Die Machtergreifung - Roger Reyab - E-Book

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Roger Reyab

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Beschreibung

Unter dem Deckmantel der Bewahrung der Demokratie ist in der Türkei ein Machtmensch auf dem Weg, die europäischen Staaten zu beeinflussen. Parallelen zu den Vorkommnissen in Europa vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges sind unübersehbar. Die weichlichen Demokratien beschwören damit eine Gefahr herauf, die bald Europa und die Welt an den Abgrund bringen kann.   

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Roger Reyab

Die Machtergreifung

Erdogans Weg zur europäischen Macht

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Nach dem Putsch

      

Am 08-08-2016 konnte die Welt einer Demonstration von über einer Million Menschen beiwohnen, die in der Türkei eine Demonstration zugunsten des türkischen Machthabers Erdogan abhielten. Wer sich die Bilder ansah, konnte sich unschwer an die Bilder erinnern, die bei Hitlers Machtergreifung 1933 zu sehen waren. In epochaler Inszenierung sah man ein Volk, das sich dem durch den Putsch gestärkten Präsidenten in geradezu orgiastischer Hingabe verschrieben hat. Man sah die Fahnenmeere, die Lichterketten, die millionen Sichel des Halbmondes und einen Anführer, der sein Volk in eine neue Epoche zu führen scheint. 

 

Durch die weichlichen Demokratien und ein inhaltsloses Europa ermutigt, kämpft der türkische Machthaber einen Kampf, der besonders seit dem gescheiterten Putschversuch alle Insignien einer totalen Herrschaft innehat. Dem steht ein Europa gegenüber, das sich windet wie ein Zitteraal. Man braucht die Türkei. So die offizielle Lesart. Man braucht sie für den Außenposten des transatlantischen Bündnisses und für den Türkeideal, den eine naive Frau Merkel mit dem mächtigsten Mann Europas geschlossen hat. Obwohl die Türkei nicht Mitglied der EU ist, nimmt das Machtgefüge aus Ankara immer breiteren Raum in der innerpolitischen Debatte Europas ein. Durch eine vorausschauende Politik der Infiltration durch Migration hat die Türkei sich in fast allen Ländern der europäischen Hemisphäre Außenposten geschaffen, die jederzeit jedes Land der EU aus den Angeln heben können.

 

Die naiven Vorstellungen der Multikultipriester werden jetzt mit der Realität konfrontiert. Das unverantwortliche Hineinemigrieren des Islam nach Europa hat zu einer Sicherheitslage geführt, die nur noch von einem wohlwollenden oder weniger wohlwollenden Erdogan abhängt. Die europäischen Demokratien wissen, dass ihre Zerbrechlichkeit geradezu auf dem Silbertablett offen liegt. Sie sind nicht nur verletzlich, sie sind eigentlich nicht mehr Herr der Lage. In der Türkei beginnt sich eine Diktatur abzuzeichnen, die vom Volk nicht nur gewollt ist, sondern vom Volk ausdrücklich legitimiert wird.

In der Türkei nach dem Putsch haben wir es mit einer Macht zu tun, die hoch gerüstet ist und jederzeit das fragile Gleichgewicht der Kräfte in Europa und der Welt durcheinanderbringen kann. Der gescheiterte Putsch in der Türkei dient Erdogan dabei als eine Art Reichstagsbrand. Die Anlässe für eine solche Legitimierung von Ausnahmezuständen sind in der Geschichte vielfältig und führten aber immer zu den gleichen Ergebnissen. So wie der 11.09.2001 der Bushadministration die Legitimation der folgenden Kriege lieferte und wie der Reichstagsbrand die Nazis zu einem Ermächtigungsgesetz veranlasste, ist nun der angebliche Putsch der Gülen-Bewegung der Anlass, der in der Türkei dem Präsidenten fast uneingeschränkte Machtbefugnisse sichert.  

Das Volk liebt seinen Anführer.

 

Als würde sich die Geschichte wiederholen, können wir einer Machtdemonstration beiwohnen, die in fast allem eine Kopie der Machtergreifung der Nazis darstellt. Hierbei handelt es sich ebenso wie bei der Machtergreifung der Nazis in Deutschland um eine gewählte Vertretung des Volkes, diesmal nicht im Gewand der Nationalsozialisten, sondern um eine nationalistische und muslimische Bewegung.

Der unter dem Banner der Antiterrorgesetze ausgerufene Notstand kann jederzeit verlängert werden. Oppositionelle werden zu Zehntausenden interniert und sind in den Gefängnissen einer Justiz ausgeliefert, die auch vor Folter nicht zurückschreckt. Generäle werden am Fließband entlassen und selbst die Nato wird auf dem Boden der Türkei brüskiert. Zeitungen werden geschlossen und kritische Meinungsäußerungen gegen die AKP führen oft zu zwielichtigen politischen Verfahren. Erdogan selbst spricht von einer „Säuberung“. Dies ist aber nicht das einzige Mal, dass Erdogan Vokabeln verwendet, die an dunkle Zeiten in Deutschland erinnern. Die Todesstrafe wird vom Volk frenetisch gefordert und Erdogan beruft sich bei der Einführung auf die Zustimmung des Volkes. Eine deutsche Verteidigungsministerin muss sich die Erlaubnis einholen, die in der Türkei stationierten deutschen Soldaten zu besuchen. Gleichzeitig vergeht fast kein Tag, an dem sich nicht ein europäischer Diplomat in Ankara für missliebige Vorgänge zu rechtfertigen hat.

