Die Flut - Ulrike Schmitzer - E-Book

Die Flut E-Book

Ulrike Schmitzer

4,9

Beschreibung

Eine seltsame rote Schlammflut hat das Land überschwemmt. Woher sie kommt: Niemand weiß es, aber wer mit ihr in Kontakt kommt, dessen Haut verfärbt sich schwarz. Schnell werden die Schwarzhäutigen wegen vermeintlicher Ansteckungsgefahr ausgestoßen. Ein Bauer macht sich auf die Suche nach seinem Enkel, der von Soldaten fortgebracht worden ist. Viel Zeit ihn zu finden hat er nicht, denn auch auf seinem Körper breitet sich immer schneller das schwarze Stigma aus …

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 135

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,9 (18 Bewertungen)
16
2
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Buch

Eine seltsame rote Schlammflut hat das Land überschwemmt. Woher sie kommt: Niemand weiß es, aber wer mit der schlammähnlichen Masse in Kontakt gerät, dessen Haut verfärbt sich schwarz. Schon bald werden die Schwarzhäutigen wegen vermeintlicher Ansteckungsgefahr ausgestoßen. Ein Bauer macht sich auf die Suche nach seinem Enkel, der von Soldaten fortgebracht worden ist. Viel Zeit ihn zu finden, hat er nicht, denn auch auf seinem Körper breitet sich das schwarze Stigma immer schneller aus …

Die Autorin

Ulrike Schmitzer, 1967 in Salzburg geboren; Redakteurin bei Ö1, lebt als freie Filmemacherin und Autorin in Wien; zahlreiche Radiopreise, unter anderem den Radiopreis für Erwachsenenbildung/Eduard-Ploier-Preis 2005 und 2006, zuletzt Inge Morath-Preis für Wissenschafts-Publizistik 2012. Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur 2008; Studium der Publizistik und Kunstgeschichte; zuletzt von ihr erschienen: Bourdieus Erben (2006) und Susan Sontag. Intellektuelle aus Leidenschaft (2007) beide hg. m. Elisabeth Nöstlinger im Mandelbaum Verlag, Wien und Die falsche Witwe (2011) in der Edition Atelier; Veröffentlichungen in diversen Literaturzeitschriften, u. a. kolik, Literatur & Kritik, SALZ.

Die Textlicht-Reihe

Textlicht ist junge Literatur in einem handlichen Format, für daheim oder unterwegs, nebenher oder zwischendurch – die Bücher der Textlicht-Reihe sind Literatur, die unter die Haut geht und noch lange im Kopf bleibt.

Ulrike Schmitzer

Die Flut

Inhalt

Die Flut

Der rote Lack glänzte in der Sonne. Die Blechkiste, in der er die Briefe verstaut hatte, wurde schon heiß. Der Motor lief ruhig und gleichmäßig. Er hatte das alte Motorrad in seine Einzelteile zerlegt, gereinigt und poliert. Die alten Traktorräder montiert, den Traktorsitz, eine lange Lenkstange, ein neues Abgasrohr steil in den Himmel gerichtet, die Kühlung poliert. Die Ladefläche direkt an das Gefährt geschweißt.

Er genoss es, wie sich die Leute im Dorf nach seiner Maschine umdrehten. Die Kinder liefen neben ihm her. Bei der Post stieg er langsam ab.

Ist das ein Motorrad, fragte ein Kind.

Oder ein Traktor, fragte ein anderes.

Eine Wundermaschine, sagte ein drittes.

Genau, sagte der Bauer und lächelte. Als er aus der Post kam, nahm er die Kurbel vom Haken, schwang sie durch die Luft und drehte den Dieselmotor an.

Die Kinder lachten. Der Motor schnurrte.

Er sah aus dem Fenster. Es war still. Kein Auto, das in der Kurve bremste. Kein aufheulendes Motorrad. Nicht einmal das Geklimpere der buddhistischen Glocke vom Nachbarn, die beim leisesten Windstoß anklang. Der Himmel war eigenartig rot. In einigen Kilometern Entfernung blitzte es.

Die Vögel fielen einer nach dem anderen still von den Bäumen. Ihr buntes Federkleid war verschwunden. Auf dem Boden bildete sich aus ihren Körpern ein Teppich, der immer schwärzer wurde.

