Die Nacht hat 24 Stunden - Eurydike - E-Book

Die Nacht hat 24 Stunden E-Book

Eurydike

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Beschreibung

Aus "Anas Rache": Der Moment war vorbei. Die Gelegenheit vorüber. Ana hatte sich entschieden: "Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du wirst für den Rest des Wochenendes so hier liegen bleiben …" Sie betonte das Wort so. Durch die Betonung wurde es eindeutig und schmutzig. So. Das bedeutete: geil, hilflos, mit nasser Möse. Sie machte eine Pause. "Oder du kannst mich darum bitten, daß ich dir einen Mann besorge, der dich fickt." Sie erhob sich. "Überleg's dir." Ihr Gesicht ausdruckslos. "Betteln kannst du ja gut, wenn ich mich recht erinnere." Sie zog Evas Beine weiter auseinander, fesselte ihre Fußgelenke an die Bettpfosten. "Das wird dir beim Nachdenken helfen." Der bekannte SM-Autor und Buchrezensent Arne Hoffmann (Cagliostro) urteilt: "Wenn Sie dieses Jahr nur ein einziges Erotikbuch kaufen, sollte es dieses sein. Falls Eurydike dieses Niveau halten kann, ist sie ohne jeden Zweifel der zukünftige Star der deutschen SM-Literatur. In hohem sprachlichen Stil schreibt sie elektrisierend erotisch. Ihr Geheimrezept läßt sich als ›psychologischer Realismus‹ bezeichnen: Die Feinfühligkeit, mit der sie ihre Charaktere schildert, die Intensität ihrer Gefühle, die Stimmigkeit der dargestellten Welt - das alles schafft eine Identifikation mit den Hauptfiguren, die deren sexuelle Spannung unweigerlich auf den Leser überspringen läßt. Dieses Buch ist ein Juwel!" Aus "Hundeleben": Der Strahl meines Wassers trifft die Wand des Balkons und meinen Schenkel, rinnt das Bein entlang, aber er gibt mir kein Papier, mit dem ich mich trockenwischen kann. Statt dessen betrachtet er mich gedankenverloren. "Vielleicht sollten wir gemeinsam spazierengehen. Ich könnte dich an der Leine Gassi führen." Seinem Blick entnehme ich, wie sehr ihm diese Idee gefällt. "Die Leute würden sich wundern, eine Frau in einer solchen Haltung zu sehen." Er mustert mich, meinen nackten Körper, einige Momente sehen wir uns in die Augen, dann ertrage ich seinen Blick nicht mehr und daß er mich so behandelt und mich so sieht und wende den Kopf ab. Aber ich höre seine Stimme, vor der es kein Entkommen gibt: "Ich brauche nur dein Gesicht zu sehen, um zu wissen, wie naß diese Vorstellung deine Fotze macht." Er hat recht.

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Eurydike

Die Nacht hat 24 Stunden

für Oliver

Die Nacht hat 24 Stunden

Neun SM-Stories

von

Eurydike

MARTERPFAHL VERLAG

Impressum der Ebook-Ausgabe:

© 2021 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren

https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch

[email protected]

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Cover: Rüdiger Happ unter Verwendung eines Bilds aus der Wikipedia: Katayun, Woman tied to door

E-Book ISBN 978-3-944145-78-5

Impressum der Paperback-Ausgabe:

© 2005 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Postfach 8 / Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren

www.marterpfahlverlag.com

[email protected]

Titelbild: Roman Kasperski (www.romankasperski.de)

Coverlayout: Domlupina ([email protected])

Druck: Print Com, Erlangen (www.print-com.de)

ISBN 3-936708-17-7

Statt eines Mottos:

Orpheus, Eurydike, Hermes

Das war der Seelen wunderliches Bergwerk.

Felsen war da

und wesenlose Wälder. Brücken über Leeres

und jener große graue blinde Teich,

der über seinem ferne Grunde hing

wie Regenhimmel über einer Landschaft.

und zwischen Wiesen, sanft und voller Langmut,

erschien des einen Weges blasser Streifen

wie eine lange Bleiche hingelegt.

Und dieses einen Weges kamen sie.

Voran der schlanke Mann im blauen Mantel,

der stumm und ungeduldig vor sich aussah.

Ohne zu kauen fraß sein Schritt den Weg

in großen Bissen; seine Hände hingen

schwer und verschlossen aus dem Fall der Falten

und wußten nicht mehr von der leichten Leier,

die in die Linke eingewachsen war

wie Rosenranken in den Ast des Ölbaums.

Und seine Sinne waren wie entzweit:

Indes der Blick ihm wie ein Hund vorauslief,

umkehrte, kam und immer wieder weit

und wartend an der nächsten Wendung stand, –

blieb sein Gehör wie ein Geruch zurück.

Manchmal erschien es ihm, als reichte es

bis an das Gehen jener beiden andern,

die folgen sollten diesen ganzen Aufstieg.

Dann wieder wars nur seines Steigens Nachklang

und seines Mantels Wind, was hinter ihm war.

Er aber sagte sich, sie kämen doch;

sagte es laut und hörte sich verhallen.

Sie kämen doch, nur wärens zwei,

die furchtbar leise gingen. Dürfte er

sich einmal wenden (wäre das Zurückschaun

nicht die Zersetzung dieses ganzen Werkes,

das erst vollbracht wird), müßte er sie sehen,

die beiden Leisen, die ihm schweigend nachgehn:

Den Gott des Ganges und der weiten Botschaft,

die Reisehaube über hellen Augen,

den schlanken Stab hertragend vor dem Leibe

und flügelschlagend an den Fußgelenken;

und seiner linken Hand gegeben: sie.

