Die Schlacht von Maldon und Die Heimkehr von Beorhtnoth - J.R.R. Tolkien - E-Book

Die Schlacht von Maldon und Die Heimkehr von Beorhtnoth E-Book

J.R.R. Tolkien

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Beschreibung

»Höher sei der Wille, das Herz kühner, der Mut umso mehr, wie unsre Macht schwindet.« England im 10. Jahrhundert. Bei der Stadt Maldon trifft ein Wikingerheer auf die Verteidiger von Essex. Hiervon erzählt ein altenglisches Gedicht, das kurz nach der Schlacht entstand. Es inspirierte J.R.R. Tolkien zu einem eigenen Versdrama: Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn. Es ist Nacht. Zwei Männer stolpern über das Schlachtfeld. Der eine ein junger Bursche mit dem Kopf voller Träume. Der andere ein alter Bauer, der schon viele Kämpfe gesehen hat. Während sie im Dunkeln nach der Leiche ihres Herrn suchen, erkunden sie im Gespräch die Spannungen zwischen Jugend und Alter, von heidnischer und christlicher Weltsicht, die Ideale von Treue und Gemeinschaft und die Frage, was Heldentum bedeutet. Tolkiens dramatischer Dialog wird ergänzt durch seine Übersetzung der altenglischen Vorlage, Notizen und Essays aus dem Umfeld und eine frühe Fassung des Stücks in gereimten Versen. Dabei sind wissenschaftliche Arbeit und literarisches Schaffen untrennbar verbunden und führen am Ende weiter in die Welt von Der Herr der Ringe. Enthalten ist »Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn« in der englischen Fassung und erstmals in deutscher Übersetzung. Ein Extrakapitel behandelt die »Tradition der Versbildung im Altenglischen«.

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Dies ist der Umschlag des Buches »Die Schlacht von Maldon und Die Heimkehr von Beorhtnoth« von J.R.R. Tolkien, Helmut W. Pesch

Seite aus dem Originalmanuskript von »Die Heimkehr von Beorhtnoth«

(MS Tolkien folio 86r)

J.R.R. TOLKIEN

Die Schlacht von Maldon

zusammen mit Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorthelms Sohn und »Die Tradition der Versbildung im Altenglischen«

Herausgegeben von Peter Grybauskas

Aus dem Englischen von Helmut W. Pesch

KLETT-COTTA

Impressum

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Hobbit Presse

www.hobbitpresse.de

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »The Battle of Maldon together with The Homecoming of Beohrtnoth« im Verlag HarperCollinsPublishers, London/Dublin 2023

Alle Texte und Materialien von J. R. R. Tolkien © The Tolkien Estate Limited 1953, 2023

Vorwort, Einleitungen, Fußnoten und Kommentare © Peter Grybauskas 2023

Illustrationen: © Bill Sanderson 2023

The Tolkien Estate Limited and Peter Grybauskas have asserted their respective moral rights in this work.

®, ® und Tolkien® sind eingetragene Markenzeichen des Tolkien Estate Limited

Für die deutsche Ausgabe

© 2024 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Cover: Birigit Gitschier, Augsburg unter Verwendung mehrerer Abbildung von Shutterstock und Daten des Originalverlags (Helm)

Kartenzeichnung: Helmut W. Pesch nach E. V. Gordon

Gesetzt von Dörlemann Satz, Lemförde

Gedruckt und gebunden von CPI – Clausen & Bosse, Leck

ISBN 978-3-608-98769-0

E-Book ISBN 978-3-608-12294-7

Inhalt

Abkürzungen und Schreibweisen

Vorwort

Einleitung

Erster Teil

Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn

(

I

) Beorhtnoths Tod

(

II

) The Homecoming of Beorhtnoth Beorhthelm’s Son

(

II

) Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn

(

III

) Ofermod

Anmerkungen

Zweiter Teil

Die Schlacht von Maldon

Einleitende Anmerkung

Karte

Die Schlacht von Maldon,

Prosafassung von J. R. R. Tolkien

Anmerkungen

Dritter Teil

Die Tradition der Versbildung im Altenglischen

Anmerkungen

Anhänge

I »Altenglische Prosodie«

II

 Die Tradition der Versbildung im Altenglischen [Fortsetzung]

III

 Alliteration auf

g

in

Die Schlacht von Maldon

IV

 Eine frühe Fassung von

Die Heimkehr

in Reimform

V

 Bemerkenswerte Entwicklungen in den Entwürfen zu

Die Heimkehr

VI

 Die Puddingprobe:

Die Heimkehr

im Dialog mit dem Legendarium

Anmerkung des Übersetzers zum Stabreim

Literaturverzeichnis

Dank des Herausgebers und des Übersetzers

Für Marie, Bruno und Flavia

Abkürzungen und Schreibweisen

Ae., ae.

