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Ausgangspunkt für die vorliegende Dokumentation „Die Seemannschaft der DSR-Besatzungen bei der Bergung ihrer und fremder Schiffe sowie bei der Rettung der Besatzungen“ von Kapitän Hans-Hermann Diestel war ein Beitrag „Rettung aus Seenot“ der Redaktion in den Bordgeschichten Nr. 20. In jenem Text ging es vor allem um die Rettung der Besatzungen und eventueller Passagiere, um die des Schiffes und um eine mögliche Bergung des Schiffes. Die Ursachen für die wichtigsten Seeunfälle hat der Autor bereits in seinem Buch „SCHIFFSUNFÄLLE der Deutschen Seereederei Rostock“ beschrieben. In diesem Buch werden die Ursachen für einen Seeunfall nur dann erwähnt, wenn dem Autor, wie bei der NIENBURG, MANSFELD oder ARENDSEE, neue Informationen bekannt wurden. Unter dem Motto „Gedenkt eurer auf See gebliebenen DSR-Brüder und -Schwestern“ geht er hier auf die Rettungsaktionen von DSR-Schiffen ein, wie Schiffe und Kräfte anderer Nationen DSR-Schiffen in Not halfen und wie sich DSR-Schiffe gegenseitig geholfen haben.
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Seitenzahl: 276
Veröffentlichungsjahr: 2024
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„Within the four seas all men are brothers”.
Konfuzius
„Wer seine Traditionen aufgibt, gibt sich selber auf.“
Günter Grass
„Mit Menschen umzugehend ist eine ebenso große Kunst, wie die Schiffe zu führen. Beide Menschen wie Schiffe werden gleichermaßen von listenreichen und mächtigen Kräften bedrängt und wollten eher ihre Vorzüge verstanden als ihre Fehler erkannt wissen.“
Joseph Conrad, The Mirror of the Sea
„Manch einer meint die Reiter, ein anderer die Pferde, ich aber sage Euch, die Schiffe sind der Menschen höchstes Gut.“
Alter griechischer Spruch
„Wenn irgendetwas, so ist das Seewesen eine Kunst, die nicht gelegentlich und nur nebenbei geübt sein will, sondern im Gegenteil es darf nichts anderes neben ihr getrieben werden.“
Perikles
„Was die Länder miteinander verbindet, sind nicht die Ozeane – es sind die Menschen auf den Schiffen.“
(F. Braudel, 1902-1985)
Kapitän
Hans-Hermann Diestel
Die Seemannschaft der DSR-Besatzungen bei der Bergung ihrer und fremder Schiffe sowie bei der Rettung der Besatzungen
Gedenkt eurer auf See gebliebenen DSR-Brüder und -Schwestern
Engelsdorfer Verlag Leipzig 2024
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Copyright (2024) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor
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Cover
Titel
Impressum
I. Einleitung
II. Vorwort
III. RETTUNGSAKTIONEN VON DSR-SCHIFFEN
PREROW – JAN
STECKENPFERD – ACE OF CLUBS
JOHN BRINCKMAN – RANA
TRATTENDORF – BRO HAUGESUND
MALCHOW – ARENBERG
BITTERFELD – WENDY
PREROW – HANÖ
HELLERAU – ZANDER
VOGTLAND – SCHONER
RUDOLF BREITSCHEID – KOTA SELANTAN
SCHWEDT – Bohrplattform
SATOW – MARIE LEHMANN
RUDOLF BREITSCHEID – YAT LEUN
