Die Liebe macht dich stark … - Toni Waidacher - E-Book

Die Liebe macht dich stark … E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Als Philipp Deininger in St. Johann auf dem Gelände der Deininger Bräu Baustelle erscheint, ist Jürgen Deininger ­erfreut, denn Philipp war immer sein Lieblingsneffe. Aber angesichts der Zwistigkeiten mit dem anderen Zweig der Deininger-Brauerei, befürchtet Jürgen, dass Philipp ihn nur ausspionieren soll. Der Bergpfarrer ›begutachtet‹ den ­jungen Mann auf einer Wanderung und gibt Entwarnung, er hält ihn für ehrlich. Und so soll Philipp den Job als Braumeister bekommen. Dazu passt auch, dass der junge Mann sich in Nicole verliebt hat. Philipps Zukunft in St. Johann sieht rosig aus. Doch ausgerechnet Nicole ertappt ihn bei ­einem verdächtigen Gespräch … Nathalie Greiner sah Pfarrer Trenker ihr Krankenzimmer betreten und lächelte erfreut. Im nächsten Moment jedoch verschwand ihr Lächeln und ein Schatten schien über ihr Gesicht zu huschen, denn dem Pfarrer folgte Annika. ›Was will die hier? ‹, schoss es ihr durch den Kopf, doch ehe sie diese Frage aussprechen konnte, hob Sebastian die Hand zum Zeichen dafür, dass sie abwarten sollte. Er trat an das Krankenbett heran, in dem sich Nathalie in eine sitzende Haltung hoch kämpfte. Die Prellungen von dem Sturz schienen ihr Schmerzen zu bereiten, denn sie stöhnte und ächzte. Sebastian reichte ihr die Hand. »Grüaß Sie, Frau Greiner. Wie geht es Ihnen?« »Bis eben ist es mir eigentlich ganz gut gegangen, Herr Pfarrer«, murmelte Nathalie und schaute Sebastian mit einer Mischung aus Erwartung, Befremdung und Ratlosigkeit an. Sebastian nickte: »Die Annika möcht' Ihnen was sagen, Frau Greiner.« Jetzt richtete Nathalie den Blick auf Annika. Diese rang unruhig die Hände und sagte mit schwacher Stimme: »Ich – ich wollt' das alles net, Frau Greiner. Es war nur, weil …« Sie brach ab, zuckte mit den Schultern, und fuhr fort: »Ich weiß es selber net so genau. Jedenfalls mach' ich mir die bittersten Vorwürfe, nachdem Sie vom Gerüst gestürzt sind.« »Aber dafür können Sie doch nix«, stieß Nathalie überrascht hervor. »Vielleicht waren S' unachtsam, weil ich Sie so sehr durcheinandergebracht hab', weil ich einige Male dem Lukas aufgelauert hab'.«

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Der Bergpfarrer (ab 375) – 491 –

Die Liebe macht dich stark …

Thorsten, folge endlich deinem Herzen!

Toni Waidacher

Nathalie Greiner sah Pfarrer Trenker ihr Krankenzimmer betreten und lächelte erfreut. Im nächsten Moment jedoch verschwand ihr Lächeln und ein Schatten schien über ihr Gesicht zu huschen, denn dem Pfarrer folgte Annika.

›Was will die hier?‹, schoss es ihr durch den Kopf, doch ehe sie diese Frage aussprechen konnte, hob Sebastian die Hand zum Zeichen dafür, dass sie abwarten sollte.

Er trat an das Krankenbett heran, in dem sich Nathalie in eine sitzende Haltung hoch kämpfte. Die Prellungen von dem Sturz schienen ihr Schmerzen zu bereiten, denn sie stöhnte und ächzte.

Sebastian reichte ihr die Hand. »Grüaß Sie, Frau Greiner. Wie geht es Ihnen?«

»Bis eben ist es mir eigentlich ganz gut gegangen, Herr Pfarrer«, murmelte Nathalie und schaute Sebastian mit einer Mischung aus Erwartung, Befremdung und Ratlosigkeit an.

Sebastian nickte: »Die Annika möcht’ Ihnen was sagen, Frau Greiner.«

Jetzt richtete Nathalie den Blick auf Annika.

Diese rang unruhig die Hände und sagte mit schwacher Stimme: »Ich – ich wollt’ das alles net, Frau Greiner. Es war nur, weil …« Sie brach ab, zuckte mit den Schultern, und fuhr fort: »Ich weiß es selber net so genau. Jedenfalls mach’ ich mir die bittersten Vorwürfe, nachdem Sie vom Gerüst gestürzt sind.«

»Aber dafür können Sie doch nix«, stieß Nathalie überrascht hervor.

