Die mentale Revolution - Steffen Kirchner - E-Book

Die mentale Revolution E-Book

Steffen Kirchner

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Beschreibung

Bist du ein Misserfolgsvermeider oder ein Erfolgssucher? Misserfolgsvermeider besitzen eine Verlierer-Mentalität. Denn sie hoffen, dass alles, was Ihnen Angst macht, schnell vorübergeht und sich die Dinge schnell wieder ändern. Erfolgssucher haben eine Gewinner-Mentalität. Sie ändern sich selbst schnell und passen sich an neue Gegebenheit wie Globalisierung, Digitalisierung, Technologisierung oder den Klimawandel schnell an. Und das ist wesentlich für ihren Erfolg. Denn durch diese Megatrends wird sich unser Miteinander dauerhaft radikal verändern. Was du damit zu tun hast und wie du deine mentale Revolution anzettelst, zeigt dir Steffen Kirchner in diesem Buch. Du erfährst, wie sich die Gesetzmäßigkeiten von Erfolg verändert haben, weil Werte wie Sicherheit, Verlässlichkeit und Erfahrung ausgedient haben. Unsere bisherige Art mit gesellschaftlichen und individuellen Herausforderungen umzugehen lähmt uns ebenso wie alte Systeme und Muster, in denen wir feststecken. Dabei sollte jeder für sich und wir alle gemeinsam aktiv sein. Neue Ideen, Strukturen und Glaubenssätze revolutionieren auch die Arbeitswelt. Wertschöpfung tritt an die Stelle von Gewinnmaximierung, der soziale und ökologische Nutzen von Produkten und deren nachhaltige Produktion werden wichtiger als kurzfristiger Umsatz. Spezialisten sind gefragt, denn die meisten Informationen kann jeder googlen. Führungspersönlichkeiten von morgen sind Sinnstifter und Leader, die den Menschen in den Fokus stellen – nicht den Profit. Finde mit diesem Buch heraus, wie du deine mentale Haltung so transformierst, dass du scheinbar unveränderbare Verhältnisse beeinflussen und damit dein Leben ab jetzt neu denken und erfolgreich gestalten kannst.

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STEFFEN KIRCHNER

DIE MENTALE

REVOLUTION

Warum du dein Denkenändern musst, um deine Zukunfterfolgreich zu gestalten

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlages ist daher ausgeschlossen.

© 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2021 erschienenen Buchtitel »Die mentale Revolution« von Steffen Kirchner © 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-038-4

ISBN epub: 978-3-96740-050-2

Lektorat: Eva Gößwein | www.evagoesswein.de

Umschlaggestaltung: SCOPE we think design | Insa González | www.scope-ff.com Autorenfoto: Diana Barthel; S. 230: Florian Stare, Stare Studio; S. 232: Ralph Heinz Satz und Layout: Lohse Design, Heppenheim | www.lohse-design.de

© 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

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Inhalt

Füreinander statt gegeneinander

TEIL 1

Einführung in die mentale Revolution

Wir brauchen eine Revolution

Welt im Wandel – Was wir hinter uns lassen sollten

Megatrends – Worauf wir uns vorbereiten müssen

Arbeitswelt im Wandel – Wie wir in Zukunft arbeiten werden

Die Revolution des Erfolgs – Auflösung einer Illusion

Mindset – Die Kunst, uns mental zu programmieren

TEIL 2

Die mentale Revolution meistern

Höhere Standards – Wie wir unsere Ansprüche an uns selbst anpassen

Glaubenssätze – Wie wir alte aufbrechen und neue erschaffen

Energie – Wie wir sie in uns erzeugen und für uns einsetzen

Die Illusion von Sicherheit – Wie wir sie loslassen, um entspannt und flexibel zu handeln

Fokus – Wie wir ihn richtig setzen, um intensiv voranzukommen

Führen und Verkaufen – Wie wir uns vom Fachexperten zum Menschenexperten wandeln

Der wahre Sinn unseres Tuns

Danke

Anmerkungen

Über den Autor

Füreinander statt gegeneinander

Liebe Leserin, lieber Leser,

Menschen fragen mich oft, warum ich Mentalcoach geworden bin. Ich antworte ihnen dann: Weil ich schon früh im Leben meine Mentalität verändern musste. Jetzt musst du nicht unbedingt gleich Mentalcoach werden. Aber wahrscheinlich kennst du auch Situationen, die dich scheinbar in einer Sackgasse aus Trauer, Unzufriedenheit oder Machtlosigkeit zurücklassen.

Wir befinden uns in einer Zeit, die eher von Buzzwords wie Verantwortung, Transformation und Revolution geprägt wird. Alles starke Begriffe, über die wir viel diskutieren und die in Reden und Texten von Politikern und Experten ständig auftauchen. Doch im Leben jedes einzelnen Menschen spielen sie meiner Meinung nach noch viel zu selten eine Rolle.

Na klar hast du täglich mit Verantwortung und Veränderungen zu tun. Und es ist auch normal, dass du das als anstrengend empfindest. Ganz besonders dann, wenn du das Gefühl nicht loswirst, sowieso nichts wirklich beeinflussen zu können. Und wo sollst du eigentlich noch die Energie hernehmen, um, wenn wir mal bei der Revolution bleiben, auf Barrikaden zu gehen?

Das möchte ich dir in diesem Buch zeigen. Du wirst erfahren, wie du deine innere Haltung so transformierst, dass du scheinbar unveränderbare Verhältnisse beeinflussen und damit dein Leben ab jetzt neu denken und prägen kannst. Denn ich bin überzeugt davon, dass wir eine mentale Revolution brauchen. Die Art, wie wir mit all dem umgehen, was wir nicht beeinflussen können, und alte Systeme und Muster, in denen wir feststecken, lähmen uns zu einer Zeit, in der jeder für sich und wir alle gemeinsam aktiv sein sollten.