RUDOLF BREITSCHEID – TUNG MING
BRANDENBURG – TEVEGA
ODER – ANTHOS
WERRA – SAMER
BITTERFELD – BJELLA
HEINERSDORF – YAGA
RERIK – EL PIFIZO
GERINGSWALDE – MILAN
FLÄMING – NAHOSTPILOT
FLIEGERKOSMONAUT DER DDR SIGMUND JÄHN – AMINA II
DRESDEN – Schlepper GULF SIREN
FIEGERKOSMONAUT DER DDR SIGMUND JÄHN – EUGENIA V
BANSIN – BEDRINCE
HEINERSDORF – LUISE LEONHARD
THEODOR FONTANE – MARINA DI EQUA
HALLE – SILENCIO
SUHL – APOLON DELIUS
NIENBURG – SLOMAN ROYAL
FÜRSTENWALDE – REEFER TRADER
NEUBRANDENBURG – BAMBUSFLOSS
SCHWARZBURG – AL MOWAFAR
THEMAR – PIONEER SEA
IV. SCHIFFE UND KRÄFTE ANDERER NATIONEN HELFEN DSR-SCHIFFEN
Das erste Totalverlust der DSR
Die VÖLKERFREUNDSCHAFT läuft in den Stockholmer Schären auf die Felsen
Die HALBERSTADT strandet im Großen Belt
Die Bergung der von der CIA versenkten MAGDEBURG
Die Ladung der SAALE brennt nach einer Kollision
Die Rettung der Seeleute von der FIETE SCHULZE
Sinken der STUBBENKAMMER vor Hoek van Holland
Die Doppelstrandung der GERA bei Vlissingen
Der Schnellfrachter FRIEDRICH ENGELS strandet bei Singapur
Die NIENBURG landet auf Bombay Riff
Die Besatzung der NIENBURG versucht, die Seeleute der CAPELLA zu retten
Die verhinderte Rettung der Seeleute der BÖHLEN
Das MS KARLSHORST kentert im Nappstraumen Fjord
MS GLEICHBERG sitzt hoch und trocken auf Gordon Riff
Die ARENDSEE und die „OPERATION NOBILIS“
DIE HENNIGSDORF fällt auseinander
Verlust der BUSSARD durch Maschinenraum- und Aufbautenbrand
Die Strandung der brennenden MANSFELD
Die Bergung der HEINRICH HEINE auf der Elbe
MS DRESDEN kommt vor Izmir fest
Die Strandung der RUDOLF BREITSCHEID beim Verlassen Klaipedas
Seeleute der EISENHÜTTENSTADT brauchen Hilfe im Persischen Golf
V. DSR-SCHIFFE HELFEN SICH GEGENSEITIG
EISVOGEL und THÄLMANN PIONIER helfen dem Typ „IV“ GERA
Die TRINWILLERSHAGEN schleppt die NEUBUCKOW ab
Die OLDENDORF schleppt die schwer beschädigte INSELSBERG nach Rostock
Die Frachter TESSIN / ZÜSSOW / KLOSTERFELDE / WEIMAR sowie der EISVOGEL spannen bei der ASCHBERG an
Das Übergehen der Holzdeckladung auf MS RABENAU
VI. Zusammenfassung
VII. Quellen und Dank
ANLAGEN
ERGÄNZUNGEN ZUM BUCH
Informationen zu MS YAGA
Der Ausgangspunkt für diese Dokumentation war der Beitrag „Rettung aus Seenot“ der Redaktion in den Bordgeschichten Nr. 20.
In diesem Text geht es vor allem um die Rettung der Besatzungen und eventueller Passagiere, um die des Schiffes sowie um eine mögliche Bergung des Schiffes. Die Ursachen für die wichtigsten Seeunfälle hat der Autor in seinem Buch „SCHIFFSUNFÄLLE der Deutschen Seereederei Rostock“ beschrieben. Ursachen für einen Seeunfall werden nur dann erwähnt, wenn dem Autor, wie bei der NIENBURG, MANSFELD oder ARENDSEE, neue Informationen zu den Ursachen bekannt wurden.
Bevor der Autor sich den einzelnen Seeunfällen zuwendet, werden im Vorwort einige mit Seeunfällen zusammenhängende seemännische Fragen und Probleme erläutert.
