Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane - John F. Beck - E-Book
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Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane E-Book

John F. Beck

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: Bancrofts wilde Söhne (John F.Beck) Der Weg des Banditenjägers (John F.Beck) Im Schatten der Mörder-Ranch (Pete Hackett) Die Lassomannschaft (Larry Lash) Die Indianerin (Thomas West) Berglöwen (Glenn Stirling) Bis zum letzten Hemd (Jasper P. Morgan) Die Suche nach seinem verschwundenen Sohn führt Dawson Logan zu Joshua Brent, einem Verbrecher. Der hält Kirby Logan fest und fordert von Dawson, dass er vier Männer aufspürt, die aus dem Staatsgefängnis ausgebrochen sind. Aus Angst um seinen Sohn muss Logan auf die Forderung eingehen.

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John F. Beck, Thomas West, Pete Hackett, Larry Lash, Glenn Stirling, Jasper P. Morgan

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Inhaltsverzeichnis

Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane

Copyright

Bancrofts wilde Söhne

Der Weg des Banditenjägers

Im Schatten der Mörder-Ranch

Die Lassomannschaft

​Die Indianerin

Berglöwen

Bis zum letzten Hemd

Die Coltschwinger kommen: Extra Western Sammelband 7 Romane

John F. Beck, Thomas West, Pete Hackett, Larry Lash, Glenn Stirling, Jasper P. Morgan

Dieser Band enthält folgende Western:

Bancrofts wilde Söhne (John F.Beck)

Der Weg des Banditenjägers (John F.Beck)

Im Schatten der Mörder-Ranch (Pete Hackett)

Die Lassomannschaft (Larry Lash)

Die Indianerin (Thomas West)

Berglöwen (Glenn Stirling)

Bis zum letzten Hemd (Jasper P. Morgan)

Die Suche nach seinem verschwundenen Sohn führt Dawson Logan zu Joshua Brent, einem Verbrecher. Der hält Kirby Logan fest und fordert von Dawson, dass er vier Männer aufspürt, die aus dem Staatsgefängnis ausgebrochen sind. Aus Angst um seinen Sohn muss Logan auf die Forderung eingehen.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

Bancrofts wilde Söhne

Western von John F. Beck

Der Umfang dieses Buchs entspricht 127 Taschenbuchseiten.

Die Söhne von Tom Bancroft spielen ein falsches Spiel. Sie beschuldigen Chad, den ehemaligen Sattelgefährten ihres Vaters, des Mordes und des Diebstahls von 40 000 Dollar. Tom Bancroft glaubt seinen Söhnen, und für Chad Kelly geht es plötzlich um den eigenen Hals.

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1

Mit schussbereiten Gewehren duckten sich die Männer hinter den Felsblöcken am Schluchteingang. Schweiß perlte auf ihren angespannten Gesichtern. Die Dunkelheit vor ihnen war von einer tödlichen Drohung erfüllt. Das ferne Geheul eines Coyoten klang wie Hohngelächter. Jim McDunn, der große blonde Vormann der Bancroft-Ranch, warf einen düsteren Blick auf die mit Geld gefüllten Satteltaschen neben dem nur noch schwach glosenden Feuer.

„Gib dir keine Mühe, Jefford!“, rief er. „Ich weiß, dass du mit deinen Killern dort draußen herumschleichst. Ihr verdammten Kerle seid hinter uns her, seit wir Silver City verlassen haben. Aber ihr werdet uns nicht erwischen. Wir pumpen jeden voll Blei, der sich näher als zehn Yard an uns heranwagt.“

Stille. Der Coyote war verstummt. Die Nacht glich einer schwarzen, erdrückenden Mauer, die sich immer enger um das einsame Camp schloss. Dann kam ein leises Lachen aus der Finsternis.

„Nervös, Vormann? Keine Bange, wir wollten nicht eure Skalps, sondern nur das Geld. Rück den Zaster ‘raus, dann verschwinden wir.“

„Den Teufel tu ich!“ McDunns lassonarbige Fäuste umspannten hart die Winchester 73. „Komm her, wenn du die Dollars willst. Dann wirst du schon sehen, was dir blüht.“

„Wünsch dir das lieber nicht, Kuhtreiber. Keiner von euch würde es überleben. Binde die Taschen mit dem Geld auf ein Pferd und schick es zu mir herüber. Was sind schon vierzigtausend Piepen gegen euer Leben, he?“

Das erneute spöttische Lachen zerrte an den Nerven der Bancroft-Reiter. Larry, Tom Bancrofts jüngster Sohn packte den großen Vormann am Arm. „Jefford blufft nicht! Der ist in ganz New Mexico bekannt dafür, dass er nie mit leeren Händen abzieht. Der hat bestimmt noch irgendeinen verdammten Trumpf im Ärmel. Tu, was er verlangt, Jim! Gib ihm das verfluchte Geld!“

McDunns hartliniges, verwittertes Gesicht zuckte herum. „Bist du verrückt? Dein Glück, dass der Boss dich nicht hört! Wenn Jefford, dieser Bastard, das Geld für die zweitausend verkauften Longhorns kassiert, würde das den Ruin für eure Ranch bedeuten. Menschenskind, Larry, es geht nicht um ein paar lumpige hundert Dollar, sondern um die runde Summe von vierzigtausend! Jahrelang hat euer Vater auf dieses Geld gewartet, um die Ranch endlich richtig hochzubringen.“

„Zum Teufel mit der Ranch!“, knurrte Larrys älterer Bruder Jess, ein hagerer Mann mit einer Narbe auf der linken Wange. „Ich kann das nicht mehr hören. Immer geht es nur um die Ranch, um die verdammten Rinder! Wir hatten ja nicht mal Zeit, in Silver City tüchtig auf die Pauke zu hauen. Nein, wir mussten gleich wieder in die Sättel, kaum dass wir die Herde verkauft hatten. Damit Dad nur ja nicht zu lange auf uns warten muss – oder vielmehr auf den Zaster. Die Ranch hochbringen? Noch mehr Weideland und Kühe? Ich hab die Schnauze voll davon. Ich denk nicht dran, dafür meinen Skalp gegen Ringo Jefford und seine Bande zu riskieren.“

McDunns Mundwinkel verkniffen sich. Er starrte die Söhne seines Ranchers brennend an. „Verdammt noch mal, für wen macht der Boss denn das alles? Für wen rackert er sich die Seele aus dem Leib, he? Habt ihr vergessen, dass die Ranch, das Land, die Rinder eines Tages euch und eurem Bruder Will gehören werden?“

„Eines Tages!“ Jess Bancroft spuckte aus. „Wenn wir grau, sattellahm und halbtot geschunden sind, was? Vorausgesetzt, wir kommen hier mit heiler Haut davon. Du bist ein Narr, Jim. Du tust ja fast so, als sei es dein Zaster.“

„Ich hab hier das Kommando. Der Boss verlässt sich darauf, dass ich den Herdenerlös auf den Cent genau bei ihm abliefere. Jefford bekommt die Bucks nur über meine Leiche.“ Sein Blick bohrte sich wieder in die Dunkelheit. „He, Jefford, du Hundesohn, du wartest umsonst. So billig bekommst du die Beute nicht.“

Ringo Jeffords lässige Stimme klang jetzt eine Spur schärfer. „Wie du willst, Cowboy. Vorwärts, Amigos, beweisen wir diesem Strohkopf, dass er keine Chance hat.“

Verschwommene Geräusche sickerten aus der Nacht: Hufgestampfe, Leder knarrte, das Klirren von Metall. McDunn schob entschlossen den Winchesterlauf über eine Felskante.

„Lasst sie ‘rankommen! Schießt erst auf mein Zeichen! Nur ruhig, Jungs, wir haben genug Munition, um einen ganzen Indianerstamm aufzuhalten.“

Die Männer atmeten gepresst. Anfangs waren die Bewegungen in der Finsternis vor ihnen mehr zu ahnen, als richtig zu sehen. Dann schälten sich allmählich schwarze Reitergestalten aus der Nacht. Die Banditen ritten lässig und ohne auf Deckung zu achten heran, so, als könnte ihnen keine Kugel etwas anhaben.

„Jetzt!“, zischte der Vormann. „Gebt es ihnen!“

Die Finger an den Abzugsbügeln krümmten sich. Es klickte nur metallisch. Einer der Cowboys fluchte erschrocken. Ein Zucken jagte über McDunns Miene. Blitzschnell betätigte er den Repetierbügel, zielte auf den vordersten schemenhaften Reiter und drückte wieder ab. Nichts!

Jeffords spöttisches Gelächter erfüllte die Nacht. Keuchend warf sich McDunn herum. „Zu den Pferden!“

„Zu spät!“, meldete sich Jess‘ eisige Stimme beim Feuer. „Du hättest tun sollen, was Larry dir vorschlug. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, Jim.“

McDunn und die beiden anderen Cowboys der Bancroft-Ranch starrten den hageren Ranchersohn in fassungslosem Entsetzen an. Jess hatte einen Fuß auf die prall mit Geldscheinen gefüllten Ledertaschen gestellt. Er hielt die Winchester im Hüftanschlag. Die Mündung deutete auf den Vormann. Im blass-roten Schein der niedrig züngelnden Flammen glich Jess‘ von Narben gezeichnetes Gesicht mit den tiefliegenden Augen einer Teufelsmaske. Larry trat neben ihn. Sein junges bleiches Gesicht war von derselben grausamen Entschlossenheit erfüllt wie die Miene seines Bruders.

„Nein!“ Das Wort kam wie ein heiseres Stöhnen aus McDunns Kehle. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. „Um Himmels willen, Jungs, ihr könnt doch nicht …“

„Doch, Jim!“, unterbrach Jess ihn hart. „Wir haben die Patronen in euren Gewehren präpariert, und wir werden auch dafür sorgen, dass niemand erfährt, was hier geschehen ist …“

Ehe McDunn eine Bewegung machen konnte, stach ein Feuerstrahl aus Jess Gewehr. Der Vormann prallte rücklings gegen die Felsendeckung. Die Winchester entglitt ihm. Ächzend presste er beide Hände gegen die Brust. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor. Jess schoss nochmals, und McDunn stürzte, als sei ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Der Mann rechts von ihm hatte seinen Karabiner weggeworfen und versucht, den Revolver zu ziehen. Jetzt fiel er ebenfalls. Steif wie ein Brett kippte er vornüber. Larry Bancrofts Kugel hatte ein hässliches Loch in seine Stirn geschlagen.