Um dir zu zeigen, wie ich zu meinen Erkenntnissen gekommen bin und zu den Visionen, die ich mit dir teile, möchte ich dir zunächst einen Einblick in mein Leben und meinen Weg geben. Aber bitte nicht falsch verstehen. In diesem Buch geht es nicht um mich. Es geht um dich und deine mentale Revolution. Meine Geschichte ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig die Transformation unserer Haltung und unserer Denkweise für den Lebensweg jedes Einzelnen sein kann.

Seit ich ein kleines Kind war, liebte ich den Tennissport. Es fing damit an, dass ich ein Bewunderer von Boris Becker war, begeistert von seiner mentalen Stärke, seiner Ausstrahlung und seinem Siegeswillen. Mich faszinierten die Eleganz, die Anmut und die Dynamik dieses Sports. Ich musste unbedingt selbst spielen.

Deshalb bettelte ich monatelang bei meinen Eltern, Tennisunterricht nehmen zu dürfen. Nach einem Jahr des fast täglichen Nachfragens hatte ich es geschafft. Ich durfte endlich auf den Tennisplatz und ich habe es von der ersten Sekunde an geliebt. Der Platz wurde außerdem zu meinem persönlichen Zufluchtsort, an dem ich endlich mal selbst Kontrolle darüber hatte, wie erfolgreich ich sein würde – ganz anders als sonst in meinem Leben.

Ich will mich nicht beschweren, als Einzelkind von zwei tollen Eltern ging es mir gut. Mein Vater und auch meine Mutter liebten mich sehr und ich sie natürlich auch. Dennoch war mein Zuhause alles andere als ein Platz der Glückseligkeit. Meine Mutter war seit meiner Kindheit schwer alkoholkrank und ich versuchte sie im wahrsten Sinne des Wortes zu retten. Ich wollte, dass sie glücklich und natürlich auch gesund wird. Doch egal, was ich alles tat – ihr Zustand wurde nicht besser. Das gleiche Schicksal erlebte ich beim Versuch, die Ehe meiner Eltern zu retten, die nicht zuletzt durch die Alkoholkrankheit meiner Mutter immer größere Risse bekam. Auch hier musste ich die bittere Erfahrung machen: Kein Kind auf der Welt kann seine Eltern retten. Es liegt einfach nicht in seiner Macht und, das möchte ich nicht unerwähnt lassen, auch nicht in seiner Verantwortung.

Als ich dann elf Jahre alt war, ließen meine Eltern sich scheiden und meine Mutter transformierte ihre Alkoholsucht in eine Magersucht. Ich fühlte mich gescheitert und unfähig, die Dinge zu erreichen, die mir wirklich wichtig waren. Mein Selbstvertrauen war damals im Minusbereich und ich fühlte mich innerlich völlig leer. Nur auf dem Tennisplatz konnte ich diese innere Leere eine Zeit lang verdrängen. Ich spielte also, so oft ich konnte, und ich hatte durchaus Talent und schlitterte in den Hochleistungssport. Ab dann ging es um mehr als nur um das Spiel. Es ging um meinen Beruf und um meine Existenz.

Mein Ziel: als Tennisprofi mein Geld zu verdienen. Die Liebe zu diesem Sport war dafür groß genug. Ganz im Gegensatz zu meiner Liebe zum Wettbewerb. Ich hasste es, andere zu Verlierern zu machen, nur um selbst ein Sieger zu sein. Ich sträubte mich innerlich gegen diesen ständigen Vergleich mit anderen und dagegen, immer besser und erfolgreicher sein zu müssen. Ganz unmerklich wurde meine innere Leere immer größer. Ich lebte in einem inneren Spannungsfeld aus Flucht vor meinem Leben, Wettkampf gegen andere und dem Krieg gegen mich selbst.

Einige Jahre später, um genau zu sein am 31. Juli 2003, veränderte sich mein Leben für immer. Meine Mutter lag mit einer Leberzirrhose im Krankenhaus. Sie war wenige Jahre zuvor wieder rückfällig geworden. Und dieses Mal hatte der Alkohol sie endgültig zerstört. Ich stand an ihrem Bett und sah ihr beim Sterben zu. In diesem Moment hatte ich eine lebensverändernde Erkenntnis. Meine Mutter war ein wunderbarer Mensch mit einem großen Herzen. Sie liebte die Menschen und die Menschen liebten sie. Nur sich selbst liebte sie nicht. In ihr schlummerten enorme Talente, eine Menge Temperament und Leidenschaft. Sie war also ein Mensch voller Potenzial. Und mir wurde klar, dass dieses große Potenzial, größtenteils ungenutzt, nun in den nächsten Stunden mit ihr aus dieser Welt gehen würde. Ein großes Drama für sie, für mich und für viele Menschen, die davon hätten profitieren können.

In diesem Moment wurde mir aber auch bewusst, was mich in meinem Leben wirklich von ganzem Herzen inspirieren würde: die Vorstellung, Menschen dabei zu helfen, ihre Potenziale nicht zu verschwenden und ihr Leben nicht einfach so wegzuwerfen. Sie dabei zu unterstützten, das Beste aus ihren Möglichkeiten zu machen, um etwas Gutes in der Welt und im Leben anderer zu bewirken. Meine Schlüsselerkenntnis war:

Ich möchte ab jetzt für Menschen arbeiten, nicht mehr gegen sie.

Ich möchte anderen Menschen helfen, anstatt sie zu besiegen.

Im wettbewerbsorientierten Leistungssport ging es von morgens bis abends, von Montag bis Sonntag immer nur darum, andere zu besiegen. Mein ganzes Leben war gefühlt ein einziger Kampf. Ich kämpfte um das Leben meiner Mutter. Sie kämpfte gegen sich selbst, gegen ihren Körper und gegen die Dämonen in ihrem Kopf. Meine Eltern kämpften gegeneinander und ich kämpfte um ihre Ehe. Und obwohl ich dieses ständige Kämpfen so satthatte, war ich mittlerweile selbst zum Wettkämpfer geworden. Auch ich geriet in dieses Muster, gegen andere zu kämpfen und zuletzt auch gegen mich selbst.

