Die großen Western 112 - Howard Duff - E-Book

Die großen Western 112 E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Das ist Wyoming! Himmel und Hölle für viele Menschen zu dieser Zeit. Himmel für harte Dollar und Hölle für den, der keinen Cent besitzt. Viele Städte und viele Männer. Gute und böse, wie das Buch des Lebens es schreibt. Einmal mit roter Tinte und einmal mit dem schwarzen Federstrich, der hinter manchen Namen ein schlichtes Kreuz setzt. Gestorben und vergessen. Verschwunden in den Hügeln und den turmhohen Bergen dieses Landes. Spuren, die sich verlieren und eines Tages durch einen jämmerlichen Zufall wieder auftauchen. Hier ist seine Spur. Und drei Spuren laufen nebenher. Eine mächtig starke und tief eingepräge Spur und drei etwas schwächere. Seine Spur! Die Spur des Mannes Warren Bridger. Eine Spur voller Tränen und Blut. Eine Spur voller Abgründe und schroffen Klippen. Wie sie mancher Mann in seinem Leben steuert. Um Felsen, die die Marksteine seiner Jahre sind. Sie leben in Utah, ehe die Grenze gezogen wird zwischen Utah und Idaho. Dort leben sie, diese Bridgers.

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Die großen Western – 112 –

Langes Sterben

Howard Duff

Das ist Wyoming!

Himmel und Hölle für viele Menschen zu dieser Zeit. Himmel für harte Dollar und Hölle für den, der keinen Cent besitzt. Viele Städte und viele Männer. Gute und böse, wie das Buch des Lebens es schreibt. Einmal mit roter Tinte und einmal mit dem schwarzen Federstrich, der hinter manchen Namen ein schlichtes Kreuz setzt.

Gestorben und vergessen. Verschwunden in den Hügeln und den turmhohen Bergen dieses Landes. Spuren, die sich verlieren und eines Tages durch einen jämmerlichen Zufall wieder auftauchen.

Hier ist seine Spur. Und drei Spuren laufen nebenher. Eine mächtig starke und tief eingepräge Spur und drei etwas schwächere.

Seine Spur!

Die Spur des Mannes Warren Bridger. Eine Spur voller Tränen und Blut. Eine Spur voller Abgründe und schroffen Klippen. Wie sie mancher Mann in seinem Leben steuert. Um Felsen, die die Marksteine seiner Jahre sind.

Sie leben in Utah, ehe die Grenze gezogen wird zwischen Utah und Idaho. Dort leben sie, diese Bridgers. Samuel Warren Bridger, der Vater. Luke Amos Bridger, der jüngste Bruder dieses Mannes Warren Lester Bridge. Und die drei anderen. Das Mädchen Hazilet. Ein verrückter Name, der doch gar nicht in dieses Land passen will. Und der die Leute zum Kopfschütteln bringt. Der Name erinnert an den Orient. Hazilet …! Was ist das? Ein Name, oder ein tatsächliches Wesen. Ein Wesen, nach dem sich die Männer den Kopf verdrehen und Cowboys seufzend auf die melancholische Art, wenn sie Hazilet Bridger sehen. Sie hat blauschwarzes und sehr langes Haar, blaue Augen und einen kirschroten Mund.

Da ist ferner der Zweitälteste. Tude Bridger. Und sein Bruder Simson. Das ist die ganze Skala der Namen. Vorn steht der Alte. Samuel Warren Bridger, dann Warren Bridger und nach ihm Tude Bridger. Dann kommt Simson, der wie ein Turm geht und es auch ist. Schließlich ist da noch Amos. Ein Junge, der raucht und schweigt, wenn er nicht gerade schläft. So jung ist er auch gar nicht. Den Reigen voll macht Hazilet.

Vier Brüder also und ein Girl. Und dann noch der Vater. Man wird fragen, wo die Mutter ist. Nun, da gibt es eine schlichte Mauer und dahinter einige Hügel. Unter einem dieser Hügel liegt sie. Seit zehn Jahren schon.

Sie haben eine kleine Ranch nahe von Malad City am Malad River. Keine große Ranch und nicht viel Arbeit. Wenigstens nicht so viel, dass sie Cowboys brauchen. Und erst recht nicht so viel, um alle Mäuler zu stopfen, die eine kleine Ranch ernähren soll.

