Der Fluch reitet mit - Howard Duff - E-Book

Der Fluch reitet mit E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Es ist Mahoney, als würde ihn die Sonne verbrennen und der Gluthauch der Luft ihn ersticken. Seine Lungen schmerzen, und der große breitschultrige Mann stürzt sich mit einem Schrei auf ihn. Zwar kann er der linken Faust ausweichen, aber der große Bursche vor ihm ist schneller, als Mahoney geglaubt hat. Die Rechte trifft ihn mit solcher Wucht, die Jona Mahoney über den Tränketrog fegt. Am Boden erst fragt sich Mahoney, was er eigentlich dem Mann getan hat. Und dann hat er die Antwort, denn der Mann sagt, während er auf ihn zuspringt: »Wir wollen dich nicht hier. Und damit du es begreifst – da hast du es!« Es ist nichts als nackte Verzweiflung, die Mahoney den Trog hochstoßen läßt. Mahoneys Beine sind schon immer schnell gewesen, er hat überhaupt viele Dinge seiner Schnelligkeit zu verdanken. Und auch jetzt sind es seine Beine, die ihn retten. Vielleicht retten sie ihn nur für Sekunden, aber auch Sekunden können entscheidend sein, wenn jemand nach einem überraschenden Angriff Luft braucht. Jona Mahoneys Stiefel treten den Trog hoch. Der Trog wird zu einem Geschoß, das zwischen die Beine des anstürmenden Mannes gerät und diesen zu Fall bringt. Er kann nicht sagen, warum er so schnell wieder auf den Beinen ist, dieser Jona Mahoney, aber er steht plötzlich, während der andere noch liegt. Dann legt Mahoney, immer noch keuchend und nach Luft ringend, seine ganze Kraft in die steile Rechte. Der Hieb kommt und trifft den Mann im Aufstehen. Er schleudert ihn einfach rückwärts in den Trog hinein. Und vielleicht ist es die Kante,

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Die großen Western – 247 –

Der Fluch reitet mit

Howard Duff

Es ist Mahoney, als würde ihn die Sonne verbrennen und der Gluthauch der Luft ihn ersticken. Seine Lungen schmerzen, und der große breitschultrige Mann stürzt sich mit einem Schrei auf ihn.

Zwar kann er der linken Faust ausweichen, aber der große Bursche vor ihm ist schneller, als Mahoney geglaubt hat. Die Rechte trifft ihn mit solcher Wucht, die Jona Mahoney über den Tränketrog fegt.

Am Boden erst fragt sich Mahoney, was er eigentlich dem Mann getan hat.

Und dann hat er die Antwort, denn der Mann sagt, während er auf ihn zuspringt: »Wir wollen dich nicht hier. Und damit du es begreifst – da hast du es!«

Es ist nichts als nackte Verzweiflung, die Mahoney den Trog hochstoßen läßt. Mahoneys Beine sind schon immer schnell gewesen, er hat überhaupt viele Dinge seiner Schnelligkeit zu verdanken.

Und auch jetzt sind es seine Beine, die ihn retten. Vielleicht retten sie ihn nur für Sekunden, aber auch Sekunden können entscheidend sein, wenn jemand nach einem überraschenden Angriff Luft braucht.

Jona Mahoneys Stiefel treten den Trog hoch. Der Trog wird zu einem Geschoß, das zwischen die Beine des anstürmenden Mannes gerät und diesen zu Fall bringt.

Er kann nicht sagen, warum er so schnell wieder auf den Beinen ist, dieser Jona Mahoney, aber er steht plötzlich, während der andere noch liegt.

Dann legt Mahoney, immer noch keuchend und nach Luft ringend, seine ganze Kraft in die steile Rechte. Der Hieb kommt und trifft den Mann im Aufstehen. Er schleudert ihn einfach rückwärts in den Trog hinein. Und vielleicht ist es die Kante, mit der der Mann in Berührung kommt – jedenfalls liegt dieser Berg aus Muskeln und Fleisch plötzlich mitten im Trog.

