Die Liebesträumerin - Christine Lehmann - E-Book
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Die Liebesträumerin E-Book

Christine Lehmann

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Beschreibung

Zarte Gefühle, die zu zerbrechen drohen. „Die Liebesträumerin“ von Christine Lehmann jetzt als eBook bei dotbooks. Esther, Lyrikerin aus Leidenschaft, träumt noch immer von der ganz großen Liebe, obwohl sie von Männern bisher nur enttäuscht wurde. Als ihr der Millionär Falk Avancen macht, bleibt sie daher zunächst skeptisch – bis sein Charme sie mehr und mehr in den Bann zieht. Doch ein Wochenende mit ihm und seiner selbstherrlichen Verwandtschaft lässt alle Hoffnungen in ihr schwinden. Auch Falk ist sich nicht mehr sicher, ob er der Frau aus einfachen Verhältnissen vertrauen kann. Da wird Esther plötzlich entführt und Falk ist der einzige, der ihr helfen kann … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Die Liebesträumerin“ von Christine Lehmann. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Esther, Lyrikerin aus Leidenschaft, träumt noch immer von der ganz großen Liebe, obwohl sie von Männern bisher nur enttäuscht wurde. Als ihr der Millionär Falk Avancen macht, bleibt sie daher zunächst skeptisch – bis sein Charme sie mehr und mehr in den Bann zieht. Doch ein Wochenende mit ihm und seiner selbstherrlichen Verwandtschaft lässt alle Hoffnungen in ihr schwinden. Auch Falk ist sich nicht mehr sicher, ob er der Frau aus einfachen Verhältnissen vertrauen kann. Da wird Esther plötzlich entführt und Falk ist der einzige, der ihr helfen kann …

Über die Autorin:

Christine Lehmann, geboren 1958 in Genf, wuchs in Stuttgart auf. Heute pendelt sie zwischen ihrer Heimatstadt und Wangen im Allgäu. Christine Lehmann war Nachrichtenredakteurin beim SWR und schreibt seit vielen Jahren erfolgreich in den verschiedensten Genres – von Krimis und historischen Romanen über Jugendbücher bis zu romantischen Liebesgeschichten, außerdem Sachbüchern und Hörspielen.

Mehr Informationen über Christine Lehmann finden sich auf ihrer Website: www.christine-lehmann.blogspot.de

Ebenfalls bei dotbooks erschienen Christine Lehmanns Romane Auf den Spuren der Liebe,Die Rache-Engel, Die Liebesdiebin, Der Bernsteinfischer und Der Winterwanderer.

***

Originalausgabe Februar 2016

Dieses Buch basiert auf dem Titel Der Goldfisch von Christine Lehmann, erschienen 2012 im Eigenverlag.

Copyright © 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Dadarev Mikhail

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-443-6

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Christine Lehmann

Die Liebesträumerin

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Es klingelte schon wieder, während Karen und Boris ins

Wohnzimmer traten.

»Das wird Vanessa sein«, sagte Karen. »Dann war sie das nämlich doch, in diesem dicken Mercedes mit dem dunklen Typen, der nicht in den Parkplatz reingekommen ist.«

Boris grunzte und fuhr sich über den Stoppelkopf.

Esther drückte auf den Türöffner. Die Seile sirrten im Fahrstuhlschacht. Es würde eine Weile dauern, bis der Fahrstuhl, der eben Karen und Boris hochgebracht hatte, unten ankam und erneut oben sein würde. Außerdem ging er nur bis zum vierten Stock. In den fünften mussten die Gäste zu Fuß hochsteigen.

»Was wollt ihr trinken?«, erkundigte sich Esther.

Karen ließ sich in einen der knisternden Korbsessel fallen und ordnete ihr langes dunkelbraunes Haar. »Sherry, wenn du hast.« Sie trug an jedem Finger einen goldenen Ring, an manchen mehrere.

»Bier«, sagte Boris.

Inzwischen war das Rumpeln des Fahrstuhls verstummt, und Esther ging zu Tür. Vanessa wehte in einem wunderbaren beige-goldfarbenen Sommerkleid die Treppe herauf. Sie war blond und langgliedrig. Ihr folgte ein Mann in einem dunklen Anzug mit Krawatte.

»Ich habe Falk mitgebracht«, sagte Vanessa, die Treppe heraufkommend, und streckte die Hand aus. »Das macht doch nichts, oder? Das ist Falk Vischer, Vischer mit V. Und das ist Esther Kuhn.«

Sein Händedruck war leicht, aber nicht locker, und eine halbe Sekunde zu lang, fand Esther, in der augenblicklich eine Portion Antipathie hochstieg. Vanessas Männer waren immer eine Nummer zu bedeutend.

»Guten Abend«, sagte Vischer mit der leisen Selbstsicherheit erfolgsverwöhnter Menschen. Seine mokkaschwarzen Augen ruhten einen Moment zu lang auf Esther. Sein schwarzes Haar war akkurat auf Kragenhöhe geschnitten und sein Anzug so maßgeschneidert, dass Esther im Geist sofort das Menü durchging und als zu gewöhnlich einstufte.

Eigentlich hatte sie nur ihre Freundinnen, Vanessa und Karen, einladen wollen. Aber Karen kam nie ohne Boris. Doch von Vanessa hatte Esther angenommen, dass sie im Moment solo war. Und sie selbst hatte ohnehin seit anderthalb Jahren nichts Festes mehr.

»Oh!«, entfuhr es Karen, als Vischer hinter Vanessa ins Wohnzimmer trat. Sie war drauf und dran aufzustehen, erinnerte sich dann aber daran, dass eine Dame nicht aufstand, und streckte Vischer vom Sessel aus die beringte Hand hin.

»Karen und Boris«, stellte Esther die beiden vor.

Boris hob nur grüßend die Bierflasche, die er sich aus der Küche geholt hatte. Er musterte den Anzugtypen abschätzig. Vischers Blick glitt über die Bücherregale, die das kleine Wohnzimmer noch enger erscheinen ließen. Währenddessen prüfte ihn Karen mit ihren Mandelaugen, die Lippen anerkennend gespitzt.

Esther wiederholte die Frage nach den Getränken.

Vischer und Vanessa wählten dasselbe wie Karen. Sherry also.

Vanessa folgte Esther in die Küche.

»Was ist denn das für einer?«, wisperte Esther.

»Falk? Er ist ein entfernter Verwandter von mir, der Sohn einer Cousine des Schwagers meiner Mutter. Du weißt schon, die Cousine, die sich umgebracht hat.«

»Das Callgirl?«

Vanessa lachte verlegen. »Falk ist noch nicht allzu lange wieder in Deutschland. Er hat über zehn Jahre in Amerika gelebt, und hier in Stuttgart kennt er niemanden. Da dachte ich, ich bring ihn einfach mit. Es macht dir doch nichts aus, oder?«

»Ist schon okay. Das Essen reicht auch für fünf.«

»Er ist der Chef der Labyrinthos-Holding, du weißt schon, MIK, Medien, Information, Kommunikation.«

»Verstehe.« Esther drückte Vanessa die Gläser in die Hand. »Er handelt mit Geld. Aber sitzt MIK-Labyrinthos nicht in Frankfurt?«

Vanessa lachte etwas unmotiviert. »Das stimmt. Aber er ist gerade bei meinen Eltern zu Besuch.«

»Hast du was mit ihm?«

»Zumindest ist er ziemlich verliebt in mich. Das ist klar.«

»Gibt es eigentlich einen Mann, der sich nicht in dich verliebt?«

»Ich kann doch nichts dafür, dass ich auf Männer so attraktiv wirke.«

»Vielleicht nicht«, erwiderte Esther, während sie den billigen Sherry betrachtete, »aber wenn du sie mit deinen großen blauen Augen so herausfordernd anschaust, dann haben sie gar keine andere Wahl. Pass ein bisschen auf, Vanessa. Denk an den Iraner und an deinen Juraprofessor. Ist Falk verheiratet?«

»Soviel ich weiß, nein. Geschieden.«

Falk Vischer rümpfte immerhin nicht die Nase über den Sherry aus dem Supermarkt.

