Die Liebe, das Leben und die täglichen Katastrophen - Manuela Kusterer - E-Book

Die Liebe, das Leben und die täglichen Katastrophen E-Book

Manuela Kusterer

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Beschreibung

Eliane müsste eigentlich glücklich sein, denn sie hat alles, von dem andere nur träumen. Einen gut verdienenden Mann, ein schönes Haus und genügend Geld, um ein angenehmes Leben führen zu können. Aber sie ist nicht zufrieden. In ihrer Ehe kriselt es, ihre Freundinnen hören ihr nicht zu und ihren Traum, ein Café zu eröffnen, kann sie nicht verwirklichen, weil ihr Ehemann dagegen ist. Dann wird Eliane von einigen heftigen Schicksalsschlägen getroffen. Wird sie vielleicht dadurch erkennen, was und vor allem wer wirklich wichtig ist im Leben?

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Manuela Kusterer, in Pforzheim geboren, Jahrgang 1964, lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei erwachsenen Söhnen in der Nähe von Karlsruhe. Ihr Roman spielt in Pforzheim.

Besuchen Sie die Autorin im Internet:

www.manuelakusterer.com

oder in Facebook:

@AutorinManuelaKusterer

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

Buch

Eigentlich hat Eliane alles, was das Herz begehrt, einen gut verdienenden Mann, ein schönes Haus in einer guten Lage in Pforzheim, eine Haushaltshilfe, einen Gärtner und genügend Geld, um ein angenehmes Leben führen zu können. Aber wirklich glücklich ist sie nicht. In ihrer Ehe kriselt es, außerdem langweilt sie sich. Ihren Traum, ein eigenes Café zu eröffnen, kann sie nicht verwirklichen, weil ihr Ehemann dagegen ist.

Ihre oberflächlichen Freundinnen Vivienne und Tamara sind ihr keine große Hilfe bei der Lösung ihrer Probleme. Dann wird Eliane von einigen heftigen Schicksalsschlägen getroffen. Wird sie dadurch erkennen, was und vor allem wer wirklich wichtig ist im Leben?

Dieses Buch widme ich meinem Mann

Peter

Inhaltsverzeichnis

Freundinnen

Vier Wochen später

Verzweiflung

WG (Wohngemeinschaft)

Harald

Schmetterlinge

Die Entscheidung

Harald

Wochen der Arbeit

WG

Elianes Gedanken

Die Eröffnung

Die Party

Harald

Die vollkommene Nacht

Sechs Wochen später……

Frauenarzt

Krankenhaus

Robert

Verunsichert

WG

Sechs Wochen später

Brigitte

Chemotherapie

5 Tage später

Vivienne

Café

Robert

7 Wochen später

Timo

Klärendes Gespräch

Sommer

WG

4 Wochen später

WG

Café

Harald

Fuerteventura

Rückflug

Timo

Eliane

WG

Flughafen

Krankenhaus

Nächster Tag

Fünf Tage später

Epilog

Freundinnen

Eliane Sommerfeld versuchte mit ihren Freundinnen Schritt zu halten. Diese hasteten durch die Fußgängerzone, als ob es kein Morgen gäbe. Sie selbst wäre eigentlich lieber zu Hause geblieben und hätte sich gerne mal so richtig ausgesprochen und die beiden um ihren Rat gefragt. Irgendetwas stimmte in ihrer Ehe nicht. Lange wollte Eliane es sich nicht eingestehen, aber sie fühlte sich schon seit Wochen in der Gegenwart von Harald nicht mehr so richtig entspannt. Oft war er übellaunig und immer häufiger bekamen sie wegen Nichtigkeiten Streit.

Deshalb hatte sie Vivienne und Tamara vorgeschlagen, bei ihr einen Kaffee zu trinken. Sie hatte einen Apfelkuchen gebacken, denn, wenn Eliane irgendetwas konnte, dann war es backen. Sie hatte es nicht nötig zu arbeiten, ihr fehlte es an nichts. Ihr Mann wollte nicht, dass sie arbeiten ging, denn das würde ihn in einem schlechten Bild erscheinen lassen. Es gab eigentlich nichts zu tun. Für den Haushalt war die Putzfrau zuständig, für den Garten ein Gärtner und die Bügelwäsche wurde regelmäßig abgeholt. Sie besaßen ein riesengroßes Haus, ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet, was wollte sie eigentlich mehr.