»Vielleicht waren S’ unachtsam, weil ich Sie so sehr durcheinandergebracht hab’, weil ich einige Male dem Lukas aufgelauert hab’.«

»Lukas hat sich entschieden«, versetzte Nathalie.

»Ich hab’ ebenfalls eine Entscheidung getroffen«, murmelte Annika. »Für kurze Zeit hab’ ich geglaubt, ich könnt’ Lukas vielleicht wieder für mich gewinnen. Aber er hat mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sein Herz nur für Sie schlägt. Und mir ist klar geworden, dass das, was vor acht Jahren einmal war, beendet ist. Was ich für Liebe gehalten hab’, war wahrscheinlich reiner Egoismus.«

»Wollen S’ damit sagen, dass Sie ihn künftig in Ruhe lassen?«

Annika nickte. »Und ich möcht’ mich für mein Verhalten bei Ihnen entschuldigen, Frau Greiner. Bitte, vergeben S’ mir.«

In Nathalies Gesicht arbeitete es. Sie warf dem Bergpfarrer einen Hilfe suchenden Blick zu, schaute ­wieder Annika an und erwiderte schließlich: »Vielleicht ist’s besser, Sie entschuldigen sich bei Lukas. Ich glaub’, dass er unter der Situation sehr gelitten hat. Es ist nämlich auch an ihm net spurlos vorübergegangen, als er Ihnen nach acht Jahren plötzlich wieder gegenübergestanden hat. Auch seine Gefühle sind Achterbahn gefahren.«

»Ich möcht’, dass Sie mir vergeben, Frau Greiner. Solang’ Sie’s net tun, werd’ ich wohl auch die Schuldgefühle net los, denn ich sag’ mir, dass der Unfall vielleicht gar net geschehen wär’, wenn ich net versucht hätt’, einen Keil zwischen Sie und Lukas zu treiben. Ich hab’ geglaubt, es wär’ Liebe, die mich geleitet hat, aber so war’s net. Ich hab’ den Lukas keiner anderen Frau gegönnt. Ich wollt’ ihn besitzen, und hab’ dabei auf Ihre Gefühle keine Rücksicht genommen. Und das, Frau Greiner, – bitt’ ich Sie –, mir zu vergeben.«

Als Nathalie dem Pfarrer einen unschlüssigen Blick zuwarf, nickte er. Und Nathalie sagte: »In Ordnung, Frau Lang. Vergeben und vergessen, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass Sie sich an Ihr Versprechen halten.«

»Sie haben mein Wort.«

»Sie nehmen mir eine schwere Last von der Seele, Frau Lang. Ich bin so froh, dass jetzt alles geklärt ist. « Nathalies Lächeln zeigte ihre große Erleichterung.

»Und Sie mir erst«, erklärte Annika, die sich erst recht von einer großen Last bereit fühlte. »Darf ich Ihnen die Hand geben?«

»Gern.« Nathalie streckte Annika ihre Rechte hin und Annika ergriff sie. Er war ein herzlicher Händedruck, den sie austauschten. Zugleich verabschiedete sie sich von Nathalie. »Ich wünsch’ Ihnen eine schnelle Genesung«, fügte sie noch hinzu.

»Werden Sie sich bei Lukas entschuldigen?«, fragte Nathalie.

»Ich denk’, es ist besser, wenn ich ihn nimmer seh’«, antwortete Annika. »Sie können ihm ja sagen, dass mir alles leid tut.«

»Das werd’ ich«, versprach Nathalie.

Sebastian verabschiedete sich ebenfalls von ihr, lächelte ihr noch einmal aufmunternd zu, dann ließen er und Annika sie allein.

Nathalie fühlte sich wie von einem gewaltigen Druck befreit. Vorsichtig legte sie sich zurück. Nun war sie sich hundertprozentig sicher, dass ihrer Liebe zu Lukas nichts mehr im Weg stand. In ihr breitete sich ein grenzenloses Glücksgefühl aus.

*

Am Tag nach Heilige Drei Könige fuhren gegen zehn Uhr Gregg und Corinna Powell beim Pfarrhaus vor. Sie hatten ihr Kommen schon eine Stunde vorher telefonisch angekündigt. Sebastian hatte daraufhin den Bürgermeister informiert, und nun wartete Markus Bruckner zusammen mit dem Pfarrer auf das frisch vermählte Ehepaar.