»Hast du immer noch keine Sherrygläser?«, bemerkte Karen, als Esther ins Wohnzimmer zurückkehrte.

Esther ertappte sich dabei, wie sie ihre Wohnung und die Ausstattung mit den Augen eines reichen Mannes prüfte: die kleine Zweieinhalbzimmerwohnung unterm Dach, die Korbsessel, die durchgesessene Couch, den Kieferntisch mit dem unedlen Porzellan, die Regale mit Taschenbüchern, den alten Schreibtisch im Nachbarraum. Das Nobelste war vielleicht der Balkon. Er ging zum Europaviertel hinaus, wo um die neue Stadtbibliothek Gebäude und Einkaufszentren emporwuchsen.

Von den drei Freundinnen war nur Vanessa Herrin der Lage. Sie war eine Tochter aus gutem Haus, im Begriff, ihr Jurastudium abzuschließen, und ambitioniert. Ihr Vater war Generalstaatsanwalt. Karen dagegen war zwar mandeläugig und schön, aber ihre Leggins waren immer etwas zu glänzend und ihre Tops zu glitzernd. Sie arbeitete in einer Scheibenwischerfirma, während Esther sich damit zufriedengab, nach einem abgebrochenen Politikstudium ihren Lebensunterhalt als Sekretärin in einer Lokalzeitungsredaktion zu verdienen.

Sie war froh, dass sie sich jetzt erst einmal in die Küche verabschieden konnte. Karen kam ihr nach.

»Was ist denn das für einer?«

»Falk Vischer mit V. Er ist der Holdingchef von MIK-Labyrinthos«, referierte Esther, während sie Radicchio auf fünf Tellern verteilte.

»Hm!«, machte Karen, bündelte ihre dunkle Haarflut mit der Hand und beugte sich schnüffelnd über die Salatsoße, die Esther in einer Tasse angerührt hatte. »MIK-Labyrinthos?« Sie richtete sich wieder auf. »Bei denen liegen seit drei Wochen die Bewerbungsunterlagen von Boris. Bei LTS, genauer gesagt, bei Labyrinthos Technic Systems.«

»Ich dachte, Boris wollte sich mit irgendeiner Online-Sache selbständig machen«, bemerkte Esther und rieb Parmesan über den Salat.

»Ach, das wird doch nie was. Bei LTS zahlen sie zweihunderttausend zum Einstieg, sagt man.«

»Ich dachte immer, Labyrinthos sei ein Verlagskonsortium.«

»Für dich besteht die Welt nur aus Büchern, Esther, aber das eigentliche Geschäft macht Labyrinthos schon lange nicht mehr mit Büchern, sondern mit Online-Plattformen, wo niemand mehr merkt, ob man Werbung guckt oder ob das Information ist.«

Esther drückte Karen zwei gefüllte Salatteller in die Hand und nahm selber drei. Bis alle Gäste saßen, war sie noch zweimal in die Küche gelaufen, um das Stangenweißbrot zu schneiden und Salz und Pfeffer zu holen. Als sie endlich Platz nahm und alle die Gabeln ergriffen, saß Falk Vischer ihr am kurzen Ende des Tischs gegenüber und starrte sie an.

Karin lobte das Essen, bevor sie kostete, Vanessa kostete erst und lobte dann. Boris mochte Salat nicht und versuchte, alle am Tisch für die Frage zu interessieren, ob eine Festplatte eigentlich umso schwerer wurde, je mehr Daten auf ihr gespeichert waren.

»Bilder, Texte, Bücher, all die schweren Inhalte!« Dabei schielte er auf Vischer.

»Für den Computer sind es nur Einsen und Nullen«, antwortete Vischer. »Eigentlich drehen sich nur Magnete. Das ist kein Inhalt.«

Jedes Mal, wenn Esther den Blick hob, um sich zu vergewissern, dass ihre Gäste sich gut unterhielten, begegnete sie seinen dunklen Augen.

Ihr verging der Appetit. Wenn sie für Gäste kochte, hatte sie ohnehin kaum Hunger.

Außerdem fand sie es abwegig, dass der Herr sie anstarrte. Sie hatte sich nicht besonders elegant angezogen, denn der modische Wettbewerb, den Karen und Vanessa bei solchen Gelegenheiten ausfochten, war ihr zu kostspielig. Sie trug weiße Jeans und ein moosgrünes Strickshirt. Sie war schlank, hatte aber kräftige Gelenke und Hände, die zupacken konnten, dabei ein fein geschnittenes Gesicht mit zurückhaltenden grauen Augen, dunklen Brauen. Ihr dichtes, etwas widerspenstiges Haar hatte einen rötlichen Zedernholzton, und sie trug es kurz geschnitten.

Schließlich erlöste sie sich selbst, indem sie in die Küche ging, um den Hauptgang anzurichten.

Sie hörte, wie Vanessa laut aus ihrem Praktikum in der Staatsanwaltschaft erzählte. »Wenn du aber nur 125 Euro pro Monat bekommst, habe ich gesagt, dann kannst du dir keine Jacke für 100 Euro kaufen. Und sie sagt: Aber es sind doch 250 Mark, die ich kriege, und mit den restlichen 150 komme ich bis zum Monatsende hin. Stellt euch das vor … Wie lange haben wir jetzt schon den Euro? Ich habe zu ihr gesagt: Dann hast du dir eine Jacke für umgerechnet 200 D-Mark gekauft, also bleiben dir nur noch 25 Euro oder 50 Mark für zwei Wochen. Sie blickt mich verständnislos an. Und dann sagt sie: Vorher bin ich mit dem Geld immer hingekommen. Die Sozialarbeiterin versucht ihr seit drei Jahren beizubringen, wie man mit Geld haushaltet. Aber sie bekommt Tobsuchtsanfälle, wenn sie auf Friseur, Kino oder einen neuen Pullover verzichten soll. Da könne sie sich ja gleich begraben lassen. Wenn die erst einmal in der Arbeiterinnenselbsthilfe gelandet sind, dann gibt es keinen Weg mehr hinaus, nur noch den in die Psychiatrie im Bürgerhospital.«

»Will jemand Wein?«, fragte Karen.