Ja, was will ich eigentlich, fragte sich Eliane auch jetzt gerade wieder, während sie ihren Freundinnen hinterher trottete, die viel lieber shoppen gehen wollten, als ihr zuzuhören.

»Hey Eliane, wo bleibst du denn«, rief Tamara ungeduldig. »Da vorne ist die weltbeste Boutique. Da gibt es diese neue italienische Kollektion.«

»Was machst du denn für ein Gesicht?«, wollte nun auch Vivienne wissen.

»Ich komme ja schon«, seufzte Eliane. Sie hatte überhaupt keine Lust, sich irgendetwas zum Anziehen zu kaufen. Ihr Kleiderschrank quoll über, aber sie wollte die beiden auch nicht enttäuschen. Schließlich waren es nicht nur ihre besten, sondern auch ihre einzigen Freundinnen. Sie betrat mit ihnen den Luxusladen, schaute sich lustlos die eine oder andere Bluse an und hing weiterhin ihren Gedanken nach. Sie konnte den lieben, langen Tag machen, was sie wollte. Tennis spielen, sich massieren lassen, zum Friseur, zur Maniküre und in die teuersten Restaurants gehen. Ihr Mann hatte als Bankdirektor ein sehr gutes Einkommen und alles, was er von ihr verlangte, war, vor seinen Kollegen und Freunden, die perfekte Ehefrau abzugeben.

Das ist doch wirklich nicht zuviel verlangt, hing sie weiterhin ihren Gedanken nach.

Aber jetzt wollte er auch noch, dass sie einen Kurs im Golfspielen belegte und das war einfach zuviel. Sie konnte sich nichts Langweiligeres vorstellen, als Golf zu spielen.

Wenn Harald doch wenigstens zustimmen und mich ein Café eröffnen lassen würde, grübelte sie weiter und schaute sich lustlos einige Blusen an. Das war schon immer ihr Traum gewesen. Das Startkapital wäre kein Problem, das wusste Eliane. Aber nein, wie würde ihr Mann denn da vor seinen reichen Freunden dastehen.

»Also Eliane, das macht heute überhaupt keinen Spaß mit dir«, beschwerten sich ihre Freundinnen und bemerkten überhaupt nicht, dass sie kaum ihre Tränen zurückhalten konnte. Dazu kam noch, dass sie sich energielos und ausgebrannt fühlte.

Sie würde doch nicht noch eine Depression bekommen. Das fehlte noch, eine Bekannte hatte das mal gehabt, da hatte es auch so angefangen. Nein, ich muss mich zusammenreißen, dachte Eliane, drehte sie sich um, zauberte ein etwas gekünsteltes Lächeln auf ihr Gesicht und meinte: »Ihr habt ja recht, lasst uns etwas trinken gehen. Oder wollt ihr noch weiterhin Klamotten kaufen?«

»Wir können ja beides machen«, antwortete Vivienne und Tamara nickte zustimmend. So verließen sie, nachdem Elianes Freundinnen ihre ausgewählten Kleidungsstücke bezahlt hatten - einige hundert Euro weniger in der Tasche - den Laden um im nächsten Café Cocktails zu trinken.

Müde stieg Eliane, nachdem Vivienne vor ihrem Haus angehalten hatte, aus deren Auto.

Sie wohnte in der Friedenstraße, die sich in einem noblen Wohnviertel in Pforzheim befand.

Ihre beiden Freundinnen hatten keine Lust, mit ins Haus zu kommen. Stattdessen fuhr Vivienne eiligst davon und Tamara, die sich vorne auf dem Beifahrersitz befand, winkte ihr fröhlich zum Abschied aus dem Seitenfenster zu. Eliane war ihnen heute einfach zu langweilig gewesen. Niedergeschlagen sah sie den beiden nach und blieb unschlüssig auf dem Gehweg stehen. Sie hatte einfach keine Lust, die nächsten Stunden alleine zu verbringen. Aber irgendwie waren die beiden heute auch nicht länger zu ertragen gewesen. Harald würde wahrscheinlich wieder sehr spät nach Hause kommen. Das kam in letzter Zeit immer häufiger vor.

Während Eliane noch überlegte, was sie tun könnte, sah sie zwei Frauen auf sich zukommen. Es handelte sich dabei um Klara Bender und Rebecca Weber. Sie kannte die beiden noch aus der Schulzeit. Diese wohnten ein paar Straßen entfernt in einer einfachen Gegend.

