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Es gibt viele Methoden, einen störenden Menschen auszuschalten oder aus dem Weg zu räumen: Es muss nicht immer gleich Mord sein. Manchmal kommen Unfälle zu Hilfe, oft auch Fehler der Störenfriede selbst. Verleumdungen können ins Auge gehen und scheinbar harmlose Opfer erweisen sich als gestandene und trickreiche Kämpfer. Man kann sich auch im Gespinst seiner Intrigen verfangen und sie plötzlich als Strick um den eigenen Hals verspüren.
Dieser Band enthält die zwei Novellen »Sand im Mund« und »Liebe unter Piranhas« mit Marlene Schelm.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Horst Bieber
Die Kommissarin und der MAD
Zwei Fälle für Marlene Schelm
Neuausgabe
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Verlag: Xeban-Verlag: Kerstin Peschel, Am Wald 67, 14656 Brieselang; [email protected]
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Cover: © Copyright by Claudia Westphal nach Motiven, 2025
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Die Kommissarin und der MAD
Sand im Mund
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
Liebe unter Piranhas
Horst Bieber – sein Leben und Wirken
Es gibt viele Methoden, einen störenden Menschen auszuschalten oder aus dem Weg zu räumen: Es muss nicht immer gleich Mord sein. Manchmal kommen Unfälle zu Hilfe, oft auch Fehler der Störenfriede selbst. Verleumdungen können ins Auge gehen und scheinbar harmlose Opfer erweisen sich als gestandene und trickreiche Kämpfer. Man kann sich auch im Gespinst seiner Intrigen verfangen und sie plötzlich als Strick um den eigenen Hals verspüren.
Dieser Band enthält die zwei Novellen »Sand im Mund« und »Liebe unter Piranhas« mit Marlene Schelm.
***
Zwei Fälle für Marlene Schelm
von Horst Bieber
Personen:
Anke Wirtz (45) freie Grafikerin und stille Teilhaberin der Begleit- und Serviceagentur EPA (Eden-Paradies-Agentur)
Dr. Jonas Ritter – Ankes Anwalt
Martha Overbeck (44) Geschäftsführerin und Haupt-Eigentümerin der EPA
Sara Velber genannt Beda, (ca. 20 Jahre alt) stirbt bei einem Autounfall auf der Kepplerstraße
Hero Bansin – Rentner, stirbt im Alter von 46 Jahren an Krebs
Michael Laute – Heros, in Lissabon lebender Onkel
(Mar)Lene -Schelm Erste Hauptkommissarin
Jule Springer-Lenes Kollegin im Referat 11
Dr. Jonas Ritter war ein stattlicher, sehr gut aussehender Mann und außerdem ein erfolgreicher Anwalt, aber Anke Wirtz störte, dass er sich immer und überall unbedingt in Szene setzen musste, immer die erste Geige spielen wollte. Sie fand es mittlerweile aufdringlich und affig zugleich; sein Auftreten, als sei er unwiderstehlich, unfehlbar und unentbehrlich, stieß sie ab. Sie hatte Mühe, ihm gegenüber höflich zu bleiben. Auch jetzt strahlte er sie an, als wolle er sie beglückwünschen, dass sie endlich den Weg zu einem echten, zum richtigen Mann und Anwalt gefunden hatte. Sie hatte sich im Internet gründlich über Narzissmus informiert, und glaubte nun zu wissen, was Dr. Ritter zu seinem Verhalten trieb. Das Wissen machte den Umgang mit ihm allerdings nicht leichter.
