beinahe schwarz vor Augen, dass er den Flieger vielleicht nicht mehr alleine hätte landen können. »Ohne den Co-Piloten, der dann die Kontrolle übernommen hat, hätte ich es an diesem Tag nicht geschafft«, sagt er. »Wer weiß, was hätte passieren können?«

Ein Pilot, der krank zur Arbeit erscheint, weil er sonst nicht mit seinem Geld über die Runden kommt – wie kann so etwas sein, in Deutschland im Jahr 2019?

Die Antwort auf diese Frage geht weit über Ryanair und den Beruf des Piloten hinaus: Arbeit ist an vielen Stellen nicht mehr viel wert.

Das ist ein Problem – und kein kleines, sondern eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Denn Arbeit ist nicht nur das bloße Mittel zum Zweck, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie bedeutet uns viel. Arbeit ist das, worüber wir uns definieren – die meisten von uns tun dies mehr über ihren Beruf als über alle anderen Bereiche ihres Lebens. Wenn wir uns einem neuen Menschen vorstellen, sagen wir Dinge wie: »Guten Tag, ich heiße Anette Dowideit, ich bin Reporterin«, und nicht »Guten Tag, ich heiße Anette Dowideit und bin begeisterte Joggerin.«

Arbeit ist Status und Selbstverwirklichung, sie verortet uns in der Gesellschaft. Und sie ist ein elementares Menschenrecht – seit 1948, als die Vereinten Nationen sich eben dazu in ihrer »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« bekannten.

Wenn Menschen ihre Arbeit verlieren, werden sie oft krank – es ist, als würde ihnen ein Stück ihrer selbst genommen, und dieser Verlust wirkt oft noch jahrelang nach. Ein verlorener Arbeitsplatz kann auf die Psyche wirken wie der Verlust eines wichtigen Menschen.

Arbeit ist einer der wichtigsten Lebensinhalte der Menschen heute, für viele von uns ist sie sogar der allerwichtigste. Und damit erfüllt sie auch eine gesellschaftliche Funktion: Sie stiftet Sinn, sie gibt den Menschen das Gefühl, etwas wert zu sein.

Wer Arbeit hat, der hat auch Stolz. Sie ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Gesellschaften, in denen die Arbeitslosigkeit hoch ist, sind politisch deutlich instabiler als jene mit niedriger Arbeitslosigkeit. Wer keine Arbeit hat, beginnt auch schneller an der Politik zu zweifeln, die er dafür verantwortlich macht.

Wenn über den Arbeitsmarkt geredet wird, dann geht es meist nur um Einzelprobleme: Momentan diskutieren wir über die unterbezahlte Pflege, wir reden auch darüber, ob Paketboten genug verdienen und ob wir eine Grundrente für all jene brauchen, die trotz Arbeit im Alter arm sind.

Wir reden nie über das große Ganze: den Stellenwert von Arbeit für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Das gesamte Wertesystem der Arbeit ist bedenklich abgesackt, und wir müssen viel tun, um es wieder aufzurichten.

Dieses Buch soll der Beginn einer neuen Debatte über unsere Arbeitswelt sein.

Um eine stabile politische Lage zu gewährleisten, reicht es nicht, die richtige Anzahl von Arbeitsplätzen zu haben. Es müssen auch gute Arbeitsplätze sein, faire. Solche, die angemessen entlohnt sind. Wer den ganzen Tag arbeitet, sich anstrengt, sich dann aber am Ende über den Tisch gezogen fühlt, wenn er seinen Gehaltszettel sieht, wird unzufrieden sein. Das Menschenrecht Arbeit darf nicht in den Kosten gedrückt werden. Und es darf auch nicht darin beschnitten werden, ständig in seinem Bestand bedroht zu sein: Wer sich nach bestem Wissen und Gewissen für seine Arbeit einsetzt, und dann trotzdem immer wieder nur mit befristeten Arbeitsverträgen abgespeist wird, oder nur als Freelancer beschäftigt wird, obwohl er sich – und so geht es sehr vielen – eine Festanstellung wünscht, der wird frustriert sein.

Wenn wir aber schon dieses grundlegende Problem unserer Gesellschaft zunehmend schlechter in den Griff bekommen, wenn wir um die Zukunft unserer Arbeit fürchten müssen – wie sollen wir dann all die anderen gesellschaftlichen Aufgaben angehen?

Die Diskussion über den Arbeitsmarkt kommt zudem derzeit daher, als ginge es hier nur um ein weiteres unter vielen politischen Problemen im Land, als wären faire Entlohnung und Arbeitsplatzsicherung eine Sache, der Umgang mit unserer Umwelt und unseren Mitmenschen eine andere. In Wahrheit gibt es eine Verbindung. In Wahrheit ist eine vernünftige, gerechte und zukunftsorientierte Gestaltung der Arbeitswelt das Fundament und auch die Lösung für fast alle anderen Herausforderungen. Wer gute, fair bezahlte, sichere Arbeit hat, der wird auch die Kraft haben, sich für Klimaschutz, Biodiversität, Tierwohl, arme Menschen, Geflüchtete und Bildung einzusetzen.

Unternehmenschefs und Politiker wissen um diese grundlegenden Zusammenhänge. Eigentlich hätten sie die Aufgabe, die Arbeitswelt so umzugestalten, dass die Digitalisierung nicht Arbeitskräfte freisetzt, sondern Arbeitskräfte anders einzusetzen ermöglicht. Mit dem Ziel, den gewaltigen ökologischen und sozialen Herausforderungen entgegenzutreten, für die wir jede Hand brauchen. Ökologie und sozialer Zusammenhalt dürfen keine Gegensätze sein, die Wertschätzung der Arbeitskraft ist in dieser Frage der Schlüssel.

Trotzdem hat in den vergangenen Jahren keine Seite entschlossen gegengesteuert. Weder Wirtschaft noch Politik haben Kraft und Ideen investiert.