Die So-geliebte, daß aus einer Leier

Mehr Klage kam als je aus Klagefrauen;

Daß eine Welt aus Klage ward, in der

alles noch einmal da war: Wald und Tal

und Weg und Ortschaft, Feld und Fluß und Tier;

ein Klage-Himmel mit entstellten Sternen –:

Diese So-geliebte.

Sie aber ging an jenes Gottes Hand,

den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,

unsicher, sanft und ohne Ungeduld.

Sie war in sich, wie Eine hoher Hoffnung,

und dachte nicht des Mannes, der voranging,

und nicht des Weges, der ins Leben aufstieg.

Sie war in sich. Und ihr Gestorbensein

erfüllte sie wie Fülle.

Wie eine Frucht von Süßigkeit und Dunkel,

so war sie voll von ihrem großen Tode,

der also neu war, daß sie nichts begriff.

Sie war in einem neuen Mädchentum

und unberührbar; ihr Geschlecht war zu

wie eine junge Blume gegen Abend,

und ihre Hände waren der Vermählung

so sehr entwöhnt, daß selbst des leichten Gottes

unendlich leise, leitende Berührung

sie kränkte wie zu sehr Vertraulichkeit.

Sie war schon nicht mehr diese blonde Frau,

die in des Dichters Liedern manchmal anklang,

nicht mehr des breiten Bettes Duft und Eiland

und jenes Mannes Eigentum nicht mehr.

Sie war schon aufgelöst wie langes Haar

Und hingegeben wie gefallner Regen.

Sie war schon Wurzel.

Und als plötzlich jäh

Der Gott sie anhielt und mit Schmerz im Ausruf

Die Worte sprach: Er hat sich umgewendet –,

begriff sie nichts und sagte leise: Wer?

Fern aber, dunkel vor dem klaren Ausgang,

stand irgend jemand, dessen Angesicht

nicht zu erkennen war. Er stand und sah,

wie auf dem Streifen eines Wiesenpfades

mit trauervollem Blick der Gott der Botschaft

sich schweigend wandte, der Gestalt zu folgen,

die schon zurückging dieses selben Weges,

den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,

unsicher, sanft und ohne Ungeduld.

(Rilke, leicht gekürzt)

Inhalt

Anas Rache …

Deine Rückkehr …

Die Nacht hat 24 Stunden …

Schwüle Tage …

Wetterumschwung …

Geduldsprobe …

Komplizen …

Tagebuch einer Reise …

Hundeleben …

Anas Rache

KEIN HAUCH BEWEGT DIE SCHWÜLE LUFT. Auch nachts kühlt es nicht ab. Eva drückt den Rücken gegen Bens heißen Körper. Trotz der Wärme zieht sie die Bettdecke über ihre Schultern. Wo ihre Körper einander berühren, ist die Haut feucht von Schweiß.

»Du mußt jetzt wirklich gehen.« Sie spricht leise, als fürchte sie, ihn zu wecken. Starrt ins Dunkel, auf schemenhaft zu erkennende Kartons, halb eingeräumte Regale. Der Spiegel wirft das Bild des weit geöffneten Fensters, den Blick auf den fahlen Himmel, in den Raum zurück.

Die erste Nacht in der neuen Wohnung.

Sie hat keine Zeit vergehen lassen. Hat die Gelegenheit sofort ergriffen. Kaum war das Wichtigste ausgepackt. Ihn angerufen: »Komm vorbei.«

»Wann?«

»Jetzt.«

Er hat gelacht. »Das geht nicht. Du weißt doch, was hier los ist. Morgen früh ist die Abschlußpräsentation.«

Vorangegangen sind heimliche Begegnungen, Lügen, Ausflüchte. Jetzt ist jede Stunde, in der sie Geduld üben soll, eine Zumutung. Zeitverschwendung.

»Ich kann nicht mehr warten«, hat sie geantwortet. »Bitte komm.« Sie wußte, daß das helfen würde. Ihr Betteln half meistens: »Bitte, Ben.« Und es half. Sein kurzes Zögern. Dann die heiser geflüsterte Entgegnung. Unterdrückte Erregung: »Ich sehe zu, daß ich mich so schnell wie möglich von hier loseise.«

Das war am frühen Abend. Ihr Blick bleibt auf der im Dunkeln leuchtenden Anzeige des Radioweckers haften. Halb eins nachts. Ben muß gehen. Zurück ins Büro. Er muß arbeiten.

»Du solltest wirklich gehen«, sagt sie wieder. »Wenn du jetzt aufstehst, hast du noch ein paar Stunden Zeit.« Sie spricht, ohne sich umzudrehen, weiß nicht, ob er wach ist, sie hören kann. Sein Atem geht schwer. Ihre feuchte Haut an seiner. Sie mag es, wenn die Haut aneinander klebt. Und sie ist erregt. Noch immer. Oder schon wieder. Sie sagt sich, daß es seine pure Nähe ist, die sie in diesen Zustand versetzt. Seine Hand, die auf ihrer Brust ruht, sich von Zeit zu Zeit bewegt, über die Haut, die Brustwarze streift. Wie unabsichtlich. Leise Zweifel. Ist es wirklich Ben, der sie erregt? Ist es seine Berührung? Die Zweifel wie ein Echo der Vorfälle vom Samstag. Sie will die Zweifel nicht hören. Verdrängt die Ereignisse. Mit Ben haben sie nicht das Geringste zu tun. Für den Moment gelingt es ihr, die Erinnerung beiseite zu schieben.