Er ging durch die Tür hinaus auf sein Feld. Der kleine Bach begann das Feld zu fluten. Er breitete sich aus, über sein Reich, das er vor Jahrzehnten dem Wald abgerungen hatte.

Er stapfte durch die Flut, bis er spürte, dass sich seine Plastikstiefel verformten. Sie begannen sich aufzulösen. Noch bevor er die rote Masse auf seiner Haut spüren konnte, kletterte er auf einen Baum und warf die Stiefel von sich. Da saß er nun. Barfuß. Und kein Mensch in Sichtweite. Die Flut trieb Hasen und Mäuse an ihm vorbei, ein Fuchs lag auf dem Rücken. Sein Bauch war schwarz. Er fragte sich, woher dieses rote Wasser kam. Es regnete nicht. Es hatte seit Wochen nicht geregnet, die Felder waren ausgedorrt. Die Bauern hatten um Wasser gebetet, um wenigstens einen Teil der Ernte noch retten zu können. Er saß lange auf dem Baum, sehr lange.

Die Flut zog sich langsam zurück. Der Bauer bemerkte es zuerst gar nicht. Die Masse versickerte aber nicht im Erdreich, es war vielmehr, als ob die Ebbe einsetzen und sich das rote Meer zurückziehen würde.

Nichts war mehr auf dem Feld. Kein Mais, kein Raps, kein Strauch, keine Erde. Das Nichts war eine hellrote Masse.

Er wickelte seinen Pullover und seine Jacke um seine Füße und stieg vom Baum. Er ging langsam zu seinem Haus. Die Katze lag tot vor der Tür. Die Kühe waren während des Fressens umgefallen. Doch dann hörte er durch die Stille das Kreischen von Kindern. Nein, es war das Quieken der Schweine. Er ging in den Stall. Die Schweine lebten, ihnen war nichts anzusehen. Der rote Dreck klebte überall an ihnen. Sie rieben sich aneinander. Die Hühner lagen mit von sich gestreckten Beinen auf dem Rücken.

Im Haus wickelte er die Jacke von den Füßen und erschrak, seine Zehen waren schwarz. Als ob sie am Gletscher erfroren wären. Er spürte seinen Finger auf den Zehen, der darüber strich. Er suchte seine Frau. Zuletzt war sie in der Küche gewesen und hatte Kartoffeln geschält. Die Schüssel mit den eckigen hellgelben Kartoffeln stand auf dem Tisch. Die Lade mit den großen Messern war aus der Verankerung gerissen und lag auf dem Boden. Ein paar Messer lagen verstreut herum. Von seiner Frau keine Spur. Der Küchenboden von der Masse verschmiert, Fußabdrücke in die Küche hinein und wieder hinaus. Seine Frau würde nie die Messer auf dem Boden liegen lassen.

Er durchsuchte den Hof, die Ställe, den Dachboden, dann ging er in den Bunker. Seine Frau versteckte sich im Hochsommer dort gerne vor der Hitze, sortierte die schrumpeligen Äpfel vom letzten Herbst und die verstaubten Weinflaschen, die niemand trinken wollte. Er hatte den Bunker unbedingt bauen wollen, man weiß ja nie, hatte er gesagt. Ein Teppich aus kleinen Blumen und Blüten überzog den Rücken des Bunkers. Er hatte den höchsten Hügel in der Gegend dafür ausgesucht. Man musste einen Holzsteig hinaufgehen, bevor man in den Bunker einsteigen konnte.

Das rostige Gitter war aufgeschoben. Er hörte ein leises Wimmern und ging näher. Seine Frau saß in einer Ecke, die Beine wie ein Kind angezogen und die Hände vorm Gesicht. Er zog ihre Hände weg. Ihre Nase war schwarz. Sie heulte laut auf. Er umarmte sie. Dann zeigte er ihr seine Füße. Sie weinte noch mehr.

Was geschieht mit uns, fragte sie.

Komm, sagte er. Wir gehen wieder ins Haus.

Sie nahm das große Schlachtermesser mit, das sie vor sich liegen hatte.