Er sieht es sich eine Weile mit an, als der harte Winter vorbei ist und von tausend Kühen nur noch zweihundert leben. – Dann sattelt er sein Pferd.

*

Hazilet Bridger fährt mit dem kleinen Wagen über den Weg. Sie hat einen roten Rock aus Cordsamt an und eine gelbe Bluse. Es sieht richtig prächtig zu ihrem schwarzen Haar und den blauen Augen aus. An ihren Beinen hat sie Stiefel aus braunem Leder und in der Tasche einen Zettel. Auf dem Zettel steht, was sie alles holen soll.

Seitdem der alte Samuel im Bett liegt und sich kaum bewegen kann, rechnen drei Brüder und ein Mädchen aus, was sie brauchen zum Leben. Und das kauft sie dann auch. Heute ist ein besonders herrlicher Tag. Die Luft ist voller Spätsommerfäden der Spinnen. Und die Sonne meint es gut. Sie strahlt und macht es Hazilet Bridger warm.

Hazilet Bridger schiebt sich den Rock höher. Sie ist hier allein und kann es ruhig tun. Jedenfalls denkt sie das. Aber so allein ist kein Mensch auf dieser Welt. Immerhin gibt es auch noch andere Leute in diesem Land. Da ist Thor Wengrave. Ein Mann, der sehr schwer ist. Seiner Figur und seinem Geld nach. Er hat die größte Ranch in diesem Land. Die Ranch liegt unterhalb des Chache Montain und hat sechzigtausend Rinder auf den Weiden.

Thor Wengrave ist ein mächtiger Mann. Er ist so mächtig, dass er nur mit dem Finger zu winken braucht. Dann hat er alles, was er sich wünscht.

Dieser Thor Wengrave also ist nahe der Straße geritten. Er sieht den Wagen und das Mädel auf dem Bock. Er sieht sie kommen und reitet in der Deckung der Büsche auf den Weg zu. Dort bleibt er stehen und schiebt mit seinen dicken Händen die Zweige etwas auseinander. Sicher will er die staubige Straße etwas bewundern. Es kann natürlich auch sein, dass er nur den Wagen sehen will. Aber wer kann das schon genau sagen. Wenigstens hört er den Wagen näherrollen. Er grinst wie ein Kapaun und leckt sich über die Lippen.

Da ist der Store von Adam Jeffers. Ein alter Store mit wurmzerfressenen Regalen. Er könnte bald einmal neue brauchen. Doch es ist so, wie es bei alten Leuten der Fall ist. Adam denkt gar nicht daran. Er betrachtet liebevoll seine uralte und sehr blanke Petroleumlampe, die an einem Haken an der Decke hängt. Dann bedient er zwei Ladies und einen Cowboy. Erst, als der Cowboy hastig atmet und Stielaugen bekommt, sieht Adam hoch. Er lächelt so freundlich, wie er nur immer lächeln kann. Aber er denkt bei sich, dass die Bridgers eigentlich doch einmal wenigstens bezahlen könnten. Jetzt haben sie schon dreihundert Dollar Schulden. Doch dem Mädel …, no, dem Mädel kann er das nicht antun. Dazu liebt er sie, wie seine eigene Tochter.

Adam Jeffers liebt das Mädel auf die Art eines alten Mannes, der eine Rose sieht. Weiter nichts. Und dieser Adam wäre eben kein Adam, wenn er nicht Schönheit zu würdigen wüsste.

»Oh, hallo, Hazilet!«, sagt er sanft und sehr freundlich. »Mädel, heute scheint die Sonne. Aber sie wird blass, wenn du kommst!«

»Das …, das wollte ich …!«, stottert der Cowboy neben ihm. »Das wollte ich auch gerade sagen, Adam.«

Hazilet Bridger lächelt. Sie lächelt so fröhlich und unbeschwert, dass es dem alten Adam richtig warm um das Herz wird.

