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Dies ist die Geschichte von einem sagenumwobenen Haus im Norden Tunesiens. Erbaut zu Beginn des 20. Jahrhunderts und von seinen letzten Bewohnern in den 60er Jahren verlassen, steht es immer noch verschlossen und von Rosen überwuchert und fast vergessen in seinem großen Garten mit Blick auf den See. Es gibt nur noch wenige Menschen, die das Geheimnis des Hauses und das traurige Schicksal seiner Bewohner kennen. Die tragische Geschichte um seinen Erbauer Cedric, der das wunderschöne Haus seiner großen Liebe Lilith geschenkt hat. Sie konnten hier nur kurze Zeit glücklich sein, denn Cedric wurde als Pilot im 1. Weltkrieg abgeschossen. Lilith begrub ihn in der kleinen Kapelle im Garten, aber sie überlebte ihn nur für kurze Zeit. Auch sie wurde in der kleinen Kapelle begraben. Ein treuer Freund wachte über das Haus und nach vielen Jahren verkaufte er es an Patrice. Auch Patrice musste um seine große Liebe Liliane kämpfen. Sie lebten nur wenige Jahre sehr glücklich im Haus am See, bis der 2. Weltkrieg diese friedliche Welt traf. Es gab starke Zerstörungen, sehr viele Tote und Verletzte und Gräueltaten der Deutschen. Das Haus am See lag abgeschieden, es wurde nicht getroffen und bot Zuflucht für viele Verwandte und Freunde und jüdische Verfolgte. Aber Patrice verlor sein Leben im Krieg, auch Liliane starb, nachdem sie ihr ungeborenes Kind verloren hatte. Alle drei wurden in der kleinen Kapelle begraben. Liliane hatte das Haus an einen treuen Freund von Patrice verkauft. Und wieder wurde durch gewalttätige Auseinandersetzungen das Leben einer Familie zerstört. Das Haus am See war immer wieder für wenige Jahre das Zuhause von Liebenden, die durch Krieg und Tod voneinander getrennt wurden. Aber ihre Liebe konnte nicht zerstört werden. Man sagt, dass in Nächten voller Sterne die weißen Schatten der toten Liebenden im Garten wandeln nach wundersamer Musik tanzen. Rosen und Chrysanthemen blühen dazu auf wundersame Weise und bezeugen, dass Liebe stärker als der Tod ist.
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Seitenzahl: 300
Veröffentlichungsjahr: 2021
Dieses Buch ist jenen gewidmet, die ihr Leben lang gegen Nationalismus, Rassismus, Kolonialismus gekämpft haben, oft unbemerkt von der öffentlichen Meinung.
Dieses Buch soll auch der Aufklärung über die Rolle des Kolonialismus und über die Auswirkungen der Kriegsführung des Deutschen Reichs gegen Frankreich und gegen unbeteiligte Länder wie Tunesien dienen.
Dieses Buch ist auch meiner Frau Marlene gewidmet für ihre kritischen und klugen Ratschläge, die mich in meinem Leben begleitet und mir stets eine gute Ratgeberin ist.
Bonn, im Februar 2021
© 2021 Michael Ghanem
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
978-3-347-26104-4
(Paperback)
978-3-347-26105-1
(Hardcover)
978-3-347-26106-8
(e-Book)
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Über den Autor:Michael Ghanem
https://michael-ghanem.de/
https://die-gedanken-sind-frei.org/
Jahrgang 1949, Studium zum Wirtschaftsingenieur, Studium der Volkswirtschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie und Ethik, arbeitete viele Jahre bei einer internationalen Organisation, davon fünf Jahre weltweit in Wasserprojekten, sowie einer europäischen Organisation und in mehreren internationalen Beratungsunternehmen.
Bonn, im Februar 2020
Er ist Autor von mehreren Werken, u.a.
„Ich denke oft…. an die Rue du Docteur Gustave Rioblanc – Versunkene Insel der Toleranz”
„Ansätze zu einer Antifragilitäts-Ökonomie“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 1: Angela Merkel – Eine Zwischenbilanz“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 2: Politisches System – Quo vadis?“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 3: Gesellschaft - Bilanz und Ausblick
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 4: Deutsche Wirtschaft-Quo vadis?“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 5: Innere Sicherheit-Quo vadis?“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 6: Justiz-Quo vadis?“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 7: Gesundheit-Quo vadis? Band A, B und C“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 8: Armut, Alter, Pflege - Quo vadis?“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 9: Bauen und Vermieten in Deutschland - Nein danke“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 10: Bildung in Deutschland“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 11: Der Niedergang der Medien“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 12: Literatur – Quo vadis - Teil A“
„2005-2018 Deutschlands verlorene 13 Jahre Teil 13: Entwicklungspolitik – Quo vadis - Teil A“
„Eine Chance für die Demokratie“
„Deutsche Identität – Quo vadis?
„Sprüche und Weisheiten“
„Nichtwähler sind auch Wähler“
„AKK – Nein Danke!“
„Afrika zwischen Fluch und Segen Teil 1: Wasser“
„Deutschlands Titanic – Die Berliner Republik“
„Ein kleiner Fürst und eine kleine blaue Sirene“
„21 Tage in einer Klinik voller Narren“
„Im Würgegriff von Bevölkerungsbombe, Armut, Ernährung Teil 1“
„Im Würgegriff von Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, Rechtsradikalismus, Faschismus, Teil 1“
„Im Würgegriff der politischen Parteien, Teil 1“
„Die Macht des Wortes“
“Im Würgegriff des Finanzsektors, Teil 1”
”Im Würgegriff von Migration und Integration“
„Weltmacht Wasser, Teil 1“
„Herr vergib ihnen nicht! Denn sie wissen was sie tun!“
„Verfallssymptome Deutschlands – Müssen wir uns das gefallen lassen?“
„Deutsche identität und Heimat – Quo vadis?