Er drehte als erstes den Wasserhahn in der Küche auf, sie hob die Messer vom Boden auf und schob die Lade wieder in die Küchenkredenz. Aus der Leitung kam eine mehlige rote Flüssigkeit. Er wagte nicht, durch den Strahl zu greifen und drehte den Hahn wieder ab.

Sie zogen sich aus und wuschen sich noch in der Küche mit dem Wasser aus den Mineralwasserflaschen gründlich ab. Seine Frau zitterte.

Oh Gott, sagte sie nach einem Blick in den kleinen ovalen Spiegel, der auf dem Nagel neben dem Küchenkasten hing. Hätte ich mir doch bloß nicht ins Gesicht gegriffen. Ob das wieder weggeht?

Hör, was sie im Radio sagen, sagte der Bauer.

Er schaltete das Radio ein, bekam jedoch keinen Sender herein. Kein Strom für den Fernseher. Das Festnetz tot. Das Handy ohne Empfang. Sie setzten sich an den Küchentisch und warteten.

Vielleicht sollten wir zum Nachbarn gehen, sagte die Frau. Vielleicht zum Hauptplatz.

Nein. Wenn es wiederkommt, sagte er.

Sie sah aus dem Fenster. Der Himmel war noch immer nicht klar. Sie machte mit dem Wasser, das noch im Wasserkocher stand, Tee. Sie hielt die Tasse in beiden Händen und trank den Tee in kleinen Schlucken. Er schob die Tasse von sich weg.

Die Katze, sagte sie schließlich.

Er suchte die Gummihandschuhe, die bis zu den Ellbogen reichten und zog sie an. Dann ging er mit einem großen Müllsack vor die Tür und steckte die Katze in den Sack. Sie hatte eine schwarze Zunge. Er trug die Holzscheite von der Hinterseite der Scheune in den Innenhof und schlichtete sie auf einen Haufen. Er packte mit jeder Hand zwei Hühner an den Beinen und schleuderte sie auf den Holzhaufen. Dann warf er die Katze hinauf. Für die Kühe würde er den Traktor brauchen, sie lagen über die ganze Wiese verstreut.

In dem Moment, als er das Holz anzünden wollte, lief seine Frau aus dem Haus und schrie: Um Himmels willen! Er zögerte. Wenn es brennt, schrie sie.

Was, fragte er.

Es, sagte sie leise.

Er nahm die Schaufel und grub einen breiten Graben um den Holzstoß. Die hellrote Masse lag nur wenige Zentimeter dick auf dem Boden, sie drang nicht ins Erdreich ein. Er grub und grub. Als er aufhörte, musste er über den neuen Graben springen, er hatte ihn von innen her ausgehoben.

Später, sagte er zu seiner Frau und gab ihr das Feuerzeug. Jetzt warten wir mal ab.

Schau, die Kühe, sagte seine Frau und deutete auf die aufgeblähten Bäuche auf der Wiese. So was hab ich noch nicht gesehen, sagte der Bauer. Die Frau schüttelte den Kopf. Er wollte den Traktor holen, doch der sprang nicht an.

Die Wundermaschine, sagte er. Seine Frau sah ihn ratlos an.

Er holte sein Gefährt, kurbelte den Motor an und legte das längste Stahlseil, das er hatte, auf die Ladefläche. Die Frau ging neben ihm. Sie hatten beide die dicken Arbeitshandschuhe übergezogen und die Schuhe mit den Stahlkappen, mit denen er normalerweise nur ins Holz ging. Am besten dorthin, sagte die Frau und zeigte in die Mitte des Feldes. Er hob den Kopf der ersten Kuh, um das Seil um ihren Hals zu legen. Die Zunge hing rabenschwarz aus ihrem Maul. Beim ersten kräftigen Ruck der Maschine entfuhr der Kuh mit einem hellen Geräusch, fast einem Jaulen, eine hellrote Staubwolke. Der Mann zog die Frau sofort zu sich und hielt seine Jacke vor ihren Mund. Bloß nicht einatmen, sagte er. Bald schwebte eine große Wolke rund zwanzig Meter über dem Feld. Eine Wolke, die sich nicht mehr aufzulösen schien. Die Kühe lagen auf einem Haufen. Der Bauer war verschwitzt. Es dämmerte bereits.