»Steffen, wenn du deinen größten Feind erkennen willst, den du bezwingen musst, dann schau in den Spiegel«, sagte mir mein damaliger Trainer. Ich weiß, dass er es gut meinte. Aber diese Haltung, mit sich selbst zu kämpfen, führt aus meiner Sicht zu innerem Unfrieden und somit auch zu ständiger innerer Unzufriedenheit. Denn beim Kampf gegen sich selbst gibt es keinen Gewinner. Auf diese Weise wird man im Idealfall vielleicht vorübergehend erfolgreich, aber niemals wirklich glücklich. So entschied ich mich, damit aufzuhören. Ich tauschte den Wettbewerb gegen die Kooperation – aktiven Leistungssport gegen die mentale Unterstützung anderer auf dem Weg zum Sieg. Denn wahrer Erfolg ist aus meiner Sicht erst dann gegeben, wenn mehr als einer gewinnt. Dafür musste ich anfangs auf drei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Ich war Manager eines Volleyballclubs, leitete eine Tennisschule und begann parallel dazu noch ein Fernstudium im Bereich Sportmanagement. Von da an förderte ich junge Talente auf dem Tennisplatz und führte lange Gespräche mit Erwachsenen. Und schon bald suchten auch Entscheider in Unternehmen den Kontakt zu mir und baten mich um Einschätzungen und neue Sichtweisen. Ich erkannte, dass ich die größte Erfüllung darin fand, anderen Menschen zu helfen und sie zu inspirieren. Also bildete ich mich in verschiedenen Gebieten der Psychologie weiter und saugte alles auf, was es international an Wissen und Know-how gab.

Im Laufe der letzten Jahre habe ich Hunderte von Coachings gegeben, unzählige Gespräche geführt und mit über zehntausend Menschen in meinen Seminaren gearbeitet, um sie auf ihrem Weg zu unterstützen. Dabei bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass es im Leben im Kern um zwei Dinge geht: zu wachsen und zu helfen.

Wachstum und Mitwirkung gehören beide zu den sechs emotionalen Grundbedürfnissen eines jeden Menschen. Wachstum ist deshalb wichtig, weil es dazu dient, noch besser mitwirken, also helfen zu können. Wer persönlich gewachsen ist, besitzt mehr Größe und mehr Möglichkeiten. Dadurch kann er auch einen größeren Beitrag für andere leisten. Wenn das eigene Wachstum begrenzt ist, sind auch die Möglichkeiten entsprechend begrenzt, etwas für andere zu bewirken.

Im Kern haben wir also zwei Aufgaben im Leben:

1.Wir müssen so viel Freude und Wachstum wie möglich in unser eigenes Leben zu bringen.

2.Wir sollten möglichst viel Freude und Wachstum ins Leben anderer Menschen bringen.

Was wir nicht mehr brauchen, ist diese veraltete Egozentrik, nach dem Motto: »Mein Haus, mein Auto, meine Yacht, mein Blablabla.« Ganz ehrlich – es geht nicht nur um dich in dieser Welt!

Um unserem Auftrag in der Welt nachzukommen, sollten wir die Egozentrik, die das Ich ins Zentrum stellt, durch »sozialen Egoismus« ersetzen. Mit sozialem Egoismus meine ich, dass wir auf uns selbst achten und auch zu jeder Zeit sicherstellen, dass es uns selbst gut geht. Allerdings sollte das eben nicht einem egozentrischen Selbstzweck dienen, sondern ein Mittel zu einem sozialen Zweck sein: dem Auftrag, auch etwas Gutes für andere zu bewirken. Denn nichts in der Natur existiert nur aus reinem Selbstzweck.

Die Konsequenz: Wir müssen aufhören, zu versuchen, auf Kosten anderer zu wachsen. Denn persönliches Wachstum ist nicht das Endziel, sondern lediglich die Voraussetzung dafür, etwas von unserem Wachstum weiterzugeben. Denn Erfolg ist nicht dazu da, um ihn zu besitzen, sondern um ihn zu teilen.

Leider führt das aber bei manchen Menschen dazu, der Selbstlosigkeit zu erliegen. Sie vergessen sich komplett selbst, weil sie von ihrer Nächstenliebe so geblendet sind. Das kann nicht gut gehen. Denn wer sein Selbst vergisst, kann auch keine Selbstliebe, kein Selbstwertgefühl und dann natürlich auch kein Selbstvertrauen aufbauen. Wer sich selbst vergisst, bleibt klein und arm. Und wer materiell und auch emotional arm ist, dessen Bankkonto und Energiekonto sind leer. Es gilt die alte Regel: Wer nichts hat, kann auch nichts geben.

Menschen, die selbst wenig Lebensfreude und Lebensenergie haben, können auch anderen Menschen auf Dauer nichts davon vermitteln und somit auch nicht helfen. Natürlich funktioniert das eine Weile. Über einige Zeit hinweg kann man durchaus mehr geben, als man hat. Doch damit überzieht man sprichwörtlich sein eigenes Konto immer mehr und stürzt langfristig in eine noch tiefere innere und äußere Armut. Diese Armut führt dann in der Regel zu Folgeerscheinungen wie Insolvenzen, Depressionen, Burn-out, Streit oder Scheidung. Was lernen wir daraus? Wer sich um andere kümmern will, muss sich zuerst und genauso intensiv um sich selbst kümmern. Das ist der eine Teil der Lektion. Der andere Teil ist aber auch: Selbst erfolgreich und glücklich zu sein ist kein reiner Selbstzweck, sondern die Grundlage dafür, diesen Wohlstand an andere weiterzugeben. Nicht, ihn zu verteidigen. Es steht ja schon im Grundgesetz: Eigentum verpflichtet. Eigentlich ein alter Gedanke. Aber immer noch einer, für den wir in unserer Gesellschaft, in der Wirtschaft und ganz besonders in uns selbst eine mentale Revolution anzetteln müssen. Lass uns das gemeinsam tun. Füreinander und nicht gegeneinander.

