Die Kunst der Schuhe - Marie-Josèphe Bossan - E-Book

Die Kunst der Schuhe E-Book

Marie-Josèphe Bossan

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Beschreibung

Die Kunst der Schuhe

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Seitenzahl: 312

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1. Sandale „Akha“, Kopfbedeckung des Akha-Stammes aus dem Goldenen Dreieck, recycelte Coladose und Samen des Dschungels, 6 cm hoher Absatz aus Stahl, Leder. Trikitrixa, Paris.

Text:Marie-JosèpheBossan

Übersetzung:AndreaStettler

©ConfidentialConcepts,worldwide,USA

©ParkstonePressUSALtd,NewYork,USA

©MiróEstate/ArtistsRightsSociety,NewYork/ADAG,Paris

©ArroyoEstate/ArtistsRightsSociety,NewYork/VEGAP,Madrid

©MagritteEstate/ArtistsRightsSociety,NewYork/ADAGP,Paris

©WarholEstate/ArtistsRightsSociety,NewYork

©KingdomofSpain,Gala-SalvadorDalíFoundation/ArtistsRightsSociety,NewYork,USA/VEGAP,Madrid

©JoëlGarnier,ill.11,35,36,39,45,49,50,51,52,58,59,60,61,63,64,66,71,72,74,75,83,84,89,92,93,94,95,96,97,98A,98B,99,100,101,102,103,104,111,113,114,115,116,117,118,119,126,152,153,154,155,156,157,159,160,161,164,165,166,169,170,171,175,177,178,183,187,194,198,199,200,201,206,207,212,220,223,224,225,226,227,228,229,230,231,232,238,244,247,248,249,250,251,252,253,264,266,272,274,300,301,302,303,304,307,310

©EricDelorme,ill.85

©E.Eylieu,ill.306

©PhotothèquedesmuséesdelaVilledeParis,ClichéMarchand,ill.31,ClichéPierrain,ill.73,ClichéLadet,ill.79,ClichéLifermann,ill.216,234,235,277

©TheMetropolitanMuseumofArt,ill.107

©FondazioneNazionaleC.Collodi,ill.278

ISBN:978-1-78310-629-5

WirdankenderStadtRomansundJoëlGarnier.

WeltweitalleRechtevorbehalten.Soweitnichtandersvermerkt,gehörtdasCopyrightderArbeitendenjeweiligenFotografen.TrotzintensiverNachforschungenwaresabernichtinjedemFallmöglich,dieEigentumsrechtefestzustellen.GegebenenfallsbittenwirumBenachrichtigung.

Marie-JosèpheBossan

DieKunst

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Von der Antike bis heute

Schuhe der Welt

Berühmte Schuhe

Schuhgeschichten, Lebensgeschichten

Der Schuh in der Literatur

Der Schuh in der Kunst

Anhang

Glossar

Bibliographie

2. Fliegerstiefel, ca. 1914. Frankreich.

VorwortDerSchuh,Kultur-undKunstobjekt

AlsnotwendigerBestandteildestäglichenLebens,fürdensichZeitgenossenhöchstensausBequemlichkeits-undEleganzgründeninteressieren,nimmtderSchuheineäußerstwichtigeStellunginderKulturgeschichteundeinenichtwenigerwichtigeinderKunstgeschichteein.

AlswirMenschendenKontaktmitderNaturverloren,habenwirauchdietiefereBedeutungdesSchuhsausdenAugenverloren;dochwirwerdensiebaldwiederentdecken,indemwirunswiedermehrmitdemSchuhbefassen,besondersdurchdenSport:Ski-,Berg-,Jagd-,Wander-undFußballschuhe,LeinenschuhebeimTennis,Reitstiefel,sindzumeinennichtwegzudenkendeTeilederSportausrüstungundmanwähltsiemitSorgfaltaus,undzumanderengebensieAufschlussüberverschiedeneTätigkeiten,HobbiesundGeschmäcker.

ZueinerZeit,alsderMenschnochvielmehrvondenklimatischenVerhältnissen,derVegetationundderBodenbeschaffenheitabhängigwarundderGroßteilderBerufeKörpereinsatzerforderte,hattederSchuhfürjedermanneineimmenseWichtigkeit.HeutzutagenimmternurnochfürwenigeMenscheneinesolchwichtigeStellungein.DasSchuhwerkwarnichtüberallgleich:DieMenscheninkaltenRegionentrugennichtdieselbenSchuhewiedieindenTropen,dieimWaldLebendenhattenanderesSchuhwerkalsdieSteppenbewohnerunddasderSumpfgängerunterschiedsichnatürlichvondemderBergsteiger;eswurdenjenachTätigkeitverschiedeneSchuhegetragen,seiesbeiderArbeit,aufderJagdoderbeimFischfang.FolglichgibtunsderSchuhwertvolleAuskünfteüberunterschiedlicheLebensweisen.

InhierarchischgegliedertenGesellschaften,wodieMenscheninKasteno.ä.eingeteiltwaren,wardieKleidungbestimmend.Prinzen,Bürgerliche,Soldaten,KlerusundDienerunterschiedensichauchdurchdas,wassietrugen.DerSchuhbringt–wenigerspektakuläralsderHut,aberdochaufumfassendereWeise–denjeweiligenGlanzderKulturenansLicht,erenthülltdiesozialeKlasseunddieErlesenheitenderVölker:AlsErkennungszeichen,sowiederRing,denmandemdünnstenFingerüberstülpt,wird„dergläsernePantoffel”nurdemzartestenFußpassen.

DasAussehendesSchuhsistvondenunterschiedlichstenGebräuchengeprägt,wasunsEinblickindiesegewährt.ErunterrichtetunsüberdieFußdeformationen,diechinesischeFrauenzuerleidenhatten;erzeigtunswiedieReiternomadenausdemNordenihreSouveränitätaufdemindischenSubkontinentbeweisenwollten,indemsieinIndienungebräuchlicheStiefelaufbewahrten.FilzpantoffelnrufenunsdieHammamsinErinnerung,BabuschendasislamischeVerbot,mitSchuhenKultstättenundHäuserzubetreten.