Sophie Tappert ließ die beiden ins Pfarrhaus und geleitete sie ins Wohnzimmer. Sebastian und der Bürgermeister erhoben sich. Nachdem man sich begrüßt hatte, bot der Pfarrer den Besuchern einen Sitzplatz an. »Die zwei Wochen waren viel zu schnell vorbei. Schade, dass Sie schon wieder abreisen.«

»Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder zurückkehren«, sagte Gregg lächelnd. »Im Juli oder August verbringen wir den Sommerurlaub in St. Johann. Und sollte Herr Bundscherer keinen Käufer für seinen Hof finden, habe ich sein Wort, dass er mir ein Kaufangebot unterbreitet.«

»Das wär’ natürlich optimal für Sie«, gab Sebastian zu verstehen. »Ich werd’ jedenfalls am Ball bleiben.«

»Haben Sie schon eine Ahnung, welche Art von Unternehmen dieser Pöllinger, der Interesse an dem Hof hat, betreibt, Hochwürden?«, fragte Corinna.

Sebastian schüttelte den Kopf. »Nein. Ich hab’ sehr schnell wieder aufgegeben, als mir Google einen ganzen Wust von Ergebnissen angezeigt hat. Ich denk’, dass ich Bescheid bekomm’, sobald sich Pöllinger wieder beim Bundscherer-Xaver meldet. Dann werden wir’s sehen, was einen Unternehmer dazu bringt, einen Hof mit gut und gern fünfundzwanzig Hektar Land erwerben zu wollen.«

»Das würd’ mich auch brennend interessieren«, erklärte Bruckner.

»Ich hoffe«, sagte Powell, »dass er sich nicht mehr meldet.« Er grinste. »Selbst auf die Gefahr hin, dass Sie mich für eigennützig halten, wünsche ich mir, dass Bundscherer keinen Käufer findet. Der Hof wäre nämlich haargenau das, was sich Corinna und ich erträumen.« Er lächelte ihr zu und Corinna lächelte ebenfalls verträumt. »Okay«, fuhr Powell fort, »wir werden sehen, ob unser Wunsch in Erfüllung geht. Wir werden jedenfalls auch von London aus weiter nach einem Haus oder Hof hier in St. Johann suchen, und Sie, Gentlemen, haben mir Ihre Unterstützung zugesagt.«

»Ich wär’ glücklich, Sie und Ihre werte Gattin als neuen Bürger meiner Gemeinde begrüßen zu dürfen«, gab Bruckner zu verstehen und erhob sich, trat vor Powell hin und reichte ihm die Hand. Es wirkte auf Sebastian ziemlich theatralisch. Wahrscheinlich sollte es eine offizielle Geste des Gemeindeoberhaupts sein.

Powell erhob sich und ergriff die Hand.

Bruckner sagte: »Ich darf mich bei Ihnen, und zwar im Namen des gesamten Gemeinderats, für Ihre noble Spende bedanken, Herr Powell, und ich darf Ihnen darüber hinaus versichern, dass wir das Geld zweckentsprechend verwenden werden.«

Powell nickte. »Meine Frau und mich freut es, mit der Spende Naturschutz-Projekte Ihrer Gemeinde unterstützen zu können.«

»Wie gesagt, wir werden das Geld dem Zweck entsprechend einsetzen.« Mit einem Seitenblick auf den Bergpfarrer fügte Bruckner hinzu: »Es gibt schließlich einen Aufpasser in der Gemeinde, der Sie sicher sofort informieren tät’, wenn auch nur ein einziger Cent der Spende zweckentfremdet verwendet werden würd’.«

»Ich glaub’ net, dass du einen Aufpasser nötig hast, Markus«, erklärte Sebastian. »Aber auch ich sag’ ein herzliches vergelt’s Gott, Gregg. Ohne Ihre großzügige Geste, die Kosten für die Restaurierung der Fresken in unserer Kirche zu übernehmen, hätt’ sich da in den nächsten Jahren wohl nix getan.«

Powell wandte sich Sebastian zu. »Es war mir eine Ehre, Herr Pfarrer, Ihnen diesen Gefallen erweisen zu dürfen«, erklärte er und hielt Sebastian seine Rechte hin. »Sie haben mich gewissermaßen bekehrt«, setzte er lächelnd hinzu. »Ich meine damit nicht, dass Sie mich zum Glauben bekehrt haben. Nein. Sie haben mich dazu bekehrt, die Natur schätzen zu lernen und sie zu schützen.«

»Wenn Sie das so sehen, dann freut mich das umso mehr, Gregg«, lächelte Sebastian.

