Die Aufseherin - Lorenz Ingmann - E-Book

Die Aufseherin E-Book

Lorenz Ingmann

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In Rochlitz existierte von September 1944 bis März 1945 ein Außenlager des KZ Flossenbürg. Die dort ansässige Rüstungsfirma Mechanik GmbH nutzte, wie fast alle großen und viele mittelständische Unternehmen, KZ-Häftlinge für den Bedarf der Kriegsindustrie. Das Außenlager Rochlitz war eines von fast neunzig Außenlagern, die dem Stammlager Flossenbürg angeschlossen waren. Im Jahr 1948 musste sich die Kommandantin Marianne Eßmann vor einem ostdeutschen Gericht in Chemnitz verantworten. Ingmann zeichnet den Prozessverlauf gegen die Angeklagte detailliert nach. Dieses authentische Zeitdokument enthält Vernehmungsprotokolle sowie Abbildungen aus der Originalprozessakte und bietet damit einen tiefen Einblick in das fast vergessene Außenlager. Dieses Buch stellt die erste historische Aufarbeitung des Prozesses über das KZ-Außenlager Rochlitz dar.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 48

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Danksagung

Ich danke allen Mitarbeitern, die mir den Zugang zum Archivmaterial ermöglicht haben.

Mein besonderer Dank gilt Jenny Gohr für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Bereitstellung von Archivalien.

Von ganzem Herzen möchte ich außerdem dem Rochlitzer Geschichtsverein für die ausführlichen Hintergrundinformationen danken.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der Fall Marianne Juliane Eßmann

Neubeginn nach Kriegsende

Verdacht auf Kriegsverbrechen im KZ-Außenlager Rochlitz: Ermittlungen und Vernehmungen

Von der Anklageerhebung bis zur Urteilsvollstreckung und danach

Schlussteil

Quellenverzeichnis

Bildernachweis

Archivnachweis und sonstige Informationsquellen

Einleitung

Dieses Buch ist den Opfern gewidmet, die an einem nahezu vergessenen Standort Zwangsarbeit leisten mussten und deren Arbeitskraft für den Krieg ausgenutzt wurde.

»In gewisser Weise fühlten wir uns wohl. Das Personal behandelte uns besser, aber die Disziplin war extrem hart. Das Essen war ein wenig besser und die Schlafsäle waren natürlich viel besser. Aber wir hatten die ganze Zeit über Angst. Und es gab Aufseherinnen. Aufseherinnen, die in vielerlei Hinsicht schlimmer waren. Wir waren dort ein paar Wochen lang. Es war nicht schlecht, es sollte uns etwas bringen, es war nicht so schlecht. Schlecht war die Kälte und natürlich die ganze Situation.«1

So die Erinnerung einer ehemaligen Insassin des KZ-Außenlagers Rochlitz. Dieses Lager war dem KZ Flossenbürg zugerechnet. Unterschied sich das Außenlager Rochlitz tatsächlich von anderen Konzentrationslagern? Waren die Lagerbediensteten dort weniger streng als in anderen Lagern, sodass die Häftlinge weniger Leid erfuhren? Waren die Lagerverhältnisse dort tatsächlich milder? Um sich diesen Fragen zu widmen, soll der Fall der Lagerleiterin Marianne Eßmann klären, in welchem Ausmaß in diesem Lager Kriegsverbrechen stattfanden. Vor allem soll das Verhalten dieser Aufseherin gegenüber den Häftlingen durch den Prozess um das KZ-Außenlager Rochlitz in den Fokus rücken, um auf diese Weise die Zustände im Lager zu reflektieren. Schließlich ist über das KZ-Außenlager Rochlitz wenig bekannt. Es sind nur wenige Archivalien überliefert, und es gibt bisher keine authentischen historischen Aufnahmen.

