Eine Kugel für Dalton - Howard Duff - E-Book

Eine Kugel für Dalton E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. »Mister«, sagt Wesley mit seiner krächzenden Stimme scharf. »Mister, Sie haben gar nichts zu verlangen, verstehen wir uns? Wann und an wen man hier Geld auszahlt, das ist meine Sache, begriffen? Ich habe zu arbeiten, Mister. Das ist alles!« Er nimmt das Lineal wieder hoch. Dann legt er es auf eine der Seiten seines dicken Hauptbuches und zieht sorgsam einen Strich unter eine Kolonne Zahlen. »Wesley, ich rede mit Ihnen«, murmelt Jim Kendall leise und doch so grimmig, dass die draußen versammelten Fahrer die Luft anhalten. »Sie haben doch wohl nicht richtig verstanden, wie? Ich sage, Sie zahlen den Lohn an Van Buren jetzt aus. Und wenn ich jetzt sag, dann meine ich jetzt, ist das klar?« John Wesley zieht noch einen schönen Strich. Dann erst hebt er, als sei er mächtig erstaunt, den Kopf. »Sie sind ja noch immer da, Mister«, stellt er verwundert fest. Er nennt Kendall nie beim Namen. Für ihn ist jeder ein einfacher »Mister«, und damit hat es sich.

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Die großen Western Classic – 41 –

Eine Kugel für Dalton

… und 60.000 Silberdolla

Howard Duff

»Mister«, sagt Wesley mit seiner krächzenden Stimme scharf. »Mister, Sie haben gar nichts zu verlangen, verstehen wir uns? Wann und an wen man hier Geld auszahlt, das ist meine Sache, begriffen? Ich habe zu arbeiten, Mister. Das ist alles!« Er nimmt das Lineal wieder hoch. Dann legt er es auf eine der Seiten seines dicken Hauptbuches und zieht sorgsam einen Strich unter eine Kolonne Zahlen.

»Wesley, ich rede mit Ihnen«, murmelt Jim Kendall leise und doch so grimmig, dass die draußen versammelten Fahrer die Luft anhalten. »Sie haben doch wohl nicht richtig verstanden, wie? Ich sage, Sie zahlen den Lohn an Van Buren jetzt aus. Und wenn ich jetzt sag, dann meine ich jetzt, ist das klar?«

John Wesley zieht noch einen schönen Strich. Dann erst hebt er, als sei er mächtig erstaunt, den Kopf.

»Sie sind ja noch immer da, Mister«, stellt er verwundert fest. Er nennt Kendall nie beim Namen. Für ihn ist jeder ein einfacher »Mister«, und damit hat es sich. »War ich nicht deutlich genug?«

Er will die Seite umblättern, legt das Lineal beiseite und zuckt jäh zusammen. Kendall schnappt sich das Lineal, holt aus und schlägt es mit voller Wucht auf das Buch. Es klatscht so laut, als hätte Wesley eine Backpfeife bekommen.

»Zum letzten Male, Wesley«, grollt Kendall. »Wollen Sie nun auszahlen, oder haben Sie Lust, Ärger zu bekommen?«

Wesley lehnt sich zurück. Sein rotes Gesicht ist bleich geworden, aber sicher nicht vor Furcht, eher vor Wut.

»Kendall«, sagt er nun, und jetzt nennt er Kendall doch beim Namen, »wenn Sie nicht augenblicklich verschwinden, erleben Sie einige Dinge. Sie können zu sonst wem unverschämt sein, aber nicht zu mir, verstanden? Scheren Sie sich zu Ihresgleichen. Das ist ein Befehl, Mister!«

»Was ist das?«, erkundigt sich Kendall leise. »Wesley, Sie haben vor, mir einen Befehl zu geben? Mann, jetzt reicht es, Ihr Größenwahnsinn ist nicht mehr zu ertragen. Ich zähle bis drei. Ist dann die Geldkassette nicht auf dem Tisch, haben Sie Ärger. Ich habe Sie höflich gebeten, der Anweisung Mr Spaldings nachzukommen. Sie aber reden mich mit Mister an, tun so, als sei ich nicht vorhanden und malen in Ihrem verdammten Buch seelenruhig weiter. Sie sind wie ich an Mr Spaldings Weisungen gebunden. Eins, zwei …« Er macht eine kleine Pause und sieht, wie Wesley die Zähne zusammenbeißt.