»Hallo, Adam!«, sagt sie lächelnd. »Und hallo, Weston! Wie geht es denn immer? Vergleiche mich nur mit der Sonne nicht. Ich könnte mir darauf etwas einbilden! Adam, ich brauche einige Dinge!«

Als sie das sagt, lächelt sie nicht mehr. Denn nun muss sie auch an die dreihundert Dollar denken. Und das ist etwas, was ihr nicht sehr gefällt. Aber was kann ein Mädel von einundzwanzig Jahren schon groß tun. Schließlich kann sie wohl schlecht tote Kühe wieder lebendig machen.

Das denkt der alte Adam. Und er sagt, ohne seine Augen zu verdecken mit den schweren und runzeligen Lidern: »Für dich gibt es hier alles, was du haben willst, Hazilet. Nur keine Sorge, Mädel, es wird schon wieder! Was also soll es denn heute sein?«

Hazilet Bridger muss gerade an Simson und Tude denken. Die beiden haben einige harte Dollar in den Taschen. Es sind nicht viel. Sie werden sich davon nicht einmal zur Hälfte betrinken können. Und es würde diesen Kohl aus dreihundert Dollar Schulden nicht retten können. Also gönnt sie es ihren Brüdern.

»Hier hast du die Liste, Adam!«, sagt sie leise. »Packe es mir zusammen und hilf mir dann, es in den Wagen zu tragen. Ich warte solange!«

»Mädel, da kommt wer. Nach dem Schatten ist es dein Bruder Simson!«

Er grinst die Tür an, denn Simson Bridger erzählt ihm sicher eine Menge neuer Witze. Aber er grinst gleich nicht mehr. Dafür beginnt Adam Jeffers zu denken. Und was er denkt, ist nicht sehr beruhigend.

Was will Thor Wengrave hier?, denkt Adam. Dieser Berg und Protz kauft sonst nur bei Lester Dayton. Was will der Bursche, zum Teufel?

Langsam tritt er an den Tresen und schnauft etwas. Das macht seine Größe und die in den letzten Jahren so gestiegene Schwere seines Körpers. Scheinbar beachtet er Hazilet nicht.

»Hallo, Adam!«, sagt er grinsend. »Ich hätte einige Aufträge für dich. Aber du kannst erst die Lady bedienen. Ich warte gern eine Weile! Madam, es ist mir ein Vergnügen!«

Er zieht seinen Hut mit einer galanten Bewegung und verbeugt sich tief. Er sieht in dieser Sekunde wirklich wie ein vollendeter Gentleman aus. Nur nicht für Adam. Der hört in seinem ­Store manche Geschichte, die niemals nach außen gelangt.

»Sicher, Thor!«, sagt er darum ruhig und vielleicht etwas kühl. »Du kannst hier haben, was du willst.«

Er hakt sofort ein, dieser mächtige Mann.

»Nun!«, sagt er lächelnd, und wieder blitzen die Zähne, die sein ganzer Stolz sind. »Ich glaube nicht, dass ich alles kaufen kann in deinem Store. Hier ist etwas, das nicht käuflich ist! Stimmt es, Lady? Pardon, mein Name ist Thor Wengrave! Darf ich fragen, mit wem ich das Vergnügen habe?«

Er tut so, als kommt er vom Mond. Und das erzielt auch in etwa eine Wirkung.

»Ich habe von Ihnen gehört!«, sagt Hazilet Bridger sanft. »Ich komme von der HX-Ranch, Thor Wengrave. Mein Name ist Hazilet Bridger!«

»Nein!?«, sagt Thor erstaunt und lässt anscheinend vor Überraschung den Hut fallen. Er bückt sich und

hebt ihn wieder auf, um sein Grinsen nicht zu zeigen. »Nein, das ist eine Überraschung! Eine Prärierose auf meiner Nachbarranch! Kaum glaublich! Madam, das ist doch nicht

wahr?«

Du Höllenhund!, denkt der alte Adam. »Man soll dich in ein Fass mit Teer stecken und dir die Zähne einschlagen! Du umgurrst das Mädel nicht schlecht, du Lump!«

»Natürlich ist das wahr!«, murmelt Hazilet unter seinem Blick errötend. »Aber eine Prärierose bin ich nun wirklich nicht! Hallo, Adam, ich glaube, die Riemen fehlen noch! Hole sie doch schnell von hinten, ich habe nicht mehr viel Zeit!«

»Sofort!«, sagt Adam Jeffers seufzend. »Wie du willst, Mädel.«

Die Riemen von dreißig Schritt Länge liegen hinten im Lager. Und gerade das wollte Adam nicht machen. Er wollte das Mädel und diesen Romeo nicht allein lassen. Er kennt seinen Mann und dessen Gedanken.