ManchmalhatderSchuhauchsymbolischenoderrituellenCharakter,istverbundenmiteinemeinschneidendenAugenblickimLeben.Manerzählt,dasshoheAbsätzedazudienten,dieFrauamTagihrerHochzeitgrößerzumachen,umsiedaranzuerinnern,dassdiesdereinzigeMomentsei,indemsieüberihrenManndominierenkann.

DieStiefeldesSchamanenwarenmitTierhäutenundKnochenverziert,umausihmdasAbbildeinesHirscheszumachenundihnzubefähigen,wieeinHirschdurchdieWeltderSinnezulaufen.Manist,wasmanträgt.UndwennmanauchseinenKopfschmückenmuss,umaneinemgehobenerenLebenteilzunehmen,sosindesdochdieFüße,dieeszuverschönerngilt,sobaldesdarumgeht,sichgewandterfortzubewegen.AtheneträgtGoldschuhe,HermesSchuhemitAbsatz.PerseusbeschafftsichbeidenNymphengeflügelteSandalen,umdurchdieLüftefliegenzukönnen.NebenderhohenMythologiesinddaauchnochdieMärchen.SogibtesetwadieSiebenmeilenstiefel,diesichvergrößernoderverkleinern,umentwederdemmenschenfressendenRiesenoderdemDäumlingzupassen,undmitdenenmandasUniversumdurchquerenkann.UnddergestiefelteKatersprichtzuseinemHerrn:„LassenSiemirnureinPaarStiefelanfertigenundSiewerdensehen,dassSiegarnichtsoschlechtgestelltsind,wieSieglauben.“

ReichtesalsoausSchuhezutragen,umdenFuß,deroftalsderbescheidensteundbenachteiligstemenschlicheKörperteilbezeichnetwird,zutranszendieren?Wahrscheinlichmanchmal,aberauchnichtimmer.DennderFußselbstistnichtimmerseinesHeiligenberaubtundkannseinerseitsdavondemSchuhetwasmitteilen.DieFlehendenundVerehrendenhabensichschonimmerdenMenschenzuFüßengeworfen;esistderFußderMenschen,derseineSpuraufdemnassenoderstaubigenBodenhinterlässt,undoftisterdaseinzigeZeugnisihresVorbeikommens.DerSchuhisteinkennzeichnendesKleidungsstück,weswegenerauchdazudienenkann,denjenigengenauerdarzustellen,derihngetragenhat,dervielleichtverschwundenistunddessenSpurenmannichtzuverfolgenwagt:DaswohlcharakteristischsteBeispielhierfürliefertunsderprimitiveBuddhismus,derseinenGründerdurcheinenSesseloderdurchdessenFußabdruckdarzustellenpflegt.

AufGrundderverschiedenstenMaterialien–z.B.Leder,Holz,Stoff,Stroh,stark,wenigodergarnichtverziert–ausdenenerhergestelltwird,wirdderSchuhzumKunstobjekt.MagseineFormauchmanchmalmehrzweckmäßigalsästhetischsein–dasistabernichtimmersoundeswerdennochsehrvieleaberwitzigeFormenzubeschreibensein–,seineStoffdesigns,Stickereien,EinlegearbeitenundFarbendeckendennochsehrgenaudiecharakteristischeKunstauffassungdesLandesauf,woergefertigtwurde.DasInteressefürdenSchuhisthauptsächlichdeswegensogroß,weilernichtnureinereinzigenKasteodereinerbestimmtensozialenGruppevorbehaltenistwieWaffenoderMusikinstrumente,weilernichtdasProduktnureineroderzweiKulturenistwiederTeppichundweilerwederdasklassische„Prunkobjekt“derReichennochdie„Tracht“derArmenist.

DerSchuhwurdeinnerhalballergesellschaftlichenKlassenvonjedemeinzelnenIndividuumgetragenunddasaufderganzenWelt.

Jean-PaulROUX,

DirektordesfranzösischenwissenschaftlichenForschungszentrums(C.N.R.S.)

EmeritierterProfessordesLehrstuhlsfürislamischeKünste

anderEcoleduLouvre

3. Modell eines Halbschuhs aus Lehm mit hochgezogener Spitze aus einem Grab in Aserbeidschan, 13.–12. Jh. v. Chr., Musée Bally, Schönenwerd, Schweiz.

4. Eisenschuh aus Syrien, 800 v. Chr., Musée Bally, Schönenwerd, Schweiz.

Von der Antike bis heute

Die Vorgeschichte

InvorgeschichtlicherZeitscheintmanSchuhenichtgekanntzuhaben,dennalleunsbekanntenFußspurenstammenvonnacktenFüßen.AberinSpanienentdeckte,voretwavierzehntausendJahrenentstandeneHöhlenmalereienausderAltsteinzeitzeigenschondieMenschenderjüngerenAltsteinzeitmitPelzstiefeln.NachAussagedesAbbéBreuil(1877bis1961),einesfranzösischenPaläontologenundExpertenfürVorgeschichte,bedecktederMenschdesNeolithikumsseineFüßemitFellen,umsichvordenUnbildenderWitterungzuschützen.

AuchwennwirüberkeinekonkretenBeweiseverfügen,scheintes,dassderMenschimmerinstinktivdaraufbedachtwar,seineFüßezuschützen,umsichfortbewegenzukönnen.DasSchuhwerkwarinseinenAnfängenalsozweifellosausschließlichzweckbestimmt.EinenklarenBeweishierzuliefertunsdersogenannteÖtzi,dermumifizierteMensch,denmanineinerGletscherspalteinTirolfand.Ertrug„Stiefel“,dienochhervorragenderhaltenwaren.AusLederhergestellt,dientensievorallemdemSchutzderFüßeundwarendazugedacht,ihmdieÜberwindunggroßerEntfernungenzuermöglichen,dieeralsHändlerzurücklegenmusste.ErstimaltenÄgyptenentwickeltedasSchuhwerkaucheinenästhetischenReiz,esdientederPrachtentfaltungundließdengesellschaftlichenRangseinesTrägerserkennen.