Altenglisch, altenglisch

An., an.

Altnordisch, altnordisch

Me., me.

Mittelenglisch, mittelenglisch

Ws., ws.

Westsächsisch, westsächsisch

MS

Manuskript

Sonderzeichen in alten Texten

æ

ae (æsh), ein offenes ä

ð

th (eth), in der Regel stimmhaft

þ

th (thorn), in der Regel stimmlos

ȝ

y (yodh), wie deutsches j

7

Kürzel für and (»und«)

Metrische Symbole

–´

Hebung (primäre Betonung)

–`

Nebenhebung (sekundäre Betonung)

×

Senkung (unbetont)

˘

kurze Silbe

Vorwort

»Tot und ohne Kopf nach Hause zu kommen (wie Beorhtnoth) ist nicht sehr erfreulich.« So witzelte Tolkien 1961 in einem Brief an seinen Verlag Allen & Unwin und traf damit ziemlich genau den Kern von Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn (im Folgenden kurz als Die Heimkehr bezeichnet), während er gleichzeitig seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck brachte, dass der erste schwedische Übersetzer von Der Herr der Ringe das Gedicht leichtfertig als die Schilderung »einer anderen berühmten Heimkehr« bezeichnet hatte – eine von mehreren Fehldeutungen seines Werkes.

Missverständnisse wie das oben erwähnte sind bei Die Heimkehr keine Seltenheit; der Text hat seit vielen Jahren den Ruf, so etwas wie ein Fremdkörper im Tolkien-Kanon zu sein. Man könnte sagen, dass dieser Ruf von Anfang an begründet war. Die erste Veröffentlichung erfolgte 1953 in einem Band des akademischen Jahrbuchs Essays and Studies – und das, obwohl Die Heimkehr im Kern ein dramatischer Dialog im Stabreim ist. Tolkien, der sich in den ersten Zeilen von »Ofermod«, dem wissenschaftlichen Aufsatz, der auf das Versdrama folgt, ein wenig verlegen dafür entschuldigt, war sich der Tatsache bewusst, dass das Stück nicht in diesen Rahmen passte. Während dieser Anhang, der dem Stück wahrscheinlich seinen Platz in dem Jahrbuch verschafft hat, eine beachtliche Popularität erlangt hat (zuerst unter den Fachgelehrten, die sich mit Die Schlacht von Maldon befasst haben, und später unter denjenigen, die sich für Tolkiens eigene Geschichten interessierten), wurde der Rest des Textes, wenn er nicht sogar furchtbar missverstanden wurde, weitgehend vernachlässigt. Um ein besonders eklatantes Beispiel zu nennen: Der Werbetext einiger Online-Buchhändler zur neuesten Ausgabe von Tree and Leaf (Baum und Blatt) im Englischen, die einen Abdruck von Die Heimkehr enthält, behauptet auch heute noch fälschlicherweise, dass die Leserinnen und Leser hier »die Übersetzung von Tolkiens Bericht über die Schlacht von Maldon, bekannt als Die Heimkehr von Beorhtnoth«, geboten bekommen.

Diese neue Ausgabe von Die Heimkehr, sieben Jahrzehnte nach ihrer Erstveröffentlichung, will mit dieser Verwirrung aufräumen und die einzigartigen poetischen und wissenschaftlichen Qualitäten dieses Werks zur Geltung bringen: als das seltene vollendete Beispiel von Tolkiens Beherrschung des Stabreims und Ort einiger der aufschlussreichsten Überlegungen des Autors zu Heldentum, Krieg und poetischer Tradition.

