Die besten Gute-Nacht-Geschichten für Führungskräfte - Henry Mintzberg - E-Book

Die besten Gute-Nacht-Geschichten für Führungskräfte E-Book

Henry Mintzberg

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Viele Führungskräfte ziehen es immer noch vor, die Gemächer ihrer Elfenbeintürme nur in den seltensten Fällen zu verlassen. Sie entscheiden lieber hoheitlich aus der Ferne. Aus diesem Grund haben die meisten auch keine Ahnung davon, was in ihrem Unternehmen tatsächlich vor sich geht. Henry Mintzberg fordert daher: Führungskräfte müssen endlich wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht werden und mit ihren Angestellten an einem Strang ziehen! Und endlich erkennen, dass Führung und Management die zwei Seiten ein und desselben Jobs sind. In Die besten Gute-Nacht-Geschichten für Führungskräfte veröffentlicht er die zweiundvierzig besten Überlegungen aus seinem Blog hierzu – unterhaltsam und immer auch etwas respektlos. Die perfekte Bettlektüre für alle Führungskräfte, die die "Fernbedienung" aus der Hand legen und wieder selbst im Management aktiv sein wollen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 164

Veröffentlichungsjahr: 2019

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Henry Mintzberg

Die besten Gute-Nacht-Geschichten für Führungskräfte

Das Beste vom Managementguru

Übersetzung aus dem Englischen von Petra Pyka

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2019

© 2019 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© 2019 by Henry Mintzberg

Die englische Originalausgabe erschien bei Berrett-Koehler Publishers Inc. Oakland, CA, USA unter dem Titel Bedtime Stories for Managers. Die Veröffentlichung erfolgte zusammen mit ­Maria Pinto-Peuckmann Literaturagentur, World Copyright Promotion, Kaufering, Deutschland.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet ­werden.

Übersetzung: Petra Pyka, Rednitzhembach

Redaktion: Christiane Otto, München

Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt, München

Umschlagabbildung: shutterstock.com

Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern

ISBN Print 978-3-86881-758-4

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-138-9

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-139-6

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Guten Abend …

Erstes Kapitel Geschichten über Management

Rührei managen

Der Mythos vom Manager als Dirigent

Führung durch Management

Der falsche Mann an der Spitze

Die Epidemie des seelenlosen Managements

Management im Onlinezeitalter

Entscheidungsprozesse: Es geht nicht nur darum, was Sie denken

Strategien wuchern lassen wie Unkraut

Zweites Kapitel Geschichten über das Organisieren

Organisieren wie eine Kuh

Gemeinschaftlichkeit geht vor Führung

Ein Netzwerk ist keine Gemeinschaft

Wandel von oben? Oder Engagement von unten?

Verschiedene Arten von Organisationen

Warum sprechen wir von »Topmanagement«, aber nie von »Bottommanagement«?

Keine Silos mehr? Wie wär’s mit Scheiben?

Lösbare und unlösbare Managementaufgaben

Der Verwaltungsrat als Biene

Drittes Kapitel Geschichten über das Analysieren

Analysten: Analysiert euch selbst!

Gott bewahre: Ein effizientes Orchester!

Was kann denn an »Effizienz« falsch sein? Eine ganze Menge.

Der weiche Unterbauch der »harten Daten«

Die schwierige Aufgabe, das Management zu messen

Evidenz und Erfahrung im Management, in der Medizin und anderswo

Das Bruttosozialglück – der Unterschied zwischen gut und gut gemeint

Viertes Kapitel Geschichten über Entwicklung

Jacks Beitrag

MBAs als CEOs: Wenn die Evidenz nicht überzeugt

Manager ausbilden, die mehr sind als bloße Verwalter

Nicht nur dasitzen …

Fünftes Kapitel Geschichten im Kontext

Wie man ein Familienunternehmen führt

Global? Oder lieber weltlich?

Wer in aller Welt kann ein Krankenhaus managen?

Behörden managen, Manager regulieren

Sechstes Kapitel Geschichten über Verantwortung

Längst überfälliger Brief eines CEO an den Verwaltungsrat

Personalabbau – der Aderlass des 21. Jahrhunderts

Produktive und destruktive Produktivität

Kein Skandal, sondern ein Syndrom

Freuen Sie sich auf CSR 2.0!

Siebtes Kapitel Geschichten für morgen

Die außergewöhnliche Kraft gewöhnlicher Kreativität

Ist Kundenservice gleich Dienst am Kunden?

