Die Bakchen (Pussy Riot) - John von Düffel - E-Book

Die Bakchen (Pussy Riot) E-Book

John von Düffel

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Beschreibung

«‹Die Bakchen (Pussy Riot)› ist ein moderner Text, unter dessen Oberfläche das Raunen alter Zeiten zu vernehmen ist. Es sind immerwährende Themen: Glauben und Wahn, Freiheit und Gewalt, Eros und Macht, Führung und Verführung. Und stets konvergieren das Politische und das Private … Euripides' Tragödie wird metaphorisch in die Gegenwart geholt. Das Chaos brodelt hier nur unter der Oberfläche, es bricht nie komplett aus. Vieles wird nur angedeutet oder stark verfremdet, und gerade diese Abstraktion macht die beklemmende Brutalität des Textes aus.» (Südwest Presse)

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Seitenzahl: 46

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John von Düffel

Die Bakchen (Pussy Riot)

nach Euripides

Interlinear-Übersetzung und Quellen: Gregor Schreiner

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Über John von Düffel

Personen

DIONYSOS

PENTHEUS, Herrscher von Theben

KADMOS, Gründervater von Theben

THERESIAS, der blinde Seher

AGAUE, Mutter von Pentheus, Tochter von Kadmos

AUTONOE, ihre Schwester

INO, die jüngste Schwester

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Pentheus, Kadmos.

PENTHEUS

Die Herrschaft, Kadmos, die du mir verliehen,

Leg ich ein letztes Mal zurück in deine Hände

Für die Dauer meiner Reise. Beschirme Theben

Und halte Unheil von den sieben Toren fern

Der Mauer, die uns schützt und diese Stadt

Zu einer Burg macht inmitten von Barbaren.

Wachsam sei und unnachgiebig, so wie einst,

Als du den Drachen schlugst und seine Zähne

In die Erde pflanztest, dass dir Krieger wuchsen,

Um mit den «Gesäten» zu gründen und zu sichern

Unser Theben.

KADMOS

Einen Krieger willst du und rufst mich?

PENTHEUS

Niemand vertrau ich mehr als dir:

Vater dieser Stadt, Vater meiner Mutter.

Thebens Aufstieg war dein Werk,

Meins ist es, das Erreichte zu verteidigen

Gegen den Hunger draußen

Sowie die inn’re Schwäche, die Zufriedenheit

Und was ihr folgt: Erschöpfung, Überdruss.

KADMOS

Sind das die Feinde, die du fürchtest?

PENTHEUS

Der schlimmste Feind ist die Gefahr,

Dass wir die Festigkeit verlieren, die uns groß gemacht.

KADMOS

Pentheus, mein Junge,

Wie lang hab ich auf dich gewartet, einen Sohn,

Doch wurden mir vier Töchter nur geboren,

Und ein Menschenleben ging vorbei,

Bis du kamst, Sohn Agaues. Oft staune ich,

Wie gar nicht jung du bist, wie weise,

Als sei die Wartezeit in deine Seele eingekerbt.

PENTHEUS

Ich bin nur klar. Und kämpferisch

Wie die Gesäten einst.

KADMOS

Noch keinem König fiel der Abschied von der Macht

So leicht wie mir.

PENTHEUS

Und doch steht unser Thron nicht sicher.

Aus Lydien, Phrygien, über persisches Gebiet,

Arabien und Asiens Küste,

Wo Griechen- und Barbaren-Volk sich mischt,

Soll auf dem Weg zu uns ein Fremder sein,

Ein Schönling, zart, mit hübschen Locken,

Gefolgt von einer wilden, aufbrausenden Schar,

Die großen Zulauf hat unter den Weibern!

KADMOS

Hast du vor Weibern Angst?

PENTHEUS

Nicht Frauen nur verführt er, ganze Städte!

Überzieht sie mit Gelagen, Orgien,

Versetzt das Volk in Raserei

Und macht es unregierbar.

KADMOS

Nicht bei uns.

PENTHEUS

Doch Theben scheint sein Ziel.

Es heißt, er sei Semeles Sohn.

KADMOS

Semeles Sohn?

PENTHEUS

Sohn deiner Unglückstochter, die,

Obwohl sie nicht mehr ist, uns schadet.

KADMOS

Rühr nicht an diesen Schmerz.

PENTHEUS

So lang schon tot, gibt sie doch keine Ruhe,

Nicht unter ihren Schwestern, nicht

Im Königshaus. Ihr Grab ein Ärgernis,

Wo Kult und Aberglaube sich verschwören,

Und jetzt dieser Scharlatan,

Der sich ein Recht anmaßt auf unsern Thron!

KADMOS

Lass mich aus dieser Sache, bleib du hier.

PENTHEUS

Kadmos! Ich muss nach Delphi

Und den Fremden mit einem Orakelspruch,

Mit Götterwort zum Schweigen bringen,

Eh er seine Lügen überall im Land verbreitet

Und die seiner Mutter – «Mutter»!

Wenn nicht auch das gelogen ist.

KADMOS

Semele trug ein Kind im Leib bei ihrem Tod.

PENTHEUS

Selbst wenn.

KADMOS

Sie trug ein Kind in ihrem Leib,

Einen Sohn, vielleicht.

PENTHEUS

Der Blitz erschlug sie und das Ungeborne

Zur Strafe, weil sie Zeus zum Vorwand nahm,

Um eine Liebschaft zu verbergen,

Die sich nicht länger leugnen ließ.

KADMOS

Und wenn es stimmt, dass ihr der Gott erschien?

Wenn Zeus der Blitz war, der sie traf,

Und dann das Kind – das seine –

Halb Gott, halb Mensch

Einnähte in seinen Schenkel

Und es austrug?

PENTHEUS

Das erzählst du mir, als wäre es zu glauben,

Diese alberne Geschichte, erfunden, ausgedacht,

Von einer gefall’nen Frau und denen,

Die sie decken! Kadmos!

KADMOS

Kein Mensch allein ist im Besitz der Wahrheit.

PENTHEUS

Der Mensch ist, was er glaubt,

Und wir können nicht dulden,

Dass die Geschichte unsres Hauses,

Unsrer Herrschaft, verdreht wird und verfälscht

Von Aberglaube, Unvernunft!

Ich muss nach Delphi,

Licht in diese Sache bringen!

KADMOS

Hast du Theresias befragt?

PENTHEUS

Ich sagte «Licht» und nicht Gemurmel.

KADMOS

Du magst ihn nicht, doch länger als dein Leben

Dient er der Stadt als Seher schon,

Und keine seiner Weissagungen

Erwies sich je als falsch.

PENTHEUS

Weil er nichts sagt und sieht!

Weil er, der Blinde, der mit Vögeln spricht,

Nur Ungefähres von sich gibt,

Doppelsinn, so oder so zu deuten.

KADMOS

Die Götter sprechen stets in Rätseln.

PENTHEUS

Was nützen Prophezeiungen,

Wenn ihre Wahrheit dunkel bleibt.

KADMOS

Du hast ihn schon gefragt.

PENTHEUS

Gefragt nicht, ungefragt beim Trank