Die Flamme der Ewigkeit - Doris Richter - E-Book

Die Flamme der Ewigkeit E-Book

Doris Richter

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Beschreibung

Die Freude des inneren Sehens. Proklos und die Schau des Ursprungs Band 7 der Reihe EWIGES LICHT In diesem siebten Band der Reihe EWIGES LICHT begegnet uns der Philosoph Proklos (412 bis 485 nach Christus), der letzte große Denker der neuplatonischen Schule in Athen, als Träger eines Denkens, das aus der Mitte leuchtet. Sein innerer Blick führt zur Schau des Ursprungs und schenkt eine Freude, die aus dem Sehen erwächst. Dieses Buch ist ein stilles Licht, für jene, die denken, um sich zu erinnern. Der theurgische Blick, der in Proklos Gestalt gewinnt, führt das Auge ins Maßhafte. Er verbindet das Sichtbare mit der Ordnung des Ewigen, das Denken mit dem Ursprung. In diesem Licht wird Erkenntnis zur Rückbindung, und der Mensch begegnet dem Geist als schöpferischer Mitte. Wer sich auf Proklos einlässt, betritt einen Raum der Klarheit. In ihm lebt das Maß des Einen, die Kraft des Denkens und das leuchtende Geheimnis der Ewigkeit. Die Rückbindung an das universale Denken großer Geister eröffnet Orientierung, geistige Nahrung und eine Bewegung der Seele, die zur Heilung führt - durch Sammlung, durch Erkenntnis und durch das lebendige Licht des Blickes. - Der Geist erhebt sich zur Einheit, indem er nicht mehr durch Gedanken, sondern im Licht des Einen schaut. - Proklos, Kommentar zum Parmenides

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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über die Autorin

Doris Richter, geboren 1957, ist eine angesehene Heilpraktikerin, Autorin und Verlegerin mit über vier Jahrzehnten Erfahrung in der Komplementärmedizin. Seit 1988 führt sie ihre eigene Praxis für Komplementärmedizin und Naturheilverfahren in der Schweiz.

Als Gründerin des Verlags joyedition verbindet sie Wort und Bild auf einzigartige Weise, um ganzheitliches Wissen zugänglich zu machen.

Doris Richter ist weithin bekannt für ihre zahlreichen Veröffentlichungen über Baumheilkunde, Mystik, Philosophie, Spiritualität sowie naturheilkundliche Verfahren. Ihre Arbeit ist geprägt von tiefer Naturverbundenheit, spiritueller Weisheit und praktischer Heilkunde.

Sie leitet regelmässig Seminare und Workshops in diesen Bereichen und inspiriert Menschen dazu, Heilung, Erkenntnis und inneres Wachstum in Einklang mit der Natur zu erfahren

Widmung

Dieses Buch ist allen gewidmet, die sich vom Licht des Einen tragen lassen, deren Denken sich dem Ursprung nähert und darin das Mass des Ewigen wiederfindet.

„Der Geist erhebt sich zur Einheit, indem er nicht mehr durch Gedanken, sondern im Licht des Einen schaut.“