AntikeDerSchuhindengroßenKulturenderAntike

Im4.JahrtausendvorChristusentwickelnsichinMesopotamienundÄgyptendieerstengroßenKulturen.DortbildensichdiedreiHaupttypendesSchuhsheraus:Schuh,StiefelundSandale.EinearchäologischeExpeditionentdeckte1938ineinemTempelderStadtTellBrakinSyrieneinenSchnabelschuhausTon.Erentstandvormehrals3000JahrenvorChristusundbelegtGemeinsamkeitenzwischendieserStadtundderKulturderSumerervonUrinMesopotamien.

Ungefähr2600JahrevorChristusfindetmanDarstellungenvonSchnabelschuhenaufzylindrischenSiegelnausderEpocheAkkad.DieserSchuhtypunterscheidetsichvondemsyrischenModelldurcheinevielhöhereSchnabelspitze.DiesermiteinemPomponverzierteSchuhistinderFolgeausschließlichfürdenKönigbestimmt.DievondenEroberernausdenBergenmitgebrachteSchnabelform,diesichdortausderBodenbeschaffenheiterklärt,wirdspäterimKönigreichAkkadzurgängigenSchuhform,siebreitetsichdannauchinKleinasienausundwirdBestandteilderNationaltrachtderHethiter.

VieleBasreliefs,wiedieimHeiligtumvonYazilikaya(Türkei)ausdemJahre1275vorChristus,legendavonZeugnisab.DiePhönizier,großeSeefahrer,tragenzurVerbreitungdesspitzenSchuhsinZypern,MykeneundaufKretabei.AufdenFreskenindenkretischenPalästen,dieSpieleundZeremonienamköniglichenHofzeigen,isterdargestellt.DieGemälde,diedasGrabvonRekhmire(18.DynastieinÄgypten,1580bis1588vorChristus)schmücken,zeigenKretermitspitzenStiefeln,einHinweisaufBeziehungenzwischenKretaund

5. Abdruck eines zylindrischen Siegels, Akkad-Dynastie, um 2340–2200 v. Chr., Mesopotamien, Höhe 3,6 cm.

6. Tötung eines Löwens durch den König, Flachrelief im Palast von Assurbanipal, Ninive, 638–630 v. Chr. British Museum, London.

Assyrien,dasmesopotamischeKaiserreich,istvom9.biszum7.JahrhundertvorChristusdiebeherrschendeMachtimaltenOrient.AufdenSkulpturenderassyrischenBautenerscheinendieSandaleundderStiefel.DieSandale,einevereinfachteFormdesSchuhs,bestehtauseinerSohleundlangen,schmalenRiemen.DerStiefel,einvonReiterngetragenerSchuhtyp,hateinenhohenSchaftundumhülltdasBein.DerpersischenDynastie,um550vorChristusvonCyrusII.,demGroßengegründet,gelingtdieEinigungdesaltenOrientsfürdenZeitraumvonderMittedes6.JahrhundertsbiszumEndedes4.Jahrhunderts.DieBildhauerhabenaufdenBasreliefsderachämenidischenKönigeeineProzessionvonFigureninSteingehauenundaufdieseWeiseGewänderundSchuhwerkjenerEpochewieaufeinerFotografiedargestellt.DortfindensichStiefel,aberauchSchuheausweichemMaterialundausLeder,diedenganzenFußbedeckenundamKnöchelmitBänderngeschlossenwerden.WillmandieEntwicklungdesSchuhsbiszumheutigenTagverstehen,mussmansichdemGeschehenindengroßenKulturenderAntikezuwenden.DarüberhinausträgteineAnalysederBibeldazubei,dieGeschichtedesSchuhsaufneueundfaszinierendeWeisezu

7. Sandalenmacher, Reproduktion eines Freskos, 18. Dynastie, 1567–1320 v. Chr., Metropolitan Museum of Art, New York.

Ägypten

DieerstenSandalenerscheinenimaltenÄgypten.DerflacheSchuhtypmitRiemenerklärtsichausdenklimatischenundgeografischenGegebenheitenÄgyptens.AlsBeweisfürdieBedeutung,diedemSchuhvonjetztaninderPrachtentfaltungzukommt,zeigtdieSchminktafeldesKönigsNarmer,etwa3100vorChristus,einenDiener,„denSandalenträger“,derhinterdemHerrschergehtunddieköniglichenSandalenaufdemArmträgt.

FrauenundMännerwerdenzwarhäufigbarfußdargestellt,tragenjedochauchmanchmalSandalenausLeder,ausgeflochtenemStrohoderausRiemen,diewiederumausPalmenblätternoderPapyrus,ausSchilfoderdemRohrderSümpfegearbeitetwerden;diePharaonenundWürdenträgerdagegenlassensieausGoldherstellen.InallendiesenFällenbleibt–unddasbestätigtdiegesellschaftlicheBedeutungdesObjekts,daszuAnfangnureinenGebrauchsgegenstanddarstellte–dieSandalejedoch,unddafürlieferndieGräberzahlreicheBeweise,einLuxusgegenstand.DiesebeidenFormen,StiefelundSandale,bleibenwährenddergesamtenDauerderpharaonischenKulturbishinzurkoptischenEpochedeschristlichenÄgyptensunverändert.WennderPharaodenTempelbetratoderseineUntertanendenBegräbniskultindenBegräbniskapellenzelebrierten,ließensieihreSandalenamEingangdesHeiligtumszurück,einBrauch,dervondenMuslimenbeimBetretenderMoscheeübernommenwird.