In einem Wohnblock hatten sie zusammen mit Timo Mertens – Eliane kannte ihn flüchtig – eine Wohnung gemietet und eine Wohngemeinschaft gegründet. Sie hatte schon damals mit Klara und deren Freundinnen wenige Gemeinsamkeiten. Allerdings war es ausgerechnet Klara, die sie in letzter Zeit des Öfteren eingeladen hatte, zusammen mit ihr einen Kaffee trinken zu gehen. Eliane hatte immer abgelehnt und auch jetzt nicht die Absicht, eine Freundschaft zwischen ihr und Klara entstehen zu lassen, denn es war für sie unvorstellbar, sich ihren Mann in der Gesellschaft mit den dreien aus der WG vorzustellen. Allein schon Timo, wie er mit seinen längeren, lockigen dunklen Haaren und der legeren Kleidung durch die Gegend lief. Ihr Mann Harald dagegen sah immer aus, wie aus dem Ei gepellt. Man sah ihn meistens nur im Anzug. Sein blonder Kurzhaarschnitt war immer akkurat gestylt und selbst zu Hause trug er nie eine einfache Jogginghose, höchstens mal im Sommer eine kurze Shorts.

Inzwischen hatten Klara und Rebecca Eliane erreicht. Klara begrüßte sie auch sogleich mit den Worten: »Hi Eli, wie geht es dir?«

Eliane verzog das Gesicht, sie mochte es nicht, wenn man sie so nannte. Deshalb antwortete sie mit abweisender Miene: »Mir geht es gut und selbst?« Ihr etwas arroganter Blick wurde durch die - mit einem Glätteisen perfekt geglätteten blonden, halblangen Haaren noch verstärkt. Trotzdem war da etwas Weiches in ihrem Gesicht, das durch zwei kleine Grübchen rechts und links in ihren Wangen, noch verstärkt wurde. Klara war jedes Mal, wenn sie sich sahen, fasziniert von Elianes Schönheit. Sie sah sowieso in jedem Menschen nur das Gute. Deswegen wurde sie oft von ihren Mitbewohnern belächelt. Aber gerade deshalb liebten Rebecca und Timo ihre Freundin auch so innig. Sie konnte einfach keiner Fliege etwas zuleide tun und wollte es immer allen recht machen.

Bevor die drei sich zu einer Wohngemeinschaft zusammengeschlossen hatten, waren Rebecca und Timo für kurze Zeit ein Paar gewesen. Sie hatten sich im Guten getrennt und zusammen mit Klara verband sie nun eine tiefe Freundschaft.

»Auch ganz okay«, antwortete nun Klara. Dabei schüttelte sie ihre dunkle, lange Lockenmähne, die ihr das Gesicht kurzfristig bedeckt hatte. »Magst du mit zu uns kommen? Wir wollen zusammen einen Kaffee trinken? Rebecca hat einen wunderbaren Kuchen gebacken.«

Rebecca schüttelte unauffällig den Kopf und dachte, die lernt es nie, dass Eliane meint, etwas Besseres zu sein und sich niemals zusammen mit uns an einen Tisch setzen wird.

Diese antwortete auch sogleich: »Nein danke, ich habe selbst gebacken und bekomme gleich Besuch.«

»Okay, kann man nichts machen, vielleicht ein anderes Mal«, äußerte sich Klara enttäuscht.

»Vielleicht«, entgegnete Eliane und verschwand nach einem kurzen „Ciao“ in ihrem Haus.

Dort setzte sie sich in der Küche an den rechteckigen, massiven Holztisch, starrte ihren selbstgebackenen Apfelkuchen an und fühlte sich so unglücklich, wie schon lange nicht mehr. Natürlich erwartete sie keinen Besuch, wer sollte schon kommen? Ihre einzigen Freundinnen hatten ja keine Lust gehabt, den restlichen Nachmittag mit ihr zu verbringen. Dabei hätte sie sich so dringend mal aussprechen müssen. Ein paar Tränen liefen ihr übers Gesicht.

Energisch wischte sie diese weg und dachte, was ist nur los mit mir? Vielleicht sollte ich mir einen guten Therapeuten suchen.