»Drei.«

John Wesley stößt einen leisen zerbissenen Fluch durch die Zähne. Dann beugt er sich nach rechts und greift in den Schreibtisch. Dort steht die Kassette.

Aber als Wesley die Hand hochbringt, hat er nicht etwa die Kassette in ihr.

Stattdessen erscheint über der Tischkante der sechskantige Lauf von Wesleys Trubia-Revolver.

Die Mündung zuckt hoch und richtet sich blitzschnell auf Kendall. In Wesleys Augen glitzert Wut.

»Raus!«, sagt er wild. »Hinaus, Sie Strolch. Scheren Sie sich zu den anderen Vagabunden, die dort draußen neugierig die Löffel aufhalten, sonst mache ich Ihnen Beine. Hinaus, Sie verdammter Herumtreiber!«

Und dann knackt der Hammer.

Wesley hat den Hahn gespannt.

*

Joe Moore hat sich auf zwei Kisten gestellt. Der untersetzte Mann kann in den Raum blicken und stößt entsetzt den Atem aus. Neben den Kisten steht Tom Blyton, ein anderer Fahrer. Auch er hört das Klicken. Ehe er aber raten kann, was es zu bedeuten hat, sagt Kendall im Office spröde: »Wesley, nehmen Sie den Revolver weg. Sind Sie verrückt, Mann? Sie zielen mit einem gespannten Revolver auf meine Brust.«

»Wenn du verdammter Herumtreiber willst, auch auf deinen Schädel«, erwidert Wesley mit fauchender Stimme. »Hinaus, sagte ich. Scher dich zum Teufel, Kendall. Noch bin ich hier der Boss, begriffen?«

Jim Kendall rührt sich nicht. Er blickt auf den hochwandernden Revolverlauf und mitten in die Mündung.

»So ist das?«, fragt er leise. »Wesley, ich bin also ein Strolch, ein Herumtreiber und Vagabund. Nun gut, Wesley, die Sache wird Sie einiges kosten. Wir werden sehen, was passiert, wenn Mr Spalding zurückkehrt. Wie Sie wollen, Mister.«

Er wendet sich langsam um, zuckt die Achseln und geht zur Tür. Dort steht auf einem Blumenständer eine Topfpflanze. Sie gehört Spalding. Seitdem Spalding fort ist, hat Wesley die Pflanze nicht mehr gegossen. Er findet jede Art Pflanzen in einem Office als blödsinnigen Raum und Zeit wegnehmenden Quatsch.

»Raus! Und mach die Tür gefälligst leise zu!«, giftet Wesley in seinem Rücken. »Leise, verstanden?«

»Sicher«, antwortet Kendall kurz. Er greift nach dem Türdrücker, öffnet die Tür, streckt dann aber blitzschnell die Hand nach der vertrockneten Topfpflanze aus.

Moore draußen hat es kommen sehen. Kendall stammt aus Texas. Dort bringt man manchmal einen Mann wegen weniger als einer Beleidigung um. Zielt jemand jedoch auf einen anderen mit einem Colt, kann das tödlich sein.

Was immer Wesley gedacht haben mag, an den Blumentopf ganz sicher nicht. Zudem hat Kendall sich friedlich und nachgebend verhalten.

Als Kendall jetzt halb in der Tür ist und seine rechte Hand zuschnappt, reagiert Wesley viel zu spät.

Ohne sich umzusehen, schleudert Kendall den Blumentopf nach hinten. Im gleichen Moment wirft er sich auch schon geduckt herum. Er ist blitzartig zusammengesunken, um Wesley kein Ziel zu bieten. Vielleicht würde Wesley seine Drohung, ihm mit dem Colt Beine zu machen, auch nie in die Tat umgesetzt haben.

