Die Freundinnen vom Magnolienhof - Juna und die Farben der Liebe - Susan Muskee - E-Book

Die Freundinnen vom Magnolienhof - Juna und die Farben der Liebe E-Book

Susan Muskee

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Beschreibung

Juna fühlt sich auf dem Magnolienhof schon fast wie zu Hause. Ihr Tattoo-Studio läuft gut, die Nachbarn haben sie längst in ihre kleine Gemeinschaft aufgenommen und auch mit ihrem Vermieter Bram versteht sie sich prima.

Doch hinter dem verschmitzten Lächeln des ruhigen Bram verbirgt sich ein gut gehütetes Geheimnis: Er ist verliebt - und zwar in die resolute Nachbarin Betty von gegenüber.

Juna zögert nicht lange und macht es sich zur Aufgabe, die beiden zusammenzubringen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht. Und plötzlich steckt sie selbst mitten im Liebeschaos ...

Der zweite Teil der charmanten Wohlfühl-Liebesroman-Reihe um die Freundinnen vom Magnolienhof - romantisch, humorvoll und voller Überraschungen!

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Seitenzahl: 206

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über dieses Buch

Juna fühlt sich auf dem Magnolienhof schon fast wie zu Hause. Ihr Tattoo-Studio läuft gut, die Nachbarn haben sie längst in ihre kleine Gemeinschaft aufgenommen und auch mit ihrem Vermieter Bram versteht sie sich prima.

Doch hinter dem verschmitzten Lächeln des ruhigen Bram verbirgt sich ein gut gehütetes Geheimnis: Er ist verliebt - und zwar in die resolute Nachbarin Betty von gegenüber.

Juna zögert nicht lange und macht es sich zur Aufgabe, die beiden zusammenzubringen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht. Und plötzlich steckt sie selbst mitten im Liebeschaos …

S U S A N M U S K E E

1

Der Sektkorken schießt so heftig aus der Flasche, dass er gegen die Decke knallt und dort eine dicke Delle hinterlässt.

Ich sehe sie erst, als die Perlage nachgelassen hat und die Hälfte des Flascheninhalts auf dem Boden gelandet ist.

»Mist«, zische ich. »Tut mir leid!«

»Oje. Schon gut.« Bram winkt ab und geht für einen fast Siebzigjährigen erstaunlich schnell in den hinteren Teil des Raumes. Wenige Augenblicke später kommt er mit einem Stapel Geschirrtücher zurück.

Mit einem trockne ich die Flasche und meine Hände ab, während Bram mit zwei anderen die Pfütze auf dem Boden aufwischt.

»Danke«, sage ich. »Ich wollte kein Loch in die Decke machen.«

Er zeigt nach oben. »Sehen Sie die Beule da?«

Ich folge seiner Hand und sehe eine Einbuchtung im Stuck, direkt neben dem Deckengesims.

»Das ist von einem Besen. Ich wollte die Spinnweben entfernen. Das war vor zehn Jahren. Unglaublich ungeschickt, das mit einem Besen zu machen, aber es war das Einzige, was ich zur Verfügung hatte, also musste es reichen. Ich hatte mir eine Leiter geholt, aber beim Heruntersteigen nicht gemerkt, wie lang der Stiel war. Als ich also meinen Arm bewegte, knallte der Besenstiel direkt gegen die Decke.«

Grinsend deute ich auf die Wand im hinteren Teil des Ladens, wo ich strategisch ein großes gerahmtes Bild von Alice im Wunderland aufgehängt habe. »Nicht so schlimm wie die drei Löcher da drüben.«

»Ah, meine gescheiterten Bohrversuche, um einen Spiegel aufzuhängen«, sagt Bram melancholisch. »Schön, dass Sie die gleiche Lösung gefunden haben wie ich damals.«

Ich schenke die Sektgläser voll und reiche eines meinem Vermieter. »Okay, okay. Ich verstehe, was Sie meinen. Aber andererseits finde ich es schade. Ich hatte nicht vor, Ihre Räume nach nur zwei Monaten schon so zu verschandeln.«

»Ich finde, das ist ein Meilenstein«, sagt Bram entschlossen. Er stellt sein Glas auf den Couchtisch, steht auf und geht zur Theke, die als Empfangstresen dient. Dort nimmt er einen Stift aus der Ablage und hält ihn mir unter die Nase.