Um dieses Ziel besser zu erreichen, freue ich mich, neben Die Heimkehr zwei eng verwandte, aber bisher unveröffentlichte Werke wiedergeben zu können: Tolkiens Prosaübersetzung von Die Schlacht von Maldon, dem anonymen altenglischen Gedicht, das die Ereignisse seines Versdramas inspirierte, mit ausgewählten Anmerkungen und Kommentaren von Tolkien selbst; und »Die Tradition der Versbildung im Altenglischen«, eine weit gefasste Abhandlung über das Wesen der poetischen und künstlerischen Überlieferung und die Stellung von Maldon im Kanon der frühen englischen Literatur. In den Anhängen finden sich weitere Auszüge aus Tolkiens wissenschaftlicher Beschäftigung mit Maldon, eine frühe Fassung von Die Heimkehr im Paarreim mit einem Überblick über die schöpferische Entwicklung von Die Heimkehr und (aus meiner Feder) eine kurze Abhandlung darüber, wie Belange und Themen dieses Textes in den Geschichten von Tolkiens Legendarium aufgegriffen werden. Ich hoffe, dass sowohl alte als auch neue Leser hier etwas von Interesse finden werden.

Zu den Anmerkungen

Ausführliche Erläuterungen des Autors, des Herausgebers und des Übersetzers mit Hinweisen zu Fachbegriffen und verwendeten Quellen sowie Übersetzungen von Wörtern und Zitaten aus alten Sprachen sind, soweit es sich anbot, jeweils am Ende der drei Hauptteile zusammengefasst, um den Lesefluss nicht über Gebühr zu beeinträchtigen. Fußnoten und Ergänzungen des Herausgebers und des Übersetzers im laufenden Text sind durch eckige Klammern gekennzeichnet.

Zur Form des altenglischen Verses siehe die »Anmerkung des Übersetzers zum Stabreim« im Anhang.

Für Marie, Bruno und Flavia

Einleitung

Zur Einordnung von Die Heimkehr von Beorhtnoth

Die Heimkehr von Beorhtnoth ist nicht leicht in eine Kategorie einzuordnen. Der zentrale Text kann als Teil eines wissenschaftlichen Werkes, als Versdrama im Stabreim oder als historische Fiktion gelesen werden; er wurde als Coda, Epilog, Sequel und Prequel zu Die Schlacht von Maldon beschrieben – was alles durchaus zutreffend ist. Einige Leserinnen und Leser werden es vielleicht vorziehen, diese einleitenden Worte zu überspringen oder zumindest für später aufzuschieben und direkt in den Text einzusteigen; aber für diejenigen, die eine kurze Einführung benötigen, möchte ich in den folgenden drei Absätzen eine kurze Zusammenfassung des Inhalts von Die Heimkehr geben.

Das Werk gliedert sich in drei Teile. Im Zentrum steht ein dramatischer Dialog im Versmaß des Stabreims (der eigentliche Text von Die Heimkehr), welcher die fiktive Suche zweier Diener des Ealdorman (oder Herzogs) Beorhtnoth, Torhthelm (Totta) und Tídwald (Tída), erzählt, die nach einer Schlacht zwischen Engländern und Wikingern in der Nähe von Maldon im Jahre 991 vom Abt des Klosters ausgesandt wurden, um den Leichnam ihres Herrn zu bergen. Dieser Kampf selbst ist das Thema von Die Schlacht von Maldon, einem altenglischen Gedicht, von dem ein längeres Teilstück erhalten ist.

Totta ist »ein junger Mann, der Sohn eines Spielmanns; sein Kopf ist voll von alten Liedern« über die Sagen des Nordens. Tída hingegen ist ein alter »Bauer, der schon viele Kämpfe gesehen hat«. Keiner von beiden hat an der Schlacht am Vortag teilgenommen. Während dieses ungleiche Paar durch den Schlamm und die Blutlachen des Schlachtfeldes watet und im Dunkeln nach der kopflosen Leiche Beorhtnoths sucht, erkundet es im Gespräch die Spannungen zwischen Jugend und Alter, Romantik und Realismus, heidnischer und christlicher Weltanschauung. Nach vielen Mühen und einem Handgemenge mit elenden Plünderern, bei dem ein weiterer unnötiger Toter zu beklagen ist, gelingt es den beiden Männern, den Leichnam des Herzogs auf ihren Wagen zu laden und sich auf den langen Weg zur Abtei von Ely zu machen. Totta, der im Wagen im Halbschlaf liegt, hat eine Traumvision, in der er die berühmtesten Zeilen des (noch ungeschriebenen) altenglischen Maldon-Gedichts murmelt und damit andeutet, dass er dieses vielleicht eines Tages verfassen wird. Sein Traum wird durch eine Erschütterung auf der holprigen Straße unterbrochen, und der Vorhang senkt sich mit den Mönchen von Ely, die das lateinische Totengebet anstimmen. Ihr Choral, kurz unterbrochen von einer geheimnisvollen Stimme aus dem Dunkel, schließt die düstere Geschichte von Beorhtnoths Heimholung ab.