Im Herumschwingen hört Kendall Wesleys heiseren schrillen Aufschrei. Dann sieht er den Mann nach hinten kippen.

Im nächsten Augenblick brüllt der Trubia-Revolver in Wesleys Hand los. Die Kugel fährt ausgerechnet in das Bild von Isaak Wade, dem Gründer der Overland. Glas regnet herunter. Das schwere Dröhnen hallt durch das ganze Haus und über den Hof. Dort fahren sämtliche Zuhörer zusammen.

Moore springt mit einem Satz von den Kisten herab, um sich durch das offenstehende Fenster in das Office zu stürzen. Doch er bleibt einen Augenblick später stehen. Jetzt sieht Moore, wie Kendall mit einem Riesensatz auf den Schreibtisch Wesleys zufliegt. Dort brüllt Wesley nun wie ein Jungstier, dem man das Brandzeichen aufdrückt. Zwar versucht Wesley noch den Colt zu schwenken und auf Kendall zu richten, aber es ist zu spät.

Kendalls linke Hand fängt Wesleys Unterarm ab. Gleichzeitig prallt Kendall so wuchtig gegen den Schreibtisch, dass der über den Boden saust. In der nächsten Sekunde hockt Wesley eingeklemmt zwischen Tür und Zimmerwand auf seinem Bürostuhl.

»Du verdammter lausiger Maultiertreiber!«, brüllt Wesley giftig. »Ich werde dich zum Sieb machen.«

Jim Kendall reißt Wesleys Arm nach unten. Wesleys Ellbogen knallt auf die Tischplatte. Augenblicklich öffnet er die Finger, und dann poltert der Colt zu Boden.

»Was bin ich, du hinterlistiger Halunke?«, fragt Kendall mit einem grimmigen Fauchen. »Du nennst mich einen Strolch, Mensch, du bedrohst mich mit deinem Revolver? Warte, dir bringe ich bei, mich wie einen Narren zu behandeln. Raus da hinten!«

Er packt Wesley am Kragen. Während er sich über die Tischplatte beugt und Wesley hochreißen will, schlägt der mit der linken Faust zu. Der Hieb des stämmigen Mannes trifft Kendalls rechtes Auge. Es ist ein Schmerz, der Kendall rasend vor Zorn werden lässt. Ohne noch ein Wort zu sagen, schleudert Kendall nun den Tisch zur Seite. Im nächsten Augenblick schon ist Wesley frei und nutzt die Gelegenheit, sich abzustoßen und auf Kendall zu werfen.

»Er bringt ihn um«, keucht Moore draußen entsetzt. »Der Narr Wesley, warum hat er nur geschossen?«

Im Office erschallt Wesleys schrilles, wütendes Geschrei. Wesley keilt wie wild aus. Seine Arme sausen wie Windmühlenflügel durch die Luft. Dann sieht er die Faust durch das Umherzucken seiner Arme heranschießen und schreit nicht mehr. Der Haken Kendalls erwischt Wesley am Kinn und hebt ihn hoch. Er saust rücklings auf das Fenster zu. Das Fensterbrett stoppt seinen Flug einen winzigen Augenblick, bis Wesley das Übergewicht verliert. Er stürzt rücklings über das Brett und landet draußen vor dem Haus.

Halb benommen will Wesley sich aufstemmen, als er über sich Kendalls Schatten auftauchen sieht. Augenblicklich zieht Wesley die Beine an. Er tritt aus, und es gelingt ihm, Kendalls rechtes Bein zu treffen. Kendall stürzt schwer hin. Ehe er auf die Beine kommen kann, hat Wesley neben sich gegriffen. An der Hauswand lehnen einige Kistenbretter. Wesley packt eins, holt aus und schlägt zu.

Im gleichen Moment wirft Kendall sich zur Seite. Das dicke Kistenbrett trifft den Sand neben Kendall und jagt eine Staubwolke hoch. Kendalls Zurückrollen kommt schnell genug, um das Brett gegen den Boden zu pressen. Wesley kann es nicht mehr hochschwingen und noch einmal zuschlagen. Stattdessen tritt Wesley noch einmal zu. Diesmal aber hat er kein Glück. Kendall weicht aus, packt Wesleys linkes Bein und dreht.