Lass uns heimgehen, sagte er. Den Rest machen wir morgen. Dann wissen wir sicher mehr.

Bevor sie ins Bett gingen, drehten sie noch einmal alle Geräte auf. Ich versteh das nicht, sagte er. Wenn die Stromleitungen gestört sind, aber die Satelliten müssten doch funktionieren.

Ich werde morgen Nudeln machen, sagte die Frau. Weißt du noch, wie die Kinder immer den Nudelteig vom Brett stibitzt und ihn auf den Holzofen gelegt haben, fragte sie. Der Bauer schaute sie an. Sie staunten immer, wie sich der Teig aufblähte und kleine schwarze Flecken bildete. Die Frau begann zu weinen. Paula hat ihn mit Schmalz und Salz besonders gern, sagte sie mit erstickter Stimme. Der Bauer drückte sie an sich.

Der Bauer schlief tief und fest. Nichts und niemand bringt mich um meinen Schlaf, sagte er immer. Die Frau hielt es nicht mehr aus im Bett. Sie ging ans Fenster und schaute hinaus aufs Feld. Die Wolke war noch immer da, darunter eine dunkle Masse, zu der die toten Kühe aus dieser Entfernung verschmolzen waren. Die Sonne ging über der rot eingefärbten Landschaft auf. Fünf Uhr in der Früh.

Die Schwärze hatte sich von der Nase über die Wange ausgeweitet. Der Bauer bemerkte es erst jetzt. Er streichelte ihre Wange. Dann stieß er die Bettdecke weg und betrachtete seine Füße. Die Schwärze kroch langsam das Schienbein hoch.

Komisch, sagte er. Ich spür’ gar nichts.

Nein, sagte die Frau. Aber es wird immer größer.

Wir müssen irgendjemanden fragen, sagte der Bauer.

Du musst alleine ins Dorf fahren, sagte die Frau. Ich kann so nicht mitkommen.

Und wenn die Flut wiederkommt, fragte der Bauer.

Was soll noch passieren, fragte sie.

Wenn die Flut wiederkommt, gehst du diesmal auf den Dachboden, sagte der Bauer. Das musst du mir versprechen.

Der Bauer zog sich an und setzte sich ins Auto. Der Wagen sprang nicht an. Dachte ich mir schon, sagte der Bauer zur Frau. Am Boden im Wageninneren lag überall der rote Dreck.

Der Bauer stieg auf die Wundermaschine, kurbelte den Dieselmotor an und grinste.

Gut, gut, gut, sagte er und fuhr los.

Bring Wasser mit, rief ihm die Frau noch nach.

In der Allee hingen tote Vögel in den Ästen, am Straßenrand lag ein toter Hund, die verendeten Eichkätzchen und Hasen hörte er bald auf zu zählen.

Auf dem Dorfplatz endlich Menschen. Er starrte einen Mann an, der eine Sturmmütze über dem Kopf trug – nein, seine Haut war bis unter den Haaransatz rabenschwarz. Er machte ihm mit der Hand ein Zeichen. Seine Zähne blinkten gelb, die Augen waren rot unterlaufen.

Hans, sagte der Bauer.

Da schaust, sagte der Mann mit dem schwarzen Gesicht. Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann.

Deinen Humor möchte ich haben, sagte der Bauer. Und zog seine Hose an den Beinen hoch.

Sauber, sagte der Mann anerkennend.

Was weiß man denn, fragte der Bauer.

Nichts, sagte der Mann mit dem schwarzen Gesicht. Niemand weiß nichts.

Und eure Viecher, fragte der Bauer.

Alle hin, sagte Hans.

Beide starrten auf eine Gruppe von Soldaten, die Atemmasken trugen und kleine Plastiksäcke mit Schlamm zu einem Militärzelt am Ende des Dorfplatzes brachten. Dort saßen mehrere Soldaten und beschrifteten die Schlammproben. Alle Dorfbewohner schaufelten den Schlamm aus den Kellern, sie schoben den Dreck mit Besen durch die Gänge und türmten ihn vor den Häusern auf. Die Mülltonnen quollen über. Die Dorfstraßen waren rot. Mit jedem Schritt, den ein Dorfbewohner tat, breitete sich der Schlamm noch mehr aus.