Zuerst verstehe ich nicht, was er meint, aber als er mit dem Kopf nickt und auf die Delle deutet, dämmert es mir.

»Meinen Sie das ernst?«, frage ich lachend.

»Ja, natürlich. Meilensteine müssen gefeiert werden, dafür entkorkt man doch den Champagner, oder?«

Ich lächle und schüttle den Kopf, aber irgendwo glüht eine kindliche Begeisterung in mir auf. Ich hole die Staffelei aus dem Abstellraum, klebe mit äußerster Präzision den Korken an die Delle und schreibe mit zusammengepressten Lippen das heutige Datum daneben: Junas Champagnerkorken.

Bram klatscht vor Freude in die Hände. »Toll! Genau das meine ich. Wie lustig ist das denn? Wenn Sie von jetzt an Kunden haben, fragen die garantiert, woher die Beule kommt, und Sie haben eine gute Geschichte. Außerdem: Liegen die nicht sowieso die ganze Zeit auf dem Rücken und starren an die Decke? Vielleicht sollten Sie eine Leinwand aufstellen und ein paar Filme zeigen. Zum Beispiel den Dokumentarfilm von Kaj. Das wär doch was, oder?«

Ich muss mich an der Leiter festhalten, um nicht hinzufallen. »Ich glaube, Sie verwechseln mich mit einem Zahnarzt«, sage ich schnell. Ich lächle hoch und verlegen und hoffe, dass Bram nicht merkt, dass ich schon bei Kajs Namen wackelig auf den Beinen bin. »Beim Tätowieren wird sowieso nicht viel geredet, also denke ich, dass ich mit der Delle kein Problem habe. Und wenn es mal länger dauert, habe ich immer …« Ich steige wieder die Leiter hinunter, aber statt sie wegzustellen, ziehe ich sie zu der Beule von Brams Besen, »… diese Geschichte. Wissen Sie noch, wann das passiert ist?«

Bram nickt. »Ich weiß sogar noch die Uhrzeit, fast auf die Minute genau. Es war während der Vorbereitungen für meinen zwanzigsten Geburtstag. Ich wollte alles aufräumen, und es war kurz vor Ladenschluss, also dachte ich, ich könnte die Spinnweben vorher loswerden. Aber dann …« Er verstummt und ist einen Moment in Gedanken versunken. »Na ja, eigentlich ist es egal. Es war bei den Vorbereitungen für den Drink.«

Er zählt das Datum auf, und ich schreibe es neben die Eindellung auf die Decke, gefolgt von: Brams Besen.

»Also«, sage ich dann. »Ich habe nicht vor, absichtlich noch für mehr Löcher oder Beulen zu sorgen, aber wenigstens haben wir eine gute Geschichte über die beiden da zu erzählen.«

Als ich wieder auf meinem schwarz-weiß karierten Linoleumboden stehe, reicht mir Bram eines der Sektgläser und hebt das andere zu mir hoch. »Prost. Auf zwei Monate Juna Ink.«

Ich lasse beim Anstoßen mit ihm die Gläser klingen und deute auf die beiden blutroten Bänke im vorderen Teil des Ladens.

Bram geht mir voraus, und wir setzen uns beide auf ein anderes Sofa.

»Dafür hätten Sie wirklich nicht den ganzen Weg zu mir in den Laden kommen müssen«, sage ich schüchtern.