Umrahmt wird dieser dramatisch-poetische Kern von zwei Texten. Am Anfang steht »Beorhtnoths Tod«, eine einleitende historische Abhandlung über die Schlacht und deren Ausgang, und am Ende folgt »Ofermod«, ein Essay, der die Darstellung des Heldentums in dem altenglischen Gedicht untersucht und (souverän und wider die gängige Meinung) argumentiert, dass der anonyme Dichter die ritterliche Torheit Beorhtnoths scharf kritisiert, weil er der weitaus größeren Wikingertruppe erlaubte, über eine strategische Furt auf das Festland zu gelangen und einen »fairen« Kampf zu führen. Diese beiden Essays wurden geschrieben, um den Kontext des Versdramas zu klären und um dem akademischen Umfeld von Essays and Studies entgegenzukommen, und sie wurden in späteren Nachdrucken (einschließlich des vorliegenden Buches) beibehalten.

Die hybride Natur des Textes macht es schwierig, Die Heimkehr in das Tolkien-Buchregal einzuordnen. In seiner Gesamtheit ist es vielleicht der beste Beweis dafür, wie Tolkiens »wissenschaftliche Studien seine Vorstellungskraft befruchteten« und das hervorbrachten, was Alan Bliss seine »einzigartige Mischung aus philologischer Gelehrsamkeit und poetischer Vorstellungskraft« nennt (»Canute and Beorhtnoth« 335; Vorwort zu Finn and Hengest). Das Versdrama selbst könnte gut neben anderen Beispielen für Tolkiens Experimente zur Wiederbelebung des altenglischen Stabreims im modernen Englisch stehen. Einige von ihnen, wie König Arthurs Untergang, scheinen das Ansinnen von Die Heimkehr als kreative Auseinandersetzung mit den Traditionen und Sagenzyklen der primären Welt zu teilen, die Tolkien liebte und wissenschaftlich erforschte. Aber es gibt in diesem Werk auch viele bemerkenswerte Elemente, die ihren Weg in sein Legendarium gefunden haben, darunter sein gewaltiges, unvollendetes frühes Werk The Lay of the Children of Húrin (in The Lays of Beleriand) und kürzere Gedichte wie das »Lied über die Hügelgräber von Mundburg« in Der Herr der Ringe. Als phantasievolle Coda der Schlacht von Maldon – oder als Ausgangspunkt für das Gedicht, das an die Schlacht erinnert – ähnelt es anderen kreativen »Rekonstruktionen« Tolkiens wie »Sellic Spell«, einer Art Märchen, wie er es als Quelle hinter dem uns bekannten Beowulf vermutet. Mit stärkerer Betonung des »Ofermod«-Aufsatzes findet der Text seinen Platz neben »Beowulf: Die Ungeheuer und ihre Kritiker« und anderen wissenschaftlichen Arbeiten. Und wie fast jedes Werk Tolkiens – ob wissenschaftlich oder literarisch –, das vor 1954 veröffentlicht wurde, wird es unweigerlich zum Teil danach beurteilt werden, welches Licht es auf die Natur oder die Entstehung von Der Herr der Ringe wirft, das zweifellos Tolkiens Meisterwerk darstellt. In diesem Sinne lädt Die Heimkehr zu einer genaueren Betrachtung ein, da es weniger als ein Jahr vor The Fellowship of the Ring (Die Gefährten) veröffentlicht wurde.

»Beorhtnoth tragen wir, nicht Béowulf hier«, mahnt Tídwald seinen jungen Gefährten in dem Versdrama, aber er könnte es auch zu uns sagen. Schließlich ist das später entstandene, kürzere und überwiegend historisch begründete Gedicht Die Schlacht von Maldon kaum mit Beowulf zu vergleichen, dem Dreh- und Angelpunkt von Tolkiens Phantasie, einer scheinbar unerschöpflichen Quelle für seine wissenschaftlichen Spekulationen und seine kreative Inspiration. Aber abgesehen von Beowulf ist Die Schlacht von Maldon vielleicht »das altenglische Gedicht, das Tolkiens literarisches Werk am meisten beeinflusst hat« (Holmes in The J. R. R. Tolkien Encyclopedia). Dieses Thema werde ich im letzten Anhang dieses Buches vertiefen.

