Die neue Landesbauordnung für Baden-Württemberg 2025 Synopse - Wolfgang Stein - E-Book

Die neue Landesbauordnung für Baden-Württemberg 2025 Synopse E-Book

Wolfgang Stein

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Beschreibung

Die Novellierung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) im Jahr 2025 wird eine Vielzahl von für die bauliche Praxis wichtigen Änderungen mit sich bringen. Durch eine Gegenüberstellung der alten und der neuen Vorschriften soll das Werk dem Leser ermöglichen, sich einen schnellen und umfassenden Überblick über die Neuerungen zu verschaffen. In einer Einführung werden darüber hinaus die wesentlichen Änderungen prägnant kommentiert, wobei auch auf die gesetzgeberischen Ziele eingegangen und weiterführende Anwendungshinweise gegeben werden.

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Seitenzahl: 236

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die neue Landesbauordnung für Baden-Württemberg 2025

Synopse mit einer erläuternden Einführung

von

Wolfgang SteinMinisterialrat,Ministerium für Landesentwicklung und WohnenBaden-Württemberg

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2025

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Heßbrühlstr. 69, 70565 Stuttgart

[email protected]

Print:

ISBN 978-3-17-045247-3

E-Book-Formate:

pdf:  ISBN 978-3-17-045248-0

epub:  ISBN 978-3-17-045249-7

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Die Novellierung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) im Jahr 2025 wird eine Vielzahl von für die bauliche Praxis wichtigen Änderungen mit sich bringen. Durch eine Gegenüberstellung der alten und der neuen Vorschriften soll das Werk dem Leser ermöglichen, sich einen schnellen und umfassenden Überblick über die Neuerungen zu verschaffen. In einer Einführung werden darüber hinaus die wesentlichen Änderungen prägnant kommentiert, wobei auch auf die gesetzgeberischen Ziele eingegangen und weiterführende Anwendungshinweise gegeben werden.

Wolfgang Stein, MR im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg.

Vorwort

Am 13. März 2025 hat der baden-württembergische Landtag das Gesetz für das schnellere Bauen, mit dem die Landesbauordnung für Baden-Württemberg umfassend geändert wird, beschlossen.

Dieses Buch soll all jenen, die sich beruflich mit dem Bauordnungsrecht befassen, aber auch Bauherren und anderen Interessierten helfen, sich in möglichst kurzer Zeit einen umfassenden Überblick über die Neuerungen der Landesbauordnung 2025 zu verschaffen. Um dies zu erreichen, wird der neue Wortlaut des Gesetzes, wie er ab dem 28. Juni 2025 gilt, in Form einer Synopse dem Wortlaut der bisherigen Fassung gegenübergestellt.

Der Synopse vorangestellt wird eine Einführung, in der alle wichtigen Neuregelungen erläutert werden und auf wichtige Rechtsfolgen hingewiesen wird. Im Rahmen dieser Einführung werden auch die wesentlichen Passagen aus der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf wiedergegeben.

Ich hoffe, dass dieses Buch damit alles Notwendige enthält, um dem Leser eine wertvolle Hilfe für den schnellen Zugang zur neuen Landesbauordnung 2025 zu sein.

Stuttgart, im Mai 2025Wolfgang Stein

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einführung

Landesbauordnung 2025 (Synopse)

Stichwortverzeichnis

Einführung

Hinweise:

§§ ohne Angabe des Gesetzes sind solche der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO).

Textpassagen in Kursivschrift sind Ausführungen der offiziellen Begründung des Gesetzentwurfs zum Gesetz für ein schnelleres Bauen, Drucksache 17/8022 des Landtags von Baden-Württemberg.

Übersicht

A.

Allgemeines zur Novellierung der Landesbauordnung

B.

Die wesentlichen Änderungen im Einzelnen

1.

Materiell-rechtliche Änderungen

1.1

Erleichterung für Nutzungsänderungen im Waldabstand (§ 4 Abs. 3 Satz 2)

1.2

Erleichterungen beim Bau an die Grenze (§ 5 Abs. 1 Satz 3)

1.3

Vereinfachung der Berechnung der Höhe der Giebelfläche (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2)

1.4

Abstandsflächenrechtliche Erleichterung bei Aufstockungen (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1)

1.5

Abstandsflächenrechtliche Erleichterung bei Solaranlagen auf Dächern (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2; § 5 Abs. 6 Satz 2)

1.6

Abstandsflächenrechtliche Erleichterung bei nachträglicher Dachdämmung (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3; § 5 Abs. 6 Satz 2)

1.7

Reduzierung der Abstandsflächentiefen für dörfliche Wohngebiete (§ 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2)

1.8

Ermittlung der Wandhöhe von abstandsflächenrechtlich privilegierten Gebäuden (§ 6 Abs. 1 Satz 2)

1.9

Erhalt der Privilegierung als zulässige Grenzbauten trotz Dachnutzung (§ 6 Abs. 1 Satz 4)

1.10

Erweiterung der Möglichkeit der Ablöse der Kinderspielplatzpflicht (§ 9 Abs. 4)

1.11

Entbehrlichkeit eines zweiten Rettungswegs bei Ebenerdigkeit (§ 15 Abs. 5 Satz 2)

1.12

Änderungen bei der Rauchwarnmelderpflicht (§ 15 Abs. 9)

1.13

Erleichterte Anforderung an das Brandverhalten hinterlüfteter Außenwandbekleidungen (§ 27a Abs. 5 Satz 2)

1.14

Änderung der Anforderungen an Brandwände (§ 27c)

1.15

Änderung der Anforderungen an Decken (§ 27d)

1.16

Erleichterungen beim Brandschutz für Nutzungsänderungen, bauliche Änderungen sowie Aufstockungen (§ 27f, § 28d)

1.17

Erleichterung bei Binnentreppen in Nutzungseinheiten (§ 28 Abs. 3 Satz 3)

