Die Moskau-Connection - Reinhard Bingener - E-Book

Die Moskau-Connection E-Book

Reinhard Bingener

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Beschreibung

Deutschland hat über viele Jahre die Gefahr ignoriert, die von Putins Regime ausging. Es hat die Warnungen seiner europäischen Nachbarn in den Wind geschlagen und sich von Gas und Öl aus Russland immer abhängiger gemacht. Die Folge ist eine schwere Wirtschaftskrise, die den Wohlstand der Bundesrepublik langfristig schmälern wird. Wie konnte es dazu kommen? Welche Rolle spielte dabei Gerhard Schröder als SPD-Bundeskanzler und späterer Gas-Lobbyist mit seinem weitverzweigten Netz in Politik und Wirtschaft? Warum schlug CDU-Kanzlerin Angela Merkel keinen weitsichtigeren Kurs ein? Welche geschäftlichen und politischen Verbindungen, aber auch welche wirtschaftlichen und strategischen Interessen führten dazu, dass Deutschland auf Putin setzte, obwohl er schon vor seinem Überfall auf die Ukraine Kriege geführt, die Opposition ausgeschaltet und Freiheits- und Menschenrechte missachtet hatte? Die FAZ-Korrespondenten Reinhard Bingener und Markus Wehner decken die Moskau-Connection der deutschen Politik auf und zeigen, wie eine der größten Fehleinschätzungen deutscher Außenpolitik seit 1945 möglich wurde.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Reinhard BingenerMarkus Wehner

Die Moskau-Connection

Das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit

C.H.Beck

Zum Buch

In den Jahren vor der russischen Invasion der Ukraine hat sich Deutschland von russischem Gas immer abhängiger gemacht. Wie konnte es dazu kommen? Welche Rolle spielte dabei Gerhard Schröder als SPD-Bundeskanzler und späterer Gas-Lobbyist mit seinem weitverzweigten Netz in Politik und Wirtschaft? Warum schlug CDU-Kanzlerin Angela Merkel keinen weitsichtigeren Kurs ein? Welche geschäftlichen und politischen Verbindungen, aber auch welche wirtschaftlichen und strategischen Interessen führten dazu, dass Deutschland auf Putin setzte, obwohl er schon vor seinem Überfall auf die Ukraine Kriege geführt, die Opposition ausgeschaltet und Freiheits- und Menschenrechte missachtet hatte? Die FAZ-Korrespondenten Reinhard Bingener und Markus Wehner decken auf der Grundlage intensiver Recherchen die Moskau-Connection der deutschen Politik auf und zeigen, wie es zur vielleicht größten Fehleinschätzung der deutschen Außenpolitik nach 1949 kam.

Über die Autoren

Reinhard Bingener schreibt seit 2008 für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Seit 2014 berichtet der evangelische Theologe als Korrespondent aus Hannover.

Markus Wehner ist Korrespondent der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» in Berlin und berichtet über die Bundespolitik, insbesondere die SPD. Der promovierte Osteuropahistoriker war von Oktober 1999 an fünf Jahre lang Korrespondent der Zeitung in Moskau und schreibt seitdem immer wieder über russische und osteuropäische Themen.

Inhalt

Vorwort

1 Hannover – Gerhard Schröder und die Entstehung seines Netzwerks

Der Aufsteiger

Die Freunde

Die Strukturen

2 Moskau – Putin, Gas und Krieg

Der Geheimdienst an der Macht

Energie als Waffe

Krieg von Anfang an

3 Entspannungspolitik – Die Ausbeutung eines sozialdemokratischen Mythos

Die Ostpolitik wird repressiv

Die Nähe zur SED

Antiamerikanismus in der SPD

4 Pipelinegeschäfte – Der treue Lieferant

Vom Stadtgas zum Erdgas

Wiedervereinigung, Liberalisierung, Energiewende

Der Gashahn im Kreml

5 Illusion einer Partnerschaft – Die Russlandpolitik 1998–​2013

Putins Operation Schröder

Steinmeiers Wandel durch Verflechtung

Schröders Business Case

Merkel und die Moskau-Liebe der Union

Party mit Platzeck

6 Toxische Beziehung – Die Russlandpolitik 2013–​2021

Hannover wird wieder rot

Annexion? Die SPD bleibt entspannt

Nord Stream 2 und Deutschlands naive Gaspolitik

Moskau attackiert den Westen

Spenden, Delegationen und schöne Titel

Russland-Streit in der SPD und der Fall Nawalny

Schwesig und die Fake-Stiftung

Kunst, Konsuln und ein Friedensnobelpreis für Putin

7 «Er hat uns alle getäuscht» – Nach dem Überfall

Fazit: Signale der Schwäche

Dank

Literatur

Anmerkungen

1 Hannover

2 Moskau

3 Entspannungspolitik

4 Pipelinegeschäfte

5 Illusion einer Partnerschaft

6 Toxische Beziehung

7 «Er hat uns alle getäuscht»

Register

Karte

Abbildungsnachweis

Vorwort

Neun Tage vor Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine fliegt Olaf Scholz nach Moskau. Die Reise am 15. Februar 2022 ist ein letzter Versuch des deutschen Kanzlers, den bevorstehenden Krieg abzuwenden. Doch das Gespräch an Putins sechs Meter langem Tisch im Kreml verläuft frostig. Auf der anschließenden Pressekonferenz wird Putin nach Gerhard Schröder gefragt, denn der ehemalige Kanzler ist kurz zuvor für einen Aufsichtsratsposten bei Gazprom nominiert worden. Putin antwortet, dass man sich «nur darüber freuen» könne, wenn Schröder in das Gremium einzieht. «Der deutsche Bürger soll in seine Geldbörse gucken», rät Putin. Die Deutschen hätten Grund, dem SPD-Politiker für ihr billiges Gas dankbar zu sein. «Denn das ist das Ergebnis seiner Arbeit. Das ist sein Ergebnis.»

Seit dem Angriff auf die Ukraine dürften die Deutschen beim Blick ins eigene Portemonnaie inzwischen zu einem anderen Urteil gelangen als Putin. Denn Deutschland zahlt für seine Abhängigkeit von russischem Gas nun auch monetär einen hohen Preis. Welche Rolle spielte Gerhard Schröder auf dem Weg in diese Abhängigkeit? Die Äußerungen Putins legen nahe, dass sein Beitrag zumindest aus Sicht des Kremls entscheidend war.

Dieses Buch will erklären, wie Deutschland in diese Abhängigkeit geriet. Und warum die deutsche Politik mit so großer Naivität auf das Herrschaftssystem Putins blickte. Die Autoren halten beides zusammengenommen für den größten Fehler der deutschen Außenpolitik seit Gründung der Bundesrepublik. Wie konnte es dazu kommen, dass Deutschland trotz der Krim-Annexion und des Krieges in der Ostukraine seine Abhängigkeit von russischem Gas noch steigerte? War die Bundesregierung von Blindheit geschlagen?