Mahoney stolpert los, er stolpert bis an die Holzrinne, durch die das Wasser in den Tränketrog geleitet wird. Dann zieht er den Schieber, beugt sich vor und spürt den Strom des wunderbar kühl erscheinenden Wassers über seinen Nacken laufen. Und dann sagt die Stimme eines Mannes aus sehr weiter Ferne: »Mahoney… Mahoney!«

Jona Mahoney macht die Augen auf und blinzelt.

Plötzlich weiß er, daß er wieder geträumt hat, denn dies ist nicht die Conrad-Ranch, dies ist auch kein Hof, es gibt zwar einen Wassertrog, aber keine Leitung, die zu ihm führt.

Der Mann, der breitbeinig absteigt und leicht lächelt, so daß die Runzeln und Falten seines alten Gesichtes noch schärfer hervortreten, ist auch nicht Calmat. Er liegt nicht im Trog, er ist auf seinem Pferd hierhergekommen.

Es ist nichts als der ewig wiederkehrende Traum Mahoneys von der ersten schlimmen Prügelei seines Lebens gegen einen Mann, der achtzig Pfund schwerer war als er, der Mahoney wieder einmal gequält hat.

Jona Mahoney hebt den Kopf und sieht den alten Ross schläfrig an. Dieser Blick ist es, der Ross die ganze Zeit, die Mahoney nun schon auf der King-Cross-Ranch anwesend ist, nachdenklich gestimmt hat.

Ross bildet sich ein, im Laufe eines langen Lebens viele Männer kennengelernt zu haben, aber er kann Mahoney nicht einstufen. Weder beteiligt sich Mahoney jemals an einer der üblichen Trinkereien am Lohnzahltag, noch spricht er jemals über sich selbst. Er sieht immer etwas verschlafen und träge aus. Sieht man ihn jedoch reiten, dann wird man sagen müssen, daß man selten einen besseren Mann im Sattel gesehen hat. Vielleicht ist Mahoney überhaupt der beste Zureiter auf hundert Meilen in der Runde.

Ross, der jahrelang die Pferde der Ranch zugeritten hat, ist jedenfalls dieser Meinung.

Mahoney, der unter dem Baum vor der Weidehütte liegt – die King-Cross-Ranch hat, wie viele andere Ranches, ihren Pferdecorral weit von der Ranch entfernt – und jetzt die Arme unter dem Nacken verschränkt, blickt hoch und fragt dann müde: »Ist etwas, Ross?«

»Nichts«, antwortet Ross, blickt aber doch in den großen und besonders hohen Stangencorral, in dem die beiden Stuten und der eine Hengst trotten.

»Der Boß hat mich vor vier Tagen in die Stadt geschickt. Ich habe gedacht, ich sollte nachsehen, ob du es geschafft hast.«

Er sagt nichts weiter und geht nahe an den Corral heran, dessen Stangen die Sitzhöhe eines Mannes im Sattel erreichen. Dann blickt er über die Stangen und grinst.

»Du hast es also geschafft, Junge«, sagt er nun. »Ich habe es doch gewußt. Was meinst du, was der Boß sagen wird? Ich wette, er gibt dir zehn Dollar extra. Was ist los, bist du müde, Junge? Ich habe eine Medizin in der Tasche…«

Er geht zu seinem Pferd und kommt mit der Brandyflasche in der Hand zu Mahoney zurück, der ihn schläfrig ansieht und nicht einmal die Hand ausstreckt, als Ross sich neben ihn hockt und ihm die Flasche entgegenhält.

»Das macht munter, Junge – na?«

»Du weißt, daß ich nicht trinke.«

Ross zieht die Hand wieder zurück, dreht den Schraubverschluß der Flasche auf und trinkt. Dann erst sagt er grämlich: »Du bist ein seltsamer Bursche, Jona. Du trinkst nicht, du hältst dein Geld zusammen, reitest kaum mal in die Stadt und bist von vier Wochen ganze drei hier allein. Ich möchte wissen, was es hier draußen gibt? Ich sehe nichts außer Berge, Steine, einen Bach, fast trockenes Gras und Pferde. Was bist du eigentlich für ein Mensch, Junge? Fehlt dir etwas?«

Mahoney sieht ihn an. Dann nimmt er den einen Arm unter dem Nacken fort und reißt einen Grashalm ab, den er sich zwischen die Zähne steckt.

