Die Briefe des Fräulein Brandt - Felix Hollaender - E-Book

Die Briefe des Fräulein Brandt E-Book

Felix Hollaender

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Beschreibung

Aller Augen sind spannungsvoll auf mich gerichtet. Leutnant von Borck hat mir geschrieben, Mama hat den Brief aufgefangen und mir übergeben. Ich stecke ihn achtlos in meine Handtasche und unterhalte mich mit ihr und Christinen von gleichgültigen Dingen. »Möchtest du den Brief nicht wenigstens öffnen?« fragt Mama und ihre Stimme klingt vor Erregung hart und trocken. »Nein,« sage ich, »das eilt nicht«, denn ihr Ton reizt mich, fordert meinen Widerspruch heraus. »Der Brief ist von Borck, wir kennen seine Handschrift, was zierst du dich also?« »Verzeihe! Einen Augenblick! Ist der Brief an Mama, an dich, oder an mich gerichtet? Nun gut, er ist an mich adressiert. Ich bin nicht neugierig. Ich werde ihn vor dem Schlafengehen lesen.« Christine lacht gellend auf, und ich verlasse die beiden. Ich gehe in mein Zimmer und riegle hinter mir zu. Ich fühle, wie mir die Tränen aus den Augen stürzen. Weshalb bin ich gegen Mama so grausam? Weshalb begreife ich sie nicht aus ihrem Wesen heraus und verlange von ihr Dinge, die außerhalb ihrer Art sind? Liegt darin nicht eine Anmaßung ohnegleichen?

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Briefe

Felix Hollaender

Juni 1914

Juli 1914

August 1914

Impressum

Felix Hollaender

Die Briefe des Fräulein Brandt

Iserbaude, 7. Juni 1914.

Liebes Herz!

Beim Abschied hast Du mir halb und halb das Wort abgenommen, Dir über alles zu berichten. Halb und halb sage ich, denn ein ganzes Wort, das ein anständiger Mensch unbedingt einlösen muß, konnte ich Dir nicht geben. Kann wohl überhaupt niemand, der noch eine Spur von Schamgefühl in sich hat. Lache um des Himmels willen nicht, wenn ich schon bei den ersten Zeilen stolpere und zu philosophieren beginne. Denn wird die Frage gestellt: alles oder nichts, so sage ich, ohne mich zu besinnen: nichts. Und zwar, weil man ohne einen Rest, der einem allein gehört, nicht vor sich und Gott bestehen kann. Mag sein, daß es Menschen gibt, zu jeder Stunde bereit, sich bis aufs Hemd zu entkleiden. Und wie sollte ich gerade jetzt, da bei mir und den Meinen die Dinge bis zu einem, oder sage: ich nicht richtiger, bis zu dem kritischen Punkte gediehen sind, jene Mitteilsamkeit aufbringen, wie Du von mir gefordert hast. Ich mache Dir beileibe nicht den Vorwurf der Neugier, weiß, daß Deine Freundschaft und Neigung zu mir selbstlos ist. Du meinst, es müßte mich in meinem Widerspruchsvollen Zustand erleichtern, einem gleichgestimmten Wesen mein Herz auszuschütten. Und darin magst Du recht haben. Denn ich fühle mich in dieser großen Abgeschiedenheit noch einsamer, weil Vaters und, Mutters sorgenvolle Blicke beständig auf mir ruhen, weil ich ihre unausgesprochenen Forderungen beständig höre, und weil ich zu stolz bin, diese Selbstdemütigung meiner Eltern zu ertragen. Vater, der immer gewohnt ist zu befehlen, stößt bei mir auf einen Widerstand, der ihn erbittert. Dabei möchte er sich eher die Zunge abbeißen, als daß er mir ein Wort sagte. Und Mutter, ach Mutter ist jammervoll, hat immer Wasser in den Augen und begreift mich nicht, versteht oder will nicht verstehen, siehst Du, liebes Kind, nun muß ich mitten im Satze abbrechen. Familienintimitäten soll man nicht auspacken. So etwas ist immer unsauber. Also mit dem Herzausschütten ist es vorbei. Es geht einfach nicht. Willst Du Wetterberichte haben, gut. Und bin Dir doch für die Anregung dankbar. Bis aufs I-Tüpfelchen will ich berichten, und hätte es keinen anderen Sinn als den, mich durch eine reinliche Auseinandersetzung zu erleichtern. Nur werden diese Briefe niemals befördert werden. Schreiberin wird sie zu guter Letzt in ein Bündel schnüren und in die unterste Lade schließen. »Nach meinem Tod« zu verbrennen« usw.

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