»Wir sehen uns doch morgen schon wieder«, flüstert sie in die Dunkelheit. Der Versuch, sich mit Worten von den eigenen Gedanken abzulenken. Sie beobachtet die Anzeige des Weckers, das rote Leuchten, die minütlich umspringende Zahl. »Steh auf, ich koche dir einen Kaffee.« Aber sie macht keine Anstalten, sich zu erheben, bleibt liegen, preßt sich dichter an ihn. Spürt seine wachsende Erektion an ihrem Hintern. Redet trotzdem weiter: »Wir können uns jetzt immer sehen. Jede Nacht …«

Wen will sie mit ihren Worten überzeugen? Ihn? Sich selbst? Ihre Worte klingen wie eine Beschwörung in ihren Ohren. Ana … Bloß nicht an Ana denken! Nicht über den vergangenen Samstag nachdenken.

»Wir können zusammen schlafen, wann immer wir wollen …«

Plötzlich seine Hand auf ihren Lippen. Verschließt ihren Mund. Augenblicklich verstummt sie. Protestiert nicht. Sie hat darauf gewartet. Er schiebt ihr Bein zur Seite, dringt ohne Vorwarnung von hinten in sie ein. Sie unterdrückt ihr Stöhnen. Bleibt ruhig. Denkt an die Nachbarn, die sie nicht stören will. Auch als sie kommt, dringt kein Laut durch das geöffnete Fenster in die Nacht.

Am nächsten Tag steht sie im Hausflur, vor der Tür der gegenüberliegenden Wohnung. »Dr. Bock« liest sie auf dem Klingelschild. Das amüsiert sie kurz, sie stellt sich einen ältlichen Herrn mit weißem Ziegenbärtchen vor, drückt den Knopf, wartet, betrachtet den ihr sonderbar anmutenden Namen, drückt ein zweites Mal, ein wenig länger nur, will nicht aufdringlich wirken. Niemand öffnet. Sie setzt ihren Gang durchs Haus fort. Die Vorstellungsrunde der neu Eingezogenen. Und die Bitte um Verständnis: Es könne abends lauter werden; sie wolle ihren Einzug mit Freunden feiern. Das Übliche. Nachdem sie einmal durchs Haus gelaufen ist, ihre Runde abgeschlossen hat, gerade den Schlüssel ins Schloß zu ihrer Wohnung stecken will, fällt Doktor Bock ihr wieder ein. Sie klingelt ein drittes Mal, zuckt dann die Achseln. Was soll’s? So laut wird es am Abend schon nicht werden.

Den Rest des Nachmittags verbringt sie damit, Bücher in die Regale zu sortieren. Sie ist müde. Doch als sie sich hinlegt, sich streichelt, als ihre Finger über ihren Körper fahren, denkt sie nicht an Ben. Sie denkt an den vergangenen Samstag. An Ana. Und als es ihr kommt, denkt sie an den Unbekannten. Der sie genommen hat. Von ihm weiß sie nur, wie er sich anfühlt.

Die Anspannung läßt nicht nach. Auch am Abend nicht. Eine körperliche Ruhelosigkeit, die sie ratlos macht. Vergeblich fahndet sie nach der Erleichterung, die sie darüber verspüren muß, endlich wieder in den eigenen vier Wänden zu leben, wirklich zu Hause zu sein. Sie kann tun und lassen, was sie will. Muß sich nicht mehr für jeden Schritt vor Ana rechtfertigen. Aber die Erleichterung stellt sich nicht ein. Kein innerer Friede. Auch nicht, als die ersten Gäste eintreffen. Lachen und Wiedersehensfreude um sie herum. Sie will nicht zeigen, was in ihr vorgeht. Überall Stimmengewirr und Betriebsamkeit. Sie fühlt sich überflüssig. Fehl am Platz. Fragt sich, was sie hier soll. Möchte am liebsten gehen. Gibt sich der absurden Hoffnung hin, Ana könne plötzlich vor der Tür stehen. Steigert sich in diese Vorstellung, in diesen Gedanken hinein. Völlig abwegig natürlich: Sie hat Ana nicht eingeladen. Hat ihr nicht einmal die neue Adresse hinterlassen. Einen klaren Schnitt hat sie ziehen wollen. Kein Zurück sollte es geben. Jetzt hat sie, was sie wollte. Und ist wieder nicht zufrieden. Bei jedem Klingeln die erneute Hoffnung: Ana! Und die zwangsläufige Ernüchterung: Sie kommt nicht.

Sollen sich doch alle anderen zum Teufel scheren! Wenn wenigstens Ben da wäre … Doch auch Ben kommt nicht, er ruft an, hat zu arbeiten. »Warte nicht auf mich«, sagt er, »es kann spät werden.«

Schöne Aussichten … Niemand, der sie küßt, in den Arm nimmt. Wohin mit ihrer Unrast? Mit der körperlichen Getriebenheit? Der unterschwelligen Lust?

Sie versucht, sich auf die Gespräche zu konzentrieren. Vergeblich. Denkt darüber nach, wie es soweit zwischen Ana und ihr kommen konnte. Fragt sich, ob nicht eigentlich sie selbst, Eva, an allem schuld ist. Weil sie launisch ist, wankelmütig, heute dies will und am nächsten Tag das. Zumindest was ihre Beziehungen betrifft. Als sie Ben kennenlernte, hat sie Ana die Wahrheit gesagt. Hat sich nichts dabei gedacht. So ist sie nun mal, verliebt sich schnell. Hätte Ana ihr die Freiheit gelassen, Ben zu treffen, wann immer sie wollte, wäre die Flamme vielleicht schnell erloschen. Aber auch Ana hat alles falsch gemacht. Hat ihr die Treffen mit Ben verboten. Es zumindest versucht. Hat ihr eine Szene nach der anderen geliefert, hat sie kontrolliert, gegängelt. Rief im Büro an, um zu überprüfen, ob sie tatsächlich länger arbeitete. Wenn Eva dann spät nach Hause kam, brach das Unwetter über sie herein.