»Ruhe«, sagt er dann träge. »Das fehlt mir.«

Ross schüttelt den Kopf, betrachtet Mahoney eingehend und wirft nicht einen, sondern zwei Blicke auf Mahoneys Revolver. Niemand von ihnen hat Jona Mahoney jemals schießen sehen. Er ist eines Tages auf die Ranch gekommen, als der Boß ein Rudel halbwilder Pferde gekauft hatte. Mit diesem Rudel ist Mahoney erschienen. Und als sie versucht haben, die Pferde zuzureiten und die ersten fünf Mann abgeworfen wurden, da ist Mahoney schweigend von den Corralstangen auf den Pferderücken gesprungen und ist geritten.

Dies, so denkt Ross, ist immer noch die beste Art für einen Mann, für sich selbst zu sprechen.

Und der Boß hat Mahoney dann auch als Zureiter eingestellt.

Nun ist Mahoney volle vier Monate hier. Es ist Hochsommer, und das Land liegt unter der prallen Sonne. Die Viehzüchter stöhnen über die Trockenheit. Kein Cowboy arbeitet bei der Hitze gern an der Herde, keiner würde Pferde zureiten wollen, aber Mahoney scheint die Hitze kaum zu spüren.

»Wann willst du auf die Ranch?« fragt Ross endlich, als Mahoney sich in Schweigen hüllt. »Ich kann die Pferde auch mitnehmen, wenn du bleiben willst.«

»Ich komme mit«, sagt Mahoney kurz. »Ich bin jetzt eine Woche weg und muß mich langsam wieder blicken lassen, Ross. Der Boß hat mir zehn Tage für die Pferde gegeben.«

»Sieben hast du nur gebraucht«, erwidert Ross anerkennend. »Junge, wo hast du nur so reiten gelernt?«

Mahoney richtet sich langsam auf. Er bleibt am Boden sitzen, blickt in die Ferne und sagt dann: »Das muß wohl angeboren sein. Ich bin mit vierzehn Jahren mit den ersten großen Herden von Texas aus nach Norden geritten, da lernt man eine Menge, Ross.«

Jetzt steht er auf, während Ross noch sitzen bleibt. Es ist schön kühl im Schatten des Laubdaches, außerdem muß Mahoney erst noch sein Pferd holen und die beiden Stuten und den Hengst an die Longen nehmen.

Ross blickt Mahoney nach, als er zur Hütte geht.

Mahoney ist ein großer, hager wirkender Mann mit gemächlichen Bewegungen. Sein Gang ist immer etwas nachlässig, er hat leicht gekrümmte Beine und trägt Stiefel ohne Sporen. Mahoneys Gesicht ist braungebrannt, er hat dunkles, welliges Haar und reitet sehr oft ohne Hut. Seine Augen sind von jenem hellen Blau, das eine Ähnlichkeit mit den frühen Lichtschatten der Sonne in den dunstigen Tälern hat. Jona Mahoneys Kinn ist fest und eckig, seine Nase gerade und etwas groß, während sein Mund schmallippig ist und meist etwas hart wirkt.

In diesem Augenblick kommt Mahoney auch schon aus der Tür. Er trägt seinen Sattel und die Longen zum Corral, holt zuerst sein Pferd, sattelt es und fängt dann die drei anderen ein.

Ross sieht ihm bei der Arbeit zu, wartet dann, bis Mahoney das Gatter geschlossen hat und auf die Hütte zureitet. Dort steigt Mahoney noch einmal ab. Er nimmt seinen Packen, schnallt ihn hinter dem Sattel auf und winkt dann Ross zu.

»Wir können«, sagt er trocken. »Hätte nie gedacht, daß es so heiß in Wyoming sein kann, Ross.«

»Bist du niemals vorher in dieser Ecke gewesen?«

Mahoney reitet an, die drei Pferde hinter sich, während Ross an seine linke Seite kommt.