Manuskript- und Publikationsgeschichte

Eine umfangreiche Sammlung undatierter Manuskripte und Typoskripte zu Die Heimkehr befindet sich unter der Signatur MS Tolkien 5 in der Bodleian Library in Oxford. Thomas Honegger hat 2007 in einem Artikel für Tolkien Studies die elf Texte dieses Konvoluts als A bis K chronologisch geordnet und verwendet das griechische α, um das frühe Fragment zu bezeichnen, das Christopher Tolkien in The Treason of Isengard veröffentlichte (106 f.). Die Entwürfe zeigen die teils subtile, teils radikale Veränderung des Werkes von einem kurzen gereimten Dialog (wie in Version A) zu einem vollwertigen Drama im Stabreim mit begleitendem wissenschaftlichen Apparat in dem endgültigen Typoskript, das Tolkien an die Setzerei schickte (Version K). Andere, möglicherweise frühere Fragmente finden sich hier und da. Christopher Tolkien beschreibt einen Rohentwurf, der auf die Rückseite einer Version von Tolkiens Gedicht »Errantry« gekritzelt wurde, und merkt an, dass ein noch früherer Text unter Tolkiens Bildern in der Bodleian Library zu finden sei, auf der Rückseite einer Bleistiftskizze einer ländlichen Landschaft (MS Tolkien Drawings 88, fol. 24v.). Das Tolkien-Gordon-Archiv an der Universität Leeds bewahrt gleichfalls einen frühen Entwurf des gereimten Dialogs auf, welcher zwischen den Versionen B und C der Bodleian Library zu liegen scheint.

Christopher Tolkien zufolge stammen diese ältesten erhaltenen Fragmente aus den frühen 1930er Jahren, mehr als zwanzig Jahre vor der endgültigen Veröffentlichung im Jahr 1953. Die einzelnen Phasen der langen Entstehungsgeschichte des Textes lassen sich nicht genau datieren; Tolkiens Biograph Humphrey Carpenter stellte lediglich fest, der Text »lag schon 1945 vor«. Dieses Datum wird durch eine Anmerkung Christopher Tolkiens in der Buchveröffentlichung von The Lay of Aotrou and Itroun bekräftigt: »Mein Vater reiste im Juni 1945 als Abschlussprüfer nach Aberystwyth und hinterließ bei seinem Freund Professor Gwyn Jones mehrere unveröffentlichte Werke, Aotrou and Itroun, The Homecoming of Beorhtnoth und Sellic Spell.« Wie weit Die Heimkehr 1945 gediehen war, bleibt unklar. Aber acht Jahre später sollte es mit Jones’ »Language, Style, and the Anglo-Welsh« in ein und demselben Band von Essays and Studies erscheinen.

Nach seiner Erstveröffentlichung im Oktober 1953 wurde Die Heimkehr in verschiedenen Anthologien nachgedruckt, darunter The Tolkien Reader (1966), Poems and Stories (1980) und späteren Ausgaben von Tree and Leaf (ab 2001). Abgesehen von einer limitierten Ausgabe im Jahr 1991, die anlässlich des 1000-jährigen Jubiläums der Schlacht von Maldon erschien, ist die vorliegende Ausgabe die erste eigenständige Veröffentlichung des Werks.

Vertonungen

In der ersten Fußnote des »Ofermod«-Essays heißt es, das Versdrama sei »eindeutig als Rezitation für zwei Personen gedacht, zwei Gestalten im ›Schattendüster‹«, obwohl es »natürlich nie aufgeführt« wurde. Das änderte sich kurz nach der Veröffentlichung in Essays and Studies: Das dritte Programm der BBC produzierte eine Radio-Inszenierung, die am 3. Dezember 1954 gesendet und am 17. Juni des folgenden Jahres wiederholt wurde. Aus dieser Zeit sind Aufzeichnungen von Tolkiens Korrespondenz mit Rayner Happenstall von der BBC erhalten – er war letztlich nicht zufrieden mit der Produktion. Im Vorfeld der BBC-Ausstrahlung schuf Tolkien seine eigene Vertonung des Dramas, die er, komplett mit in seinem Arbeitszimmer produzierten Soundeffekten, »auf Band« aufnahm. Diese Aufnahme wurde zusammen mit Christopher Tolkiens Lesung von »Beorhtnoths Tod« und »Ofermod« auf Kassette zusammengefasst und den Teilnehmern der Tolkien Centenary Conference 1992 in Oxford als Geschenk überreicht.