1.18

Änderungen bei notwendigen Treppenräumen (§ 28a)

1.19

Änderung bei notwendigen Fluren (§ 28b Abs. 6)

1.20

Anwendung von Anforderungen an Feuerungsanlagen auf Wasserstoff-Elektrolyseure (§ 32 Abs. 5)

1.21

Änderung der Bemessungsgrundlage für den Umfang barrierefrei erreichbarer Wohnungen (§ 35 Abs. 1 Satz 1)

1.22

Streichung der Abstellraumpflicht (§ 35 Abs. 5)

1.23

Bauordnungsrechtliche Erleichterung der Kindertagespflege (§ 38 Abs. 2 Nr. 6)

1.24

Erweiterung des Abweichungstatbestands auf Wohnraumschaffung in Nicht-Wohngebäuden (§ 56 Abs. 2 Nr. 1)

1.25

Abstandsflächenrechtliche Abweichung bei Ersetzung eines rechtmäßig errichteten Gebäudes (§ 56 Abs. 2 Nr. 5)

2.

Verfahrensmäßige Änderungen

2.1

Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Nutzungsänderungen (§ 50 Abs. 2 Nr. 2)

2.2

Erweiterung des Anwendungsbereichs des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens (§ 52 Abs. 1)

2.3

Verkürzung der Einwendungsfrist im Rahmen der Nachbaranhörung (§ 55 Abs. 2 Satz 1)

2.4

Erweiterung anwendbarer Vorschriften bei isolierten Abweichungen usw. für verfahrensfreie Vorhaben (§ 56 Abs. 6 Satz 2)

2.5

Erweiterung anwendbarer Vorschriften beim Bauvorbescheid (§ 57 Abs. 2)

2.6

Änderung des Zustellungs- und Bekanntgabeerfordernisses hinsichtlich der sonstigen Nachbarn (§ 58 Abs. 1 Satz 7)

2.7

Änderung bei Zustellung- und Bekanntgabe bei Wohnungseigentümergemeinschaften (§ 58 Abs. 1 Satz 8)

2.8

Einführung der Genehmigungsfiktion im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren und bei Antennenanlagen (§ 58 Abs. 1a)

2.9

Bauen bereits nach zwei Wochen im Kenntnisgabeverfahren (§ 59 Abs. 4)

2.10

Verkürzung des Zeitraums folgenloser Nichtnutzung von Tierhaltungsanlagen (§ 62 Abs. 3)

2.11

Einführung der Typengenehmigung (§ 68)

2.12

Mehrfache Änderung der Regelung zu Einschränkungen von erneuerbaren Energien durch kommunale Gestaltungssatzungen (§ 74 Abs. 1 Satz 2)

2.13

Erweiterung der Verfahrensfreiheit um Gebäude für den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte (Anhang 1 Nr. 1a)

2.14

Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Doppelgaragen (Anhang 1 Nr. 1b)

2.15

Erweiterung der Verfahrensfreiheit um Wochenendhäuser auf Wochenendplätzen (Anhang 1 Nr. 1e)

2.16

Erweiterung der Verfahrensfreiheit um Terrassen (Anhang 1 Nr. 1l)

2.17

Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Öffnungen in Außenwänden (Anhang 1 Nr. 2c)

2.18

Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Solaranlagen (Anhang 1 Nr. 3c)

2.19

Erweiterung der Verfahrensfreiheit um Anlagen zur Nutzung und zur Erzeugung von Wasserstoff (Anhang 1 Nrn. e, f, g)

2.20

Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Ladestationen für Elektromobilität (Anhang 1 Nr. 4a)

2.21

Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Versorgungseinrichtungen von Antennen (Anhang 1 Nr. 5c)

2.22

Erweiterung der Verfahrensfreiheit um Kinderspielplätze (Anhang 1 Nr. 8g)

2.23

Erweiterung der Verfahrensfreiheit um mobile Geflügelställe (Anhang 1 Nr. 11j)

3.

Organisatorische Änderungen

3.1

Änderungen bei der Baurechtszuständigkeit auf Antrag (§ 46 Abs. 2 und 3)

3.2

Neufassung der Vorschriften über die Bauvorlageberechtigung (§§ 63 bis 63d)

a)

Allgemeines

b)

Übersicht über die Neuregelung

c)

Die Regelungen im Einzelnen

3.3

Zuständigkeitsänderung im Regelungsbereich der Fliegenden Bauten (§ 69 Abs. 5)

3.4

Änderung der Anzeigemodalitäten bei der Aufstellung Fliegender Bauten (§ 69 Abs. 6)

3.5

Entfall des Schriftformerfordernisses bei Verzicht auf eine Baulast (§ 71 Abs. 3)

3.6

Erweiterung der Stichtagsregelung in der Übergangsvorschrift auf untergesetzliche Vorschriften (§ 77 Abs. 1)

3.7

Übergangsvorschrift für Studenten des Bauingenieurwesens bei Bauvorlageberechtigung (§ 77 Abs. 6)

4.

Sonstige Änderungen (Begriffsdefinitionen, Klarstellungen, Anpassungen usw.)