»Vor zehn Jahren«, antwortet Mahoney dann, »aber im Herbst. Es war kühl und naß damals. Und ich dachte immer, daß hier im Norden nicht der richtige Platz für mich sei.«

»Und jetzt ist er es?« fragt Ross.

»Es ist gleich, wo man lebt, wenn man nur seine Ruhe hat«, erwidert Mahoney. »Ruhe muß man haben.«

Der Heimritt zur Ranch, die am Oberlauf des Red Cloud Baches liegt, verläuft schweigsam. Mahoney redet nicht viel, er scheint im Sattel zu schlafen. Gerade das ist es, was Ross nachdenklich stimmt, denn keiner der Männer, die er jemals an Pferden gesehen hat, kann sich so schnell bewegen wie Mahoney, wenn Bewegung und Schnelligkeit erforderlich ist.

Dieser Mahoney ist ein Rätsel für Ross.

Er wird es jedoch nicht mehr lange bleiben.

Sie sind nach knapp anderthalb Stunden später auf der Ranch. Mahoney bringt die drei Pferde sofort in den Corral.

Und in diesem Augenblick überkommt Mahoney eine erneute Unruhe. Kehrt er sonst auf die Ranch zurück und hat Pferde zugeritten, dann erscheint meistens die halbe Mannschaft, um zuzusehen – oder die Pferde mit bewundernden Rufen zu begrüßen.

Heute kommt niemand. Und das ist es, was Mahoney irgendein Warnzeichen signalisiert.

Jona Mahoney blickt sich um. Er kann das Mannschaftshaus sehen und die noch qualmende Zigarette am Boden neben der Bank vor dem Haus erkennen. Jemand hat also dort gesessen. Er muß aufgestanden und in das Haus gegangen sein. So eilig allerdings, daß er vergessen hat, seine Zigarette auszudrücken.

Hinter den Scheiben des Mannschaftshauses kann Mahoney undeutlich die Köpfe von vier Männern erkennen. Und plötzlich ist das Gefühl wieder da, jenes Gefühl, das dem Mann Mahoney die Luft zu nehmen droht. Es ist nicht das erste Mal, daß Mahoney dieses Gefühl überkommt. Es ist überall so gewesen. Irgendwo ist es eines Tages immer dazu gekommen, daß Männer, mit denen Mahoney bisher gearbeitet hatte, plötzlich alle Freundlichkeit ihm gegenüber verloren.

Mahoney blickt zum Küchenanbau. Der dicke Koch, der sonst immer gleich gerufen hat, ob Mahoney hungrig sei, zeigt sich nur kurz in der Tür. Dann tritt er zurück, er ruft irgendetwas, aber der Ruf gilt nur dem alten Ross.

Ross, der gerade am Anbau vorbei zum Haupthaus gehen will, bleibt stehen. Dann bewegt er sich krummbeinig und müde auf die Anbautür zu. Er bleibt in ihr stehen und spricht einige Worte. Dann wird er seltsam steif und wendet langsam den Kopf.

Es scheint Mahoney, der auf den Alten blickt, als wäre Ross verstört. Dann schüttelt der Alte heftig den Kopf. Er muß irgendeinen Fluch ausstoßen, seine Stimme wird plötzlich scharf und laut, dann dreht er sich um und geht weiter.

Ross ist jedoch noch nicht am Vorbau, als die Tür des Haupthauses geöffnet wird.

Nat Gray, der Rancher, tritt einen halben Schritt heraus. Er läßt Ross an sich vorbeigehen, blickt zu Mahoney, wendet sich dann jedoch, ohne ein Wort zu sprechen um, und verschwindet im Haus.

Sie brauchen nichts mehr zu sagen, denkt Mahoney bitter. Es ist also geschehen: sie wissen es! Gott weiß, wie sie es in Erfahrung brachten, es ist auch nicht weiter wichtig, wer ihnen etwas gesagt hat. Wichtig allein ist, daß sie es wissen.