Der dritte Weidereiter rettete sich mit einem verzweifelten Sprung in die Dunkelheit auf der anderen Seite der Felsklötze. Aber das Klappern der Hufe auf dem steinigen Grund war schon zu nahe. Jess schrie: „Aufgepasst! Lasst ihn nicht entkommen, sonst fliegt alles auf!“

Pferde wieherten und schnaubten, Steine kollerten, dann ging alles im Krachen mehrerer Revolver unter. Der langgezogene Schrei dazwischen klang nur wie ein schwaches fernes Echo. Gleich darauf zügelte Ringo Jefford seinen hochbeinigen Rapphengst neben dem niedrigen Campfeuer. Mit seinem dunkel gestreiften Anzug, der Kragenschleife und dem flachkronigen schwarzen Hut sah Jefford wie ein Berufsspieler aus. Ein 38er Remington Revolver ruhte in seiner nervigen Rechten. Sein schmales, gut geschnittenes, aber kaltes Gesicht zeigte keine Regung. Nur das Funkeln in seinen dunklen Augen schien sich zu verstärken, aber daran konnten auch die Flammen schuld sein.

„Erledigt!“, sagte er knapp. „Habt ihr das Geld?“

Jess schwang die prall gefüllten Ledertaschen auf die Schulter. Die Narbe auf seiner Wange leuchtete wie ein Kreidestrich. Ein wildes Grinsen spannte seine dünnen Lippen. „Genug für uns alle! Wir werden uns drüben in Mexiko verdammt schöne Tage machen, was, Ringo? Larry und ich kehren nie mehr auf die Ranch zurück. Kein Mensch wird ahnen, dass Tom Bancrofts Söhne mit der berüchtigten Jefford-Bande unter einer Decke stecken.“

Er lachte rau und laut. Die kaltäugigen, schwerbewaffneten Reiter, die hinter Jefford zwischen den Felsen auftauchten, grinsten. Lässig hob der schlanke, dunkel gekleidete Bandenboss die Schultern.

„Worauf wartet ihr noch? Steigt auf die Pferde. Wir teilen erst, wenn wir auf der anderen Seite der Grenze sind.“

2

„Chad!“ Der verzweifelte Aufschrei der jungen, schwarzhaarigen Frau hallte in den hitzeflimmernden Hügeln, die sich rings um die kleine Ranch ausdehnten. Keuchend versuchte sich die hübsche Mexikanerin aus dem Griff der harten Fäuste zu befreien. Doch der hochgewachsene wie ein Cowboy gekleidete Mann, dessen Wangen von blonden Bartstoppeln bedeckt waren, lachte nur heiser. Wilde Gier glitzerte in seinen graugrünen Augen.

„Da hab ich ja ‘ne richtige kleine Wildkatze erwischt, was? So viel Feuer im Blut, das gefällt mir, Muchacha. Warte, ich werde dich schon zähmen, du Biest! Versuch nur ja nicht, mir die Augen auszukratzen, sonst holt dich der Teufel!“

Seine Fäuste umklammerten die Handgelenke der jungen Frau wie Schraubstöcke. Er presste sie heftig an sich. Die Nähe ihres biegsamen, sich windenden Körpers machte ihn noch verrückter. Unter seinen Stiefeln knirschten die Scherben des Tonkrugs, mit dem die Mexikanerin ihm zuvor frisches, klares Quellwasser zum Trinken angeboten hatte. Der staubbedeckte Cayuse des Blonden war hastig an einem Vordachpfeiler des niedrigen, mit Erdschollen gedeckten Ranchhauses festgeleint.

„Chad!“, schrie die Frau wieder.

Ihre Gegenwehr erlahmte allmählich. Entsetzen flackerte in ihren mandelförmigen braunen Augen.

„Schrei nur!“, keuchte der Halunke, während er ihre Arme nach hinten zwang. „Er hört dich ja doch nicht. Er ist irgendwo weit draußen auf der Weide. Seine verdammten Rinder gehen ihm ja über alles, genau wie meinem Oldman. Gib es auf, Puppe! Hier sind wir ganz allein und niemand.

„Irrtum, Will! Wenn du sie nicht auf der Stelle loslässt, schieße ich dir eine Kugel durch den Kopf, ohne dass es mir hinterher leid tut!“

Die metallisch klingende Stimme riss Tom Bancrofts zweitältesten Sohn herum. Der große, breitschultrige Mann, dessen wettergegerbtes Gesicht auf kein bestimmtes Alter schließen ließ, war lautlos wie ein Indianer zwischen den Kreosotbüschen an der Hüttenecke aufgetaucht. Das gleißende Sonnenlicht versilberte den langläufigen Frontiercolt in seiner rechten Faust. Der Mann stand so unbeweglich wie ein Felsblock, und genauso hart und unerschütterlich wirkte er auch. Eiseskälte schimmerte in seinen blauen Augen.

„Du hast geglaubt, ich merke nicht, wie du schon seit Tagen hinter mir her spionierst, Will, was? Als ich heute deine Fährte auf meinem Land entdeckte, da wusste ich, wohin du reiten würdest. Ich kenne dich doch, dich und deine Brüder! Weiß Gott, euer Vater hätte bessere Söhne verdient! Lass Conchita endlich los, wenn du nicht willst, dass ich abdrücke!“

Will Bancroft wirbelte halb herum, so dass die Frau, die er noch immer festhielt, zwischen ihm und dem Mann mit dem Colt stand. In seinem hageren Gesicht zuckte es.

„Das wagst du nicht, Kelly!“, keuchte er. „Du kennst meinen Vater. Er würde dich am nächstbesten Ast aufknüpfen lassen, auch wenn ihr mal Seite an Seite geritten seid. Steck das verdammte Schießeisen weg, Kelly. Du erreichst ja doch nichts damit.“

Chad Kelly atmete tief durch. Das schweißüberströmte verkniffene Gesicht des Schurken, der die junge Mexikanerin als Schutzschild vor sich hielt, brannte sich unauslöschlich in sein Gehirn. Die backofenheiße Stille über der kleinen Ranch wurde zur drückenden Last. Mit einer zähflüssigen Bewegung schob Chad den 45er Colt ins Holster, das er wie die meisten Rindermänner hoch an der Hüfte trug.

„Du hast recht, Will“, sagte er schwer. „Du bist es nicht wert, dass deinetwegen meine Freundschaft mit Tom in die Brüche geht. Ich brauche keinen Colt, um mit dir fertig zu werden.“

Mit steinerner Miene ging er langsam auf den jungen Bancroft zu. So groß und schwer er auch wirkte, seine Bewegungen besaßen die Geschmeidigkeit eines Löwen. Statt der landesüblichen hochhackigen Boots trug Chad Kelly Stiefel mit flachen Absätzen ohne Sporen. Eine Weile war nur das Malmen des heißen Sandes unter seinen Sohlen zu hören. Will stieß die Frau plötzlich heftig zur Seite. Seine Rechte senkte sich klauenartig über den Revolverkolben. Die Waffe hing tief auf seinem Oberschenkel, genau wie bei seinen Brüdern Jess und Larry. Chad wusste, dass Bancrofts Söhne sich nicht zu Unrecht eine Menge auf ihre Schießfertigkeit einbildeten. Aber das zählte jetzt nicht, nicht nach allem, was hier geschehen war. Unbeirrt ging er weiter auf den langsam Zurückweichenden zu.

„Mach keinen Quatsch, Kelly! Bleib stehen! Ich warne dich!“

Die Worte schienen an einem Felsen abzuprallen. Nie hatte Will Bancroft ein so steinernes, unheimliches Antlitz gesehen. Ob er wollte oder nicht, er wich vor dem Herankommenden immer weiter zurück, bis er das Rundholz eines Stützpfeilers zwischen den Schulterblättern spürte. Da erst erwachte Will aus seiner Trance.

„Zum letzten Mal, Kelly: Bleib mir vom Leib!“ Seine Rechte schraubte sich um den Revolvergriff.

„Chad!“, rief Conchita mit zitternder Stimme. Sie wollte zu ihrem Mann laufen.

„Bleib, wo du bist!“ Der ungewohnt scharfe Ton bannte sie fest. Für einen Augenblick hatte sie das Gefühl, dass dort ein Fremder auf Will Bancroft zumarschierte, ein Mann ohne Nerven, ohne Mitleid, eine furchteinflößende Gestalt.

„Narr, verdammter!“, knirschte Will. Sein Sixshooter flog aus dem Holster, so schnell, dass das Auge kaum folgen konnte.

Chad war schneller. Aus dem sonst eher ein wenig schwerfälligen Smallrancher war plötzlich ein katzenhaft geschmeidiger Kämpfer geworden. Sein Colt blieb an seinem Platz. Stattdessen zuckte Chads linke Stiefelspitze hoch und erwischte Wills Handgelenk. Der Ranchersohn brüllte, mehr vor Wut, als vor Schmerz, als seine Waffe in hohem Bogen davonwirbelte. Dann blieben ihm die Flüche in der Kehle stecken. Chad war bei ihm, und seine schwieligen, harten Fäuste besaßen die Wucht von Dampfhämmern.

Bancroft flog wie ein Stoffbündel mehrere Schritte weit in den Sand des Ranchhofes. Keuchend wälzte er sich herum, kam mit hassverzerrter Miene auf die Beine – und wurde schon wieder getroffen, dass ihm Hören und Sehen verging. Als er diesmal mühsam den Kopf hob, waren Chads staubverkrustete Stiefel dicht vor ihm. Langsam tastete sich Wills flackernder Blick an der reglosen Gestalt seines Feindes hoch.

„Nur weiter!“, sagte Chad kalt. Nicht einmal sein Atem ging schneller, und seine Fäuste hingen locker herab. „Wenn ich mit dir fertig bin, du Lump, wirst du dich hüten, jemals wieder deine dreckigen Pfoten nach meiner Frau auszustrecken. Los, worauf wartest du? Wolltest du mich nicht töten?“

Wills Revolver lag nur wenige Schritte entfernt am Boden. Bancrofts Sohn schleuderte sich herum, streckte die Hand nach der Waffe aus. Mordgier glühte in seinen Augen. Wieder kam Chad ihm zuvor. Sein Stiefeltritt warf Will über den im Staub liegenden Revolver. Im nächsten Moment hatten sich Chads Hände in das Baumwollhemd des jungen Burschen gekrallt. Scheinbar ohne jede Mühe riss er ihn hoch. Ihre Gesichter waren einander ganz nahe. In diesem Augenblick war Will nahe daran, vor Schreck laut aufzuheulen.