Er zieht das Kinn zurück und sieht mich unter seinen buschigen, grauen Augenbrauen an. »Hätten Sie dann den Champagner allein aufgemacht?«

»Vielleicht«, sage ich überrascht, springe dann aber auf. »Es ist ja nicht so, dass ich jemand anderen hätte, mit dem ich das machen könnte. Ich schenke den Kunden keinen Alkohol ein, wenn sie gerade tätowiert wurden, und ich habe diesen Monat keinen Gastkünstler, also stoße ich einfach allein an. Und ja, ich hätte Wende oder Betty oder Donna fragen können, aber die sehe ich jeden Tag.«

»Genau. Schön, dass Sie angerufen haben. Es ist doch nicht so weit, oder? Ich wohne ganz in der Nähe.« Mein Vermieter nimmt selbstgefällig einen Schluck Champagner.

Wenn Bram eines Tages entführt würde und ich der Polizei seine Beschreibung geben müsste, wüsste ich sofort, was ich sagen würde: Ein fast siebzigjähriger Rentner, immer gut gekleidet und einer der letzten echten Gentlemen auf Erden. Einer dieser Männer, die einem die Tür aufhalten und die den Hut abnehmen, wenn sie einen begrüßen. Der immer tadellos aussieht und mit einem schwarzen, drahthaarigen Chihuahua an der Leine durch die Stadt läuft – und dabei dreimal so lange für einen Spaziergang braucht, weil er jeden kennt, dem er begegnet. Soweit ich weiß, hat Bram übrigens keinen Hund, aber das passt perfekt zu meinem Bild, das ich von ihm habe.

»Das ist übrigens ein guter Stoff«, sagt Bram. »Machen Sie genug Umsatz, um sich diesen Champagner leisten zu können? Dann verlange ich vielleicht zu wenig Miete.«

Ich richte mich auf, um zu antworten, aber Bram winkt lächelnd in meine Richtung. »Nur keine Panik. Sie wissen, dass ich Sie gerne als Mieterin habe und dass ich mit diesem Geschäft keinen Gewinn machen muss. Obwohl ich es immer noch tue, weil ich nicht mehr so viele Ausgaben damit habe.« Er lächelt und hebt sein Glas.

»Wie viele Immobilien besitzen Sie eigentlich?«, frage ich. Sofort halte ich mir die Hand vor den Mund und schließe steif die Augen. »Tut mir leid, das sollte ich nicht fragen. Das hört sich an, als wären Sie eine Art Miethai, aber das sind Sie nicht.«

»Keine Sorge, so habe ich das nicht gemeint. Mir gehört dieses Grundstück und das daneben, das von Arie. Eigentlich sind es zwei Häuser, aber Arie hat damals die Mauer durchbrochen, und so ist aus zweien eins geworden. Außerdem habe ich ein Café in der Innenstadt, eine kleine Wohnung auf der anderen Seite der Stadt und natürlich mein eigenes Haus hier hinten, am Rand des Parks.«

»Wow«, sage ich bewundernd. »Das haben Sie geschafft?«

»Sie ahnen ja nicht, wie gut ein Herrenbekleidungsgeschäft Ende des letzten Jahrhunderts lief und wie lukrativ es damals war, in Immobilien zu investieren.« Er sagt das ohne Verlegenheit, aber auch ohne Angeberei.

Bram zupft an der Manschette seines weichen grauen Hemdes. »Das liegt zum Teil an dieser Marke. Sie ist spanisch, ich habe sie gefunden, als ich mit einem Freund in Barcelona Urlaub gemacht habe. Unsere Koffer waren in den Niederlanden geblieben, und ich weigerte mich, die ersten drei Tage in schäbigen Klamotten herumzulaufen. Dann fanden wir in der Straße hinter unserem Hotel eine schmucke kleine Schneiderei. Im Vergleich zu meinem Laden war es nur eine kleine Klitsche und zudem Tausende Kilometer von zu Hause entfernt. Ich habe mich sofort in sie verliebt.«

Brams Blick wandert durch das Fenster auf die andere Straßenseite, wo Betty gerade aus dem Haus kommt. Sie hält einen Besen in der Hand und fegt den Bürgersteig. Die vorderen Strähnen ihres asymmetrischen Bobs wehen schwungvoll im Wind.