Dein Steffen Kirchner

TEIL 1

EINFÜHRUNGIN DIE MENTALEREVOLUTION

Wir brauchen eine Revolution

›Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für Furchtsame das Unbekannte, für die Mutigen die Chance.‹

VICTOR HUGO, FRANZÖSISCHER SCHRIFTSTELLER (1802–1885)

Vielleicht fragst du dich gerade, warum ich hier ausgerechnet mit einem Zitat von Victor Hugo einsteige. Der ist ja bereits lange tot und hat mit dem Wandel heute auf den ersten Blick so viel zu tun wie ein tragbarer CD-Spieler. Du täuschst dich. Der französische Schriftsteller führte ein Leben am Puls seiner Zeit. Und mit seiner mentalen Haltung kann er auch heute noch vielen als Vorbild dienen. Hugo lebte mitten im krassen Wandel, wuchs zu einer Zeit auf, die von der bis heute bedeutendsten Revolution der Neuzeit, der Französischen Revolution, nachhaltig geprägt wurde. Diese Revolution hat so ziemlich alles auf den Kopf gestellt, was für die Gesellschaft damals eine Rolle spielte – Herrschaftsstrukturen wurden ebenso durchbrochen wie soziale und kulturelle Systeme. Wirklich revolutionär war aber die mentale Grundhaltung, die vorherrschte. Diese Revolution startete in den Köpfen der Menschen. Und genau da müssen wir heute auch beginnen – mit einer mentalen Revolution!

Warum muss es denn gleich eine Revolution sein?

Wir müssen nicht wie im 18. und 19. Jahrhundert gleich die Regierungssitze stürmen. Aber heute wie damals gilt: Der Antrieb für eine Revolution kommt aus einer Gegenwart, mit der wir unzufrieden sind und die wir in eine bessere Zukunft transformieren wollen. Es geht also darum, einen aktuell unerträglichen oder nicht mehr tragbaren Zustand zu beenden. An diesem Punkt sind wir inzwischen angekommen. So, wie es heute läuft, wird spätestens morgen gar nichts mehr funktionieren.

Wir brauchen eine mentale Revolution!

Vielleicht denkst du jetzt: »Steffen, hör doch auf. Uns geht’s doch gut.« Damit hast du sicherlich nicht ganz unrecht. Noch! Schau dir die Welt doch mal genauer an. Wir Menschen gehen momentan furchtbar miteinander um. Ich mag schon gar keine Kommentare unter Medienberichten oder Blogartikeln mehr lesen. Meinungsäußerungen in den sozialen Medien vermitteln häufig den Eindruck, wir steckten mitten im Krieg. Da beschimpfen sich Leute, die noch vor Kurzem entspannt zusammen ein Bierchen getrunken haben, weil der eine SUV fährt und der andere immer noch gerne Fleisch isst. Die Krise steckt in jeder noch so scheinbar harmlosen Aussage.

Wir befinden uns schon mitten in einer Wirtschaftskrise, verschiedenen Bankenkrisen, einer Bildungskrise, religiösen Krisen und noch vielen weiteren »Brandherden«. Kurzum: Alle Systeme, die wir bislang erschaffen haben, bieten zumindest Anlass zur Diskussion. Manche stecken bereits mitten in der Krise, andere noch nicht ganz. Die Betonung liegt hier auf »noch«.

Alle Systeme, die wir bisher erschaffen haben, hatten ihre Zeit.

Aber jetzt müssen wir sie überwinden.

Das können wir nur dann, wenn wir die richtige mentale Haltung dafür entwickeln – wenn wir Veränderungslust in unseren Köpfen und unserem Leben etablieren. Wie zu Zeiten der Französischen Revolution brauchen wir ein Mindset, in dem wir bereit sind, alles, was wir bis jetzt kannten, neu zu denken. Das benötigen wir heute dringender denn je. Denn so, wie wir heute denken, fühlen und leben, werden wir ohne Transformation nicht mehr erfolgreich sein können – weder als Unternehmen noch als einzelne Personen. Wir werden eine mentale Revolution hervorbringen müssen, in deren Zentrum der Mensch steht, als Wurzel jeden Erfolgs. Wir müssen in Zukunft dahin kommen, nicht mehr Menschen dafür zu benutzen, Unternehmen aufzubauen, sondern Unternehmen und Systeme dafür zu nutzen, Menschen aufzubauen.

Im Zentrum der Revolution steht der Mensch.

Wie aber können wir den Menschen heute und in der Zukunft aufstellen, um ihn erfolgreich und neugierig auf Veränderungen zu machen? Wie kannst du dich so aufstellen? Darum soll es hier gehen. Ich verrate dir Geheimnisse und gebe dir Thesen und Erfolgsregeln für die Zukunft an die Hand, um dich für den Wandel resilient und damit auch in Zeiten der stetigen Veränderung erfolgreich zu machen.

Von Reform zu Reform

Hast du mal das Wort »Reform« in eine Suchmaschine eingegeben? Ich habe das gerade spaßeshalber mal gemacht. Was denkst du, was dabei rauskam? Rund 200 deutschsprachige Treffer nur in den »News« binnen der letzten 24 Stunden. Da geht es um Schulreformen, Energiesteuerreformen, die Reform des Bundespolizeigesetztes, des ÖPNV, des Asylrechts und vieles mehr. Wir reformieren uns gerade mal wieder zu Tode. Die Portugiesen und auch Bernd Stromberg1 haben dafür ein schönes Sprichwort:

›Die Fliegen ändern sich, aber die Scheiße bleibt die gleiche.‹

Denn anstatt wirklich etwas nachhaltig zu verändern, hangeln wir uns von Reform zu Reform. Und das kann langfristig nicht gut gehen. Zwar ist die Reform im wörtlichen Sinn eine »Verbesserung«. Wenn wir aber etwas, das nicht funktioniert, reformieren, heißt das noch lange nicht, dass es hinterher besser läuft.

Ich habe den Eindruck, dass das ein deutsches Thema ist oder zumindest eines, das im deutschsprachigen Raum weit verbreitet ist. Wir versuchen immer, ein kleines Stück weiterzukriechen, uns irgendwie weiterzuhangeln. Das können wir aber heute nicht mehr brauchen. Ich plädiere für einen viel radikaleren Ansatz: die mentale Revolution!