Aber Vanessa ließ sich nicht unterbrechen. »Und kein einziges Schicksal lässt sich vor Gericht wenden. Der Frau muss man täglich die Münzen abzählen, damit sie nicht mehr ausgibt, als sie hat. Von ihrem Exfreund hat sie einen Schuldenberg von 50 000 Euro mitgebracht. Er ist mit einem Kredit baden gegangen, für den sie gebürgt hat. Die braucht gar nicht an Arbeit zu denken. Egal, was sie verdient, es ist schon gepfändet. Also sitzt sie herum und trinkt und rechnet in D-Mark, weil es dann nach mehr klingt.«

Wie arrogant Vanessa klang! Boris lachte.

»Für diese Frauen«, hörte Esther dann Falk Vischer in nachdenklichem Ton sagen, »ist unser Leben einfach zu schnell, zu hart, zu kompliziert.«

Kurz war es still. In Esther klang die Wärme seiner Worte nach.

Dann ertönte Vanessas Stimme wieder. »Das ist die Wirklichkeit, mit der ich es bei Gericht zu tun habe. Sie klauen Lippenstift in den Kaufhäusern, ein paar Euro wert.«

Dann ließ sich Karens Stimme vernehmen. »Wo bleibt Esther eigentlich?«

Esther hörte einen Stuhl rücken. Aber es erschien nicht Karen in der Küchentür, sondern Vanessa. »Kann man was helfen?«

Esther drückte ihr den Rotwein in die Hand und schickte sie ins Wohnzimmer zurück. Sie ließ sich nicht gern dabei zusehen, wenn sie Kakao in die Bratensoße rührte oder Chili über den Obstsalat streute. Dabei zuzusehen, mit welchen seltsamen Zutaten man einem Gericht den letzten Pfiff gab, war nicht jedermanns Sache.

Als sie die Putenkeulen aus dem Ofen holte, stand plötzlich Falk Vischer in der Küchentür, die Flasche Wein in der Hand.

»Ohne Korkenzieher geht das nicht.« Er ließ seinen Blick über das Kochchaos schweifen.

»Hier!« Esther zog den Korkenzieher unter einem Topflappen hervor. Dabei hatte sie den Eindruck, mit den falschen Requisiten und dem falschen Ambiente im falschen Film zu sein. Falk Vischer drehte seinen Film in einem Schloss, während sie in einer Etagenküche wirtschaftete.

Er war ein nicht sonderlich großer, aber stabil gebauter Mann, der etwas von einem in edlem Tuch gezähmten Durchboxer hatte, eine breite Stirn, eine herausfordernde Miene, ein kräftiges Kinn, ganz Sieger. Als er die Bleihülle vom Flaschenhals des billigen Rioja entfernte, kamen unter den Manschetten ziemlich breite und dunkel behaarte Gelenke zum Vorschein.

»Feiern wir hier eigentlich etwas Bestimmtes?«, erkundigte er sich, während er den Korkenzieher in den Korken schraubte. »Ihren Geburtstag zum Beispiel?«

»Nicht direkt. Allerdings hatte ich tatsächlich vorgestern Geburtstag.«

»Und wie alt sind Sie geworden, wenn ich fragen darf?«

»Neunundzwanzig.«

Falk blickte sie prüfend an, ohne die Entkorkung zu unterbrechen. »Es soll ja Frauen geben, die sind ab neunundzwanzig immer neunundzwanzig.«

Esther fühlte sich auf einmal wie eine Sekretärin mit ihrem Chef.

»Aber«, fuhr er fort, »Sie sind vermutlich zu stolz, um eitel zu sein.«

Esther lachte freundlicher, als ihr zumute war. »Und wie alt sind Sie?«

Er stellte die Flasche auf einer der Arbeitsflächen ab und betätigte die beiden Flügelhebel, um den Korken quietschend dem Flaschenhals zu entziehen. »So eine Frage muss man ja zum Glück nur beantworten, wenn man Geburtstag feiert.«

»Du meine Güte!«, dachte sie und musterte seine Schläfenhaare. Keine grauen Fäden. Er war jung für einen Vorstandsvorsitzenden. Ein Genie im Durchboxen, lästig aggressiv. Offenbar hatte seine Nase irgendwann einmal einen Schlag abbekommen. Sie war nicht mehr ganz gerade.

Er schnüffelte am Korken des billigen Rioja mit der Miene eines Sommeliers und reichte Esther den Korkenzieher.

»Aber«, bemerkte er mit einem gezielten Schuss aus seinen tiefliegenden dunklen Augen, »es ist für Frauen ja nur von Vorteil, wenn der Mann zehn Jahre älter ist. Dann hat er Geld und Erfahrung.«

Und damit verließ er die Küche.

Wie gut, dass niemand sah, wie ihr eine der Putenkeulen in die Spüle entglitt, als sie sie auf die Platte heben wollte.

Neununddreißig war er also. Aber was war diese Art von Erfahrung wert, wenn sie so unverschämt daherkam? Wahrscheinlich hatte sie seinen Kaschmiranzug nicht genügend bewundert und ihn bei der Vorspeise nicht ausreichend beachtet. Und nun rächte er sich, indem er sie gezielt verunsicherte. Lernten die das auf den Managerseminaren, oder war es eine Naturbegabung?

Beim Hauptgang ließ er zu Esthers Beruhigung von ihr ab und beschäftigte sich mit Karen, die Vanessa gegenübersaß. Vanessa versuchte immer wieder einzuhaken. Esther kannte Karen seit der Schulzeit und Vanessa seit dem Studium. Gegensätzlicher als sie drei konnten Freundinnen nicht sein, aber vielleicht funktionierte es darum so gut. Vanessa war immer stilvoll und weltstädtisch, Karen immer geschäftstüchtig und zuweilen etwas bissig, und Esther war die Introvertierte und Nachdenkliche im Bund, die das Streben der beiden anderen nach einem vorteilhaften Platz in der Welt mit Distanz betrachtete. Vanessa wollte zumindest Verfassungsrichterin werden, und Karen suchte ständig Geschäftsideen, die viel Geld brachten. Boris, der Esther in Ermangelung eines männlichen Gesprächspartners gerade mit einem Bericht über seine letzte Bergtour in den französischen Alpen langweilte, lebte seit fünf Jahren mit Karen zusammen und versuchte etwa ebenso lange herauszufinden, was Esther für eine war. Sie hatten schlichtweg nicht ein einziges gemeinsames Interessengebiet. Jeder seiner Versuche, Esther mit irgendetwas, das er in seinen Augen erfolgreich gemeistert hatte, zu beeindrucken, scheiterte an ihrem – wenn auch wohlwollenden – Unverständnis.

»Haben Sie eigentlich all diese Bücher gelesen?«, erkundigte sich nun auch Falk Vischer, als sie nach dem Obstsalat vom Tisch aufstanden. Boris grinste.

»Natürlich hat sie alle Bücher gelesen«, antwortete Karen an ihrer Stelle mit Kampfbereitschaft. »Und Esther ist Dichterin.«

»Tatsächlich?« Falk zog die Brauen hoch.

»Blödsinn!«, sagte Esther. »Karen, du willst mich wohl unbedingt ins Lächerliche ziehen. Natürlich habe ich nicht alle Bücher gelesen, die hier stehen.«

»Das hätte mich auch gewundert«, bemerkte Vischer mit Blick auf die im Internetzeitalter altertümlich wirkende Reihe von Lexika. »Andernfalls hätte man annehmen müssen, dass Sie auch das Telefonbuch Zeile für Zeile lesen.«

Vanessa lachte. »Da gab es doch mal diesen Film. Nach einer Satire von Kishon, glaube ich. Ein Idiot fängt an, mit einer geklauten Baumaschine eine Straße in der Stadt aufzuhacken, und schon entsteht eine riesige Baustelle, und keiner weiß, wofür. Abends liest er das Telefonbuch.«

»Der Blaumilchkanal«, sagte Esther.