»Und dann?«, frage ich neugierig, aber nicht nur Brams Augen sind abgeschweift. Seine Gedanken sind es ebenso.

»Und dann …«, sagt er. »Und dann … Ja. Und dann habe ich diese Marke gekauft. Ja. Ich war der Einzige in den Niederlanden, der sie hatte. Es lief wie am Schnürchen, Männer aus dem ganzen Land kamen, um Hemden, Jacken und Hosen dieser Marke zu kaufen.«

Während er das sagt, bleiben seine Augen auf Betty gerichtet, die inzwischen den Besen gegen Kehrschaufel und Handfeger getauscht hat und nun akribisch alles Zusammengekehrte auf das Blech schiebt.

»Wie lange kennen Sie Betty eigentlich schon?«, frage ich.

»Hm? Ja, eigentlich schon ziemlich lang.«

Ich beuge mich vor, um Brams Blick zu erhaschen, und sehe ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Ist Ihnen der Champagner zu Kopf gestiegen?«

Bram schaut von mir zu seinem Sektglas und bricht in Gelächter aus. »Was? Nein, ja. Ich war nur kurz abgelenkt.«

»Von Betty«, schließe ich.

»Ja, von Betty. Ist das so schlimm?«

»Nein, ist es nicht«, sage ich lässig. »Überhaupt nicht.«

Als Tätowierer ist es eine meiner Stärken, Körpersprache zu lesen. Denn es kommt immer wieder vor, dass jemand in der einen Minute sagt: »Das läuft super«, und in der nächsten Minute zusammenzuckt, weil es doch etwas aufregender ist als erwartet. Ich bin darauf trainiert, die kleinsten Veränderungen in der Körpersprache wahrzunehmen, und die Tatsache, dass mein Vermieter gerade aus dem Fenster starrt, als wäre er dreizehn und würde seine erste Liebe über den Schulhof laufen sehen, sagt mehr als genug. Mit anderen Worten: Bram kann mir nicht sagen, dass er von Betty »nur abgelenkt« war. Da steckt mehr dahinter. Und ich werde herausfinden, was.

»Bram«, sage ich und beuge mich vor, um nach der Sektflasche zu greifen. »Wie sind Sie eigentlich hier gelandet?«

»Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Und in dem Zimmer, das jetzt wahrscheinlich Ihr Zimmer ist, bin ich zur Welt gekommen. Im hinteren Zimmer des Hauses, mit Blick auf die Bäume.«

Meine Augen werden groß. »Das kann nicht Ihr Ernst sein. Wirklich?«

Er nickt. »Ja, in der Tat. Vor achtundsechzig Jahren. Mein Vater hatte hier einen Lebensmittelladen, den er von seinem Vater übernommen hatte. Mein Großvater hatte den Laden kurz vor dem Ersten Weltkrieg eröffnet.«

Ich halte die Flasche gegen das Licht, um zu sehen, wie viel Champagner noch drin ist. »Vor dem Ersten Weltkrieg?«

»Vor mehr als hundert Jahren«, antwortet Bram. Er trinkt den letzten Schluck Champagner und reicht mir sein Glas zum Nachschenken. »Hätte ich den Laden weitergeführt, hätten wir uns vielleicht ›Royal‹ nennen dürfen. Aber das gilt sowieso nur für große Unternehmen.«

»Wie schade«, entgegne ich bedauernd.