 

Die europäische Union kann sich nur zögerlich zu Kritik an der Türkei durchringen und führt nach wie vor Gespräche mit der türkischen Führung über die Einmündung der Türkei in die EU. Erdogan fordert eine Visafreiheit in ganz Europa, die von den Europäern als Preis für den brüchigen Türkeideal angesehen wird.

Nach den Terroranschlägen in Europa wird fast nur noch über den Islam gesprochen. Forscher versuchen, die zunehmende Radikalisierung zu ergründen und ziehen dabei meist den banalen Rückschluss, dass die Radikalisierung von Muslimen in kaum nachvollziehbarer Schnelligkeit zu diesen Gewaltausbrüchen führt.  

Der Islam an sich ist aber friedlich. So die offizielle Lesart.

Währenddessen ruft Erdogan die Muslime in aller Welt zu Großdemonstrationen auf und bedient sich dabei einer Sprache, die an Deutlichkeit nichts vermissen lässt. Da werden Oppositionelle als Krebsgeschwüre bezeichnet und wird, frei nach dem Jargon der Naziideologen, unverhohlen von Säuberungen und dem Boykott von Geschäften, Restaurants und Dienstleistern in ganz Europa gesprochen. Die Anhänger der AKP sollen nach Erdogan überall dort tätig werden wo sie stehen.

Die immense Gefahr, die von solchen Aufrufen ausgeht, ist besonders dadurch gegeben, dass es kaum ein europäisches Land gibt, in dem die Türken nicht die Mehrheit der Migranten stellen. Auch wenn Erdogan offen gegen den IS kämpft und Terrorismus ablehnt, ist seine Affinität zu Radikalität und damit auch drohender Gewalt nicht zu übersehen. Erdogan ist weder Hitler noch Nazi, er ist aber ein Machtmensch mit großen Ambitionen.

 

Erdogan scheut dabei auch nicht davor zurück, die USA offen als Drahtzieher des Putsches in der Türkei zu bezichtigen und wettert massiv gegen die Bundesrepublik, die ihm ein Sprechverbot auf einer in Deutschland stattgefundenen Demonstration über Videoleinwand verursacht hat. Für Erdogan scheint es nichts und niemanden zu geben, der sich in seine Staatsgeschäfte und seine Staatsführung einzumischen hat.

Er fordert für sich ungehemmte Souveränität und sagt gleichzeitig, „dass eine Assimilation der Türken in Deutschland gegen die Menschlichkeit verstößt.“ (Auf einer Rede vor seinen Anhängern in Köln.)(1)

Für das Natomitglied Türkei besteht wenig Gefahr, dass man sich die relativ gut gerüstete türkische Armee und die strategisch wichtige Lage als Tor zum Nahen Osten nehmen lassen muss. Die Türkei ist sowohl für die Amerikaner wie für die Nato ein wichtiger strategischer Partner und es ist nicht denkbar, dass man diesen Partner durch allzu große Irritation vergraulen wird.  

Sich dessen in vollem Umfang bewusst, spielt Erdogan diese Karte der Machtpolitik offensiv aus.

Sein neuerlicher Vorstoß in Richtung Russland hat einige Beobachter überrascht. Es mag aber auch hierbei wohl überlegtes Kalkül sein, dass man eine Art „Erdogan-Putin-Pakt“ erleben kann, der die geopolitische Bedeutung der Türkei erhöhen wird.

 

Das offensichtlich Banale an dem Vorgang ist, dass die Türkei nicht deshalb so selbstbewusst die geopolitischen Interessen vertreten kann, weil die Türkei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Das ist die Türkei nämlich nicht. Außer Tourismus und einiger weniger fluktuierender Branchen ist die Türkei geradezu noch ein Entwicklungsland. Dieser Tatsache ungeachtet gebärdet sich Erdogan deshalb so selbstbewusst, weil er um die Vertretungen im Ausland weiß, die jederzeit jede Regierung in Europa in arge Bedrängnis bringen können.

Zudem hat Erdogan nicht ganz unrecht, wenn er sich von Europa im Stich gelassen fühlt. Man kann nicht auf der einen Seite einen zweifelhaften Deal mit der Türkei abschließen, der der Türkei die Rolle des bösen Buben bei der Flüchtlingskrise zugedenkt und auf der anderen Seite dann weiter den Humanisten spielen und das Abkommen nur zögerlich umsetzen. Auch wenn es erhebliche Gründe dafür gibt, dass man die Visafreiheit nur sehr bedingt umzusetzen bereit ist, bleibt es Tatsache, dass sich die EU durch den Pakt mit der Türkei in dem Punkt erpressbar macht, dass die Gefahr einer erneuten ungefilterten Öffnung der Grenzen für Europa unabsehbare Folgen hat. Mit der Flüchtlingskrise hält Erdogan seinen wichtigsten Trumpf in der Hand. Er weiß darum, dass Europa ohne die Kooperation mit der Türkei bald in eine gefährliche Schieflage geraten wird. Deshalb verwundert es nicht, dass Erdogan das Anbiedern der Europäer als Schwäche interpretiert und sich auf dieser Woge zu immer weiteren Einflussnahmen veranlasst sieht.