»Das ist wohl so ein Schwarzweiß-Knister-Film aus den Zeiten, als die Bilder laufen lernten«, bemerkte Boris und nahm die Zigarettenschachtel, um auf den Balkon zu gehen.

Kapitel 2

Während Esther den Tisch abräumte, warf Falk einen Blick ins angrenzende Zimmer, das mehr eine Kammer war. Am Fenster zum Balkon stand ein Schreibtisch. Unter die schrägen Wände waren ebenfalls Bücherregale geklemmt. Auf dem Schreibtisch ruhte ein zusammengeklappter, sichtlich alter Laptop. Eine Studentin, vermutete Falk, eine Germanistin vielleicht, die sich mit Jobs über Wasser hielt und mit dem Studium nie fertig wurde, weil sie sich zu wenig zutraute. Eine, die Geld und Erfolg mit der Arroganz intellektueller Habenichtse verachtete, also auch ihn. Eine Rührmichnichtan schien sie überdies zu sein, lieber in der Küche werkelnd, als sich dem Kreis zu stellen, den sie eingeladen hatte. Und wo war ihr Freund, der zu dieser Geburtstagsfeier unbedingt hätte kommen müssen, wenn sie sie schon nicht an ihrem eigentlichen Geburtstag feierte?

Als Vanessa im Haus ihrer Eltern seine Einladung, sie zum Essen auszuführen, mit dem bedauernden Argument ausschlug, sie dürfe ihre Freundin nicht enttäuschen, hatte Falk wenig Lust gehabt, sie zu begleiten. Aber noch weniger hatte es ihn gereizt, den Abend allein oder mit Vanessas Eltern zu verbringen, die ihn mit einer Mischung aus verwandtschaftlicher Vertraulichkeit und sozialem Konkurrenzgehabe behandelten. Sie hofften allzu deutlich, dass er ihrer Tochter nach abgeschlossenem Referendariat einen lukrativen Job als Justiziarin im Labyrinthos-Konzern verschaffte, damit sie in Ruhe ihre Doktorarbeit schreiben konnte. Noch lieber wäre es ihnen offensichtlich gewesen, er hätte Vanessa gleich einen Heiratsantrag gemacht.

»Ruf doch Esther an und sag, du hättest wieder Migräne«, hatte Vanessas Mutter ihrer Tochter vorgeschlagen. Als Vanessa sich dann umziehen ging, hatte sie ihm überdies zugeflüstert, Esther sei nun nicht gerade ihr Niveau.

Dies alles hatte seine Laune nicht gehoben. Er bereute bereits, auf der Fahrt von Mailand nach Frankfurt in Stuttgart Station gemacht zu haben, nur um nach über zehn Jahren den in seiner Erinnerung nettesten Teil seiner Familie, vor allem aber Vanessa, mal wieder zu sehen. Doch schon als sie in dieser engen Gegend am Nordbahnhof einen Parkplatz gesucht hatten, in den seine Limousine hineinkam, hatte er beschlossen, Vanessa nachher zwar heimzubringen, sich aber nicht in ihre Wohnung hinaufbitten zu lassen, sondern gleich nach Frankfurt weiterzufahren. Eigentlich war er müde und überdies unwillig gewesen, seine Pläne von einem gediegenen Flirt im Restaurant Steigenberger Graf Zeppelin durch ein Geburtstagsessen am Nordbahnhof durchkreuzen zu lassen.

Esther klapperte immer noch in der Küche. Vanessa und Karen hatten sich in den Korbsesseln Zigaretten angezündet. Falk suchte frische Luft und ging auf den Balkon. Dort stand Boris und rauchte, mit der Bierflasche in der Hand.

Die Bibliothek war hinter der wuchtigen Einkaufsmall fast verschwunden. Die oberen Stockwerke leuchteten in geheimnisvollem Blau. Eben kroch ein silbriger ICE unters Dach des halb abgerissenen Kopfbahnhofs.

»Ein hübsches Kleeblatt, die drei Mädels«, bemerkte Falk.

»Hm«, grunzte der junge Mann. »Und Sie haben sich die Blondine rausgesucht, was? Stimmt das übrigens, was ich im Internet gelesen habe? Dass Sie der reichste Mann Deutschlands sind?«

Falk lachte. »Ich kenne ein halbes Dutzend Männer, die reicher sind als ich. Also wird es wohl nicht stimmen.«

»Aber ein paar Milliarden werden’s schon sein.«

»Eine rein fiktive Summe«, erwiderte Falk ruhig. »Da müsste ich schon meine Firmenanteile und Aktien verkaufen. Und im Zweifelsfall gibt es einen Börsencrash, und ich verliere die Hälfte.«

Boris grinste und hob die Flasche. »Aber mit dem Gehalt als MIK-Vorstandsvorsitzender kommen Sie über die Runden, ja?«

»Es reicht gerade so hin. Und was machen Sie?«

»IT. Übrigens habe ich mich bei LTS beworben. Labyrinthos Technic Systems, Ihre Firma, wie Sie sicher wissen.«

Falk unterdrückte ein Lächeln und blickte über das Balkongeländer in die Tiefe.

»LTS ist das Beste, was es derzeit gibt«, erklärte Boris. »Ich könnte natürlich jederzeit auch was anderes machen.«

Falk hob den Blick und blickte Boris prüfend an. »Und wo ist bei Ihnen der Haken?«

»Wieso?«

»Na, Sie sind doch auch schon dreißig. Wenn Sie so gut sind, wie Sie andeuten, und zu LTS wollen, dann müssten Sie dort schon längst sein, und zwar ohne meine Empfehlung. Also muss es in Ihrem Lebenslauf einen dunklen Punkt geben. Haben Sie sich mal eine Auszeit genommen? Oder waren Sie im Knast?«

»He, das muss ich mir nicht sagen lassen!«

»Ach was«, antwortete Falk leichthin. »Ich habe auch mal ein paar Tage im Knast gesessen. Kommt in den besten Familien vor. Und amerikanische Gefängnisse sind kein Spaß.«

Boris entspannte sich wieder. »Was haben Sie denn angestellt?«

»Ich habe einen Kerl krankenhausreif geschlagen. Ich war damals ein ziemlich guter Boxer und habe die Straße mit dem Ring verwechselt. Ich war allerdings auch ziemlich betrunken. Es ging um ein Mädchen.«

Boris lachte. »Und würden Sie heute die erste Runde immer noch überstehen?«

»Wollen Sie es ausprobieren?«

Boris hob die Hände. »Ich bin Bergsteiger. Ich brauche meine Hände noch.«

»Ah, interessant«, sagte Falk und entlockte Boris das Geständnis, dass er von einer K2-Besteigung im Himalaja träume, für die Expedition aber nicht genug Geld zusammenbekam.

»Ohne Knete läuft halt nix«, erklärte Boris. »Ich habe leider keine reichen Eltern. Ich habe versucht, eine Internetsache aufzuziehen, aber bislang habe ich dabei nur Geld verloren. Jetzt brauche ich halt erst einmal einen festen Job bei LTS, damit wieder was reinkommt.«

Falk schwieg.