„I know we can! Eine Chance für Deutschland“
„Im Würgegriff der Staatsverschuldung, Teil 1 und Teil 2“
„50 Jahre Leben in Deutschland – Ein Irrtum? Ein Schicksal“
„Eine Straße ohne Seele“
„Ist Deutschland auf Sand gebaut?“
„Leonidas der Große – Ich bin ein Mensch“
„Vier Millionen entrechtete Deutsche“
„Der Teich des Teufels – ein Märchen“
„Die heutigen Reiter der Apokalypse“
„Die Deutschen – ein verfluchtes Volk?
„Krisen in Zeiten von Corona, Teil 1“
„Thesen zur Gleichheit der Rassen“
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Bizerta und Ferryville
3. Der See von Bizerta und der Vulkan Ichkeul
4. Kindheit und Jugend von Leon und Patrice in Ferryville
5. Fotos von Bizerta und Ferryville 1915-1940
6. Patrice in Paris und Leon in Toulon, beide in der französischen Armee
7. Der kleine Kosmos von Ferryville und Bizerta
8. Die Legende von einem Haus am Ufer des Sees
9. Das Haus steht seit Jahrzehnten zum Verkauf
10. Die Legende von der Dame in Weiß
11. Die Besichtigung des Hauses
12. Patrices Nachforschungen
13. Liliane und Julien
14. Das Treffen von Patrice und Liliane
15. Die Liebe auf den ersten Blick
16. Der Liebeschwur
17. Patrices Entscheidung Liliane zu heiraten und sein Heiratsantrag
18. Patrice bei Lilianes Eltern
19. Liliane bei Patrices Familie und die Einladung ihrer Eltern
20. Hochzeit von Raoul
21. Hochzeit von Lucille
22. Hochzeit von Denise
23. Patrices Verlobung mit Liliane
24. Leons Verlobung
25. Die Renovierungsarbeiten im Haus am See
26. Die Truhe und die Briefe von Cedric und Lilith
27. Einzug von Liliane in Patrices Haus
28. Hochzeit von Liliane und Patrice und von Leon und Genevieve
29. Die Nächte unter dem Ahornbaum und die Entdeckung der Grotte
30. Die Vasen aus Granit im Vorgarten
31. Die Vorboten des Krieges und der 3. September 1939
32. Die Mobilmachung und „La Drole de Guerre“
33. Die Einberufung von Patrice und Leon
34. Westfeldzug, Blitzkrieg und der 20.Juni 1940
35. Der Appell von de Gaulle vom 18. Juni 1940
36. Spaltung zwischen Petain und de Gaulle und Spaltung innerhalb der Familien und Soldaten
37. Die Operation Catapult
38. Tunesien Feldzug und die Operation Stoch
39. Die Trennung: Patrice und Leon im Krieg in den Jahren 1939 bis 1943 und ihr Testament
40. Spannungen zwischen Christen und Moslems und das Schicksal der Juden in Tunesien - besonders in Bizerta und Ferryville während der Nazizeit
41. Patrices Briefe und Briefe von Liliane
42. Lilianes Schwangerschaft und ihr vergebliches Warten
43. Die Zuflucht von Genevieve, Patrices Eltern, Leon, Lilianes Eltern, Denise, Joel Hassan, zwei Rabbis, Dr. Jamati und einigen Juden im Haus am See
44. Die unruhigen Nächte
45. Das Erscheinen der weißen Frau
46. Einnahme von Ferryville durch die Amerikaner
47. Bomben über Bizerta, die Zerstörung der Kirche durch die Amerikaner, Straßenkämpfe in Bizerta und die Typhus Epidemie
48. Der Abschuss von Patrice über Rafraf
49. Eroberung von Bizerta durch die Amerikaner, Tunis durch die Engländer und Kapitulation der Deutschen und Italiener
50. Meldung über den Abschuss von Patrice
51. Überführung von Patrices Leichnam, Totenwache durch seinen Vater und Schwiegervater, Dr. Jamati, Joel Hassan, Leon und seine Kameraden
52. Das Blühen und Strahlen in Weiß und das Erscheinen der weißen Frau
53. Das Begräbnis mit militärischen Ehren in der Kapelle
54. Liliane verliert ihr Kind
55. Begräbnis des Kindes in der Kapelle
56. Lilianes mysteriöse Krankheit und es kommen weiter Briefe von Patrice
57. Liliane verkauft das Haus an Leon
58. Das Ende von Liliane und ihr Begräbnis neben Patrice
59. Liebe ist stärker als der Tod!
60. Einzug von Leon mit Genevieve und ihren Kindern in das Haus am See
61. Die glücklichen Jahre 1943 bis 1961 und die Unabhängigkeit Tunesiens
62. Die Krise von Bizerta vom 19.7.1961-23.7.1961 -Leon wird am Mittwoch dem 19. Juli 1961 vom Mob erschlagen
63. Begräbnis von Leon in der Kapelle über dem Grab von Patrice
64. Übersiedlung von Genevieve nach Toulon am 17. April 1963
65. Genevieves Tod und das Verbot neben Leon begraben zu werden
66. Epilog - Das Haus am See bleibt verschlossen
67. Anhang
Zu Punkt 1. Der Wald Rimel
Zu Kapitel 34: Westfeldzug, der Blitzkrieg und der 20. Juni 1940
Zu Kapitel 35: Der Appell von de Gaulle am 18. Juni 1940
Zu Kapitel 37: Die Operation Catapult
Zu Kapitel 38: Der Tunesien Feldzug und die Operation Stoch
68. Literaturverzeichnis
1. Vorwort
Als der Autor Anfang der Siebziger Jahre berufsbedingt verschiedene Länder in Afrika bereiste, hörte er in einem Café von einem sagenumwobenen Haus, das in Nordtunesien in der Nähe von Bizerta und Ferryville lag. Die Erzählungen um dieses Haus und das Schicksal seiner Bewohner aus den 20er bis zu den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts haben ihn neugierig gemacht und er nutzte die nächste Reise nach Tunesien, um mehr zu erfahren. Angekommen in der Stadt versuchte er in einem Café am Hafen der Altstadt mehr darüber zu erfahren. Er traf sich mit einem älteren Malteser, einem älteren Italiener und zwei älteren Franzosen, einem orthodoxen Priester und zwei sehr alten jüdischen Geschäftsleuten, die alle zu Beginn der Unterhaltungen äußerst reserviert waren und keinerlei Informationen preisgeben wollten. Als sie jedoch hörten, dass er in Deutschland leben würde und nach seinem Versprechen, diese Sage irgendwann zu veröffentlichen, haben sie begonnen, ihm die Geschichte zu erzählen. Es dauerte fast 10 Nachmittage um die gesamte Geschichte zu erfahren. Die älteren Leute haben sogar darauf bestanden, dass der Autor das Haus von außen sah. Man durfte das Haus aber nicht betreten. Beim Abschied hatten manche der Männer Tränen in den Augen.