Ich komm mir vor wie in einem Katastrophenfilm, sagte Hans. Auf den Hügel zur Kirche sind sie alle gerannt, wie es losgegangen ist. Drüben im Graben sind zwei Familien ertrunken. Fünf Tote, sagen sie. Die konnten sie gar nicht mehr warnen. Das war eine richtige Springflut. Werden sicher noch mehr Tote sein. Und stell dir vor: Der Vizebürgermeister ist in Ohnmacht gefallen. Und der Gemeindesekretär hat sich übergeben. Und solche sollen das jetzt alles managen.

Wahrscheinlich werden sie am Vortag zu lang gefeiert haben, sagte der Bauer.

Der Bauer ging zu den Soldaten und fragte, was das für eine Masse sei.

Ein Soldat mit Atemmaske und einem weißen, verschmierten Schutzanzug deutete zu einem anderen vermummten Mann, um den schon mehrere Männer aus dem Dorf standen.

Wir wissen es nicht, schrie der Soldat durch seine Maske. Wir nehmen doch gerade erst die Proben. Wichtig ist, jetzt Ruhe zu bewahren.

Ruhe bewahren, schrie ein Mann, den der Bauer nicht erkannte. Seid ihr alle verrückt, wie soll es denn jetzt weitergehen mit dem ganzen Gift? Ruhe bewahren, ihr bringt alles um, und wir sollen Ruhe bewahren!

Beruhigen Sie sich, sonst muss ich Sie abführen lassen, schrie der Soldat.

Du spinnst doch, sagte der Mann, den der Bauer nicht erkannte, und ging schnell davon.

Der Bauer ging zurück zu Hans.

Geht das Telefon bei dir, fragte der Bauer.

Nix, sagte Hans. Gar nix geht.

Die Wolke muss ein elektrostatisches Feld erzeugt haben, murmelte der Bauer.

Was für eine Wolke, fragte Hans.

Der Bauer bemerkte den Arzt und ging zu ihm hin.

Ein paar Männer standen um den Arzt herum. Der Arzt war ein ruhiger, besonnener Mann, der zwar zum Stammtisch kam, aber meist nur den Kopf schief hielt, wenn er zuhörte und nach einem Bier wieder ging. Die Leute im Dorf mochten ihn, denn Geschwätzigkeit hielten sie für einen Charakterfehler. Er hörte seinen Patienten aufmerksam zu. Seine Diagnosen stimmten nicht immer, aber oft. Und er machte gerne Hausbesuche bei den Bauern. Nie verließ er einen Hof ohne hausgemachte Würste oder frisches Geselchtes auf dem Beifahrersitz. Der Arzt konnte essen, ohne dick zu werden. Der kann essen, sagten die Bauern anerkennend. Da machte es nichts, wenn er beim Trinken versagte. Wenn ein Notfall kommt, muss ich fit sein, sagte der Arzt dann immer. Vielleicht bist du der Notfall. Das leuchtete den Bauern ein.

Heute war der Arzt ausnehmend gesprächig. Als der Bauer näher kam, merkte er allerdings, dass der Arzt immer wieder dasselbe sagte.

Ich weiß es auch nicht, möglicherweise ist es giftig oder ansteckend. Am besten jeden direkten Kontakt vermeiden. Nach den Blutproben werden wir mehr Informationen haben, funktioniert von irgendjemandem das Telefon? Ich müsste im Krankenhaus anrufen, die Hautveränderungen beobachten, warum geht bloß kein Telefon? Bitte Ruhe bewahren, das wäre jetzt das Schlimmste, wir müssen abwarten, bis Hilfe kommt. Ich habe Schmerzmittel, aber hat jemand Schmerzen? Das Schwarze, ich weiß nicht, was das Schwarze sein kann. Ich habe schon eine Idee, aber dafür ist es zu früh. Panik wäre jetzt das Schlimmste. Die Kinder im Haus lassen, jedenfalls. Der Arzt redete immer weiter, ohne etwas Neues zu sagen.