Da klang dumpfer Hufschlag hinter dem Smallrancher auf. Conchita stieß einen leisen Schrei aus. Bancroft krächzte: „Jetzt bist du geliefert, Kelly! Jube, Ben, Cole, los zum Teufel, schnappt ihn euch! Macht ihn fertig!“

Chad Kelly stieß Will so hart zurück, dass er wieder im Staub landete. Geduckt fuhr der breitschultrige Rinderzüchter herum. Reiter mit breitrandigen Hüten, dornenzerkratzten Chaps und flatternden Halstüchern jagten auf zottigen Pferden heran, als wollten sie ihn unter den Hufen zermalmen. Zweien von ihnen konnte Chad ausweichen, der Gaul des dritten rammte ihn. Chad stürzte, spürte Sandkörner zwischen den Zähnen und einen dumpfen Schmerz an der rechten Schulter. Er wollte hoch, aber da waren sie schon über ihm. Wie Raubkatzen waren sie von den Sätteln auf ihn herabgesprungen.

Ringsum wallte Staub, stampften Hufe, wieherten Pferde. Chad sah die verzerrten rauen Gesichter wie durch Nebelschwaden. Wütend schlug er um sich. Conchita schrie, doch ihre Stimme wurde von Wills hasserfülltem Gelächter übertönt.

„Nur nicht so zimperlich, Jungs! Gebt es ihm tüchtig! Er hat‘s verdient!“

„Schluss, verdammt nochmal!“ Die peitschende befehlsgewohnte Stimme trieb die Kerle auseinander. Hufe schaufelten näher. „Will, zum Teufel, was geht hier vor?“

Chad blutete aus mehreren Schürf- und Platzwunden, aber er fühlte keinen Schmerz. Seine zornige Erregung klang nur langsam ab. Er musste sich erst den Staub und Schweiß aus den Augenwinkeln wischen, ehe er den hageren, hoch im Sattel aufgerichteten Mann richtig sah. Tom Bancrofts Söhne hatten mit ihrem Vater nur der Gestalt nach Ähnlichkeit. In seinem kantigen Ledergesicht gab es kein wildes, raubtierhaftes Lauern. Seine hellgrauen durchdringenden Augen waren frei von jeder Hinterhältigkeit. Sein schmaler Mund verriet Härte, doch da waren auch Spuren von Bitterkeit und Einsamkeit, die in den messerscharfen Falten seines Gesichts nisteten. Es war lange her, dass Chad mit diesem um zwanzig Jahre älteren Mann Bügel an Bügel geritten war, aber nichts aus jener Zeit, als sie noch frei wie der Wind gelebt hatten, war vergessen. Vor allem jener Tag nicht, an dem Tom Bancroft seinen jungen Sattelpartner unter Einsatz des eigenen Lebens aus der Umzingelung einer skalphungrigen Apachenbande herausgehauen hatte. Jetzt blickte er Chad nur flüchtig an, um sich zu überzeugen, dass ihm nichts weiter passiert war.

„Hast du Dreck in den Ohren, Will? Ich hab dich was gefragt!“ Es war die herrische Stimme eines Mannes, der sich daran gewöhnt hatte, dass andere sich vor ihm duckten – auch seine eigenen Söhne.

Will wischte erst mit dem Handrücken über die aufgeplatzten Lippen, ehe er brummig antwortete. „Höchste Zeit, Dad, dass Kelly mal auf seine richtige Größe zurechtgestutzt wird und begreift, wer die wahren Herren in diesem County sind! Der glaubt schon lange, sich weiß der Kuckuck was herausnehmen zu dürfen, nur weil ihr mal zusammen geritten seid. Verdammt, was der sich nur einbildet! Er hat mich angegriffen, Dad, grundlos, nur weil ich auf seine Ranch kam, um mir ‘nen Schluck Wasser von seiner Frau zu erbitten.“

„Er lügt, Señor!“, rief Chads mexikanische Frau atemlos.

Bancrofts Sohn lachte rissig. „Sie passen gut zusammen, was? Aber du wirst einer lausigen Greaserin bestimmt nicht mehr glauben als deinem eigenen Sohn, oder?“

Das Schimpfwort war kaum über seinen Lippen, da fuhr Chad mit geballten Fäusten herum. Er erstarrte, als Jube Dwyer, einer von Bancrofts rauen Weidereitern, seinen Colt aus nächster Nähe auf ihn richtete. Der untersetzte, stiernackige Mann grinste drohend.

„Reg dich bloß nicht auf, Kelly. Ich bin einer Meinung mit Will. Ich halte nichts von Kerlen, die sich ‘ne Mex als Frau heimholen und dann auch noch so tun, als seien sie was Besseres. Du brauchst nur einen falschen Atemzug zu tun, dann brenne ich dir ‘nen Stempel auf, den du dein Leben lang nicht mehr loswirst.“

„Den Teufel wirst du tun, Jube!“, rief Bancroft schneidend. „Steck dein Schießeisen weg, wenn du nicht willst, dass ich dir mein Lassoende überziehe!“

Als er seinen Rotfuchs in Bewegung setzte, beachtete er Jube Dwyer schon nicht mehr. Er wusste genau, dass es keinen Mann in seiner Crew gab, der es darauf ankommen ließ, dass er einen Befehl wiederholte. Er zügelte sein Pferd vor Will und starrte finster auf ihn hinab.

„Sei froh, dass ich jetzt keine Zeit habe, mich näher mit dir zu befassen. Aber die Unterhaltung darüber, was hier passiert ist, ist nur aufgeschoben. Nein, sag jetzt nichts. Fang nicht wieder zu lügen an. Ich kenne dich, und ich kenne Chad. Heb deinen Revolver auf, hol dein Pferd her, und steig auf. Wir reiten auf der Fährte der Jefford-Bande.“

„Was ist passiert?“

„Jefford hat das Geld für die Herde, die McDunn in Silver City in meinem Auftrag verkaufte“, erwiderte Bancroft dumpf. „McDunn, Wallace und Harper sind tot. Ich habe Brandon nach ihnen ausgeschickt, als sie zu lange ausblieben. Er hat sie gefunden, oder vielmehr das, was die Geier und Coyoten von ihnen übrig gelassen haben. Jess und Larry sind verschwunden. Den Spuren nach hat Jefford, dieser blutige Schuft, sie als Geiseln mitgenommen. Ja, verdammt noch mal, während du hier draußen auf Chads Ranch herumstrolchtest, musste ich alle Hebel in Bewegung setzen, um einen Verfolgertrupp in die Sättel zu bringen. Wer weiß, ob wir Jeffords Vorsprung je aufholen. Aber ehe ich Chad bitte, mitzukommen, wirst du dich gefälligst bei ihm und seiner Frau entschuldigen!“

Will wechselte die Farbe, schluckte und murrte: „Wüßte nicht, was Kelly mit unserer Jagd auf Jefford zu tun hat.“

„Nein? Dann will ich es dir sagen.“ Mit gefährlich funkelnden Augen beugte sich Bancroft auf seinem Pferd vor. „Ganz New Mexico weiß, was Ringo Jefford für ‘n gerissener Hundesohn ist. Ich bin leider nicht mehr jung genug, um es allein mit ihm aufzunehmen.“

„Du hast mich, Jube und die anderen. Wir sind alle verdammt fix mit den Kanonen. Was, Jungs?“

„Großartig, ja!“ Bancroft lachte ächzend. „Wenn es irgendein Problem gibt, dann bist du gleich mit der Kanone da! Das ist alles, was du kannst, außer Schürzen jagen und lügen! Aber um mit Jefford fertig zu werden, um ihm das Geld abzujagen und deine Brüder herauszuhauen, bedarf es mehr als eines Dutzends schneller Schießeisen, du Narr! Da gehört ein Mann her, der nicht nur mit dem Colt, sondern auch mit seinem Verstand umzugehen weiß, ein Mann, der sich auf Spuren versteht wie ‘ne Rothaut. Ich kenne keinen besseren Hombre für diesen Höllenjob als meinen ehemaligen Sattelpartner Chad Kelly. Und deshalb, mein Junge, wirst du dich auf der Stelle bei ihm entschuldigen.“

Mit zuckenden Mundwinkeln trat Will einen Schritt zurück. „Wenn du willst, dass Kelly mitreitet, dann streich mich von deiner Liste!“

Bevor die meisten begriffen, was geschah, hatte Bancroft das zusammengerollte Lasso von seinem Sattel losgemacht. Der blitzschnelle wuchtige Hieb traf Will quer übers Gesicht. Die Haut platzte auf. Der Sohn des Ranchers stürzte zu Boden. Kein Klagelaut kam zwischen seinen zusammengepressten Zähnen hervor.

Mit unbewegter Miene hängte Bancroft das Seil an den Sattel zurück, wendete seinen Rotfuchs und ritt zu Chad. „Ich entschuldige mich für ihn“, sagte er mit Überwindung. „Ich hoffe, dass eines Tages doch noch ein richtiger Mann aus ihm wird, vielleicht wenn wir die Jagd auf Jefford zu Ende gebracht haben. Chad, du weißt nun, um was es geht. Ich bin kein Mann der vielen Worte. Wenn ich sage, dass ich nur mit dir eine Chance habe, die vierzigtausend Dollar und meine Jungs zurückzuholen, dann meine ich das auch so.“

Jube Dwyer und die anderen Bancroft-Cowboys waren wieder aufgesessen. Insgesamt waren es zehn Mann, die der Rancher zusammengetrommelt hatte. Jeder trug einen Revolver am Gürtel und ein Gewehr im Sattelfutteral. Außerdem führten sie Lastpferde mit, die mit wetterfest verpackten Bündeln beladen waren. Alle Männer blickten abwartend auf Chad.

„Bist du sicher, Tom, dass Jess und Larry bei Jefford sind?“, fragte dieser.

Bancroft nickte. „Sonst würde ich meine Ranch nicht im Stich lassen. Du weißt, was sie mir bedeutet. Aber eher geht hier alles zum Teufel, bevor ich meine Jungs der Willkür eines Hundesohns wie Ringo Jefford überlasse! Zugegeben, Jess und Larry sind wilde Burschen, die mir schon ‘ne Menge Ärger bereitet haben. Aber das zählt nicht mehr, wenn es um ihr Leben geht. Verstehst du, Chad? Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir dürfen Jefford und seine Schießer nicht zur Ruhe kommen lassen. Wenn diese Kerle erst das Gefühl haben, in Sicherheit zu sein und ihre Geiseln nicht mehr zu benötigen, dann werden sie kurzen Prozess mit Jess und Larry machen.“

Bancrofts sonst so kühle, überlegen blickende Augen flackerten wie im Fieber. Seine knochigen Hände kneteten vor Ungeduld die Zügel. Conchita lief zu ihrem Mann und schlang einen Arm um ihn.