Wir wollen zeigen, dass ein einflussreiches Netzwerk an diesen Fehlern einen bedeutenden Anteil hatte, in dessen Mittelpunkt Gerhard Schröder steht. Sein Einfluss endete nicht mit seinem Auszug aus dem Kanzleramt im Jahr 2005. Denn danach konnte Schröder seine Rollen fast beliebig wechseln und politische und wirtschaftliche Belange vermischen. Er nutzte weiter seine Kontakte und seinen innerparteilichen Einfluss, um vom Rücksitz aus zu steuern. Zu seinem Netz zählten nicht nur deutsche Sozialdemokraten, sondern auch Manager, Unternehmer, ausländische Politiker sowie Personen mit dubioser Vergangenheit. Die Spanne reicht von Gipfeltreffen großer Staatenlenker bis zu diskreten Zusammenkünften, von den zweistelligen Milliardensummen, die im europäischen Gasgeschäft bewegt werden, bis zu Geldströmen mit einigen Nullen weniger, die aber trotzdem bedeutsam sind. Es geht um wichtige Ämter, politische Ideale, schöne Bilder, hochtrabende Titel und schönfärberische Bücher.

Gerhard Schröder und sein Netz waren für die Fehler der deutschen Energie- und Außenpolitik allerdings nicht allein verantwortlich. Für ein vollständiges Bild wären weitere Aspekte einzubeziehen. Die Russlandpolitik der Unionsparteien und der Bundeskanzlerin Angela Merkel werden von uns kurz behandelt. Insbesondere zu den ostdeutschen CDU-Landesverbänden sowie der CSU wäre aber noch mehr zu schreiben. Die Regulatorik der EU, der Umbau der Energieversorgung sowie die verteidigungspolitischen Fragen kommen nur kursorisch zur Sprache; alles andere würde den Rahmen dieses Buches sprengen.

Für dieses Buch haben wir zahlreiche Gespräche geführt. Wir danken den Gesprächspartnern für ihre Bereitschaft und ihre Offenheit. Nicht alle wollen namentlich genannt werden; dieses Anliegen respektieren wir. Wir konnten uns zudem auf Recherchen für ältere Artikel stützen. Oft bilden auch die Berichte unserer Kolleginnen und Kollegen der FAZ und von Journalistinnen und Journalisten anderer Medien die Grundlage. Ihnen gilt unser ausdrücklicher Dank. Schon an dieser Stelle lässt sich sagen: In den deutschen Medien herrschte in den vergangenen 20 Jahren kein Mangel an fundierter Berichterstattung zur deutschen Russland- und Energiepolitik. Beinahe sämtliche Probleme wurden klar und frühzeitig benannt. Die Aussage, Putin habe «alle» getäuscht, ist nicht wahr. Zwei Anmerkungen: Für die bessere Lesbarkeit haben wir das Buch fast durchgehend im Präsens geschrieben, auch wenn das Geschehen in der Vergangenheit liegt. Zum heutigen Zeitpunkt können sich bestimmte, im Buch beschriebene Umstände, etwa Ämter oder Haltungen von Personen, verändert haben. Redaktionsschluss für dieses Buch war der 3. Februar 2023. Alle danach bei den Autoren eingegangenen Informationen und Erkenntnisse können erst in einer möglichen Folgeauflage berücksichtigt werden.

Die Darstellung umfasst im Kern die Zeit von 1998 bis 2022, also von der Wahl Gerhard Schröders zum Kanzler bis zum vollständigen russischen Angriff auf die Ukraine. Um die Geschehnisse besser zu verstehen, wird allerdings zunächst weiter zurückgegriffen. In den Kapiteln 1 bis 4 werden daher vier einzelne Fäden früher aufgenommen. In Kapitel 1 wird zunächst Gerhard Schröders Aufstieg beschrieben, seine politische Ideenwelt sowie die Entstehung seines Netzwerks: Der einschlägige Ort dafür ist Hannover, denn einige Strukturen der späteren Moskau-Connection sind hier schon angelegt. In Kapitel 2 wird die Entwicklung Putins und seines Herrschaftssystems beschrieben, für das Gas und Gewalt von Anbeginn eine zentrale Bedeutung haben. Kapitel 3 schildert die Geschichte der Entspannungspolitik – ein sozialdemokratischer Mythos, der in der deutschen Öffentlichkeit noch immer starke Resonanz findet und für Schröders Russlandpolitik ausgebeutet wurde. Kapitel 4 schildert in Grundzügen die Geschichte der deutschen Gasversorgung, insbesondere die gaswirtschaftlichen Beziehungen mit Moskau. Eine wichtige Frage dabei lautet, wie das Bild eines verlässlichen Lieferanten entstand und welche Berechtigung es hat. Diese vier Fäden werden in den Kapiteln 5, 6 und 7 für die Zeit von 1998 bis 2022 zu einem Handlungsstrang verwoben.

1 Hannover

Gerhard Schröder und die Entstehung seines Netzwerks

Der SPD-Bezirk Hannover wird von manchen Sozialdemokraten aufgrund seiner Geschichte, seiner Größe und seines Einflusses als die «Erzdiözese» der Partei bezeichnet. Am Ende des Zweiten Weltkriegs hat Kurt Schumacher dort das «Büro Dr. Schumacher» eröffnet, die Keimzelle der Parteiarbeit in den westlichen Besatzungszonen. Nahe des Hannoveraner Hauptbahnhofs wird die SPD einige Zeit später auch ihre erste Bundeszentrale haben. Dort, in der Odeonstraße 15/16, sitzt bis heute der niedersächsische SPD-Landesverband. Auch der SPD-Bezirk Hannover, der SPD-Unterbezirk Hannover sowie der SPD-Stadtverband haben dort ihren Sitz. Der Stadtverband verfügt über das feinverästelte Netz der Sozialdemokraten in der niedersächsischen Landeshauptstadt, die nach dem Krieg mehr als 70 Jahre lang bis 2019 durchgehend von ihnen regiert wird. Das eigentliche Machtzentrum in der niedersächsischen Sozialdemokratie bildet aber der SPD-Bezirk Hannover. Er erstreckt sich vom südlichen Rand Hamburgs bis zur Landesgrenze zu Hessen im Süden und hat auf Parteitagen der niedersächsischen Sozialdemokraten eine beinahe erdrückende Macht.

An der Spitze des SPD-Bezirks Hannover steht fast zwei Jahrzehnte lang Egon Franke, ein traditioneller und volkstümlicher Sozialdemokrat, der zugleich die SPD auf Landesebene führt. Als Abgeordneter im Bundestag führt Franke die «Kanalarbeiter» an, einen rund 100 Abgeordnete zählenden Zusammenschluss des rechten SPD-Flügels, vergleichbar mit dem heutigen «Seeheimer Kreis». Anfang der 1970er Jahre verschiebt sich die Stimmung in der hannoverschen SPD jedoch. Der Parteilinke Peter von Oertzen löst Franke an der Spitze der Bezirks- und Landesebene ab. Auch in der Landeshauptstadt bricht eine neue Ära an: 1972 wird der 28 Jahre alte Herbert Schmalstieg zum Oberbürgermeister gewählt, der sich innerparteilich zuvor mit Unterstützung der Jusos durchgesetzt hat und 34 Jahre lang an der Spitze der 500.000-Einwohner-Stadt stehen wird.