»Schade?«, wiederholt Bram lachend. »Ich bin vor drei Jahren in Rente gegangen. Da gab es keine Lebensmittelläden mehr. Feinkostläden vielleicht, aber der Lebensmittelladen ist durch den Supermarkt ersetzt worden. Ein Laden von sechzig Quadratmetern kann nie mit einem Supermarkt von mehreren hundert konkurrieren. Das ist einfach so.«

»Als Ihr Vater sagte, Sie sollen das Lebensmittelgeschäft übernehmen, haben Sie sich gleich entschieden, es in ein Herrenbekleidungsgeschäft umzuwandeln? War das wirklich so weitsichtig?«

Bram schüttelt lachend den Kopf. »Ich wollte nicht den ganzen Tag zwischen Gewürzen und Tabak stehen und hoffen, dem Nachbarn mehr als eine Dose Zimt zu verkaufen. Der Geruch von Gewürzen zog durchs ganze Haus, bis in den Dachstuhl. Ich musste vierzehn Tage lang lüften, bevor ich mit Anstand Wäsche aufhängen konnte, die nicht schon nach einer Stunde nach Gewürznelken roch.«

Ich rümpfe die Nase, als fiele mir plötzlich auf, dass immer noch ein Geruch von Nelken in den Wänden stecke. »Das klingt tatsächlich nicht sehr verlockend.«

»Stimmt. Aber als alles lange genug gelüftet war, beschloss ich, das Geschäft in einen Herrenausstatter umzuwandeln. Das habe ich vierzig Jahre lang gemacht, und dann, mit fünfundsechzig, dachte ich, es ist genug. Das war vor drei Jahren.«

»Was machen Sie eigentlich sonst? Abgesehen davon, dass Sie mit Ihren neuen Mietern Champagner trinken.«

Bram nahm erneut einen Schluck Champagner, und ein nachdenkliches Stirnrunzeln erschien unter seinen grauen Brauen. »Nicht allzu viel. Früher habe ich einmal im Monat im Altersheim hier in der Nähe Kaffee ausgeschenkt, aber das habe ich aufgegeben, als mir klar wurde, dass ich meine eigene Zukunft habe.« Er lächelt sanft und reibt sich etwas verlegen den Nacken. »Ich weiß, dass das eigentlich immer der Fall ist, aber mit zwanzig in einem Altersheim herumzulaufen ist etwas weniger problematisch als mit über sechzig. Es ist, als ob mit jeder Tasse nicht nur der Kaffee aus der Kanne läuft, sondern auch noch die Lebensfreude aus einem selbst.«

Ich schließe die Augen und nicke leise. »Verständlich. Aber was machen Sie jetzt? Sie kommen mir nicht vor wie jemand, der auf dem Sofa sitzt und für den das samstägliche Kreuzworträtsel den Höhepunkt der Woche darstellt.«

Brams Lächeln verschwindet, der Glanz in seinen Augen scheint plötzlich viel schwächer zu werden. »Ich mache nicht wirklich viel«, wiederholt er dann. »Jedes Mal denke ich: Ich sollte etwas tun. Hätte ich mein Geschäft wirklich schließen sollen? Sollte ich nicht ehrenamtlich im Tierheim arbeiten oder so? Aber dann denke ich an all die armen Tiere dort und weiß, dass ich sofort das halbe Tierheim mit nach Hause nehmen würde. Obwohl mein Hund erst vor ein paar Jahren gestorben ist und ich noch nicht bereit für ein neues Haustier bin.« Sein Blick wandert kurz durch den Raum. »Coco, so hieß sie. Ein Chihuahua. Sie ist mir zufällig über den Weg gelaufen. Ich war gar nicht auf der Suche nach einem Haustier, aber Coco war alt und hinfällig und auf der Suche nach einem goldenen Körbchen, in dem sie ihre letzten Lebenstage verbringen konnte. Ein Stammkunde, der sie aufgenommen hatte, kam mit ihr in den Laden, und ehe ich mich versah, hatte sie mein Herz gestohlen.«

»Wurde Coco nach Coco Chanel benannt?«, frage ich und unterdrücke den Triumph in meiner Stimme.