Über den Hof gellt Wesleys kreischender Schmerzschrei. Um nicht den Fuß ausgedreht zu bekommen, muss Wesley sich herumwerfen. Er fliegt auf den Bauch. Zwar reißt er noch seinen rechten Hacken hoch, doch Kendall landet trotzdem auf seinem Rücken und packt ihn nun richtig.

»Du hinterhältiger Bursche«, knirscht Kendall voller Zorn. »Treten kannst du. Das ist deine Art zu kämpfen, was? Jetzt pass auf, so kämpfe ich.«

Er reißt Wesley hoch und beginnt sich zu drehen. Vergeblich bemüht sich der kreischende Wesley, mit nach hinten greifenden Händen irgendwo an Kendalls Rockärmeln einen Halt zu finden. Es ist umsonst. Um Wesley dreht sich der Hof immer schneller, bis Kendall ihn jäh loslässt. Brüllend fliegt Wesley mehrere Schritte weit. Er landet im hochpuffenden Staub an der Rampe des Verladeschuppens neben dem Haus.

Keuchend und fluchend zieht Wesley sich an der Rampenkante hoch.

»Du wirst das büßen!«, schreit Wesley gehässig. »Deine Station kannst du dir in den Mond schreiben, Kendall, das verspreche ich dir. Achttausend Dollar hast du haben wollen, aber du bekommst sie nie, sage ich. Du willst selbstständiger Handelsagent mit einem Vertrag der Overland werden? Niemals, solange ich etwas zu sagen habe. Du fliegst so schnell hier heraus, dass dir …«

Kendall nimmt die Arme herunter und macht zwei Schritte auf den Trog zu. Augenblicklich stellte Wesley sein gehässiges Geheul ein und krümmt sich angstvoll.

»Dir reicht es noch nicht, was?«, erkundigt Kendall sich finster. »Nun, die achttausend Dollar bekomme ich schon, du kannst Gift darauf nehmen, Mister. Irgendwoher treibe ich das Geld auf. Einer von uns beiden ist auf die Dauer hier zu viel, denke ich. Je eher ich das Geld habe, umso schneller kann ich mich auf eigene Füße stellen. Warte, dir zeige ich …«

»Kendall!«

Der scharfe, grollende Ruf lässt Kendall stehen bleiben. Langsam wendet Jim sich um.

Er sieht Roy Spalding auf seinem großen knochigen Wallach am Tor halten.

Spalding hat die Hand am Revolver. Er ist bereit, jeden weiteren Streit zu verhüten.

Mit einem Hackenschlag treibt Spalding sein Pferd an.

»Kendall, Wesley, was ist los?«

»Er hat mich angegriffen«, geifert Wesley und krabbelt fluchend aus dem Trog. »Er hat …«

»Er lügt«, meldet Moore sich scharfzüngig. »Mr Spalding, ich habe alles gesehen. Er hat Jim mit dem Colt bedroht und geschossen.«

Spalding runzelt finster die Brauen. Dann steigt er ab, wirft einem der Männer die Zügel zu und deutet auf das Office.

»Beide hinein und absoluter Friede«, sagt er scharf. »Wir werden sehen, was hier passiert ist. Geht an die Arbeit, Leute. Die Sache ist vorbei.«

»Für mich nicht«, giftet Wesley. »Wenn Sie mir keine Genugtuung verschaffen, Mr Spalding, beschwere ich mich in Salt Lake City bei …«

»Wesley, seien Sie ruhig«, knurrt Spalding gereizt. »Gehen Sie beide ins Haus, vorwärts.«

Er wird keinem etwas tun, denkt Moore bitter. Spalding ist ein gutmütiger Mann, der immer den Ausgleich sucht. Er braucht Wesley, aber mehr noch hat er Jims unersetzbare Erfahrungen nötig. Es wird mit einer Menge Worten ausgehen. Recht bekommt Jim nicht.