Boris schwieg auch und warf die Kippe übers Geländer. Falk blickte dem verglühenden Punkt nach und wartete darauf, dass Boris ihm die entscheidende Frage stellte. Aber er hob nur die inzwischen geleerte Flasche. »Ich hol mir noch ein Bier, glaube ich. Wollen Sie auch?«

»Nein, danke.«

»Pech!«, dachte Falk, als Boris über die Türschwelle hinein stolperte. Der Junge hatte seine Chance vertan. Falk betrachtete einen mit Kissen ausgelegten zerfransten Korbstuhl, der in der hintersten Ecke des Balkons unterm Dach stand, so dass er bei Regen nicht nass werden konnte. Auf dem Fensterbrett zu dem winzigen Arbeitszimmer zeugten Ringe auf dem Stein davon, dass die Bewohnerin dort ihre Kaffeetasse abstellte. Wohl ein Lieblingsplatz.

Es war ein lauer Augustabend mit leichter Tendenz zur Vergänglichkeit. Die Lichter der Stadt waberten. Es gab viel Blau in der Leuchtreklame, Tiefblau. Auf den Gleisen reihten sich beinahe lautlos die langen Züge.

Als Falk ins Zimmer zurückkehrte, stand Esther sofort auf, bot Kaffee an und enteilte erneut in die Küche. Karen fragte ihn, wie er Stuttgart finde, und er antwortete mit amerikanischer Undurchsichtigkeit: »Ein schönes Städtchen. Aber ich bin ja nicht zum ersten Mal hier.«

Vanessa lächelte ihn an.

»Allerdings hat sich viel verändert. Ich war vor vierzehn Jahren das letzte Mal in der Stadt.« Er wandte sich Vanessa zu. »Da warst du dreizehn.«

»Oje!«, sagte Vanessa.

»Entzückende dreizehn. Ich habe mich sofort in dich verliebt, weißt du das? Aber ich war ja nichts und hatte nichts.«

Vanessa lachte durchaus geschmeichelt.

»Und nun komme ich wieder und finde eine intelligente und studierte elegante Frau, die ihre Karriere vor sich hat.«

Karen blickte ihn mit einem halben Lächeln prüfend an.

»Ich will natürlich auch heiraten und Kinder haben«, beeilte sich Vanessa zu versichern.

»Aber erst mal Karriere, hm?«, fragte er.

»Am besten, man kriegt die Kinder gleich«, bemerkte Karen. »Dann ist man nicht gerade in der Kinderpause, wenn rundum alle befördert werden. Oder man kriegt gar keine.«

»Dazu haben Sie sich wohl entschlossen«, bemerkte Falk.

Karen lachte verlegen. »Das kann man so nicht sagen. Ich bin doch erst achtundzwanzig, da ist der Zug noch lange nicht abgefahren. Aber …« Sie blickte zu Boris hinüber, der mit der zweiten Flasche Bier und der Zigarettenschachtel auf den Balkon ging. »Es hängt ja nicht nur von einem selber ab.«

»Hubs!«, rief Vanessa plötzlich und lachte. »Meine Brosche ist aufgegangen.«

Falk wandte sich ihr zu.

»Kannst du mir bitte mal helfen, Falk?«

Als Esther mit dem Kaffeegeschirr hereinkam, war Falk damit beschäftigt, die Gemme, die Vanessa auf der Brust trug, wieder an ihrem Kleid zu befestigen. Er bemerkte trotzdem, dass Esther ziemlich spöttisch lächelte. Sie verteilte das Kaffeegeschirr auf dem runden Tisch vor dem Sofa zwischen den Sesseln und ging wieder hinaus. Erst dann kam er von der Brosche los. Vanessa bedankte sich umständlich, stand auf und ging nun ebenfalls mit einer Zigarettenschachtel auf den Balkon.

Für einen Moment sah Falk sich allein Karen gegenüber, die nun überraschend befangen schwieg.

»Vielleicht sollten Sie sich einen anderen Mann suchen«, sagte er.

»Was?«

»Wenn Sie so gern Kinder haben wollen.«

»Habe ich das behauptet? Erst einmal muss das Geld für ein Haus reichen. Und ehe ich meinen Job aufgebe, muss Boris sich etabliert haben. Wissen Sie, wir ziehen gerade gemeinsam etwas auf. Wir bauen Internetseiten für Firmen. Läuft schon ganz gut. Aber … na ja, Sie wissen ja, wie das ist. Es könnte immer noch ein bisschen besser gehen.«

»Da muss wohl ein Absprachefehler vorliegen«, sagte Falk. »Ihr Herr Boris hat mir gerade erzählt, dass das mit dem Internet nichts wird und dass er sich bei LTS beworben hat.«

»Scheiße! Warum erzählt er immer solche Sachen? Er wird’s nie lernen.«

Falk schmunzelte. »Boris ist der Tüftler, und wenn Sie das Geschäft nicht in die Hand nehmen, dann wird da nichts draus, fürchte ich.«

Karen seufzte. »Als ob mein Job in der Scheibenwischerfirma nicht schon genug wäre! Und ein Tag hat nur vierundzwanzig Stunden. Aber das wissen Sie ja selbst.«

Da kam Esther mit der Kaffeekanne aus der Küche.

Karen reichte ihr die Tasse. »Hm!«

»Nein danke«, sagte Falk knapp, als sie ihm einschenken wollte.

Sie sah fast ein wenig verärgert aus.

»Das ist ein ganz besonderer Kaffee«, griff Karen ein. »Sie müssen ihn probieren. Mit Kakao und Salz. Wissen Sie, Esther ist ein Gourmet.«

»Ich bin leider ein Banause«, erklärte Falk.

Ein winziges Zucken in den Winkeln von Esthers geschwungenen Lippen bestätigte ihm, dass sie das genauso sah. Ohne ein weiteres Wort schenkte sie die nächste Tasse voll.

»Übrigens, Esther«, sagte Karen, »ich habe schon wieder so einen widerlichen Brief vom Finanzamt bekommen.«

»Alle umnieten!«, sagte Esther.

Karen lachte. »Wissen Sie, Herr Vischer, Esthers Vater ist nämlich Finanzbeamter.«

»Sie scheinen ja nicht viel von Ihrem Vater zu halten«, bemerkte Falk.

Esther blickte ihn kurz an. »Ich kann meinen Freunden leider nicht beibringen, dass ich persönlich nicht für die Briefe vom Finanzamt verantwortlich bin. Also sage ich immer ›umnieten‹, und dann sind alle wieder friedlich.«

Karen lachte erneut. Falk deutete ein Lächeln an. Aber Esther nahm schon die eben gefüllte Kaffeetasse, um sie zu Vanessa hinaus auf den Balkon zu bringen, während Boris gerade wieder hereinkam.