Ein Chihuahua. Ha! Ich hab’s gewusst!

Bram deutet mit seinem Glas auf mich. »Ja, sicher. Sie war das schönste Tier, das ich je gesehen habe. Und das will was heißen, denn sie war schon zehn, als ich sie bekam, und ihr fehlten drei Zähne. Aber zurück zu dem, was ich jetzt mache …« Er seufzt. »Nichts, heißt das. Ich mache gar nichts.« Seine Augen wandern wieder hinaus, und sofort wird sein Blick wieder weicher.

Ich habe kaum ein halbes Glas Champagner getrunken, aber ich habe immer noch das Gefühl, dass meine Bremsen nicht mehr ganz so stark sind. In meinem Kopf entfaltet sich ein Plan, von dem ich nicht sicher bin, ob er gut ist, aber wenn das Ergebnis auch nur annähernd dem entspricht, was ich jetzt vor mir sehe, dann ist es ein hundertprozentiger Erfolg.

»Bram?«, frage ich vorsichtig.

»Hm?«

»Ich habe eine unglaublich komische Idee, aber ich glaube, sie ist toll. Und ich bin mir sicher, dass sie Ihnen auch gefallen wird.«

Er macht ein kurzes Geräusch und wendet sich interessiert mir zu. »Was?«

»Wie gut kennen Sie sich mit Computern aus?«, frage ich.

»Ganz gut. Ich wurde ja mehr oder weniger dazu gezwungen. Als ich die spanische Marke entdeckt hatte, konnte ich nur per Fax oder Post bestellen. Und da eine E-Mail in weniger als einer Sekunde verschickt war und ein Fax ein paar Minuten dauerte, war mir klar, dass ich mich damit befassen musste.« Er steht auf und geht zum Garderobenständer neben der Tür, wo seine Jacke hängt. Stolz zieht er ein iPhone aus der Innentasche.

»Das neueste Modell sogar!«, rufe ich. »Wie schön!«

»Ich habe auch eine App, mit der ich mein Hörgerät einstellen kann. Das geht zwar auch mit einer Fernbedienung, aber die verlege ich manchmal. Mein Smartphone habe ich immer dabei, deshalb ist es mir schon richtig ans Herz gewachsen.«

»Gut«, sage ich und nicke zustimmend. »Wenn das so ist … Wie wäre es, wenn Sie ab und zu einen festen Platz in Ihrem Tagesablauf hätten? Ich suche jemanden für den Empfang. Anrufe entgegennehmen, Leute empfangen, E-Mails beantworten, Termine vereinbaren … Solche Sachen. Nichts allzu Kompliziertes, aber sehr wichtig und für einen reibungslosen Ablauf dringend notwendig. Wenn ich tätowiere, kann ich nicht jedes Mal nach vorne gehen, wenn jemand reinkommt. Dann verliere ich die Konzentration und muss mir ständig die Hände desinfizieren. Und für den Kunden ist es auch nicht angenehm: Er muss sich darauf verlassen können, dass ich ihm meine volle Aufmerksamkeit schenke.«

Bram steckt sein Handy zurück in die Jacke, nimmt einen Schluck Champagner und behält ihn kurz genüsslich auf der Zunge. »Würden Sie mich hinter den Tresen setzen?«

»Ja«, sage ich hoffnungsvoll. »Könnte das etwas für Sie sein? Wenn es Ihnen nicht gefällt, müssen Sie es natürlich nicht machen. Ich weiß auch nicht, wie das genau gehen soll, denn ich glaube, ich müsste Ihnen einen Vertrag anbieten und Sie einstellen und so. Und Sie sind natürlich mein Vermieter, also ist das vielleicht doch keine gute Idee. Aber ich dachte, vielleicht drei Tage. Nachmittags, weil ich erst mittags aufmache. Am vierten Tag schließe ich einfach die Tür ab, aber dann kann ich wenigstens …«