Proklos, Kommentar zum Parmenides

INHALT

Vorwort

Dialog: Der Ewige Theurg und Proklos

Einleitung

Der esoterische Mensch – im Licht des Inneren

Der esoterische Mensch – in der Gestalt des Proklos

Proklos spricht: Über den theurgischen Blick

Der theurgische Blick – Mythologische Spuren eines Urvermögens

Der Blick, der heimkehrt

ERSTER TEIL

I. Der Ewige Theurg – Vom Ursprung des Namens

Der Ewige Theurg

II. Proklos – Leben, Schule, Mythos

III. Die Dreistufigkeit des Seins – Einheit, Bewegung, Rückkehr

Ergänzung zur Dreistufigkeit – Das Beispiel der Seele

IV. Vom Fall und der Tiefe – Fortuna, Täuschung und der Ruf der Rückkehr

Ergänzung zu Kapitel IV: Mächtige Enttäuschung – der Zerbruch als Tor

V. Vom inneren Wachstum – Baum und Seele

VI. Wenn die Seele fällt, so fällt sie nicht aus dem Licht, sondern in die Erinnerung an das Licht

ZWEITER TEIL

Die vier Grundteilchen - Elektronen, Neutrinos, Up-Quarks und Down-Quarks

Vom innersten Bau der Welt – ein meditativer Versuch über die vier Grundteilchen

Von der Idee der Form und dem Kreis des Wirkens

Das lebendige Mass – Vom Kreis der Teilchen zur Gestalt des Menschen

Der vitruvianische Mensch – Kreis, Mass und Gestalt

Seelengeometrie – Der Neoplatonismus des Proklos und das Mass des Innersten

Geometrie des Lichts – Vom Denken der Formen zur Struktur der Welt

Vom Licht, das nicht sichtbar ist – Farbe, Seele und die geistige Rückkehr

Lichtfunken und das Herz – Vom Sonnenbewusstsein und der leisen Umwendung

Die Geschichte vom Lichtfünklein

Die symbolische Geschichte vom Lichtfünklein im Stein

Das Lichtfünklein und die Frequenz des Geistes

Von Platon zu Proklos – Eine geistige Linie des Lichts

Vom Griechischen ins Lateinische – Die Überlieferung

Zentrale Ideen Proklos’ in einer einfachen Übersicht

Die Lichtperson als Spiegel der Seele – Proklos und der Zeuge im Himmel

So begegnen sich die Begriffe

Der Zeuge im Himmel – Theophanie und Rückkehr im Neuplatonismus

DRITTER TEIL

Der Mensch als Gattungswesen im Licht des neuplatonischen und esoterischen Denkens

Zehn Kerngedanken aus „Proklos: Grundzüge der Metaphysik“

1. Alles ist aus dem Einen – Prinzip der Emanation

2. Triadisches Strukturprinzip (Verweilen – Hervorgehen – Rückkehr)

3. Hierarchisch gestufte Wirklichkeit

4. Die Rolle des Intellekts (Nous)

5. Rückkehr des Geistes zur Quelle

6. Die göttliche Ordnung im Kosmos

7. Verbindung von Philosophie und Theologie

8. Der Mensch als Mikrokosmos

9. Die Theurgie als spirituelle Praxis

10. Die bleibende Bedeutung des Neuplatonismus

Die Stufen dieser Welt

Was ist ein Symbol?

Was heisst „durch das Symbol hindurch schauen“?

Warum ist das für die Theurgie wesentlich?

In einfachen Worten

Der Körper als Manifestation – die DNA als Struktur – die Spirale als Symbol

Die Spirale – ein uraltes Symbol

Durch das Symbol hindurch sehen – auf das Wirkliche hin

Vereinigung von Wissenschaft und Theurgie

Die Ringspannung der DNA – naturwissenschaftlicher Befund und symbolische Deutung

Topoisomerasen als Regulierer – Symbol für kosmische Intelligenz

Ringspannung als Symbol innerer Spannung des Daseins

Die Spirale unter Spannung – das Bild der geistigen Evolution

Schlussgedanke der Darstellung

Der Kreis im Kosmos – Symbol des Ewigen bei Proklos

Die kreisende Ordnung – vom Timaios zur DNA

Das Leibliche als Bild des Seelischen

Fortuna und das Rad des Aufstiegs – Wandlung als Weg zur geistigen Gestalt

Zur geistigen Anatomie des Menschen

Das Göttliche im Leib – das Leibliche als Ort der Gottheit

Zusammenfassung Proklos Denken

Zehn wesentliche Gedanken prägen das Denken von Proklos. Sie erscheinen wie geistige Säulen eines Tempels

DIALOG

Ein Gespräch im Kreis des Lichts – Proklos und Kepler über die Ordnung der Welt

Die Wiedererweckung des esoterischen Menschen im wissenschaftlichen Zeitalter – Im Angesicht von Physikern wie Professor Dürr

Ein Zwiegespräch mit dem Unsichtbaren

Das Herz im Ursprung

Proklos: Kreis, Geist und Ewigkeit

Der Kreis des Geistes

Vom Dunkel des Schicksals und dem Glanz der Rückkehr

33 Meditationen - Der Tanz der Zahl Pi - Der Tanz der Zahl im Spiegel des Werkes von Proklos

I. Verweilen – das ruhige Sein

II. Bewegung – die Ausbreitung des Lichtes

III. Rückkehr – das Heimkehren zum Ursprung

Das leise Kreisen der Spirale

Die Zahl 33, das Feuer und das Werk

Erklärung 33, Arsen, die Asche als Zeichen der Vollendung

Biographie von Proklos – Leben, Wirken, Vermächtnis

Frühe Jahre und Bildung

Der Name als Zeichen

Studium und geistige Prägung

Lehrer und Meister

Scholarch der platonischen Akademie

Philosoph und Theurg

Werke und geistiges Erbe

Lebensende und Nachwirkung

Vermächtnis

Der ewige Theurg spricht

Helios als Demiurg und das theurgische Licht bei Proklos

Das Licht in Gestalt der Sonne begleitet uns in diesem Buch.