Das Motto für diese Dokumentation ist: „Gedenkt Eurer auf See gebliebenen DSR-Brüder (und -Schwestern)!“
Von der DSR in Auftrag gegebenes Denkmal für ihre auf See gebliebenen Seeleute vor dem „Haus der DSR“ im Überseehafen Rostock. Foto: Diestel
Der Rostocker Kapitän Ludwig Albrand hat in seinem 1936 erschienen Buch WESTWARD – HO dieses Motto als Überschrift für sein Vorwort gewählt.
Inzwischen haben auch die Frauen ihren Platz an Bord erobert. Deshalb hat der Autor sie dem Motto hinzugefügt.
Der folgende Text, der sich in dem Vorwort von Kapitän Albrand findet, mag nicht völlig mit unseren Auffassungen übereinstimmen, lesenswert ist er trotzdem. Er lautet: „Aber fernab von Gärten und Kaminen gibt es Menschen, die von früher Jugend bis ins hohe Alter rastlos dem Meere dienen, die es befahren, die seine Gefangenen sind und zugleich seine Herrscher, arme Teufel und große Könige in einer Person. Das Meer duldet keine halben Dinge, und so muss der, der sich seinem Dienste weiht, ein ganzer Kerl sein.“
Ein ganzer Kerl muss auch derjenige sein, der in Not befindlichen Seeleuten hilft. Nicht wenige Retter haben dabei ihr Leben verloren.
Der russische Anarchist Peter Kropotkin äußerte einmal die folgende Meinung: „Der Trieb des Menschen zu gegenseitiger Hilfe hat einen so uralten Ursprung und ist tief mit der ganzen vergangenen Entwicklung der Menschenrasse verbunden, dass er von dem Menschengeschlecht bis in unsere Zeit trotz aller Wechselfälle der Geschichte bewahrt worden ist.“
Die Berichte auch zu in dieser Dokumentation erfassten Seeunfällen lassen aber Zweifel aufkommen, ob die Worte Kropotkins noch gültig sind. Keinen Zweifel hat der Autor daran, dass es für den Kapitän eines in Not befindenden Schiffes eine außergewöhnlich schwierigere Entscheidung ist, wann und wie das Schiff verlassen werden soll. Den uralten Spruch: „Verlassen Dein Schiff nicht, bevor es Dich verlässt“ sollten die Betroffenen immer gründlich durchdenken.
In der Fachzeitschrift Seatrade vom Januar 1985 wurde der Artikel „Abandoning ship – the seafarers’ Russian roulette?“ veröffentlicht.
Der Artikel verdeutlicht die für die Seeleute schreckliche Wahl, entweder auf dem Schiff zu bleiben oder es zu verlassen. Auf der FIETE SCHULZE nahm der Kapitän an, dass sein Schiff noch länger schwimmen bleiben würde, was es nicht tat. Dagegen überschätzte der Kapitän der MARINA DI EQUA ganz offensichtlich die Schwimmfähigkeit des Massengutfrachters.
In dem Artikel werden die Wissenschaftler Michael Pyman und Peter Lyon zitiert, die 170 Seeunfälle von Handelsschiffen betrachteten, bei denen die Seeleute ihre Schiffe verlassen mussten. Für 130 Seeunfälle lagen ausreichend Daten für eine Analyse vor. In 40% der Fälle gingen Menschenleben verloren, als die Seeleute ihr Schiff verließen. Insgesamt starben dadurch 10% der betroffenen Besatzungen.
Das Wetter hatte enormen Einfluss auf diese Ereignisse, denn in schwerem Wetter traten bei 80% der Seeunfälle Verluste auf, während es bei ruhigem Wetter nur bei 35% der Ereignisse der Fall war.