Es gibt keine Revolution ohne Vorbereitungen, aber viele Vorbereitungen ohne Revolution!

Was möchte ich damit sagen? Reformen sind Vorbereitungen – viele Reformen bedeuten also viele Vorbereitungen. Bisher schaffen wir es aber nicht, wirkliche Durchbrüche zu erzielen. Nirgends gibt es grundsätzliche Änderungen – nicht in der Politik, nicht in der Wirtschaft und auch nicht in unserem Umgang mit der Natur. Dabei warnen uns Menschen, die es wirklich wissen müssen, Wissenschaftler, aber auch Praktiker auf der ganzen Welt, dass wir so, wie wir leben, nicht weitermachen können. Auf allen Gebieten droht ein Zusammenbruch. Und das spüren wir auch. Da ist es kein Wunder, dass jedes Buch, das »Crash« oder »Krise« im Titel trägt, schon fast automatisch auf den Bestsellerlisten landet. Ist es da nicht gut, wenn wir selbst der Tropfen sind, der das Fass zum Überlaufen bringt, und die mentale Revolution vorantreiben?

Wir können nicht weitermachen wie bisher.

Die nächste mentale Dimension

Das könnte spannende Folgen haben. Ein Beispiel: Stell dir vor, du fährst auf einer Autobahn. Zurzeit sieht das so aus, dass du auf einer der in der Regel zwei bis drei Spuren fährst. Dafür gibt es verschiedene Regeln. Zum Beispiel überholen wir nur links – also zumindest die meisten von uns. Wenn es jetzt plötzlich erlaubt wäre, auch rechts zu überholen oder auch den Standstreifen als Fahrbahn zu nutzen, dann wäre das schon eine ziemliche Neuerung. Eine Revolution wäre es aber noch nicht. Auch wenn wir uns entscheiden, statt der Autobahn die Nebenstraßen zu nutzen, ist das noch wenig revolutionär. Denn alle diese Wege sind bereits vorhanden und gangbar – auch wenn nicht alle legal nutzbar sind.

Um eine Revolution zu erleben, müssen wir etwas Neues denken und »bauen«. Das wäre dann der Fall, wenn du mit deinem Auto einfach gar keine Straße mehr nutzt. Stattdessen fliegst du über die anderen Verkehrsteilnehmer hinweg. Ich meine nicht mit dem Flugzeug – sondern mit dem Auto, das bisher immer mit den Reifen den Boden berühren musste, um ans Ziel zu kommen. Bisher können wir so ein Auto noch nicht in der dritten Dimension nutzen. Aber wir können uns das vorstellen. Schau dir Science-Fiction-Filme wie »Star Wars« oder »Blade Runner« an. Da sind fliegende Autos völlig normal. Der Gedanke ist also gar nicht so abwegig. Oder noch viel kleiner – denk an das Buch »Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt«, das der Sylter Autor Boy Lornsen bereits 1967 geschrieben hat. Sein »Fliewatüüt« kann FLIEgen, auf dem WAsser fahren und auf einer Straße TÜÜTen, wenn es auch etwas langsamer ist als die meisten Autos. Jeder Entwicklung geht ein revolutionärer Gedanke voraus. Ich bin sicher, dass wir langfristig für Autos gar keine Straßen mehr brauchen. Und das nur, weil wir zugelassen haben, dass wir das bestehende Prinzip durch ein revolutionäres Mindset weiterentwickeln. So beginnt Veränderung.

ÜBRIGENS: Die Firma Bosch hat für das Thema »Urban Air Mobility«, also für Luftmobilität in Städten, sogar eine eigene Abteilung. Deren Leiter, Marcus Parentis, sagt: »Flugautos wie im Film ›Blade Runner 2049‹ sind technisch schon heute möglich. Die ersten Flugtaxis sollen ab dem Jahr 2023 abheben und zwischen vordefinierten Start- und Landeplattformen hin- und herfliegen.«2 Ein schönes Beispiel dafür, was alles passieren kann, wenn wir revolutionär denken.

»Revolutionär denken, evolutionär umsetzen«

Vor einiger Zeit durfte ich ein Interview mit dem großartigen Götz Werner führen. Falls du ihn nicht kennst, sein Vermächtnis kennst du auf jeden Fall. Er ist der Gründer der Drogeriemarkt-Kette dm und gilt seit jeher als revolutionärer Vordenker und Visionär. Von ihm stammt das Zitat »Revolutionär denken, evolutionär umsetzen«. Er ist auch seit Jahrzehnten ein Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens für jeden. Lange Zeit galt diese Idee als Utopie, als nicht finanzierbar und aus vielen anderen Gründen nicht umsetzbar. Aber nie waren wir dieser Idee so nahe wie heute. Ich glaube, in zehn Jahren werden wir darüber nicht mehr sprechen müssen. Dann wird dieses Grundeinkommen für jeden von uns ganz normal und alltäglich sein.

Du fragst dich jetzt sicher, warum ich dir das erzähle? Ich möchte dir damit die Angst vor revolutionären Gedanken und Zielen nehmen. Die sind wichtig. Denn ohne diese Art des Denkens kommen wir nicht weiter. Und es bedeutet noch lange nicht, dass du eine mentale Revolution auch gleich revolutionär umsetzen musst. Keiner zwingt dich dazu, in Denkgeschwindigkeit in die Umsetzung zu gehen. Ja, wir müssen in uns selbst und in unserem Denken revolutionär und transformativ sein, um neue Bilder und Denkwelten aufzumachen. Aber natürlich können wir uns in diese vorgestellte Welt nicht beamen. Der Weg dorthin kann auch evolutionär – also Schritt für Schritt – stattfinden.

Hab keine Angst vor revolutionären Gedanken!

Ein Beispiel: Ich möchte jemandem das Tennisspielen beibringen, der es überhaupt nicht kann. Der braucht dann drei Schritte, um es wirklich zu lernen.

