Die Kinder der Freiheit - Sonja Ryll - E-Book

Die Kinder der Freiheit E-Book

Sonja Ryll

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Beschreibung

Die 1998 erschienene Analyse der gesellschaftspolitischen und ökonomischen Veränderungen im Zeitraum von 1989 bis 1998, die die Verhaltensweisen der Generation der zu Wendezeiten Zehnjährigen wesentlich bestimmten, verarbeitet vor allem konkret nachweisbare Entwicklungen in der Grenzstadt Frankfurt (Oder), die jedoch für die neuen Bundesländer durchaus typisch sind. Heute, 25 Jahre nach dem Erscheinen, kann die Beschäftigung mit den damaligen politischen Entscheidungen zur Erklärung und Ursachenfindung des gegenwärtigen Siegeszuges der AfD in den östlichen Bundesländern beitragen.

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Seitenzahl: 26

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

1. „Die Kinder der Freiheit“

2. Der Weg in die „Freiheit“

2.1. Entwicklung in der DDR

2.2. Die Übergangsphase

2.3. Unter der Herrschaft des Kapitals

2.4. Sozialökonomische Folgen für die Familien

2.5. Wachsen von Angst und Gewalt

3. „Großdeutschland“

4. Die anderen „Kinder der Freiheit“

1. „Die Kinder der Freiheit“

13. September 1998 - Tag der Opfer des Faschismus. Am Denkmal der Opfer des Faschismus in Frankfurt (Oder) erklingt das Lied der Moorsoldaten. Ca. 200 Antifaschisten, junge, alte, Gewerkschafter, Kommunisten, PDS-Mitglieder, Sozialdemokraten, haben sich zum Gedenken und zur Mahnung auf dem Rosa-Luxemburg-Berg versammelt. Die Situation ist gespannt: 20 junge Faschisten stehen in Marschformation, mit NPD-Fahne und Trommel am Straßenrand. Das Lied ist noch nicht verklungen, da peitscht ein Trommelwirbel dazwischen, die Nazis marschieren auf das Denkmal zu. Das Folgende geschieht schweigend, denn der erste Redner spricht. Die Menge setzt sich in Bewegung, ohne Aufforderung, ohne ein Kommando. Die Faschisten werden abgedrängt, am Trommeln und jeglicher weiteren Störung gehindert, bis sie entnervt aufgeben. Zwei von ihnen erkenne ich wieder: Nico und Mary. Auch sie erkennen mich, senken ihren Blick vor mir, auch wenn ihre wie versteinert wirkenden Gesichter keine weitere Regung zulassen. Vor acht Jahren waren sie Kinder. Ihre zwischenzeitliche Entwicklung ist mir nicht bekannt.

In der folgenden Analyse gehe ich der Frage nach, welche gesellschaftspolitischen und ökonomischen Veränderungen die jetzigen Verhaltensweisen dieser Generation der zu Wendezeiten Zehnjährigen wesentlich bestimmten. Dabei verarbeite ich vor allem konkret nachweisbare Entwicklungen in der Grenzstadt Frankfurt (Oder), die jedoch für die neuen Bundesländer durchaus typisch sind.

2. Der Weg in die „Freiheit“

In den letzten Monaten, spätestens seit dem 12,9 % - Ergebnis der DVU in Sachsen-Anhalt wird dieser Begriff in Printmedien oder durch Psychologen in Talkshows gebraucht. Alle Welt kümmert sich plötzlich um den Zustand dieser nun wahlmündigen Generation, ist entsetzt über ihr Verhalten und schnell bei der Hand mit Erklärungen für Ursachen. Ihre Empfänglichkeit für „rechtsextreme Rattenfänger“ wird häufig mit dem mangelnden Umgang mit der „Freiheit“, die sie ja in der DDR nicht erlebt haben, begründet. Ihnen wird mangelndes Demokratieverständnis untergeschoben; sie wären nicht in der Lage, den anerzogenen „Kollektivismus“ durch ausgeprägte Individualität zu ersetzen, suchten deshalb nach Autoritäten, Unterordnung. Andererseits wird ihnen nach dem verordneten Internationalismus zugutegehalten, sie entwickelten jetzt endlich ein nationales Gefühl, was natürlich wieder schändlich missbraucht würde. Ihre plötzlich aufbrechende Gewalttätigkeit resultiere aus der erzwungenen Niederhaltung von dem Menschen eigenen Aggressionen, die sie ja in der DDR nicht ausleben durften. Und so weiter und so fort...

Das Bedeutende dieser Altersgruppe ist wohl eher, dass an ihr die Stabilität dieser Gesellschaft, die Tragfähigkeit der Annexion der DDR, die endgültige Unterwerfung ihrer Bürger unter das kapitalistische System messbar werden.

An dieser Generation wird deutlich, inwieweit diese Gesellschaft die Rekrutierung der Jugend unter die faschistische Ideologie befördert, sie bereit hält zur gegenwärtigen und zukünftigen Verwirklichung globaler Kapitalinteressen und als Zerschlagungspotential für revolutionäre, tatsächlich gesellschaftsverändernde Bestrebungen.