Eliane saß immer noch in unveränderter Haltung auf dem Küchenstuhl, als sie hörte, wie Harald den Schlüssel ins Türschloss steckte. Verwundert schaute sie auf ihre goldene Armbanduhr und stellte fest, dass es schon 18 Uhr war. Was machte ihr Mann um diese Zeit zuhause? Das hatte es seit Monaten nicht mehr gegeben. Da kam dieser auch schon mit ernstem Gesicht in die Küche und sagte anstelle einer Begrüßung: »Ich muss mit dir reden, lass uns ins Wohnzimmer gehen.«

Eliane sah ihn erstaunt an, folgte ihm aber, ohne Fragen zu stellen. Sie setzte sich auf das cremefarbene Sofa, das rechts neben dem hellen, offenen Kamin platziert war. Gegenüber befand sich ein extravaganter Sessel, in der gleichen Farbe und ebenfalls aus Leder. Harald lief unruhig in dem großen Zimmer auf und ab.

»Kannst du dich nicht setzen, du machst mich nervös«, presste Eliane nun doch hervor. Harald nahm wortlos Platz und legte seinen Geldbeutel und das Handy, das er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, vor sich auf den niedrigen Couchtisch aus Glas. Man konnte ihm ansehen, dass er mit sich kämpfte, schließlich sagte er: »Du hast sicherlich selbst bemerkt, dass wir uns in letzter Zeit nicht so gut verstanden haben….«

»Ja«, flüsterte Eliane leise, aber……«

»Und geschlafen haben wir auch kaum miteinander.«

»Was möchtest du mir damit sagen?«

Harald schwieg einen Moment, es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden, bis es schließlich aus ihm heraussprudelte: »Ich liebe

dich nicht mehr! Ich werde dich verlassen! Ich gehe noch heute! Du kannst bis auf Weiteres hier im Haus bleiben. Ich überlege in Ruhe, wie wir das weiterhin machen können. Ein halbes Jahr können wir so ohne Probleme verkraften. Vielleicht auch länger«, fügte er hinzu, als er das fassungslose Gesicht seiner Frau sah.

»Hast du eine andere?«, stieß Eliane hervor, nachdem sich ihre Schockstarre etwas gelöst hatte.

»Das spielt doch keine Rolle. Du wirst doch selbst gemerkt haben, dass wir uns in den letzten Monaten nicht mehr allzu viel zu sagen hatten.«

Eliane öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, überlegte es sich dann aber wieder. Sie kannte ihren Mann. Sie wusste, wenn Harald sich für etwas entschieden hatte, war es sinnlos, ihn umzustimmen. Außerdem musste sie sich erst einmal sammeln. Ihr war, als ob ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hätte und sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Harald nutze die Pause und erhob sich, indem er sagte: »Ich werde am Wochenende meine Sachen packen, das Nötigste habe ich schon gestern mitgenommen.«

Er ging zur Tür und Eliane hörte, immer noch fassungslos, die Tür ins Schloss fallen. Ihr war gestern schon die gepackte Reisetasche in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer aufgefallen, hatte sich aber nichts dabei gedacht. Auf einmal wurde ihr das ganze Ausmaß des soeben Geschehenen bewusst. Sie schlug sie Hände vors Gesicht und weinte hemmungslos.

Vier Wochen später

Verzweiflung

Eliane erwachte mit dröhnenden Kopfschmerzen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich orientieren konnte. Ach ja, sie hatte gestern Abend eine ganze Flasche Rotwein getrunken und musste sich nun zwingen, aufzustehen. Aber ihr blieb nichts anderes übrig, denn ihre Blase war so voll, dass sie zu platzen drohte. Sie schwankte Richtung Toilette, stöhnte laut auf und schaffte es gerade noch den Deckel zu heben, sich nach vorne zu beugen und schon musste sie sich übergeben.

Mit weichen Knien ging sie anschließend zum Waschbecken, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu schütten. Das musste aufhören. Ihr wurde bewusst, dass sie zurzeit jeden Abend Alkohol trank und inzwischen schon fast eine Flasche Wein benötigte, um abschalten zu können. Eliane verließ das Haus nur noch, um das Nötigste einzukaufen. Da sie kaum noch etwas essen konnte, war das nicht allzu viel.

In der Küche angekommen, schimpfte sie laut vor sich hin, weil leere Flaschen im Weg lagen, die sich in den letzten Tagen auf dem Fußboden angesammelt hatten. Angeekelt starrte sie das dreckige Geschirr an, das sich in der Spüle stapelte. Es gelang ihr abends nicht einmal mehr, es in die Spülmaschine zu räumen.