Und schließlich, nach wochenlangen Kämpfen, hatte auch Ana keine Kraft mehr. Und es ist Ana zu verdanken, daß Eva die neue Wohnung gefunden hat. Die Wohnung eines ehemaligen Kollegen Anas, der die Stadt verlassen hat.

Und nun? Wehmut statt Erleichterung. Statt der Erinnerung an Anas Auftritte, an Auseinandersetzungen und Vorwürfe eine andere Erinnerung. Eine intensive, soghafte Erinnerung, die sich nicht abschütteln läßt. So sehr sie sich bemüht. Die Erinnerung verdrängt den Gedanken an die häßlichen Szenen. Statt des Blicks in die Zukunft das Festhalten an der Nacht von Freitag auf Samstag. An die merkwürdigen Vorfälle dieser Stunden …

Im Halbschlaf war es, als Eva spürte, wie jemand sie vorsichtig auf den Rücken drehte. Sie streichelte. Eine sanfte Berührung, wohltuend. Vertraute Hände, die ihren Körper kannten, wußten, was ihm gefiel. Ihr behagliches Seufzen, das Nicht-Wissen, ob es im Traum geschah oder in Wirklichkeit. Das Verschwimmen der Grenze von Wachen und Schlaf. Sie ließ es geschehen. Wollte nicht aufwachen, nicht denken, nie mehr, nichts fragen, nicht sprechen, nicht wissen, wer sie berührte. Völlig gleichgültig, wessen Hände es waren … Nur spüren im halbbewußten Dämmerzustand. Nur Körper sein, eins werden mit der Berührung. Die Hände faßten ihre Arme, zogen sie über den Kopf, vorsichtig noch immer. Aber schon da regte sich etwas in Eva. Ein leichtes Unbehagen, der Argwohn, daß etwas nicht in Ordnung war. Doch sie wollte sich nicht stören lassen in ihrem trägen Genuß, nicht aufwachen, wollte die Ahnung nicht wahrhaben, seufzte wieder, hielt den Zustand fest. Spürte etwas an ihren Handgelenken. Kühl war das. Und fest. Metall, das sich um ihre Gelenke schloß. Eine Falle. Ein Schmerz in ihren Achselhöhlen, den Schultern, als die Arme nach oben gerissen wurden. Über ihren Kopf, ruckartig. Ihr Schrei, als sie die Augen öffnete, hellwach jetzt. Der instinktive Versuch, die Hände zurückzuziehen. Im selben Moment und doch zu spät. Vergebens. Sie konnte sie nicht mehr bewegen. Sich nicht losreißen. Dunkelheit um sie herum. Ein Schatten. Ein Mensch. Panik. Der Versuch, um sich zu schlagen. Ein eiserner Griff um ihre Handgelenke, befestigt am Gestell des Bettes. Der Versuch der Gegenwehr, auch dieser ohne Wirkung. Schmerzende Knöchel, wo die Handschellen sich geschlossen hatten. Sie schrie, heulte auf, trat, strampelte mit den Beinen, wehrte sich noch, als sie Ana längst erkannt hatte. Dann erstarrte ihr Körper, und sie verstummte. Kein Laut mehr. Keine Bewegung. Ein Instinkt, dem sie gehorchte: Vergeude deine Kraft nicht. Stell dich tot. Stell dich schlafend. Denn die Angst ließ nicht nach, dieser Schreck, im Schlaf überrascht, überwältigt worden zu sein. Das Entsetzen darüber, sich in höchster Gefahr befunden zu haben. Im Schlaf, als sie gänzlich wehrlos, verletzlich war.

Ana setzte sich auf die Bettkante, streichelte sie vorsichtig. »Beruhige dich«, sagte sie. Liebevoll, wie sie seit Wochen nicht mit Eva gesprochen hatte. Das half. Leise Worte, die vertraute Stimme. Alles war gut. »Schlaf weiter.« Sie war in Sicherheit. Und Ana blieb, bis Evas Atem ruhiger ging, tief und gleichmäßig, und sie wieder die Augen schloß. Ana streichelte sie, und Eva, erschöpft von der eigenen Angst, fiel zurück in den Schlaf.

Am Morgen weckte Ana sie, brachte ihr auf einem Tablett das Frühstück ans Bett. Sie legte Eva ein Kissen in den Nacken, band ihr eine Serviette um, fütterte sie vorsichtig. Sie befreite sie nicht. Beabsichtigte nicht, dies zu tun. Das war offensichtlich. Mit der Serviette tupfte sie Krümel, Joghurt von Evas Lippen, aus ihren Mundwinkeln. »Schmeckt es dir?« fragte sie. Und Eva nickte. Keine von ihnen sprach die vergangenen Streitigkeiten an. Auch nicht die letzte Nacht. Eine stillschweigende Übereinkunft zwischen ihnen, als selbstverständlich hinzunehmen, daß Evas Hände ans Bett gekettet waren. Eva fragte nicht nach dem Warum. Als handle es sich um einen gottgegebenen Zustand, den nicht Ana verursacht hatte. Und den sie nicht ebenso schnell wieder beenden konnte.