»Okay.«

Ich blinzle langsam ein paar Mal. »Okay?«

»Ja. Warum nicht? Ich sitze zu Hause und langweile mich zu Tode. Sie brauchen jemanden, der Ihnen hier ab und zu hilft. Der ans Telefon geht, E-Mails beantwortet, Kunden empfängt. So etwas in der Art, oder? Na ja, das schaffe ich schon. Es sei denn, Sie wollen mir beibringen, wie man tätowiert, denn dann sage ich nein. Ich habe seit Sommer 2011 keine ruhige Hand mehr.«

»Das hatte ich nicht vor, aber man soll ja nie nie sagen.« Als ich seine zusammengekniffenen Augen sehe, hebe ich schnell die Hände. »War nur ein Scherz. Es ist nie zu spät, den Beruf zu wechseln, aber eine ruhige Hand zu haben ist eine wesentliche Voraussetzung fürs Tätowieren.«

Bram setzt sich wieder und bückt sich nach der Champagnerflasche, die auf dem Couchtisch steht. »Ich glaube, die trinken wir heute aus.«

»Noch einen: Ich weiß nicht, wie es mit dem Arbeitsrecht aussieht«, sage ich schnell. »Und mit der Gehaltsabrechnung und so.«

»Gehalt – na ja, nein. Ich sehe das einfach als nette Tagesbeschäftigung.«

»Nette Tagesbeschäftigung«, wiederhole ich und versuche mit aller Kraft, nicht breit zu grinsen. Er muss doch wissen, was ich mit dieser »Tagesbeschäftigung« eigentlich bezwecke. Ich zeige auf die Flasche. »Wenn das so ist … Schenk die Gläser voll!«

2

»Jetzt hast du offiziell einen Angestellten.«

»So könnte man es nennen, ja.«

Ich gehe mit Kaj durch den Park hinter dem Magnolienhof. Das machen wir oft. Denn Kaj und ich sind Freunde, und Freunde gehen zusammen durch einen Park. Seit er vor zwei Monaten der Erste war, den ich im Juna Ink tätowiert habe, haben wir fast jeden Tag über alles Mögliche telefoniert: wie die Präsentation seines Dokumentarfilms bei seiner Abschlussfeier gelaufen ist, ob zu heißer Schokolade Marshmallows oder Schlagsahne gehören, ob ich diese neue Zeichnung verkaufen oder für mich behalten soll. Alles ist gut, weil wir Freunde sind.

Dass ich bis über beide Ohren in ihn verliebt bin, ist nur ein peinlicher Nebenaspekt.

Dass er – soweit ich weiß – absolut nicht dasselbe für mich empfindet … auch.

»Ich weiß gar nicht, wie das funktioniert, als Arbeitgeberin und so«, denke ich laut nach. »Meine Gastkünstler arbeiten auf eigene Rechnung und zahlen nur einen kleinen Prozentsatz für die Nutzung meines Ladens. Aber sonst? Ich müsste Lohnabrechnungen machen und Gehaltszettel ausstellen und …«

»Will Bram dafür Geld haben?«, fragt Kaj.

Nachdenklich beiße ich mir auf die Lippe und überlege. »Er hat gesagt, dass er nichts will, aber das gehört doch dazu, oder? Ich glaube, er hat das vor allem gesagt, weil er es mir nicht unnötig schwer machen will.«

Kaj gluckst. »Willst du wissen, was ich denke?«

Er kann sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich das wissen will.

Ich nicke. »Gerne.«

»Ich glaube, es ist das Beste, ihn beim Wort zu nehmen. Ich kenne Bram als unternehmungslustigen Mann, der immer etwas vorhat. Ist es nicht möglich, dass er seit seiner Pensionierung das Gefühl hat, etwas zu verpassen? Da er sein gesamtes Einkommen aus seinen Immobilien bezieht, nehme ich an, dass er damit eine schöne Rente hat. Mir scheint, dass es ihm nicht so sehr ums Geld geht, sondern dass er vor allem unter Leute kommen will.«

»Und weil er in Betty verliebt ist«, sage ich.