DieVerbindungzwischendemSchuhunddemSakralen–unddiesbestätigenauchbestimmtebiblischePassagen,vondenenspäterdieRedeseinwird–wirddurchdiesesRitualbezeugt.DasErscheinenderSandaleinÄgypteninderMittedeszweitenJahrtausendsvorChristusistvermutlichaufdenEinflussderHethiterzurückzuführen.SieistderVorläuferdesSchnabelschuhs,einervondenKreuzfahrernausdemOrientmitgebrachtenexzentrischenModedeseuropäischenMittelalters.AlsTeildesGepäcks,dasdenMumienpostmortemmitaufdenWeggegebenwird,werdendieSandaleninTruhengelegtoderaufdendekorativenRegisternimInnernderSarkophageausbemaltemHolzdargestellt.ManschreibtihnenwohleinegewisseprophylaktischeBedeutungzu.TexteausderEpochederPyramidenspielendaraufanunderfüllendieBittedesVerstorbenen:„…mitweißenSandalenaufdenschönenWegendesJenseitseinherschreiten,wodieSeligenlustwandeln.“

8. Holzsandalen mit Goldbeschlägen, Schatz des Tutenchamun, 18. Dynastie, Theben, Museum Kairo.

9. Ägyptische Sandalen aus Pflanzenfasern, Musée Bally, Schönenwerd, Schweiz.

Die Bibel: Der Schuh im Alten Testament

AllerWahrscheinlichkeitnachwirdderSchuhzumerstenMalinderBibelerwähnt.DieseAussagemüssteallerdingsnochinchinesischen,ägyptischenundmesopotamischenTextenüberprüftwerden.DieVölkerderBibel,dieIsraeliten,dasvonGottauserwählteVolk,ihreVerbündetenundihreFeindetragenSandalen.DiesistzwareinBelegdafür,dassdieseSchuhartschonseituraltenZeitenimNahenOstenvorkommt,aberihreFormoderMachartwirdimAltenTestamentseltenbeschrieben.AußerihrerFunktionalswertvollesGehwerkzeugkommtderSandaleinderHeiligenSchriftvorallemsymbolischeBedeutungzu.JenachAnlasswirdsieunterverschiedenenAspektenbetrachtet:dasAblegenanheiligenOrten,dasTrageninFeldzügenoderbeiRechtshandlungenund,nichtzuvergessen,einfachindenGepflogenheitendesalltäglichenLebens.

AlsGottdemMosesimbrennendenDornbuscherscheint,befiehlterihm,seineSchuheauszuziehen:„Trittnichtherzu,ziehdeineSchuhevondeinenFüßen;dennderOrt,daraufdustehst,istheiligesLand!“(Pentateuch,ExodusIII,5)

ImBuchJosuafindenwirdiegleicheSituation,alsdieIsraelitenindasverheißeneLandeinziehen:„Undesbegabsich,alsJosuabeiJerichowar,dasserseineAugenaufhobundgewahrwurde,dasseinMannihmgegenüberstandundeinbloßesSchwertinseinerHandhatte.

UndJosuagingzuihmundsprachzuihm:GehörstduzuunsoderzuunsernFeinden?Ersprach:Nein,ichbinderFürstüberdasHeerdesHerrnundbinjetztgekommen.DafielJosuaaufseinAngesichtzurErdenieder,beteteanundsprachzuihm:WassagtmeinHerrseinemKnecht?UndderFürstüberdasHeerdesHerrnsprachzuJosua:ZiehdeineSchuhevondeinenFüßen;denndieStätte,daraufdustehst,istheilig.“(DasBuchJosuaV,13-14-15)

JosuaundMoseserhaltendengleichenBefehl.WährendsichdieKönigejenseitsdesJordansverbünden,umeinmütiggegenJosuaundgegenIsraelzukämpfen,wollendieGibeoniterumjedenPreiseinenBundmitIsraelschließen.IhreListbestehtdarin,Israelweiszumachen,siekämenauseinemfernenLand:„SienahmenalteSäckeaufihreEselundalte,zerrissene,geflickteWeinschläucheundalte,geflickteSchuheanihreFüßeundzogenalteKleideran.“SogekleidetgingensiezuJosua,dersiefragte:„Werseidihr,undwoherkommtihr?Siesprachen:DeineKnechtesindaussehrfernenLandengekommen…“„…unddieseWeinschläuchewarenneu,alswirsiefüllten,undsiehe,siesindzerrissen;unddieseunsereKleiderundSchuhesindaltgewordenüberdersehrlangenReise.“(DasBuchJosuaIX,5-8-13)

JeneSandalenzeigen,imGegensatzzudenvonMosesinseinerletztenRedeanseinVolkerwähnten,SpurenderAbnutzung.„ErhateuchvierzigJahreinderWüstewandernlassen.EureKleidersindeuchnichtzerrissen,auchdeineSchuhenichtandeinenFüßen.“(DeuteronomiumXXIX,4)

IndenBüchernSamuel,alsdieIsraelitenKrieggegendiePhilisterführen,lesenwirüberdenKampfzwischenDavidundGoliath:„DerhatteeinenehernenHelmaufseinemHauptundeinenSchuppenpanzeran,unddasGewichtseinesPanzerswarfünftausendLotErz,underhatteeherneSchienenanseinenBeinen…“(DasersteBuchSamuelXVII,5und6).

DiezahlreichenbildlichenDarstellungendieserSzene,dieerstlangenachdertatsächlichenBegegnung(zwischen1010und970vorChristi)entstehen,zeigendenRiesenGoliathmitSandalenundBeinschienen,währendderBibeltextnurdieSchienenerwähnt.InDavidsErmahnungenanSalomoerinnertderKönigseinenSohnandenMord,denseinDienerJoabanzweiFeldhauptleutenderArmeenIsraelsbegangenhat:„…wieersieermordethatundsoimKriegvergossenesBlutimFriedengerächtundunschuldigesBlutandenGürtelseinerLendenundandieSchuheseinerFüßegebrachthat.“

Jesaja,derProphetdermessianischenErlösung,sprichtvonderBedrohungdurcheinfernesVolk;dieassyrischeArmeeundihreBogenschützensindalleinanihrenSandalenzuerkennen:„Keinerunterihnenistmüdeoderschwach,keinerschlummertoderschläft;keinemgehtderGürtelaufvonseinenHüften,undkeinemzerreißteinSchuhriemen.IhrePfeilesindscharfundalleihrBogengespannt.“(JesajaV,27)

ZuderZeit,alsAssyrienundÄgyptenumdieVormachtstellungimNahenOstenkämpfen,prophezeitJesajadembesiegtenÄgypten:„ImJahr,daderTartannachAschdodkam,alsihngesandthatteSargon,derKönigvonAssyrien,undergegenAschdodkämpfteundeseroberte,zuderZeitredetederHerrdurchJesaja,denSohndesAmoz,undsprach:GehhinundtudenhärenenSchurzvondeinenLendenundziehdieSchuhevondeinenFüßen.Undertatsoundgingnacktundbarfuß.