»Alles okay?«, fragte Esther. »Kaffee?«

Vanessa nahm die Tasse und blies den Rauch in den Nachthimmel. »Und, wie gefällt er dir?«

»Wer?«

»Na, Falk. Ein hochintelligenter und hochsensibler Mann.«

»Vielleicht.«

»Er ist nicht so oberflächlich, wie du glaubst. Er hat in seinem Leben schon einiges durchgemacht. Das spüre ich. Er hat eine böse Enttäuschung erlitten.«

»Vanessa, ich fürchte, du überträgst wieder mal deine eigene Gefühlstiefe auf einen Mann, der dir gefällt. Du kennst ihn doch praktisch gar nicht.«

»Du weißt doch, Esther, dass ich telepathische Antennen habe. Ich weiß, dass Falk sich in mich verliebt hat. Das ist völlig klar. Er braucht eine intelligente Frau, die bei seinem mentalen Niveau mithalten kann.«

»Das hast du bei deinem Jura-Prof auch gedacht.«

Vanessa warf die halbgerauchte Zigarette übers Geländer. »Er hatte nicht Falks mentale Stärke. Er musste zu seiner Frau zurück, wie du weißt. Ich bin dir ja dankbar, und werde es immer sein, dass du mir damals geholfen hast, damit fertigzuwerden, aber ich habe mich weiterentwickelt. Ich falle nie wieder so auf einen Mann rein, glaub mir. Ich bin noch nicht in Falk verliebt.«

Esther behielt ihre Zweifel für sich. Vanessa verliebte sich grundsätzlich schnell und ging jede neue Zukunft mit einem neuen Mann mit großen Zielen an. Haus, Kinder, Karriere und schön gedeckte Festtafeln.

»Er wollte heute Abend eigentlich mit mir ins Steigenberger essen gehen«, fuhr Vanessa fort. »Aber ich habe ihm ganz klar gesagt, dass du vorgehst, auch wenn wir uns seit dreizehn Jahren nicht mehr gesehen haben. Das hat er verstanden.«

»Ich hätte es durchaus ebenso verstanden, wenn du mit ihm essen gegangen wärst«, sagte Esther. »Und wenn du dich bald wieder abseilen willst, damit er noch auf seine Kosten kommt, dann ist das völlig in Ordnung.«

»Was willst du damit sagen?«

»Vanessa, wenn er sich in dich verliebt hat, dann doch nicht platonisch. Lad ihn zum Kaffee in deine Wohnung ein, wenn er dich heimbringt, dann wirst du wissen, was ich meine.«

»Du magst ihn nicht, nicht wahr?« Vanessa nahm einen Schluck Kaffee. »Manchmal habe ich wirklich den Eindruck, du hast überhaupt etwas gegen Männer. Du stellst zu hohe Ansprüche. Außerdem hast du Angst, abhängig zu werden, so wie damals.«

»Damals habe ich einfach nur an die große Liebe geglaubt. Dass ein Mann gewalttätig wird, wenn die Frau nach dem Abitur und vor dem Kinderkriegen noch Politik studieren will, ist ein Sonderfall.«

Vanessa lächelte. »Aber du hast eben Angst, dass es dir wieder passiert.«

Esther lachte. »Wohl kaum. Das mit dem Studium hat sich ja nun erledigt, nicht wahr? Und Karriere ist auch nicht.«

Vanessa schwieg. Sie hatte nie verstanden, warum Esther das Studium geschmissen hatte. Dass Esther die moralische und finanzielle Unterstützung ihrer Familie gefehlt hatte, leuchtete Vanessa als Argument nicht ein.

»Hast du noch Kaffee?«

»Drinnen.«

Esther ließ Vanessa alleine hineingehen und setzte sich auf den mit Kissen gepolsterten Sessel unters Dach. Oft saß sie dort noch eine Stunde vor dem Schlafengehen und betrachtete das meditative Kriechen der Güterzüge oder das plötzliche Einschießen eines Intercitys oder das blaue Leuchten der Bibliotheksfenster.

Sie musste nicht lange warten.

»So«, bemerkte Falk und trat auf den Balkon, »Sie rauchen also nicht. Aber sonst stünde an Ihrem Lieblingsplatz wohl auch ein Aschenbecher.«

»Gut beobachtet.«

Er wandte sich vom Licht ab, das aus dem Wohnzimmer auf den Balkon fiel. Gegen das Geglitzer der Stadt, die sich an den Hängen des Kessels emporzog, sah Esther nur sein Profil, die schwarzen Nackenhaare akkurat auf Kragenhöhe geschnitten. Sie sah keinen Grund, das Gespräch zu beginnen, um dessentwillen er heraufgekommen war.

Er ließ sich Zeit. Drei Züge fuhren ab, ehe er sich umdrehte, die eine Hand in der Hosentasche, die andere erst am Geländer, dann mit den Blättchen eines Basilikumstrauchs spielend, der auf dem Balkon wucherte. Sein Gesicht lag immer noch im Schatten. Ihres allerdings auch.

»Sie sind eine ziemlich undurchsichtige Zeitgenossin«, bemerkte er.

Sie lachte leise.

Er wandte leicht den Kopf. Im Licht aus dem Wohnzimmer flackerte ein kleines Lächeln auf seinen Lippen auf.

»Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Frau Kuhn?«

»Bitte.«

»Aber es ist eine ziemlich indiskrete Frage. Sie müssen natürlich nicht antworten.«

»Hm.«

»Ich muss Sie wirklich im Voraus um Entschuldigung bitten. Es geht mich tatsächlich nichts an. Ich will Sie auch keineswegs in Verlegenheit bringen.«

»Nun machen Sie es nicht so spannend.«

Er senkte den Kopf und griff wieder ans Geländer. Ein Manschettenknopf reflektierte plötzlich ein Licht, dessen Herkunft Esther dunkel blieb. Was konnte so einer von ihr wissen wollen?

»Sind Sie lesbisch?«

Sie lachte laut heraus. »Deshalb haben Sie mich den ganzen Abend taxiert. Sie wollen wissen, ob meine Freundin Vanessa sauber ist oder ob ich sie Ihnen streitig mache.« Sie lachte lauthals.

»Und?«, fragte er. »Sind Sie es?«

Kapitel 3

Ende September brach bei Vanessa die Krise aus. Der Termin für ihr Referendariat am Konstanzer Amtsgericht rückte bedrohlich näher. »Ich kann mich doch nicht gleich krankmelden«, sagte sie ängstlich.

Esther saß ihr gegenüber auf der Couch des flauschig und verspielt eingerichteten Wohnzimmers der kleinen Dreizimmerwohnung, die Vanessas Eltern der Tochter unweit des Elternhauses gekauft hatten und die sie während des ganzen Studiums bewohnt hatte.

»Die glauben doch alle, dass ich nur wegen meines Vaters Karriere mache.«

»Deine Leistungen sprechen für dich«, sagte Esther ruhig. »Du hast dein Staatsexamen mit Eins gemacht.«

»Die werden mir alle eins auswischen wollen. Und wenn ich dann einen Fehler mache …«

»Du stellst zu hohe Ansprüche an dich.«

Tee dampfte in den Gläsern. Eine Kanne stand auf dem Stövchen, und Vanessa hatte Kerzen angezündet. Aber sie saß gekrümmt in ihrem Sessel, wickelte eine Haarsträhne um den Finger und starrte in eine finstere Zukunft.