Der Autor hatte diese Episode lange Zeit vergessen und in seinen alten Tagen kam sie ihm plötzlich wieder in Erinnerung.
Der Autor versichert, dass diese Sage einen historischen Hintergrund hat und dass das Haus existiert. Lediglich die Namen der beschriebenen Personen und deren Geschichte entstammen der Fantasie des Autors.
2. Bizerta und Ferryville
Bizerta und Ferryville sind zwei benachbarte Städte im Norden Tunesiens an der Mittelmeer Küste.
Tunesien war in der Zeit, in der diese Geschichte spielt, eine französische Kolonie.
Geschichte der Kolonialzeit
Tunesien in der Protektoratszeit
Die Geschichte der Kolonialzeit ist sicherlich ein immer noch schwieriges Thema in Tunesien und bei den Nachkommen der einstigen Siedler. Auch heute noch gibt es zahlreiche Hinterlassenschaften aus dieser Zeit. Zum einen sind es viele Gebäude aus dieser Epoche, zum anderen ist es die gesamte Infrastruktur des Landes - u.a. der Straßenbau, der Eisenbahnbau, die Stadtplanung, das Gesundheitswesen - die von den Franzosen während ihrer 76-jährigen Herrschaft geplant, gebaut und eingerichtet wurden.
1878 fällt die Entscheidung: Großbritannien und Deutschland treten ihre Ansprüche auf tunesisches Gebiet an Frankreich ab und werden anderweitig abgefunden. Grenzverletzungen zu Algerien durch aufständische Nomadenstämme und die Plünderung eines französischen Schiffes bieten den Franzosen den Vorwand für die Intervention. Am 12. April 1881 marschieren 32 000 französische Soldaten aus Algerien nach Tunesien ein. Der militärisch hoffnungslos unterlegene Bey muss am 12. Mai 1881 den Protektoratsvertrag (Bardo - Vertrag) trotz starken Widerstands der zentraltunesischen Stämme und der Bevölkerung des Südens unterzeichnen.
Frankreich wird hierin als Bizertas "Schutzmacht" anerkannt. Der Bey bleibt offiziell tunesisches Staatsoberhaupt bis 1957, jedoch mit stark eingeschränkten Machtbefugnissen. Alle wichtigen Staatsposten unterstehen der französischen Kontrolle und werden mit französischen Beamten besetzt. Der Norden behält zwar seine traditionellen Sippen- und Stammesführer, der rebellische Süden jedoch untersteht einer Militärverwaltung. Zu den ersten Maßnahmen der Kolonialmacht zählt ab1885 die Enteignung allen nicht registrierten Grundbesitzes (z.B. die Ländereien der Nomaden).
Diese Gebiete werden zu Staatsbesitz erklärt und den zahlreichen französischen und italienischen Siedlern zugeteilt. 1911 leben in Tunesien schon 46000 Franzosen, 86000 Italiener und 12000 Malteser. Die Franzosen verbessern die Infrastruktur durch den Ausbau von Straßen, Häfen und der Eisenbahn, am Rande der Städte entstehen große Neubauviertel (Ville Nouvelle) nach französischem Vorbild, Bergwerke und Minen werden von französischen Konzernen betrieben, Klöster, Schulen und Universitäten werden gebaut und auf dem Land entstehen neue regionale Verwaltungs- und Marktzentren.
Erster Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg (1914 - 1918) unterbricht die Kolonialisierung. An der Westfront kämpfen 80 000 Tunesier auf der Seite der Franzosen, fast 11 000 fallen! Nach dem Krieg aber schreitet die Kolonialisierung wieder kräftig voran und wiederum sind es hauptsächlich die französischen Zuwanderer, die davon profitieren. An Produktionsziffern und Straßenkilometern gemessen erlebt Tunesien nun einen gewaltigen Aufschwung, gleichzeitig entstehen aber enorme soziale Probleme. Die alteingesessenen Kleinbauern und Nomaden werden auf unergiebige Randgebiete wie die kargen Steppen- und Gebirgsregionen verdrängt.
All dies führt letztendlich zur Verarmung der tunesischen Landbevölkerung. Andere Bauern geraten durch überzogene Pacht- und Nutzungsverträge in die völlige Abhängigkeit der wenigen Großgrundbesitzer. Gleichzeitig bewirken billige Massenimporte den Niedergang von traditionellem Handwerk und Handel. Durch all diese Entwicklungen kommt es zu Landfluchten und dementsprechend wachsen die Slums der Städte. Die Protektoratszeit führt die Mehrheit der Tunesier in die Verelendung. Eine kleine Anzahl wohlhabender bzw. einflussreicher tunesischer Bürger genießt zwar gewisse Privilegien, die überwiegende Zahl der einfachen Landbevölkerung wird aber immer ärmer und entrechteter.
Zu Bizerta
Ob mit den Namen Hippe Accra, Hippo Diarrhytus oder Hippo Zartus oder Banzart -je nach Kultur und Sprache wurde die Stadt von den Phöniziern aus Sidon ca. 1100 Jahre vor Christus gegründet. Sie gilt als eine der ältesten Städte in Nordafrika. Ursprünglich war sie ein kleiner Phönizier Hafen für den Seehandel im westlichen Mittelmeerraum, sie lag ca. 50 km nordwestlich von Karthago. Um 950 vor Christus kam Bizerta während der Regierungszeit des König Dido-Eliza unter den Einfluss von Karthago. Während der griechisch-punischen Kriege und nach der Niederlage von Agathokles kehrte sie zu der Stadt Karthago unter Hamilkar Barca, dem Vater von Hannibal und seiner Schwester Salambo zurück.