Nicht IMMER MEHR, sondern lieber besser

Wenn das Beste nicht gut (genug) ist

Rise and Shine!

Über den Erzähler

Die Zahnfeen

Stichwortverzeichnis

Guten Abend …

Smartphone und Tablet aus? Hervorragend. Herzlich willkommen bei den Besten Gute-Nacht-Geschichten für Führungskräfte, einem nicht ganz ernst gemeinten Buch mit einer ernsten Botschaft: Manager sollten nicht länger abgehoben von oben herab führen, sondern engagiert von innen heraus. Wie das geht? Durch eine Organisation, die sich nicht an Charts orientiert, sondern an einer Kuh … damit Strategien wuchern können wie Unkraut im Garten … weil es ganz normale Menschen sind, die außergewöhnliche Ideen haben … Menschen, die nicht klischeehaft global sind, sondern auf ihre eigene Art weltlich.

Die erste Geschichte sagt Ihnen gleich, wo’s langgeht. Sie handelt von dem CEO einer kriselnden Airline, der in der Ersten Klasse sitzt, während seinen Kunden weiter hinten Rührei kredenzt wird, das diesen Namen kaum verdient. In einer verqueren Welt wie der unseren sollten eigentlich die Manager ein solches Rührei essen.

Vor ein paar Jahren begann ich, in einem Blog (mintzberg.org/blog) Ideen aufzugreifen, die in unbeachteten Publikationen vor sich hin moderten. Da fiel mir ein Buch mit Geschichten für die Fans der Hockeymannschaft von Montreal in die Hände – 101 an der Zahl. Ideal zum Lesen vor dem Einschlafen – jeden Abend ein oder zwei Storys, bevor die Augen zufallen. So kam ich auf die Idee zu einem Buch mit Blogbeiträgen für Manager für die ideale Tageszeit, nämlich als Bettlektüre nach Feierabend (falls es so etwas für meine Leser überhaupt gibt).

Welche der Organisationen, die Sie kennen, bewundern Sie am meisten? Überlegen Sie mal:

Funktionieren sie als Ansammlung von Humankapital? Oder als Gemeinschaft von Menschen?Steht das Denken stets an erster Stelle? Oder wird manchmal zunächst hingeschaut oder sogar gehandelt, um im Anschluss auf bessere Gedanken zu kommen?Wird dort akribisch gemessen? Oder engagiert gearbeitet?Müssen sie die Besten sein? Oder geben sie ihr Bestes?

Wer sich jeweils für die erste Antwortkategorie entschieden hat, sollte dieses Buch lesen, um die zweite für sich zu entdecken. Wer die zweite Kategorie gewählt hat, sollte es lesen, um mit all den Zeitgenossen besser fertigzuwerden, die jeweils die erste Antwort gegeben haben.

Aus über 101 Blogbeiträgen habe ich die 42 ausgewählt, die Mana­gern vermutlich das meiste zu sagen haben. Ein Buch, so wurde mir gesagt, muss Kapitel haben. Also habe ich brav die einzelnen Beiträge mit Überschriften wie Management, Organisieren und Analysieren versehen. Außerdem hieß es, vor jedes Kapitel sei eine Einleitung zu stellen, der Sie entnehmen können, was Ihnen der Autor sagen will. Das ging mir dann doch zu weit. Also keine Einleitungen. Ich möchte, dass Sie sich diese Geschichten selbst erschließen – in beliebiger Reihenfolge. Mir wäre ganz recht, wenn Sie die erste Geschichte zuerst und die letzte zum Schluss lesen würden. Ansonsten können Sie gern selektiv vorgehen – ganz so eben, wie es ein fähiger Manager bisweilen tut.

Ich würde mir wünschen, dass Sie sich auf jeder Seite fragen, was wohl als Nächstes kommt. Ein kleiner Vorgeschmack: auf jeden Fall ein bunter Strauß Metaphern. Stellen Sie sich also neben Kühen und Gärten, Klischees und Rührei auf den Mythos vom Manager als Dirigent ein, auf den weichen Unterbauch der harten Daten, auf den Verwaltungsrat als Biene und auf Personalabbau als Aderlass. Versuchen Sie beim Lesen lediglich, sich nicht schockieren zu lassen – denn meine schockierendsten Ideen haben sich häufig als die besten entpuppt. Man merkt es nur nicht gleich.