»Guten Morgen, Frau Wirtz. Schön, Sie zu sehen. Was kann ich für Sie tun?«
»Guten Morgen«, sagte sie, mehr muffig als kühl, »ich wollte Ihnen nur einen Brief zeigen, den ich heute in meiner Post hatte.«
Er überflog das kurze Form-Schreiben, in dem ihr die Staatsanwaltschaft mitteilte, dass das Verfahren gegen sie wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingestellt worden sei. Er nickte zufrieden: »Das wusste ich schon. Ich weiß inzwischen auch warum.«
»Ja? Und warum?«
»Diese Sara Velber – wenn sie denn so hieß – hatte fast 1,3 Promille Alkohol im Blut und war außerdem bis in die Haarspitzen zugedröhnt mit Dope. Ihre Aussage, dass sie, ohne nach rechts oder links zu sehen, auf die Straße gelaufen oder getaumelt ist, war damit mehr als wahrscheinlich. Und die Reifenspuren beweisen, dass Sie alles getan haben, um den Unfall zu vermeiden.«
Weil es stockdunkel, regnerisch und böig war, hatte Anke Wirtz höllisch aufgepasst und war nicht schneller als 40 km/h gefahren. Trotzdem hatte sie die junge Frau zu spät gesehen. Die Fußgängerin trug einen schwarzen Anorak, dazu helle Hosen, und war einfach auf die Straße gelaufen, direkt vor Ankes Wagen, Anke konnte sich später nur noch an die hellen Hosenbeine erinnern, die sich ohne Verbindung zu einem Körper vor ihr zu bewegen schienen. Sie war in die Eisen gestiegen, dass die Reifen blockierten und hatte das Steuer nach links gerissen, aber es war zu spät, mit der rechten Ecke der Motorhaube erfasste sie die junge Frau noch und warf sie so unglücklich auf die schmale Straße, dass sie mit dem Kopf gegen die Bordsteinkante schlug. Anke Wirtz hatte sofort über Handy Polizei und Notarzt verständigt. Zum Glück hatte sie an dem Nachmittag keinen Tropfen Alkohol getrunken. Trotz der Feuchtigkeit waren ihre Brems- und Ausweichspuren noch zu erkennen, als die Polizei eintraf. Und niemand zweifelte an der Aussage einer 45-jährigen Fahrerin mit fünfundzwanzig Jahren Fahrpraxis, in deren Verlauf sie keinen Punkt in Flensburg kassiert hatte und nie wegen eines Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung aufgefallen und aktenkundig geworden war. Und nun Alkohol und Drogen beim Opfer, das wahrscheinlich Sara Velber hieß. Papiere hatte sie nicht bei sich gehabt, nur in der Innentasche des Anoraks einen leeren, in Frankfurt/Main abgestempelten Briefumschlag mit der Anschrift Sara Velber, Dryanderstraße 45 in Tellheim.
Die Polizei, die den Brief nicht sofort entdeckt hatte, war zu Anke gekommen und hatte gefragt, ob sie zufällig die Tote kenne. Anke hatte sich vor dem Abtransport der Toten in die Gerichtsmedizin die junge Frau genau angeschaut. Trotz der jetzt erschlafften Gesichtszüge war nicht zu verkennen, dass sie eine auffällig aparte Frau gewesen war, nicht schön oder hübsch oder niedlich im üblichen Sinne, sondern apart, mit langen hellbrünetten, fast blonden, glatten Haaren, die jetzt wie ein Kranz um ihren Kopf ausgebreitet waren und den feuchten, schmierigen Straßenstaub und -dreck aufzusaugen schienen.
»Nein, tut mir leid, ich kenne sie nicht.«
»Haben Sie sie zufällig mal hier in der Gegend gesehen?«
»Nein.«
»Frau Wirtz, wir würden uns gern Ihren Wagen mal näher anschauen, ob Licht, Lenkung und Bremsen in Ordnung sind. Außerdem brauchen wir von Ihnen eine Blutprobe. Sind sie damit einverstanden?« Das Pusteröhrchen hatte nichts angezeigt.