Während des Aufstiegs von Julius Caesar bis zur Zeit von Augustus kam sie wieder zu Wohlstand. Sie unterhielt Beziehungen zu der phönizischen Stadt Utica und zu Rom und das Christentum verbreitete sich in der Stadt unter dem römischen Imperium. 439 nach Christus fielen Genseric, König des ostgermanischen Stamms der Vandalen und seine Anhänger in die Stadt ein und nutzten den Hafen als Basis für Invasionen in andere Teile des weströmischen Reiches wie zum Beispiel in die Stadt Rom, die Inseln Sardinien, Malta, Korsika und Sizilien. Von 634-642 nach Christus kam die Stadt nach der Eroberung durch die Vandalen unter die Kontrolle des byzantinischen Reiches (die weißen Türken) und diese bauten dort die Kasbah. Armin aus Arabien nahm Bizerta ein und die Stadt kehrte zurück in den Einzugsbereich von Konstantinopel, bis die Byzantiner besiegt wurden. Die Truppen Karl V als Kaiser des Heiligen Römischen Reichs eroberten die Stadt 1535, aber die Türken haben sie 1574 zurückerobert. Danach wurde die Stadt zu einem Hafen der Korsaren und kämpfte gegen die Franzosen und Venezianer.
Festzuhalten ist die Bombardierung der Stadt durch den König von Frankreich im Jahre 1681 und am 4. und 5. Juli 1770 durch den Comte de Broves. In 1784 und in 1785 wurde abermals die Stadt durch die Venezianer bombardiert, sodass der Hafen zerstört wurde. Mit der Abschaffung des Piratentums im Jahr 1818 erlitt die Stadt einen erheblichen Rückschlag in ihrer Entwicklung und besann sich auf denReichtum der See und so wurde Bizerta einer der größten Versorger von Fischen nach Tunis, Italien, Sizilien und Frankreich. Mit der Verfügung des Bey im Jahr 1786 erhielt Frankreich die alleinigen Rechte für den Fischfang und die Ausbeutung der Korallen gegen die Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Genuesen, die Katalanen, die Venezianer, der Sizilianer, die Piraten, der Korsen und den Leuten aus Marseille.
Zum französischen Protektorat
Mit dem Vertrag von Berlin in 1878 erhielt Frankreich als Ausgleich zu der Eroberung von Malta durch die Engländer die Verwaltung der Stadt und so gelangten die Kriegsschiffe in den alten Hafen der Stadt und trugen zu der Eroberung von Tunesien in den Jahren 1881 bis zum 18. März 1884 bei.
Frankreich begann mit dem Jahr 1884 die strategischen Komponenten von Bizerta zu entwickeln. Dabei spielte der Bau eines Kanals eine besondere Rolle, der das Mittelmeer und den inneren See verbinden sollte. Ziel war, das Mittelmeer mit dem Bizerta See zu verbinden und den Hafen von Bizerta zum wichtigsten Hafen in Tunesien zu machen. Der Kanal wurde von Admiral Ponty konzipiert. Seine Länge wurde auf 800-900 m festgelegt und mit einer Breite von 100 m sowie einer Tiefe zwischen 9 und 12 m konnten die größten seinerzeit bekannten Schiffe den Kanal befahren. Die Arbeiten wurden ab 1890 von dem Konsortium Hersent und Couvreux ausgeführt und im Jahr 1892 fertiggestellt. Der Kanal verband das Mittelmeer mit dem inneren See und es entstand ein Freihafen mit ca. 100 ha.
Die Besetzung Tunesiens durch Frankreich hatte einen politischen Streit mit Großbritannien in den Jahren 1897-1898 zur Folge.
20 km südlich des Kanals und auf der anderen Seite des Sees wurde die Stadt Ferryville gegründet, sie trug den Namen von Jules Ferry, dem damaligen Staatschef der dritten Republik. Diese neue Stadt wurde zum zweitgrößten Marine Arsenal von Frankreich außerhalb des Landes. Am 16. Juli 1884 erhielt die Stadt das offizielle Zeichen einer Stadtverwaltung und eine Brücke zwischen den beiden Seiten des Kanals wurde gebaut, die bis 1909 bestand.
Nach Rückzug der serbischen Armee aus Albanien im Jahr 1915 während des ersten Weltkriegs wurde ein Teil der serbischen Kräfte mithilfe der Franzosen nach Bizerta transportiert. Serbische Soldaten und Zivilisten kamen dreimal während des gesamten Kriegs nach Bizerta und nach der verlorenen Schlacht von Saloniki wurden die Verwundeten nach Bizerta transportiert. Schätzungen zufolge fanden ca. 60.000 serbische Soldaten zeitweise in Bizerta Zuflucht. Es wurden ca. 200 Kasernen gebaut. Bevölkerung, Verwaltung und Politik waren mit den Serben, insbesondere dem Admiral sehr verbunden. Die letzten serbischen Soldaten verließen die Stadt am 18. August 1919.
Im Dezember 1920 gewährte die französische Regierung einem Teil der Kriegsmarine des russischen Zaren in Bizerta Zuflucht. Die Schiffe, die damals Zuflucht gesucht hatten, haben den Ort nie wieder verlassen und wurden mit der Zeit verschrottet und im Jahr 1935 als Schrott verkauft. Bis heute steht in Bizerta immer noch eine orthodoxe Kirche, nämlich die Kirche des Heiligen Alexander Nevski.