»Dann darf ich mich bei dieser Gelegenheit auch gleich verabschieden«, sagte Powell. »Wir haben etwa anderthalb Stunden Fahrt bis zum Flughafen vor uns, müssen den Leihwagen zurückgeben und einchecken. Der Flieger wartet nicht.«

»Dann bleibt es mir nur, Ihnen eine gute Reise zu wünschen. Und noch einmal vielen, vielen Dank für die großzügige Spende.« Sebastian hatte die beiden bis zur Haustür begleitet und winkte ihnen hinterher, als sie wegfuhren. Dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück.

»Ein feiner Mensch, der Powell«, sagte der Bürgermeister.

»Ich erinnere mich an eine Zeit, Markus«, sagte der Pfarrer, »da hast du ganz anders über ihn gesprochen.«

»Net grundlos, Hochwürden, net grundlos. Aber das ist vergeben und vergessen. Wozu brauchen wir eine Freilichtbühne? Natürlich war ich im ersten Moment sauer, als der Powell damals abgesprungen ist. Aber im Nachhinein betrachtet muss ich sagen, dass ich froh bin, dass es so gekommen ist. Wir brauchen keinen Massentourismus. Die Ursprünglichkeit dem Wachnertal zu erhalten muss unser aller Bestreben sein. Der Powell hat das richtig erkannt. Er ist ein Mann von Format.«

»Ich komm’ ja aus dem Staunen gar nimmer raus, Markus«, entrang es sich dem Pfarrer. »Solche Töne kenn’ ich ja überhaupt net von dir. Was ist denn in dich gefahren? Seit wann redet du mir nach dem Mund?«

»Aus dem Saulus ist auch ein Paulus geworden«, antwortete Bruckner. »Warum sollt’ sich meine Einstellung net ändern?«

Sebastian musterte den Bürgermeister geradezu fassungslos. Er spürte aber auch, wie sich Argwohn in ihm breitmachte, und er fragte sich, welchen Zweck der Bürgermeister verfolgte. Prüfend musterte er das Gesicht des Bürgermeisters und tatsächlich wich Bruckner seinem forschenden Blick aus.

Plötzlich wirkte Bruckner verlegen. Er schaute auf die Uhr und stieß hervor: »Himmel, in fünf Minuten beginnt die Gemeinderatssitzung. Jetzt muss ich mich aber sputen. Pfüat Ihnen, Hochwürden.«

»Ich glaub’, Markus, ich weiß, warum du mir plötzlich nach dem Mund redest. Du willst mir Honig um den Mund schmieren, damit ich dir deine Wettschuld erlass’, stimmt’s?«

»Dass Sie mir immer gleich niedere Motive unterstellen, Hochwürden«, wehrte sich das Gemeindeoberhaupt. »Ich red’ Ihnen net nach dem Mund. Ich bring’ lediglich meine eigene Überzeugung zum Ausdruck. Jetzt muss ich aber …« Er hielt den Arm mit der Uhr hoch und tippte auf das Glas. »Es wär’ net gut, wenn ich als Bürgermeister zu spät käm’. Pfüat Ihnen, Hochwürden. Und denken S’ net immer nur negativ über mich und meine Beweggründe. Vielleicht geht’s mir wie dem Powell und ich bin bekehrt worden.«

»Manchmal geschehen Zeichen und Wunder, Markus.«

»Na sehen S’, Hochwürden. Aber jetzt …« Er rannte regelrecht aus dem Pfarrhaus.

Sophie Tappert kam ins Wohnzimmer. »Was war denn mit dem Bürgermeister los? Der ist ja regelrecht geflüchtet. Und da ihm der Leibhaftige ja wohl kaum begegnet sein dürft’, hier im Pfarrhaus, nehm’ ich an, dass er vor Ihnen davongelaufen ist, Hochwürden.«

»Davor, dass ich ihn durchschau’, Frau Tappert. Er möcht’ von seiner Wettschuld wegkommen. Um das zu erreichen, würd’ er mir wahrscheinlich die Füß’ küssen.«

»Er bräucht’ ja nur Ihr Angebot annehmen.«

»Sie meinen, den Erlass der Wettschuld auf Bewährung.« Sebastian lachte auf. »Das will er net, weil er befürchtet, dass ich ihn dann in der Hand hätt’.« Er wiegte den Kopf. »Na ja, in gewisser Weise wär’s ja auch der Fall. Ich schau’ mal hinüber in die Kirche. Nachdem der Lukas jetzt alleine arbeitet, wird’s wohl ein paar Tage länger dauern, bis er fertig ist.«

»Wie lang’ wird denn die Nathalie in der Klinik bleiben müssen?«, fragte Sophie.