DasprachderHerr:GleichwiemeinKnechtJesajanacktundbarfußgehtdreiJahrelangalsZeichenundWeissagungüberÄgyptenundKusch,sowirdderKönigvonAssyrienwegtreibendieGefangenenÄgyptensunddieVerbanntenvonKusch,jungundalt,nacktundbarfuß,inschmählicherBlöße,zurSchandeÄgyptens.UndsiewerdenerschreckeninJudaundzuschandenwerdenwegenderKuschiter,aufdiesiesichverließen,undwegenderÄgypter,derensiesichrühmten.“(JesajaXX,1bis5)

MankonntevoneinemOrtBesitzergreifen,alleinindemmanseineSchuhedortablegteoderhinwarf.DiePsalmensechzigundhunderteins,dieeinenbevorstehendenFeldzugzurEroberungEdamslobpreisen,bestätigendies:„MoabistmeinWaschbecken,meinenSchuhwerfeichaufEdom,Philisterland,jauchzemirzu!“„MitGottwollenwirTatentun.ErwirdunsreFeindeniedertreten.“DieserinnertandieSandalendesPharaosTutenchamon,derseineFeindeniedertritt.DashebräischeLeviratsgesetz,daseinenMannverpflichtet,dieWitweseinesBruderszurFrauzunehmen,wenndieserkeinemännlichenNachkommenhat,unterstreichtdiejuristischeBedeutungderSandale.ImDeuteronomiumfindenwireineeindeutigeErklärung:„GefälltesaberdemMannnicht,seineSchwägerinzunehmen,sosollsie,seineSchwägerin,hingeheninsTorvordieÄltestenundsagen:MeinSchwagerweigertsich,seinemBruderseinenNamenzuerhalteninIsrael,undwillmichnichtehelichen.DannsollenihndieÄltestenderStadtzusichrufenundmitihmreden.Wenneraberdaraufbestehtundspricht:Esgefälltmirnicht,siezunehmen,sosollseineSchwägerinvordenÄltestenzuihmtretenundihmdenSchuhvomFußziehenundihminsGesichtspeienundsollantwortenundsprechen:SosollmantuneinemjedenMann,derseinesBrudersHausnichtbauenwill!UndseinNamesollinIsraelheißendesBarfüßersHaus.“

DenTrauerritenentsprechendgehendieVerwandtendesTotenohneKopfbedeckungundbarfuß,dasGesichtwirdteilweisemiteinemTuchverhülltundsieessendasvonihrenNachbarndargeboteneBrot.ZurTrauerdesProphetenlesenwirbeiHesekiel:„DuMenschenkind,siehe,ichwilldirdeinerAugenFreudenehmendurcheinenplötzlichenTod.AberdusollstnichtklagenundnichtweinenundkeineTränevergießen.Heimlichdarfstduseufzen,aberkeineTotenklagehalten,sonderndusollstdeinenKopfbundanlegenunddeineSchuheanziehen;dusollstdeinenBartnichtverhüllenundnichtdasTrauerbrotessen.“

Im8.JahrhundertvorChristuserinnertAmosandasGesetz,dasdieRechtederArmenundNotleidendenfestlegtundempörtsichgegendieBestechlichkeitderGerichteIsraels.DerProphetprangertdasVerhaltenderRichterIsraelsan,diefürkleineGeschenkeGeringfügigkeitenverurteilen:„…willichsienichtschonen,weilsiedieUnschuldigenfürGeldunddieArmenfüreinPaarSchuheverkaufen.“(AmosII,6-8)

WennmanimReichIsraelsdenFußaufeinFeldsetzteoderseineSandaleniederlegte,kamdieseinerEigentumsurkundegleich.ImBuchRutkönnenwirdazufolgendeslesen:„EswarabervonaltershereinBrauchinIsrael:WenneinereineSachebekräftigenwollte,dieeineLösungodereinenTauschbetraf,sozogerseinenSchuhausundgabihndemandern;dasdientezurBezeugunginIsrael.UndderLösersprachzuBoas:Kaufedues!UndzogseinenSchuhaus.UndBoassprachzudenÄltestenundzuallemVolk:IhrseidheuteZeugen,dassichvonNoomiallesgekaufthabe,wasElimelech,undalles,wasKiljonundMachlongehörthat.DazuhabeichmirauchRut,dieMoabiterin,dieFrauMachlons,zumWeibegenommen,dassichdenNamendesVerstorbenenerhalteaufseinemErbteilundseinNamenichtausgerottetwerdeunterseinenBrüdernundausdemTorseinerStadt;dessenseidihrheuteZeugen.“(DasBuchRutIV,7bis10).ImBuchJudithgehtesumdieBelagerungderkleinenpalästinensischenStadtBetuliadurchdieArmeendesassyrischenKönigsNabuchodonosor.DieLagedieserStadtbeherrschtdenZugangzumübrigenLandundzuJerusalemundNabuchodonosorspricht:„DieganzeErdewerdeichmitdenFüßenmeinerTruppenbedecken.“(DasBuchJudithII,7)