»Augen zu und durch«, sagte Esther. »Die drei Monate bringst du rum. Du musst nicht zeigen, dass du die Beste bist. Schau den Männern nicht in die Augen, poche nicht darauf, dass sie dich nicht unterschätzen. Sei einfach nur die Referendarin, die noch nicht weiß, wie es geht.«

»Aber ich kenne die Strafprozessordnung besser als mancher Richter. Seit ich zwölf bin, hat mein Vater mit mir Gerichtsverfahren besprochen. Und jetzt? Amtsgericht, Nachbarschaftsstreitigkeiten.«

»Vanessa, dein Problem ist, dass du in alles von oben einsteigen willst. Fang mal von unten an. Für Nachbarschaftsstreitigkeiten braucht man wahrhaft salomonische Fähigkeiten.«

Es gelang Esther wieder einmal, Vanessa zu beruhigen. Fast wohlgemut reiste sie nach Konstanz ab.

Im Oktober rief dann Karen in heller Aufregung an. Boris war endlich zu seinem Vorstellungsgespräch bei LTS eingeladen worden, doch just jetzt befand er sich mit zwei Kumpels zum Bergsteigen in Amerika und dachte gar nicht daran, das nächste Flugzeug nach Deutschland zu besteigen. Karen fluchte, heulte und lachte. Da hatte man endlich mal etwas Vielversprechendes am Haken, und dieser Idiot kletterte in den Rocky Mountains herum.

»Und dafür hat er sich auch noch verschuldet. Hält man das im Kopf aus?«

Esther versuchte, tröstliche Worte zu finden.

»Du machst das völlig richtig«, sagte Karen. »Ab und zu mal mit einem Mann ins Bett, aber keinen mehr sich bei dir einnisten lassen. Die sind doch wie die Kinder, wie die kleinen Kinder.«

»Ach, ich würde schon mit einem zusammenleben wollen«, gestand Esther. »Es müsste halt nur der Richtige sein.«

»Du wirst den Richtigen nie finden, bei den Ansprüchen, die du stellst.«

»Ich stelle gar nicht so große Ansprüche.«

»Das merkst du nur nicht.«

»Aber welche Ansprüche sollte ich denn nicht stellen?«, sagte Esther beinahe verzweifelt. »Er soll mich lieben, ist das zu viel verlangt? Und er muss akzeptieren, dass ich gelegentlich am Schreibtisch sitze und versuche, Gedichte zu schreiben.«

»Das ist der Punkt. Gedichte, das ist wie lange Unterhosen. Absolute Liebestöter.«

Esther musste lachen. »Warum eigentlich?«

»Du nagst am Bleistift und suchst nach einem Reim auf Liebe, und dein Geliebter fragt sich, ob du dabei an ihn oder an einen anderen Mann denkst.«

»Ich reime nicht. Außerdem sitze ich am Computer.«

***

An einem Freitag Mitte Dezember war Esther gerade vom Dienst heimgekommen, hatte sich Tee gemacht und ihren Rechner hochgefahren, da klingelte das Telefon.

»Vischer hier. Sie erinnern sich an mich?«

»Durchaus.«

»Wie geht es Ihnen?«

»Danke. Und selbst?«

»Weswegen ich anrufe, Frau Kuhn ... Ich bin gerade in Stuttgart und muss jetzt zu einer Veranstaltung bei der Industrie- und Handelskammer. Das dürfte wohl so bis halb neun dauern. Danach könnte ich mich abseilen. Die Frage ist, ob Sie Lust und Zeit hätten, mit mir essen zu gehen.«

»Ich?«

Er lachte kurz. »Ja, Sie. Sie wissen doch, ich kenne so gut wie niemanden hier in der Stadt. Und ehe ich mich an der Hotelbar betrinke …«

»Und Vanessa?«

»Sie ist in Konstanz, soweit ich informiert bin. Stört es Sie, Lückenbüßerin zu sein? Ich hätte Sie für selbstbewusster gehalten.«

Esther schluckte.

»Frau Kuhn, sind Sie noch dran?«

»Ja.«

»Und, was meinen Sie? Oder soll ich in einer Viertelstunde noch einmal anrufen, damit Sie das mit Ihrem Freund abklären können? Sie können ihm ja sagen, sie müssten mit irgend so einem reichen Arschloch zu einem ganz wichtigen Geschäftsessen.«

Esther lachte freundlich. »Ich würde eher Sie belügen als meinen Freund, wenn ich einen hätte.«

»Das wollte ich nur wissen. Also, wie ist es?«

»Um halb neun, sagen Sie?«

»Bis ich bei Ihnen bin, wird es eher neun. Ist Ihnen das zu spät? Aber morgen ist Samstag. Da können Sie doch sicher ausschlafen.«

Und nun wollte er rauskriegen, was sie arbeitete. Esther beschloss, sich nicht noch einmal so reinlegen zu lassen wie bei seiner Frage nach ihrem Freund.

»Wo sollen wir uns denn treffen?«, erkundigte sie sich.

»Ich dachte, ich komme erst einmal zu Ihnen. Dann überlegen wir, wo wir hingehen. Wäre Ihnen das recht?«

»Na gut.«

»Freut mich, dass Sie sich freuen.«

Esther kehrte etwas verwirrt an ihren Laptop zurück. Es hatte ein ruhiger Abend werden sollen. Seit einigen Tagen spukten ihr Halbsätze eines Gedichts im Kopf herum, dem sie nun Gestalt geben wollte.

»Worte sind wie Vögel … wie Mücken … wie Tropfen …«

Es begann immer mit ein paar Worten, einem Halbsatz, einer Zeile. Dann probierte sie mit weiteren Worten und Halbsätzen, so lange, bis sie passten. Etwa wie bei einem Puzzle mit zwanzigtausend Teilen. Manchmal dauerte es Tage oder Wochen. Manchmal fand sich das letzte passende Teilchen erst nach Monaten. Dass sie ihre freien Stunden und Tage für solch eine Puzzelei drangab, war Außenstehenden nur schwer zu erklären.

In ihrer Klause unter schrägen Wänden starrte sie aus dem Fenster auf das Geglitzer der Stadt, versuchte abzutauchen in die Welt der Worte. Doch Fragen schossen quer. Was erwartete Falk Vischer an diesem Abend von ihr? Und was sollte sie anziehen?

Für den Job als Sekretärin unter Journalisten reichten Jeans und Pullover. Nur wer Karriere machen wollte, kleidete sich wie die da, wo er auch hinwollte. Aber sie würde Falk doch nicht in einem Kostüm oder im kleinen Schwarzen signalisieren, dass sie als Geliebte Karriere machen wollte …

Andererseits kam er von seiner Veranstaltung bei der Industrie- und Handelskammer sicherlich im sehr dunklen Anzug. Mit so einem konnte sie nicht in die Pizzeria an der Ecke gehen, wo die Margerita für 6 Euro 50 zu haben war. Die andere Alternative für eine Verabredung mit einem Geschäftsmann, der in fremder Stadt eine weibliche Begleitung begehrte, war das rote Schlauchleid wenn schon billig, dann schrill. Aber Esther kam aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Da kokettierte man nicht mit den unteren sozialen Schichten.

Um acht brach sie die Schreiberei ab und stellte sich vor den Kleiderschrank. Sie hätte längst einmal Geld für etwas neutral Elegantes ausgeben müssen. Aber dafür, dass es dann im Schrank hing und auf eine Gelegenheit wartete, die in fünf Jahren nicht kam, war die Investition zu hoch. Esther fragte sich, was sie anziehen würde, wenn sie mit Vanessa und Karen essen ging, und entschied sich für schwarze Jeans, ein schwarzes Top und den beigefarbenen Blazer.