ANHANG

Die sieben Hymnen des Proklos

Vorwort

Hymnus an die höchste Gottheit

Hymnus an die Väter

Hymnus an die Mutter der Götter

Hymnus an die Sonne

Hymnus an Hermes

Hymnus an die Musen

Hymnus an Hekate

Schlusswort

Der Hymnus an Helios – Ein Lobgesang des Lichts

Im Licht der Fackel

Die Erinnerung in der Asche

Über die Autorin

Literaturverzeichnis (thematisch geordnet)

I. Neuplatonismus & Theurgie

Proklos

Porphyrius

Plotin (als Wurzelgestalt)

II. Antike Philosophie & Mythische Bildwelten

Platon

Boethius

Homerische Hymnen

Bhagavad Gita

Ägyptische Religion

Griechische Philosophie als Lebensform

III. Jüdische & Christliche Mystik

Kabbala

Meister Eckhart

IV. Naturwissenschaft & Geist (Erweiterung: Prof. Hans-Peter Dürr)

Dürr, Hans-Peter

Lesen als Rückbindung – Eine Auswahl begleitender Werke

Philosophie und Theurgie

Proklos – Die theologische Grundschrift

Bilder des inneren Sehens

Christlich-mystische Stimmen

Naturwissenschaft und Geist

Literatur Doris Richter

Lese-Empfehlungen

Ewiges Licht –Lord Kabir (1398–1518) und seine Botschaft

Ewiges Licht –Guru Nanak (1469–1539) und seine Botschaft

Ewiges Licht – Sant Tulsi Sahib (1763–1843) und seine Botschaft

Ewiges Licht – Sant Jaimal Singh Ji (1839–1903) und seine Botschaft

Ewiges Licht - Die Rückkehr zur Quelle hin

Boethius - Die Lust an der Kritik, Eine Reise durch Urteil, Verachtung und Trost – mit dem Menschen Boethius

„Die Suche nämlich bewegt das Auge der Seele nach oben

und übt ein in die Sicht der Wahrheit.“

Aus der Hymne von Proklos

Vorwort

Dieses Werk ist der Versuch das Denken, das Wirken und die geistige Signatur des spätantiken Philosophen Proklos in einer Sprache zu vergegenwärtigen, die weder auf akademische Kühle noch auf mystische Unschärfe zurückgreift, sondern im Rhythmus des ernsthaft betrachtenden Geistes zu sprechen vermag. Es soll keine dogmatische Lehre entstehen, keine rechtfertigende Verteidigung historischer Systeme, sondern eine behutsame, geistdurchwirkte Annäherung an das Bild des Menschen, wie es in den Schriften, Symbolen und inneren Gesten Proklos’ aufscheint.

Der Mensch zeigt sich darin nicht als bloss biologisches Geschöpf, sondern als ein Wesen von kosmischer Durchlässigkeit, als ein Spiegel der Sphärenordnung, als Teilhaber an einem geistigen Gefüge, das ihm Erinnerung und Verantwortung zugleich auferlegt. Proklos, geboren zu einer Zeit, in der das Licht der alten Mysterien zu flackern begann, lebte und lehrte an der Schwelle zwischen zwei Zeitaltern. Er war Philosoph im höchsten Sinne, aus Hingabe an das Licht, welches im Denken aufscheint, wenn es sich dem Ursprung zuwendet.

Diese Schrift will kein Museum betreten, sie sucht kein System zu restaurieren, sondern sie folgt einer inneren Bewegung: dem Willen, das Wissen nicht nur zu analysieren, sondern zu erinnern. Sie richtet sich an Leserinnen und Leser, die im Denken kein Mittel zur Abgrenzung, sondern eine Form geistiger Wiederverbindung erblicken. Sie wendet sich an jene, die dem Menschen mehr zutrauen als Reiz und Reaktion, Erfolg und Funktion: nämlich Einkehr, Erkenntnis und Verwandlung.