4.1

Erstreckung des sachlichen Anwendungsbereichs der LBO auf Regale (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5)

4.2

Streichung der Zeltplätze (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, § 38 Abs. 2 Nr. 6, § 39 Abs. 2 Nr. 7 und Anhang 1 Nr. 8a)

4.3

Definition des Begriffs „Geländeoberfläche“ (§ 2 Abs. 4 Satz 3)

4.4

Definition des Begriffs „Nutzungseinheit“ (§ 2 Abs. 4 Satz 5)

4.5

Definition des Begriffs „freistehend“ (§ 2 Abs. 4 Satz 6)

4.6

Fahrräder in Garagen (§ 2 Abs. 8 Satz 2)

4.7

Anpassung infolge Aufhebung des § 34 des Produktsicherheitsgesetzes (§ 48 Abs. 3)

4.8

Ersetzung des Wortes „Nachbarn“ durch „Angrenzer“ (§ 58 Abs. 1 Satz 5)

4.9

Anpassung der Definition der betroffenen Tierhaltungsanlagen (§ 62 Abs. 3)

4.10

Regelung des baurechtlichen Bestandsschutzes baulicher Anlagen (§ 76 Abs. 1)

A.Allgemeines zur Novellierung der Landesbauordnung

Das Gesetz für ein schnelleres Bauen, das der Landtag am 13. März 2025 beschlossen hat, enthält unter Artikel 1 die Änderung derLandesbauordnung. Mit den vorgenommenen Änderungen soll vor allem das baurechtliche Verfahren optimiert und weiter beschleunigt werden. Zudem haben die Änderungen das Ziel, bauliche Standards abzubauen und den Ausbau erneuerbarer Energien zu erleichtern und zu unterstützen. Insbesondere das Bauen im Bestand wurde durch verschiedene Änderungen vereinfacht. So wurde der Bestandsschutz neu definiert und dabei Inhalt und Reichweite des Bestandsschutzes klar und verständlich festgelegt. Nutzungsänderungen und bauliche Änderungen von Gebäuden – etwa in Form von Aufstockungen –werden zudem grundsätzlich nicht mehr den aktuellen, oftmals strengeren Vorschriften des Brandschutzes unterworfen. Um eine bessere Rechtsklarheit zu erreichen und eine einfachere Rechtsanwendung zu ermöglichen, wurde außerdem die Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung (LBOAVO) in die Landesbauordnung eingearbeitet.

Eine wichtige und folgenreiche Änderung wurde zudem in Artikel 3 mit der Änderung des § 15 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) vorgenommen. Danach bedarf es nunmehr in Angelegenheiten nach der Landesbauordnung und nach dem Denkmalschutzgesetz keines Vorverfahrens mehr vor einer Klageerhebung. Diese Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bedeutet, dass den Bauherren, Nachbarn, Kommunen oder sonstigen Dritten, die gegen eine Entscheidung der Baurechtsbehörde vorgehen möchten, der Widerspruch als Rechtsbehelf nicht mehr zur Verfügung steht. Damit soll ermöglicht werden, dass die Klärung einer streitigen Rechtsfrage ohne Umweg über die bisher notwendige Widerspruchsentscheidung eines Regierungspräsidiums als höherer Baurechtsbehörde unmittelbar durch Klageeinreichung bei dem zuständigen Verwaltungsgericht herbeigeführt werden kann. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gilt die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens für alle Baugenehmigungen und sonstigen Verwaltungsakte, die ab dem 1. Juni 2025 bekannt gegeben werden. Die „Angelegenheiten nach der Landesbauordnung und nach dem Denkmalschutzgesetz“ im Sinne der Neuregelung umfassen die gesamte Entscheidung der Baurechtsbehörde einschließlich der Gebührenentscheidung, denn Sinn und Zweck der Änderung ist die Verfahrensbeschleunigung insgesamt, es wäre daher kaum nachvollziehbar, wollte man hinsichtlich der baurechtlichen Entscheidung eine schnelle gerichtliche Entscheidung ohne Vorverfahren ermöglichen, dem Bauherrn, Nachbarn oder sonstigen Dritten jedoch hinsichtlich der daraus folgenden Gebührenentscheidung den Umweg über ein Widerspruchsverfahren abverlangen.

B.Die wesentlichen Änderungen im Einzelnen

1.Materiell-rechtliche Änderungen

1.1Erleichterung für Nutzungsänderungen im Waldabstand (§ 4 Abs. 3 Satz 2)

Die für bauliche Änderungen rechtmäßig bestehender baulicher Anlagen bestehende Ausnahme in § 4 Absatz 3 Satz 2 LBO wird auf die Nutzungsänderung ausgeweitet. Bloße Nutzungsänderungen tangie­ren die mit dem Waldabstand geschützten Belange weniger, als dies bei baulichen Veränderungen der Fall sein kann. Es ist daher sachgerecht, auch für Nutzungsän­derungen rechtmäßig bestehender baulicher Anlagen eine Ausnahme vorzusehen.

1.2Erleichterungen beim Bau an die Grenze (§ 5 Abs. 1 Satz 3)

Durch die Erweiterung der Vorschrift wird eine Grenzbebauung im unbeplanten Innen­bereich nach § 34 BauGB einfacher. Soweit bauplanungsrechtlich aufgrund der Bauweise an die Grenze ge­baut werden darf, ist eine öffentlich-rechtliche Sicherung für die Grenzbebauung auf dem Nachbargrundstück auch dann nicht erforderlich, wenn nach Maßgabe der näheren Umgebung, unabhängig von der Bebauung auf dem Nachbargrund­stück, an die Grenze gebaut werden darf. Es kommt damit nicht mehr allein dar­auf an, ob und welche Bauweise durch Bebauungsplan festgesetzt ist.

1.3Vereinfachung der Berechnung der Höhe der Giebelfläche (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2)

Durch die Änderung wird die Berechnung der abstandsflä­chenrelevanten Höhe der Giebelfläche sprachlich und inhaltlich vereinfacht. Die Höhe der Giebelfläche ist nun zu einem Viertel auf die Wandhöhe anzurechnen. Bereits die bisherige Berechnungsmethode hat bei den meisten Dächern dazu geführt, dass die Höhe der Giebelfläche zu einem Viertel angerechnet wurde. Dieses Maß soll daher nun in allen Fällen zugrunde gelegt werden, als auch für besondere Dachgestaltungen wie z. B. Tonnendächer.