Bizerta im zweiten Weltkrieg
Nach dem verlorenen spanischen Bürgerkrieg ersuchten die demokratischen Kräfte Spaniens im März 1939 mit einem Teil der republikanischen Seemacht Spaniens unter dem Befehl der Admiräle Miguel Buisa und Fernandes Palacios um Zuflucht, was die französische Regierung ihr genehmigte, denn sie hatten drei Kreuzer, sieben Torpedoboote, ein Unterseeboot und ca. 4300 Soldaten.
Mit Beginn des zweiten Weltkriegs war Bizerta einer der wichtigsten militärischen Häfen im Mittelmeer. Der Marineflugplatz hatte eine Fläche von 300 km2 und ein Teil der Führung der französischen Armee war dort stationiert. Die Stadt besaß außerdem Schutzeinrichtungen für U-Boote und Kreutzer und außerdem den großen Flugplatz Karouba so-wie den Flughafen von Sidi Ahmed. Ohne zu vergessen, dass Bizerta eine der größten Werften am Mittelmeer und eines der größten Militärkrankenhäuser Frankreichs in ganz Nordafrika besaß. Diese Infrastruktur war sehr strategisch und war vor allem von den Achsenmächten sehr begehrt.
Im Zusammenhang mit der Operation Torch hatte der Admiral Derrien seinen Leuten befohlen zu den Alliierten überzulaufen, musste jedoch am 7. Dezember 1942 den Flugplatz und den Hafen an die Deutschen übergeben. Diese Entscheidung wurde durch den Vertreter des Vichys Regimes und seine Machtachse getroffen, vor allem in der Hoffnung, dass die Infrastrukturen verschont werden. Die Alliierten haben bei ihrer Bombardierung der Stadt gezielt die militärischen Infrastrukturen verschont. Fakt ist jedoch, dass 77 % des europäischen Teils der Stadt zerstört wurden, insbesondere auch die katholische Kathedrale, zwei jüdische Synagogen und eine orthodoxe Kirche. Mit den Bombardierungen kam eine Typhus-Epidemie, der ein Teil der Bevölkerung zum Opfer gefallen ist.
Die Stadt wurde als verbotene Stadt deklariert und wurde im Straßenkampf von dem Amerikaner am 7. Mai 1943 befreit. Auf der anderen Seite des Kanals wurde nach dem Krieg sehr schnell eine Arbeiterstadt mit dem Namen Zarzouna aufgebaut. Zur Information ist festzuhalten, dass immerhin mit der Beendigung der Schlacht 250.000 deutsche Soldaten und Italiener in Gefangenschaft der Amerikaner ging.
Zu Jules Ferry
Jules Ferry, geboren am 5. April 1832, gestorben am 17. März 1893, war Minister und Ministerpräsident der dritten Republik in Frankreich. Er war Gegner des zweiten Kaiserreichs unter Napoleon III. Von Beruf Jurist gehörte er dem linken Republikaner Lager an. Bereits am 23. September 1880 war er mit seinem ersten Kabinett als Ministerpräsident maßgebend für die Kolonialpolitik Frankreichs. Schon auf dem Berliner Kongress von 1878 haben ihm die europäischen Mächte die Übernahme Tunesiens aus dem zerfallenden osmanischen Reich versprochen. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt ging er an die Verwirklichung dieses Versprechens. Insoweit war Jules Ferry für die Kolonialisierung Tunesiens verantwortlich. Festzuhalten ist jedoch, dass er ab 1880 unter erheblichem politischem Druck stand, denn er hatte in den alten Monarchisten und den Linken zwei Gegner. George Clemenceau war sein wichtigster Gegenspieler. Ferrys Aufstieg ist vor allem der mit Bismarck abgestimmten Kolonialpolitik zu verdanken, was dann aber dazugeführt hatte, dass die Popularität von Jules Ferry erheblich abnahm und er keinen Rückhalt mehr hatte bis er 1885 gestürzt wurde.
Zu Ferryville
Die Stadt Ferryville befindet sich 60 km nördlich von Tunis und 20 km südlich von Bizerta. Sie liegt südwestlich vom See von Bizerta auf dem schmalen Band zwischen dem See und dem Berg Ichkeul.
Im Jahre 1897 beschloss die französische Regierung, dort eine Werft in dem strategischen Bereich des Sees durch die Immobiliengesellschaft „Der Nordafrikaner“ zu bauen, die dort erheblichen Grundbesitz hatte. Sie begannen eine Stadt auf dem Reißbrett zu konzipieren und einen Namen zu suchen. Nach dem frühen Tod von Jules Ferry, der diese Stadt immer gewollt hatte, gab man dieser seinen Namen, Während des Zweiten Weltkriegs wurde dieser Ort von fast jeglichen kriegerischen Auseinandersetzungen verschont. Demgegenüber wurde Bizerta zu 77 % zerstört.
3. Der See von Bizerta und der Vulkan Ichkeul
Ichkeul
Der Nationalpark Ichkeul mit dem See, seinem Feuchtgebiet und dem Berg Jebel Ichkeul erstreckt sich über eine Fläche von 12.600 Hektar im Norden Tunesiens, ca. 25 km südwestlich der Stadt Bizerta. Er ist ein wichtiger Rastpunkt für Hunderttausende von Zugvögeln wie Enten, Gänse, Störche und rosa Flamingos, die hierherkommen, um zu fressen und zu nisten. Ichkeul ist der letzte verbleibende See in einer Kette von Gewässern, die sich einst über den ganzen Norden Afrikas erstreckten.
Der Ichkeul-See als letzter große Süßwassersee und die umliegenden Sümpfe zeichnen sich durch eine sehr spezifische hydrologische Funktion aus, die auf einem zweifachen saisonalen Wechsel des Wasserstandes und Salzgehaltes basiert. Dies beruht auf der Verbindung des Süßwassersees Ichkeul durch einen Fluss mit dem Lac de Bizerté, die eine Salzwasser-Lagune darstellt. In den heißen Sommern Tunesiens fällt oft über Monate kein Regen, sodass der Wasserstand des Ichkeul durch menschlichen Trinkwasserverbrauch und Verdunstung sinkt. Dies hat zur Folge, dass Salzwasser über die Verbindung des Ichkeul-Sees mit dem Lac de Bizerte eindringen kann. Ab dem Herbst sorgen einsetzende Niederschläge für einen Anstieg des Sees und der Verdrängung des Salzwassers.
