Die Physik und das komplexe Leben - Christian Hermenau - E-Book

Die Physik und das komplexe Leben E-Book

Christian Hermenau

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Beschreibung

Vielleicht sind Teilchen nur kleine unbestimmte Objekte, halb Welle halb Teilchen der Quantenmechanik. Frei und jedes für sich individuell. Eine schöne Vorstellung - doch hätte es dann jemals das Leben geben können? Vielleicht sind Elementarteilchen aber auch kleinste Bauteile von riesigen Netzwerken und die sich daraus ergebenden Emergenzen viel mehr als nur Verbindungen. Kleine Körper die kommunikativ sind und Informationen rudimentär abspeichern. Entstand das höhere Leben bis hin zu uns Menschen vielleicht auf der Basis von elementaren Netzwerken, die mehr Einfluss haben, als wir bisher annahmen? Christian Hermenau ist promovierter Physiker und arbeitet als Freiberufler in der Lehre. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich schon mit den tieferen Zusammenhängen in der Physik und versucht mit kleinen aber entscheidenden Änderungen die Sichtweise der großen Theorien neu auszurichten.

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Seitenzahl: 100

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Die Physik

und das

komplexe Leben

Von

Christian Hermenau

Inhalt

Die Physik scheitert am Leben

Komplexität und Emergenz

Die Welt als Ganzes

Fremde Komplexitäten

Das Genom

Das Leben

Die Emergenz

Komplex vernetzte Systeme

Zeit und Emergenz

Zeitdehnung

Atome und die Langeweile

Der Wunsch der Materie

Determinismus und Freiheit

Der Gravitationsstrom

Körperzellen als kleine lebendige bewusste Einheiten

Der Raum als emergente Größe

Die Netzwerke

Die Elemente

Denkende Netzwerke

Die Fusion

^

Die Physik scheitert am Leben

Unsere einsame Erde ist vielleicht etwas ganz gewöhnliches. Sie ist nur einer von acht Planeten, der sich um eine von vielen Sonnen dreht. Von den Sonnen finden sich viele, viele Milliarden nur in unserer Milchstraße, doch nicht genug gibt es noch weitere viele Milliarden von solchen Galaxien. Sie sind so zahlreich, dass sie nur geschätzt werden können. Die Erde scheint ein Nichts in den Unmengen der Planeten, Sterne und Monde in den Weiten des Universums zu sein. So lächerlich winzig, so unbedeutend angesichts der unbeschreiblichen Fülle von Objekten in einem schier endlos großen Raum. Ein Raum der so unbegreiflich riesig ist, dass wir ihn wohl nie durchschreiten können.

Schon nur unseren nächsten Nachbarn den Mars besuchen zu wollen, stellt eine fast nicht zu lösende Herausforderung dar. Alle anderen Planeten oder Monde in unserem Sonnensystem werden wir wohl nie bereisen, geschweige denn unsere Nachbarsonnen besuchen können. Denn warum sollten wir zig tausende von Jahren durch den dunklen Raum fliegen, nur um auf eine schwach leuchtende Sonne zu treffen, um die herum es zwar Planeten gibt, die aber alle unbewohnbar sind. Auf denen es vielleicht mikrobielles Leben gibt, was dann aber so primitiv ist, dass uns allein der Gedanke daran graust, dieser Planet könnte das Ziel der Reise sein.

Es gibt in unserer unmittelbaren Nachbarschaft kein höheres, geschweige denn intelligentes Leben. Nicht weil die Sonnensysteme dort keine Planeten hätten, nein Planeten wird man dort wahrscheinlich auch finden, doch reicht es nicht, dass es Gasriesen ohne feste Oberfläche sind, ähnlich dem Jupiter. Auch Zwergsonnen, wie unsere Nachbarsonnen kommen nicht in Frage. Sie geben so wenig Licht ab, so dass die möglichen Gesteinsplaneten viel zu nahe an ihrem unberechenbaren Muttergestirns ihre Bahnen ziehen müssten um genügend Wärme abzubekommen. Oder auch Mehrfachsysteme, die viel zu unsichere Planetenbahnen nach sich ziehen, kommen nicht in Frage. Wichtige Grundvoraussetzungen fürs Leben, wie flüssiges Wasser, ein Magnetfeld, eine Eigenrotation, eine leichte Schrägstellung und vieles mehr würden dann fehlen.