Der Aufsteiger

In dieser Zeit des Umbruchs zieht ein junger Sozialdemokrat namens Gerhard Schröder nach Hannover, der damals vom niedersächsischen SPD-Chef Peter von Oertzen gefördert wird. Der angehende Jurist kommt aus schwierigen, heute würde man sagen: prekären Verhältnissen. Über Schröders Vater Fritz weiß man, dass er vor dem Krieg zweifach wegen schweren Diebstahls verurteilt und in den damaligen Gerichtsakten als wohnungsloser Landarbeiter geführt wurde. Da der Vater am 4. Oktober 1944 an der Ostfront fällt, ist der im selben Jahr geborene Sohn Gerd in der harten Zeit nach dem Krieg vornehmlich auf seine Mutter angewiesen. Sie bringt die Familie mit Hilfsarbeiten und Putzen durch. «Seine Jugend ist rauer, wilder, aber auch unbeschwerter als die vieler Gleichaltriger», wird der SPIEGEL-Journalist Jürgen Leinemann später über Schröder schreiben.

Die beiden Werkzeuge, mit denen Gerhard Schröder seinen Aufstieg bewerkstelligt, sind Bildung und ein SPD-Parteibuch. Im Alter von 17 Jahren verlässt Schröder nach abgeschlossener Lehre seine lippische Heimat und zieht ins niedersächsische Göttingen, wo er in die SPD eintritt. Schröder holt die Mittlere Reife nach, macht das Abitur und beginnt 1966 ein Studium der Rechtswissenschaft in Göttingen, das als südlicher Zipfel noch zum SPD-Bezirk Hannover zählt. In der Stadt rumort es zu dieser Zeit; die gediegene Universitätsstadt wandelt sich zu einer Hochburg der linksgerichteten Studentenschaft.

Damals etabliert sich der typische Karriereweg niedersächsischer Sozialdemokraten: zuerst in Göttingen entweder Jura oder Politikwissenschaften studieren und dann Karriere in der Landeshauptstadt Hannover machen. Nicht nur Gerhard Schröder hat diesen Weg beschritten, auch Sigmar Gabriel, Stephan Weil, Thomas Oppermann und viele andere, die später wichtige Ämter in der Landes- oder Bundespolitik bekleiden sollten.

Gerhard Schröder knüpft in Göttingen die erforderlichen Kontakte für seinen späteren Aufstieg und lernt das Handwerk des innerparteilichen Machterwerbs. 1969 wird Schröder zunächst zum Vorsitzenden der Göttinger Jusos gewählt. Die dortigen Jusos befinden sich zu diesem Zeitpunkt auf einem strammen marxistischen Kurs mit wenig Scheu vor linksautoritären Politikmodellen. Der junge Gerhard Schröder macht dabei keine Ausnahme. «Der Fidel und der Che», wird Schröder später erzählen, «die waren doch die Traumfiguren für uns Linke in der Zeit um 1968, als ich Politik zu lernen begann.»

Von den quälenden marxistischen Theoriedebatten hält sich Schröder allerdings instinktsicher fern, er konzentriert sich auf sein persönliches Fortkommen. Im Ringen der drei Juso-Hauptströmungen «Reformsozialisten», «Antirevisionisten» und «Stamokap» zählt er zur Mittelgruppe der «Antirevisionisten». In wechselnden ideologischen und personellen Bündnissen arbeitet Schröder sich Ebene um Ebene nach oben. 1971 folgt er Herbert Schmalstieg als Juso-Vorsitzender im Bezirk Hannover nach; 1978 lässt sich Schröder, gestützt auf ein Bündnis mit dem extrem linken «Stamokap»-Flügel, zum Bundesvorsitzenden der Jusos wählen. Sein Vorgänger Klaus Uwe Benneter war zuvor aus der Partei geworfen worden, weil er eine Zusammenarbeit mit Kommunisten nicht ausschloss.

Die Wahl zum Juso-Bundesvorsitzenden markiert in Schröders Karriere eine Zäsur. Er verfügt nun über die notwendigen Kontakte wie über die bundesweite Sichtbarkeit, um Politik zu seinem Beruf zu machen. Schröder bekennt zwar pflichtschuldig, dass er kein Mandat anstrebe. Gleichwohl nutzt er sogleich die nächste Gelegenheit im Jahr 1980, um eben dies zu tun. Er bewirbt sich mit Erfolg im Wahlkreis Hannover-Land 1 um ein Direktmandat im Bundestag. Vor seinem Wechsel ins Profi-Lager lässt Schröder ziemlich abrupt die umstürzlerischen Ideen der Jusos fallen. Er verortet sich innerhalb der SPD neu und spricht nun wohlwollender über Bundeskanzler Helmut Schmidt. Dieser Kurswechsel Schröders wird von manchen seiner vormaligen Unterstützer als Verrat empfunden. «Gewählt als Vertreter der marxistischen Kräfte bei den Jusos, hast Du Dich von diesen unseren Positionen gelöst und eine bis zur Ununterscheidbarkeit gehende Politik der Zusammenarbeit mit reformistischen Kräften» begonnen, rechnen die Göttinger Jusos mit Schröder in der FRANKFURTER RUNDSCHAU ab.

Die Wandlung Schröders sticht seinen Weggefährten vermutlich auch deshalb so scharf ins Auge, weil sie vorrangig die Wirtschafts- und Sozialpolitik betrifft, um die sich ihre eigenen, im Schatten des marxistischen Denkens geführten Debatten vornehmlich drehen. In den Zeitungsartikeln und Büchern über Schröder wird auf der Basis dieser zunächst beklagten Wandlung später das eingängige Image eines elastischen Pragmatikers entwickelt, der zwar wenig Rücksicht auf die eigenen Leute nimmt, aber dafür einen klaren Blick für die Realität besitzt und sich von ideologischen Scheuklappen frei gemacht hat.

Dieses Bild muss an einer, für dieses Buch allerdings entscheidenden, Stelle korrigiert werden: Im Bereich der Außenpolitik sind bei Schröder keine tiefgreifenden Wendungen zu erkennen. Stattdessen gibt es eine erstaunliche Kontinuität seiner Denkmuster: Schröders Sympathie und Interesse richten sich seit Anbeginn eher auf Moskau als auf Washington. Und Schröder weiß stets virtuos auf der Klaviatur des latenten Antiamerikanismus innerhalb seiner Partei sowie in der deutschen Gesellschaft zu spielen.