1.4Abstandsflächenrechtliche Erleichterung bei Aufstockungen (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1)

Die Neuregelung in § 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 übernimmt die bisherige Regelung des Satzes 2, wonach Aufstockungen um bis zu zwei Geschosse auf die Wandhöhe nicht angerechnet werden, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt. Die Regelung wird jedoch sowohl dem Inhalt als auch der Reichweite nach abgeändert. So greift die Regelung nur noch für die Aufstockung rechtmäßig bestehender Gebäude und damit für jene Gebäude, deren abstandsflächenrechtliche Situation vom Bestandsschutz umfasst ist. Hierfür genügt insbesondere der formelle Bestandsschutz einer Baugenehmigung, auch dann, wenn dort die gesetzlich vorgegebenen Abstände tatsächlich nicht eingehalten wurden (z. B. aufgrund einer erteilten Abweichung, einer Baulastübernahme oder als Folge einer fehlerhaften Rechtsanwendung). Es reicht aber auch ein materieller Bestandsschutz aus, der nur voraussetzt, dass der vorhandene Grenzabstand des Gebäudes zu irgendeinem Zeitpunkt einmal mit dem geltenden Recht in Einklang stand. Neben der Aufstockung soll künftig auch die Errichtung von Dachgauben oder Zwerchgiebeln zulässig sein, da sie im Vergleich zur Auf­stockung oftmals einen geringeren Planungs-, Errichtungs- und Kostenaufwand erfordern und zudem Nachbarn regelmäßig weniger belasten als eine Aufstockung um ein ganzes Geschoss. Als zusätzliche gesetzliche Voraussetzung wird neu das Erfordernis der Wohnraumschaffung eingeführt. Diesem Zweck muss nun sowohl die Aufstockung als auch eine Errichtung von Dachgauben oder Zwerchgiebeln dienen. Ebenfalls neu ist das eingrenzende Kriterium, wonach die benannten Maßnahmen inner­halb der durch die Außenwände vorgegebenen Grenzen zu erfolgen haben. Damit wird die Anwendung der Vorschrift insbesondere auf auskragende Aufstockungen verhindert.

1.5Abstandsflächenrechtliche Erleichterung bei Solaranlagen auf Dächern (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2; § 5 Abs. 6 Satz 2)

Nach der Neuregelung in § 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 wird das Anbringen oder Aufstellen von Anlagen zur photovol­taischen oder thermischen Solarnutzung auf Dächern bis zu einer Anlagenhöhe von 1,5 m nicht auf die Wandfläche angerechnet. Dies ermöglicht eine größtmög­liche Ausnutzung der Dachfläche für die Nutzung erneuerbarer Energien. Ein Abrücken der Solaranlagen auf dem Dach von den durch die Außenwandrändern des Gebäudes ist damit nicht mehr erforderlich. Die An­lagenhöhe von 1,5 m stellt sicher, dass die gängigen Solaranlagen erfasst werden.

Die Herausnahme der bisherigen Regelung in § 5 Abs. 6 und die Verortung der Neuregelung in Abs. 5, der nunmehr umfassend regelt, welche Bauteile und Anlagen auf die Wandhöhe anzurechnen sind und welche nicht, führt zu einer Trennung der Regelung von Maßnahmen auf dem Dach von solchen auf der Außenwand. Damit kann nun für Wärmedämmmaßnahmen auf der Außenwand das nach § 5 Abs. 6 Satz 2 abstandflächenrechtlich unbeachtliche Maß von 0,3 m unabhängig von Maßnahmen auf dem Dach und in voller Höhe in Anspruch genommen werden. Eine Anrechnung der Dacherhöhung bei Maßnahmen auf der Außenwand erfolgt nicht mehr.

1.6Abstandsflächenrechtliche Erleichterung bei nachträglicher Dachdämmung (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3; § 5 Abs. 6 Satz 2)

Nach der Neuregelung in § 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 wird die nachträgliche Dämmung des Daches bis zu einer Dicke von 0,3 m nicht auf die Wandfläche angerechnet. Dieses Maß ist für eine angemessene Dachdämmung in jedem Falle ausreichend.Nach dem bisherigen § 5 Absatz 6 Satz 2 LBO ist dies dagegen nicht sichergestellt, da hier die Dach­dämmung auf das zulässige Maß von 0,30 m einer nachträglichen Außenwand­dämmung anzurechnen ist. Eine solche Anrechnung der durch die Dachdämmung zusätzlich erforderlichen Abstandsfläche auf die Abstandsfläche bei Dämmmaßnahmen auf der Außenwand erfolgt nicht mehr.

1.7Reduzierung der Abstandsflächentiefen für dörfliche Wohngebiete (§ 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2)

Die Änderung dient der Erweiterung um den im Zuge des Baulandmobilisierungsgesetzes vom 14. Juni 2021 (BGBl. I S. 1802) neu geschaffenen Baugebietstypus des dörflichen Wohngebiets (§ 5a BauNVO), da dieser systematisch den Baugebietstypen in Nummer 2 zuzuordnen ist. Eine Schlechterstellung dieses Baugebietstyps durch den bislang einschlägigen Faktor von 0,4 (Nummer 1) ist angesichts des mit diesem neu geschaffenen Baugebietstyp verfolgten Ziels, das Miteinander zwischen Wohnen, landwirtschaftlichen Betrieben und sonstiger Gewerbenutzung zu ermöglichen, nicht gerechtfertigt.

1.8Ermittlung der Wandhöhe von abstandsflächenrechtlich privilegierten Gebäuden (§ 6 Abs. 1 Satz 2)

Aufgrund Rückfragen aus der Praxis wird im Gesetz klargestellt, was auf die zulässige Wandhöhe privilegierten grenznahen oder grenzständigen Garagen usw. nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Num­mer 2 LBO angerechnet werden muss und was nicht. Die Verweisung stellt im Ergebnis klar, dass nachträgliche Aufstockungen nach § 5 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 LBO anzurechnen sind, nicht dagegen Solaranlagen auf dem Dach nach Satz 2 Num­mer 2 oder nachträgliche Dachdämmungen nach Satz 2 Nummer 3.