Nach dem Frühstück brachte Ana das Tablett in die Küche. Sie sang ein spanisches Lied. Früher hatte sie das oft getan.

Später glitten warme Hände über Evas nackten Körper, senkte sich Anas Mund auf ihren. Weiche Lippen, ein vorsichtiger Kuß. Anas Zunge, die sich fast schüchtern voran schob. Ihre Hand, tastend, näherte sich Evas Scham, strich über ihren Venushügel. Blieb dort liegen. Der leichte Druck, als sie Evas Beine auseinander schob. Diese gaben nach, öffneten sich bereitwillig. Eva wartete. Erwartete die Berührung ihrer Perle. Zunehmend ungeduldig. Zunehmend erregt. Wie gut wußte Ana Bescheid über sie. Über ihren Körper, ihre Bedürfnisse. So war es von Beginn an gewesen. Eine wortlose Übereinstimmung. Sie hatte Anas Berührung vermißt. Merkte es erst jetzt. Die schnelle Erregung, in die ihre Hände sie versetzten. Der gestreckt und angespannt daliegende Körper reagierte um so heftiger auf die Berührung, je deutlicher sie spürte, daß sie selbst nichts tun konnte. Nichts, als sich den über ihre Haut gleitenden Händen anzubieten. Sie schloß die Augen, wollte mehr. Hielt ihr Stöhnen nicht zurück, nicht das Zucken ihres Körpers. Gab die Kontrolle ab. Eine Hand noch immer auf ihrem Venushügel, wanderte höher, dann zurück, nach unten, die Schenkel entlang. Die andere Hand streichelte ihre Brüste, kniff in die aufgerichteten Warzen. Behutsam zuerst, dann stärker. So stark, daß es schmerzte. Der Druck, der leichte Schmerz steigerten die Lust. Sie hob Ana ihren Schoß entgegen. Wollte Anas Hand dort spüren. Wartete. Nichts geschah. Lag da, den Körper angespannt, gierig jetzt, das Becken in Erwartung der Berührung den Händen entgegengestreckt. Aber Anas Hände lösten sich von ihrem Körper. Ungeduldig schlug Eva die Augen auf, sah Ana an. Enttäuscht, fragend, verstand nicht. Wieso dieses Zögern? Woher der Ausdruck in Anas Augen? Ein kühler Blick, als ginge Ana das alles nichts an. Ein Blick, der Evas Lust erhöhte. Auch das begriff sie nicht. Aber es war gleichgültig. Wenn Ana sie nur wieder anfaßte. Wenn sie nur weitermachte. Die unterbrochene Berührung fortsetzte. Nichts war zu hören. Nur ihr eigener Atem. Dann die rhythmischen Bewegungen ihres Beckens, als sie es auf und ab schob. Halb, um Ana aufzufordern weiterzumachen. Halb aus purer, unkontrollierter Gier. Ana betrachtete sie. Zeigte keine Reaktion. Der Blick noch immer kühl. Nach einem endlos scheinenden Schweigen ihre Stimme: »Wenn ich es richtig verstanden habe, brauchst du unbedingt einen Schwanz im Bett. Tut mir leid, aber damit kann ich nicht dienen.«

Eva hielt in der Bewegung inne. Stille. Sie ließ ihr Becken sinken. Für Sekunden hörte sie auf zu atmen. Starrte Ana an. Warum sagst du das? wollte sie fragen. Du weißt, daß es nicht stimmt, wollte sie sagen. Aber sie sagte nichts. Sie sah Ana an und wußte, daß es um etwas anderes ging. Um etwas Unausgesprochenes. Daß es noch immer um Anas Verletzung ging, die sie, Eva, ihr zugefügt hatte. Plötzlich wurde ihr bewußt, was es bedeutete, angekettet zu sein. Nicht aufstehen, fortgehen zu können. Während Ana bekleidet neben ihr saß, sie betrachtete, sich jederzeit erheben, sie allein zurücklassen konnte. Nackt. Angebunden. Hilflos. Anas Miene war ausdruckslos. Keine von ihnen sagte ein Wort. Das plötzliche Verstehen, ganz deutlich jetzt: Es ging um Macht. Um Vergeltung. Ana focht einen Kampf mit ihr aus. Sie wollte Eva demütigen. Hatte die Situation inszeniert, um Eva zu zeigen, daß sie, Ana, die Stärkere war. Sie hatte alles arrangiert, um im passenden Augenblick, im Moment der höchsten Erregung und Bereitschaft Evas, diesen einen Satz fallen zu lassen. Ihr Blick wanderte über Evas Körper, hinunter zu den gespreizten Beinen. Zu den unverhüllten Zeichen ihrer Erregung. Sie lächelte, sah Eva an. Nie zuvor hatte ein Lächeln Eva so gedemütigt. Es war ein kühles, abschätziges Lächeln, das genau das bewirken sollte: sie herabzusetzen. Eva wandte den Kopf ab, wollte das Lächeln nicht sehen, wollte die Beine schließen. Aber Ana drückte sie weit auseinander. Anas Blick, Anas Lächeln. Die eigene Wehrlosigkeit. Die wachsende Lust. Und dann Anas Stimme. Wie von weit her: »Wenn du denkst, daß ich dich zum Kommen bringe, täuschst du dich.« Wieder die Gewißheit: Es ging um Macht. Um Rache. Ana wollte es ihr heimzahlen. Eva spürte es genau. Sie wartete darauf, daß Ana es zugab. Wartete auf Anas Eingeständnis. Umsonst.