Diese fatale Grundeinstellung ist mittlerweile auch bei uns Konsumenten angekommen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Dinge für wenig Geld zu haben sein müssen. Und damit eben auch die Arbeitskraft, mit der Dienstleistungen verrichtet und Waren produziert werden. Den Grundsatz »das geht doch noch billiger« haben wir mittlerweile für große Teile unserer Wirtschaftswelt derart verinnerlicht, dass wir kaum noch hinterfragen, wie all die niedrigen Preise für das, was wir uns kaufen, eigentlich zustande kommen – und wer am Ende den Preis dafür bezahlt.

Wir akzeptieren, dass es Niedriglohnjobs gibt: Viele von uns finden es völlig ok, dass Menschen für Löhne Regale einräumen, Essen ausfahren, Teller spülen oder Hotelzimmer reinigen, mit denen sie am Existenzminimum krebsen und Zuschüsse vom Jobcenter brauchen. Fast 3,4 Millionen Vollzeitbeschäftigte verdienen laut Bundessozialministerium heute weniger als 2 000 Euro brutto, das sind 16 Prozent aller Beschäftigten. In Ostdeutschland betrifft das sogar mehr als ein Viertel der Vollzeitkräfte. Der Zusammenhang lässt sich schließlich rational verargumentieren: Wer nichts gelernt hat, wird Billiglöhner. Und doch finde ich es grotesk: Es gibt kaum etwas, das ein Mensch geben kann, das so kostbar ist wie seine Arbeitskraft, seine Lebenszeit – warum gibt es in unserer florierenden Wirtschaft derart viele Fälle, in denen diese Leistung nicht zum Leben reicht?

Relativ neu ist es, dass das gesellschaftliche Diktum, Arbeitskraft müsse möglichst billig zu haben sein, mittlerweile auch für viele Arbeitsplätze der Mittelschicht gilt. Berufsbilder, die früher als angesehen und erstrebenswert galten – als gut bezahlt, als krisensicher – rutschen ab. Es trifft die Akademiker, die Selbstständigen, die Fachkräfte. Überall finden sich Beispiele für Berufe und Branchen, die noch in den Achtziger- und Neunzigerjahren ein gutes Einkommen und ein geregeltes Leben versprachen – bei denen man dagegen heute lieber zweimal überlegt, wie zukunftsfähig und krisensicher sie wohl sind: Bankberater. Versicherungsvertreter. Fachverkäufer im Einzelhandel. Polizist. Postbeamter. Krankenschwester. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Mittelschicht ist angezählt.

Um das Abrutschen all dieser Berufsbilder geht es in diesem Buch. Klar, lebenslanges Lernen steht schon eine Weile auf der Agenda, aber noch vor 15 Jahren hätten wohl die meisten von uns es für völlig abwegig gehalten, darüber spekulieren zu müssen, welcher Beruf überhaupt noch Zukunft hat. Heute treibt alle die Frage um, welche Berufe sich weiterentwickeln lassen, so dass man sie bis zur Rente ausüben kann, ohne dass sie vorher wegrationalisiert oder die Arbeitsbedingungen dort so schlecht werden, dass man von ihnen nicht mehr gut leben kann. Heute scheinen einzig IT-Experten einen vielversprechenden Weg zu gehen. Zwar herrscht in vielen Branchen heute der vielbeschworene Fachkräftemangel – und doch führt er in vielen Fällen nicht dazu, dass die Arbeitgeber einander mit höheren Gehältern Konkurrenz machen. Warum das so ist, hängt von der jeweiligen Branche ab: Mal liegt es daran, dass die Gehälter, wie in der Pflege, von öffentlichen Haushalten abhängen. Mal, wie im Handwerk, daran, dass sich Aufträge auch in Schwarzarbeit erledigen lassen. Und mal, wie im Einzelhandel, daran, dass Arbeit, die früher Fachkräfte machten, heute oft Angelernte übernehmen.

Ich frage mich schon seit langem, wie es in einem Land wie Deutschland, dem es doch wirtschaftlich gut geht, dazu kommen konnte, dass viele Menschen ihre Arbeitsbedingungen so frustrieren. Deshalb begann ich vor rund fünf Jahren damit, in meiner Arbeit als Investigativreporterin auf die Suche nach einer Antwort auf diese Frage zu gehen. Ich begann, in viele Winkel des Arbeitsmarkts hineinzuleuchten, in unterschiedlichste Branchen, unterschiedlichste Gehaltsklassen. Mal ging es um die Logistikbranche, mal um die Erziehung, häufig um Luftverkehr, Gastronomie oder Einzelhandel. Egal, mit wem ich sprach, das, was mir die Angestellten erzählten, glich sich auf beunruhigende Weise: Ich konnte eine große Unsicherheit unter den Beschäftigten im Land beobachten. Mir wurde klar, dass bei sehr vielen Menschen die Angst vor einer wackeligen finanziellen Zukunft wächst. Und bei alledem sehe ich bei vielen auch ein wachsendes Ohnmachtsgefühl. Viele fühlen sich in ihrem Leben allein gelassen.

Das ist ein gefährlicher Trend, wenn man bedenkt, dass Arbeit doch der Kitt der Gesellschaft, der Demokratie ist. Es muss etwas geschehen, um diese Entwicklung zu immer unsicherer, immer prekärer werdender Arbeit aufzuhalten.

Erstaunlich ist, dass mein Eindruck von der abrutschenden Arbeitswelt nicht zusammenzupassen scheint mit vielem, was wir in der Tagesschau über den Zustand der deutschen Wirtschaft hören: Sie wächst stetig – wenn auch zuletzt, gebremst durch den Protektionismus der US-Regierung und ein Schwächeln der Automobilindustrie, weniger als in den vergangenen Jahren. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig wie selten zuvor, Politiker und Medien feiern das deutsche »Jobwunder«. Im April 2019 waren gerade mal 2,2 Millionen Deutsche arbeitslos, so wenige wie nie seit der Wiedervereinigung.