Ich dachte, das wüsste schon jeder, aber Kajs Mund steht so weit offen, dass ich plötzlich das Gefühl habe, mich verplappert zu haben.

»Entschuldigung, was? Bram ist in Betty verliebt? Ist das dein Ernst?« Er kickt lachend einen Kieselstein weg und steckt die Hände in die Hosentaschen. »Das höre ich zum ersten Mal.«

Ich nicke. »Ja, na ja … Er hat es mir zwar nicht wörtlich gesagt, aber ich habe es ihm angemerkt. So wie ich schon vor langer Zeit gemerkt habe, dass deine Mutter in Hans verliebt ist, wie ich an ihrer Körpersprache gesehen habe, wenn er in ihrer Nähe war. Bei Bram ist es genauso.«

»Und das weißt du, weil …«

»Weil ich es gesehen habe. Letztes Wochenende haben wir darauf angestoßen, dass ich das Studio seit zwei Monaten offiziell geöffnet habe, und dann hat Betty angefangen, ihren Bürgersteig zu fegen. Ich habe noch nie jemanden so verliebt gucken sehen. Man sieht es Menschen einfach an.« Bei diesen letzten Worten fangen meine Wangen sofort an zu glühen.

Kaj scheint es nicht zu merken und nickt beifällig. »Das wusste ich wirklich nicht. Und jetzt willst du die beiden verkuppeln?«

»Nein, das nicht. Ich bin keine Kupplerin. Dafür gibt es Partnervermittlungen. Aber ich kann den richtigen Rahmen schaffen und vielleicht einen Schubs in die richtige Richtung geben.«

»Klingt nach einer guten Strategie, Miss Amor«, sagt Kaj spöttisch. »Na ja, wenn du meinst … Mir ist das jedenfalls noch nie aufgefallen.«

»Vielleicht solltest du mehr auf die Körpersprache der Leute achten«, sage ich. »Wer weiß, was das bringen könnte.«

Sofort scheint mein Körper zu denken, dass meine Verdauung eine Pause braucht und mein ganzes Blut in meinen Wangen benötigt wird. Schnell streiche ich meine langen Haare nach vorne und wechsle das Thema.

»Was, äh … Was haben sie eigentlich von deinem Dokumentarfilm gehalten? Haben sie ihn gekauft?«

Kaj streicht mit den Fingern über einen frisch geschnittenen Busch und greift nach einem losen Zweig im Laub. »Nein, leider nicht. Aber ehrlich gesagt, habe ich das auch nicht erwartet. Es ist mein erstes größeres Filmprojekt. Ich glaube, es kommt fast nie vor, dass ein Erstlingswerk sofort erfolgreich ist und von einem großen Fernsehsender gekauft wird. Aber sie waren beeindruckt, und wenn ich mehr vorzuweisen habe, kann ich es jederzeit vorlegen.« Er studiert den Zweig und reißt ein Blatt ab. »Aber vielleicht sagen sie das zu jedem.«

»Und wenn sie das wirklich zu jedem sagen? Jedenfalls sagen sie es auch zu dir, also wenn du etwas Neues hast, schick es ihnen einfach.«

Kaj zupft ein neues Blatt vom Zweig. »Optimistin, die du bist.«

»Meine Oma hat immer gesagt: ›Du kannst nicht immer einen Sechser würfeln. Aber ein Full House ist auch 25 Punkte wert.‹« Stolz hebe ich das Kinn und nicke ernst.

Kaj faltet das Blatt in der Mitte zwischen seinen Fingern. »Sie klingt wie ein Yahtzee-Fan.«