Eine Hilfe bei der nötigen Abwägung kann ein Schiffsrat sein. Allerdings war es nicht die beste Lösung, wenn der Kapitän es sich einfach machte, indem er den auf den DSR-Schiffen üblicherweise existierenden einberief. In für Schiff und Besatzung gefährlichen Situationen war ein nautisch-technischer Schiffsrat meistens sinnvoller. Immer wieder haben DSR-Kapitäne in ihren Berichten erwähnt, dass der Schiffsrat etwas beschlossen hat. Egal welche Zusammensetzung der Schiffsrat auch hatte, seine Aufgabe bestand immer nur in der Beratung des Kapitäns.
Der letzte „sozialistische“ Schiffsrat im Herbst 1989 auf der FRANKFURT/ODER, Foto: Diestel
Seekommissar Kapitän zur See Joachim Weihs hat in seiner Schrift „Seeunfälle“ im Kapitel „Rettung aus Seenot“ zu den Pflichten des Kapitäns geschrieben: „Grundlage des vom Seefahrtsamt der DDR im Auftrag des Ministeriums für Verkehrswesen der DDR herausgegebenen Handbuches ist die Internationale Konvention zum Schutze des menschlichen Lebens auf See, 1974. Im Kapitel V „Sicherung der Seefahrt“ werden in der Regel 10 dazu Pflichten postuliert: „Diese Verpflichtungen entbinden den Kapitän nicht von der Beistandspflicht gegenüber allen Personen, die auf See in Lebensgefahr angetroffen werden, Beistand zu leisten, soweit er dazu ohne ernste Gefahr für sein Schiff und dessen Besatzung und Reisende imstande ist.“
Der Kapitän eines in Not befindenden Schiffes sollte jedoch auch bedenken, dass seine Besatzung die Helfer unterstützen muss, damit diese sie retten können. Das hat z.B. der Kapitän der MARINA DI EQUA, wie es später beschrieben werden wird, leider nicht bedacht.
Die Seeleute der DSR führten eine lange Tradition ihrer Vorgänger von unserer Küste fort. Der Autor hat drei Beispiele ausgewählt, die diese Tradition belegen.
Eines der alltäglichen Beispiele ist der Seeunfall der Rostocker Bark FRIEDA MAHN. Die Bark war von London nach New York bestimmt. In der von Kapitän H. Sraben an den Reeder gemachten knappen Meldung heißt es: „Am 30.10.1893, 8 Uhr abends, in 46°59’ N und 40°7’ W, traf ich die norwegische Brigg ILPOTAR aus Christiansand, von Miramichi nach Waterford bestimmt. Dieselbe war nahezu voll Wasser, und die erschöpfte Besatzung wünschte abgeborgen zu werden. Ich nahm darauf die aus elf Mann bestehende Besatzung an Bord und habe dieselbe in New York eingebracht, da wir inzwischen keinen nach Europa bestimmten Dampfer trafen“ (Jürgen Rabbel: „Rostocks eiserne Segler“, S. 85).
Ein weniger glückliches Ereignis wird im Spruch des Rostocker Seeamtes vom 21. Februar 1882 zum Seefall der Brigg DIE ZWILLINGE aus Rostock behandelt. Im Spruch des Seeamtes heißt es: … „, dass der Seeunfall, welcher den Tod von 7 Mann der Besatzung zur Folge hatte, auf den orkanartigen Sturm am 14. October 1881 und den dadurch hervorgebrachten Seegang zurückzuführen und niemand der Besatzung ein Verschulden an demselben beizumessen ist.“ Im Spruch wird der folgende Ablauf des Ereignisses wiedergegeben: „Am 15. October Morgens 4 Uhr wurden beide Pumpen durch eingedrungene Kohle unklar und die Leepumpe versagte bald ganz den Dienst. Es stürmte jetzt mit gleicher Heftigkeit aus NNW, die See hatte eine furchtbare Höhe erreicht und lief wild durcheinander. Mit Tagesanbruch liess Schiffer Seyer vor dem Winde abhalten und die Nothflagge aufheissen. Ein Schooner und ein Fischkutter, denen man nahe kam, liessen dieselbe jedoch unbeachtet. Die Brigg, welche schon 5 bis 7 Fuss Wasser im Raume hatte, lag vorne bereits ganz tief. Bald darauf kam ein anderes Schiff, der dänische Schooner „Cito“, Schiffer Jens Knudsen Bych aus Assen, in Sicht, welches sich der Brigg näherte. Schiffer Seyer beabsichtigte, sich luvwärts von demselben zu halten, um es auf diese Weise zu ermöglichen, mit dem Boote demselben zuzutreiben. Als die Brigg aber dem Schooner bis auf etwa 2 Schifflängen nahe gekommen war, zerschlug eine Sturzsee beide Boote derselben, und nun blieb nichts übrig, als hinter dem Schooner herumzugehen und in Lee desselben beizulegen, was auch geschah.