Diese Meldungen aber, die Statistiken, spiegeln die Realität zu großen Teilen nicht wider. Die bloßen Beschäftigungszahlen zeigen eben nicht, dass viele Arbeitskräfte zunehmend von der Produktivitätsentwicklung abgehängt sind: Das Bruttoinlandsprodukt und auch die Produktivität der Arbeit stiegen über den langen Zeitraum von 1999 bis 2017 viel stärker als die Reallöhne. Auch wenn seit 2008 ein langsamer Angleich stattgefunden hat, ist die Lücke in Deutschland nach wie vor deutlich größer als etwa in Frankreich oder Italien.1

Denn zuletzt sind die Verbraucherpreise kräftig gestiegen: 2018 um 1,6 Prozent, 2017 um 1,7 Prozent. Wenn aber alles teurer wird, was wir uns von unserem Einkommen kaufen müssen, frisst das die Lohnsteigerungen fast komplett auf. 2017 wuchsen die Reallöhne um gerade 0,9 Prozent, 2018 um 1,5 Prozent.2

So können wir uns von dem Geld, das wir für unsere Arbeitsleistung bekommen, tatsächlich weniger leisten. Besonders deutlich wird diese Diskrepanz zwischen Lohnentwicklungen und Lebenshaltungskosten derzeit bei einem Thema, das für Zündstoff in der gesellschaftlichen Debatte sorgt: dem Wohnen. Immer mehr Menschen im Land zahlen längst deutlich mehr als ein Drittel ihres Nettoeinkommens für ihre Miete. Ein Drittel, das ist die Daumenregel, an die man sich eigentlich bei seiner privaten Kalkulation halten sollte, um noch genug Geld für den Rest der anfallenden Kosten zur Verfügung zu haben. Dass beides aufeinandertrifft, die stark steigenden Mieten und der zunehmend unsichere Arbeitsmarkt, führt dazu, dass das Wohnen immer mehr zur sozialen Frage wird und politische Aktivisten nun vor lauter Wut schon die Autos von Wohnkonzernmanagern anzünden.

Dieses Ungleichgewicht zwischen dem, was die Menschen verdienen und dem, was sie sich davon leisten können – das löst bei vielen mehr als Unzufriedenheit aus. Nicht zuletzt deshalb lehnte sich Kevin Kühnert, der Vorsitzende der Jusos, Anfang Mai 2019 mit der gewagten Forderung aus dem Fenster, man solle Konzerne wie BMW in Genossenschaften umwandeln und Immobilienbesitzern verbieten, mehr als eine Wohnung zu besitzen. Eine gefährliche These war das, denn sie stellte den Bestand der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland, die doch den Grundstein für den Wohlstand unseres Landes gelegt hat, grundsätzlich in Frage.

Viel mehr als Kühnerts Forderung aber sagte die hitzige Diskussion aus, die daraufhin aufbrandete. Er hatte einen Nerv getroffen. Die einen in der Politik und den Medien reagierten empört: So etwas dürfe man nicht einmal denken. Die anderen aber sagten: Es gibt doch einen Grund dafür, warum wir 2019 plötzlich wieder über die Grundfesten unserer Wirtschaftsordnung zu diskutieren beginnen.

In unserer Sozialen Marktwirtschaft funktioniert tatsächlich einiges nicht mehr so, wie es sollte: Jene am unteren Rand fühlen sich zunehmend abgehängt vom Wohlstand jener am oberen Rand.

Die nackten Zahlen über den Arbeitsmarkt zeigen auch etwas anderes nicht. Und zwar, dass sich heute die meisten von uns, gerade in der Mittelschicht, deutlich mehr anstrengen müssen, um einen vergleichbaren Status zu erreichen wie noch unsere Elterngeneration. Wir müssen abends und am Wochenende arbeiten, nehmen neben unseren Hauptjobs Nebenaufträge an. Wir müssen Gelder für die Projekte, an denen wir arbeiten, häufig selbst einwerben, müssen Zielvereinbarungen erreichen, um auf Bonuszahlungen am Jahresende hoffen zu dürfen. Wir müssen geografisch und geistig flexibel sein. Wir müssen uns ständig fortbilden, um beruflich am Ball zu bleiben. Denn der Arbeitsmarkt wandelt sich, und dieser Wandel beschleunigt sich immer stärker. Wir müssen uns selbst vermarkten, so gut es geht. Notfalls zulasten unserer Kollegen. Wer sich nicht schnell genug mitdreht im Karussell, fliegt raus.

Auf dem Papier geht es uns vielleicht ebenso gut oder sogar besser als unseren Eltern – und doch hat sich eine berechtigte Unzufriedenheit in der arbeitenden Bevölkerung eingenistet: das Gefühl, in einem Hamsterrad zu stecken, in dem man immer weiter treten muss, um nicht auszurutschen und abzudriften. Denn die Angst, finanziell abzusteigen, schwingt bei uns allen mit.

In den vergangenen Monaten hat sich das deutsche Arbeitsmarktkarussell noch einmal mehr rasant gedreht. Die Nachrichten über den Wandel der Wirtschaftswelt nahmen beängstigende Formen an, es ging Schlag auf Schlag: Deutsche Bank und Commerzbank wollten fusionieren und dann doch wieder nicht. Arbeitsplätze dürften dort so oder so im großen Stil wegfallen. Volkswagen, Ford, Bayer und ThyssenKrupp kündigten an, Zehntausende Arbeitsplätze abzubauen. Große Firmennamen gerieten ins Wanken, die gewissermaßen die Kern-DNA unserer Wirtschaftswelt bilden. Und mit ihnen bleibt ein Teil des Arbeitsmarkts, wie wir ihn bisher kennen, auf der Strecke.