Um halb neun saß sie gestiefelt und gespornt in einem Sessel in ihrem Wohnzimmer und zappte durchs Fernsehprogramm. Er klingelte zehn nach neun. Die Fahrstuhlseile sirrten im Schacht. Falk kam mit Schwung die letzten Stufen hinauf. Im dunklen Mantel und noch dunklerem Anzug.

»Sind Sie so weit?«, fragte er etwas atemlos. »Ich habe für neun Uhr einen Tisch in der Wielandshöhe bestellt.«

»Guten Abend.«

»Guten Abend. Ich will Sie ja nicht hetzen, Frau Kuhn, schließlich bin ich es, der sich verspätet hat, aber ich weiß nicht, wie lange die in der Wielandshöhe den Tisch freihalten. Kennen Sie das Restaurant?«

»Dem Namen nach.«

»Dann wissen Sie sicherlich auch, wie wir da hinkommen.«

Esther lachte. »Ja.«

Falk ließ seine etwas indiskreten schwarzen Augen an Esther hinabgleiten. »Sie sind fertig, ja?«

»Meinen Sie, ich sei falsch angezogen?«

»Aber nein. Sie sehen entzückend aus. Kommen Sie.« Er ließ ihr kaum Zeit, den Mantel anzuziehen, der eigentlich eher eine Wind- und Wetterjacke war, und hetzte die Treppe hinab. Sie hinterher. Sein dunkelgrauer Langstrecken-Mercedes mit Frankfurter Kennzeichen stand in der zweiten Reihe auf der ohnehin engen Straße.

Er öffnete ihr die Tür und eilte dann um den Kühler herum auf seine Seite. Esther musterte die Konsole voller Elektronik. Einen Zündschlüssel benutzte er zum Starten nicht, und der Tacho war nur noch virtuell auf einem Bildschirm zu sehen.

»Wohin?«, fragte er, als der Wagen durch die Umleitungen unter die Eisenbahnbrücke kurvte.

»Haben Sie kein Navi, das Ihnen sagt, wie wir zur Wielandshöhe kommen?«

»Ich lasse mich lieber von Frauen führen.«

»Blödsinn!,« dachte Esther. »Und plump überdies.«

Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu. »Die Wahrheit ist, ich teste ein Patent, das ich gekauft habe. Es kriegt Echtzeitinfos über Staus und Umleitungen und so weiter übers DAB-Radio. Leider funktioniert es noch nicht so richtig.«

»Da vorn rechts«, sagte Esther. »Sie kaufen Patente?«

»Irgendwie muss ich ja in die Zukunft investieren. Falls ich bei MIK rausfliege. Wo lang?«

»Geradeaus.«

Offensichtlich fuhr er gern. Seine Hände lagen leicht auf dem Steuerrad, kräftige Hände mit schwarzen Härchen. Die Manschettenknöpfe waren aus Platin.

»Sind Sie länger in der Stadt?«, erkundigte sich Esther.

»Nein. Ich bin heute aus Frankfurt gekommen und muss morgen Nachmittag in Berlin sein.«

»Um Gottes willen. Warum fahren Sie denn dann nicht mit dem Zug?«

»Das kann ich mir nicht leisten. Zu viele Verspätungen. Allerdings wird es auf den Autobahnen auch immer schlimmer. Man sollte sie alle dreispurig ausbauen und die linke Spur für alles unter hundertsechzig verbieten.«

»Da vorn links.«

Falk blickte sie kurz an. »Verstehe, Sie fahren Straßenbahn und Fahrrad und sorgen sich um den CO2-Ausstoß und Feinstaub.«

»Und jetzt rechts«, sagte Esther. »Und dann geradeaus und auf dem Kreisverkehr ganz rechts einordnen. Es ist etwas kompliziert.«

»Nichts gegen Frankfurt. Da kann man praktisch nur rechts abbiegen, und dann verhungert man in einem Labyrinth von Einbahnstraßen. Die Einzigen, die dabei gewinnen, sind die Taxifahrer.«

»Herr Vischer, wenn Sie die Welt nach Ihrem Gusto schaffen dürften, wie würden Sie sie dann machen?«

Wieder warf er ihr einen kurzen Blick zu.

»Rechts, rechts!«, rief Esther.

Er kurbelte. Da er den Blinker nicht setzte, ertönte hinter ihnen Gehupe. Dann schossen sie die schmale Straße hinauf.

»Wie meinen Sie das?«, fragte Falk beim Halt an der nächsten Ampel. »Wenn ich die Welt nach meinem Gusto schaffen könnte?«

»Na, freie Fahrt für Unternehmer, das Recht der Manager, Politiker zu entlassen und so weiter.«

»Sie sind ja mächtig politisch engagiert.«

Esther lachte.

»Sie lachen?«

Sie lachte weiter. »Und jetzt da oben wieder rechts. Aber Vorsicht, die Fußgänger haben auch Grün.«

»Sie trauen mir wohl gar nicht.«

Esther seufzte innerlich. »An der nächsten Ampel links.«

Der Wagen hopste über eine Bodenwelle in die Tempo-30-Zone. Rechts drohten die Außenspiegel geparkter Autos. Das war kein Gelände für eine Langstreckenlimousine, auch keines für einen Mann, dessen Profil von einer angeknacksten Nase und einem willensstarken Kinn beherrscht wurde.

Als ihnen ein Audi entgegenkam, bremste Falk zum Stillstand. »Gibt es zu diesem Lokal eigentlich keine bessere Zufahrt?«

»Doch«, sagte Esther. »Aber daran habe ich nicht gedacht. War diese Veranstaltung bei der Industrie- und Handelskammer eigentlich so ärgerlich?«

»Wieso?«

»Ich habe den Eindruck, Sie würden sich den Weg am liebsten freischießen, und frage mich, ob Sie im Restaurant mit dem Kellner Streit anfangen werden. Halt, Stopp! Da hätten wir jetzt links die Straße hinauffahren müssen.«

Vischer stieg erneut in die Bremse und musste zurückstoßen.

»Entschuldigen Sie!«, bat Esther. Sie fand diesen Mann anstrengend und fühlte sich ihm auf vertrackte Weise unterlegen. Er war so schnell und sie zu ernsthaft.

»Ich fürchte«, sagte er im Zurücksetzen, »als Beifahrerin müssen Sie noch ein wenig üben.«

»Ihre Sekretärin möchte ich nicht sein. Sie können wohl keine Entschuldigung akzeptieren, ohne noch einen Tadel draufzusetzen.«

Falk sah sie erschrocken an. »Verzeihung. Und jetzt da hinauf?«

»Immer geradeaus.«

Kapitel 4

Es war halb zehn, als das Auto geparkt war. Die ersten Gäste verließen bereits das Lokal, einen Flachbau in Halbhöhenlage über der Stadt. Dunkle Anzüge und Röcke, Lackpumps und Pelzbesätze. Am Eingang nahm eine freundliche Dame Falk den Mantel und Esther die Sportjacke ab und hängte beides in einen antiken Schrank. Obgleich das Lokal auf Kronleuchter und Gold verzichtete, lag über den Herrschaften, die großteils schon bei Kaffee und Cognac zwischen Blondinen oder Brünetten saßen, der Mehltau von Stil und Geld.

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