Und auch wenn es sich hierbei um ein Managementbuch handelt, erwarten Sie bitte keine Patentlösungen. Das überlasse ich den Büchern, die die Probleme noch verschlimmern. Rechnen Sie stattdessen mit unerwarteten Erkenntnissen, die Sie dann überschlafen können, um am nächsten Tag Großes zu vollbringen – nicht ohne vorher ein paar ordentliche Rühreier zu essen, damit Sie energisch das gequirlte Chaos im Management in Angriff nehmen können. Vielleicht macht das Sie, Ihre Kollegen und sogar Ihre Familie ein bisschen glücklicher.

Träumen Sie schön!

Erstes Kapitel Geschichten über Management

Die ganz großen und die ganz kleinen Dinge sind meine Sache. Alles dazwischen lässt sich delegieren.

Kōnosuke Matsushita, Gründer von Panasonic

Rührei managen

Vor Jahren saß ich morgens in einer Eastern-Airlines-Maschine von Montreal nach New York. Die Fluggesellschaft war damals die größte der Welt und stand kurz vor dem Aus.

Seinerzeit wurde im Flugzeug noch Essen serviert – oder, sagen wir, etwas Ähnliches. Es hieß »Rührei«. Prompt erklärte ich der Flugbegleiterin: »Ich habe im Flugzeug schon oft schlecht gegessen, aber so schlecht noch nie.«

»Ich weiß«, erwiderte sie, »wir geben das auch weiter. Aber keiner hört auf uns.«

Wie kann das sein? Bei einem Friedhofsbetreiber könnte ich einsehen, dass es schwierig ist, mit den Kunden zu kommunizieren. Doch bei einer Airline? Bei schlechtem Service oder einem schlecht konzipierten Produkt frage ich mich stets, ob das Management ein Unternehmen führt oder nur Abschlüsse liest.1

Sicherlich haben sich die Finanzanalysten mit den Abschlüssen befasst und die Probleme der Fluggesellschaft mit der Auslastung und anderen Faktoren erklärt. Glauben Sie ihnen kein Wort: Es lag am Rührei.

Vor ein paar Jahren hatte ich diese Geschichte gerade einer Gruppe von Managern erzählt, da meldete sich einer von ihnen – von IBM – mit folgendem Bericht zu Wort: Einmal kam der CEO von Eastern Airlines in letzter Minute an Bord einer Maschine. Da die Erste Klasse ausgebucht war, wurde ein zahlender Kunde hinauskomplimentiert, damit der CEO dort sitzen konnte, wo er immer saß. Offenbar plagte ihn dann das schlechte Gewissen, denn er soll in der Touristenklasse aufgetaucht sein. (Ob er erst nach dem Weg fragen musste, ist nicht überliefert.) Dort entschuldigte er sich bei dem Passagier und stellte sich ihm als Chef der Fluggesellschaft vor. Der Kunde entgegnete: »Nun, ich bin der CEO von IBM.«

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, es geht mir nicht darum, wer seinen Sitz räumen musste – ganz im Gegenteil. Es war ein Statusproblem: Die bessere Buchungskategorie zählte mehr als der gesunde Menschenverstand. Dabei kommt es im Management nicht darauf an, auf dem gewohnten Platz zu sitzen, sondern darauf, das Rührei zu essen.

Der Mythos vom Manager als Dirigent

Stellen Sie sich den Meistermanager als Dirigenten vor: Ein Schwung mit dem Taktstock und die Marketing-Ouvertüre ertönt. Ein Wedeln und der Vertrieb spielt auf. Eine fließende Armbewegung und HR, PR und IT stimmen harmonisch ein. Der Traum eines jeden Managers – weshalb es sogar Führungsworkshops gibt, die von Dirigenten geleitet werden.2

Es folgen drei Zitate zu dieser Metapher. Lassen Sie uns beim Lesen ein kleines Spiel spielen. Wählen Sie das Zitat aus, das nach Ihrem Verständnis am besten wiedergibt, wie ein Manager sein muss. Der Trick dabei: Sie müssen sich sofort entscheiden, sobald Sie das Zitat gelesen haben – noch bevor Sie sich die anderen anschauen. Dafür dürfen Sie aber drei Stimmen vergeben!

Von Peter Drucker, dem Guru aller Gurus:

Eine Analogie [zum Manager] liefert der Dirigent eines Symphonieorchesters, durch dessen Einsatz, Vision und Führungskraft die einzelnen Instrumentalparts, die für sich allein genommen nur »Lärm« sind, zum lebendigen Ganzen der Musik zusammenwachsen. Aber dem Dirigenten liegt die Partitur des Komponisten vor; er ist nur der Interpret. Der Manager ist Komponist und Dirigent in einer Person.3

Sehen Sie den Manager als Komponisten und Dirigenten?