So gewöhnlich wir doch angesichts der Fülle an Objekten im Universum scheinen, so außergewöhnlich sind wir doch auch auf der anderen Seite.

Die Erde ist ein Nichts und doch ist sie Alles!

Sie ist so außergewöhnlich, dass wir das Unbegreifliche an ihr spüren und mit nur einem einzigen Begriff, dem Wort „Gott“ beschreiben wollten, kaum dass wir die ersten Stufen unseres beispiellosen Aufstiegs erklommen. Mit den Anfängen des Bewusstseins für die Schöpfung befiel uns auch gleich eine tiefe Religiosität. Tatsächlich glauben wir heute nicht daran, dass es noch viele andere große Götter gibt. Götter, die genauso zahlreich wie Planeten mit hochentwickelten Leben sind. Wir glauben noch nicht einmal daran, dass so ein einziger allmächtiger Gott, ständig unerreichbar irgendwo in den Weiten des Universums sich befindet, sondern wir glauben, dass er nur hier bei uns auf der Erde ist – dass wir seine wahren göttlichen Geschöpfe sind.

So einzigartig fühlen wir uns auf der Erde. Gleichzeitig so einsam, so verlassen, unerreichbar für andere Wesen und doch sind wir da. Auf diesem kleinen Himmelskörper findet sich in der endlosen Ödnis eine Oase von so unbeschreiblicher Lebendigkeit. Hier explodiert das Leben, ist Leben das Gewöhnlichste von der Welt. Es kriecht und fleucht, es fliegt und krabbelt, mal groß mal klein. Jede Nische die sich anbietet wird von Tieren, von Pflanzen und immer von Mikroben besetzt. Lebt man auf der Erde, ist man ein Teil von ihr, dann erstaunt es einen nur, warum es das alles woanders nicht geben soll. Wie kann denn so etwas Gewöhnliches wie Lebewesen oder Pflanzen nur hier auf der Erde existieren, um uns herum wächst und gedeiht es doch so mühelos!

Tatsächlich sieht es umgekehrt so aus, dass intelligentes Leben, höheres Leben wohl extrem selten ist und unsere Wirklichkeit nicht die Realität im Rest des Universums widerspiegelt. Wir wissen es nicht genau, doch wissen wir sehr wohl, dass es bisher noch nicht den kleinsten Kontakt oder Hinweis von höherem Leben im Universum gibt. Noch stehen wir trotz der immensen Anzahl an Sonnen und möglichen Planeten um uns herum als einzigartig dar. Und das muss einen nicht wundern, denn beschäftigt man sich ernsthaft mit den Bedingungen, die für höheres Leben nötig sind, dann sehen die Chancen, dass es viele Erden mit vielen intelligentem Leben darauf gibt sehr schlecht aus. Auch wenn wir uns dabei immer an unserer Erde orientieren, scheinen die Möglichkeiten irgendwie höheres komplexes Leben allgemein zu erschaffen, doch sehr eingeschränkt zu sein. Vielleicht will oder würde höheres Leben gerne an vielen Stellen entstehen, doch sind die Herausforderungen viel gewaltiger, viel besondere als gedacht. Es reichen dafür auf keinen Fall nur viele Sonnen und noch mehr Planeten. Leben ist keine Frage der Statistik.