Die Umwälzungen am Arbeitsmarkt und all die gesellschaftlichen Konsequenzen sind das bestimmende Thema unserer Zeit. Denn die Abstiegsängste, die diese Veränderungen am Arbeitsmarkt hervorbringen, führen dazu, dass Menschen sich als abgehängt empfinden, sich alleingelassen fühlen. So schlägt diese kollektive Unzufriedenheit an immer mehr Stellen um in Angst vor Zuwanderung, in eine wütende Ablehnung gegenüber Geflüchteten – immer in Sorge, man selbst komme durch sie noch mehr zu kurz als ohnehin schon.

In diesem Buch möchte ich an konkreten Beispielen, an echten Menschen, diese enormen Herausforderungen des Arbeitsmarktes heute benennen – und zeigen, was unser Land tun kann, um sie in den Griff zu bekommen. Die Herausforderungen sind dreierlei: Es geht zum einen um angemessene und gerechte Bezahlung und eine menschenwürdige Gestaltung der Arbeitsverhältnisse, zum anderen um sozial verträgliche und nachhaltige Alternativen für die durch Digitalisierung zukünftig wegrationalisierten Arbeitsplätze und zum dritten darum, die disruptiv entstehende neue Arbeitswelt der Gig- oder Share-Economy an die bestehenden sozialen Standards anzupassen, die unsere soziale Marktwirtschaft ausmachen.

Das erste Problem sehe ich bei all jenen Arbeitsplätzen, die weder automatisiert noch übers Internet vermarktet werden können, sondern die nach wie vor körperlich erledigt werden müssen: den klassischen Dienstleistungen. Fast 23 Millionen Deutsche arbeiten im Dienstleistungssektor – er hat schon lange die Industrie als größten Sektor des Landes abgelöst.

Was die Mittelschicht betrifft, gehören zum Beispiel all jene Berufe dazu, die mit Erziehung und Gesundheitsversorgung zu tun haben, also Lehrer, Sozialarbeiter, Kindergärtner, Kranken- und Altenpfleger, aber zum Beispiel auch: Handwerker. Und bei diesen Dienstleistungberufen gibt es ein Problem, viele, die dort beschäftigt sind, verdienen zu wenig – und empfinden ihre Arbeitsplätze als immer weniger sicher.

Die Altenpflege ist beispielsweise derzeit ein riesiges Thema in der Politik. Eigentlich sind sich alle einig, dass die Pflegenden deutlich mehr Geld verdienen müssten, damit die klaffende Nachfragelücke geschlossen und die Alten und Kranken auch in Zukunft noch versorgt werden können. Und doch steigen die Einkommen dort bisher nur sehr schleppend. Genauso verhält sich dies bei Lehrern und Erziehern. Sie sind ebenso Mangelware. Und doch werden sie in vielen Bundesländern überwiegend nur noch befristet eingestellt.

Befristungen sind übrigens nicht nur in den Erziehungsberufen ein ausuferndes Phänomen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat berechnet, dass derzeit 3,2 Millionen Menschen im Land mit einem Arbeitsvertrag mit Verfallsdatum arbeiten, also jeder zehnte Angestellte. Bei Jobeinsteigern sind es sogar mehr als 50 Prozent. Dabei will das kaum ein Angestellter so. Es sind die Arbeitgeber, die es diktieren, weil es ihnen Flexibilität verschafft. Und Politiker, die diese Arbeitgeber gewähren lassen, weil sie überzeugt sind, nur so seien diese global wettbewerbsfähig.

Bei den Handwerkern mag der Zusammenhang weniger offensichtlich sein, doch auch bei ihnen gilt: Es gibt zwar stellenweise viel zu wenige von ihnen, und doch spiegelt sich – was man als privater Auftraggeber von Handwerkern wahrscheinlich nicht vermutet – dieser große Bedarf in der Gehaltsentwicklung kaum wider.

Wie kommt es aber eigentlich zustande, dass unsere Verdienste weniger stark steigen als unsere Lebenshaltungskosten? Schuld daran sind in vielen Branchen Unternehmen, deren Bestreben, von Jahr zu Jahr mehr Gewinne zu erwirtschaften oder sich gegen internationale Konkurrenz durchzusetzen, zu Ausstiegen aus den Tarifverträgen geführt haben. Der Rückgang der Tarifbindung im Land ist dramatisch. Noch 1995 hatten gut 80 Prozent der Betriebe im Land Tarifverträge. Heute dagegen arbeiten nur noch 56 Prozent aller Festangestellten überhaupt in Betrieben, für die eine Tarifbindung gilt.

Schuld sind auch die Beschäftigten selbst, die Mitgliedschaften in Gewerkschaften für verzichtbar halten – denn dadurch fehlt diesen zunehmend der Rückhalt für Arbeitskämpfe aus der Mitte der Gesellschaft. Kommen im Weihnachtsgeschäft unsere Pakete zu spät, weil Amazon-Mitarbeiter streiken, schütteln viele von uns nur verständnislos den Kopf. Fallen unsere Züge und Busse aus, weil die Fahrer für Lohnsteigerungen kämpfen, sind wir wütend auf die Fahrer selbst, anstatt auf die Betriebe, die sie offenbar nicht fair entlohnen.

Schuld ist vor allem aber die Politik, die den Unternehmen Raum für schlechtere Anstellungsbedingungen verschafft hat. Das Ergebnis ist, dass in vielen Branchen Fachkräfte, also gut ausgebildete Spezialisten, heute häufig keine Fachlöhne mehr bekommen. Und manchmal sogar nur noch Mindestlohn.