DaistJudith,einefrommeWitwe,geradedabei,dieStadtzuverlassen,umsichinsfeindlicheLagerzubegeben:„…auchzogsieSandalenan,legteihreFußspangen,Armbänder,Fingerringe,OhrgehängeundallihrenSchmuckanundmachtesichschön,umdieBlickeallerMänner,diesiesahen,aufsichzuziehen.“(DasBuchJudith X,4)DieSchönheitderjungenFrauentfachtdieLeidenschaftdesGeneralsHolophernes.NacheinemBankettnütztsiedessenTrunkenheitausundschlägtihmdenKopfab.DieAngreifer–hundertzwanzig-tausendInfanteristenundhundertzwanzigtausendKavalleristen–ergreifendieFlucht.ImLobgesang,denJudith,dieJeanned’ArcderBibel,anstimmt,gehörtdieSiegessandalezumAccessoireweiblicherVerführung:„IhreSandalenbezaubertenseinAuge.SoschlugihreSchönheitseinHerzinBann.“(DasBuchJudithXVI,9)DieMachartdesSchuhswirdinderBibelsogutwienichterwähnt.HesekielweistinJerusalemeintreulosesWeibdiskretdaraufhin:„…undkleidetedichmitbuntenKleidernundzogdirSchuhevonfeinemLederan.“DasWortStiefelfindenwireineinzigesMalbeiJesaja:„DennjederStiefel,dermitGedröhndahergeht…“(DerFriedefürstwirdverheißenIX,4),währendderSandalehauptsächlichsymbolischeBedeutungzukommt.DieMoslemshabendenRitus,dieSchuheauszuziehen,übernommen.NochheutewirddieMoscheenurohneSchuhebetreten.

10. Domenico Feti, MosesvordembrennendenDornbusch. Kunsthistorisches Museum, Wien.

11. Sandalen aus der Festung Massada.

12. François Boucher, SanktPeterversuchtaufdemWasserzugehen, 1766. Kathedrale St. Louis von Versailles.

Der Schuh im Neuen Testament – die Sandalen Jesu

DieEvangelienvonMatthäus,Markus,LukasundJohanneszeugenvonderVerkündigungJohannesdesTäufersinBetanienjenseitsdesJordans,derimWassertaufte.SiealleerwähnenmitderStimmedesProphetendieSchuheJesu:„…derabernachmirkommt,iststärkeralsich,undichbinnichtwert,ihmdieSchuhezutragen.“(MatthäusIII,11)„…undpredigteundsprach:Eskommteinernachmir,deriststärkeralsich;undichbinnichtwert,dassichmichvorihmbückeunddieRiemenseinerSchuhelöse.“(MarkusI,7)„IchtaufeeuchmitWasser;eskommtabereiner,deriststärkeralsich,undichbinnichtwert,dassichihmdieRiemenseinerSchuhelöse.“(LukasIII,16)„…abereristmittenuntereuchgetreten,denihrnichtkennt.Derwirdnachmirkommen,undichbinnichtwert,dassichseineSchuhriemenlöse“.(JohannesI,26und27).OffenbarhandeltessichhierumSandalen,diemitRiemenamFußbefestigtwerden;daswarendiecharakteristischenSchuhederrömischenBesatzungsmachtinPalästinaundsiewurdenvondenZeitgenossenJesugetragen.SiewerdenimNeuenTestamentanmehrerenStellenerwähnt.BeiMatthäusundLukaslesenwir,dassJesusdenzweiundsiebzigJüngern,dieeraussandte,empfahl,barfußzugehen:„IhrsolltwederGoldnochSilbernochKupferineurenGürtelnhaben,auchkeineReisetasche,auchnichtzweiHemden,keineSchuhe,auchkeinenStecken…UndwenneuchjemandnichtaufnehmenundeureRedenichthörenwill,sogehtherausausdiesemHauseoderdieserStadtundschütteltdenStaubvoneurenFüßen“.(MatthäusX,9und10)„…ichsendeeuchwieLämmermittenunterdieWölfe.TragtkeinenGeldbeutelbeieuch,keineTascheundkeineSchuhe…“(LukasX,7)

BeiMarkuslesenwirjedoch:„…undgebotihnen,nichtsmitzunehmenaufdenWegalsalleineinenStab,keinBrot,keineTasche,keinGeldimGürtel,wohlaberSchuhe … “(MarkusVI,8bis11)ObwohlderEvangelistempfiehlt,sichallermateriellenDingezuentledigen,symbolisiertderSchuhfürihndieReise,wieJean-PaulRouxineinemArtikelderZeitschriftdesInstitutsfürCalzeologieerklärt:„DieSymbolikdesSchuhsindenabrahamischenReligionen:Judaismus–Christentum–Islam“.InderParabelvomverlorenenSohnsprichtderVaterdeswiedergefundenenKindesbeiLukas:„BringtschnelldasbesteGewandherundziehtesihmanundgebtihmeinenRinganseineHandundSchuheanseineFüße“.(LukasXV,22)

DieSandalengehörenzurKleidungdesfreienMenschenimGegensatzzumSklaven,dernichtdasRechthat,Schuhezutragen.InderApostelgeschichteistinderBefreiungdesPetrusauchvonSchuhendieRede:„UndinjenerNacht,alsihnHerodesvorführenlassenwollte,schliefPetruszwischenzweiSoldaten,mitzweiKettengefesseltunddieWachenvorderTürbewachtendasGefängnis.Undsiehe,derEngeldesHerrnkamherein,undLichtleuchteteaufindemRaum;understießPetrusindieSeiteundweckteihnundsprach:Stehschnellauf!UnddieKettenfielenihmvonseinenHänden.UndderEngelsprachzuihm:GürtedichundziehdeineSchuhean!Undertates.Undersprachzuihm:WirfdeinenMantelumundfolgemir!“(XII,6bis8)EinspäteresBildausdem17.Jahrhundert,dasimAugustinermuseuminToulouseaufbewahrteGemäldeLeChristclouésurlacroix(ChristusansKreuzgenagelt)vonPhilippedeChampaignezeigtachtlosaufdemBodenliegendeSandalen,diedenvonJohannesdemTäuferinseinerVerkündigungerwähntenSandalenmitRiemenentsprechen.ImMatthäusevangeliumkönnenwirlesen:„AberinderviertenNachtwachekamJesuszuihnenundgingaufdemSee.UndalsihndieJüngersahenaufdemSeegehen,erschrakensieundriefen:EsisteinGespenst!UndschrieenvorFurcht.AbersogleichredeteJesusmitihnenundsprach:Seidgetrost,ichbin’s;fürchteteuchnicht!Petrusaberantworteteihmundsprach:Herr,bistdues,sobefiehlmir,zudirzukommenaufdemWasser.Undersprach:Kommher!UndPetrusstiegausdemBootundgingaufdemWasserundkamaufJesuszu.AlseraberdenstarkenWindsah,erschrakerundbegannzusinkenundschrie:Herr,hilfmir!“.DieserTextinspiriertBoucherim18.JahrhundertzuseinemGemäldeSaintPierretentantdemarchersurleseaux(Petrusversucht,aufdemWasserzugehen).AufdiesemBildträgtderApostelkeineSchuhe,JesushingegenwirdmitwunderschönenSandalen,dieaufdenEinflussderrömischenPatrizierzurückgehen,dargestellt.Abschließendkannmanfeststellen,dassdieeinfacherenSchuhe,dieindervonHerodesinderWüstedesTotenMeerserbautenFestungMassadaentdecktwurdenunddiealsGehwerkzeugundnichtzurPrachtentfaltunggedachtwaren,einegenaueVorstellungderSchuhegeben,dieChristusunddievondenEvangelistenerwähntenZeitgenossentrugen.SieentsprechenganzderAnspruchslosigkeitdesHerrn.ZudemsindsieinihrerMachartsomodern,dasswirihneninallenJahrhunderten,voralleminAfrikaundselbstheutzutagenochindenLändernderDrittenWeltbegegnen,wosienurauseinemalsSohleausgeschnittenenStückaltenReifensmiteinemy-förmigenBandbestehen.DieserSchuhtypushatauchDesignerdes21.JahrhundertszumodernenVarianteninspiriert.