1.9Erhalt der Privilegierung als zulässige Grenzbauten trotz Dachnutzung (§ 6 Abs. 1 Satz 4)

Die Änderung erfolgt in Reaktion auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Ba­den-Württemberg vom 20. September 2016 (Az.: 11 S 2070/14). Mit der Ände­rung soll die Nutzung bestehender Dachflächen ermöglicht und zugleich verhin­dert werden, dass die Nutzung der Dachfläche zum Wegfall der Privilegierung der vorhandenen baulichen Anlage im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 LBO führt. Die für die Nutzung auf den Dachflächen erforderlichen Abstandsflächen bleiben unberührt, es sind daher für Anlagen auf dem Dach weiterhin eigene Abstandsflächen gemäß § 5 zu bestimmen. In der Praxis relevant ist insbesondere, dass durch die neue Regelung vermieden wird, dass eine Grenzgarage durch eine Dachterrasse mit Geländer ihre abstandsflächenrechtliche Privilegierung verliert. Die Nutzung der Dachfläche in diesem Sinne liegt aber auch vor, wenn auf dem Dach Solar- oder Antennenanlagen errichtet oder aber haustechnische Anlagen wie z. B. Wärmepumpen abgestellt werden, nicht dagegen eine Aufstockung für andere Nutzungszwecken als eine Garagennutzung, da hier schon begrifflich nicht mehr von einer Dachnutzung gesprochen werden kann.

1.10Erweiterung der Möglichkeit der Ablöse der Kinderspielplatzpflicht (§ 9 Abs. 4)

Die Regelung räumt dem Bauherrn nun ein Wahlrecht auf Zahlung eines Geldbe­trages an die Gemeinde vor, um der Erfüllung der Kinderspielplatz-Verpflichtung anders als durch Herstellung eines Kinderspielplatzes oder Vorhaltung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Freifläche nachkommen zu können. Der Geldbetrag wird der Höhe nach durch die Baurechtsbehörde im Benehmen mit der Gemeinde festgelegt. Die Zweckbin­dung der zugeflossenen Gelder wird für die Gemeinde auf die Instandhaltung aus­geweitet, um neben dem Ausbau und der Errichtung auch die Instandhaltung von Kinderspielplätzen sicherzustellen. Die Gemeinden sollen die Geldzahlungen vor­rangig in die Errichtung neuer oder den Ausbau bestehender Kinderspielplätze in­vestieren. Nur im Ausnahmefall kann die Geldzahlung zur Instandhaltung bereits bestehender Kinderspielplätze eingesetzt werden. Die Praxis zeigt, dass größere Spielplätze attraktiver sind und somit häufiger von Kindern genutzt werden. So können wenig zielführende Ressourcenbindungen vermieden und stattdessen dort gezielt eingesetzt werden, wo sie ihren Zweck bestmöglich erreichen.

1.11Entbehrlichkeit eines zweiten Rettungswegs bei Ebenerdigkeit (§ 15 Abs. 5 Satz 2)

In Ergänzung des bisherigen Regelungsinhalts ist ein zweiter Rettungsweg auch dann entbehrlich, wenn der erste Rettungsweg aus einem Geschoss einer Nut­zungseinheit, welches einen Aufenthaltsraum enthält, ebenerdig unmittelbar ins Freie führt. Diese Situation ist sicherer als ein Ausgang in einen notwendigen Flur, der wiederum zu zwei Treppenräumen führt.

1.12Änderungen bei der Rauchwarnmelderpflicht (§ 15 Abs. 9)

Bis zum 31. Dezember 2014 waren auch Bestandsgebäude mit erforderlichen Rauchwarnmeldern auszustatten. Der zeitliche Umsetzungsrahmen für die Nachrüstungspflicht mit Rauchwarnmel­dern wurde gestrichen, da sie zeitlich überholt ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die seinerzeit vorgesehene Nachrüstverpflichtung damit nunmehr entfallen ist. Wer also für sein vor Inkrafttreten der Rauchwarnmelderpflicht am 23. Juli 2013 bestehendes Gebäude bis Ende 2014 oder aber später der Nachrüstungspflicht nicht nachgekommen ist, hat diese weiterhin eine Ausstattung mit Rauchwarnmeldern vorzunehmen, da insoweit ein baurechtswidriger Zustand besteht. Auf einen Bestandsschutz kann sich der Eigentümer regelmäßig nicht berufen.

Die Sicherstellung der Be­triebsbereitschaft von Rauchwarnmeldern wird nunmehr ausnahmslos dem un­mittelbaren Besitzer übertragen, da dieser einen unmittelbaren Zugriff hat. Es bleibt den Vertragsparteien (z. B. Mieter und Vermieter/Eigentümer) weiterhin unbenommen, die interne Verantwortlichkeit bezüglich der Betriebsbereitschaft abweichend vertraglich zu regeln. Auf die Verpflichtung des Eigentümers kommt es aber für die bauordnungsrechtliche Betriebsbereitschaft nicht mehr an, da diese nun rein zi­vilrechtlicher Natur ist.

1.13Erleichterte Anforderung an das Brandverhalten hinterlüfteter Außenwandbekleidungen (§ 27a Abs. 5 Satz 2)

Der bisherige Regelungsinhalt des § 5 LBOAVO wird durch die Rege­lung in § 27a Absatz 5 Satz 2 LBO ergänzt. Die Ergänzung dient der Umsetzung der Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise Baden-Württemberg – Holzbaurichtlinie Baden-Württemberg –, um Außenwandbekleidungen aus Holz zu ermöglichen.