„Jefford ist der gefährlichste Bandit von New Mexiko. Reite nicht mit, Chad. Du hast nichts damit zu tun. Lass mich nicht allein. Señor Bancroft, Sie haben genug Männer, die Ihnen helfen werden, Jefford zur Strecke zu bringen. Sie sind reich und mächtig.“

Der hagere Rancher lachte bitter auf. „Reich? Ich bin ein armer Mann, wenn es mir nicht gelingt, diesen Schurken mein Geld wieder abzujagen! Ich wäre nicht hier, wenn ich Chad nicht wirklich brauchte. Ich streite nicht ab, dass es ein gefährlicher Ritt wird. Chad wird dennoch mitkommen. Er weiß, warum.“

Die braunen Mandelaugen der jungen Frau richteten sich mit einem flehenden Ausdruck auf das ernste Gesicht Kellys. Der breitschultrige Mann nickte langsam. „Er hat recht, Querida. Ich stehe in seiner Schuld. Ohne ihn hätten mich längst die Geier gefressen.“

„Ich habe dich nie daran erinnert, Chad“, sagte Bancroft heiser. „Ich werde es auch nie wieder tun. Nur dieses eine Mal!“

„Schon gut, Tom. Ich komme mit. Ich hole nur noch mein Pferd.“

3

Das Trommeln der Hufe jagte die im Schatten einer Felswand dösenden Banditen von ihren Plätzen hoch. Von einem Augenblick zum anderen war jegliche Müdigkeit von ihnen abgefallen. Es war die eingefleischte Reaktion von wildniserfahrenen, gefährlich lebenden Männern, dass ihre Fäuste wie der Blitz zu den tiefhängenden Revolvern fuhren. Da bog der drahtige Reiter schon um eine Felsecke. Er zügelte sein Pferd so hart, dass die wie zum Sprung geduckten Kerle in eine Staubwolke gehüllt wurden.

„Sie kommen! Sie sind hinter uns her!“

Die Halunken starrten den jungen Larry Bancroft so finster an, als gehörte auch er zu den Männern auf ihrer Fährte. Auf Larrys sonst eher fahlem mageren Gesicht brannten rote Flecken. Jefford nahm lässig seinen schwarzen dünnen Zigarillo aus dem Mund und spuckte in den heißen Staub.

„Wer, verdammt noch mal?“

„Wer schon!“, schnaubte der junge Reiter aufgeregt. „Unser Alter natürlich! Und er hat ‘nen Haufen Leute bei sich, mindestens zehn Mann, alle schwer bewaffnet. Will ist auch dabei. Sie reiten genau auf unserer Fährte.“

Jefford drehte sich halb. Seine spaltengen Augen funkelten zwei nebeneinander stehende Mitglieder seiner Bande an. „Smiley, Hooker, war es nicht euer verdammter Job, die Spuren zu verwischen, bis wir über der Grenze sind?“

Smiley war ein kleiner, wieselgesichtiger Bursche, um dessen dünne Lippen ständig ein hämisches Grinsen zu spielen schien. Eine Messernarbe an seinem rechten Mundwinkel war daran schuld. Hooker war ebenfalls nicht besonders groß, aber viel massiger gebaut, sein Gesicht bartumwuchert. Mit seiner platten Nase und den überlangen muskulösen Armen hatte er irgendwie Ähnlichkeit mit einem Menschenaffen. Außer diesen beiden Kerlen und den Bancrofts ritten noch die Ortiz-Brüder, das Halbblut Caddo und ein hünenhafter rothaariger Mann, den alle nur Redbull nannten, in Jeffords Killercrew.

Smileys grimassenhaftes Grinsen schien sich zu verstärken. Er zuckte die Achseln. „Du weißt, wir sind keine Greenhorns, Ringo. Wir haben getan, was in der Eile zu machen war. Stimmt‘s, Hooker?“

Der Gorillaähnliche grunzte beipflichtend. Jefford streifte wie zufällig die dunkel gestreifte Anzugjacke hinter dem Coltholster zurück. Der Kolben der Waffe war mit Perlmuttschalen ausgelegt. Jeffords verkniffenes Lächeln war eine einzige Drohung. „Ach ja? Und wie kommt es, dass Oldman Bancroft trotzdem weiß, wo wir geblieben sind, eh?“

„Wette, dass Kelly seine Finger im Spiel hat“, knurrte Jess Bancroft. „Hab ich recht, Larry?“

Der junge Mann auf dem nervös stampfenden Pferd nickte. Jeffords dünne schwarze Brauen schnellten hoch. „Wer ist Kelly?“

„Ein alter Freund meines Vaters“, antwortete Jess mürrisch. „Ein Bastard, der es im Spurenlesen mit jedem Apachen aufnimmt. Der ist imstande, eine Stecknadel im Heuhaufen zu finden, wenn man ihm genug Zeit dafür lässt. Wenn der Hundesohn mit unserem Alten reitet, wundert mich gar nichts.“

„Scheint, du kannst ihn nicht besonders leiden, wie?“

Jess rieb die Narbe an seiner Wange. „Das Ding da stammt von ihm. Er hat Larry und mich mal dabei erwischt, als wir Rinder von seinem Land treiben wollten, um sie auf eigene Rechnung in Silver City zu verschachern. Unser Alter hielt uns ja jahrelang knapp wie Kettenhunde. Da wollten wir unsere Kasse mit Kellys Longhorns aufstocken. Der Kerl erwischte uns, hielt uns seine Kugelspritze unter die Nase und zog mir die Peitsche über, als ich ihn angehen wollte. Nur um Dad zu schonen, verschwieg er die Angelegenheit. Aber seit damals steht er auf meiner Abschussliste.“

„Na, dann wird die Rechnung ja bald fällig“, lachte der hünenhafte Redbull rau. „Wir werden den Kuhtreibern ‘nen feinen Hinterhalt legen und ihnen die Lust auf Menschenjagd ein für allemal verleiden. Nicht wahr, Ringo?“

„Kommt nicht in Frage!“, brummte Jess. „Wir haben euch zwar McDunn und seine Gefährten ans Messer geliefert, aber Will ist von unserer Sorte! Und der Alte? Soll er meinetwegen mit der Ranch pleite machen, aber an seinem Tod will ich nicht schuld sein.“

„Skrupel?“, lachte Redbull. „Das ist ja ganz was Neues an dir, Jess.“

„Hör auf mit dem Quatsch! Ich meine, wir haben doch alles, was wir wollten. Mit vierzigtausend Dollar in der Tasche sollten wir keinen Kampf riskieren. Es genügt, wenn Chad Kelly auf die Nase fällt. Ohne ihn sind die anderen aufgeschmissen. Sie werden spätestens an der Grenze aufgeben.“

„Na schön, ich bin nicht scharf darauf, zu guter Letzt noch ‘ne Kugel einzufangen, wo mir doch ein Anteil an den Vierzigtausend schon sicher ist. Bleib du meinetwegen zurück und leg Kelly um, wenn du so sicher bist, dass das genügt.“

Jess grinste breit. Seine tiefliegenden Augen glühten. „Warum gerade ich? Es geht darum, unsere Beute in Sicherheit zu bringen und nicht um meine alte Rechnung mit diesem Bastard Kelly. Ich hol nicht gern für andere die Kastanien aus dem Feuer. Warum suchst du dir nicht irgendwo ‘n hübsches Plätzchen aus und knallst Kelly eine vor den Latz, wenn er angeritten kommt. Als Scout ist er der Truppe doch sicher immer ein Stück voraus, also kein Problem für dich, Redbull, alter Junge, oder?“

Der rothaarige Hüne antwortete mit einer Verwünschung. Jefford winkte ungeduldig ab. „So verlieren wir nur Zeit. Jess hat recht, ein Hinterhalt bringt uns nichts ein. Es genügt, wenn dieser Kelly in der Hölle landet. Zwei von uns bleiben zurück und besorgen das. Wir losen sie aus.“ Er zog ein Päckchen abgegriffener Spielkarten aus der Jackentasche. „Wer die beiden ersten Asse erwischt, der ist dran. Schätze, das ist fair.“

„Kommt drauf an, wie gut Kelly mit dem Colt ist“, grinste Smiley.

„Gegen eine gut gezielte Kugel von einem Felsen ist kein Kraut gewachsen“, erklärte Jefford achselzuckend. „Da ist kein großes Risiko dabei. Los, stellt euch im Halbkreis auf, damit jeder seine Karte bekommt.“

Als die Halunken richtig standen, teilte Jefford mit unheimlich flinken Fingern die Karten aus. Jeweils eine fiel zielsicher vor die Stiefelspitzen der reglosen Männer. Hooker rieb sich unbehaglich das bärtige Kinn. „Und was ist mit dir, Ringo? Warum nimmst du keine?“

Jefford hielt einen Moment inne. „Wer führt hier die Crew? Du oder ich? Ich bleibe und passe auf das Geld auf, bis es Zeit zum Teilen ist. Wenn dir daran was nicht gefällt, dann sag‘s nur.“

Smiley kicherte, und Hooker schwieg mit düsterer Miene. Ausgerechnet vor ihm landete gleich darauf das erste Ass. Hooker zuckte zusammen, starrte Jefford wild an, und seine derbe, bärtige Miene verriet nur zu deutlich seinen Verdacht. Lächelnd erwiderte der Bandenboss seinen Blick. Ein Lächeln wie das Zähnefletschen eines Tigers. Hooker sagte kein Wort, und die Karten wirbelten weiter aus Jeffords nerviger Hand. Der zweite Mann, den das Los traf, war einer der beiden Ortiz-Brüder. Juan hieß er, ein hagerer, gelbgesichtiger Mexikaner mit Sichelbart und fettigem Haar.

„Das wär‘s“, meinte Jefford ruhig und hob die Karten wieder auf. „Ihr kommt nach, wenn Kelly tot ist. Wir treffen uns jenseits der Grenze im Galgenbaum-Canyon. Noch welche Fragen? Nein? Dann in die Sättel mit euch, Compadres. Reitet auf unserer Spur zurück und sorgt dafür, dass wir von Oldman Bancroft und seinen Leuten nichts mehr hören und sehen.“

Fluchend stiefelte Hooker zu seinem Gaul. Juan Ortiz zögerte. „Ich bin dafür, dass wir gleich jetzt teilen und nicht erst auf der anderen Seite der Grenze!“, stieß er schließlich kratzig hervor.