13. Herrenhausschuh, Oberleder mit Blattgoldmotiven verziert, koptische Ära, Ägypten. Internationales Schuhmuseum, Romans.

14. Elfenbeinstatuette eines griechischen Schauspielers, Kothurnen tragend, Musée du Petit-Palais, Paris.

Die Kopten

DiekoptischeKulturstellteineArtScharnierzwischenderWeltderAntikeundderdesMittelaltersdar.DieKopten,ÄgypterchristlichenGlaubens,habenunsbesondersinAchminSchuhehinterlassen.IndenerstenvierJahrhundertenderchristlichenÄraweisendieTücherundDeckelderSarkophage,indenenihreMumienruhen,DarstellungenvonPersonenauf,diemanchmalbarfußsind,oftaberSandalentragen.ImLaufdesviertenJahrhundertsändernsichaberdieBestattungsbräuche:DerVerstorbenewirdmitseinenkostbarstenGewändernbekleidetbegraben.SeitherfindensichnachdemVerschwindenderTüchernurnochselteneDarstellungenaufStelen.AufmanchenerscheinteinSchuhtypmitbetonterSpitze.AberauchwenndieSandalenausPapyrusfasernoderLedernochinGebrauchsind,bestimmenjetztgeschlosseneSchuhedieMode.UndwieindergesamtenägyptischenAntikeistauchbeidenKoptenderAbsatzunbekannt:Schuhe,StiefelundSandalenhabenimmerflacheSohlen.DieModellezeigenwenigVariationen;dieTechnikenderVerzierung,unddazugehörendieVerwendungrotenoderbraunenLedersoderlederneLitzeninSpiralformsowiegeometrischeFormenundinvergoldetesLedergeritzteMotiveoderSohlenmitLochmuster,zeugendagegenvonderPhantasiederkoptischenSchuster.

Griechenland

WieinÄgyptenistauchindergriechischenAntikedieSandalederamweitestenverbreiteteSchuhtyp.DieHeldenHomersinderIliasundderOdysseetragenSandalenmitSohlenausBronze,diederGöttersindausGold.Agamemnon,derlegendäreKönigvonMykene,schütztseineBeinemitHilfevonKnemiden,diemitsilbernenSpangengehaltenwerden.Derum450vorChristusinAgrigentgeborenegriechischePhilosophEmpedoklesstürztsichindenSchlunddesÄtna,umseineEntführungindenHimmelvorzutäuschen.AberderVulkanverschlingtihn,speitnurseineunversehrtenSandalenwiederaus,dieseinenbetrügerischenSelbstmordbeweisen.DiereichenMazedonierinderZeitPhilippsII.(382bis336v.Chr.)tragenSandalenmitSohlenunterschiedlicherDickeausvergoldetemSilberoderKork,dierechteundlinkeSandalesindverschiedengeformt;siewerdenmitRiemenamFußbefestigt.ZunächstvoneinfacherMachart,entwickelnsichinderFolgezunehmendelegantereundkomplexereFormen,diesichandenSkulpturenerkennenlassen,z.B.andenSandalenderimLouvrezubewunderndenDianamitdemReh.AufdenantikenVasentragenmanchePersonengeschnürteStiefel,Endromidengenannt,geschmücktmiteinemUmschlag,denmanEmbasnennt.DerspitzeSchuhdeshethitischenTypus,denmanseitlangemvondenIoniernkennt,findetaufdemgriechischenFestlandkeinenAnklang.DennochgreifendieKünstleraufihnzurück,umihrenGestalteneinorientalischesFlairzuverleihen,wiedieMalereiaufbestimmtenVasenbezeugt.ManschreibtAischylos(525bis456v.Chr.)dieErfindungdesKothurnzu.ErwirdvondenSchauspielernderTragödiegetragen.DieseSandalebestehtauseinersehrdickenKorksohle,diezwardieSchauspielererheblichgrößererscheinenlässt,aberihreStandsicherheitgefährdet.DieserTheaterschuhpasstsichbeidenFüßenunterschiedslosan,daherdieRedensart„wenigerverlässlichalseinKothurn“.Esistinteressant,festzuhalten,dassderKothurnwegenseinerHöhedasAnfangsstadiumdesAbsatzesdarstellt,dererstmalsamEndedes16.JahrhundertsinItalienauftaucht.DasTragendermitEdelsteinengeschmücktenSandalenistdenKurtisanenvorbehalten.Manerzählt,dassihregenageltenSohlenaufdemSandeineunzweideutigeBotschafthinterlassen:„Folgemir!“DiesegroßeVielfaltvonSchuhenwidersprichtdeutlichderEmpfehlungvonPlaton(428bis348v.Chr.),derdas

15.DieJagdgöttinDiana, Kopie aus dem 2. vorchristlichen Jahrhundert, Nachahmung eines griechischen Originals, Léo Charès zugeschrieben, Marmor, Louvre, Paris.