»Ja, natürlich.«
Auf der Fahrt in die Klinik saß sie wie versteinert in dem Streifenwagen. Noch nie hatte sie einen Unfall gehabt und nun gleich beim ersten Mal eine Tote. Erst nach der Blutentnahme begann sie zu zittern wie Espenlaub und die Ärztin sagte mitleidig: »Den Rat gebe ich nicht oft, aber wenn Sie zu Hause Cognac oder Wodka haben, lassen Sie etwas Luft in die Flasche. Und dann ab ins Bett, Fenster auf für frische Luft und bloß keine Tabletten.«
Eine junge Streifenpolizistin fuhr sie nach Hause. Anke weinte jetzt pausenlos und kriegte sich nicht wieder ein. Erst als sie vor dem Haus anhielten, sagte die junge Frau am Steuer leise: »Bei meinem zweiten Einsatz bei einer Alkoholkontrolle ist ein Mann mit einem Springmesser auf mich losgegangen. Ich habe ihn in Notwehr erschossen. Monatelang habe ich mich im Schlaf gefragt, warum hast du das getan, warum hast du nicht versucht, ihn mit einem der gelernten Judogriffe außer Gefecht zu setzen. Ich habe mehr als einmal daran gedacht, den Beruf zu wechseln. Ich fürchte, da müssen Sie jetzt auch durch, aber ich kann Ihnen versprechen, eines Tages können Sie damit leben und wieder ruhig schlafen. Bis dahin nur bloß keine Hilfe im Alkohol oder bei Tabletten suchen.«
»Danke, ich werde daran denken.«
Die Oberkommissarin Martha Olliger kam selten in das Präsidium am Krötengraben, ihre Abteilungen war verkehrsgünstiger in einem eigenen Neubau am Ring 1 untergebracht worden.
Marlene Schelm, im Hause allgemein nur Lene genannt, musterte die Kollegin erstaunt: »Sicher, komm herein, was kann ich für dich tun?«
»Mir in einer komplizierten Sache helfen, in der wir nicht weiterkommen.«
Vor jetzt fast acht Wochen hatte es auf der Kepplerstraße abends einen Verkehrsunfall gegeben, bei dem eine junge Frau zu Tode gekommen war. Sie hatte keine Papiere bei sich gehabt, nur in der Innentasche ihres Anoraks einen leeren Briefumschlag, der an eine Sara Velber, Dryanderstraße 45 in Tellheim, gerichtet und in Frankfurt/Main aufgegeben worden war. Natürlich hatten sie sich in dem Haus erkundigt und nach der toten Frau gefragt und Fotos von dem Unfallopfer gezeigt, aber niemand wollte sich an sie erinnern. Sie hatte dort auch keine Wohnung gemietet. Bundesweit wurde keine Sara Velber vermisst, das »Blonde Gift« – so der schmeichelhaft gemeinte Spitzname der Gerichtsmedizinerin Prof. Nadine Golowski, feste Freundin des Direktors der Tellheimer Kriminalpolizei Jörg Steiger, hatte nichts festgestellt, was eine Identifizierung über Operationen oder Zahnbehandlung möglich gemacht hätte. »Wen haben wir da eigentlich anonym begraben?«
»Velber mit V?«
»Ja.«
»So häufig scheint mir der Name nicht zu sein.«
»Ist er auch nicht, Lene. Wir haben gut zwei Dutzend Personen aufgetrieben, aber niemand will eine Sara Velber kennen oder vermissen.
Bundesweit keine Vermisstenanzeige für eine Sara Velber. AFIS sagt nein, kenne ich nicht, Inpol auch und die Genbank in Wiesbaden melden auch Negativ. Grem bricht angeblich schon unter seinen laufenden Fällen zusammen« – das tat Hauptkommissar Kurt Grembowski unter lautem Geschimpfe immer, wenn man ihn um Hilfe bat, weshalb er im Haus nur Grem der Grobe hieß.
»Ich war auch schon bei Arne Wilster im Keller, aber der wird aus der Sache auch nicht schlau.« Arne Wilster, ehemals Chef der Zielfahnder, hatte nach einem Unfall ein lahmes Bein zurückbehalten, musste Strecken länger als hundert Meter am Stock laufen und leitete nun offiziell das Archiv, beschäftigte sich aber in erster Linie mit Fällen, in denen Kollegen nicht weiterkamen oder bei denen bald Verjährung drohte.