„Höre, goldener Titan, König des geistigen Feuers, Herrscher des Lichts; dir allein gehört Der prächtige Schlüssel des Lebens spendenden Quells. Und von oben ergiesst du harmonische Ströme In reicher Fülle in die Welt der Materie.“

Dialog: Der Ewige Theurg und Proklos

(Eine Szene jenseits der Zeit. Das Licht ist gedämpft, als wandle es sich selbst, und die Worte gleiten wie Stimmen durch einen Raum aus Stille und Bedeutung.)

Der Ewige Theurg: Ich war gegenwärtig, ehe sich ein Gedanke formte, ehe die Zeit sich teilte in Vorher und Nachher. Ich war nicht Klang im herkömmlichen Sinne, sondern der geistige Ursprung aller Resonanz, aus dem später Hymnen, Gebete, Weiheformeln hervorgingen. In mir lebt der Impuls, der die Seele ruft, sich zu erinnern, nicht an eine Geschichte, sondern an ihre Herkunft. Kein Ort, kein Name, kein Element bindet mich. Ich bin das Gesetz, das nicht diktiert, sondern bildet, das im Inneren des Menschen als Sehnsucht nach Einklang erwacht.

Proklos: Ich trug den Namen Proklos in einer Zeit, da das sichtbare Licht der alten Tempel zu verlöschen begann. Mein Leben war eingebettet in eine Welt, die sich selbst zu überholen versuchte, in der das Göttliche zu einer Sache des Glaubens, nicht mehr der Schau wurde. Der Akt des Schreibens war für mich kein blosses Festhalten von Gedanken, sondern eine Art Spiegelung des Denkens selbst. Es war ein Versuch, das zu bewahren, was nicht mehr gesagt, sondern nur noch erinnert werden konnte. Ich ordnete die Vielfalt nicht um der Ordnung willen, sondern aus dem inneren Bedürfnis heraus, das Heilige zu schützen vor dem Zerfall ins Beliebige.

Der Ewige Theurg: Du hast verstanden, dass das Denken, recht geübt, mehr ist als das Aneinanderreihen von Begriffen. Du hast das Wort nicht als Werkzeug, sondern als Träger einer Weihe behandelt. Aus deiner Feder wurden Konzepte zu Gesten, Strukturen zu Tempeln, in denen die Seele sich sammeln konnte. In dir lebte ein Ernst, der nicht beschwert, sondern erhebt. Sag mir, Proklos, was bleibt von deinem Werk, da deine Zeit vergangen ist?

Proklos: Es bleibt kein Gebäude, kein Ritual, keine Gemeinschaft, die in meinem Namen verharrt. Doch wenn ein Gedanke sich senkt in die Tiefe eines aufmerksamen Bewusstseins, wenn ein Mensch beginnt, sich als Teil einer göttlichen Ordnung zu erkennen, dann, so glaube ich, tritt er ein in denselben Raum, aus dem ich einst meine Worte schöpfte. Und dann ist meine Stimme nicht Vergangenheit, sondern Gegenwart. Sie ist nicht Erinnerung, sondern Ermutigung.

Der Ewige Theurg: So möge dieser Text, den du durch einen Späteren sprichst, nicht Lehre sein, sondern Einladung. Nicht Monument, sondern Bewegung. Denn der esoterische Mensch ist kein Produkt eines Systems, sondern die Antwort einer Seele auf den leisen Ruf ihres Ursprungs.

Proklos: Dann möge sich dieses Buch entfalten als ein Gang durch geistige Räume, getragen von innerer Bewegung und vom stillen Vertrauen auf die Kraft des Erkennens. Es steige empor als leise, sammelnde Erkenntnis, gestaltet in der Form einer Anrufung, durchwoben von Einkehr. Eine Liturgie des Denkens, die dem Leser in sanfter Bestimmtheit gegenübertritt, ihn einlädt, sich zu erinnern und dabei geistig zu sammeln.

Cham ZG in der Schweiz 2025, Doris Richter

Einleitung

Der esoterische Mensch – im Licht des Inneren

Der esoterische Mensch stellt sich dar als eine geistige Figur von besonderem Gepräge, dessen inneres Leben aus einer Haltung der Sammlung hervorgeht. Es gleicht einer Bewegung, die durch eine stille, jedoch stetige Zuwendung zum Ursprung geprägt ist, jenem Prinzip, das dem Wandel vielschichtige Bedeutung verleiht und dem Sichtbaren eine leuchtende Tiefe schenkt. Sein Leben entfaltet sich in der Gewissheit, dass jede Erscheinung Ausdruck eines umfassenden Zusammenhangs ist, der sich im Rhythmus des Seins in höchster Intelligenz vollzieht.