Der Putzfrau hatte Harald gekündigt, da er meinte, dass sie ja nun Zeit genug hätte, ihren Haushalt selbst erledigen zu können. Eigentlich war sie auch ganz froh darüber, denn sie wollte sowieso im Moment ihre Ruhe und niemanden sehen. Nur die Sehnsucht nach ihren Freundinnen war da, die sich aber, seit Vivienne wusste, dass Harald ausgezogen war, nicht mehr gemeldet hatten.

Eliane wankte zur Kaffeemaschine und machte sich daran, Kaffee aufzusetzen. Harald war, nachdem er sie vor vier Wochen verlassen hatte, wie angedroht, am darauffolgenden Wochenende noch einmal dagewesen, um seine restlichen Sachen zu holen. Schweigend hatte er dieses erledigt und seitdem hatte sie ihn auch nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Erschrocken fuhr sie herum, als das laute Klingeln der Haustür ertönte. Wer kann das sein, dachte sie panisch, leise zur Tür schleichend, als die Stimme ihrer Mutter ertönte: »Eliane, mach auf, ich weiß, dass du da bist.«

Stocksteif blieb Eliane stehen. Ihre Mutter war die Letzte, die sie jetzt sehen wollte. Es gab aber keinen Ausweg, weil Brigitte nicht gehen würde. Deshalb öffnete sie die Tür. Ihre Mutter drückte sich an ihr vorbei und ging direkt in die Küche. Dort blieb sie fassungslos stehen, als sie das Chaos sah, das dort herrschte. Empört drehte sich Brigitte zu ihrer Tochter um und sagte: »Bist du wahnsinnig geworden? Das hier ist ja ekelhaft.«

Eliane stockte der Atem. Sie wollte etwas erwidern, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. Tränen liefen ihr übers Gesicht. In den ersten Tagen, nachdem Harald ausgezogen war, hatte sie einmal kurz mit ihrer Mutter telefoniert und ihr erzählt, dass Harald eine Geliebte habe und gegangen sei. Seitdem hatte sie von ihr nichts mehr gehört, bis zum heutigen Tag und nun dieser Auftritt. Eliane war in guten Verhältnissen aufgewachsen, aber reich waren ihre Eltern nie gewesen. Ihre Mutter war schon immer von der gehobenen Gesellschaft angezogen worden. In ihrem Umfeld gab es einige Freundinnen, die sich um Geld keine Sorgen machen mussten. Nach dem Tod ihres Vaters, hatte sich das noch verstärkt. Brigitte gab sich mit ihrem frühren Freundeskreis gar nicht mehr ab und verbrachte ihre Freizeit nur noch in der sozusagen „besseren Gesellschaft“. Umso mehr freute sie sich, als Eliane diesen gutaussehenden, wohlhabenden Mann an Land gezogen und ihn schließlich auch geheiratet hatte. Sie war damals vollkommen aus dem Häuschen gewesen. Regelmäßig besuchte sie ihre Tochter und Harald und verstand sich auch wunderbar mit ihrem Schwiegersohn.

Brigitte sagte nun schnaubend: »Und da wunderst du dich, dass dir dein Mann davonläuft?«

Nun kroch so eine Wut in Eliane auf, dass sie ihren Arm ausstreckte, mit dem Zeigefinger zur Haustür zeigte und mit festem, hartem Tonfall sagte: »Verlasse sofort mein Haus!«

Brigitte schaute ihre Tochter überrascht und fassungslos an, wollte zum Sprechen ansetzen, überlegte es sich aber anders, stapfte über die am Boden liegenden Flaschen hinweg zur Eingangstür und verließ wütend das Haus, wobei sie die Tür besonders laut zufallen ließ.

Eliane schleppte sich ins Wohnzimmer, ließ sich auf die Couch sinken und weinte bitterlich. Sie wurde von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt. Der ganze Kummer der letzten Wochen brach aus ihr heraus.

Es war ungefähr eine Stunde vergangen, Eliane konnte nicht mehr weinen, aber sie fühlte sich besser. Sie hatte einfach mal ihre Tränen laufen lassen, ohne sich ständig zu ermahnen, dass sie sich zusammenreißen müsse. Sie spürte wieder etwas Kraft in sich. Auf einmal wusste sie, was zu tun war. Sie musste ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Es war das erste Mal, dass sie vollkommen auf sich alleine gestellt war. Aber vielleicht war dies ja eine Gelegenheit endlich etwas daraus zu machen. Sie war von ihrer Mutter zwar noch nie geliebt worden - zumindest empfand Eliane das so -, aber als sie noch zuhause gelebt hatte, hatte diese wenigstens für sie gesorgt