Aber nun muss er wohl oder übel gehen. Die beiden bleiben allein. Und jetzt versucht es Thor Wengrave auf die andere Art.

Hazilet Bridger trägt an der Brust ein Medaillon. Es hängt an einer dünnen Kette und schaukelt leicht, als sie sich über den Ladentisch beugt. Thor sieht den zarten Nacken und den schwarzen Haarflaum.

»Ich bin sehr an altem Schmuck interessiert, Madam!«, sagt er hastig. »Würden Sie wohl die Güte …?«

Er greift schon mit der Hand zu und legt seine dicken Finger an das Medaillon. Sie richtet sich auf. Und weil sie nichts dabei findet, wenn er sich das Medaillon ansieht, lässt sie es ihn betrachten. Seine Augen liegen einen Augenblick auf dem matten Gold. Dann wandern sie hoch und werden plötzlich groß und weit. Er starrt sie an, und sein Blick hat etwas Hypnotisches. Langsam nähert sich sein Gesicht dem ihren.

Hazilet Bridger hat so einen Mann noch niemals erlebt. Sie weiß nichts davon, was dieser Blick bedeuten soll. Dann fühlt sie sich jäh von zwei säulenstarken Armen umschlungen, und ein Mund presst sich auf ihre Lippen.

Er hält sie in seinen Armen wie in einem Schraubstock fest und lässt sie nicht los. Dann beißt sie zu und faucht im selben Augenblick wie eine Raubkatze. Sie kann ihre Arme nicht bewegen, denn sie hängen herunter und sind abgeklammert.

»Du kleines Biest!«, sagt Thor Wengrave wütend.

Vielleicht hätte er ihr den Mund zuhalten sollen. Oder er hätte es besser erst gar nicht versucht. Jetzt macht sie den Mund auf und spuckt ihm mitten ins Gesicht. Es ist ein Teil Blut von seiner zerbissenen Lippe dabei. Sie trifft ihn im linken Auge. Und Thor wird richtig wütend.

»Du spuckst mich an …?«, fragt er drohend. »Mich …, Thor Wengrave, spuckst du armes Biest an? Na warte, Baby!«

»Hilfe!«, schreit sie gellend, als sie seine Hand hochkommen sieht. »Hilfe, Adam! Hilfe, er …«

Und dann schlägt er zu. Es sitzt die Wucht und die Wut von zweihundertdreißig Pfund dahinter. Und sie wiegt knapp hundert.

Hazilet Bridger fliegt am Tresen lang und fällt in die Ecke mit den Rollen Draht. Ihr Kopf ist ein einziges Mühlrad, das sich immer schneller zu drehen beginnt. Dann seufzt sie einmal und liegt still.

Thor Wengrave sieht den alten Adam kommen. Und des Alten Augen lodern zornig und wirklich empört.

»Raus!«, sagt Adam schneidend. »Raus mit dir, du Lustmolch! Bist du noch nicht weg, du Schwein?«

Das kann er auch. Er kann sogar ganz prächtig fluchen. Bei einem Mann wie Thor Wengrave hilft das nicht viel. Thor stützt beide Arme auf den Tresen und starrt den Alten aus rollenden Augen an.

»Was soll ich?«, fragt er heiser. »Und wie hast du mich genannt, du Zuckerpanscher? Ich werde dich lehren!«

Aber Adam Jeffers ist nicht umsonst dreißig Jahre seines Lebens in diesem Land gewesen. Er macht zwei Schritte zurück und reißt die Schrotflinte unter dem Tresen heraus. Doch er ist ein alter Mann und viel zu langsam für einen Thor Wengrave.

Wengrave bewegt sich wie ein Felsen auf einer stürzenden Bahn. Er schnellt sich ab und schlägt mit seiner rechten Faust von oben nach unten. Es ist ein glatter Hammerschlag, den er gut beherrscht. Und dieser Hammerschlag trifft den alten Adam, ehe er die Flinte ganz heraus hat.