1.14Änderung der Anforderungen an Brandwände (§ 27c)

Der bisherige Regelungsinhalt des bisherigen § 7 LBOAVO wird in § 27c übernommen, dabei aber durch die Regelungen in § 27c Absatz 2, 3 und 6 LBO teilweise abgeändert:

–  Für das Brandwanderforder­nis nach § 27c Absatz 2 Nummer 1 LBO kommt es nicht mehr auf die Nachbar-, sondern auf die Grundstücksgrenze an. Dies dient der Klarheit und sichert weiter­hin den mit dieser Vorschrift verfolgten Schutzzweck. Dieser erfordert, dass auch z. B. bei beidseitig bebauten öffentlichen Wegen mit geringer Wegbreite ggf. ein Brandwanderfordernis besteht. Sofern durch diese Ände­rung Anforderungen an Grenzen zu öffentlichen Verkehrs-, Grün- oder Wasser­flächen entstehen, können diese Anforderungen jedenfalls dann Abweichungen oder Befreiungen zugänglich sein, wenn die Mindestabstände auf diesen öffentlichen Flächen abgebildet werden können.

–  Zudem kommt es für das Brandwanderfordernis nach § 27c Absatz 2 Nummer 1 LBO nicht mehr auf die fiktive Bebauungsmöglichkeit auf dem Vorhabengrundstück an, sondern lediglich auf die tatsächliche Bebauung.

–  Nach § 27c Absatz 3 Nummer 3 kann nun vom Brandwanderfordernis zudem bei den nach § 6 Absatz 1 LBO privilegierten Vorhaben auch dann abgesehen werden, wenn zur Nachbargrenze Wandöffnungen bestehen. Insbesondere mit Blick auf häufig errichtete Carports ist das Erfordernis einer geschlossenen Wand nicht prakti­kabel. Zudem schafft dieses Erfordernis keinen weitergehenden Brandschutz.

–  In § 27c Absatz 3 Nummer 6 wird – ebenso wie in § 27 Absatz 2 Nummer 1 (s. o.) – nicht mehr auf die fiktive Bebauungsmöglichkeit abgestellt, sondern nur noch auf tatsächlich bereits bestehende Gebäude.

–  In § 27c Absatz 6 LBO wird die vormalige Regelung zur auskragenden feuerbeständigen Platte konkretisiert. Klargestellt wird nun auch, dass die vorgeschriebene Brandschutzmaßnahme beiderseits der Wandachse auszuführen ist. Maßgebend für die Berechnung der Breite ist damit die Wandmitte, bei zwei aneinander liegenden Wänden die Mitte der jeweiligen Wand. Es erfolgt eine klarstellende Regelung für die Ausfüh­rung in Anlehnung an § 30 Absatz 5 Musterbauordnung. Denn die Anforderung „feuerbeständig“ kann nur einen Bauteil, nicht aber einen Baustoff betreffen.

1.15Änderung der Anforderungen an Decken (§ 27d)

Der bisherige Regelungsinhalt des § 8 LBOAVO wird durch die Regelung in § 27d Absatz 2 LBO auf „maßgebliche Lasten“ konkretisiert, um insbesondere Lüftungszentralen, Antriebe für Aufzüge oder ähnliche Einrichtungen, die nicht vorzeitig in den Brandraum fallen dürfen, miteinzubeziehen.

1.16Erleichterungen beim Brandschutz für Nutzungsänderungen, bauliche Änderungen sowie Aufstockungen (§ 27f, § 28d)

–  Der neu eingefügte § 27f Absatz 1 LBO dient dem Schutz des Bestands hinsichtlich tragender, aussteifender und raumabschließender Bauteile in Bezug auf brandschutzbezogene Anforderungen. Denn genehmigungspflichtige Nutzungsänderungen oder bauliche Änderungen führen zum Entfall des Bestandsschutzes der bestehenden baulichen Anlage. Infolgedessen hat auch der Bestand – zumindest, soweit er von der Nutzungsänderung oder der baulichen Änderung unmittelbar berührt ist oder § 76 Abs. 3 greift – die zum Zeitpunkt der Nutzungsänderung oder baulichen Änderung maßgeblichen baurechtlichen Vor­schriften einzuhalten. Insbesondere brandschutztechnische Anforderungen führen häufig dazu, dass derartige Bauvorhaben nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Kostenaufwand realisiert werden können. Zudem zeigt sich, dass insbe­sondere von Abweichungen nach § 56 Absatz 2 Nummer 1 LBO von Vorschriften des Brandschutzes im Wohnungsbau seitens der Baurechtsbehörden nur zurück­haltend Gebrauch gemacht wird. Die vorliegende Regelung schafft zudem einen weiterreichenden Anwendungsbereich, der sich auch auf Nicht-Wohngebäude er­streckt.

Durch § 27f Absatz 1 LBO führen Nutzungsänderungen von Gebäuden oder Nut­zungseinheiten sowie bauliche Änderungen innerhalb dieser Gebäude nicht zu höheren brandschutzbezogenen Anforderungen an bereits bestehende tragende, aussteifende und raumabschließende Bauteile, soweit für die Nutzungsänderung nicht Anforderungen zu Sonderbauten Anwendung finden (§ 38 LBO). Ausweis­lich des Halbsatzes wird klargestellt, dass nachträgliche Anforderungen nach Maßgabe der §§ 58 Absatz 6 und 76 Absatz 2 – jetzt Absatz 3 – LBO weiterhin gestellt werden können, wenn dies zur Abwendung konkreter Gefahren für Leben oder Gesund­heit erforderlich ist. Aus der Vorschrift ergibt sich auch, dass die materiell-rechtlichen Erleichterungen nicht für die Ausführung der baulichen Änderungen selbst gelten. Für die Herstellung der baulichen Änderungen finden daher regelmäßig nicht die bauzeitlichen Anforderungen, die seinerzeit an das Gebäude gestellt wurden, Anwendung, sondern die ggf. höheren aktuellen Anforderungen.