Von Sune Carlson, einer schwedischen Ökonomin, die die erste ernstzunehmende Studie zur Arbeit von Managern über schwedische CEOs durchführte:

Vor der Studie habe ich mir einen CEO immer als Dirigenten eines Orchesters vorgestellt, der abgehoben oben auf seinem Podium steht. Inzwischen sehe ich ihn in gewisser Hinsicht eher als Marionette im Puppentheater – mit Hunderten von Leuten, die die Strippen ziehen und ihn zwingen, bestimmte Dinge zu tun.4

Sehen Sie den Manager als Marionette?

Von Leonard Sayles, der sich mit dem mittleren Management in den Vereinigten Staaten befasste:

Der Manager ist wie der Dirigent eines Symphonieorchesters, der versucht, für eine gelungene Aufführung zu sorgen … während die Musiker persönliche Probleme haben, die Hilfskräfte Notenständer hin- und herschleppen, starke Temperaturschwankungen das Publikum und die Instrumente beeinträchtigen und der Sponsor des Konzerts auf unvernünftigen Programmänderungen besteht.5

Oder spricht Sie das Bild vom Manager bei der Orchesterprobe am meisten an?

Ich habe dieses Spiel schon mit vielen Gruppen von Führungskräften gespielt, stets mit demselben Ergebnis: Das erste Zitat bekommt ein paar Stimmen, das zweite ein paar mehr, und beim dritten schießen prompt alle Hände in die Höhe. Manager sind auf jeden Fall mit Dirigenten vergleichbar, aber nicht bei der Vorstellung, sondern bei den zermürbenden täglichen Proben. Vorsicht vor verherrlichenden Metaphern!

Aber sind Dirigenten denn überhaupt Manager – oder Führungskräfte? Abseits der großen Bühne sicherlich beides. Sie wählen die Musiker und die Stücke aus und lassen sie bei den Proben zu einem stimmigen Ganzen verschmelzen. Doch beobachten Sie einen Dirigenten mal bei einer Vorstellung: Da geht es in erster Linie um den großen Auftritt. Noch deutlicher macht das ein Blick auf die Musiker: Sie achten kaum auf den Dirigenten – der ja, nebenbei bemerkt, auch ein Gaststar sein kann. Können Sie sich vorstellen, als Gast ein fremdes Unternehmen zu führen?6

Wer zieht denn nun die Strippen: Toscanini oder Tschaikowski?

Tatsächlich tun das die Musiker, von denen aber jeder die für sein Instrument vom Komponisten als Gesamtwerk geschriebenen Noten spielt. Es ist demnach der Komponist, der gleichzeitig komponiert und dirigiert. Doch weil der in der Regel schon tot ist, bekommt der Dirigent den Beifall.

Vielleicht ist ja die ganze Welt in Wirklichkeit eine Bühne, mit vielen Komponisten, Dirigenten und Managern, auf der die Spieler nur Spieler sind. In diesem Fall gehört ein Manager grundsätzlich nicht aufs Podium, um aus luftiger Höhe zu führen.

Führung durch Management

Das Märchen, dass Führung etwas anderes oder gar mehr sei als Management, hat dem Management sehr geschadet – und der Führung noch mehr.

In der neumodischen Darstellung tun Führungskräfte das Richtige, während Manager richtig handeln.7 Klingt ja vielleicht toll, aber versuchen Sie mal, das Richtige zu tun, ohne richtig zu handeln.

Als CEO der Royal Bank of Canada war John Cleghorn in seinem Unternehmen dafür bekannt, dass er auf dem Weg zum Flughafen im Büro anrief, um kaputte Geldautomaten zu melden. Die Bank hatte Tausende solcher Automaten. War das Mikromanagement? Nein, es war Führung durch Vorbild. Und echte Führungsqualität äußert sich oft durch gute Managementpraxis.

Haben Sie schon einmal einen Manager ohne Führungskompetenz erlebt? Das war sicher enorm frustrierend. Und wie sähe das bei einer Führungspersönlichkeit aus, die nicht managt? So jemand hat vielleicht gar keinen Bezug zu den Dingen. Woher sollte er auch wissen, was vor sich geht? Jim March von der Stanford Business School formulierte das so: »Wer führen will, muss Klempner und Poet zugleich sein.«8

Überwinden wir daher die Trennung in Führung und Management. Erkennen wir, dass es sich dabei um zwei Aspekte ein- und derselben Aufgabe handelt. Haben wir nicht längst genug von Führung durch Fernsteuerung, losgelöst von allem außer dem »Big Picture«? In Wirklichkeit muss das Gesamtbild aber mit den feinen Pinselstrichen fundierter Erfahrung gemalt werden.