Er dreht sich um, blickt einmal zu seinem Pferd und lächelt bitter. Das Pferd kann gleich gesattelt bleiben, es lohnt nicht, es erst noch abzusatteln. Der alte Ross ist so etwas wie der Vormann hier, der den alten Gray vertritt. Er wird, und darüber bestehen keine Zweifel bei Mahoney mehr, ihm den restlichen Lohn herausbringen.

Das Gatter ist geschlossen, die drei Pferde prusten, der Hengst versucht, seine Nüstern an Mahoneys Rippen zu reiben, aber Mahoney tritt zurück und geht los. Einen Moment denkt er an Lilian Gray, die Tochter des alten Nat, aber auch sie zeigt sich nicht.

Mahoney geht auf das Bunkhaus zu, in dem er eine Kiste unter seinem Bett stehen hat, in der seine wenige persönliche Habe, ein zweiter Anzug, noch zwei Hosen, einige Hemden und sonstige Kleinigkeiten, liegt.

Seine Schritte hallen einen Augenblick dumpf auf den Brettern, die vor dem Bunkhauseingang liegen, dann tritt er ein.

Er ist ganz ruhig und über die Zeit hinaus, in der man ihm ansehen konnte, daß er Furcht hat. Die Furcht ist noch immer in ihm, diese Furcht vor Blicken, die reden können. Aber er zeigt sie nicht.

Mahoney kommt ganz ruhig herein. Er sieht Butcher Koch auf der Eckbank sitzen. Neben ihm steht Willox, einen starren, düsteren Ausdruck im Gesicht. Linker Hand sind Carter und Hol­borne. Und sie alle schweigen.

»Hallo«, sagt Mahoney ruhig.

Er hört nur Koch einmal murmeln, aber es könnte auch etwas anderes als ein Begrüßungswort sein. Der große, etwas beschränkte und bärenstarke Pat Willox sieht ihn stur und etwas böse an. Für Mahoney ist der Gang zwischen den Betten frei. Keiner rührt sich, sie beobachten ihn nur alle. Er geht zu seiner Schlafkoje, die er kaum einmal benutzt, zieht die Kiste heraus und dreht sich dann scharf um.

Seine Bewegung kommt so schnell, daß die vier Männer im Raum zusammenzucken und dann erstarren.

Mahoney blickt auf das Schloß an der Kiste. Der Rundbügel des Schnappschlosses ist aufgebrochen worden. Jemand hat das Schloß zerstört, die Kiste also geöffnet.

Sein schneller suchender Blick gleitet über die vier Männer hinweg und bleibt schließlich auf Jingo Carter liegen.

Der kleine Carter, ein Mann mit listigen Augen, der seit gut einem Jahr auf der Ranch ist, erwidert seinen Blick mit frecher Unverschämtheit.

»Hast du das gemacht?« fragt Ma­honey langsam und hat sich schon wieder in der Gewalt. »Jingo, bist du an meiner Kiste gewesen?«

In Carters Blick liegt nun noch mehr Frechheit und etwas wie Hohn.

»Ich nicht«, erwidert er höhnisch. »Ich hab’ keine Lust, von dir wie ein Präriekaninchen erschossen zu werden, Mann. Nimm nur deine Sachen…«

»Ich bin es gewesen«, sagt Willox da tief und etwas heiser in seiner Erregtheit, die man genau heraushören kann. »Laß Carter in Ruhe, ich bin das gewesen!«

»So – du also«, antwortet Mahoney und macht die Kiste langsam auf, während das aufgebrochene Schloß aus der Krampe rutscht und scheppernd auf die Dielen fällt. »Dann mußt du schon einen verdammt guten Grund haben, Pat, fürchte ich, wenn es dafür eine Erklärung geben soll.«

Er hört die Bewegung und weiß, daß Willox jetzt einen Schritt auf ihn zukommt.