–  Auch Aufstockungen sind bauliche Änderungen, die ggf. höheren aktuellen Anforderungen genügen müssen. Da § 27f Absatz 1 nur bauliche Änderungen innerhalb der Gebäude betrifft, werden Aufstockungen durch diese Regelung nicht erfasst. Durch § 27f Absatz 2 und 3 LBO wird jedoch sichergestellt, dass die abstandsflächenrechtliche Unbeachtlichkeit der Aufstockung von Gebäuden in § 5 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 um bis zu zwei Geschosse nicht aufgrund wirtschaftlich kaum erfüllbarer zusätzlicher Brandschutzanforderungen in der Praxis leer läuft. § 27f Absatz 2 LBO umfasst den Dachgeschossausbau und Aufstockungen zu Wohnzwecken, die zu einer erstmaligen Einstufung in die Gebäudeklasse 4 füh­ren, bei rechtmäßig bestehenden und damit bestandsgeschützten Gebäuden. § 27f Absatz 3 LBO regelt dies für Dachgeschossausbauten und Aufstockungen, die zu einer erstmaligen Einstufung in die Gebäudeklasse 5 führen.

–  Durch § 28d wird § 27f bei Nutzungsänderungen und baulichen Änderungen im Bestand für die Anforderungen an den Feuerwiderstand der Bauteile in Rettungswegen für entsprechend anwendbar erklärt.

1.17Erleichterung bei Binnentreppen in Nutzungseinheiten (§ 28 Abs. 3 Satz 3)

Der zum Wortlaut des bisherigen § 10 Absatz 3 LBOAVO hinzugefügte Satz 3 streicht Brandschutzanforderungen an Binnentreppen in Maisonettewohnungen, die in der Stellungnahme von Feuerwehrseite als nicht erforderlich identifiziert wurden, sofern in allen Ebenen ein zweiter Rettungsweg erreicht werden kann.

1.18Änderungen bei notwendigen Treppenräumen (§ 28a)

–  Der bisherige Regelungsinhalt des § 11 LBOAVO wird durch die Regelung in § 28a Absatz 3 LBO ergänzt, indem der Ausgang im Bereich der Tür gegenüber der Breite der Treppenläufe eine leicht verminderte Breite aufweisen darf. Die Änderung wird dem Umstand gerecht, dass Haustüren in der Regel eine Breite von 0,9 m aufweisen.

–  In § 28a Absatz 7 LBO wird vom Zusatz der „innenliegen­den“ notwendigen Treppenräumen abgesehen, da diese Anforderung auch für die an Außenwänden liegenden Treppenräumen ohne Fenster gelten soll.

–  In § 28a Absatz 8 LBO wird ergänzt, dass notwendige Treppenräume nicht nur belüftet, sondern auch entraucht werden können müssen.

–  § 28a Absatz 9 Nummer 2 LBO konkretisiert die bisherige Regelung des § 11 Absatz 8 Nummer 2 LBOAVO und bildet damit alle technisch korrekten Fälle ab.

–  In § 28a Absatz 9 Nummer 4 LBO wird in Abkehr von § 11 Absatz 8 Nummer 4 LBOAVO anstatt der Rauchdichtigkeit lediglich die Dichtigkeit verlangt, da in diesen Konstellationen auf den Türen im Regelfall kein Rauchdruck lastet.

1.19Änderung bei notwendigen Fluren (§ 28b Abs. 6)

Der bisherige Regelungsinhalt des § 12 Absatz 5 LBOAVO wird durch die Re­gelung in § 28b Absatz 6 LBO dahingehend ergänzt, dass Öffnungsabschlüsse an offenen Gängen, die als einziger baulicher Rettungsweg bestehen, ausnahms­weise auch dann zulässig sind, wenn sie eine Breite von maximal 1,5 m und zu anderen Öffnungen einen Abstand von mindestens 1 m aufweisen. Damit kann in einer frühen Brandphase der Rettungsweg vor der Brandwohnung noch nutzbar bleiben. Zudem werden die Anforderungen an die Umwehrung des offenen Gangs zum Freien konkretisiert.

1.20Anwendung von Anforderungen an Feuerungsanlagen auf Wasserstoff-Elektrolyseure (§ 32 Abs. 5)

In Absatz 5 werden die bestehenden Anforderungen auf Elektrolyseure ausge­weitet. Die Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 3 dürfen nicht ausschließlich für das Aufstellen der Anlagen gelten. Auch die Anlagen selbst müssen betriebs­sicher und brandsicher sein. Dabei ist unbeachtlich, ob diese Anlagen der Be­heizung von Räumen oder der Warmwasserversorgung dienen und somit in den Anwendungsbereich der Feuerungsverordnung fallen. Der bisherige Begriff der Verbrennungsgase wird auf Prozessgase erweitert, um beispielsweise auch die in Reformern anfallenden Gase zu erfassen.

1.21Änderung der Bemessungsgrundlage für den Umfang barrierefrei erreichbarer Wohnungen (§ 35 Abs. 1 Satz 1)

Die Änderung dient der Schließung einer Regelungslücke. Die Nutzungseinheiten im Erdgeschoss sind damit nicht mehr die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der erforderlichen Gesamtgrundfläche für barrierefreie Wohnun­gen. Durch gezielte Reduktion der Nutzungseinheiten im Erdgeschoss konnte das Mindestmaß an Barrierefreiheit bislang unterlaufen werden. Um dies zu vermei­den, wird nunmehr auf die Brutto-Grundfläche des Gebäudes im Erdgeschoss ab­gestellt, abzüglich der Netto-Grundflächen von notwendigen Treppenräumen und Fluren. Somit verbleibt eine feste und nachvollziehbare Bemessungsgrundlage. Brutto-Grundflächen im Sinne der Vorschrift umfassen dabei insbesondere auch die Grundflächen der Außenwände des Gebäudes, während bei notwendigen Treppenräumen und Fluren nur die Netto-Grundflächen aus den lichten Weiten zwischen den Wänden anzusetzen sind.