Genauso kommt es!

*

Wesleys Gesicht sieht nun aus, als hätte er die Beulenpest. Schwellungen zeichnen sich rot an Kinnwinkel, Mund und Wangenbögen ab. Der stechende, scharfe Blick John Wesleys wandert zu Roy Spalding hinüber.

»Mr Spalding, ich – ich hatte es vergessen«, sagt er, und niemand ist sicherer als Kendall, dass Wesley glattzüngig lügt. »Zuerst nahm ich an, dass Sie, als Sie Van Buren besuchten, Geld dagelassen hätten. Und dann vergaß ich die Sache. Meine Arbeit, die neuen Listen und Kundenbücher.«

»Schon gut«, erwidert Spalding finster. »Haben Sie Kendall von diesem Vergessen berichtet, Mr Wesley?«

»Ich – ich sah keinen Grund. Er ist nicht mein Vorgesetzter«, murrt Wesley. »Zudem war es mir peinlich, mein Vergessen einzugestehen. Wo kommen wir hin, wenn jeder Mann ankommen und mir Vorschriften machen kann.«

Spaldings hageres, von Falten durchzogenes Gesicht zuckt einmal. Kendall weiß genau, dass Spalding einige Dinge an Wesley nicht gefallen. Jedoch ist Wesley mit einem der Bosse der Overland aus Saint Louis verwandt. Der Mann lässt nie eine Gelegenheit aus, um mit seiner Verwandtschaft zu protzen. Wesleys Verbindungen reichen auch nach Salt Lake City zum Hauptquartier der Overland. Er ist von dort aus hergeschickt worden, um alle Geldangelegenheiten der Overland zu regeln. Diese Vormachtstellung nutzt Wesley bei jeder Gelegenheit aus. Er macht in Gelddingen auch Spalding etwas vor. Spalding hat sich vom einfachen Kolonnenboss zum Leiter der Overland in Nevada hochgearbeitet. Aber er kennt sich mit den Geldangelegenheiten nicht gut genug aus.

»Kendall ist nicht irgendwer, nicht irgendein Mann«, brummt Spalding, der selbst jedem Streit aus dem Weg geht. Spalding versucht immer erst zu vermitteln, ehe er sich zu einem harten Entschluss durchringt. »Wesley, Sie wissen verdammt genau, dass Kendall unser bester Mann von Salt Lake City bis nach San Franzisko ist. Niemand kennt dieses Land wie er. Sie hätten Ihren Colt nicht auf ihn richten sollen.«

»Ich hätte nicht geschossen, aber seine Unverschämtheiten …«

»Hören wir davon auf«, schneidet Spalding ihm das Wort ab. »Die zwei wichtigsten Leute der Nevada Overland prügeln sich vor allen Leuten, der Teufel soll das holen. Kendall, ich hätte Sie für klüger und besonnener gehalten, verstanden? Ich liebe solche Sachen nicht, ist das klar, in Zukunft kommen Sie zu mir, ehe Sie jemand angreifen. Schon gut, ich will nichts mehr hören. Zuerst kommt hier die Arbeit, und damit Sie sich beide beruhigen können, werde ich Sie einige Zeit trennen. Kendall, Sie leiten den morgigen Transport nach Salt Lake City. Die Listen werden heute noch zusammengestellt. Dann fahren Sie los.«

Er tritt mit einem immer noch finsteren Gesicht ans Fenster.

Dann schließt er es und dreht sich um.