Leben ist rätselhaft und besonders und gäbe es die Erde nicht, würden wir nicht daran glauben, dass es überhaupt möglich ist. Das es prinzipiell möglich sein kann, ohne fremdes Dazutun, aus sich heraus, egal mit wie viel Material an Raum und Zeit ausgestattet, es sich jemals entwickeln würde. Wir haben die Physik und die Sprache der Physik ist die Mathematik. Wir meinen auch, weil die Formeln und Gleichungen auf Abstraktionen fußen, auf allgemeingültigen Gesetzen und Konstanten, wären sie von universeller Natur. Gäbe es die Erde nicht, die Physik und die Mathematik wären tatsächlich das einzige und wahre Instrument um die Natur zu beschreiben. Das Universum wäre dann vollständig berechenbar. Doch es gibt nicht nur Leben, nicht nur höheres Leben, sondern sogar intelligentes, bewusstes Leben. Und selbst wenn dieses Leben nur ein einziges Mal verwirklicht worden wäre, dann müssten wir diese Tatsache mit einbeziehen, doch das tut die Physik nicht, kann sie auch gar nicht. Physik scheitert am Leben.

Sie scheitert nicht, weil sie nicht allgemein genug ist oder die Formeln nicht abstrakt genug wären, sondern sie scheitert schlicht an der Komplexität dieser Welt.

Komplexität und Emergenz

Alles auf der Erde ist komplex angelegt. Auf der Erdoberfläche können wir sogar fast die Komplexität mit der Lebendigkeit gleichsetzen. Man bekommt hier auf der Erdoberfläche schnell den Eindruck, dass Komplexität, also lebendige Materie, auch immer automatisch emergent ist. Dass die Summe der einzelnen Bausteine viel mehr ist, auch ohne eine steuernde, gestalterisch wirkende höhere Instanz. Dem ist nicht so. Nach den herkömmlichen physikalischen Gesetzen, aber auch im analytischen Aufbau der Mathematik, steckt kein wie auch immer gearteter Mechanismus der quasi automatisch, komplex vernetzte Bauteile auf immer höhere Niveaus katapultiert. Dinge miteinander in hohem Maß zu vernetzen alleine heißt noch nicht, dass es zu einer Weiterentwicklung kommt. Was wir um uns herum beobachten, dürfte eigentlich nicht sein, dürfte es so nicht geben.

Wenn das Leben erst mal da ist, vielschichtig und ausgefeilt und dabei selbsttätig ablaufend, dann sehen wir sehr deutlich, dass es funktioniert und zwar anscheinend aus sich heraus, ohne fremdes Dazutun und dennoch allzu gut. Aber wie kam es dazu, was ist der Initialfunke, wer der Konstrukteur?

Brauchen wir nicht doch einen Erbauer, einen Architekt des Lebens? Ist es nicht eine Illusion, dass wir ohne einen Schöpfer auskommen?

Alle höher entwickelten Wesen haben einen Zellkern. In ihm liegt das Genom, auf dem der gesamte Bauplan, alle Anlagen gespeichert sind. Jede einzelne Zelle hat eine Kopie davon. Ein Mensch oder ein Tier und auch die Pflanzen entwickeln sich, indem sie den Gen-Code, also den Bauplan des Lebens ablesen und daraus z.B. einen Menschen durch eine permanente Teilung zusammensetzen, besser gesagt der Mensch zusammengesetzt wird. Er teilt sich nicht als Ganzes, es löst sich nicht plötzlich eine Kopie von uns ab, sondern er entwickelt sich, es wächst, spezialisiert und differenziert sich aus. Zeitweilig in einem exponentiellen Wachstum, so als wenn das Ganze genau wüsste was es tut. Leben entsteht, es entsteht immer und immer wieder. So kompliziert wie wir auch aufgebaut sind, so mühelos scheint sich immer wieder das Wunder des Schöpfungsaktes zu verwirklichen. Doch nicht genug damit, entstehen nicht kleine Roboter oder eben nur Kopien von uns, sondern so ein kleiner Mensch ist dann viel mehr als nur die Summe seiner Zellen oder die Masse aller Atome. Er ist eigenständig, er ist ein eigens Wesen von Anfang an. Alle Bauteile sind von Anfang an lebendig und sie arbeiten von Anfang an zusammen, arbeiten an etwas höherem, einer höheren Einheit. Jede Zelle die nicht am Ganzen mitwirkt wird wieder entfernt, hat keine Lebensberechtigung. Brutal und gnadenlos. Alle unsere Bestandteile sind lebendig und arbeiten zusammen.