1.22Streichung der Abstellraumpflicht (§ 35 Abs. 5)

Die Streichung des Absatzes dient dem Abbau eines überflüssigen baulichen Standards, der nicht dem Regelungszweck des Bauordnungsrechts als besonderes Sicherheitsrecht unterliegt.

1.23Bauordnungsrechtliche Erleichterung der Kindertagespflege (§ 38 Abs. 2 Nr. 6)

Das Kindertagesbetreuungsgesetz ermöglicht eine Kindertagespflege in ande­ren geeigneten Räumen (sog. TiagR). Gemäß der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zur Kindertagespflege vom 6. April 2021 können bei einem Zusammenschluss mehrerer Kindertagespflegepersonen in einer TiagR bis zu neun Kinder gleichzeitig betreut werden (vgl. Ziffer 1.2 Buchstabe c VwV Kindertagespflege). Im Zuge einer bevorstehenden Anpas­sung von Ziffer 1.2 Buchstabe c VwV Kindertagespflege soll die Anzahl auf zehn Kinder erhöht werden. Von dieser erweiterten Möglichkeit zur Kindertagespflege wird wegen baurechtlicher Hürden regelmäßig kein Ge­brauch gemacht. Denn nach der LBO gelten Einrichtungen zur Betreuung von mehr als acht Kindern bislang als Sonderbau. Durch die Erhöhung des Schwellen­werts von acht auf zehn Kinder soll eine Betreuung ermöglicht werden, ohne dass besondere Anforderungen an einen Sonderbau gestellt werden können.

1.24Erweiterung des Abweichungstatbestands auf Wohnraumschaffung in Nicht-Wohngebäuden (§ 56 Abs. 2 Nr. 1)

Die Änderung stellt sicher, dass vom Abweichungstatbestand auch für die Schaf­fung von Wohnraum in Nicht-Wohngebäuden Gebrauch gemacht werden kann. Mit der bisherigen Regelung, die eine Abweichung von der Schaffung zusätzlichen Wohnraums voraussetzte, wurde auf den bestehenden Wohnraum im Gebäude abgestellt, womit sich der Anwendungsbereich auf Wohngebäude beschränkte. Zur vereinfachten Schaffung von Wohnraum soll künftig auch dann eine Abweichung möglich sein, wenn durch sie erstmals Wohnraum im bestehenden Ge­bäude durch die benannten Maßnahmen geschaffen wird.

1.25Abstandsflächenrechtliche Abweichung bei Ersetzung eines rechtmäßig errichteten Gebäudes (§ 56 Abs. 2 Nr. 5)

Obwohl der Wortlaut der Neuregelung nur die Ersetzung eines Gebäudes aufführt, hat der neu geschaffene Abweichungstatbestand einen weit größeren praktischen Anwendungsbereich, da damit auch weniger umfassende bauliche Maßnahmen von der Regelung erfasst werden. Der neue Abweichungstatbestand dient der vereinfachten Weiterverwendung des baulichen Bestands in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht. Demnach soll verhin­dert werden, dass rechtmäßig errichtete Gebäude im Zuge der Nutzungsänderung – welche gemäß § 2 Absatz 13 Nummer 1 LBO der Errichtung gleichgestellt wird – oder baulichen Veränderung den zu diesem Zeitpunkt geltenden und ggf. nachteiligen Abstandsflächenregelungen unterworfen werden müssen. Einmal rechtmäßig errichtete Gebäude können so abstandsflächenrechtlich einer weiteren Verwendung zugeführt werden. Der neue Abweichungstatbestand gilt für alle Ge­bäudearten.

2.Verfahrensmäßige Änderungen

2.1Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Nutzungsänderungen (§ 50 Abs. 2 Nr. 2)

Die Änderung dient der unbürokratischen und damit vereinfachten Realisierung von Wohnnutzungen in Bestandsgebäuden. Sie ist erforderlich, um den baulichen Bestand effektiver und schneller der benötigten Wohnnutzung zuzuführen. Des­halb wird die Nutzungsänderung verfahrensfrei gestellt, wenn sie der Schaffung von Wohnraum dient. Bereits bestehende Wohnräume im Bestandsgebäude sind dafür nicht mehr erforderlich. Es wird künftig zudem weder auf Wohngebäude noch auf konkrete Gebäudeklassen abgestellt. Daher ist insbesondere auch die Umnutzung von gewerblichen Gebäuden oder Räumen in Wohnraum nunmehr verfahrensfrei möglich. Auch ein verfahrensfreies Vorhaben muss jedoch den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen (§ 50 Abs. 5). Es obliegt dem Bauherrn selbst, die materiell-rechtliche Zulässigkeit seiner Umnutzung zu prüfen bzw. prüfen zu lassen.

2.2Erweiterung des Anwendungsbereichs des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens (§ 52 Abs. 1)

Die Änderung dient zum einen der Ausweitung des vereinfachten Verfahrens. Die Vorschrift nimmt wegen des gegenständlichen Anwendungsbereichs des vereinfachten Verfahrens jetzt nicht mehr Bezug auf den des Kenntnisgabeverfahrens nach § 51 Abs. 1 Satz 1. Das vereinfachte Verfahren ist nun für alle Bauvorhaben eröffnet, soweit es sich nicht um Sonderbauten handelt. Für Sonderbauten ist weiterhin die Durchführung eines (normalen) Baugenehmigungsverfahrens verpflichtend vorgegeben. Für Wohngebäude der Gebäudeklasse 1 bis 4 soll neben dem Kenntnisgabeverfahren lediglich das vereinfachte Baugenehmigungs­verfahren statthaft sein. Für alle anderen Bauvorhaben (mit Ausnahme der Sonderbauten) besteht ein Wahlrecht zwi­schen den Verfahrensarten.