Vielleicht ist Ihnen schon die These untergekommen, es gebe zu viel Management und zu wenig Führung. Dabei ist es genau umgekehrt: Wir haben zu viel Führung von oben herab und nicht genug Management von innen heraus. Hier ein Vergleich der beiden Ansätze – entscheiden Sie selbst.

Zwei Managementmethoden

Führung von oben herab

Management von innen heraus

Führungskräfte sind wichtige Leute, abgehoben von all jenen, die Produkte entwickeln und Dienstleistungen erbringen.Je höher die Führungsposition, desto wichtiger ihr Inhaber. Der CEO ganz oben ist das Unternehmen.Die Strategie funktioniert nach dem Top-down-Prinzip und geht klar, überlegt und kühn vom Chef aus, der den dramatischen Auftritt übernimmt. Alle anderen »setzen um«.Eine Führungskraft muss Entscheidungen treffen und Ressourcen zuteilen – auch Humankapital. Führung bedeutet daher faktengestützte Berechnung auf der Grundlage von Berichten.Zur Führungspersönlichkeit prädestiniert ist, wer anderen seinen Willen aufzwingt.Manager sind insofern wichtig, als sie anderen helfen, wichtig zu sein.Eine effektive Organisation ist ein interagierendes Netz, keine vertikale Hierarchie. Ein effektiver Manager sitzt nicht irgendwo an der Spitze, sondern ist überall aktiv.Aus dem Netz bilden sich Strategien heraus, wenn engagierte Mitarbeiter Lösungen für kleine Probleme finden, die sich zu übergreifenden Strategien ent­wickeln können.Managen bedeutet, natürliche Beziehungen zu Menschen aufzubauen. Es bedeutet folglich, andere mit Urteilsvermögen und kontextbezogen einzubeziehen.Führung ist unantastbares Vertrauen, verdient durch Respekt vor dem anderen.

Der falsche Mann an der Spitze

Wann ist ein Manager/eine Führungskraft effektiv?9 Die Antwort darauf geben unzählige kleine Listen. In der Executive-MBA-Broschüre der University of Toronto stehen dazu zum Beispiel folgende Kriterien:

Der Mut, den Status quo infrage zu stellenDie Fähigkeit, in einem anspruchsvollen Umfeld zu gedeihenGemeinsam zum Wohle aller arbeitenIn einer im raschen Wandel begriffenen Welt einen klaren Kurs setzenAngstfrei entschlossen handeln

Das Problem dieser kleinen Listen: Sie sind nie vollständig. Auf dieser fehlt zum Beispiel eine Grundintelligenz. Oder die Fähigkeit, zuzuhören. Doch keine Angst – diese Eigenschaften finden sich auf anderen Listen. Ich habe aus all den vielen kleinen Listen, die ich auftreiben konnte, ein erschöpfendes Verzeichnis zusammengestellt und ein paar meiner persönlichen Favoriten ergänzt. Wie der dieser Geschichte nachgestellten Tabelle zu entnehmen, enthält es 52 Eigenschaften. Wer sie alle besitzt, muss ein schrecklich effektiver Manager sein – und ein Übermensch.

Kein Manager ist vollkommen

All das ist Teil unserer romantischen Vorstellung von Führung, die einfache Sterbliche auf ein Podest stellt (»Rudolph ist der perfekte Mann für den Job – er wird uns retten!«) und dann zulässt, dass wir sie verunglimpfen, wenn sie mit Pauken und Trompeten abstürzen (»Wie konnte uns Rudolph nur so im Stich lassen?«). Doch manche Manager können sich trotzdem halten, wenn auch nicht auf besagtem prekärem Podest. Wie geht das?

Ganz einfach: Erfolgreiche Manager haben Fehler – wie jeder Mensch –, doch ihre spezifischen Fehler sind unter den gegebenen Umständen eben nicht verhängnisvoll. Vernünftige Menschen können mit nachvollziehbaren Fehlern anderer durchaus leben.