Durch verschiedene Eingriffe des Menschen wie dem Dammbau in den Zuflüssen des Ichkeul-Sees zur Gewinnung von Trinkwasser sank der Wasserstand des Ichkeul-Sees bedrohlich ab und er begann zu versalzen, sodass der Nationalpark 1996 in die Rote Liste des UNESCO Welterbes aufgenommen wurde. Der Nationalpark wurde 2006 von der Gefährdungsliste gestrichen, nachdem sich die Lage verbessert hatte und die Wiederherstellung des Ökosystems zufriedenstellend verläuft.
Marschland am Ichkeul – Bild: Radiusmed – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40187920
Der Nationalpark Ichkeul bietet natürliche Lebensräume und ist deshalb ein wichtiger Rastpunkt und Überwinterungsplatz für Zugvögel nach Europa oder Afrika. In jedem Winter bietet der Nationalpark Schutz für eine in die hunderttausende gehende Zahl an Wasservögeln wie Enten, Gänse, Störche und Flamingos. Drei Arten von weltweitem Interesse finden am Ichkeul Schutz: die Weißkopf-Ente (Oxyura leucocephala), die Moorente (Aythya nyroca) und die Marmelente (Marmaronetta angustirostris). Durch diese Vielfalt an Lebensräumen besitzt der Park eine sehr reiche und abwechslungsreiche Fauna und Flora mit mehr als 200 Tierarten (Wildschweine, Wasserbüffel, Schakale, verschiedene Wildkatzenarten, Mungos, Fledermäuse) und über 500 Pflanzenarten.
Über den Ichkeul-See wacht der Berg „Jebel Ichkeul“, mit 511 Metern Höhe die zweite Attraktion des Nationalparks. Er ist Bestandteil des östlichsten Ausläufers des Tell-Atlas und besteht hauptsächlich aus Kalkstein.
Jebel Ichkeul vom See ausgesehen
Der Wald von Jebel
Mehr Informationen zu Ichkeul befinden sich im Anhang des Buches
4. Kindheit und Jugend von Leon und Patrice in Ferryville
Wir schreiben das Jahr 1915 in Ferryville, der neu entstandenen Stadt am Rande einer Werft und einem Hafen für Kriegsschiffe, einer Militärbasis und einem Flughafen für die Kriegsflotte Frankreichs. In diesem Jahr wurde Leon geboren. Seine Familie bestand aus Landbesitzern und Kolonisten. Er hatte einen Bruder und zwei Schwestern. Sein Vater war Kommandant auf einem der Kriegskreuzer, die im Hafen von Bizerta lagen. Seine Mutter war Hausfrau und damit beschäftigt, die Erziehung der Kinder zu vervollkommnen. Sie wohnten in einem sehr gutbürgerlichen Wohnviertel, in dem nur Häuser aus der Belle Époque standen. Für die Kinder war ihr Werdegang gleich mit der Geburt schon festgelegt, in dem sie wie in der Familie üblich die elitären Schulen in Frankreich und natürlich in Paris besuchen sollten. Unabhängig davon hatten die Erträge aus der Landwirtschaft der Familie von Leon eine gewisse finanzielle Sicherheit beschert. Die Söhne waren für die Armee vorgesehen, dort wo der Vater selbst seinen Weg gemacht hatte.
Insoweit war festgeschrieben, dass Leon nach seiner Ausbildung in Saint Cyr in Paris, der elitären Hochschule für die Armee, eine Karriere in der Marine beginnen würde und zwar in der Kriegsmarine. Seine Familie war politisch eher links bzw. linksliberal ausgerichtet und nur bedingt religiös. Selbstverständlich war sein Vater auch nationalistisch eingestellt. Die Kirchgänge waren auf die obligatorische Sonntagmorgen Messe beschränkt. Traditionsgemäß war das sonntägliche Mittagsessen eine familiäre Angelegenheit, bei der Onkel und Tanten, die Großeltern und die Kinder am Tisch anwesend waren, das war Pflicht.
Drei Häuser von Leon entfernt wurde 1916 in einem kleinen Palast der Belle Époque Patrice geboren. Aus einer alten adeligen Familie stammend hatten sie nicht nur einen erheblich größeren Landbesitz und sein Großvater, sein Vater, sein Onkel, sein Bruder waren Mitglieder des Generalstabs in Nordafrika. Sein Vater selbst war einer der höchsten Befehlshaber der Luftwaffe Frankreichs. Daher war Patrice schon bei seiner Geburt für ein Studium in Saint-Cyr und eine Karriere in derLuftwaffe bestimmt. Die Familie von Patrice war eher konservativ und teilweise noch Anhänger des alten Regimes. Insoweit gehörten sie zu den entmachteten Adeligen, wo „Noblesse verpflichtet“. Sie waren urkonservativ und äußerst religiös. Sehr auf militärischen Drill ausgerichtet war die Pflichterfüllung oberstes Gebot der Familie. In dieser Familie gab es aber auch sogenannte schwarze Schafe, die sich nicht um die Moral der Familie kümmerten. Hier war der Kirchgang am Sonntag oberste Pflicht so wie das gemeinsame Mittagessen. Die Mitglieder der Familien waren darauf getrimmt, unbedingt Karriere zu machen und am besten in der Armee. Von allen Kindern wurde erwartet, dass sie die besten Noten in der Schule erreichen.
Neben dem Vater mit Namen Gustave und der Mutter Madeleine hatte Patrice zwei Schwestern, Lucille und Denise, und einen Bruder, Raoul. Er war der Zweitgeborene, Raoul war der älteste. Raoul hatte Karriere in der Marine gemacht und dies war gerade noch von der Familie geduldet, denn in der Familie war traditionell die Luftwaffe angesagt. Für die Frauen der Familie war ein strenges Regime angeordnet, das darauf ausgerichtet war, das Beste aus den Kindern herauszuholen. Die Familie hatte aber auch zwei Philosophen, die mehr oder weniger von der Familie gemieden wurden. Diese Philosophen waren jedoch die Lieblings Onkel der Kinder.