Schritt 1: Kontrolle

Ich zeige ihm, wie er den Schläger richtig hält, bringe ihm die Grundbewegungen bei und er lernt, wie er den Ball fünf-, zehn-, 15-, 20- oder 30-mal übers Netz spielen kann. Dabei geht es um die Ballkontrolle. Wenn er diesen Schritt beherrscht, gehen wir über zu:

Schritt 2: Richtung

Ich bringe ihm bei, wie er die Richtung, in die der Ball fliegt, verändern kann, zeige ihm, wie er Longline oder Cross spielen kann – links, rechts, hoch, flach, kürzer oder länger. Nun beherrscht er die Richtung.

Warum in dieser Reihenfolge? Weil du, wenn du keine Ballkontrolle hast, aber die Richtung verändern möchtest, schnell ins Schleudern kommst. Das ist wie beim Autofahren. Wenn ich keine Kontrolle über mein Auto habe und die Richtung verändern möchte, dann kommt mein Fahrzeug ins Schleudern.

Das passiert leider auch in vielen Unternehmen, wenn sie Entwicklungen verschlafen oder auch absichtlich ignorieren. Erinnerst du dich an die Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook? Hier hatte ich einen guten Einblick. Denn das Unternehmen buchte mich vor einigen Jahren, um Mitarbeitern die Themen Veränderungsbereitschaft und -lust schmackhaft zu machen. Es ging also um einen Mindsetwechsel. Der Konzern wollte und musste digitaler werden, im Internet präsent sein und einiges mehr. Dann war die Insolvenz da. Ein Grund: Thomas Cook hat die Konkurrenz im Netz wie zum Beispiel Booking.com oder auch Airbnb komplett unterschätzt. Sie hatten mich gebucht, aber all das, was ich vermitteln sollte und vermittelt habe, haben sie nicht umgesetzt. Das ist sicher nicht der einzige Grund für die Pleite. Dafür mussten viele strategische Fehler begangen werden und auch die politische Lage war für ein britisches Unternehmen in Zeiten des Brexits schwierig. Aber diese Veränderungsverweigerung spielt auf jeden Fall eine Rolle. Thomas Cook hat sein Geschäftsmodell einfach nicht in die neue Zeit gebracht. Das Unternehmen war nicht in der Lage, die Richtung zu wechseln, ohne ins Schleudern zu geraten.

Schritt 3: Geschwindigkeit

Ich bringe dem Spieler bei, wie er schneller spielt und schneller Punkte macht, weil er dem Gegner die Bälle schneller um die Ohren schlägt. Mit der Erhöhung der Geschwindigkeit steigt aber auch das Risiko. Also, je höher das Tempo, desto schneller kann auch ein Fehler passieren.

Die Leute wollten früher oft gleich auf Geschwindigkeit spielen. Sie wollten zum Beispiel sofort Millionär sein, sofort alles umsetzen. Das kann aber nicht funktionieren. Wir brauchen trotz aller revolutionärer Gedanken ein evolutionäres Umsetzen. Wir brauchen zunächst die Kontrolle – strukturelle Kontrolle, mentale Kontrolle, emotionale Kontrolle. Wir müssen uns selbst erst einmal verstehen, verstehen, wie Menschen funktionieren. Dann können wir die Richtung ändern. Das kann ruhig auch gleich sehr deutlich und radikal vonstattengehen. Aber es geht nur mit Kontrolle. Dann können wir Geschwindigkeit aufnehmen. Diese Reihenfolge solltest du stets einhalten. Dann kannst du revolutionäres Denken evolutionär umsetzen.

Keine radikale Veränderungen ohne Kontrolle.

Umgekehrt funktioniert es übrigens nicht. Das ist ein Fehler, der vielen noch zu häufig unterläuft. Sie denken evolutionär, wollen dann aber revolutionär handeln. Wie soll das gehen?

Das Gegenteil von Revolution

Klar, manchmal zwingt uns die Geschwindigkeit, in der sich das Leben und die Bedingungen um uns herum verändern, dazu, auch gleich in die revolutionäre Umsetzung zu gehen. Die funktioniert aber eben nur dann, wenn wir bereits revolutionär denken.

Ich bin zum Beispiel der Überzeugung, dass wir um die Revolution unserer gesellschaftlichen Systeme nicht herumkommen. Das ist ein klassisches Beispiel dafür, dass es uns zu schnell geht, dass wir eine Veränderung als zu radikal empfinden. Geht’s dir auch so? Ja, es wäre schön, wenn wir mehr Zeit für die Umwälzung dieser Systeme hätten und ganz in Ruhe etwas Neues erschaffen könnten. Aber Megatrends, Pandemien und viele weitere Entwicklungen in unserer Welt lassen das heute einfach nicht mehr zu. Die Evolution würde wieder nur eine langsame, schrittweise Erneuerung bedeuten. Dafür sind die Umbrüche heute aber zu schnell und zu drastisch. Um Schritt halten zu können, müssen wir also schneller sein. Deshalb brauchen wir die radikale Erneuerung.

Evolution halte ich eher für das Gegenteil von Revolution. Ich verstehe natürlich, dass du’s gerne langsamer hättest. Wirklich! Aber mein Verständnis wird dir für deine Zukunft nichts nützen. Unsere Herausforderung – deine ebenso wie meine – ist, dass wir die Geschwindigkeit der Veränderungen nicht beeinflussen können. Mal ehrlich, wir Menschen sind von Natur aus eher langsam. Wir sind Gewohnheitstiere und verändern besonders uns selbst nicht so gern. Ich habe sogar eine Erklärung als Entschuldigung für dich parat: Das ist eine Frage unseres Energiehaushalts! Darauf werde ich an anderer Stelle noch einmal näher eingehen. Fakt ist, wir schaffen es erst, uns zu bewegen, wenn wir, wie heute, nicht mehr anders können. Wenn alles Altgediente wirklich alt ist und uns nicht mehr dient. Deshalb brauchen wir statt einer Evolution heute die Revolution, und zwar nicht nur im Außen, sondern insbesondere auch im Innen.

Wir verändern uns erst, wenn wir müssen.