»Aber ich bin mir sicher, daß ich keine große Mühe haben werde, einen Schwanz aufzutreiben, der bereit ist, dich zu ficken.«

Eva zuckte zusammen. Fuhr zusammen unter dem letzten Wort. Sie schloß die Beine. Wie um sich vor dem Wort zu schützen. Vor der Mißachtung, die in diesem Wort lag. Warum benutzte Ana so ein Wort? Wer war diese Frau? Hatte sie mit ihr tatsächlich zusammengelebt? Monatelang? Was wußte sie von ihr? Diese Unnahbarkeit, die sie plötzlich ausstrahlte. Eine Kühle, die der obszönen Gewöhnlichkeit ihrer Worte widersprach und doch auf merkwürdige Weise mit ihr in Einklang stand.

Sie riß Evas Schenkel auseinander, preßte die Knie weit nach außen, hinunter aufs Laken. Eine heftige, unvorsichtige Bewegung, die schmerzte. Mit einem lauten Klatschen traf Anas Handfläche die empfindliche Haut der Oberschenkelinnenseite. Einmal. Zweimal. Dann war es ruhig. Tränen stiegen Eva in die Augen. Ob wegen der Sprache, die Ana benutzte. Ob wegen des unerwarteten Schmerzes oder wegen ihrer eigenen Hilflosigkeit. Sie wußte es nicht. Ein rötlicher Abdruck zeichnete sich auf ihrer Haut ab.

»Ana, bitte.« Eva unterdrückte ihre Tränen. Sie wollte mit ihren Händen die schmerzende Stelle berühren, darüberstreichen, die Haut besänftigen. »Bind mich los.«

Ana schüttelte den Kopf. »Willst du nicht gefickt werden?« fragte sie herausfordernd. »Ist es nicht das, was du willst?«

Noch immer kämpfte Eva mit den Tränen. »Du sprichst, als kämst du aus der Gosse.« Ihr hilfloses Bemühen, sich von der Situation zu distanzieren. Der unsichere Versuch, vorzugeben, über dem zu stehen, was hier vor sich ging. »Wo hast du denn diese Sprache her?«

»Wieso?« Ana tat überrascht. »Ich dachte, daß es dir gefällt, wenn man so mit dir redet.«

Sie warf einen Blick zwischen Evas Beine, drückte die Schenkel weiter auseinander, betrachtete Evas geschwollenes, erregtes Geschlecht. Nickte. »Es ist ganz offensichtlich, Eva, daß es dir gefällt.«

Ihre Finger hatten Evas Schamlippen gestreift, vielleicht aus Versehen. Vielleicht mit Absicht. Ein Stöhnen entfuhr Eva, obwohl sie es nicht wollte. Sie wollte Ana nicht diese Genugtuung verschaffen. Aber sie konnte sich nicht kontrollieren, hob ihr Becken der anderen entgegen.

»Zieh dich aus, Ana«, sagte Eva plötzlich. Für einen Moment glaubte sie, die Situation umkehren zu können, wenn sie nur entschieden genug forderte. »Mach die Handschellen los, leg dich neben mich. Ich will dich anfassen.« Sie beobachtete Anas Gesicht, konnte dem Ausdruck nichts entnehmen. Sie versuchte ein Lächeln: »Komm«, sagte sie. Weniger entschlossen jetzt. Zweifelnd, als Ana keine Reaktion zeigte. »So wie früher. Vergiß einfach, was in der letzten Zeit zwischen uns vorgefallen ist.«

Die andere schaute sie lang und ernst an. Vielleicht überlegte sie, ob sie auf den Vorschlag eingehen sollte. Dann die Antwort. Eindeutig: »Das kann ich nicht …« Und vernichtend: »Das will ich nicht.«

Sekunden des Schweigens, während derer beide dem Moment nachhingen. Diesem Augenblick, in dem sie sich angeblickt und daran erinnert hatten, wie es zwischen ihnen gewesen war.

Der Moment war vorbei. Die Gelegenheit vorüber. Ana hatte sich entschieden: »Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du wirst für den Rest des Wochenendes so hier liegen bleiben …« Sie betonte das Wort so. Durch die Betonung wurde es eindeutig und schmutzig. So. Das bedeutete: geil, hilflos, mit nasser Möse. Sie machte eine Pause. »Oder du kannst mich darum bitten, daß ich dir einen Mann besorge, der dich fickt.« Sie erhob sich. »Überleg’s dir.« Ihr Gesicht ausdruckslos. »Betteln kannst du ja gut, wenn ich mich recht erinnere.« Sie zog Evas Beine weiter auseinander, fesselte ihre Fußgelenke an die Bettpfosten. »Das wird dir beim Nachdenken helfen.«

Eva wußte nicht, wie lange sie wartete, bis Ana wiederkam. Ihre Erregung ließ nicht nach. Sie wuchs. Mit jeder Minute, in der sie ihre Schutzlosigkeit spürte. Die Offenheit ihres Geschlechts. Mit jeder Minute, in der sie selbst bewegungsunfähig, völlig hilflos war. Ein zunehmendes Ziehen in ihren Schultern, in den Oberarmen, eine Verspannung im Nacken. Aber als Ana sich wieder über sie beugte, leicht ihre Brustwarzen berührte, vergaß sie den Schmerz. Vergaß ihn über der Lust. Hörte sich selbst seufzen. Stöhnen. Zwischen ihren Beinen das längst nasse Leintuch. Ohne es zu sehen, wußte sie es: Die Feuchtigkeit lief aus ihr heraus.