Tolkiens Auseinandersetzung mit Die Schlacht von Maldon

Wie dieser Band zeigen wird, ist Die Heimkehr nur eine späte erlesene Frucht von Tolkiens viel längerer Faszination für Die Schlacht von Maldon. Es scheint daher angebracht, diese Einleitung mit einigen Worten darüber abzuschließen, was über Tolkiens Studien zu dem Gedicht bekannt ist, das er als »das letzte erhaltene Fragment der alten englischen Heldendichtung« bezeichnet.

Tolkiens Beschäftigung mit dem Text reicht mit Sicherheit mindestens bis in seine Studienzeit (1911–1915) am Exeter College in Oxford zurück, als Die Schlacht von Maldon ein kleiner, aber unverzichtbarer Teil des Englisch-Lehrplans war – so wie es auch heute noch für Studenten des Altenglischen der Fall ist. Stuart Lee weist darauf hin, dass Tolkiens persönliches Exemplar von Henry Sweets Anglo-Saxon Reader aus dem Michaelmas-Trimester 1911 mehrere Randnotizen zu Die Schlacht von Maldon enthält (»Lagustreamas« 158). Jahre später gehörte das Gedicht selbstverständlich zu seinem Lehrstoff, insbesondere während seiner Zeit als Rawlinson und Bosworth Professor of Anglo-Saxon (1925–1945) am Pembroke College, wo er mindestens zweimal, 1928 und 1930, Vorlesungen über Maldon hielt (Chronology 156, 165). 1937 veröffentlichte Tolkiens Freund und ehemaliger Kollege an der Universität Leeds, E. V. Gordon, eine Textedition, die für viele Jahre zur Standardausgabe von Maldon wurde. Obwohl es sich nicht um eine offizielle Zusammenarbeit wie bei der gemeinsamen Ausgabe von Sir Gawain and the Green Knight im Jahr 1925 handelte, dankt Gordon Tolkien in seinem Vorwort für seine »vielen Korrekturen und Beiträge« und stellt fest, dass Tolkien ihm »mit der für ihn typischen Großzügigkeit die Lösung für viele der in der Ausgabe diskutierten textlichen und philologischen Probleme« (vi) gegeben habe.

Die Spuren von Maldon in Tolkiens veröffentlichten Schriften außerhalb von Die Heimkehr sind gering, obwohl Tolkien in seinem berühmten Vortrag »Beowulf: Die Ungeheuer und ihre Kritiker« »in den Worten Byrhtwolds« (Zeile 312 f. von Maldon) einen definitiven Ausdruck der »Feier des ungebrochenen Willens« sieht (»Beowulf« 37). Etwa dreißig Jahre später erinnerte Tolkien in dem Gedicht »For W. H. A.«, enthalten im Gedenkband zum sechzigsten Geburtstag von W. H. Auden in der Zeitschrift Shenandoah, an den legendären Namensvetter seines Freundes: »Wighelm’s son who in war was slain / at Byrhtnoth’s side by the Blackwater / in the famous defeat« [»Wighelms Sohn, der im Krieg erschlagen ward / an Byrhtnoths Seite am Blackwater / bei der berühmten Niederlage«]. Doch diese spärlichen und verstreuten Anspielungen täuschen über die bemerkenswerte Breite und Tiefe von Tolkiens Interesse an Maldon hinweg, wie schon ein flüchtiger Blick auf Tolkiens wissenschaftliche Aufzeichnungen in der Bodleian Library zeigt. Ein Teil dieser langen und fruchtbaren Auseinandersetzung mit dem Text wird hier zum ersten Mal veröffentlicht.