In die Sowjetunion reist Schröder erstmals Mitte der 1970er Jahre. 1978 vertritt er die Jusos auf dem Großkongress der sowjetischen Staatsjugend im Großen Kremlpalast. In einem Gastbeitrag für die KOMSOMOLSKAJA PRAWDA unterstützt er damals die sowjetische Kritik an den amerikanischen Rüstungsplänen in Westeuropa. Im März 1980 und im Januar 1982 unternimmt Schröder weitere Reisen nach Moskau und fällt dort ebenfalls mit einer unkritischen Nähe zu sowjetischen Positionen auf. Schröder kritisiert in dieser Zeit auch die deutsche Entscheidung, als Reaktion auf den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan gemeinsam mit den Vereinigten Staaten die Olympischen Spiele in Moskau zu boykottieren. Als Bundestagsabgeordneter gehört er zu den Gegnern des Nato-Doppelbeschlusses, bei dessen Durchsetzung sich der damalige Kanzler Helmut Schmidt zusehends innerhalb der SPD aufreibt. Schröder rät angesichts des amerikanischen Führungsanspruchs im westlichen Militärbündnis 1981 sogar zu einer Distanzierung der Bundesrepublik von Washington und fordert gemeinsam mit 23 anderen SPD-Abgeordneten, eine Milliarde Mark aus dem Verteidigungshaushalt in die Entwicklungshilfe umzuleiten.

Nach dem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen den geschwächten Bundeskanzler Schmidt 1982 verliert die Außenpolitik für Schröder vorübergehend an Bedeutung. Mit seinem scharfen Blick für die eigenen Karrierechancen erkennt er, dass Bonn der falsche Platz für ihn ist. Der 38 Jahre alte Abgeordnete aus Niedersachsen ist dort bloß einer unter vielen, und die SPD hat in der Opposition nur noch wenige Ämter zu vergeben. Besser scheinen die Aussichten im heimischen Hannover, denn dort muss die SPD einen Herausforderer von CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht aufbauen. Schröder nimmt dieses Ziel entschlossen ins Visier. Er lässt sich 1983 zwar noch einmal in den Bundestag wählen. Nach Übernahme des SPD-Bezirks Hannover im gleichen Jahr erhebt er aber sofort Anspruch auf die Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 1986.

Schröder rückt nun deutlich weiter nach rechts, um im Flächenland Niedersachsen mehrheitsfähig zu werden. Nach seiner Kür zum Spitzenkandidaten lässt er Plakate mit dem Slogan «Gerhard Schröder – der neue Kopf» drucken. Schröder stellt sich damit in die Tradition des ersten niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf und damit jener volkstümlichen Form der Niedersachsen-SPD, gegen die er einige Jahre zuvor noch aufbegehrt hatte. Diese Mischung aus linker «Göttinger Blase» und traditioneller Arbeiter- und Protestantenpartei wird fortan das Signum der niedersächsischen Sozialdemokratie sein.

Die Ablösung des etablierten Ministerpräsidenten Albrecht misslingt beim ersten Anlauf 1986. Mit gerade einmal 42 Jahren hat Schröder jedoch die Zeit auf seiner Seite. Er nutzt sie, um seine innerparteiliche Position zu festigen und weiter an seinem Image zu feilen. Die Eckpfeiler seiner Strategie sind bereits damals erkennbar: Schröder präsentiert sich nach dem Vorbild von Willy Brandt mit zeitgenössischen Künstlern und Schriftstellern. Der Aufsteiger soll als Freund der Künste und der Kultur erscheinen, um die Position der SPD im bildungsorientierten und progressiven Bürgertum zu festigen. Auf ein breiteres Publikum zielt Schröders Bündnis mit dem Boulevard. Der SPD-Politiker stellt seine 1984 geschlossene dritte Ehe mit Hiltrud «Hillu» Hampel öffentlich zur Schau, so dass zunächst Parallelen zu den Kennedys gezogen werden und später von den «Clintons von Hannover» die Rede ist.

Schröder hält mit markigen Aussagen und vertraulichen Informationen auch die Politikjournalisten bei Laune. Bald hat er eine Schar wohlwollend gestimmter publizistischer Begleiter wie Jürgen Leinemann um sich, der im SPIEGEL Kaskaden von Artikeln über den aufstrebenden Landespolitiker verfasst. Schröder versprüht mit seinem virilen Charisma offenkundig eine Abenteuerlust, die der Politikbetrieb sonst nicht ausreichend befriedigt. Leinemann darf Schröder bei dessen Reise nach Kuba im Jahr 1985 begleiten und über die Audienz des niedersächsischen SPD-Politikers beim Revolutionsführer berichten: «Sanft und milde ist Castros Gesicht dabei geblieben, die großen braunen Augen lassen Schröder kaum einmal los.»

Kurz nach seiner Reise nach Kuba bricht Schröder zu einer weiteren seiner insgesamt elf Reisen in die DDR auf. Schröder hat zuvor erfolgreich nach einem Termin bei Erich Honecker ersucht und lässt sich von einem Tross Journalisten dorthin begleiten. Der Sozialdemokrat lobt den Staatsratsvorsitzenden nicht nur für dessen Verdienste um die Entspannung. Schröder macht Honecker auch eine brisante Zusage: Im Falle seiner Wahl zum Ministerpräsidenten werde er die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter (ZESt) abschaffen. Die ZESt sammelt damals Hinweise auf politisches Unrecht in der DDR, um die Taten zu einem späteren Zeitpunkt verfolgen zu können. Im Lauf der 1980er Jahre geht die SPD zunehmend auf Distanz zu der einst auf Anregung von Willy Brandt eingerichteten Behörde. Die beiden SPD-geführten Länder Saarland und Nordrhein-Westfalen ziehen sich 1988 aus ihrer Finanzierung zurück. Schröders Versprechen einer Abschaffung besitzt jedoch besondere Sprengkraft, da der niedersächsische Justizminister der Dienstherr der ZESt-Staatsanwälte ist. Bei seinen Ost-Kontakten zeigt sich Schröder schon damals bereit, die Verteidigung der Bürgerrechte gegen ein besseres Verhältnis zu den dortigen Machthabern einzutauschen.