»Was ist mit der Fahrerin des Unglücksautos?«
»Kein Anhaltspunkt. 45 Jahre alt, von Beruf Grafikerin, 25 Jahre Führerschein ohne Unfall. Am Unglücksabend kein Alkohol, keine Drogen, Tempo 40 und Brems- und Ausweichmanöver. Das Opfer war zugedröhnt und hatte überdies fast 1,3 Promille.«
»Ich soll also herausfinden, wer das Opfer war?«
»Das wäre schön, Lene. Sie liegt auf dem Ostfriedhof. Ich hab' so ein komisches Gefühl im Bauch.«
Lene kannte das und war deswegen die letzte, die sich über solches Unbehagen, solche Bauchgefühle lustig machte.
»Okay, ich gehe aber vorher doch zu Steiger.«
Lene wusste, dass sie beim Direktor der Kripo einen Stein im Brett hatte und manches durchsetzen konnte, was die Routine und die üblichen Zuständigkeiten sprengte. Steiger, früher selbst einmal ein sehr erfolgreicher Ermittler im Landeskriminalamt, lachte und stimmte zu.
Martha Olliger meinte etwas neidisch, als sie zurückgingen. »Beziehungen muss man haben.«
»Vitamin B schadet selten, richtig.«
»Ich bring dir dann die Akten heute gegen Dienstschluss vorbei.«
Die junge Beamtin, die sie nach Hause gefahren hatte, sollte Recht behalten. Anke Wirtz quälte sich vier Wochen mit Albträumen, Selbstvorwürfen und Schlaflosigkeit herum und hatte in der Nacht, bevor der Brief von der Staatsanwaltschaft eintraf, in dem das Verfahren gegen sie eingestellt wurde, zum ersten Mal wieder ohne böse Träume durchgeschlafen.
Deshalb beschloss sie, an diesem Tag sich wieder einmal hinter das Steuer zu setzen. Ihre Werkstatt hatte den Wagen von der KTU abgeholt, den Scheinwerfer und den Blinker vorne rechts erneuert und das Auto auf ihrem Hof abgestellt.
Als sie bei Hero Bansin anrief, um ihm mitzuteilen, dass sie heute wieder kommen werde, nahm der nicht ab. Also sprach sie auf Band: »Guten Morgen, Hero. Anke hier. Ich habe das Schlimmste hinter mir und schaue heute über Mittag mal vorbei.«
Vor seinem Haus im Argelanderweg parkten mehrere Autos, darunter zwei Streifenwagen und ein Notarztwagen. Beunruhigt schloss sie die Haustür auf und ging hinein. Die Wohnungstür war ins Schloss gezogen, Anke benutzte ihren Schlüssel und wäre fast vor Schreck in Ohnmacht gefallen; aus einem Zimmer kam eine junge Frau herausgeschossen und brüllte sie an: »Was machen Sie denn hier?«
Anke Wirtz brauchte einige Zeit, sich wieder zu fangen und dann zu antworten: »Diese Frage sollte ich eher Ihnen stellen. Wer sind Sie überhaupt und was haben Sie hier in der Wohnung verloren?«
Bevor die junge Frau mit den kurzen blonden Locken antworten konnte, kam ein Mann in die Diele und hielt ihr einen Ausweis hin: »Kriminalpolizei, mein Name ist Harald Sturm. Und wer sind Sie?«
»Ich heiße Anke Wirtz und bin mit Hero Bansin befreundet. Ist ihm was passiert?«
Sturm wurde ernst: »Ich fürchte, ich hab’ eine schlechte Nachricht für Sie. Der ärztliche Dienst hat Hero Bansin heute tot in seinem Bett gefunden.«
»Oh nein«, jammert sie auf. »Doch nicht Hero. Doch nicht jetzt.«
»Sie kannten Bansin näher?«
»Ja.«
Aus dem Wohnzimmer kam noch eine Frau in die Diele; Sturm trat zur Seite: »Die Chefin, Hauptkommissarin Marlene Schelm.«
»Kriminalpolizei? Ist denn was passiert, ein Einbruch oder so?«