Ein letztes Wort zum Aufbau dieses Buches: Obwohl Die Heimkehr in diesem Band an erster Stelle steht, ist es eindeutig der letzte der hier zusammengestellten Texte. Der Leser mag sich zu Recht fragen, warum Maldon als Inspiration für Die Heimkehr nicht den Reigen eröffnet. Während diese Platzierung einerseits die größere Anziehungskraft und den Status von Die Heimkehr als bemerkenswerten Höhepunkt von Tolkiens Gedanken und Gefühlen zu Maldon bestätigt, unterstreicht sie indirekt auch Tolkiens anhaltendes Interesse an den Regeln der Dichtkunst und dem Prozess der literarischen Neuschöpfung. Indem diese Ausgabe die Suche von Tída und Totta vor Die Schlacht von Maldon ansiedelt, folgt sie der inneren Chronologie von Tolkiens literarischer Spurensuche: Erst nach der Handlung von Die Heimkehr kann das berühmte altenglische Gedicht entstehen.

Erster Teil

Die Heimkehr von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn

(I) Beorhtnoths Tod

Im August des Jahres 991, zur Regierungszeit von Æthelred II., kam es in der Nähe von Maldon in Essex zu einer Schlacht. Auf der einen Seite stand das Aufgebot von Essex, auf der anderen Seite ein Wikingerheer, das Ipswich verwüstet hatte. Die Engländer wurden von Beorhtnoth Beorhthelms Sohn, dem Herzog von Essex, angeführt, einem Mann, der zu seiner Zeit berühmt war: mächtig, furchtlos und stolz. Er war jetzt alt und ehrwürdig, aber kraftvoll und tapfer, und sein weißes Haupt überragte die anderen Männer, denn er war ungemein groß.1 Die »Dänen« – in diesem Fall handelte es sich wahrscheinlich größtenteils um Norweger – wurden nach einer Fassung der Angelsächsischen Chronik von Anlaf angeführt, der in den nordischen Sagen und in der Geschichte als Olaf Tryggvason bekannt ist und später König von Norwegen wurde.2 Die Nordmänner waren die Mündung der Pante, die heute Blackwater heißt, hinaufgesegelt und lagerten auf der Insel Northey. Die Nordmänner und die Engländer waren durch einen Flussarm getrennt, der von der Flut überspült wurde und nur durch eine »Brücke« oder einen Dammweg überquert werden konnte, der angesichts einer entschlossenen Verteidigung nur schwer zu überwinden war.3 Die Verteidiger waren entschlossen. Aber die Wikinger wussten, so scheint es, mit wem sie es zu tun hatten: Sie baten darum, die Furt überqueren zu dürfen, um einen fairen Kampf führen zu können. Beorhtnoth nahm die Herausforderung an und erlaubte ihnen, aufs Festland hinüberzukommen. Dieser Akt des Stolzes und der fehlgeleiteten Ritterlichkeit erwies sich als verhängnisvoll. Beorhtnoth wurde erschlagen, und die Engländer wurden aufgerieben, aber das »Gefolge« des Herzogs, sein heorðwerod, bestehend aus den ausgewählten Kämpen und Hauptleuten seiner Leibgarde, von denen einige Mitglieder seiner eigenen Familie waren, kämpfte weiter, bis sie alle tot an der Seite ihres Herrn lagen.

Ein Fragment – ein umfangreiches Fragment, 325 Zeilen lang – eines zeitgenössischen Gedichts ist erhalten geblieben: Das Ende und der Anfang fehlen ebenso wie der Titel, aber es ist heute allgemein als Die Schlacht von Maldon bekannt. Es erzählt von der Forderung der Wikinger nach Tribut im Gegenzug für den Frieden; von Beorhtnoths stolzer Weigerung und Kampfansage und der Verteidigung der »Brücke«; der listigen Bitte der Wikinger und der Überquerung der Furt; dem letzten Kampf Beorhtnoths, in dem ihm sein Schwert mit goldenem Heft aus der verstümmelten Hand fiel, und der Zerstückelung seines Körpers durch die heidnischen Krieger. Das Ende des Fragments, fast die Hälfte, erzählt vom letzten Widerstand der Leibgarde und zeichnet Namen, Taten und Reden vieler der englischen Streiter auf.

Herzog Beorhtnoth war ein Beschützer der Mönche und ein Förderer der Kirche, insbesondere der Abtei von Ely. Nach der Schlacht barg der Abt von Ely seinen Leichnam und setzte ihn in der Abtei bei. Beorhtnoths Kopf war abgeschlagen worden und wurde nicht wiedergefunden; er wurde in der Gruft durch eine Wachskugel ersetzt.