Jeffords Lächeln war viel zu glatt und freundlich, um echt zu sein. „Wieso denn das? Traust du uns nicht, Amigo? Das ist aber gar nicht nett von dir.“

„Ich meine nur … ich denke …“

„Du sollst nicht denken, sondern Kelly eine Kugel durch den Kopf schießen. Du bekommst dein Geld schon noch zur rechten Zeit. Schließlich reitet dein Bruder Pablo mit uns weiter. Der wird schon auf deinen Anteil aufpassen.“

„Sei unbesorgt, Bruder“, murmelte der zweite Ortiz beschwichtigend. Er war genau so hager und gelbgesichtig wie Juan, trug aber keinen Schnurrbart.

Juan setzte sich jedoch erst in Bewegung, als Jeffords Hand wie zufällig die Perlmuttschalen seines tief geschnallten Revolvers streifte. Hooker saß bereits im Sattel. Missmutig blickte er Jess Bancroft an. „Wir brauchen Kellys Beschreibung. Ich möchte nicht gern mein Blei an den falschen Mann verpulvern.“

Jess lieferte ihm eine knappe, genaue Schilderung. Hooker nickte brummig, zog seinen grobknochigen Gaul herum und jagte um die Felsecke. Ortiz warf seinem Bruder Pablo noch einen beschwörenden Blick zu, ehe er ihm nachritt. Jefford wartete, bis das Hufgetrappel nur noch wie ein ferner Trommelwirbel zu hören war. Es war, als würde eine Maske von seinem ausdruckslosen Gesicht gezogen. Ein teuflisches Lächeln dehnte seine Lippen.

„Die sehen wir nicht wieder, genauso wenig wie diesen Spürhund Kelly. Ein paar Tausender mehr werden hoffentlich jedem von euch willkommen sein. Was ist, Pablo? Ist dir nicht gut, Amigo? Warum starrst du mich so an?“

Juans Bruder schluckte trocken. Sein flackernder Blick streifte über die unbewegten Gesichter der anderen Banditen. Smileys scheinbares Grinsen wirkte entnervend. Der Mexikaner keuchte: „Das ist nicht dein Ernst, Ringo. Du hast versprochen, im Galgenbaum-Canyon auf sie zu warten.“

„So? Habe ich das? Dann hab ich es mir eben mittlerweile anders überlegt, Amigo. Wir reiten nicht zum Galgenbaum-Canyon, sondern schnurgerade weiter nach Süden, Richtung Corralitos. Was dagegen?“

Pablos Stirn überzog sich mit einer öligen Schweißschicht. „Aber Juan, das Geld …“

„Meinetwegen reite alleine los und warte im Galgenbaum-Canyon auf ihn“, sagte Jefford mit plötzlicher Schärfe. „Aber der Zaster bleibt hier. Frag die Jungs, ob sie es anders wollen.“

Caddo, das Halbblut, hatte einen rasiermesserscharfen Dolch gezogen. Der dunkelhäutige, indianisch aussehende Mann prüfte grinsend die Schneide mit der Daumenkuppe. „Ich finde Ringos Idee prächtig. Ja, ich finde sogar, dass unsere Bande für vierzigtausend Bucks noch immer ein bisschen zu groß ist, zumindest um noch einen Mann. Ringo, was meinst du?“

Lächelnd zog der Bandenboss die Hand von der Waffe und verschränkte lässig die Arme vor der Brust. „Es ist eure Entscheidung, Jungs. Ich beanspruche für mich zehntausend Dollar. Ich denke, der Rest lässt sich besser durch fünf, als durch sechs teilen.“

„Genau so dachte ich es mir“, nickte der Halbindianer und ging langsam auf Ortiz zu. Gleichzeitig setzten sich Smiley und Redbull in Bewegung. Jess und Larry Bancroft tauschten einen Blick, zuckten die Achseln und verhielten sich ab wartend. Der hagere Mexikaner wich ein paar Schritte zurück und duckte sich erschrocken. Die Felswand war hinter ihm, vor ihm seine drei Kumpane. Wenn er zu den Pferden wollte, musste er an ihnen vorbei. Während sein Blick gehetzt von einem zum anderen zuckte, kroch seine rechte Hand zitternd zum Revolvergriff.

„Seid nicht verrückt, Compañeros! Lasst diesen Quatsch! Ihr wollt doch nicht …“

„Wir wollen deinen Anteil, Pablo, mein Freund“, lächelte Caddo tückisch. „Und wir wollen verhindern, dass du mit Juan und Hooker daherkommst, wenn wir in Corralitos gerade am Teilen sind. Das musst du doch verstehen, Pablo, mein Junge.“

Der Mexikaner stieß einen halb verzweifelten, halb wütenden Schrei aus und griff zum Colt. Smiley und Redbull zogen ebenfalls. Caddos Dolch zeichnete einen silbern flirrenden Strich durch die hitzegesättigte Luft. Die lange schmale Klinge durchbohrte Pablos Kehle. Gurgelnd brach der Mexikaner zusammen. Caddo wischte den Dolch an der Hose des Ermordeten ab, ehe er ihn wieder in seinen breiten Ledergurt schob.

Als er sich aufrichtete, ruhte sein Blick abschätzend auf den Bancroft Brüdern. Wie verabredet streiften Jess und Larry gleichzeitig die Sicherungsschlaufen von ihren Colthämmern. Jess knurrte drohend: „Was immer du auch jetzt denkst, Rothaut, es kommt nichts Gutes für dich dabei heraus!“

Jefford lachte leise. „Keine Sorge! Die Ortiz-Brüder waren nur deshalb im Weg, weil ihr ihren Platz einnehmen werdet. Oder hast du gedacht, das Los hat Juan ebenso wie Hooker tatsächlich nur aus Zufall erwischt? Da kennst du mich aber schlecht, Amigo. Aber keine langen Reden mehr. Wir haben genug Zeit vertrödelt. Auf die Pferde! Wenn wir scharf reiten, sind wir heute Abend schon in Mexiko.“

4

Chad Kelly blickte nicht auf, als die Reiter hinter ihm ihre Gäule zügelten. Er kauerte auf den Absätzen, die Leine seines Schwarzbraunen in der Linken. Mit den Fingerspitzen der rechten Hand betastete er vorsichtig die Ränder des Hufabdruckes, der deutlich zwischen den Felsbrocken am Fuß eines steilen Hanges eingegraben war. Der Schatten des breitrandigen verstaubten Stetsons lag über Chads angespanntem sonnenverbranntem Gesicht. Seine Stimme klang so ruhig, als würde er bei einem Glas Bier in einem kühlen dämmrigen Saloon sitzen und nicht seit achtundvierzig Stunden auf der Fährte einer Mörderbande reiten.

„Wir haben aufgeholt. Die Spur ist nicht älter als zwei Stunden.“

„Das heißt, dass wir sie bald haben – und dich nicht mehr brauchen, Kelly“, meinte eine gepresste höhnische Stimme hinter ihm. Revolverhähne knackten.

Chad machte nicht den Fehler, wild herumzuwirbeln und vielleicht sogar noch zum Colt zu greifen. In diesem Land bedrohte man einen Mann nur mit der Waffe, wenn man auch dazu bereit war, den Finger am Abzug zu krümmen. Und in so einer Situation besaß der schnellste und treffsicherste Schütze keine Chance mehr. Also erhob Chad sich langsam, spreizte die Hände vom Körper ab und drehte sich dann erst vorsichtig um.

Will Bancroft starrte ihn über den im Sonnenlicht glänzenden Lauf seines Sixshooters hasserfüllt an. Neben dem Ranchersohn saßen der gedrungene Jube Dwyer und ein fuchsgesichtiger, verschlagen wirkender Kerl namens Ben Osborne auf reglosen Pferden. Osborne war einer von denen, die Chad auf seiner eigenen Ranch überfallen hatten. Er und Dwyer, der sich etwas darauf einbildete, als Freund von Tom Bancrofts Sohn zu gelten, hielten ebenfalls die Schießeisen in den Fäusten. Vom Rest der Verfolger war nichts zu sehen, außer einem dünnen Staubschleier über einem entfernten Felsrücken. Es würde noch eine Weile dauern, bis Tom Bancroft mit seinen Männern den Vorsprung des vorausgerittenen Scouts aufgeholt haben würde. Will grinste hämisch.

„Eigentlich solltest du ja dankbar sein, dass wir dich von diesem Job erlösen. Sicher hast du schon Sehnsucht nach deiner hübschen Greaserin. Na los, Kelly, steig auf. Wir werden dich ein Stück begleiten, damit du dich auch ja nicht in der Richtung irrst.“

Chad runzelte die Stirn. „Dein Vater ist nicht so dumm, dir nicht auf die Schliche zu kommen, Will.

„Soll er doch! Ich hab es langsam satt, immer nur nach seiner Pfeife zu tanzen. Jube und Ben denken ebenso. Außerdem hat der Oldman ja doch nur Jess, Larry und das Geld im Kopf. Dem ist es im Grunde doch egal, was mit dir passiert, Hauptsache, er kommt an sein Ziel. Zwei Stunden Vorsprung für Jefford? Was ist das schon? Wir sind auch nicht von gestern. Versuch lieber erst gar nicht, wieder den Unentbehrlichen zu spielen. Ich hab die Nase voll davon, immer brav hinter dir her zu reiten. Du wirst jetzt tun, was ich dir sage, Kelly, sonst liefere ich dich mit einem Loch im Fell bei deiner mexikanischen Hure ab. Aufsteigen! Aber zuvor schnallst du dein Schießeisen ab, sonst kommst du noch auf dumme Gedanken. Versuch ja keinen faulen Dreh. Ich bin nicht mehr sehr geduldig.“

Will bluffte nicht. Seine Haltung, jede Silbe von ihm, jede Linie in seinem verkniffenen unrasierten Gesicht verrieten seinen kaum noch zu bändigenden Hass. Es war nicht nur Rachsucht, die ihn so aufpeitschte. Der tiefere Grund seines Hasses war ihm selbst sicher gar nicht bewusst: Eifersucht. Die Wut darüber, dass sein Vater so große Stücke auf Kelly hielt und ihn, Will, den eigenen Sohn, wie ein Stück Dreck behandelte. Seit ihrem Aufbruch ließ Tom Bancroft den jungen Kerl bei jeder Gelegenheit fühlen, dass er ihn für einen Versager und Taugenichts hielt, für eine Null im Vergleich zu seinem ehemaligen Sattelpartner Chad. Wills Entschlossenheit, endlich abzurechnen, galt nicht nur Chad, sondern auch seinem eigenen Vater. Das alles schoss Kelly binnen einer Sekunde durch den Kopf.