Es spielt überhaupt keine Rolle, ob du dich gegen sie sträubst und wie sehr, du kommst einfach nicht um eine mentale Revolution herum. Wir können den Wandel nicht aufhalten und haben auch auf vieles, was uns alle trifft, keinen Einfluss. Was wir aber können, ist, unsere Haltung dazu verändern und unser eigenes Potenzial aktiv nutzen. Lass uns das zügig angehen!

Gesellschaft ohne Angst

›Der Zweck der Revolution ist die Abschaffung der Angst.‹3

THEODOR W. ADORNO,DEUTSCHER PHILOSOPH UND SOZIOLOGE (1903–1969)

Was Adorno in einem Brief an Walter Benjamin nebenbei erwähnt, halte ich für eine essenzielle Grundregel für unsere mentale Revolution. Ein wichtiges Ziel wäre eine Gesellschaft ohne Angst! Glaubst du, die kann es geben? Schauen wir uns die Gegenwart an, kommen auf jeden Fall Zweifel auf.

Die Systeme, die wir in der Vergangenheit erschaffen haben und die jetzt kollabieren, sind die Ursache dafür, dass Menschen aktuell in Angst leben.

Wir haben Angst davor, nicht mehr genug abzubekommen. Wir fürchten um unsere Sicherheit und glauben, dass wir ums Überleben kämpfen müssen. Wir haben Angst um unseren Wohnraum, unsere Arbeitsplätze, unseren Lebensunterhalt, die Altersvorsorge, um unsere Gesundheit, vor anderen Menschen und vor noch vielem mehr. Was meinst du wohl, was die Konsequenz daraus ist? Da brauchst du gar nicht viel zu spekulieren. Ein Blick ins Internet reicht, um zu sehen, dass ganz offensichtlich richtig viel Angst im Umlauf ist. Und die Angst der Menschen wird größer und größer und schlägt immer häufiger in Hass um.

Gruppenbildung mit Feindbild

Also fangen wir an, Grüppchen oder »Lager« zu bilden und uns gegenseitig zu misstrauen und anzugreifen. Du kannst dir sicher vorstellen, dass uns das nicht guttut. Im Gegenteil! Indem wir Andersdenkende zum Feindbild aufbauen, haben wir uns in eine handfeste Bewusstseins- und Beziehungskrise manövriert, in der wir selbst unsere Moralvorstellungen und Werte über Bord werfen. Wohin führt das? Ganz klar, zu einer negativen Grundhaltung.

Das Gegenteil von Angst ist Freiheit.

Hinzu kommt, dass wir uns permanent weiter mit Negativem aufladen. Das können Nachrichten sein, ebenso wie traurige oder gewalttätige Filme, Gespräche, die wir nicht freundlich oder nicht ehrlich führen, oder auch destruktive Kommentare in den sozialen Medien. Da ist es doch kein Wunder, dass wir, anstatt mutig in die Zukunft zu schauen, immer kritischer und zerknirschter werden und unsere Befürchtungen und Ängste immer mehr schüren. Denn all das Negative, das wir aufsaugen wie ein Schwamm, verändert unsere Haltung zu uns selbst und zu den anderen. Wie willst du in dieser Lage noch positiv in die Zukunft schauen? Indem du deine Ängste bekämpfst, anstatt sie auf andere zu projizieren, und indem du dich von einem trügerischen Gefühl der Sicherheit verabschiedest. Denn das Gegenteil von Angst ist nicht Sicherheit. Auch wenn viele das glauben. Es ist Freiheit.

ÜBRIGENS: Während dieses Buch entsteht, erleben wir eine Real-Life-Bestätigung dessen, was ich eben geschrieben habe. Der weltweite Feind heißt zurzeit Covid-19 oder Coronavirus. Eine Situation wie diese hat es zu unseren Lebzeiten noch nicht gegeben. Überall herrscht Panik und viele können gar nicht mehr unterscheiden zwischen echten Nachrichten, Verschwörungstheorien und Fake News. Die halbe Welt sitzt zu Hause und ist in ihrer Bewegungsfreiheit ziemlich eingeschränkt. Und zwar nicht nur räumlich, sondern auch finanziell. Von heute auf morgen wurden ganzen Branchen die Einkunftsmöglichkeiten entzogen.

Versteh mich nicht falsch. Ich möchte hier auf keinen Fall das Virus oder gar die Konsequenzen verharmlosen. Trotzdem steckt auch in so einer Katastrophe eine Menge Potenzial. In Situationen wie diesen kommt es mehr denn je auf das eigene Mindset an. Es gibt keinen Platz mehr für eine Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht-Mentalität. Denn eine solche Situation haben wir zu unseren Lebzeiten einfach noch nicht erlebt. Wir müssen uns verändern, an die Situation anpassen und schnell Neues entwickeln. Und zumindest dieser Teil der Krise ist gut.

Wenn du das hier liest, werden wir, obwohl Ausgangs- und Kontaktsperren inzwischen hoffentlich der Vergangenheit angehören, wahrscheinlich immer noch die Nachwirkungen der Pandemie spüren. Im Schlechten, aber auch im Guten. Denn unsere Gesellschaft wird aus der Not heraus eine mentale Revolution erlebt haben – weil sie musste. Und wenn es gut gelaufen ist, haben wir viel gelernt, was uns bei der nächsten Pandemie, die sicher kommen wird, helfen wird, mit weniger Angst und mehr Weitsicht zu agieren.

Die drei Denkebenen

An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Exkurs mit dir unternehmen. Denn um die Dringlichkeit und absolute Notwendigkeit der mentalen Revolution zu verinnerlichen, musst du verstehen, wie wir als Menschen denken. Es gibt drei Denkebenen, auf denen wir uns bewegen: die Entwicklungsebene, die Bewahrungsebene und die Zerstörungsebene.

Jeder Mensch, auch jede Organisation, jedes Team, jedes Unternehmen, jede Nation – schlicht: Alle befinden sich auf diesen drei Denkebenen. Der Unterschied ist die Gewichtung. Denn eine dieser Ebenen dominiert immer. Das bedeutet, auf einer dieser drei Ebenen ist jeder von uns mehr zu Hause als auf den beiden anderen. Welche das ist und wie stark die Unterschiede sind, variiert natürlich.