Das zweite Megaproblem unseres Arbeitsmarkts sehe ich hier: Wohin sollen all die Menschen, deren Jobs gerade sterben, weil sie wegautomatisiert werden? Die OECD schätzte im April 2019, fast jeder fünfte deutsche Job könne in Zukunft durch Computer oder Roboter erledigt werden, und für weitere 36 Prozent der Arbeitsplätze seien »disruptive Veränderungen« zu erwarten. Auch diese Entwicklung bedroht gerade die Mittelschicht. Wie ersetzen wir all die Arbeitsplätze, die wegfallen, weil sie automatisiert werden? Die Schalterbeamten, die Lohnbuchhalter, die Anlageberater, die Sachbearbeiter?

Auf diese Fragen hat die Politik bisher keine zufriedenstellenden Antworten gefunden.

Und die dritte und vielleicht größte Herausforderung: jene Arbeitsplätze, die zwar nicht automatisiert werden können, die aber dank Internet nun völlig neu funktionieren. Ich meine all die Dienstleistungen, die heute über Jobaufträge im Internet und über Apps vermarktet werden. Anstatt bei Firmen fest angestellt zu sein, hangeln sich Werbetexter, Berater, Journalisten, Architekten, Grafikdesigner und viele andere über Stellenportale, Empfehlungen, Kundenakquise von einem Job zum nächsten. Sie müssen sich ihre Aufträge selbst heranschaffen, alles komplett selbst organisiert. Arbeitsmarktforscher nennen das »Gig-Economy«. Man arbeitet sich von einem Gig, einem Auftrag also, als Soloselbstständiger zum nächsten. Ohne Kollegen zu kennen, mit denen man sich austauschen oder gar arbeitsrechtlich organisieren könnte. Ohne wirksamen Arbeitsschutz wie eine Begrenzung von Arbeitszeit zu genießen, und ohne zu wissen, wie viel Geld man am Monatsende auf dem Konto haben wird.

Auf die Spitze getrieben wird dieses Modell der Gig- oder auch Share-Economy derzeit am unteren Ende des Arbeitsmarkts: bei all den App- und Clickworkern, die per Smartphone ihre Aufträge abholen, um sich dann als Fahrradkurier in der Essenslieferung abzustrampeln oder mit dem eigenen Wagen für Amazon und andere Pakete auszuliefern. Betriebsräte: Fehlanzeige. Mindestlohn: vielleicht.

Unsere Gesellschaft kommt nicht darum herum, diese drei Probleme des Arbeitsmarkts mit politischen Konzepten anzugehen. Nicht nur, weil sie riesige soziale Konflikte heraufbeschwören. Sondern auch aus pragmatischen Gründen: Wenn die Kosten fürs Leben deutlich stärker steigen als die Verdienste vieler, dann können all diese Menschen sich weniger leisten, sie können weniger Dinge konsumieren.

Und immer drängender ist die Frage: Wie sollen Menschen, die mit ihrer Arbeit immer schlechter verdienen, fürs Alter vorsorgen? Wie sollen sie sich für den Pflegefall absichern? Umfragen zeigen, dass es in kaum einem anderen Land Europas so viele Menschen gibt, die kein Geld für den Lebensabend zurücklegen wie in Deutschland. Das aber bedeutet: Spürbaren Teilen der arbeitenden Bevölkerung droht Altersarmut. Schon jetzt gilt jeder fünfte Rentnerhaushalt als armutsgefährdet. Doch was, wenn es in unserer Gesellschaft immer mehr Verlierer am Arbeitsmarkt gibt – wer soll all das Geld für die Versorgung der Altersarmen dann überhaupt noch erwirtschaften?

Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, dann dürfte die gesellschaftliche Spaltung, die durch die Unsicherheit am Arbeitsmarkt erwächst, noch erheblich zunehmen. Das kann man am »Vorbild« USA sehen, wo die Gesellschaft wirtschaftlich deutlich gespaltener ist als bei uns, und wo mittlerweile sogar schon Milliardäre davor warnen, dass der Reichtum der einen und die zunehmende Armut der anderen zu heftigen sozialen Unruhen führen könnten.

Denn auch in Deutschland ist der Reichtum, ähnlich wie in den USA, zunehmend nach einem bestimmten Muster verteilt. Ein paar Menschen an der obersten Spitze der Gesellschaft, die vielleicht geerbt haben, leben von den Mieteinnahmen der zunehmend klammen Mittel- und Unterschicht. Dann gibt es in der deutlich schrumpfenden Mitte ein paar Glückliche, die es schaffen, sich selbst mit ihren Fähigkeiten zur eigenen Marke zu stilisieren und damit gute Aufträge an Land ziehen. Dazu kommen eine Handvoll Menschen an den Schaltstellen der digitalisierten Wirtschaft, die die Algorithmen programmieren, nach denen der neue Arbeitsmarkt funktioniert. Hier wird das alte Konzept fester Beschäftigungsverhältnisse mehr und mehr aufgeweicht und durch das neue Konzept des Einzelkämpfers ersetzt: den Freiberufler, der sich jeden Tag aufs Neue um Aufträge bemühen muss, der mit billigeren Arbeitskräften in anderen Teilen der Welt konkurrieren muss oder auch nur mit anderen, noch billigeren Fahrradkurieren, die vielleicht schneller strampeln als er selbst.

Am unteren Ende der Nahrungskette steht in dieser düsteren, aber nicht unwahrscheinlichen Zukunftsvision die Masse an Menschen, die nach der Musik dieses neuen Arbeitsmarkts tanzen müssen. Nach Weisung ihres Handcomputers klauben sie Pakete in den Logistikzentren von Amazon zusammen, sie werden als App-Worker von ihren Smartphones auf Tour geschickt, um diese Pakete im Akkord auszuliefern oder um in einer Stunde möglichst viele Essen zu übergeben. Die als freier Autor im Minutentakt Produktbeschreibungen für übers Internet verkaufte Waren ausspucken müssen, um auf einen annehmbaren Stundenlohn zu kommen.