Auch sonst ist Schröders Deutschlandpolitik zwar von einer steten Reisetätigkeit, aber von wenig Weitsicht geprägt. Nach einem weiteren DDR-Besuch im Jahr 1987 greift Schröder ein Diktum Egon Bahrs auf und nennt die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung Deutschlands eine «Lebenslüge». Und als die deutsche Einheit drei Jahre später zum Greifen nah ist, bestreitet Schröder seinen Landtagswahlkampf mit sozialpopulistischen Ressentiments gegen die Bürger der DDR. Die finanziellen Hilfen für die Menschen im Osten dürften nicht dazu führen, dass «am sozialen Netz der Bundesrepublik gerüttelt wird», fordert er; die Ostdeutschen sollten sich «selbst krummlegen». In einer Rede im Landtag fordert Schröder gar, «der Zustrom von Übersiedlern» müsse «gestoppt» werden. Und er tritt für eine Befragung der Westdeutschen zur Einheit ein, «da es nicht sein kann, dass 16 Millionen DDR-Bürger bestimmen, was die restlichen 60 Millionen zu tun haben». Am Ende gewinnt Schröder die Landtagswahl am 13. Mai 1990 mit 44,2 Prozent der Stimmen, bildet eine Koalition mit den Grünen und wird im Landtag endlich zum Ministerpräsidenten gewählt. Eine seiner ersten Entscheidungen besteht darin, dass Niedersachsen im Bundesrat als einziges Land neben dem ebenfalls sozialdemokratisch geführten Saarland gegen die Ratifizierung des ersten Staatsvertrags auf dem Weg zur Wiedervereinigung stimmt. Anders als die meisten SPD-Politiker, die wie Helmut Kohl die Chance auf eine rasche Wiederherstellung der deutschen Einheit nutzen wollen, setzt Schröder zusammen mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine darauf, den Prozess zu verzögern. Die erste Auslandsreise als Ministerpräsident führt ihn im Februar 1991 sogleich wieder nach Moskau, wo er kurz vor dem Fall der Mauer im Herbst 1989 schon mit Egon Bahr war. Besonders im Fokus ist dabei die erdöl- und erdgasreiche Region Tjumen im Westen Sibiriens, mit der das Land Niedersachsen 1992 eine Partnerschaft eingeht.

Die Freunde

Der Einzug in die Staatskanzlei im Sommer 1990 markiert den eigentlichen Beginn von Schröders Netzwerk. Als Ministerpräsident des nach Einwohnerzahl viertgrößten Bundeslandes hat Schröder viel mehr Möglichkeiten als bisher, Posten zu besetzen und Karrieren zu beschleunigen. Im Umfeld des SPD-Politikers tauchen nun allmählich die Namen auf, die später für die deutsche Energie- und Russlandpolitik relevant sind. Schröder holt beispielsweise den jungen DGB-Referenten Alfred Tacke in die Staatskanzlei, der schon ein Jahr später Staatssekretär im niedersächsischen Wirtschaftsministerium wird. Beobachter der damaligen Landespolitik berichten übereinstimmend, dass in dem Ministerium dadurch nicht mehr Minister Peter Fischer der starke Mann war, sondern Tacke, denn dieser besaß den engen Draht zu Schröder.

Bedeutsam für die spätere deutsche Russlandpolitik sind zwei junge Juristen, die 1991 nach Hannover ziehen. Brigitte Zypries stammt aus der hessischen SPD und übernimmt in Schröders Staatskanzlei das Referat für Verfassungsrecht. Mit Frank-Walter Steinmeier lotst Zypries zudem einen Kommilitonen aus ihrer Gießener Studienzeit nach Niedersachsen. Zypries und Steinmeier hatten in den 1980er Jahren gemeinsam für die juristische Fachzeitschrift DEMOKRATIE UND RECHT gearbeitet, die damals vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Die Publikation erschien im Pahl-Rugenstein-Verlag, der maßgeblich von der DDR finanziert wurde und 1989 mit dem SED-Regime unterging. 1990 zählt Steinmeier ebenso wie Schröder zu den Gegnern eines raschen Einigungsprozesses. «Du passt zu uns», soll Schröder beim Vorstellungsgespräch zu Steinmeier gesagt haben, der wie er selbst aus dem Lippischen stammt.

In der niedersächsischen Staatskanzlei beginnt Steinmeier als Referent für Medienrecht und Medienpolitik und wird schon zwei Jahre später Büroleiter des Ministerpräsidenten. Die beiden Männer ergänzen sich: Schröder besitzt den Spürsinn für Stimmungen und hat Charisma, Steinmeier beherrscht den Umgang mit Akten und Details, die sein Chef eher vernachlässigt. Steinmeier wird zu Schröders «Machmal» und steigt an dessen Seite Stufe um Stufe auf. Nach der Landtagswahl 1994 übernimmt er die Leitung der Abteilung I. Der Jurist ist damit für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung zuständig. Brigitte Zypries wird Leiterin der Abteilung II für Recht, Verwaltung und Medien. Die Kommilitonen aus Gießen besetzen damit die beiden wichtigsten Abteilungen der Staatskanzlei. Zusammen mit Schröders Büroleiterin Sigrid Krampitz und Alfred Tacke bilden sie den engsten politischen Zirkel um den Ministerpräsidenten, der Schröder später auch nach Berlin begleitet.

Es gibt noch einen weiteren Vertrauten Schröders, der 1998 von Hannover nach Berlin wechselt. Im Unterschied zu den bisher genannten Politikern taucht sein Name allerdings in keiner der einschlägigen Schröder-Biografien auf: Heino Wiese. Der 1952 geborene Sozialdemokrat lernt Schröder 1982 beim Skat und der berühmten Currywurst in der Gaststätte «Plümecke» kennen. Von 1990 bis 2003 übt Wiese eine einflussreiche Doppelfunktion in der niedersächsischen Sozialdemokratie aus. Wiese ist Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover wie auch Landesgeschäftsführer der niedersächsischen SPD. Er hat damit weitgehende Kontrolle über die Parteizentrale in der Odeonstraße. Gemeinsam mit Michael Kronacher, dem Chef der nur wenige Häuser weiter befindlichen Werbeagentur «Odeon Zwo», managt Wiese von dort aus die Wahlkämpfe Schröders. Als Geschäftsführer der maßgeblichen SPD-Gliederungen verfolgt Wiese jede innerparteiliche Regung und baut sich ein einzigartig dichtes Netz innerhalb des niedersächsischen Landesverbands auf. Im Zentrum steht nach Wieses Darlegung «das Team Gerhard Schröder» mit Frank-Walter Steinmeier und Brigitte Zypries, das man sich wie eine alte Fussballmannschaft vorstellen könne. Zum Bogen der langjährigen Wiese-Vertrauten zählen neben dem Kanzler und seinen engsten Vertrauten aber auch Sigmar Gabriel, der heutige niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil und der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil. Der niedersächsische FDP-Politiker Stefan Birkner wird Wiese später als den eigentlichen «Manager der Moskau-Connection» innerhalb der SPD bezeichnen.

Es reicht jedoch nicht aus, den Blick auf ehemalige oder aktive SPD-Politiker zu richten: Das hannoversche Netz von Gerhard Schröder greift weiter aus. Im Folgenden sollen diese Verbindungen, die im Lauf der Jahre entstanden sind, in ihren Grundzügen beschrieben werden – und zwar auch, wenn kein direkter Russland-Bezug besteht oder sich dieser erst auf den zweiten Blick erschließt. Es geht darum, die Entstehung, die Zusammensetzung, die Mechanismen und die Problematik von Schröders Netzwerk nachzuzeichnen. Denn neben ihren freundschaftlichen Beziehungen pflegen die Beteiligten häufig zugleich finanzielle Beziehungen untereinander. Die politischen Entscheidungen und das persönliche Engagement Schröders nützen oft seinen Freunden, und diese unterstützen wiederum den SPD-Politiker.