»Wer hätte das gedacht?« Anas Stimme klang gelassen, unbeteiligt. »Wer hätte gedacht, daß in der kleinen wohlerzogenen Eva so eine hoffnungslos verdorbene Schlampe steckt?«

Sie hielt einen hölzernen Kochlöffel in der Hand. Fuhr mit ihm über Evas Geschlecht.

»Ana, bitte …« Ein Stöhnen, ein Hauchen, hilflos, fast verzweifelt. »Ana.« Ein Flehen. Die Bitte, erlöst zu werden. Und noch immer die sich steigernde Lüsternheit ob der eigenen Offenheit, der Ohnmacht. Die wachsende Hitze, weil sie noch immer warten mußte, nicht kommen durfte. Seit wie vielen Stunden ging das so?

»Ja?« fragte Ana. »Zu welchem Schluß bist du bei deinen Überlegungen gekommen?« Und als Eva sie nur bittend ansah: »Oder kannst du in deinem Zustand nicht nachdenken?«

»Ana, bitte.« Eva schrie fast. »Hör endlich auf damit. Was soll das? Ich brauche keinen Mann. Dich will ich spüren.«

»Das fällt dir sehr spät ein.« Ana strich ihr fast zärtlich mit der Hand über die Haare. Sie wandte sich ab, um das Zimmer erneut zu verlassen. Drehte sich auf der Schwelle um. »Ich weiß, daß du mich bitten wirst. Darum, dir einen Mann zu besorgen. Du vergehst ja vor Geilheit. Ich will es hören. Aus deinem Mund. Du sollst um ihn betteln. Und ich will es sehen. Ich will sehen, wie er dich nimmt.«

Beim nächsten Mal fuhr sie mit dem Kochlöffel über Evas Brustwarzen. Die Lust war zu stark. Unmöglich sich zu beherrschen. Evas Becken hob, senkte sich. Auch wenn Ana genau das wollte. Auch wenn sie ihre Lust sehen wollte, um sich darüber zu mokieren.

»Ana, bitte.«

Und Ana entgegnete freundlich: »So weit waren wir schon mal. Heute bringt dir das Betteln allein nichts. Überhaupt nichts. Du mußt mir schon sagen, worum du bettelst.«

Nein! Den Satz brachte sie nicht über die Lippen. Nein, das sage ich nicht. Nie. Im Leben nicht. Aber sie formulierte den Satz. Stumm: Bring mir einen Mann. War es das, was Ana hören wollte? Wollte sie wirklich, daß Eva um einen Mann bettelte? Um einen Fick? Besorg mir einen Mann, der mich nimmt. Der mich fickt. Sie konnte sich nicht entsinnen, dieses Wort je in den Mund genommen zu haben. Wörter dieser Art waren ihr peinlich. Aber bei der Vorstellung, diesen Satz auszusprechen, steigerte sich die Lust. Eine Lust, für die sie sich schämte. Vor Ana. Vor sich selbst. Eine Lust, die ihren Körper gefangennahm und ihr fremd erscheinen ließ. Wie ein Wesen, das ein Eigenleben führte. Ein Wesen, das nicht zu ihr gehörte. Dieses Wesen verwirrte sie. Aber es war stärker. Auch stärker als die Fragen: Wie stellte Ana sich das Ganze überhaupt vor? Wo wollte sie den Mann hernehmen? Wer war der Mann, den sie holen wollte? Kannte auch sie, Eva, ihn? Falls Ana ihre Behauptung überhaupt wahr machen würde. Falls … ja, falls. Und dann trieb ihr Körper sie wieder an. Gab keine Ruhe, drängte auf sein Recht, forderte, daß sie Ana bat, verlangte, daß sie den Satz sagte, verlangte die Erlösung von der Lust. Schon war sie bereit nachzugeben, als Ana wieder das Zimmer betrat, sich zu ihr hinunterbeugte. Die Bitte lag ihr auf der Zunge. Aber es ging nicht. Sie schwieg. Und ihr Körper haßte sie dafür.

»Das wird ja gar nicht besser mit dir«, konstatierte Ana. »Im Gegenteil.« Eva spürte das Holz des Kochlöffels auf ihren Brustwarzen. Aufreizend langsam wanderte es den Bauch hinunter, über den Schoß, fand den Kitzler, berührte ihn, glitt in die feuchte Öffnung, mühelos. Stöhnen, das in einen Aufschrei überging, als Ana es tief in sie hineinschob. Ihr Körper, der sich den regelmäßig wiederkehrenden Stößen entgegendrängte. Sie war bereit, war so weit, ahnte schon den Höhepunkt, die Erlösung, das Heben und Senken ihres Brustkorbs, der eigene stoßweise gehende Atem, das unkontrollierte Stöhnen, geschlossene Lider, sie wollte mehr, wollte kommen, ihr geöffneter Mund, der Wille zur Hingabe, mach es mir, laß mich kommen, bitte, ungesagte Worte, ein stummes Flehen, das sie selbst erregte, anspornte … Ana zog das Holz zurück. Eva riß die Augen auf, ein fassungsloser Blick. Das kannst du nicht machen. Kannst du mir nicht antun. Auch diese Worte ungesagt. Und Anas kühles Lächeln, ihre Stimme, anzüglich, von oben herab: »Schau, meine Liebe. Schau, wie naß du ihn gemacht hast.« Das von Feuchtigkeit überzogene, glänzende Holz. »Hat dir das gefallen?«

Ihre eigene Stimme. »Ja.« Ein Hauchen, wie von weit her. Das Eingeständnis ihrer Lust: »Ja. Ja.« Eine Stimme, die bettelte.