Adam Jeffers bricht mit einem Laut, der sich wie das Zuschlagen einer Tür anhört, zusammen. Er sieht eine Million Funken und Sterne. Dann fällt er in einen tiefen und großen Kessel, der sich mit ihm dreht. Seine Schrotflinte poltert auf den Boden, und Adam liegt daneben. Es sieht aus, als wenn er schläft. Auf seinem Kopf wächst in Sekundenschnelle eine mächtige Beule hoch.

»Du Affe!«, sagt Wengrave grunzend wie ein Mastschwein. »Mich mit einer Flinte zu bedrohen, he? Ich hätte dir den Kopf abschlagen sollen! Und nun zu dir, mein schönes Kind. Du bist bestimmt nicht das erste Weib, das ich mit Gewalt …«

*

Hazilet Bridger liegt am Boden. Ihr Rock ist etwas hochgerutscht und unten an der Naht eingerissen beim Fall. Jetzt macht sie die Augen auf. Und dann macht sie sie wieder zu. Genau vor ihren Augen ist ein Gesicht, dessen Backenknochen mahlen und dessen Augen einen furchtbaren Ausdruck angenommen haben. Hazilet Bridger kennt diesen Ausdruck nicht. Aber sie hat Angst, höllische Angst.

»Sie Scheusal!«, sagt sie bebend. »Sie verächtliches und dreckiges Scheusal! Gehen Sie weg, oder ich schreie um Hilfe! Ja, Sie Hundesohn, schlagen Sie nur, ich kratze dir die Augen aus, du Bestie!«

Ihr Ton wird scharf und schneidend. Aber Thor Wengrave gurgelt nur. Er starrt auf den hochgerutschten Rock, und seine Hände bewegen sich.

»Adam!«, schreit Hazilet Bridger gellend. »Adam!«

Und dann berühren die Hände sie. Es ist der Augenblick, in dem sich Simson Bridger durch die Tür hereinschiebt. Ein Augenblick, den Hazilet Bridger niemals in ihrem Leben vergessen soll. Ihre Augen weiten sich ängstlich. Sie sieht genau in Simsons Augen.

Und in diesen Augen liest sie schreckliche Dinge. Sie hat nie einen richtigen Kampf gesehen und niemals tödlich wütende Männer. Das ist der erste Anblick dieser Art für Hazilet. Und es ist für sie betäubend, dass ausgerechnet ihr Bruder so aussieht. Doch da ist auch Tude Bridger. Ein schlanker Mann, der seinen Colt in der Hand hat.

Sie stehen beide da wie Raubtiere. Ihre Augen sind starr auf Thor Wen-grave gerichtet.

»Du kleines, dreckiges Luder!«, sagt Thor Wengrave wild. »Eine Backpfeife hast du weg. Die zweite bekommst du gleich, und dann schließ ich hier ab. Du wirst schon deinen Spaß bekommen. Und du wirst mir immer nachlaufen, weil du Thor Wengrave nicht vergessen kannst!«

»Sie wird dich nicht vergessen, du Lumpenhund!«, sagt hinter ihm ein fauchendes Etwas.

Und Thor Wengrave wird steif. Seine Hand schießt im nächsten Augenblick auf den Colt herunter, den er unter seiner graugrünen Jacke trägt. Aber da kommt eine Faust. Diese Faust fasst ihn an den Fingern an, die den Coltkolben berühren. Und diese Faust presst sich zusammen. Dann greift ihn eine andere Hand im Nacken. Sie greift nicht nach dem Stoff der Jacke oder des Hemdes. Nein, diese Hand krallt sich in sein Fleisch. Mitten hinein mit den Nägeln in die Haut über dem Fett. Dann zieht er ihn herum.

Da ist Simson. Ein Mann, der den biblischen Namen bekam, weil er schon bei der Geburt so kräftig war und schrie. Jetzt schreit er nicht. Er faucht nur wie ein großes und gefährliches Raubtier.