Die bange Frage ist: Was kann jeder Einzelne von uns tun, um die Misere zu bekämpfen? Können wir in unserer Rolle als Konsumenten Macht entfalten, indem wir selbst Billiglöhnen den Kampf ansagen? Indem wir weniger Pakete von Hermes und Co. und unser Essen nicht mehr vom Fahrradkurier liefern lassen, Lohndrücker wie Ryanair boykottieren und unsere Kleidung nicht mehr bei Primark kaufen? Man müsste es so machen, meinen viele. Andere entgegnen: Wie sollen wir es uns noch leisten, auf solche Billiganbieter zu verzichten, wenn wir selbst immer weniger Geld im Portemonnaie haben? Es klingt nach einer fatalen Abwärtsspirale.

Die Lösung sehe ich anderswo als nur im Konsumboykott. Wenn wir wollen, dass die Arbeitenden im Land wieder stärker an der Produktivitätsentwicklung beteiligt werden, dass Arbeit wieder mehr wertgeschätzt wird und die Menschen besser von ihrer Arbeit leben können, brauchen wir ein gesellschaftliches Umdenken, das weit über unsere Rolle als Konsumenten hinausgeht.

Gefragt ist stärker denn je die Politik. Sie muss deutlich mehr tun als bisher, um den Wert der Arbeit wieder zu stärken und den Menschen im Land die Zukunftsängste zu nehmen.

In den vergangenen Jahren hat die Politik dem Arbeitsmarkt mehr geschadet als geholfen – und folgenschwere Fehler in der Wirtschaftspolitik begangen. Sie hat dafür gesorgt, dass Deutschland zum Billiglohnland wurde. Und dafür, dass viele Menschen um die Früchte ihrer Arbeit gebracht wurden. Mit dieser Meinung bin ich nicht allein, prominente internationale Wirtschaftsforscher sehen es ebenso. Darunter ist der US-Ökonom Adam Posen, Präsident des Petersen Institute for National Economics und Kolumnist bei mehreren angelsächsischen Zeitungen. Posen brachte vor ein paar Jahren in einem Interview3 den Begriff des Billiglohnlands auf – und sagte, die deutsche Wirtschaftspolitik habe zuletzt versagt. Eines seiner Beispiele: Die öffentliche Hand habe zuletzt viel zu wenig Geld investiert, und zwar sowohl in den privaten als auch in den öffentlichen Sektor, habe die Wirtschaft zu wenig unterstützt. Mit dem Resultat, dass nun große Marken abstürzen und dass auch Beamte und viele andere, deren Lohn von öffentlichen Kassen abhängt, zunehmend schlechter abgesichert sind.

Wenn es um die Frage geht, welche politischen Fehler dazu geführt haben, dass der Wert der Arbeit derart gesunken ist, nennen die meisten Kritiker aber dieses Stichwort: Agenda 2010.

Kurz nach der Jahrtausendwende begannen die Arbeitsmarktreformen der Regierung unter SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder, mit dem erklärten Ziel, den Faktor Arbeit ganz generell billiger zu machen. Arbeitgebern sollte die Entscheidung erleichtert werden, bei Bedarf an neue Mitarbeiter zu kommen, indem man dafür sorgte, dass es nun nicht mehr allzu teuer und riskant war, sie an sich zu binden. Die Türen für Leih- und Zeitarbeit und neue Beschäftigungsformen, für die weniger Arbeitsschutz galt, öffneten sich weit. Es entstand die Flut an Minijobs, Leiharbeit und Zeitarbeit, deren Folgen noch heute – obwohl es der Wirtschaft doch auf dem Papier so gut geht – zu spüren sind.

Das politische Ziel, den Faktor Arbeit zu entwerten, ist leider geglückt. Mehr noch: Der Anspruch, Arbeit müsse billig zu haben sein, hat sich innerhalb der vergangenen fast zwei Jahrzehnte von der politischen Leitlinie zur gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit gemausert. Und dieser Anspruch, billige Dienstleistungen konsumieren zu dürfen, zieht sich durch alle Sektoren der Wirtschaft: Er gilt für das vermeintliche Recht, billig fliegen zu dürfen – wäre es so schlimm für die Angestellten, würde die Politik es doch verbieten, oder? – ebenso wie für den eingebildeten Anspruch, seine Kinder von einem möglichst billigen Bildungssystem bitte trotzdem hochwertig und international wettbewerbsfähig ausgebildet zu bekommen. Ebenso, wie kaum jemand heute noch bereit ist, mehr als 100 Euro für einen Inlandsflug zu zahlen, will niemand hohe Steuern oder Sozialabgaben leisten. Dabei trägt man als Bürger damit Verantwortung für eine gut funktionierende öffentliche Daseinsfürsorge, also für zufriedene und leistungsfähige Menschen in den Ämtern, bei der Polizei, in den Schulen, den Kindergärten, den Krankenhäusern. Wir meckern, wenn die Deutsche Bahn oder die Post einmal im Jahr ihre Preise anheben, um auch ihre Mitarbeiter besser bezahlen zu können, anstatt daran zu denken, dass auch die Angestellten einen Inflationsausgleich verdient haben. Und wir meckern über unsere Steuer- und Sozialabgaben-»Last«, anstatt anzuerkennen, dass diese Steuern und Abgaben nicht einfach »weg« sind, sondern damit all das finanziert wird, das unser Leben sicher und sozial macht.

Die Agenda 2010, die als Heilmittel für die Stabilisierung des Arbeitsmarkts in der Wirtschafts- und Finanzkrise dienen sollte, schuf tatsächlich einen riesigen Billiglohnsektor – der auf Kosten der Angestellten funktioniert. Und auf Kosten der Steuerzahler, die es letztendlich mitbezahlen, wenn Menschen nicht mehr von ihren Einkommen leben können und Unterstützung vom Staat brauchen. Später, 2015, versuchte die Regierung dann gegenzusteuern: Ein Mindestlohn sollte jetzt zumindest das untere Ende des Arbeitsmarkts vor einem noch weiteren Abrutschen bewahren. All den Facharbeitern in der Mittelschicht aber half das nicht. Wenn es schlecht läuft, müssen sie – müssen wir – dank des flexibilisierten Arbeitsmarkts heute zu den Konditionen Ungelernter arbeiten.