16. Rotfigurige attische Trinkschale, Epiktetos zugeschrieben, um 500 v. Chr., Agoramuseum, Athen.

17. Schwarzfigurige attische Amphore mit der Darstellung einer Schuhmacherwerkstatt, um 520–510 v. Chr., Museum of Fine Arts, Boston.

Die Etrusker

DaswahrscheinlichausKleinasienstammendeetruskischeVolkerscheintinItalieninderGegendderheutigenToskanagegenEndedes8.JahrhundertsvorChristus.DierealistischenMalereienaufdenGräbernundNekropolen(Triclinium,Tarquinien,Caere)zeigenGötterundSterblichemitspitzenSchuhen,diehethitischenEinflussverraten.DasAuftauchenvonSandalenmitRiemen,durchbrochenenSchuhen,geschnürtenBergstiefelninEtrurienim4.JahrhundertvorChristuserklärtsichausdenKontaktenzuanderenVölkerndesMittelmeerraumes.

Rom

AlsdirekterErbedergriechischenKulturwarRomstarkvonihrgeprägt.DaherunterscheidensichauchdierömischenSchuhekaumvondengriechischen.InRomistderSchuhAusdruckdesRangesunddesReichtums.ManchePatriziertragenSohlenausSilberodermassivemGold,währenddiePlebejersichmitHolzpantinenodergrobenSchuhenmitHolzsohlenbegnügenmüssen.DieSklavenihrerseitshabennichtdasRecht,Schuhezutragen.Siegehenmitbloßen,miteinerSchichtausKreideoderGipsüberzogenenFüßen.WenndierömischenBürgervonhohemRangzueinemGelagegebetenwerden,lassensieihreSandalenzudemGastgebertragen.DiewenigerBegütertenbegnügensichdamit,sieselbstdahinzutragen,denndieSchuheanzubehalten,isteinMangelanHöflichkeit.SchließlichliegtmaninRomzuTisch,ziehtdieSchuhevordemEssenausundnimmtsiewiedermit,wennmandenTischverlässt.DiebeidenHaupttypendesrömischenSchuhssinddieSolea,eineArtSandale,undderCalceus,eingeschlossenerStadtschuh,denmanzurTogaträgt.EsgibtweitereModelle,dieabernurVariantendieserbeidenTypeninForm,FarbeundAusführungdarstellen.DieBeamtentragenseltsameSchuheausschwarzemoderweißemLedermitgebogenenSpitzenundeinemHalbmondausGoldoderSilberanderSeite.WieinÄgyptenundGriechenlandsindrechterundlinkerSchuhdeutlichunterschiedlich.DieSandalenwerdenauchdazubenutzt,Liebesbotschaftenzuübermitteln,wieOvid(43bis17v.Chr.)inDieLiebeskunstbestätigt.

DieGrabsteleeinesSchuhmachersausdem11.Jahrhundertsprichtdafür,dassdiesesHandwerkbereitsexistierteundhohes

18. Flachrelief der Trajanischen Säule, Soldaten der römischen Legion (Militärschuhe), 113 n. Chr., Marmor, Rom.

19. Kolossalstatue des Gottes Mars (Kampagus tragend), 1. Jh. n. Chr., Kapitolinisches Museum, Rom.

20. Grabmal eines Schuhflickers, Reims (Marne), Faubourg Ceres, galloromanisch, 2. Jh. n. Chr., Sammlung des Musée Saint-Rémi, Reims, Aufnahme: Robert Meulle.

21. Sandale aus Silber, byzantinische Periode, Musée Bally, Schönenwerd, Schweiz.

Die Galloromanen

DieBewohnerGallienstragenzurZeitderrömischenHerrschaftverschiedeneSchuhmodelle,alleohneAbsätzeundmitabgerundeterSpitze.

Amhäufigstentrifftmanaufeinfache,römischenEinflussverratendeSandalenfürMännerundFrauen.

DieGallica,derVorfahredesHolzschuhs,isteingeschlossenerSchuhmit

22. Mosaiken der Basiliken San Vitale und San Apollinare in Classe, Ravenna, um 547 n. Chr., Kaiser Justin und seine Diener.

Das byzantinische Reich

DiebyzantinischeKulturwährtvom5.biszum15.Jahrhundert.WährenddiesergesamtenPeriodewerdeninByzanzeineVielfaltvonSchuhenpersischerMachartausrotem,mitGoldverziertenLederproduziert,danebenaberauchderSoccusundderrömischeMulleus.HausschuhundPantoffel,LuxusobjektevongroßerRaffinesse,sindanfangsdemKaiserundseinemHofstaatvorbehalten.Purpurrote,mitGoldverziertePantoffelnwerdenimgesamtenöstlichenMittelmeerraumgetragen,besondersinderGegendvonAlexandriaundimTaldesNils.

BeiAusgrabungeninAchminwurdenmehrerefürFrauenbestimmteSchuhartengefunden.IndieserRegionerlebtdasSchuhmacherhandwerkdurchdieAnsiedlungvonSchusternchristlicherKonfessioneinenAufschwung.ChristlicheSymboleverbindensichmitdemtraditionellengeometrischenDekor.DaszurSammlungdesMuséeBallygehörendeExemplareinersilbernen,miteinerChristussymbolisierendenTaubegeschmücktenSandaledientalsBeweishierfür.EswurdeineinemGrabinÄgyptengefundenundstammtausdem6.JahrhundertnachChristus.

23. Taufe des Clodwig durch den Heiligen Remigius (496), Kirchenfenster aus dem Heiligtum des Hl. Bonaventura, Lyon, 2. Arrondissement, von L. Charat und Frau Lamy-Paillet, 1964, Foto: J. Bonnet, Druckerei Beaulieu Lyon.

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