1. Die Entwicklungsebene

Befinden wir uns auf der Entwicklungsebene, wachsen wir. Hier entwickelt sich etwas weiter und es kann Neues entstehen. Auf dieser Ebene befinden wir uns zum Beispiel immer dann, wenn wir eine neue Beziehung beginnen. Das kann eine Liebesbeziehung, aber auch eine Freundschaft oder eine Geschäftsbeziehung sein. Es ist, wie verliebt zu sein. Plötzlich scheint alles möglich und Sprüche wie »the sky is the limit« bekommen eine schier wörtliche Bedeutung. In solchen Zeiten gewinnen Unternehmen neue Marktanteile oder Kunden. Der Umsatz wächst und auch das Wissen. Hier werden neue Systeme entwickelt. Diese Ebene ist also wachstumsorientiert.

2. Die Bewahrungsebene

Auf dieser Ebene geht es um Gewohnheiten und Routinen. Hier fangen wir an, bestimmte Zustände – im Persönlichen zum Beispiel eine Ehe und ein eigenes Vermögen oder im beruflichen Kontext Erfolg am Markt oder gar die Marktführerschaft in der Branche – zu verwalten. Das Schöne an der Bewahrungsebene ist der Genuss. Auf dieser Ebene lehnen wir uns zurück und lassen geschehen. Sie ist alles andere als aktiv. Denn unsere Aktion erstreckt sich lediglich darauf, etwas oder jemanden festzuhalten. Klar, dass hier die Angst vor Verlust groß ist. Wir wollen all das, was wir haben, bewahren. Diese Ebene ist also sicherheitsorientiert.

3. Die Zerstörungsebene

Auf der Denkebene der Zerstörung geschieht genau das, wonach es klingt: Es wird zerstört. Altes und Bisheriges wird beendet, eingestampft und kaputt gemacht und damit auch ein Stück weit erneuert. Diese Ebene ist schmerzhaft. Denn wir lehnen Bekanntes ab. Sie ist negativ, destruktiv und beinhaltet auch ein gewisses Maß an Aggression. Doch sie ist auch ganz klar erneuerungsorientiert.

Auf welcher Ebene wärst du am liebsten?

Wenn du jetzt darüber nachdenkst, auf welcher Ebene du am liebsten wärst, dann ist das wahrscheinlich die Bewahrungsebene. Da ist es ja so schön gemütlich – und laaaangweilig! Viel spannender ist doch die Entwicklungsebene. Hier sind wir kreativ, erschaffen etwas Neues, denken positiv und finden Lösungen, anstatt die Probleme der Bewahrungsebene zu wälzen oder die Aggression der Zerstörungsebene auszuleben.

In meinen Seminaren und bei meinen Vorträgen erlebe ich immer wieder, dass die meisten Menschen die Zerstörungsebene für die »schlimmste« halten. Ja, sie ist sicherlich die schmerzhafteste. Das ist ganz klar. Auf dieser Ebene geht es ja ums Loslassen und darum, sich von Altem zu trennen. Das fällt uns Menschen schwer. Auf der Zerstörungsebene geht immer etwas zu Ende. Das ist aber nicht wirklich gefährlich.

In Wahrheit ist die gefährlichste Ebene diejenige, auf der zu sein am wenigsten wehtut – die Bewahrungsebene. Hier spürst du keine oder kaum Schmerzen. Höchstens den Schmerz des Durchhaltenmüssens, des Nichtaufgebens und des Immer-weiter-Festhaltens, damit dir nichts aus den Fingern gleitet.

Wir sind zu viel auf der Bewahrungsebene und versuchen, Systeme festzuhalten, die uns schon längst nicht mehr guttun.

Ich halte die Bewahrungsebene für so gefährlich, weil wir auf ihr entgegen der Natur handeln und unsere Umgebung dabei ignorieren. Es gibt ein Naturgesetz: Alles, was nicht wächst, stirbt. Das mag hart klingen, aber so ist es doch. Schau dir mal das Leben einer Pflanze an. Vielleicht bist du ja ein Hobbygärtner und hast schon das ein oder andere gepflanzt, hast beobachtet, wie es wächst, und die Früchte geerntet – und gesehen, wie die Pflanze schließlich stirbt, bis es dann im nächsten Jahr wieder von vorne losgeht. Dann weißt du: Es ist ein Kreislauf, der bis zum Ende des Wachstums führt und dann mit den Samen wieder von Neuem beginnt – ganz natürlich. Ohne das Sterben gäbe es keinen Neuanfang.

Loslassen zu lernen ist elementar für ein glückliches Leben. Wie das geht, erfährst Du in meinem Video hier: https://die-mentale-revolution.de/bonusmaterial

Auf uns Menschen übertragen heißt das: Wenn wir Menschen zu lange in Systemen oder im Denken stillstehen und nur das Bestehende bewahren, dann fehlt die Entwicklung – also das Wachstum. Konsequenterweise bedeutet das den metaphorischen Tod. Für Entwicklung brauchen wir diese Zerstörung. In der Medizin nennt man das zum Beispiel den »Heilungsschmerz«. Denn auch bei einer Verletzung nimmt der Schmerz erst einmal zu, weil Altes zerstört werden muss, um Neues entstehen zu lassen.

ÜBRIGENS: Auf der Bewahrungsebene haben die Menschen Angst davor, Rückschritte zuzulassen. Genau wie unsere Systeme. Die lassen oft keine Fehler und Rückschläge zu, weil sie scheinbar zum Erfolg verpflichtet sind.

Ein gutes Beispiel dafür ist das, wie ich es nenne, Bayern-München-Phänomen. Bei diesem Fußballclub ist Misserfolg einfach nicht vorgesehen. Es wird stets versucht, den Erfolg immer aufrechtzuerhalten. Oftmals ist das aber nur unter extremen Anstrengungen und Kosten überhaupt möglich. Oder die Bayern schaffen es gar nicht. Um in der deutschen Bundesliga Meister zu werden, reicht es zwar meist, aber die Champions League konnten sie vor 2020 sechs Jahre lang nicht mehr gewinnen.