Am historischen Standort der Weberei Winkler & Sohn, die 1929 als tragisches Opfer der Weltwirtschaftskrise nach fast 100-jähriger Tradition und einem Weltruf in der Stadt Rochlitz schließen musste, siedelte sich ein Tochterunternehmen der Leipziger Pittler Werke, eine Fabrik zur Herstellung von Werkzeugmaschinen, an. Rochlitz gehörte damals als Kreisstadt zum Bezirk Leipzig. Bevor Pittler dort wirkte, war auf dem Gelände bereits seit einigen Jahren eine NSKK-Motorsportschule eingerichtet. Überliefert ist über das Ganze nur sehr wenig, aber man erfährt in unregelmäßigen Abständen immer wieder Wissenswertes durch andere Forscher und einige Erinnerungen von Zeitzeugen und teilweise heute natürlich durch deren Kinder.2

Abb. 1: Historische Stadtansicht Rochlitz, undatiert

Abb. 2: Motorsportschule N.S.K.K. in den Hallen der ehemaligen Weberei und späteren Mechanik GmbH, undatiert

Pittler gründete hier seine Tochtergesellschaft Mechanik Rochlitz GmbH. Eine Vielzahl von Arbeitnehmern fand in den ehemaligen Webereihallen Beschäftigung, und jungen Menschen wurde ein sicherer, gut ausgestatteter und modernisierter Arbeitsplatz geboten. Dies bedeutete auch einen Zustrom von Facharbeitern nach Rochlitz. Pittler ließ Wohnhäuser für seine Arbeiter und deren Familien bauen.

Die Mechanik GmbH betrieb in der Zeit vom 18. September 1944 bis zum 28. März 1945 in Rochlitz ein Außenlager des KZ Flossenbürg. Mit 200 jüdischen Ungarinnen und einer Russin traf ein Transport aus Auschwitz ein. Im Februar 1945 kamen weitere 200 jüdische Frauen aus Ungarn und Polen, Griechenland, den Niederlanden, Deutschland und Italien aus Bergen-Belsen nach Rochlitz. Dort fertigten die Häftlinge bei der Mechanik GmbH Teile für die Flugzeughydraulik an und leisteten somit Zwangsarbeit. Anfangs waren die Häftlinge in Erdbunkern auf einem Fabrikgelände untergebracht, dann in neu errichteten Baracken mit verhältnismäßig guter Verpflegung. Das Lagerpersonal bestand aus achtzehn Wachmännern und sechzehn Aufseherinnen. Kommandantin war Marianne Eßmann, die nun im Mittelpunkt dieses Buches steht. Todesfälle sind im KZ-Außenlager Rochlitz nicht bekannt. Am 28. März 1945 erfolgte die Verlegung der Häftlinge in das Außenlager Graslitz, von dort aus mussten sie weitermarschieren. Die Rote Armee befreite sie Anfang Mai 1945.3

Um eine optimale Lesbarkeit in diesem Buch zu gewährleisten, habe ich sämtliche Zitate in die neue Rechtschreibung überführt und modifiziert, ohne dabei die Authentizität außer Acht zu lassen.

Der Wortlaut bleibt jedoch unverändert und gibt die protokollierten Aussagen aus der Prozessakte 1:1 wieder. Auf diese Weise wird die strikte Zitierregel umgangen, um keine störenden Fehler in Orthografie und Grammatik übernehmen zu müssen. Diese Methodik stellt jedoch eine Ausnahmesituation dar und entspricht selbstverständlich nicht dem üblichen Umgang mit Zitaten.

Ziel des Buches ist es, eine längst vergessene Verfahrensakte aus dem dunklen Archiv wieder ans Tageslicht zu holen und damit vor dem Vergessen zu bewahren. Auf diese Weise möchte ich einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Erinnerungskultur leisten. Mit der biografischen Aufarbeitung im Fall Marianne Eßmann rückt nicht nur eine verschollene NS-Täterin in den Fokus, sondern bringt auch den Tatort auf dem Gelände des KZ-Außenlagers Rochlitz zum Sprechen.

Der Autor

1 KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Medienwerkstatt Franken, Ausschnitt aus dem Interview mit Agi Geva, 2013, frei ins Deutsche übersetzt.

2 Nach den Ausführungen des Rochlitzer Geschichtsvereins e. V.

3 Nach den Ausführungen des Rochlitzer Geschichtsvereins e. V.

Der Fall Marianne Juliane Eßmann

Abb. 3: Marianne Juliane Eßmann, geboren am 30. September 1921 in Köln-Lindenthal, die zuvor als Bürokraft tätig gewesen war, erhielt während des Krieges eine Zuweisung zum Außenlager Rochlitz als Lagerführerin oder Erstaufseherin. Dort führte sie ein strenges Regiment, das ihr nach Kriegsende zum Verhängnis werden sollte. Undatierte Aufnahme.

Neubeginn nach Kriegsende