Den bekanntesten Kreis um Gerhard Schröder bilden die «Frogs» – die «Friends of Gerhard Schröder». Im Zentrum dieser Gruppe steht lange der Hannoveraner Rechtsanwalt Götz von Fromberg. Schröder und Fromberg sind alte Freunde und kennen sich schon aus ihrer Referendarszeit. Später wirken beide jahrelang in einer Bürogemeinschaft zusammen. Und Fromberg veranstaltet in Hannover regelmäßig bierselige «Krökelabende» unter Männern, zu denen Frauen erst ab Mitternacht Zutritt erhalten. Der Charme dieser Feiern besteht darin, dass sie nicht ausschweifenden Luxus zelebrieren, sondern die Männer bei Bouillonwürstchen und Nudelsalat gemeinsam trinken und «krökeln», wie man im Hannoverschen das Kickern am Tischfußball nennt.

Götz von Fromberg ist eine schillernde Figur: Als Rechtsanwalt vertritt er auffällig oft Mandanten aus dem Milieu, allen voran den Rockerboss Frank Hanebuth. Dessen «Hells Angels» kontrollieren ab den 1990er Jahren das Steintorviertel, den Rotlichtbezirk Hannovers. Die «Hells Angels» sind auch in anderen Regionen von Niedersachsen und darüber hinaus in die sexuelle Ausbeutung von Frauen verstrickt – ein Geschäftsmodell, das durch die weitreichende Liberalisierung der Prostitution durch die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2002 zumindest begünstigt worden ist. Denn die Reform, die eine Emanzipation von Prostituierten bewirken sollte, machte Deutschland in der Praxis zum «Bordell Europas» mit menschenhandelsähnlichen Strukturen, in denen vor allem ausländische Frauen ausgebeutet werden.

Zu den «Frogs» zählen ferner Manager und Unternehmer wie der AWD-Gründer Carsten Maschmeyer, der Sartorius- und spätere EnBW-Vorstandsvorsitzende Utz Claassen, VW-Vorstand Peter Hartz oder der Preussag-Vorstandsvorsitzende Michael Frenzel. Schröder und Frenzel verbindet eine wechselvolle Geschichte. Einige Monate vor der für Schröders weitere Karriere entscheidenden Landtagswahl 1998 beabsichtigt Frenzel, die Stahlsparte des in Hannover ansässigen Mischkonzerns Preussag zu verkaufen. Der Plan birgt für das Land Niedersachsen und die Landes-SPD politische Brisanz, denn die krisengeplagte Arbeiterstadt Salzgitter hängt vom großen Stahlwerk der Preussag ab. Schröder dürfte noch aus einem anderen Grund alarmiert sein: Größter Anteilseigner der Preussag ist die WestLB mit ihrem mächtigen Vorstandsvorsitzenden Friedel Neuber, dessen Büroleiter der ehemalige Duisburger SPD-Kommunalpolitiker Frenzel zuvor war. Als «roter Baron» von der Ruhr ist Neuber wiederum mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau sowie anderen einflussreichen Politikern der NRW-SPD verbandelt, die Schröders Ambitionen auf das Kanzleramt damals kritisch sehen. Schröder widersetzt sich dem Verkauf des Stahlwerks mit aller Macht und hat damit Erfolg. Am Ende ist es nicht ein ausländischer Konzern, sondern das Land Niedersachsen, das für mehr als eine Milliarde D-Mark die Stahlsparte der Preussag übernimmt, die fortan wieder unter ihrem früheren Namen als Salzgitter AG firmiert. Das Land Niedersachsen besitzt bis heute mehr als ein Viertel der Anteile an der Stahlfirma. Ein weiteres Viertel der Anteile liegt inzwischen bei der «GP Günter Papenburg AG». Der Bau- und Müllunternehmer Günter Papenburg zählt ebenfalls zu den langjährigen Vertrauten Schröders. Papenburg darf den Ministerpräsidenten Schröder Anfang der 1990er Jahre auf Reisen begleiten und macht seither mit seiner Unternehmensgruppe große Geschäfte im postsowjetischen Raum. Ohne diese Reisen mit Schröder «wäre ich nie nach Kasachstan oder Usbekistan gegangen», erinnert sich der Bauunternehmer. Die Salzgitter AG erhält später zudem große Aufträge für russische Pipeline-Projekte.

Nach der Herauslösung der Stahlsparte formt Frenzel aus der Preussag den Tourismus-Konzern TUI. Die Aktionäre werden an dieser abenteuerlichen Verwandlung wenig Freude haben und das Akronym schon bald in «Tränen Unter Investoren» auflösen. Als später ein norwegischer Investor bei der schlingernden TUI einsteigt und die Ablösung Frenzels verlangt, schaut man sich in Niedersachsen nach Hilfe um. Anfang 2008 steigt daraufhin der russische Oligarch Alexei Mordaschow ein, übertrumpft den Norweger und baut seinen Anteil an dem Unternehmen in den folgenden Jahren auf 34 Prozent aus. Bei der Vermittlung des Oligarchen spielt der Schröder-Vertraute Heino Wiese eine entscheidende Rolle.

In einer VIP-Loge bei Hannover 96 mit dem sprechenden Namen «G6» treffen sich die Herren später regelmäßig: Heino Wiese und Michael Frenzel, die über den Einstieg des Oligarchen Mordaschow bei der TUI verbunden sind. Dazu Günter Papenburg, dem der von Frenzel geführte Preussag/TUI-Konzern über Jahre die Namensrechte an seiner Arena auf dem Expo-Gelände abkauft. Scorpions-Sänger Klaus Meine, der schon in Frombergs Krökel-Keller zu den Gästen zählte. Und natürlich Gerhard Schröder, für den in die «G6»-Loge ein «Kanzler»-Trikot gehängt wird. Der Sechste im Bunde heißt Madjid Samii; für ihn hängt ein Trikot mit der Beflockung «Professor» in der Loge.

Teamgeist und Perlwein in der «G6»-Loge: Die Trikots von Papenburg, Wiese, Frenzel, Meine, «Kanzler» Schröder und «Professor» Samii bei Hannover 96