An Bord des Schooners brachte man bereits eine Rettungsboje aus, welche mit demselben auf die Brigg zutrieb. Schiffer Seyer forderte den Steuermann Petersen auf, in die See zu springen. Ehe sich dieser aber noch hierzu hatte entschließen können, rollte eine kolossale See heran, welche die Brigg ganz nach Steuerbord überwarf, so dass die Masten im Wasser lagen. Schiffer Seyer, Steuermann Petersen und Matrose Gustavson hielten sich an den Grosswanten auf Backbordseite fest, währen die fünf übrigen Leute in die See gerissen wurden. Gleich darauf, nach kaum 2 Minuten versank die Brigg. Schiffer Seyer ward mit in die Tiefe gezogen, kam dann aber wieder nach oben und sah nun den Schooner schnell auf sich zutreiben. Es gelang ihm, sich schwimmend über Wasser zu halten, bis man ihn vom Schooner aus ein Tauende zuwerfen konnte, mit welchem er an Deck gezogen wurde. Von dort sah er Petersen und Gustavson an ein Trümmerstück geklammert, Brockmann auf einem Theile des zerschellten Grossbootes sitzend in den Wellen treibend. Sie befanden sich alle drei seitwärts vom Schooner und schon etwas 2 Schiffslängen von demselben entfernt. Von den übrigen war nichts zu sehen. Schiffer Seyer drang in den dänischen Schiffsführer wenden zu lassen und die Rettung seiner Leute zu versuchen, was dieser jedoch als undurchführbar ablehnte…“
Im Fall der Brigg DIE ZWILLINGE haben sich beide Kapitäne seemännisch klug verhalten. Der Warnemünder Kapitän versuchte sein Schiff in eine Lage zu bringen, die es der Besatzung der CITO ermöglichen sollte, seine Besatzung zu retten. Der Kapitän des dänischen Schiffes war bereit zu helfen, aber nicht auf Kosten der Sicherheit seines Schiffes und seiner Besatzung.
Eine ähnliche Situation entwickelte sich im Fall des Hapag-Dampfers SCHWABEN am 25. Februar 1885. Der Dampfer traf im Nordatlantik auf den schwer beschädigten amerikanischen Schoner MARY E. AMSDEN. Die Seeleute der SCHWABEN konnten bei dem Wetter und der hereinbrechenden Nacht nichts machen, blieben mit ihrem Schiff aber bei dem schwer beschädigten Schoner. Am nächsten Tag war das Wetter nicht besser. Der deutsche Kapitän hielt das Aussetzen von Rettungsbooten für undurchführbar. Deshalb setzten sie ein Holzfloß an einer langen Leine aus, das zum Segler trieb. Dessen Seeleute waren aber auf Grund ihres Zustandes nicht mehr in der Lage, diese Hilfe zu nutzen. Dann entschloss sich der Kapitän zu einer sehr riskanten Maßnahme. Ein Mann des deutschen Schiffes sollte auf dem Floß angebunden werden, rüber treiben und dann die Schiffbrüchigen retten. Das konnte nur ein Freiwilliger sein. Es meldete sich der Zingster Matrose Heinrich Schütt. Er schaffte das Unmögliche. Er rettete die aus 7 Seeleuten bestehende Besatzung. Danach war er aber in dem gleichen Zustand wie die Geretteten.