»Nein. Im Wohnzimmer lagen Scherben am Boden und das ist der Schwester aufgefallen, die Bansin die tägliche Schmerzspritze geben sollte. Vorsichtshalber hat sie die Polizei alarmiert.«
»Aber der Einbrecher hat doch nicht … hat doch nicht Hero was …?«
»Nein, das sieht nicht so aus. Unser Arzt hat Unmengen an Medikamenten gefunden. Wissen Sie, woran Herr Bansin gelitten hat?«
»Krebs. Er ist mehrfach operiert worden; aber es hat immer wieder Metastasen gegeben. Und er wollte auf keinen Fall im Krankenhaus sterben. Dann lieber Tablette en masse und jeden Tag eine Spritze.«
»Sie haben ihn gut gekannt?«
»Ja.«
»Sind Sie oft hier gewesen?«
»Eigentlich jeden zweiten Tag, und wenn es meine Arbeit erlaubt hat, auch täglich.«
»Darf ich fragen, was Sie machen?«
»Ich bin freiberufliche Grafikerin. Da kann man sich die Arbeit doch etwas freier einteilen.«
»Aber in letzter Zeit waren sie nicht so oft hier?«
»Woher wissen Sie das?«
»Wir haben das Band des Anrufbeantworters abgehört. Da sagt eine Frau namens Anke, sie habe jetzt das Schlimmste hinter sich und wolle über Mittag wieder mal kommen. Waren Sie das?«
»Ja. Vor vier Wochen habe ich nicht weit von hier eine junge Frau totgefahren. Die Polizei hat meinen Wagen untersuchen wollen und ich habe mich vier Wochen lang nicht getraut, mich wieder ans Steuer zu setzen.«
»Das war auf der Kepplerstraße, nicht wahr? … Schauen Sie mich nicht so überrascht an, die Kollegin vom Verkehrsunfalldienst war bei mir und hat mich um Hilfe gebeten. Die Identität der Toten steht nämlich immer noch nicht fest. Aber setzen wir uns doch ins Wohnzimmer. Wir haben eine Menge Fragen, die Sie uns vielleicht beantworten können.«
»Und Hero …?«
»Der ist schon abtransportiert. Unsere Gerichtsmedizin kümmert sich um die exakte Todesursache.«
»Muss das sein?«
»Wir können nicht ausschließen, dass es einen tätlichen Angriff auf Hero Bansin gegeben hat.«
Anke zuckte die Achseln und folgte der Hauptkommissarin ins Wohnzimmer.
»Frau Wirtz, wie lange kannten Sie Hero Bansin schon?«
Sie musste einen Moment rechnen und sagte dann entschieden: »Dreiundvierzig Jahre.«
»Entschuldigung, ich weiß aus der Unfallakte, dass Sie 45 Jahre alt sind, wie kann man dann einen Mann seit mehr als vierzig Jahren kennen?«
»Weil der Mann mich im zarten Alter von zwei Jahren zum ersten Mal verhauen hat … nun schauen Sie nicht so verblüfft. Wir waren Nachbarskinder in München-Bogenhausen und haben oft zusammen in einer Sandkiste gespielt. Dann ist sein Vater gestorben, die Mutter ist zu ihrer verheirateten Schwester nach Lissabon gezogen und Hero und ich haben uns aus den Augen verloren.«
»Und hier in Tellheim wieder getroffen?«
»Ja. Hero hatte in einer Ausstellung eine Arbeit von mir gesehen und herausgefunden, wo ich wohne. Das war vor gut zehn Jahren.«
»Darf ich daraus schließen, dass zwischen Ihnen …«
»Nein, ganz im Gegenteil. Die Sandkistenprügel hatte ich ihm verziehen, aber von Liebe war nie die Rede, nicht einmal von Zuneigung.«
»Von was dann?«
»Mitleid. Als wir uns wiedersahen, war er schon ein sehr kranker Mann, Herz, Lungen, Magen, Leber, so ziemlich alles, was defekt werden kann. Nicht verheiratet, als Einzelkind keine Nichten und Neffen, ohne jeden Anhang. Stinkreich, aber sterbenseinsam.«
»Keine Freundin oder Geliebte?«