»Was ich Ihnen jetzt sage«, beginnt er danach, »haben Sie beide unter allen Umständen für sich zu behalten. Sie dürfen mit niemandem darüber reden, verstanden?«

Wesley grinst mit offenem Hohn Kendall an. Kendalls Auftrag erscheint Wesley wie eine Strafversetzung. Sein überlegenes Lächeln erlischt aber, als Spalding fortfährt: »Kendall, Salt Lake City hat Sie vorgeschlagen. Man hat keinen besseren Mann für die Sache. Die California Statebank hat in der US Münzanstalt Silberdollars im Wert von etwa achtzigtausend Dollar prägen lassen. Es sind Jubiläumsdollar zum Tag der zwanzigsten Wiederkehr der Zugehörigkeit Kaliforniens zu den USA. Das Geld liegt ab nächste Woche in Salt Lake bereit. Es wird mit einem normalen Transport hergebracht. Das heißt, Sie werden wie bei einigen wertvollen Transporten lediglich zwei zusätzliche Wachreiter erhalten. Dazu vier Fahrer für die beiden Wagen. Das Geld wird in Kisten verpackt, die den Aufdruck ›Maschinenteile‹ tragen – Pumpen und so weiter, verstanden?«

»Und die Schwere der Kisten?«, fragt Kendall sofort. »Mr Spalding, wenn die Kisten verladen werden, muss man sie notgedrungen anheben. Man wird merken, dass sie voll Metall sind.«

»Pumpenteile, Ventile und das Zeug für Minenmaschinen sind aus Rotguss und fast so schwer«, antwortet Spalding trocken. »Damit kein Verdacht aufkommt, machen Sie beim Verladen selbst mit, Kendall. Sie lassen eine Kiste auf die Laderampe fallen. Sie wird aufplatzen und eine Menge Gussteile ausspucken. Es ist alles verabredet, Kendall. Niemand wird erfahren, was in Wahrheit in den Kisten ist. Außerdem wird eine ganze Anzahl wirklicher Maschinenteile mitgeführt. Es sind die gleichen Kisten, sie tragen nur eine andere Bezeichnung auf dem Deckel. Die Silberdollarladung wäre zu klein für zwei Wagen. Wir haben, wie Sie sehen, an alles gedacht.«

»Achtzigtausend Dollar«, murmelt Kendall nachdenklich. »Und wie unterscheide ich die Kisten?«

»Sie haben gerade und ungerade Nummern, Kendall. In den Ungeraden ist das Geld. Sie werden den größten Teil der Geldkisten auf einen Wagen laden, da es mehr ungerade Nummern gibt als gerade. Die Fahrer suchen Sie selbst aus, aber so, dass es keinem auffällt. Teilen Sie nachher die Leute so ein, dass die besten Fahrer in die Salt-Lake-Gruppe kommen. In jedem Fall nehmen Sie Moore mit. Er hat Augen und Ohren wie ein Luchs. Der Mann riecht Verdruss auf zehn Meilen.«

»Ich hätte ihn ohnehin mitgenommen, Mr Spalding. Noch etwas: Ich habe neulich Mr Wesley den Vorschlag gemacht, eine Zweigstelle in Idaho einzurichten. Twin Falls wäre der beste Ort dafür. Es gibt immer mehr Transporte ins Idaho-Territorium, Mr Spalding. Ich könnte den Handel dort intensivieren und eine Hauptstation aufbauen, die ich selbst leite. Die Station kann ich nicht selbst aufbauen, mein Geld reicht nicht dazu. Mein Vorschlag war …«

»Sein Vorschlag war«, unterbricht ihn Wesley kühl, »dass ihm die Overland achttausend Dollar für diese närrische Idee vorschießen solle. Kendall sagte mir, er würde die Leitung der Overland im westlichen Idaho übernehmen und zehn Jahre lang für uns arbeiten. Aber nur, wenn er das Geld bekäme. Erhielt er es nicht, würde er sehen, einen Partner zu bekommen und dort oben eine eigene Transportlinie aufzumachen. Diese unverschämte Drohung …«

»Wesley!«, knurrt Spalding scharf. »Die Idee ist nicht mal schlecht. Kendall, sollte der Vorschlag so lauten, dass Sie sich nach zehn Jahren eine eigene Linie aufbauen würden?«

»Ja«, antwortet Kendall knapp. »Das meine ich. Wenn die Overland in zehn Jahren die Hauptstrecken besitzt, bleiben mir genug Nebenstrecken. Ich sehe eine riesengroße Chance für die Overland.«