Nach dem späten und historisch zweifelhaften Bericht im Liber Eliensis aus dem zwölften Jahrhundert begab sich der Abt von Ely selbst mit einigen seiner Mönche auf das Schlachtfeld. Im folgenden Gedicht wird jedoch angenommen, dass der Abt und seine Mönche nur bis nach Maldon kamen und dort zurückblieben, von wo aus sie zwei Männer, Diener des Herzogs, am Abend nach der Schlacht zu dem in einiger Entfernung liegenden Schlachtfeld schickten. Sie führten einen Wagen mit und sollten den Leichnam Beorhtnoths heimholen. Den Wagen ließen sie am Ende des Dammwegs stehen und begannen inmitten der Gefallenen zu suchen: Auf beiden Seiten waren sehr viele getötet worden. Torhthelm (umgangssprachlich Totta) ist ein Jüngling, Sohn eines Spielmanns; sein Kopf ist voll von alten Liedern über die Helden des nordischen Altertums wie Finn, König von Friesland, Fróda von den Hathobarden, Béowulf sowie Hengest und Horsa, die überlieferten Anführer der englischen Wikinger in den Tagen Vortigerns (von den Engländern Wyrtgeorn genannt). Tídwald (kurz Tída) ist ein alter ceorl, ein Bauer, der viel im englischen Verteidigungsheer gekämpft hat. Keiner der beiden Männer nahm selbst an der Schlacht teil. Nachdem sie den Wagen verlassen hatten, wurden sie in der hereinbrechenden Dämmerung getrennt. Die Nacht bricht an, dunkel und wolkenverhangen. Torhthelm befindet sich allein in einem Teil des Feldes, in dem die Toten zuhauf liegen.

Aus dem altenglischen Gedicht stammen die stolzen Worte Offas bei einem Kriegsrat vor der Schlacht und der Name des tapferen jungen Ælfwine (Spross eines alten Adelshauses in Mercia), dessen Mut von Offa gelobt wurde. Dort finden sich auch die Namen der beiden Wulfmær: Wulfmær, der Sohn von Beorhtnoths Schwester, und Wulfmær der Junge, der Sohn Wulfstans, der zusammen mit Ælfnoth an der Seite von Beorhtnoth schwer verwundet fiel. Gegen Ende des überlieferten Fragments spricht ein alter Gefolgsmann, Beorhtwold, während er sich darauf vorbereitet, in dem aussichtslosen letzten Gefecht zu sterben, jene berühmten Worte, eine Zusammenfassung des heroischen Kodexes, die hier im Traum von Torhthelm gesprochen werden:

Hige sceal þe heardra, heorte þe cenre,

mod sceal þe mare þe ure mægen lytlað.

»Der Wille soll umso fester, das Herz umso kühner, der Mut umso größer sein, je mehr unsere Stärke schwindet.«

Es wird hier angedeutet, und das ist in der Tat wahrscheinlich, dass dies kein »spontaner« Ausspruch war, sondern ein überkommener und ehrenvoller Ausdruck des heldenhaften Willens; umso wahrscheinlicher ist es, dass Beorhtwold die Worte aus diesem Grund in seiner letzten Stunde tatsächlich verwendet hat.

Die dritte englische Stimme im Dunkeln, die spricht, nachdem das Dirige zum ersten Mal erklungen ist, verwendet Reime: Sie kündet vom Schwinden und Vergehen des alten heroischen Stabreims. Die Schlacht von Maldon ist in einer freien Form der alliterativen Langzeile verfasst, als das letzte erhaltene Fragment der alten englischen Heldendichtung. In diesem Versmaß, wenig oder gar nicht freier (obwohl es für Dialoge verwendet wird) als das alte, ist auch das im Folgenden wiedergegebene moderne Gedicht verfasst.

Die gereimten Zeilen sind ein Echo auf einige Verse, die in der Historia Eliensis erhalten sind und sich auf König Knut beziehen:

Merie sungen ðe muneches binnen Ely,

ða Cnut ching reu ðerby.

»Roweð, cnites, noer the land

and here we ther muneches saeng.«

[»Freudig sangen die Mönche in Ely,

als König Knut dort vorbeiruderte.

›Rudert, Männer, nahe am Land,

und hören wir jener Mönche Sang.‹«]