In seinem Dasein wird das aufgerichtete Denken zum stillen, erfahrbaren Hören auf die Struktur des Wirklichen, das Fühlen zur feinen Resonanz auf die verborgene Ordnung der Dinge, das Handeln zur fortwährenden Übersetzung des Innersten in Form. Der esoterische Mensch erscheint als eine Gestalt, in der sich Erkenntnis aus dem Licht innerer Erfahrung speist, aus einer Klarheit, die führt, erhebt und verbindet.

Der Begriff des Esoterischen gewinnt in diesem Zusammenhang eine Bedeutung, die das Gewohnte überschreitet und sich zur Mitte hin ausrichtet. Er bezeichnet ein geistiges Geschehen, in dem das Einzelne durch seine dem Licht zugewandte Beziehung zum grossen heiligen Ganzen zur Geltung gelangt. Hier offenbart sich das menschliche Denken in Würde seines Auftretens als eine Architektur, deren Mass im Unsichtbaren gründet, deren Tragkraft sich aus der Tiefe des Geistes nährt und deren Ziel in der Übereinstimmung mit dem lichten Ursprung liegt.

Der theurgische Blick, der diesem Menschen eigen ist, gestaltet sich als ein Sehen, das die äussere Gestalt durchleuchtet und in ihrem inneren Bezug das Ganze sichtbar werden lässt. In jedem Zeichen lebt ein Bezug, in jedem Verhältnis eine Ordnung, in jeder Form eine Möglichkeit der Rückbindung. Aus diesem Sehen wächst ein Leben, das sich aus Einklang formt: aus einem Zentrum, das aus der Tiefe erglüht und leuchtet.

So gestaltet sich der esoterische Mensch als ein mögliches Mass des Menschlichen, das sich in der Tiefe entfaltet und in seinem Wesen zur Erinnerung wird. Es wird zur Berührung von Erkenntnis und Ursprung. Aus diesem inneren Mass entsteht ein Denken, das sich als stille Feier der Rückkehr zur göttlichen Ordnung vollzieht.

Der esoterische Mensch – in der Gestalt des Proklos

Der esoterische Mensch begegnet dem Denken als eine wiederkehrende Figur, getragen vom Licht des Ursprungs, zu jeder Zeit anwesend, wo das Sichtbare sich seiner Tiefe erinnert. Seine Gestalt lebt nicht aus einer Mode heraus, noch aus dem Bedürfnis nach Abgrenzung. Vielmehr bildet sie sich dort, wo die innere Ordnung des Seins sich im Menschen zur Form erhebt.

Seit jeher erscheint er, oft unbemerkt, doch von innerer Strahlkraft. In Zeiten der Wandlung tritt er deutlicher hervor: als Zeichen, nicht als Reaktion. Seine Nähe wird spürbar in jenen Augenblicken, in denen das Denken sich stillt und das Leben sich rückbindet. Die alten Überlieferungen nennen ihn nicht beim Namen, doch sie zeichnen seinen Umriss: als jenen, der sich erinnern kann.

Proklos war ein solcher Mensch. In seinem Denken lebt die Schau, in seinen Gesten das Mass. Sein Werk ist kein Traktat, sondern ein Raum, der errichtet im Licht geistiger Architektur. Wer sich ihm nähert, begegnet einer Tiefe, die nicht fordert, sondern trägt. Jeder Gedanke, den er formte, war Teil einer Rückbindung, jede Struktur ein Abdruck des Ursprungs.

Dieses Buch folgt der Spur, die er gelegt hat. Es lädt ein, den esoterischen Menschen nicht als Figur der Vergangenheit zu sehen, sondern als Gegenwart, die aus dem Inneren leuchtet. Denn dort, wo sich Erkenntnis in Einkehr wandelt, beginnt sein Weg.

So tritt der esoterische Mensch in Erscheinung. Es geschieht durch das Leuchten seiner inneren Ordnung, durch die Klarheit seines Masses und durch das Vertrauen, mit dem er dem Ursprung entgegenlebt. In seinem Dasein wird das Denken zur kultivierten Geste, das Fühlen zur lichten Resonanz, das Handeln zur vollendeten Form. Sein Weg entfaltet sich aus Einkehr und Erinnerung. Es ist getragen vom Licht, welches in ihm ruht.