Widerwillig öffnete er die Schnalle seines Coltgurts. Gurt und Waffe klatschten auf die Erde. Chad wusste, was ihm bevorstand, wenn Will und seine Freunde sich mit ihm auf den Weg machten. Aber seine Miene blieb kalt und ausdruckslos. Noch hatten sie ihn nicht. Noch wartete er verbissen und ohne sich etwas anzumerken lassen auf eine Chance – oder wenigstens auf den Anschein einer Chance.

„Gut so“, lobte Will höhnisch. „Ich wusste ja, dass du nicht den Helden spielen, sondern vernünftig sein würdest. Steig jetzt auf. Lass die Finger vom Gewehrfutteral. Ben, Amigo, nimm du seine Winchester. Weiß der Teufel, auf was für Gedanken er sonst noch kommt. Pass auf, Ben, dass du nicht in meine Schusslinie kommst. Sieh ihn dir an, er wartet nur darauf, mir an den Kragen zu gehen, auch wenn er glaubt, ich merke das nicht.“

Will lachte aufreizend. Er wartete nur darauf, dass Chad die Nerven verlor. Aber der breitschultrige Smallrancher war nicht mehr jung und hitzig genug, sein Leben leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Es war lange her, dass er um seinen Skalp hatte kämpfen müssen. Doch die Erfahrungen von damals waren tief in ihm verwurzelt. Nur ein Mann, der eiserne Nerven behielt, hatte vielleicht die Chance, aus so einer heiklen Klemme herauszukommen. Und außerdem: Conchita wartete auf ihn!

Schweigend stieg Chad in den Sattel. Ben Osborne lenkte sein struppiges Rinderpferd neben ihn. In dem Moment als der Fuchsgesichtige die Hand nach Chads Winchester ausstreckte, peitschte auf der felsigen Höhe über ihnen ein Schuss.

Chad spürte für den Bruchteil einer Sekunde einen glühenden Luftzug am Hals. Der bösartig scharfe Knall lag ihm noch in den Ohren, da verwandelte sich Osbornes nur eine Armlänge entferntes Gesicht in eine grausige, blutüberströmte Maske. Wie der Bancroft-Reiter seitlich von seinem ausbrechenden Pferd stürzte, sah Chad schon nicht mehr. Hastig zerrte er seinen Schwarzbraunen herum. Da blitzte es droben wieder aus dem Schatten zerklüfteter Felsen.

Chad fuhr in den Bügeln hoch und griff sich mit einem heiseren Aufschrei an die Brust. Sein Pferd stürmte los. Der große breitschultrige Mann kippte wie eine Stoffpuppe aus dem Sattel, schlug dumpf in den Sand, rollte aufs Gesicht und rührte sich nicht mehr. Staub, von wirbelnden Hufen emporgerissen, wirbelte über ihn hinweg.

Will und Dwyer hatten ihre Revolver hochgeschwungen, sahen aber kein Ziel. Die nächste Kugel von der Höhe warf eine Sandfontäne vor den Hufen von Wills Pferd hoch. Der Ranchersohn riss mit verzerrter Miene den Gaul herum. „Weg hier!“, schrie er Dwyer zu.

Der gedrungene, derbgesichtige Cowboy feuerte blindlings, dann gab es nur das Dröhnen der wild davonrasenden Hufe zwischen den Felsmauern und Geröllhalden. Wie von Furien gehetzt, preschten Will und Dwyer auf ihrer eigenen Spur zurück. Danach vergingen fast drei Minuten, bis auf der Höhe über Chads reglos hingestreckter Gestalt Steine kollerten.

„Verdammt, das wäre beinahe schiefgegangen“, brummte eine raue, missmutige Stimme. „Geh hinab, Juan, und sieh nach, ob es ihn auch richtig erwischt hat.“

„Bestimmt gut genug, dass er Bancroft nicht mehr auf unsere Fährte führen kann.“

„Das will ich hoffen. Sieh trotzdem nach. Du weißt, wie Ringo reagiert, wenn es an einer Arbeit auch nur ‘n Haar auszusetzen gibt. Beeil dich, Hombre. Ich pass schon auf, dass dich keiner überrumpelt. Ich behalte den Finger am Drücker, bis du wieder hier oben bist. Los, geh schon.“

Chad verstand jedes Wort. Seine Muskeln und Sehnen spannten sich unmerklich, als er die knirschenden Tritte den Hang herabkommen hörte. Sporen rasselten dazu. Der Mann fluchte auf mexikanisch leise vor sich hin. Ein verflixt mulmiges Gefühl breitete sich in Chads Magengegend aus. Er hatte bei seinem vorgetäuschten Sturz vom Pferd versucht, möglichst nahe an seinen am Boden liegenden Coltgurt heranzukommen. Aber seiner Schätzung nach war die Waffe noch mindestens zwei Yard von ihm entfernt. Er konnte es unmöglich riskieren, den Kopf auch nur einen Zoll zu heben, über den angewinkelten Arm zu blinzeln und sich davon zu überzeugen. Die Schurken, die es auf ihn abgesehen hatten, würden bestimmt keinen Augenblick zögern, nochmals die Abzugshebel ihrer Gewehre durchzudrücken. Das waren Kerle, denen ein Menschenleben nichts bedeutete, solange es nicht ihr eigenes war. Wahrscheinlich waren ihre Schießeisen die ganze Zeit auf ihn gerichtet. Er verwünschte seine eigene Hilflosigkeit, und vor allem verwünschte er Will und Dwyer, die mir nichts, dir nichts Reißaus genommen hatten, obwohl es sich nur um zwei Gegner handelte. Für einen Mann allerdings, der sich tot stellte und außer dem Messer im Stiefel keine Waffe besaß, war schon einer dieser Banditen ein Gegner zu viel!

Die sporenklirrenden Tritte verstummten neben ihm. Chad hörte den gepressten Atem des Verbrechers. Er konnte seine Nähe förmlich spüren. Ihm war, als müsste der Halunke sehen, wie sich seine Nackenhaare sträubten, wie seine Muskeln vibrierten. Chad musste alle Willenskraft aufbieten, um sich jetzt noch nicht herumzuwerfen. Er biss die Zähne zusammen, dass die Wangenmuskeln schmerzten. Bäche von Schweiß strömten über sein halb in den Sand gepresstes Gesicht.

„Gut getroffen, Hooker“, rief der Mann neben ihm zur Höhe hinauf. „Der ist hinüber.“

„Dreh ihn um, du Narr!“, kam die wütende Antwort.

Chad spürte eine knochige, klauenartige Hand an der Schulter. Damit hatte der Mexikaner bereits den entscheidenden Fehler gemacht. In dieser gebückten Haltung konnte er unmöglich noch mit dem Gewehr auf den am Boden Liegenden zielen. Und Chad wusste genau, dass die Schufte auf diese Entfernung nicht mit Revolvern, sondern mit Karabinern geschossen hatten. Alles ging rasend schnell. Chad fühlte kaum die Berührung, da warf er sich herum.

Der Gewehrlauf war schräg über ihm. Chads Fäuste schnappten wütend zu, entrissen dem überraschten Verbrecher die Waffe und schmetterten den Kolben in das verzerrte gelbliche Gesicht. Mit einem dumpfen Aufstöhnen kippte der Kerl rücklings aus seinem Blickfeld weg. Chad rollte zwei-, dreimal um die eigene Achse, und wo er eben noch gelegen war, hieb ein Schuss von der Felskuppe in die Erde. Chad schwang das Gewehr herum, drückte den Kolben an die Schulter, sah die schattenhafte massige Gestalt zwischen den Felsblöcken auf dem Hang und den Mündungsblitz, der aus einer Pulverdampfwolke hervorglühte.

Der Karabiner in Chads Fäusten krachte um den Bruchteil einer Sekunde früher. Chad repetierte blitzschnell und jagte zwei weitere Kugeln zur Höhe hinauf, jeden Schuss je eine Handbreit links und rechts vom ersten, um eine eventuelle Ungenauigkeit der fremden Waffe auszugleichen. Die Detonationen verschmolzen zu einem einzigen lang hallenden Donnerknall.

Chad rollte weiter, hebelte die nächste Patrone in den Gewehrlauf und sprang auf. Der Kampf war bereits entschieden. Droben bei den Felsblöcken war der bärtige Hooker auf die Knie gesunken. Langsam neigte er sich vornüber, bis seine Stirn die Erde berührte, dann fiel er schwer auf die Seite. Vorsichtshalber behielt Chad dennoch den Finger am Abzug, als er zu ihm hinaufhastete. Aber der massige Verbrecher würde nie mehr einem Mann gefährlich werden. Alle drei Kugeln hatten ihn getroffen. Sein Oberkörper war blutüberströmt. Chad ließ ihn liegen. Dem Bärtigen würde es egal sein, ob er ein Grab bekam oder nicht. Bancroft mochte das entscheiden.

Als Chad zurückkehrte, kniete der sichelbärtige Mexikaner am Boden und streckte gerade die Hand nach Chads Revolvergurt aus. Bancrofts Scout richtete mit grimmiger Miene den Karabiner auf ihn. „Das würde ich an deiner Stelle hübsch bleiben lassen, Hombre!“

Erschrocken zog der Kerl die Hand zurück und stand schwankend auf. Schwergewichtig ging Chad auf ihn zu. „Wie heißt du?“

„Juan Ortiz. Hören Sie, Señor, ich verspreche Ihnen …“

„Gib dir keine Mühe. Ich werde dich nicht laufen lassen. Du hast höchstens eine Chance, wenn du mir verrätst, wo ihr euch wieder mit Ringo Jefford treffen wolltet.“

Ortiz Antwort bestand darin, dass er dem Americano hasserfüllt vor die Füße spuckte. Mit einer Mischung aus Furcht und Wut in den Augen wich er zurück. Doch Chad verzog keine Miene. Die Beleidigung eines so hinterhältigen feigen Mordschützen konnte ihn nicht treffen. Chad brauchte den Mexikaner nicht lange in Schach zu halten. In donnerndem Galopp preschten Bancroft und seine Reiter zwischen turmhohen Felsklippen hervor. Will und Dwyer ritten neben dem hageren Rancher. Ihre Gesichter verrieten nur zu deutlich die Enttäuschung darüber, dass Chad noch lebte.