Zu erwähnen ist jedoch, dass die Kultur einen hohen Stellenwert hatte, das Lesen von Büchern, Abende mit Salonkultur, Diskussionen und Musik sowie Vorträge von Gedichten und Liedern waren an der Tagesordnung. Dies machte aus dem Haus der Familie von Patrice ein Kulturzentrum.
Ein paar Straßen vom Wohnviertel entfernt lag das College de France. Es war für die Kinder der Admiralität und der Führung der französischen Armeen und einigen wenigen auserwählten Honoratioren vorbehalten. In dieser Schule waren ca. 600 schulpflichtige Kinder und die einzelnen Klassen durften nicht mehr als 25 Kinder groß sein. Es gab einen großen Raum für das Mittagessen und einen großen Raum, in dem die Kinder ihren Mittagsschlaf hielten. In der Grundschulzeit, dieimmerhin sieben Jahre dauerte, wurde manche Freundschaft fürs Leben geknüpft.
An einem Tag öffnete sich während des Unterrichts die Tür und der Direktor betrat die Klasse zusammen mit einem schmalen größeren Jungen mit einem Lachen im Gesicht und dessen Blick eine gewisse Ironie hatte. Der Direktor stellte dem Schüler den Lehrer vor und der Lehrer fragte ihn, „Wie heißt denn du?“ „Patrice, Monsieur“ antwortete er höflich und lächelte. Einer der wenigen freien Sitzplätze war neben Joel und so nahm Patrice neben ihm Platz.
Patrice war sehr gut erzogen und sehr höflich und doch schon von Jugend an ein Draufgänger. Er war intelligent und war vor allem in Mathematik, Französisch und in der Geschichte sehr gut. Leon dagegen war eher ein ruhiger Typ, dafür aber sehr gründlich. Er war nicht besonders gut in den wichtigsten Fächern, gab sich aber alle Mühe mit Patrice mitzuhalten. Patrice war nicht einfach zu überzeugen, aber als Freund war er sehr zuverlässig, auch wenn er dadurch manche Probleme bekam. Er überzeugte sogar seine Umgebung und seine Familie, Leon als vollwertigen Freund anzunehmen. Sie gingen sehr oft auf den Sportplatz, wo Patrice erste Versuche mit einem Ball machte. Seine schulischen Leistungen waren stets sehr gut und er hat sich bemüht, auch den schwächeren Schülern zu helfen. Das College de France war zu dieser Zeit eine der ersten Schulen in Frankreich und in den Kolonien, die sowohl Jungen als auch Mädchen in gleichen Klassen unterrichtet haben. Und selbstverständlich war Patrice der Liebling der heranwachsenden Mädchen. Er selber nahm davon wenig Kenntnis.
Die beiden haben am gleichen Tag auch die Abiturprüfungen abgelegt und erhielten ca. vier Wochen später an einem sehr heißen Sommertag die Ergebnisse. Patrice war im Durchschnitt erheblich besser als Leon, sodass er die Möglichkeit hatte, mit einer zusätzlichen Prüfung bei der Militärakademie Saint Cyr aufgenommen zu werden. Leon dagegen hatte gerade ein Durchschnittsabitur, sodass er in eine Militärhochschule für die Marine aufgenommen werden konnte.
In diesem Sommer haben die beiden Freunde sich fast jeden Tag gesehen und gingen entweder zum Angeln an den See oder machtengemeinsam mit anderen Kameraden kleine Ausflüge in den nahegelegenen Wald. Die Erinnerung an diese Ausflüge blieben Leon stets im Gedächtnis, denn sie begannen damit, dass sie bereits um 4: 00 Uhr aufstanden, um die Kühle des Morgens zu nutzen und um dann die 10-20 km bis zum Wald zu gehen. Insbesondere wenn Frauen sie begleiteten, hatten sie alle Mühe ihre schweren Körbe zu tragen und es musste sehr oft Pause gemacht werden. Angekommen an einer Lichtung im Wald haben sie einen Sitzplatz arrangiert, sodass die Frauen auch das Essen vorbereiten konnten, während die Männer die beiden Freunde zum Wasser begleitet haben, wo sie versucht haben Fische zu angeln. An manchen Tagen haben sie sehr viele und sehr große Fische geangelt, sodass sie einen Teil auf dem Rückweg verschenkt haben. Und wenn es zu wenig Fische gab wurden einfach Käsebrote geschmiert. Es wurde Wasser und Wein getrunken, es wurde gesungen und sogar im Wald getanzt. Dann sind sie den ganzen Weg wieder zu Fuß zurückgegangen, wobei sie Fackeln anzündeten um in der Dunkelheit nach Hause zu kommen, da es an den Wegen keine elektrische Beleuchtung gab. Es gab sogar Nächte, in denen sie auf dieser Lichtung übernachtet haben. Der Wald war sehr dicht und durch den Wald verlief eine alte Straße. Für die Heranwachsenden war das Betreten der Straße ein Tabu, denn um den Wald, der bis zum Berg Ichkeul reichte, rankten sich sehr viele Sagen, Mythen, Legenden und Dramen.
Und so verging die Sommerzeit und im Herbst kam die Zeit des Abschieds. Leon sollte nie den Tag vergessen, an dem Patrice das große Schiff in Richtung Marseille nahm und danach den Zug in Richtung Paris. Leon nahm das gleiche Schiff in Richtung Marseille, fuhr dann aber nach Toulon. In Leons Familie war der Abschiedsschmerz groß und es gab viele Tränen. In der Familie von Patrice stand der Stolz im Vordergrund, dass ihr Spross doch in diese berühmte elitäre Schule aufgenommen wurde und einen elitären Werdegang erlangen könnte.