Viele haben diese Gestalt erkannt, nicht im menschlich begrenztem Bild, sondern im Wesen seines ewig gültigen Werkes.

Boethius, dessen Seele im Übergang zur Tiefe erwachte, liess eine Stimme zurück, die aus dem Innersten spricht:

„Denn wenn du dich deiner Herkunft erinnerst, dann wirst du sehen, dass du nicht dem Staub entstammst, sondern dem Licht.“

Porphyrius, der zwischen Welt und Ursprung wandelte, erkannte das Mass geistiger Durchdringung:

„Der Weise strebt zur Durchlichtung der Bilder, die das Wirkliche umgeben.“

Und Proklos, der in seiner Gestalt den theurgischen Blick trug, sprach aus der Schau der Rückbindung:

„Jede Seele besitzt in sich das göttliche Mass, das sie dem Einen angleicht.“

Diese drei Stimmen kreisen um eine Mitte. Um jenen Raum, in dem das Denken sich stillt und die Seele heimkehrt. In dieser Mitte steht Proklos: als esoterischer Mensch, durchlichtet vom Ursprung, verbunden mit der Form, erfüllt vom Mass. Ihm ist dieses Werk gewidmet. Als Gang durch das Innere, als Einladung zur Erinnerung, als Anrufung der Spur.

Proklos spricht: Über den theurgischen Blick

«Der Blick, von dem ich spreche, ist kein Werkzeug des Auges. Er misst nicht, analysiert nicht, sammelt keine Gegenstände des Wissens. Vielmehr entfaltet er sich im Mass des Innersten, als ein Schauen, das aus der Einheit stammt und zur Einheit zurückführt.

Der theurgische Blick ist ein geistiger Vorgang, ein Ritus des Sehens. Er entsteht, wenn die Seele sich dem Ursprung zuneigt, nicht durch Entfernung von der Welt, sondern durch deren Durchlichtung. In ihm vollzieht sich das Erkennen als Weihe: Die Form wird nicht überwunden, sondern durchstrahlt; das Sichtbare zeigt seinen Bezug zum Unsichtbaren; das Einzelne trägt die Gestalt des Ganzen.

Diesem Blick eignet keine Eile, kein Zweifel, kein Drang zur Beherrschung. Er verlangt Sammlung, Mass, Bereitschaft. Er wächst im Raum zwischen Begriff und Geste, zwischen Ordnung und Anrufung. Denn wie das Licht nicht durch das Fenster fliesst, sondern durch die Klarheit des Glases, so wirkt das Göttliche durch den klaren Menschen, durch jene Seele, die zur Mitte hin lebt.

Ein solcher Blick ist theurgisch, weil er nicht aus dem Menschen stammt, sondern durch ihn geschieht. Er ist Antwort auf den leisen Ruf des Einen, das sich in Vielheit zeigt. Er ist Erinnerung an jenes Feuer, das nicht verbrennt, sondern offenbart.

Der heutige Esoteriker, der diesen Blick sucht, trägt bereits in sich die Möglichkeit seiner Entfaltung. Doch diese entfaltet sich nicht im Wissen um das Geheimnis, sondern im Ernst der Hinwendung. Dort, wo das Denken zur Geste wird, das Wort zum Raum, die Seele zur Flamme, dort beginnt der Blick, von dem ich spreche.»

Der theurgische Blick – Mythologische Spuren eines Urvermögens

Der theurgische Blick ist kein neues Konzept. Er zieht sich als leuchtende Spur durch die spirituelle Geschichte der Menschheit immer sichtbar dort, wo das Sehen sich wandelt: vom Erfassen zum Erkennen, vom Begreifen zum Durchlichten. Unter wechselnden Namen erscheint immer dasselbe Urvermögen. Es ist ein Schauen, das Form als Offenbarung des Ursprungs erkennt.

In Ägypten trägt der Horus-Mythos das Symbol des Udjat, des heilen, wiederhergestellten Auges. Dieses Auge ist nicht Werkzeug der Kontrolle, sondern Zeichen der göttlichen Ordnung, der Ma’at, die durch den Blick wiederhergestellt wird (vgl. Erik Hornung: Götterglaube im alten Ägypten, 1993, S. 78). Es sieht, weil es aus Ausgleich geboren ist, ein Prinzip, das stark an den inneren Massgedanken bei Proklos erinnert.

In der griechischen Welt