Im Nu war Ortiz von den fluchenden hartgesichtigen Weidereitern umringt. Tritte und Schläge trafen ihn, so dass er zwischen den stampfenden, Staub aufwirbelnden Hufen niederstürzte. Bancroft zügelte seinen Rotfuchs vor Chad. Seine hellgrauen Augen funkelten wie Eissplitter im ledrigen Gesicht. „Was ist passiert?“

Chad blickte flüchtig auf Bancrofts Sohn und den gedrungenen Jube Dwyer, die ihn geduckt und mit verkniffenen Gesichtern anstarrten. Es hatte keinen Sinn, Tom auch noch mit seinem eigenen Ärger zu behelligen. Will und Dwyer würden ja doch alles abstreiten. Chad hob gelassen die breiten Schultern. Seine Ruhe wirkte unerschütterlich. „Hat Will es dir nicht erzählt? Wir sind in einen Hinterhalt geritten. Osborne hat es erwischt …“

Bancroft entspannte sich ein wenig, als hätte er eine andere Antwort erwartet. Er schaute Will an. „Dein Glück, dass du mich diesmal nicht belogen hast. Vergiss nur ja nie, dass Chad nicht nur mein Kundschafter, sondern auch mein Freund ist.“

Will grinste sauer, spuckte aus und lenkte seinen Gaul herum. Inzwischen waren mehrere Cowboys abgesessen, hatten Ortiz hochgezerrt und ihm die Handgelenke mit Lederriemen zusammengebunden. Bancrofts Miene vereiste, als sein Blick auf den keuchenden Gefangenen fiel. „Hängt ihn auf!“, befahl er mitleidlos.

Dies war ein Land, in dem sich jeder seine eigenen Gesetze machte, um nicht vor die Hunde zu gehen. Sicher hätte Bancroft nur verständnislos den Kopf geschüttelt, wenn Chad ihm geraten hätte, den Banditen beim nächsten Sheriff abzuliefern. Hier gab es auf hundert Meilen im Umkreis keinen Gesetzesvertreter. Und Bancroft gehörte noch zu der Sorte Männer, die dieses wilde Land erobert und halbwegs erschlossen hatten, und die daran gewöhnt waren, sich immer selbst zu ihrem Recht zu verhelfen. Keinem von Bancrofts Reitern fiel es ein, auch nur eine Sekunde lang über den Befehl ihres Bosses nachzudenken. Eine Lassoschlinge senkte sich über Ortiz‘ Kopf. Die Männer hielten Ausschau nach einem Baum.

Chad legte eine Hand auf die Kruppe von Bancrofts Pferd und blickte in das verkantete Gesicht seines ehemaligen Sattelgefährten hoch. „Tu‘s nicht, Tom. Vielleicht brauchen wir ihn noch, wenn es darum geht, deine Söhne aus Jeffords wilder Crew herauszuhauen. Jetzt ist er noch verstockt. Aber weiß der Kuckuck, vielleicht bringen wir ihn noch zum Reden …“

Bancroft atmete tief durch. „Du hast wieder mal recht, Chad. Wir nehmen ihn mit. Aber wenn Jefford und seine Halunken Jess und Larry auch nur ein Haar gekrümmt haben, dann rettet auch diesen Dreckskerl nichts mehr vor dem Galgen, das schwöre ich dir.“

Will Bancroft, den sein Vater zur zweiten Nachtwache eingeteilt hatte, drückte gähnend seine Zigarette aus, als er leise angerufen wurde. Der gefangene Mexikaner, der ein Stück abseits von den anderen lag, hatte den Kopf gehoben und starrte angestrengt zu ihm herüber. Der Schweiß auf seinem sichelbärtigen Gesicht glänzte im bleichen Licht des Mondes. Außer den gleichmäßigen Atemzügen der in ihre Decken gerollten Schlafenden war sonst nichts mehr zu hören. Will packte das neben ihm an einem Felsblock lehnende Gewehr und ging langsam zu dem Gefesselten hinüber. Ortiz war an Händen und Füßen gebunden. Obendrein lag eine Schlinge um seinen Hals, deren Ende am knorrigen Stamm einer Krüppelkiefer verknotet war. Mit einem misstrauischen Stirnrunzeln blickte Bancrofts Sohn auf den schnell und gepresst atmenden Banditen hinab.

„Was willst du?“ Er wusste selber nicht, warum er seine Stimme dämpfte, so dass die anderen nicht aufwachten.

„Es ist Zeit, dass du mich endlich losbindest, Muchacho“, flüsterte Ortiz hastig. „Weiß der Teufel, ob sich sonst noch die Gelegenheit dazu ergibt.“

Will starrte ihn an, als hätte er nicht richtig gehört. Dann tippte er mit dem Zeigefinger an die Schläfe und wollte sich wortlos abwenden. Der Gefesselte bäumte sich auf.

„Warte, Compadre! Du willst doch nicht, dass deine Brüder gehenkt werden, oder? Weißt du denn nicht, was in Wirklichkeit gespielt wird? Haben sie dich nicht eingeweiht?“

Einen Moment stand Will so reglos und verkrampft da, als spürte er ein unsichtbares Messer an der Kehle. Dann drehte er sich mit seltsam starrer Miene abermals dem Gefangenen zu. „Du redest chinesisch, Hombre … Bis jetzt versteh ich kein Wort.“

„Madonna mia! Nicht so laut, Muchacho!“, keuchte Ortiz. „Ich werde dir alles sagen, aber zuvor binde mich los. Du bist doch aus demselben Holz geschnitzt wie Jess und Larry. Du willst dir doch einen Anteil an den vierzigtausend Dollar nicht entgehen lassen. Also, mach schnell, und ich verspreche dir …“

„Na, na, nur nicht so ungeduldig!“, knurrte Will leise und kauerte sich neben dem Mexikaner auf die Hacken nieder. „Bis jetzt seh ich nicht ein, warum ich dich davor bewahren sollte, eines Tages doch an einem dicken Ast aufgeknüpft zu werden. Schließlich hast du meinen Freund Ben Osborne auf dem Gewissen.“

„Hooker hat geschossen, nicht ich. Die Kugel galt Kelly, eurem Scout. Menschenskind, Hombre, ich weiß doch, dass es dir auf der Ranch deines Vaters genauso dreckig geht wie Jess und Larry. Wenn du erst …“

„Rede, verdammt noch mal!“ Ein wildes Flackern war plötzlich in Wills Augen. Nun glänzten auch winzige Schweißperlen auf seiner Stirn. Ortiz streckte ihm die gefesselten Hände hin.

„Binde mich los!“

„Den Teufel tu ich, solange ich nicht weiß, um was es geht!“

„Hast du‘s noch immer nicht kapiert?“, zischte der Mexikaner. „Es geht um Geld, um eine Menge Geld! Auch für dich sind ein paar Tausender drin, wenn du dich auf die Seite deiner Brüder schlägst!“

Will brachte sein verkniffenes, zuckendes Gesicht noch näher an den Gefangenen heran. Seine Fäuste umklammerten mit aller Kraft das Gewehr. „Mann!“, keuchte Will. „Möchtest du mir etwa einreden, dass Jess und Larry mit Jefford gemeinsame Sache gemacht haben? Bist du verrückt?

„Der Narr bist du! Ich dachte, du würdest deine eigenen Brüder besser kennen. Ich sage nur die Wahrheit. Ja, zum Teufel, Jefford hat Jess und Larry nicht als Geiseln mitgenommen, wie dein Vater glaubt. Sie sind freiwillig bei ihm, denn sie wollen sich ihr Stück vom großen Kuchen nicht entgehen lassen. Wenn du so dumm bist, darauf zu verzichten, dann ist dir nicht zu helfen.“

„Du lügst, verdammter Greaser!“

„Und du hast Angst vor der Wahrheit! Angst, mich laufenzulassen, weil du denkst, dein Vater könnte dahinterkommen! Scheint, ich habe mich in dir geirrt. Du bist nicht so wie deine Brüder. Du kannst ihnen nicht das Wasser reichen.“

„Hölle und Verdammnis, wie redest du mit mir!“

„So, wie du‘s verdienst! Wenn du lieber unter der Knute deines Alten leben und dich auf eurer Ranch zu Tode schinden willst, anstatt in Mexiko als freier, reicher Hombre die angenehmen Seiten des Lebens zu genießen, dann tust du mir direkt, leid. Jess und Larry waren schlauer. Denen war kein Preis zu hoch, um endlich alles abzuschütteln, was ihnen nicht in den Kram passte. Ohne sie wäre Jefford nie an den Zaster ‘rangekommen. Umgekehrt hätten deine Brüder allein mit dem Geld nie die Grenze erreicht, denn Jefford wäre wie der Teufel hinter ihnen her gewesen. Also einigten sie sich darauf, die Sache gemeinsam zu deichseln. Es hat sich für beide Seiten gelohnt, und es wird sich auch für dich lohnen, wenn du mitmachst.“

Will leckte sich den Schweiß von der Oberlippe. In seinem hageren Gesicht arbeitete es heftig. Er warf einen gehetzten Blick auf die Schläfer, aber keiner hatte etwas gemerkt. Ortiz raunte: „Diablo, worauf wartest du noch?“

Will schüttelte den Kopf. „Wenn ich gemeinsam mit dir verschwinde, weiß der Alte gleich, was es geschlagen hat.“

„Binde mich los, gib mir ein Pferd, und ich werde schon dafür sorgen, dass deine Brüder dich nicht leer ausgehen lassen.“

„Hm, da halte ich es schon für besser, du bleibst ebenfalls hier, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Ich trau dir nicht, Greaser, auch wenn du die Wahrheit gesagt hast, was Jess und Larry betrifft.“

„Willst du riskieren, dass es deinem Oldman einfällt, mich morgen oder übermorgen doch noch aufzuknüpfen?“, keuchte der Mexikaner.

Will grinste tückisch. „Das ist dein Risiko, Freundchen, nicht meines. Ich weiß jetzt, was los ist. Das genügt mir.“

„So! Glaubst du! Aber was dann, wenn auch dein Vater erfährt, welches Spiel hier eingefädelt wurde, eh? Wenn ich ihm obendrein sage, dass ich dich eingeweiht habe, du aber geschwiegen hast? Willst du es auch darauf ankommen lassen, Gringo?“

„Der Teufel soll dich holen! Also gut, ich lasse dich frei.“

„Dann beeil dich. Nimm dein Messer und schneide mich los.“

„Damit jeder gleich merkt, dass noch einer die Finger im Spiel hat? Werd mich hüten! Ich werde deine Fesseln lockern, dass du selber freikommst. Dann sieh zu, dass du ‘n tüchtigen Gaul erwischt und verschwindest. Aber lass die Finger von dem Braunen mit der Stirnblesse. Der gehört mir. Mach dir nichts draus, wenn ich zum Schein hinter dir her schieße. Ich werde sowieso genug Scherereien haben, wenn du ausgerechnet während meiner Wache verduftest.“

„Bueno, bueno, mach endlich voran.“ Ortiz fieberte vor Ungeduld.