5. Fotos von Bizerta und Ferryville 1915-1940
Das Flugzeug von Patrice
Das Auto von Patrice
Das Auto von Cedric
Der Kreuzer LE FOCH - Ausbildungsschiff von Leon
5.5 Die Kaserne für die Luftwaffe im Bau
Die Kaserne der Marine in Ferryville
Die katholische Kirche in Ferryville
Die katholische Kathedrale in Bizerta
Avenue d´Algerie in Bizerta
Militär Krankenhaus in Ferryville
Kaserne Japy in Bizerta
Werft von Sidi Abdallah-Ferryville
Kreuzer in der Werft Sidi Abdallah
Hauptfähre im Bizerta Kanal ab1932
Schiffbau Verwaltung
Hauptstasse in Ferryville: Avenue de France
Das größte Militär-Krankenhaus Tunesiens in Ferryville
Bau von Motoren in der Werft in Ferryville
Hauptfähre über den Kanal von Bizerta 1903-1929
Gebäude für die Reparatur von Kriegsschiffen
6. Patrice in Paris und Leon in Toulon, beide in der französischen Armee
Inzwischen war Patrice herangewachsen und mit seinen 1,85 m ein stattlicher junger Mann geworden. Viele Mädchen drehten sich um, wenn er auf der Straße vorbei ging, denn er zog sich sehr leger an. Mit seiner Bomberjacke und seinem Schal um den Hals und seinen lockigen schwarzen Haaren sah er sehr attraktiv aus, er war Draufgänger. Insbesondere seine Augen und sein klarer Blick waren für die Frauen wie ein Magnet. Auch Leon war herangewachsen, war jedoch mit 1,75 m ein durchschnittlich großer Mann und schwarzen Haaren.
Patrice bestand die Aufnahmeprüfung und wurde in der berühmten elitären Schule von Saint Cyr aufgenommen, er wurde dort nach erfolgreichem Abschluss mit dem Grad des Sous Lieutnant für die Kolonialarmee entlassen. Er gehörte zum Jahrgang Bournazel. Eine zusätzliche Ausbildung als Pilot, vor allem als Kriegspilot, erhielt er am Flughafen der Armee in Sidi Ahmed, einem Vorort von Ferryville. Er wurde auf dem Jagdflugzeug Breguet 690 ausgebildet, einem der modernsten und besten Flugzeuge der dreißiger und vierziger Jahre.
Leon wurde in Toulon an der Ecole Navale ausgebildet, auf dem Kriegskreuzer Le Foch und zwar als Kanonier und Maschinist, er verließ die Schule mit dem Grad eines Kapitäns. Leon traf Patrice erst nach seiner Rückkehr aus Toulon im Jahre 1935 wieder.
Er wohnte immer noch in einem Flügel des Hauses seines Vaters und war der Stolz der Familie geworden. Denn er hatte mit sehr guten Noten abgeschlossen. Er wurde sehr schnell bei den Piloten sehr beliebt wegen seines Mutes, dem klaren Denken, seiner Verbindlichkeit und seiner Treue. Er wurde durch seine Familie in die Kreise der Mächtigen der Armee eingeführt und manche der Generäle wünschten sich ihn als Schwiegersohn zu sehen. Er war technisch sehr begabt und sehr versiert, sodass manche technischen Probleme an den Flugzeugen durch seine Hilfe sehr schnell behoben werden konnten.
Die beiden Freunde gingen gemeinsam sehr oft am Samstag im Lido in Bizerta aus und haben sich entweder mit Kameraden oder mit Freunden amüsiert. Und manche der Damen, die eingeladen wurden, wurden selbstverständlich und ritterlich am Abend nach Hause gebracht. Man war stets bemüht der Ruf der jungen Damen zu respektieren und dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht ins Gerede kamen. Es war erstaunlich wie schnell Patrice bei den Frauen sehr beliebt wurde, obwohl er sich stets normal benommen hat, er hat weder angegeben noch hat er seinen Charme ausgenutzt.
Mit der Rückkehr aus der Ausbildung hatten sie sich dazu verpflichtet, jeweils 15 Jahre lang der französischen Armee in den Kolonien zu dienen. Diese Verpflichtungen trug leider ein entscheidendes Problem in sich. Sie hatten nicht vorhergesehen, dass nochmal ein Krieg bzw. ein Weltkrieg gegen die Deutschen ausbrechen würde.
7. Der kleine Kosmos von Ferryville und Bizerta
Die Gegend um Ferryville und Bizerta war ein Kosmos für sich.
Die Bevölkerungszahl für Ferryville betrug ca. 35.000 Zivilisten und ca. 40.000 Soldaten, betrachtet man den Marinehafen und den Militärflughafen. In der Stadt waren drei Kinos, zwei große Markthallen gebaut im Stil der Belle Époque, zwei Tanzsäle , drei Kinos, 15 Bistros und Café, sechs Restaurant von denen zwei sehr namhaft waren, ein weltberühmtes Militärkrankenhaus , drei Gymnasien, vier Volksschulen, drei Sportvereine, mehrere Bauern, mehrere Fischer, vier Pasteten- und Wurstmacher, sechs Bäckereien, vier Konditoreien, fünf Metzger, drei Schneider, drei Schumacher, ein Monoprix, mehrere Maurer, mehrere Schreiner, mehrere Automechaniker, Elektriker, mehrere Fischhändler, sechs große Lebensmittelgeschäfte, ein Theater. Im Bereich der Kultur konnte sich die kleine Stadt sowohl mit Philosophen, Schriftstellern, Sängern, Schauspielern und Sportlern rühmen. Hinzu kam ein Radiosender. Die kleine Stadt war voller Leben und hatte trotzdem eine ruhige Gangart. Die Bevölkerung bestand zu 70 % aus Franzosen, Italienern, Spaniern, Serben, Russen, Engländern, Amerikanern und sogar Deutschen. Die Araber bzw. die Berber waren in einer Minderheit von maximal 20 % der Bevölkerung. Die Religion war überwiegend katholisch, eine Minderheit war evangelisch, eine Minderheit von Orthodoxen, eine Minderheit von Juden und eine kleine Minderheit von Moslems.