Der Neurochirurg Samii ist in Hannover vor allem für seine Privatklinik «INI» bekannt; das Gebäude hat die Form eines menschlichen Gehirns. Die Finanzierung des gewagten Unternehmens sichert im Jahr 1998 die noch von Schröder geführte Landesregierung mit einer Bürgschaft von mehr als 80 Millionen Mark ab. Auch der damalige niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann zählt zu den Befürwortern des Projekts, dem der Schröder-nahe Unternehmensberater Roland Berger in einem Gutachten eine Rendite von 27 Prozent in Aussicht stellt. Tatsächlich hat das INI immer wieder finanzielle Probleme, ist ein Vierteljahrhundert später immer noch nicht in den niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen und macht Schlagzeilen aufgrund der engen Beziehungen seines Gründers Madjid Samii in autokratische Länder. Im Jahr 2005 wird der damalige usbekische Innenminister Sakir Almatow in der Klinik behandelt. Als Amnesty International Anzeige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen ihn stellt, verschwindet Almatow rasch wieder aus Hannover. Gleiches Schauspiel im Jahr 2018, als der vormals oberste iranische Richter Mahmud Haschemi Schahrudi zur Behandlung in Samiis Privatklinik kommt. Schahrudi hat etliche Todesurteile zu verantworten, darunter solche gegen Minderjährige. Auch er reist nach einer Strafanzeige wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit mitsamt Entourage überstürzt ab. In seine iranische Heimat pflegt Madjid Samii auch sonst gute Kontakte, errichtet in Teheran sowie in Peking weitere Klinikstandorte. Im Jahr 2009 lotst Samii seinen Freund Schröder in die iranische Hauptstadt. Im Verlauf dieser angeblich privaten Reise trifft der Bundeskanzler a.D. auf etliche führende Vertreter des Regimes wie den damaligen Staatspräsidenten und Holocaust-Leugner Mahmud Ahmadinedschad, was in Deutschland zu Empörung führt. Kurze Zeit später warnt Schröder, der seine Wirtschaftskontakte in den Nahen Osten nach seiner Kanzlerschaft intensiv nutzt, auf einer deutsch-emiratischen Konferenz in München vor einer Verschärfung der damaligen UN-Sanktionen gegen Teheran. Stattdessen ermutigt er deutsche Unternehmen zu Investitionen in Iran. An der Konferenz nehmen auch Madjid Samii, Heino Wiese und die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt von der SPD teil, deren einflussreiche Abteilungsleiter Ulrich Tilly und Franz Knieps kurze Zeit später zur Beratungsfirma von Heino Wiese wechseln und dort bis Ende 2012 als Partner tätig sind. Auch der SPD-Politiker Gerd Andres wechselt 2008 dorthin und ist zeitweilig Gesellschafter. Andres, ein ganz alter Schröder-Bekannter, war zunächst Gewerkschaftsfunktionär bei der IG BCE, dann Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Stadt Hannover I und Parlamentarischer Staatssekretär von Arbeitsminister Walter Riester und spezialisiert sich nach dieser Zeit geschäftlich auf Türkei-Kontakte.

Zum engeren Kreis um Schröder in Hannover zählt jahrelang auch der AWD-Chef Carsten Maschmeyer, der als sogenannter «Drückerkönig» zu Reichtum gekommen ist und ebenso wie Schröder aus schwierigen familiären Verhältnissen stammt. Die – zunächst nur indirekte – Beziehung zwischen beiden reicht ins Jahr 1998 zurück. Maschmeyer scheint Anfang des Jahres zu erkennen, dass es vom Abschneiden der niedersächsischen SPD bei der Landtagswahl am 1. März 1998 abhängt, ob der alternde Kanzler Helmut Kohl bei der im Herbst anstehenden Bundestagswahl durch Oskar Lafontaine oder durch Gerhard Schröder herausgefordert wird. Aus der Sicht eines Versicherungsunternehmers ist klar: Das deutlich bessere Szenario ist Schröder, denn der gilt zu diesem Zeitpunkt bereits als «wirtschaftsnah». Maschmeyer lässt also kurz vor der Wahl in den niedersächsischen Zeitungen über ein «Kuratorium zur Förderung von Gerhard Schröder» und damit unerkannt doppelseitige Anzeigen schalten.[1] Die Annoncen zeigen die Reihe der deutschen Kanzler seit Adenauer, jeweils mit der Unterzeile «Kein Niedersachse», und darunter in Großbuchstaben: «Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein.»

Die Anzeigen passen genau zum Plan Schröders, aus der Landtagswahl einen Volksentscheid über den nächsten SPD-Kanzlerkandidaten zu machen. Und der Plan geht auf: Schröder gewinnt die Landtagswahl mit absoluter Mehrheit, und Lafontaine bleibt keine andere Wahl, als dem Konkurrenten aus Niedersachsen die Kanzlerkandidatur anzutragen. 650.000 Mark hatte sich Maschmeyer die Aktion angeblich kosten lassen.[2] Es fliegt allerdings rasch auf, dass der Versicherungsunternehmer hinter den Anzeigen steht. Vor der Bundestagswahl im Herbst gibt es eine weitere Anzeigen-Aktion. Dieses Mal werden große Anzeigen für Schröder in den überregionalen Tageszeitungen FAZ, WELT und WELT AM SONNTAG geschaltet, Kostenpunkt rund 150.000 Mark. Das ARD-Magazin «Panorama» enthüllt 2011, also viele Jahre später, einen Schriftverkehr, der darauf hindeutet, dass auch hinter diesen Anzeigen Maschmeyer stand. In einem Brief vom 13. Juli 1998 schreibt der KAPITAL-MARKT-INTERN-Chefredakteur Axel J. Prümm an die niedersächsische Staatskanzlei, dass er als «Clearingstelle» für Maschmeyer auftrete, weil dieser ein Problem damit habe, «wenn denn nun ein zweites Mal herauskäme, dass er Herrn Schröder persönlich unterstützen wollte». Maschmeyer streitet 2011 gegenüber dem SPIEGEL ab: «Ich habe niemals direkt oder indirekt an Herrn Prümm oder die Initiative Mittelstand 150.000 Mark für eine Anzeigenkampagne im Wahlkampf bezahlt.» Brisant an dem Vorgang ist ein interner Vermerk der Staatskanzlei aus dem Jahr 1998, in dem Staatskanzlei-Chef Steinmeier aufgefordert wird, die Anonymität des «Sponsors» zu wahren. Steinmeier hat diesen Vermerk abgezeichnet, obwohl sich eine Staatskanzlei aus Parteiangelegenheiten wie der Finanzierung eines Wahlkampfs strikt heraushalten muss.

Maschmeyer hat Schröder nach eigenen Angaben allerdings erst einige Jahre später erstmals persönlich getroffen. «Wir kennen uns seit einer Weihnachtsfeier 2001 unserer Hannover Connection, dazu zählen so die Macher vom Maschsee», berichtet Maschmeyer.[3] Die frühe Erkenntnis des Versicherungsunternehmers, dass Gerhard Schröder als Bundeskanzler von Vorteil für sein eigenes Geschäftsmodell sein dürfte, erweist sich jedenfalls als richtig: Während seiner Kanzlerschaft ergänzt Schröder die gesetzliche Rentenversicherung um Altersvorsorge-Konzepte wie die «Riester-Rente» und die «Rürup-Rente». Im Rückblick gelten diese Konzepte nicht zuletzt deshalb als gescheitert, weil die Renditen der Sparer zu stark durch die Gebühren der Versicherer geschmälert werden.

In diesem Zusammenhang tritt Schröders mangelnder Wille zutage, politische und private Belange klar voneinander zu trennen und Abstand zu Figuren wie Maschmeyer zu halten. Nach dem Kennenlernen zählt Maschmeyer nicht nur jahrelang zum Freundeskreis von Schröder in Hannover. In seiner Zeit als Bundeskanzler tritt Schröder 2004 auch im Berliner Hotel Estrel auf der AWD-Vertriebstagung auf und spricht dort den rund 2000 versammelten Versicherungsvertretern eine «staatsersetzende Funktion» zu.