Absolut verhängnisvoll sind dagegen die utopischen Listen mit Managereigenschaften, weil sie vollkommen daneben liegen können. Muss ein Manager wirklich »angstfrei entschlossen handeln«? Wer verfolgt hat, wie George W. Bush den amerikanischen Einmarsch im Irak angeführt (eher nicht gemanagt) hat, ist sicher anderer Meinung. Bush hatte fraglos »den Mut, den Status quo infrage zu stellen« (wenn auch leider nicht die schlechten Ratschläge seiner Berater). Ing­var Kamprad managte dagegen IKEA in der Entwicklung zur erfolgreichsten Einzelhandelskette aller Zeiten. Es soll 15 Jahre gedauert haben, um »in einer im raschen Wandel begriffenen Welt einen klaren Kurs zu setzen«. Der Erfolg kam aber nicht durch den raschen Wandel in der Möbelwelt, sondern, weil IKEA diese Welt veränderte.

Das Detail finden, in dem der Teufel steckt

Wenn doch alle unsere Fehler früher oder später offenbar werden, dann gilt vor allem für Manager: je früher, desto besser. Eigentlich sollte man bei der Auswahl von Managern ebenso sehr auf ihre Fehler achten wie auf ihre positiven Eigenschaften. Bedauerlicherweise konzentrieren wir uns in aller Regel ganz auf die Qualitäten – oft sogar nur auf eine bestimmte: »Sally ist eine tolle Netzwerkerin.« Oder: »Rudolph ist ein Visionär.« Vor allem, wenn der gescheiterte Vorgänger ein miserabler Netzwerker war oder gar keine strategischen Visionen hatte.

Wer wissen will, was ein Mensch für Fehler hat, hat im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Er muss den anderen heiraten oder für ihn arbeiten. Wie aber verhält sich das in den Kreisen, die Manager auswählen – bei Verwaltungsratsmitgliedern, die einen CEO berufen oder bei Vorgesetzten, die Untergebene einstellen (ganz schreckliche Bezeichnungen übrigens)? Wer von ihnen hat wohl schon einmal für den Bewerber gearbeitet oder war mit ihm verheiratet?Die Folge: Zu viele der gekürten Kandidaten sind am Ende »Radfahrer«: Von sich selbst zu überzeugte Schmeichler, die sich gut darauf verstehen, »Vorgesetzte« zu beeindrucken, aber ganz schlecht darauf, »Untergebene« zu managen.

Wer über die Besetzung von Managementposten entscheidet, sollte auf die Menschen hören, die den Bewerber am besten kennen.

Umfassende Liste der Eigenschaften, die die Grundvoraussetzungen für den sicheren Erfolg als Manager bilden

Zusammengestellt aus verschiedenen Quellen, meine persönlichen Favoriten sind kursiv gestellt.

couragiertengagiertneugierigselbstbewusstoffennachdenklicheinfühlsamaufgeschlossen/tolerant (gegenüber Menschen, Zweifelsfragen und Ideen)innovativkommunikativ (auch als guter Zuhörer)vernetzt/informiertscharfsichtigbedacht/intelligent/weiseanalytisch/objektivpragmatischentschlossen (handlungsorientiert)proaktiv/­charismatischleidenschaftlichinspirierendvisionäraktiv/begeistertpositiv/­optimistischehrgeizighartnäckig/zielstrebig/eifrigkollaborativ/partizipativ/kooperativin der Lage, andere zu begeisternfördernd/verständnisvoll/mitfühlendStabilverlässlichfairverantwortungsvollmoralisch/ehrlichbeständigflexibelausgeglichenintegrativgroß10

Nun können Sie sich schlecht bei deren Ehepartnern erkundigen, denn die aktuellen werden befangen sein und die verflossenen noch mehr. Auf jeden Fall können Sie aber in Erfahrung bringen, was diejenigen von den Kandidaten halten, die bereits unter ihrer Führung gearbeitet haben. Ich bin keiner, der Universallösungen für Managementprobleme verspricht, doch wenn es ein Patentrezept gibt, das die Managementpraxis enorm verbessern könnte, dann dieses: Lassen Sie im Auswahlverfahren die Menschen zu Wort kommen, die bereits von den Bewerbern gemanagt wurden. Schieben Sie sich diese Gute-Nacht-Geschichte bitte unters Kopfkissen.

Die Epidemie des seelenlosen Managements

Meine Tochter Lisa hat mir einmal einen Zettel in den Schuh gelegt. Darauf stand: »Auch Seelen müssen repariert werden.« Sie hatte ja keine Ahnung, wie recht sie hatte …

Eine Geschichte zweier fürsorglicher Manager