»Ich zerquetsche dich, du Hund!«, sagt Simson und reißt die Hand Thor Wengraves hoch mit dem Colt. Weit fliegt das Eisen durch die Luft und kracht hinter dem Tresen zu Boden. »Meine kleine Schwester mit deinen dreckigen Pfoten anzufassen, du Hundesohn! Und sie zu schlagen! Warte, Hund, ich werde es dir zeigen!«

Simson Bridger ist so wütend, wie er noch niemals im Leben war. Er lässt das Genick von Wengrave los und packt sich die Revolverhand. Es geht alles sehr schnell und in einer Sekunde. Dann schlägt er diese Hand mit einem knurrenden Laut auf eine Forke, deren Zinken nach oben über den Tresen ragen.

Thor Wengrave sieht die Spitzen der Forkeneisen durch seine Hand schießen. Er starrt auf das Eisen und brüllt voller Schmerz.

Und in dieser Sekunde lässt Simson ihn los. Ein Ruck, und er hat beide Hände an den Hüften Wengraves. Dann schiebt er seinen Kopf zurück und kracht mit dem Schädel mitten in Thor Wengraves Bauch hinein. Das macht er einmal, und er macht es auch das zweite Mal. Erst dann stößt er Thor gegen den Tresen zurück. Und seine Fäuste schlagen wild und ausholend auf die Leber und in die Magengrube Wengraves hinein. Es ist ein fürchterlicher Taifun, der sich in diesem Store austobt.

»Bring sie nach hinten, Bruder!«, sagt Simson gurgelnd. »Bring sie weg, denn ich schlage diesen Hund tot!«

Thor Wengrave keucht und sackt etwas ein. Er rutscht halb über den Tresen und reißt seine Hand aus der Forke. Das Blut lässt bittergalliges Wasser in seinem Mund zusammenlaufen. Dann stößt er sich ab. Brüllend prallt er auf Simson zu.

Der sieht ihn kommen und spreizt die Beine. Dann holt er aus. Seine rechte Faust rammt gegen den Kopf Thor Wengraves. Sie schleudert den Mann halb herum. Doch das ist Simson noch immer nicht genug. Er schießt jetzt auch die andere Faust ab. Und diesmal reißt er sie von unten hoch. Unterhalb Wengraves Kopf zieht sie nach oben.

»Nicht weiter hier, Simson!«, sagt plötzlich Adam Jeffers stöhnend und richtet sich auf. »Zerschlage mir nicht meinen Store. Ich bitte dich, Simson, tue es nicht. Mache ihn draußen fertig, diesen Hund!«

»Er hat verdammt recht!«, keucht Tude Bridger. »Bruder, raus mit dem Misthaufen. Er stinkt hier nur. Die ganze Stadt soll es sehen, wie wir ihn fertig machen. Warte, er darf nicht mehr auf einem Pferd sitzen können. Und zwei Tage muss er schlafen. Schlagen wir ihn so entzwei, dass er ein Leben lang an uns denkt!«

»Da liegt dieser Hund, der meiner Schwester Gewalt antun wollte!«, sagt Simson eisig. »Das nächste Mal schieße ich ihn gleich tot! Bruder, lass uns an seinem Anzug unsere Hände abwischen!«

Sie gehen beide hin und wischen sich an Thors prächtiger Jacke die Hände ab. Das machen sie sehr gründlich. Dann richten sie sich beide auf und starren auf die drei Cowboys, die mit aufgerissenen Augen im Kreis der Menge stehen.

»Hört zu, ihr Kannibalen!«, sagt Tude kalt. »Ich würde mich verdammt schämen, für einen solchen Hundesohn zu reiten. Aber das ist eure Sache und nicht unsere. Ladet ihn auf, oder tragt ihn zum Doc. Bringt ihn hier weg, denn wenn er sich bewegt und es tatsächlich schaffen sollte, aufzustehen, beginnt der Reigen von vorn.

Wir wollen keinen Ärger! Er wird euch loslassen, aber fangt besser nicht erst an. Ich habe keine Angst vor euch und keine Furcht vor dem Tod. Ein Mann lebt nur einmal. Und ich habe genug gelebt in diesem Jammertal auf Erden. Fangt nur nicht an, Freunde, sonst bekommt ihr die Hölle an den Hals!«

»Er ist unser Boss, und er bezahlt uns!«, antwortet der Cowboy bitter. »Thor bezahlt gut und ist kein schlechter Boss. Rechnet euch das andere selber aus. Wir können nichts tun, als einem Befehl nachkommen. Wie wir darüber denken, ist nebensächlich.«