Außerdem fällt auf, dass anscheinend der Lebensfaden von Anfang an durchgängig im Leben mit dabei gewesen sein muss. Es darf keine Unterbrechung geben, sonst ist Schluss. Ohne Nachfahren bricht für dieses Individuum die Kette ab und das weitere Leben ist zu Ende. Aber für uns, die wir jetzt in diesem Moment leben, scheint es nur eine Person zu geben: Eine, nicht Viele. Wir fühlen uns in einem Höchstmaße emergent, besonders und einmalig, aber woher kommt nun diese Emergenz, ist sie die Seele des Lebens?

Geht es nur über etwas unbekannten, außergewöhnlichem?

Wäre der Mensch analytisch aufgebaut, müssten sich tote Atome und Moleküle nur in der richtigen Reihenfolge vernetzen. Würde man versuchen so etwas steril im Labor ablaufen zu lassen, es würde nicht funktionieren. Nicht auf der hohen Stufe der Komplexität, wie sie beim Mensch erreicht wurde.

Wenn die Moleküle selber keinen Lebensfunken mitbringen, sie nur so chemisch funktionieren und nichts darüber hinaus an besonderen an sich haben, könnte sich daraus etwas wie der Aufbau eines Menschen entwickeln, aber er würde nicht leben. Nur die rein wissenschaftlich betrachtete Gensequenz beinhaltet noch nichts höher Lebendiges - ein nur richtig umgesetzter Bauplan auch nicht. Wenn also aus dem Fötus ein Mensch werden soll, so wie wir ihn kennen, müssen alle Bestandteile und muss die Umgebung in der er wächst mehr sein. Das was wir als Emergenz erleben, das was uns innerlich erschauern lässt muss schon in den Elementen mit als Keim drinstecken. Und selbst wenn die Umsetzung des Organismus aus der Gensequenz wirklich ohne Umwelt funktionieren würde, so wie wir uns das technisch vorstellen - ein Bauplan und nach dem werden die Bauteile zusammengesetzt - so bleibt immer die Frage bestehen, wer denn diesen Bauplan aufgestellt hat. In dieser Form, hier Bauplan, dort fertiges Produkt, wäre es sicherlich unmöglich so etwas durchdacht zu entwickeln und dann noch als Höhepunkt soll sich das Alles ganz aus sich heraus von selbst entwickelt haben. Möglichst sogar mit wirklich freien unberechenbaren Teilchen. Hier zeigt einem spätestens zum Glück die Statistik, dass dies bei aller Euphorie unmöglich ist. So, von oben nach unten das Leben betrachtet und verstanden und von unten nach oben aus sich selbst heraus verwirklicht würde es einfach nicht funktionieren. Es mag sein, dass bei unendlich vielen Universen auch statistisch eins dabei wäre, das dann alle günstigen Bedingungen zufällig erfüllt, doch ist dieser Ansatz ähnlich unbefriedigend, wie hinzugehen und einen allmächtigen Gott anzunehmen. Ob allmächtig oder unendlich, wo liegt da der Unterschied!

Nur mal angenommen, es gibt doch eine Erklärung dafür wieso hochkomplexe Wesen aus sich selbst heraus entstehen können und die Anfangsbedingungen dazu sind sehr speziell, aber übersichtlich und machbar. Dann müssten wir schon lange genug auf so ein Universum warten, denn auch wenige günstige Bedingungen bei sehr vielen Möglichkeiten sind nur selten. Wie auch bei nur 6 aus 49, also zwei durchaus kleinen Zahlen, schon die Chancen verschwindend gering sind, den Hauptgewinn zu erhalten. Aber wenige einfache Grundbedingungen, die dennoch zu solchen Erfolgen führen sind überzeugender, als alles im vagen zu lassen.

Die Welt als Ganzes