»Soll ich dir einen Mann bringen?« Verführerisch der Tonfall.

»Ja.« Wieder nur dieses Wort.

»Dann sag es.«

Die Lust, hilflos, verzweifelt jetzt, die fremde Gier. Besetzt von dieser Gier: »Bring mir einen Mann.« Sie stieß es hervor. In einer dunklen Ecke ihres Verstandes, den die Lust überwältigt und wie eingeschläfert hatte, formte sich der Gedanke, daß Ana tatsächlich gewonnen, daß sie bekommen hatte, was sie wollte. Die Scham darüber, daß Ana sie dazu gebracht hatte, diesen Satz zu sagen. Aber das reichte Ana nicht. Sie machte weiter: »Und wozu? Du hast vergessen, mir zu sagen, wozu ich dir einen Mann bringen soll.«

Unerträgliche Scham. Das Erwachen des Verstandes. »Ach Ana, was soll das denn? Ich habe doch gesagt, was du hören wolltest.«

»Ich habe Zeit.« Ana machte Anstalten das Zimmer zu verlassen. »Mir macht es nichts aus zu warten.«

Nein. Das durfte nicht sein! Das darfst du nicht machen. Geh nicht! Alles. Nur das nicht. Du darfst nicht gehen. Mich nicht allein lassen. Mich nicht mir selbst überlassen. Nicht der Lust, die nicht nachgibt. Die Lust trieb sie weiter: »Bring mir einen Mann.« Die Lust gewann. Trug den Sieg davon: »Einen Mann, der mich fickt.« Die Worte im Raum. Greifbar. Im selben Moment die Scham. Die die Lust nur forcierte. Den Körper anstachelte. Diesen Körper, fremd und gierig, der jetzt noch mehr wollte.

Ana war stehengeblieben. »Ach.« Hatte sich ihr zugewandt. »Es geht ja.« Sprach mit Eva wie mit einem Kind: »Wie heißt das Zauberwort?« Egal. Jetzt war alles egal. Keine Scham mehr, keine Empörung. Die Gedanken weggespült von der Lust.

»Bitte.« Sie schrie das Wort fast.

»Schön.« Ana lächelte. »In Ordnung. Ich werde sehen, was ich für die kleine geile Eva tun kann.«

Sie verließ das Zimmer. Eva hörte die Wohnungstür ins Schloß fallen.

Es dauerte lange, bis Ana zurückkam. Eine halbe Stunde. Vielleicht eine ganze. Oder zwei. Die Lust hatte Eva erschöpft. Sie war schläfrig geworden. Hörte dennoch die Schritte im Treppenhaus. Anas helles Lachen. Die Stimme eines Mannes. Dann waren sie in der Wohnung. In der Küche. Gingen auf und ab. Unterhielten sich. Der Geruch nach Kaffee drang ins Schlafzimmer. Wie spät mochte es sein? Der Wecker, sonst neben dem Bett, war verschwunden. Verschlossene Vorhänge. Im Zimmer war es heiß. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren.

Irgendwann, endlich, kehrte Ana zurück. »Unser Gast will inkognito bleiben«, flüsterte sie, legte Eva ein Tuch vor die Augen. »Und er will es von dir hören. Aus deinem Mund.« Sie löste die Handschellen, die Fesseln von Evas Gelenken. »Wenn du möchtest, daß er dich fickt, wirst du ihn gleich brav darum bitten.« Zog sie vom Bett. Schon wollte Eva sich aufrichten. Doch Ana drückte sie auf die Knie: »Nicht doch. Vergiß nicht, daß du einen fremden Herrn um etwas bitten möchtest. Dafür solltest du auch die entsprechende Haltung einnehmen.«

Sich entfernende Schritte. Stimmen in der Küche, die sich in der Wohnung verloren. Ein Gespräch, das näher kam. Worte, die sie nicht verstand. Ana, die sich im Raum befand. Mit ihm. Mit einem Mann. Eva spürte ihn. Spürte seine körperliche Nähe.

»Wie du siehst, kann sie sich kaum noch beherrschen.« Leiser, gutmütiger Spott in Anas Stimme. »Sag dem Herrn Guten Tag, Eva.«

Unmut regte sich. Was soll das? Sag dem Herrn Guten Tag … Lächerlich war das. Was wollten die beiden von ihr? Fanden sie es nicht selbst albern? Trotzdem die Lust. Nur wenn sie gehorchte, bekam sie, was sie wollte. »Guten Tag.« Leise, kaum hörbar. Die Nähe des Mannes schüchterte sie ein. Die Tatsache, daß sie nicht wußte, wer es war. Kannte sie ihn? Lieber ein Fremder als jemand, den sie schon einmal getroffen, mit dem sie sich unterhalten hatte. Lieber einer, den sie nicht kannte, der sie nie gesehen hatte. Und dem sie nie wieder begegnen würde. Sie hielt den Kopf gesenkt. Was dachte er von ihr? Selbst in dieser Situation war es ausgeschlossen, den Gedanken abzuschalten: Was soll jemand, der sie so sieht, von ihr halten? Auf dem Boden kniend. Nackt. Lüstern. Triebhaft. Haltlos vor Erregung. Und obwohl es sie verunsicherte, ihn nicht sehen zu können, nicht zu wissen, wer es war, war sie doch dankbar dafür, ihm nicht in die Augen blicken zu müssen.

»Wartest du schon lang?« Seine Stimme. Eine Stimme, die sie nie zuvor gehört hatte. Das erleichterte sie. Er stand vor ihr, sprach gedämpft. Worte, die sie zu berühren schienen.