Erster Offizier Kurt Schütt. Foto: 58er Lehrlinge der THEODOR KÖRNER
Der amerikanische Präsident zeichnete ihn mit einer Medaille aus.
Der Sohn von Heinrich Schütt war der DSR-Kapitän Kurt Schütt, auf dem Bild noch als I. Offizier der THEODOR KÖRNER.
Auf keinen Fall darf man die Retter an Land übersehen. Wenn man sich als Rostocker den Seenotrettern zuwendet, landet man automatisch beim Warnemünder Lotsenkommandeur Stephan Jantzen.
Stephan Jantzen. Foto: Wikipedia
Die DGzRS berichtet in ihrem Organ „Von den Küsten und aus See“ (1874, 1. Heft) über eine weitere glückliche Rettung ihrer Station in Warnemünde am 24.12.1873. Im Bericht heißt es, dass starker Sturm aus NW wehte, der im Laufe des Nachmittags ständig zunahm. Die Brandung habe furchtbar über die Molen hinweg getobt und diese stark beschädigt. Auf der Reede lagen zwei Rostocker Schiffe, die Bark MARGARETHA und die Brigg EMMA. Schwere Brecher seien über die beiden Schiffe hinweg gegangen, so dass man befürchten musste, dass eines oder beide sich vom Anker losreißen und auf den Strand getrieben werden würden. Wörtlich heißt es: Der Lotsencommandeur Jantzen sah mit bangen Sorgen nach den Schiffen hin, und ließ in seiner bekannten Fürsorge schon die Rettungsapparate fertig machen. Zwischen 16.00 und 17.00 Uhr erreichte der Sturm Orkanstärke. Jetzt ordnete Jantzen an, dass das Rettungsboot aus seinem Schuppen geholt und zum sofortigen Einsatz bereit gemacht wird. Gegen 19.30 Uhr brach die Ankerkette der EMMA. Sie wurde in Richtung des östlichen Strandes (Markgrafenheide) getrieben.
Der Strand bei Markgrafenheide. Foto: Diestel
Dem Kapitän gelang es mit der Besatzung das Focksegel zu setzen und das Schiff über das erste Riff hinweg auf das zweite zu treiben. Viele Warnemünder halfen in dieser Situation, Boot und Rettungsapparate über den Strom hinweg zum östlichen Strand zu bringen. Jantzen versuchte durch die Nutzung des westlichen Stroms, das Boot gegen die Brandung haltend, das Schiff zu erreichen. Das gelang nicht. Mit Hilfe des Raketenapparates konnte die Besatzung jedoch gerettet werden.
Der Autor hat in seiner Fahrenszeit nur einmal anderen Seeleuten in Not helfen können. Nachdem er 1998 bei Alpha Ship in Bremen angeheuert hatte, wurde er nach San Antonio in Chile geschickt, um dort die TMM GUALDALAJARA (ex CASTOR) vom früheren DSR-Kapitän Eckhard Brandt zu übernehmen.
Die CASTOR in Durban. Foto: Diestel
Am 9. November befand sich das Schiff an der Küste Perus auf dem Weg nach Norden. Während einer Unterhaltung mit dem Dritten Offizier sah der über die Schulter des Autors und erblickte mit viel Glück drei Fischer, die auf dem Dach des Ruderhauses ihres fast gesunkenen Kutters CRISTO EL BUEN GALILEO standen. Der Kutter war in der Nacht von einem Frachter überlaufen worden, der nicht gestoppt hatte. Zum Runterfahren der Maschine wurde das Wrack ein paarmal umkreist bis die Maschine gestoppt werden konnte. Dann wurden die drei Glücklichen abgeholt. Zwei Fischer hatten das Unglück nicht überlebt. Der spanische Chief mate informierte die Behörden in Callao, die dann einen Kutter schickten, der die Fischer abholte.
