Die Optimierbarkeit optimieren - Ingo Rechenberg - E-Book

Die Optimierbarkeit optimieren E-Book

Ingo Rechenberg

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Beschreibung

Der Bioniker Ingo Rechenberg beschreibt in seinem Aufsatz für das Kursbuch 171 den Vorgang des Optimierens. Anhand der Metapher des Ariadne-Fadens zeigt der Berliner Professor, dass eine systematisch durchgeführte Optimierung sich am physikalischen Prinzip der starken Kausalität orientieren sollte. Dies gilt nicht nur für die Lösung technischer Probleme, sondern ist auch in der Evolution zu beobachten.

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Seitenzahl: 22

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Ingo Rechenberg

Die Optimierbarkeit optimieren

Vom Torkeln der Evolution als Spiel ohne Grenzen

Ein Begriff erzeugt durch seinen unaufhörlichen Gebrauch Überdruss. So geschehen nach der Bundestagswahl 2005: Gerhard Schröder hat die Wahl verloren und macht in der anschließenden Elefantenrunde seinem Ärger Luft. Am folgenden Tag entschuldigt er sich mit den Worten, es sei wohl suboptimal gewesen.

Von suboptimal (unteroptimal) ist es nicht weit zu überoptimal. Wer alle Kniffe verwendet (von der AdSense- bis zur Offpage-Optimierung), um seine Internetseite im Google-Ranking nach oben zu bringen, und es dennoch nicht schafft, dem wird gesagt, er habe überoptimiert. Weitere Funde aus den knapp 20 Millionen Google-Treffern zum Stichwort »Optimierung« sind:

Optimierung der Rezeptstrukturen von Kochbüchern; Optimierung der Mensch-Hund-Beziehung; Optimierung des Glücks; Optimierung der Schlafrichtung; Optimierung der Geldwäscheprävention; Optimierung des Gehirns; Optimierung der Schlechtigkeit; Optimierung der eigenen Persönlichkeit; Optimierung des Griechenland-Pakets; Optimierung der Behaglichkeit; Optimierung der militärischen Fitness; Optimierung der Verdauungsvorgänge; Optimierung der Bauch-Beine-Po-Region.

Die Beispiele, ergänzt durch den Titel meines Beitrags, erscheinen seltsam, unpassend und überzogen. Die Optimierung der Bauch-Beine-Po-Region amüsiert. Optimierung ist eine ernste, trockene Angelegenheit, weshalb ich mir diesen lästernden Beginn erlaubt habe.

Die Arbeit des Optimierens

Ich habe Flugzeugbau studiert und bin dann Bioniker geworden. Meine Vorstellung von Optimierung ist erst einmal die des Ingenieurs, der im Rahmen einer Entwicklung ein technisches Produkt verbessern möchte. Optimieren würde er es nennen, wenn im Sinne der Mathematik eine Eigenschaft des Produkts ein Maximum oder Minimum annehmen soll. Welche Fehler dabei gemacht werden können, sei am Beispiel einer Motorenoptimierung gezeigt:

Ein Auftraggeber sucht eine Motorenfirma auf. Er formuliert seinen Wunsch, die Firma möge einen Zweilitermotor maximaler Leistung entwickeln. Nach einem halben Jahr ist der zum Test geladene Auftraggeber voll des Lobes. Es wird weiter optimiert, und nach einem Jahr steht ein Motor mit nicht mehr zu überbietender Leistung auf dem Prüfstand. Aber er verbraucht viel zu viel Benzin. Ist er nun überoptimiert? Nein, eine neue Größe ist aufgetaucht, der Benzinverbrauch, von dem zuvor keine Rede war.

Der Auftraggeber entschuldigt sich, weil er das Entwicklungsziel zu lasch formuliert hat. Der neue Auftrag lautet, einen Zweilitermotor mit maximaler Leistung pro verbrauchten Liter Benzin zu entwickeln. Nach einem weiteren Entwicklungsjahr ist der Motor fertig – und er wiegt eine Tonne. Wiederum wurde unvollständig optimiert.

Der dritte Auftrag lautet, einen Zweilitermotor maximaler Leistung pro Liter verbrauchtem Benzin mit minimalem Gewicht zu entwickeln. Das Ergebnis: Ein superleichter Motor höchster spezifischer Leistung, aber dieser Motor fällt regelmäßig nach etwa 100 Betriebsstunden auseinander.