Auch heute hat die Politik nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt – und macht neue: Immer wieder stützt sie Firmen, die Löhne drücken, anstatt entschieden gegen sie vorzugehen, und trägt damit zur Entwertung des Gutes Arbeit bei. Sie kuscht stellenweise vor großen Firmen, wenn diese mit Abwanderung drohen oder glaubhaft machen, auf andere Weise nicht global wettbewerbsfähig sein zu können. Daher geht es in diesem Buch auch um einige Beispiele für eine solche Politik und deren Folgen. Die verantwortlichen Politiker für Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik erscheinen heute viel zu oft ängstlich und leicht einzuschüchtern anstatt mutig und visionär. Wir brauchen kein kleines Flickwerk am bestehenden Missstand. Sondern wir brauchen große Lösungen für die großen Problemfelder auf dem Arbeitsmarkt:

Wie bekommen wir jene, deren Arbeitsplätze jetzt wegrationalisiert und automatisiert werden, wieder in Arbeit?

Wie schaffen wir es, die Arbeit, die heute übers Internet vermarktet wird, wieder fair zu entlohnen und sie zu würdigen Bedingungen zu gestalten?

Wie ermöglichen wir, dass all die Dienstleistungsjobs, die heute viel zu schlecht bezahlt werden, aufgewertet werden?

Es ist möglich, dass unsere Gesellschaft diese Fragen klärt – dass Politik, Wirtschaft und auch unsere Gesellschaft als Ganzes die Arbeitswelt zukunftsfähig machen. Bei all dem ist Arbeit kein Selbstzweck. Vernünftig an die Herausforderungen der Zeit angepasste Berufsbilder und fair gestaltete Arbeitsbedingungen sind der erste Schritt zur Sicherung unseres Wohlstands und des sozialen Zusammenhalts. In den folgenden Kapiteln zeige ich, wo genau die Probleme in den einzelnen Sektoren liegen – und wo wir ansetzen müssen, um gute Lösungen zu finden.

Kurzum: Arbeit soll wieder so wertgeschätzt werden, wie es angemessen wäre. Damit auch wir in der Mittelschicht morgen noch von unserem Geld leben können.

ARBEIT PREKÄR – JETZT AUCH IN DER MITTELSCHICHT

Warum unser Leben nicht mehr wie das der Beimers und der Drombuschs funktioniert

Wenn Sie dieses Buch lesen, dann sind Sie wahrscheinlich mit einer dieser Fernsehfamilien großgeworden: den Drombuschs, den Wicherts von nebenan, den frechen Knirpsen aus »Ich heirate eine Familie« – oder natürlich: den Beimers aus der Lindenstraße. Womöglich sogar mit mehreren davon. In den Achtzigern waren sie omnipräsent, diese glücklichen Mittelschichtgesichter. Schließlich war das Angebot an Unterhaltungsprogramm damals nicht sonderlich groß. Also diskutierte montags ganz Deutschland, vielleicht sogar auch Österreich und die Schweiz, wenn in einer der öffentlich-rechtlichen Bildschirmgemeinschaften am Wochenende wieder Ungeheuerliches vorgefallen war. Vielleicht hatte sich Lindenstraßen-Sohn Benny Beimer gerade von seiner aktuellen Freundin getrennt, sein Vater Hans hatte Ärger bei der Arbeit oder womöglich hatte sich Mutter Helga mal wieder zur Beruhigung über irgendwelche Familienprobleme Spiegeleier in die Pfanne hauen müssen.

Gemeinsam war all diesen Fernsehfamilien, dass ihre Welt – zumindest aus heutiger Sicht betrachtet – absolut funktionierte. Die Väter berufstätig, die Mütter Hausfrauen. Und trotzdem reichte das Einkommen aus, um damit eine Familie mit zwei oder mehr Kindern gut über die Runden zu bringen. Und nicht nur das. Es reichte auch noch, wie bei den Wicherts von nebenan, um ein großzügiges Eigenheim zu kaufen, das dann dank einer Erbschaft sogar noch früher als geplant abbezahlt war. Oder zumindest, wie in der Lindenstraße, um in einer geräumigen Wohnung in Innenstadtlage zu leben und drei Kindern musikalische Frühförderung und sportliche Hobbys finanzieren zu können. Und das, obwohl Vater Beimer Sozialarbeiter war und als Beamter im Sozialamt der Stadt München angestellt war. »Nur« Sozialarbeiter, müsste man nach heutigen Standards wohl sagen.

Die Fernsehfamilien von damals waren Kitsch. Aber: Sie haben nachhaltig das Bild dessen geprägt, was wir Deutschen unter »Mittelschicht« verstehen. In vielen Köpfen steckt heute die unerschütterliche Vorstellung, ein zufriedenes, erfülltes Leben bestehe aus einem abbezahlten Eigenheim, dazu einem oder besser zwei Mittelklassewagen, mindestens einmal jährlich Familienurlaub und bei all dem noch der Möglichkeit, Geld fürs Hochschulstudium der Kinder zurücklegen zu können. Ein solides Leben, nicht zu arm, nicht zu reich.

Das Bild gab es natürlich nicht nur im Fernsehen, sondern auch in der echten Welt.

Wenn ich mit Freunden und Arbeitskollegen über dieses Thema rede, höre ich häufig solche Erzählungen über ihre Familiengeschichten, ihre Eltern. Es sind Geschichten von Lehrerhaushalten, in denen ein einzelner berufstätiger, auf Lebenszeit verbeamteter Elternteil seiner Familie ein sorgenfreies Leben ermöglichen konnte; von kleinen Handwerkern, die selbstverständlich Reihenhäuser mit Gärten finanzieren konnten; von Vätern, die sich dank ihrer Arbeitsverträge beim Rundfunk nie wieder Sorgen über die Zukunft machen mussten.