Ein Jahr später schließen Maschmeyer und Schröder per Handschlag eine Vereinbarung, die später nur aufgrund einer Nachfrage der Finanzbehörden schriftlich fixiert wird: Der AWD-Chef kauft Schröder im Falle von dessen Abwahl für zwei Millionen Euro inklusive Umsatzsteuer die Memoiren über seine Jahre im Kanzleramt ab. Die Angaben darüber, wann genau der Deal abgeschlossen wurde, gehen auseinander: Nach den beiden Journalisten Wigbert Löer und Oliver Schröm wird die Vereinbarung schon im August 2005, also vor der Bundestagswahl, geschlossen.[4] Der Schröder-Biograf Gregor Schöllgen hingegen schreibt, es habe zu diesem Zeitpunkt lediglich Gespräche gegeben, die Vereinbarung sei erst nach dem Ausscheiden aus dem Amt getroffen worden.[5] So oder so bleibt es ein bemerkenswerter, um nicht zu sagen anrüchiger Deal. Zum einen, weil er zwischen einem Politiker und einem Unternehmer vereinbart wird, nachdem der Politiker mit seiner Regierung Entscheidungen getroffen hat, die den Unternehmer stark betreffen. Zum anderen, weil das vereinbarte Honorar in Höhe von zwei Millionen Euro in Verlagskreisen als sehr hoch gilt – so hoch, dass man es durch den Verkauf des Buches schwerlich hereinspielen kann. Der Verlag Hoffmann und Campe, bei dem das Buch dann erscheint, zahlt an Maschmeyer für die Rechte auch bloß eine Million Euro. Als Geschäftsführer des Verlags arbeitet zu dieser Zeit übrigens Manfred Bissinger. Der Schröder-Vertraute hatte den Bundeskanzler zuvor bei wichtigen Entscheidungen beraten und vor allem im Blick behalten, dass dessen imagefördernde Kontakte zu Kulturschaffenden wie Günter Grass intakt bleiben.

Auch Schröders Rentenexperte Bert Rürup macht mit Maschmeyer später Geschäfte. Zunächst wird er AWD-Chefökonom, dann gründet das SPD-Mitglied Rürup gemeinsam mit Maschmeyer die MaschmeyerRürup AG. Und auch Béla Anda, der als Journalist 1998 zunächst eine Schröder-Biografie vorgelegt hatte und kurze Zeit später als Regierungssprecher zu Schröder wechselt, zieht nach dessen Kanzlerschaft zu Maschmeyer weiter. Der ehemalige BILD-Journalist wird Kommunikationschef des AWD in Hannover. Parallel schreibt Anda wohlwollende Kolumnen über Russland: Unter der Überschrift «Russen-Polka unter den Linden» berichtet er über ein rauschendes Fest in der russischen Botschaft mit Gerhard Schröder und deutschen Konzernmanagern; in einer Betrachtung über die «Russische Seele» beklagt sich Anda über das «Einschlagen auf russische Politiker» und eine «einseitig kritische Russlandberichterstattung» in der deutschen Presse. Die Kolumnen erscheinen im Magazin CICERO, das sich zu diesem Zeitpunkt noch im Besitz des Schweizer Ringier-Verlags befindet, jenes Medienunternehmens, bei dem Schröder nach seiner Kanzlerschaft als Berater anheuert, auf Vermittlung von – Manfred Bissinger.

Die Strukturen

Solche Rollenwechsel und verwischte Grenzen wie bei Anda, Rürup oder Bissinger bilden im Umfeld des Altkanzlers nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Auffällig ist die hohe Zahl der Wechselbeziehungen, die finanziell unterlegt sind, teils unter Verwendung von Steuergeldern. Innerhalb von Schröders Netz könnte man so vielfältige Ketten beschreiben. Ein Beispiel, allein aus den bisher beschriebenen Verflechtungen gebildet: Heino Wiese fädelt den Einstieg des Oligarchen Mordaschow bei Frenzels TUI ein, die wiederum die Arena von Papenburg sponsort; Papenburg hält Anteile an dem Stahlunternehmen Salzgitter AG, das Schröder einst als Ministerpräsident mit Steuergeldern Frenzels TUI-Vorläufer Preussag abkaufte und das später Röhren für das von Schröder beaufsichtigte Unternehmen Nord Stream 2 sowie andere Pipeline-Projekte des Kremls liefert, dessen diplomatischer Vertreter in Hannover wiederum Wiese ist. Und alle genannten Personen treffen sich zeitweilig in einer gemeinsamen Loge bei Hannover 96.

Blickt man auf die strukturellen Merkmale des Schröder-Netzes, so fällt zunächst die weitgehende Abwesenheit von Frauen auf. Schröders Umfeld trägt männerbündische Züge. Es besteht vorwiegend aus erfolgreichen und wohlhabenden Herren, die meist ungefähr im gleichen Alter wie Schröder sind, die oft einen steilen sozialen Aufstieg geschafft haben und über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein sowie hohe Konfliktbereitschaft verfügen. Weniger ausgeprägt sind Schamgefühle. Drückerkolonnen und Kontakte zu kriminellen Rockern gelten ebenso wenig als Zugangshindernis wie ausgeprägte Kontakte nach Iran, nach China oder eben nach Russland. Man trinkt miteinander. Man hilft einander.

And did you ever think/that we could be so close/like brothers? Schröder, Maschmeyer, von Fromberg, Frenzel, Gabriel, Hartz beim Herrenabend

Ins Auge sticht auch die mitunter Jahrzehnte währende räumliche Nähe der Protagonisten. Schröder und sein Bekanntenkreis pflegen eine außergewöhnliche Treue zu Hannover. Die wesentlichen Interaktionen spielen sich rund um den Stadtwald Eilenriede ab, an dessen Saum die begehrten Wohnlagen der niedersächsischen Landeshauptstadt liegen. Die bevorzugte Form der Vergesellschaftung ist der Herrenabend, auf dem man sich ungezwungen auch über Geschäfte und Karriereperspektiven austauschen kann. Hier stabilisieren sich gemeinschaftliche Überzeugungen. Dazu zählt etwa die Formel, es sei immer gut, wenn man «miteinander im Gespräch» bleibe. Zum Ethos des Netzwerks zählt nämlich, dass dem informellen Aspekt von Beziehungen großer Wert zugemessen und die Vermischung von privater und offizieller Ebene geradezu als Ziel beschrieben wird. Dieses Denken, das sich in wiederkehrenden Gesprächstechniken niederschlägt, hat Carsten Maschmeyer 2012 unter dem Titel «Selfmade» in die Form eines Buches gepresst. «Kommen Sie in die Kontakte» und «So kommunizieren Sie gewinnend» lauten die Überschriften zweier Kapitel.