»Noch zwei – drei Tage«, antwortete der Pfarrer. »Ob sie dann gleich wieder auf’s Gerüst kann, ist allerdings fraglich. Mit der Gehirnerschütterung ist net zu spaßen. Wenn ihr schwindelig wird da oben, kann das schlimm ausgehen. Da wollen wir ja nix riskieren.« Sebastian begab sich in die Kirche.

Lukas Baumann, der Kirchenmaler aus München, der in St. Johann aufgewachsen war, stand hoch oben auf dem Gerüst und war in seine Arbeit vertieft. Er hielt inne, als der Pfarrer rief: »Du kommst ja ganz gut voran, Lukas.«

Lukas trat an das Geländer des Gerüsts heran, schaute nach unten und antwortete: »Die Nathalie fehlt trotzdem. Aber es nützt nix. Was net geht, das geht eben net. Ich schaff’ das. Bis Ende der Woche werd’ ich fertig sein.«

»Super. Der Gregg und die Corinna haben sich von mir verabschiedet und sind schon auf dem Weg nach München. Haben sie mit dir auch noch einmal gesprochen?«

»Ja, gestern. Die beiden haben mir noch einmal versichert, dass ihnen meine Arbeit sehr gut gefällt.«

»Ja, Powell ist überzeugt von dir. Wie geht’s Nathalie?«

»Sie ist fast wieder auf dem Damm. Wahrscheinlich wird sie übermorgen entlassen.«

»Gut. Wenn du sie heut’ Abend besuchst, bestell’ ihr von mir die besten Grüße und wünsch’ ihr von mir gute Besserung.«

»Mach’ ich«, versprach Lukas.

Sebastian winkte ihm zu und verließ die Kirche.

*

Die Feiertage waren vorbei und der Alltag hatte wieder begonnen. Thorsten Sommerauer hatte den ganzen Tag über im Wald geschuftet, um die Schäden eines Sturms, der einige Tage vor Weihnachten eine Schneise der Verwüstung in die Wälder des Wachnertals gerissen hatte, nach und nach zu beseitigen.

Jetzt, da es finster wurde, kam er mit seinem Traktor auf den Hof zurück, stellte ab und begab sich ins Haus. Er traf seine ältere Schwester, mit der er unter einem Dach lebte, in der Küche an. »Guten Abend, Nadine«, grüßte er. »Alles in Ordnung? Gibt’s was Neues?« Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und streckte die Beine aus. Thorsten war neunundzwanzig Jahre alt, eins achtzig groß und schlank. Seine Haare waren blond, die Augen blau, sein Blick war offen.

»Im Supermark hat mir heut’ die Erbling-Maria erzählt, dass die Fresken in der Kirche restauriert werden. Erinnerst du dich an den Lukas Baumann, der vor acht Jahren nach München gegangen ist, um die Kunstmalerschule zu besuchen?«

»Natürlich erinner’ ich mich an den. Wir haben als Kinder oft zusammen gespielt. Der Lukas und ich waren Freunde. Wieso fragst du mich nach ihm?«

»Ihn hat der Pfarrer mit der Restaurierung beauftragt. Und ein Unglück ist auch schon geschehen. Der Lukas hat eine Kirchenmalerin mitgebracht, die vom Gerüst gestürzt ist und jetzt in der Klinik liegt.«

»Ist net zwischen dem Lukas und der Annika Lang damals ein bissel was gelaufen?«

Seine Schwester nickte. »Ja, da war was. Aber wenn man der Erbling glauben darf, dann ist der Lukas mit der verunglückten Malerin liiert. Die Annika soll zwar einige Male in seiner Nähe gesehen worden sein, aber in der Zwischenzeit soll sie eingesehen haben, dass der Lukas nix von ihr will.« Nadine zuckte mit den Achseln. »Was Genaues hat die Erbling allerdings auch net gewusst.«

»Ist ja auch net so wichtig. Und alles, was von ihr kommt, ist eh mit Vorsicht zu genießen. Hast du was zum Essen für mich?«