Mahoney blickt in die Kiste, er sieht seine durchwühlten Sachen und furcht die Brauen. Einen Augenblick flammt in ihm der Zorn auf, er beherrscht sich nur mit aller Mühe und beißt die Zähne fest aufeinander. In diesem Moment sagt Willox grimmig: »Ich hab’ einen, du verdammter, lausiger Dieb. Du hast mich bestohlen, du hast…«

Mahoney ist gewarnt. Und das nicht seit einigen Sekunden, sondern seit der Minute, in der ihn das Schweigen auf der Ranch empfangen hat.

Sein schneller Blick geht nach hinten. Er sieht den wilden Sprung von Willox, der ja nicht mehr als zwei Schritte in dem schmalen Gang zurückzulegen hat.

Mahoney kauert auf den Knien vor seiner Kiste, Willox springt los und reißt die rechte Faust hoch.

Es ist die Sache eines Augenblicks, dann wirft sich Mahoney nach links.

Willox, mitten im Sprung, kommt zu weit nach rechts. Er prallt an die Kiste, seine Rechte stützt den schweren Körper gegen die obere Pritsche. Und dann wirft er sich herum.

Vielleicht ist es für die anderen sicher, daß Willox mit Mahoney fertig werden muß. Willox hat Riesenkräfte, er ist sicher um zwanzig bis dreißig Pfund schwerer als Mahoney, aber er ist nicht so schnell.

In den Anprall von Willox, der die Pritschen knacken läßt, springt Mahoney auf die Beine.

Er sieht Willox herumwirbeln und sagt scharf: »Pat, laß das. Ich habe nicht gestohlen!«

»Du Lügner und Sohn eines…«

Willox springt erneut, seine Rechte ist wie ein Dreschflegel geschwungen, die Linke kommt wie ein Windmühlenflügel, um Mahoney durch den Gang zu fegen, aber Mahoney duckt sich und ist fort. Er springt selbst vorwärts, rammt in Willox linke Seite und schleudert den schweren Mann gegen den Kanonenofen. Willox erwischt das Rohr. Er brüllt jetzt vor Zorn und dreht sich. Das Rohr rutscht aus dem Loch in der Wand. Ruß rieselt in Flocken zu Boden, ehe das Rohr auf den Boden poltert. Dann ist Willox herum und sieht einen Moment die Faust von Mahoney. Mahoneys Linke kommt gestochen scharf und trifft Willox hart ins Gesicht. Der Hieb erwischt Willox noch vor dem Ende der Drehung und schleudert den schweren Mann über den Ofen.

Im gleichen Augenblick hört Mahoney hinter sich das schwere Trampeln der Stiefel. Er dreht sich weg, sieht Holbornes herunterschießenden Arm, erwischt dessen Handgelenk und reißt, sich drehend, den Arm über seine rechte Schulter hinweg.

Holborne stößt einen gellenden Schrei aus. Dann fliegt er über die Schulter von Jona Mahoney und landet genau auf Willox, der sich am eisernen Kanonenofen aufrichten will. Sein Anprall ist so heftig, daß Willox nach hinten geworfen wird. Willox prallt hart an den oberen Sockel des Kanonenofens.

Im nächsten Augenblick rutscht Willox, ohne noch ein Wort zu sprechen, am Ofen herab und liegt still am Boden.

Holborne aber, der wütend herumfährt, sieht das Schüreisen hinter dem Ofen liegen. Er ist weniger als einen Schritt von dem großen Schürhaken entfernt und greift jäh zu.

Carter, dessen listige Augen wild funkeln, hat nach einem der Schemel gegriffen, holt aus und wirft.

Mahoney duckt sich, der Schemel wirbelt über seinen Kopf hinweg und kracht dann gegen die Wand.

In derselben Sekunde aber kommt Holborne vom Boden hoch. Er schwingt den Schürhaken, stößt einen Fluch aus und holt aus.

Es ist das Ofenrohr, gegen das Mahoney tritt. Das Rohr fliegt von unten her hoch und schleudert den Arm Holbornes nach hinten. Dieser winzige Moment genügt Mahoney.

Jona springt los, erwischt Holborne an den Hüften und schleudert den Mann auf die Tür zu.