Will hantierte an seinen Fesseln. Dahn zog er sich lautlos zu seinem alten Platz bei dem Felsblock zurück. Er vergaß nicht, seine Spuren mit einem abgebrochenen Zweig zu verwischen. Seine Finger zitterten unmerklich, als er sich wieder eine Zigarette drehte. Die Blicke aus seinen im Hutschatten verborgenen Augen wanderten unablässig zwischen Ortiz dunkler geschmeidiger Gestalt und den wie Deckenbündel aussehenden Schläfern.

Es dauerte nicht lange, bis der Mexikaner sich geduckt aufrichtete. Er hatte seine Sporen abgeschnallt. Kein Laut war zu hören, als er auf den Zehenspitzen in Richtung Pferde schlich. Währenddessen brannte sich Will die Zigarette an. Ortiz blieb stehen, blickte zu ihm her und deutete mit einer fragenden Gebärde auf Bancrofts Rotfuchs. Will nickte zustimmend.

Kaum hatte sich der Bandit jedoch wieder in Bewegung gesetzt, da schwang der Ranchersohn sein Gewehr hoch. „Halt, du Schurke, stehenbleiben!“, brüllte er.

Die schlafenden Männer fuhren hoch und griffen zu den neben ihnen liegenden Waffen. Ortiz hatte entsetzt den Kopf herumgerissen. Ein Feuerstrahl peitschte aus Wills Gewehr. Der Mexikaner stieß einen gellenden Schrei aus, drehte sich um die eigene Achse und fiel. Die Pferde wieherten und stampften. Heisere, schlaftrunkene Rufe schallten. Ortiz versuchte sich aufzurichten. Blut lief über seinen Rücken. Will machte rasch einige Schritte auf ihn zu, hob abermals die Winchester und feuerte. Die Kugel durchschlug den Kopf des Mexikaners. Haltlos sackte der gekrümmte Körper zusammen.

Mit unbewegter Miene setzte Will die Waffe ab. Nur ein feiner, kaum sichtbarer Nerv zuckte unter seinem rechten Auge. Er blickte den Rancher an, der wie die anderen den Colt in der Faust hielt. „Der Bastard wollte türmen. Weiß der Satan, wie er es geschafft hat, von seinen Fesseln loszukommen.“

Chad, der sich über die niedergeschmetterte Gestalt des Banditen gebeugt hatte, richtete sich langsam auf.

Seine Stimme klang wie brechendes Eis. „Die erste Kugel hätte genügt. Er wäre nicht mehr weit gekommen.“

Als alle Blicke sich auf Bancrofts Sohn hefteten, zuckte der nur die Achseln.

5

Drei Tage danach spähten Bancrofts Reiter aus brennenden, von der Hitze entzündeten Augen auf die kastenförmigen, weiß in der Sonne leuchtenden Adobelehmhütten einer Mexikanersiedlung. Dünne Rauchspiralen, die sich aus zwei, drei wackligen Blechschornsteinen kräuselten, waren das einzige Anzeichen dafür, dass es dort in der weiten, glutheißen Senke überhaupt eine Spur von Leben gab. Sogar die Hühner und Ziegen, die sich sonst auf den staubigen Höfen und in den engen Pferchen tummelten, hatten sich vor der Hitze in den Schatten der Ställe und Unterstände geflüchtet. Nur vor einem niedrigen, aber massiven Gebäude, über dessen Eingang ein buntbemaltes Holzschild hing, stand eine Reihe von sechs staubbedeckten Gäulen, die müde ihre Köpfe hängen ließen. Die Bancroft-Reiter entdeckten sie erst, als Chad Kelly mit der ausgestreckten Hand auf sie zeigte. Die Tiere trugen keine klobigen mexikanischen Bocksättel, sondern Sättel wie sie von den Cowboys nördlich der Grenze benutzt wurden, die nun schon viele Meilen weit hinter den Verfolgern lag. Die Scabbards waren leer, ein Zeichen, dass die Besitzer der Pferde ihre Gewehre mit in die Bodega genommen hatten.

Tom Bancroft, der eben noch genauso müde zusammengesunken im Sattel gehockt hatte wie die anderen verstaubten Gestalten, beugte sich gespannt vor. Ein scharfes Glitzern trat in seine Augen. „Gott sei Dank, wir haben sie!“ Er drehte sein verwittertes kantiges Gesicht Chad zu. „Ich werde nie vergessen, Amigo, dass du das geschafft hast. Männer, nehmt eure Gewehre zur Hand!“

Die Karabiner schnurrten aus den Scabbards. Der lange, harte Ritt hatte deutliche Spuren in den seit Tagen unrasierten Gesichtern hinterlassen. Aber jetzt war schlagartig alle Müdigkeit von den Männern gewichen. Die Entschlossenheit, die ihren Boss erfüllte, spiegelte sich auch in ihren Augen. Wer sie nicht kannte, hätte diese Reiter für eine Bande heruntergekommener Strolche und Halsabschneider halten können, die vorhatte, ein einsames Mexikanerdorf zu überfallen.

Chads Hand senkte sich mahnend auf den Unterarm des hageren Ranchers. „Wenn wir jetzt wie die Wilden in den Ort hineinjagen, haben Jess und Larry keine Chance, am Leben zu bleiben.“

Bancroft biss sich auf die Unterlippe. „Du meinst …“

Chad nickte grimmig. „Jefford wird alle Trümpfe ausspielen, wenn wir ihn in die Enge treiben, auch das Leben deiner Söhne. Was ist dir wichtiger, Tom? Jefford eine Kugel in den Kopf zu schießen und dein geraubtes Geld zurückzuholen, oder Jess und Larry?“

„Teufel nochmal, da fragst du noch?“

„Eben“, sagte Chad schleppend, „und deshalb schlage ich vor, dass wir nichts überstürzen, dass wir uns Zeit lassen. Wir müssen deine Jungs herausholen, ehe der Feuerzauber losgeht.“

„Wie denn?“, schnaubte Will hinter seinem Rücken. „Mit schlauen Sprüchen allein bestimmt nicht! Wenn ihr mich fragt, Leute, ist das ganz und gar unmöglich!“

„Dich fragt niemand!“, fuhr Bancroft ihn wie einen grünen Jungen an.

„Halt gefälligst den Schnabel! Chad ist bestimmt noch nicht fertig. Oder, Chad?“

Der breitschultrige, blauäugige Reiter beachtete Will nicht. Sein Blick schien jede Einzelheit der von Hitzewellen umflimmerten Mexikanerhäuser aufzusaugen. Das Gelände fiel ringsum schüsselförmig zu der Siedlung ab. Die steinigen, zerklüfteten Hänge waren mit Kakteen und Dornbüschen bewachsen. Im Süden stand die blaugraue Mauer der Sierra Madre vor dem glutübergossenen Firmament. Chad schwang sich vom Pferd.

„Ich gehe hinab“, erklärte er so ruhig, als handle es sich um einen Spaziergang. „Ich werde versuchen, an Jess und Larry heranzukommen, bevor du mit deinen Leuten angreifst. Gib mir eine Stunde Zeit dafür, Tom.“

„Das schaffst du nicht! Wenn Jefford dich entdeckt, sind meine Söhne genauso in Gefahr wie …“

„Nicht, wenn Jefford es nur mit einem Gegner zu tun hat. Ich werde ihn ablenken und beschäftigen. Achte du darauf, dass er dich und deine Leute erst sieht, wenn ihr ihn schon in der Zange habt.“

„Warte, Chad! Lass uns die Sache durchsprechen. Ich will nicht, dass du deinen Skalp opferst, nur weil …“

„Ich bezahle nur eine alte Schuld, Tom. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Ich denke nicht daran, ins Gras zu beißen. Das bin ich schon Conchita schuldig.“ Chad lächelte, aber dieses Lächeln erreichte nicht seine hart und entschlossen blickenden Augen.

Bancroft seufzte. „Du warst schon immer ein sturer Büffel. Ich weiß, dass ich dich nicht halten kann. Pass gut auf dich auf, Chad, und …“ Zum ersten Mal war ein Zittern in seiner Stimme. „Bring mir meine Söhne zurück, Amigo! Rette sie aus Jeffords Klauen, und ich werde dir alles geben, was du von mir haben willst!“

„Verdammt will ich sein, wenn ich ihn allein verschwinden lasse“, knurrte Will zu aller Überraschung. „Ich komme mit.“ Mit einem Satz war er ebenfalls aus dem Sattel. Das seltsame Flirren in seinen graugrünen Augen gefiel Chad nicht.

Bedächtig schüttelte er den Kopf. „Wenn ich sage, ich gehe allein, dann bleibt es auch dabei!“

6

In einer schmalen, dämmrigen Fensterluke tauchte plötzlich der weißhaarige Kopf eines Mexikaners auf, verschwand aber gleich wieder, als Chad mit dem Colt winkte. Gleich darauf klappten an der Vorderfront des Adobegebäudes die dicken Bohlenläden zu. Chad grinste. Er war sicher, dass die Dorfbewohner wie platte Flundern auf den Böden ihrer Hütten liegen würden, wenn der erste Schuss fiel. Sie würden sämtliche fremde Gringos zwar in den heißesten Höllenschlund wünschen, selber jedoch keinen Finger rühren, um dabei nachzuhelfen.

Chad hörte wieder jenes raue, grölende Lachen, nur war es diesmal schon viel näher. Er trat hinter einem windschiefen Bretteranbau hervor und brauchte nur noch die Hand auszustrecken, um die fensterlose Seitenwand der Bodega berühren zu können. Drinnen schepperte und klirrte es, ein Mann jammerte, und das wüste Gelächter schwoll wie zu einem Orkan.

„Steh auf, du Tölpel!“, schrie eine raue Stimme. „Du zerschneidest dir ja das ganze Hinterteil, du Idiot, wenn du dich mitten in die Scherben setzt! Warum passt du auch nicht besser auf und läufst geradewegs gegen meine Faust, he? Hoch, habe ich gesagt! Wir haben Durst, verdammt noch mal!

Durst auf echten guten Whisky und nicht auf dieses teuflische Spülwasser, das du uns da zu servieren gewagt hast! Los, los, du Fettsack, wird‘s bald?“

„Señores, um Himmels willen, so glauben Sie mir doch! In ganz Santa Ysabel gibt es keinen Whisky, nur Tequila und roten Wein. Wir sind arme Leute, Señores, die …“