Die »Mittelschicht« ist ein typisch deutsches Ideal. Die Verheißung dessen, einen Zufriedenheitsgrad in seinem Leben erreichen zu können, der dann ein Leben lang erhalten bleibt. Ein Lebensstil, der den Glücklichen, die dazugehören, nicht mehr zu nehmen sei.

Das Bild von dieser Mittelschicht steht aber für noch viel mehr als das. Diese große Mitte der Gesellschaft, die finanzielle Absicherung erreicht hatte, bildete die Pfeiler der Wohlstandsgesellschaft im Wirtschaftswunderdeutschland und noch lange danach. Erst, wer seine Schäfchen im Trockenen hatte, dem blieben schließlich Zeit und Muße, sich auch sozial zu engagieren, zu spenden, an andere zu denken. Der wählte CDU und SPD, die Volksparteien, weil im Grunde doch alles in Ordnung war und auch genau so bleiben sollte. Der war Mitglied in der Gewerkschaft, weil diese Organisationen damals selbstverständlicher Teil der Gesellschaft waren. Die Gewerkschaften sorgten dafür, dass man auch weiterhin als Arbeiter oder Angestellter am Wirtschaftswachstum angemessen beteiligt wurde. Und als Arbeiter oder Angestellter setzte man sich mit seiner Mitgliedschaft dafür ein, dass auch weniger gut Situierte die Chance zum sozialen Aufstieg haben sollten.

Das machte ja nichts, fand man damals. Wenn es anderen bessergehe, nähmen sie einem selbst schließlich nichts weg dadurch. Im Gegenteil: Die Hoffnung, durch eigene Leistung – unterstützt durch Bildungs- und Fördermaßnahmen des Sozialstaats – aufsteigen zu können und sich so einen Platz in der wirtschaftlichen Mitte der Gesellschaft sichern zu können, war eines der Grundversprechen der deutschen Demokratie. Schon kurz nach der Gründung der Bundesrepublik, 1953, hatte ein bekannter Soziologe, Helmut Schelsky, einen Begriff für diese neue deutsche Sozialstruktur geprägt, in der es jedem möglich sein sollte, sich durch eigene Leistungskraft durch die Schichten zu bewegen: die »nivellierte Mittelstandsgesellschaft«. Schelsky malte das Bild einer modernen, egalitären Gemeinschaft, in der die alten Modelle der Klassenzugehörigkeit nach zwei Weltkriegen keinen Platz mehr haben sollten. Seine Ideen waren ein Zeichen der Zeit. Schließlich wollten die Deutschen um keinen Preis, dass die verkrusteten Ständestrukturen wieder zurückkehren könnten. Und schließlich hatte der Wirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard, der Vater der sozialen Marktwirtschaft, gerade die Maxime des »Wohlstands für alle« ausgerufen. Und die wirtschaftliche Mitte des Landes war seine wichtigste tragende Säule.

Mittelschicht bedeutete damals auch Zusammenhalt. Eine Nachbarschaft, in der alle im gleichen Betrieb arbeiteten, sei es in einer Zeche im Ruhrgebiet, sei es bei der Post oder Eisenbahn, die ihren Mitarbeitern Reihenhäuschen gebaut hatten. Oder sei es in einer ganz normalen Neubausiedlung, in die junge Familien mit ähnlichen Lebensmodellen einzogen: Man stand füreinander ein. Mittelschicht bedeutete auch gute Nachbarschaft. Wertegemeinschaft.

Mit der Verheißung, selbst weiter aufsteigen zu können. In die »gehobene Mittelschicht« mindestens, und wenn es gut liefe, vielleicht sogar in die Oberschicht. Niemals aber fürchtete man damals, sozial abzusteigen. Was man sich einmal verdient und erarbeitet hatte, das blieb. Und diese Gewissheit verlieh der Mittelschicht, diesem Rückgrat der Bundesrepublik, das Selbstbewusstsein, das sie brauchte, um politisch stabil zu bleiben. Immun gegen Populismus, weil es wenig gab, vor dem man sich fürchten musste.

Doch das ist Vergangenheit. Die Welt hat sich gewandelt, sie ist näher zusammengerückt und sie scheint sich schneller zu drehen, weil wir heute innerhalb von Stunden an fast alle Orte dieser Welt fliegen und uns über das Internet mit Menschen auf dem Globus in Sekundenschnelle austauschen können. Sie ist globalisiert und digitalisiert, und das hat unsere Welt auf den Kopf gestellt, mit guten und mit schlechten Folgen. Unserem Konsum sind heute kaum noch Grenzen gesetzt. Wir trinken Wasser von den Fiji-Inseln, essen Himalayasalz, tragen Sneakers, die in Indien genäht werden. Viele von uns leben deutlich bequemer, machen Home-Office, schauen zwischendurch Netflix und müssen uns eigentlich nur noch aus dem Loungesessel erheben und unseren Skype-Call unterbrechen, wenn der Paketbote oder der Essenslieferant klingelt.

Dieser Wandel aber hat auch eine Kehrseite. Viele Aspekte unseres Lebens sind deutlich unbequemer geworden. Viele von uns arbeiten auf eigene Rechnung, als Freelancer, müssen sich um die Aufträge selbst bemühen, jeden Tag aufs Neue Kunden überzeugen und sich selbst bestmöglich verkaufen. Die Staatsdiener unter uns sind oft nicht mehr verbeamtet, die Verträge laufen auf Zeit. Es wird schwieriger, sein Leben zu planen. Wer gibt schon jemandem einen Mietvertrag, der kein festes Einkommen hat?

Der Arbeitsmarkt verliert von Jahr zu Jahr an Beständigkeit, und das zehrt am Grundvertrauen der Mittelschicht.