Die peruanischen Fischer kurz vor ihrer Rettung. Foto: Diestel
MS PREROW nahm auf der Reise von Hamburg nach Shoreham das holländische Kümo JAN in Schlepp und übergab das Schiff bei Borkum einem Schlepper. Das Schiff trieb nach einer Minenkollision zwischen Borkumriff Feuerschiff und Nähe Terschellingbank Feuerschiff beschädigt und hatte Notsignal gegeben. 23. Februar 1957
MS PREROW beim Ladungsumschlag. Foto: Langer
In LR 1956-57 finden sich für diesen Zeitraum drei niederländische Küstenmotorschiffe mit diesem Namen. Dadurch ist eine Identifikation des Schiffes unmöglich. Weitere Informationen wurden nicht gefunden.
Das Motorschiff STECKENPFERD rettete nach gescheitertem Schleppversuch sieben Personen von Bord des alten englischen Schnellbootes ACE OF CLUBS, Heimathafen Southampton, in Höhe von Algier und brachte sie in Alexandria an Land.
22. November 1959
Zusätzliche Informationen wurden nicht gefunden.
Kapitän Konrad Michaelis veröffentlichte dazu einen Bericht in den Bordgeschichten „X“. Folgende Auszüge sind aus dem Bericht:
Rettung der Besatzung eines englischen Schnellbootes aus Seenot
Am 29. Oktober 1959 begann in Gdynia die dritte Rundreise des MS STECKENPFERD mit dem Laden von 1500 Tonnen Zucker in Säcken für die Häfen Akaba und Jiddah am Roten Meer. Nach dem Laden liefen wir nach Wismar und komplettierten dort mit Stückgut in allen Räumen und an Deck. Dazu gehörte Schwergut, das in Alexandria mit unserem Schwergutbaum von 25 Tonnen SWL zu löschen war. Auf den Luken IV und V standen querschiffs große Lkws.
Die STECKENPFERD an der Ansteuerung. Foto: Schäfer
Kapitän des Schiffes war W. Jenß. Als I. Offizier fuhr A. Schulz, als II. Offizier H. Kaßner und als III. Offizier K. Michaelis mit deutlichem Altersabstand zu seinen Kollegen, die alle bereits im Zweiten Weltkrieg im Einsatz gewesen waren.
Am 12. November verließen wir Wismar und gelangten via NOK in die Nordsee. Der Herbst brachte das für diese Jahreszeit typische stürmische Wetter auf See. Schon Ausgang des Englischen Kanals trafen wir auf einen ausgewachsenen SW-Sturm mit hoher und mittellanger Dünung aus gleicher Richtung, verbunden mit regnerischem Wetter und durchgängig mäßiger Sicht. MS STECKENPFERD erwies sich einmal mehr als gutes Seeschiff, jedenfalls unter den bisherigen Beladungszuständen. Stabilitätsprobleme gab es nie.
Auch das Mittelmeer empfing uns mit Starkwinden aus östlichen bis nordöstlichen Richtungen. So stampften wir mit sieben bis acht Knoten gemächlich gegen an – neun Knoten waren ohnehin die maximale Geschwindigkeit – und beneideten die, welche mit achterlichen Winden in Richtung Gibraltar liefen.
Etwa 120 Seemeilen westlich von Algier fing unser Funker am 22. November um 12.45 Uhr von Algier Radio einen Notruf auf. Wahrscheinlich hatten die französischen Kontrollflieger, die laufend die algerische Küste und den Seeraum davor wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen der Franzosen mit der algerischen Unabhängigkeitsbewegung überwachten, die Meldung an die Küstenfunkstelle weitergegeben. Es handelte sich um ein kleines englisches Fahrzeug auf etwa 37 Grad 20‘ N und O Grad 30’E. Diese Position lag 24 sm nördlich unserer Kurslinie.
Wir drehten sofort ab und nahmen Kurs auf die angegebene Position, wo wir den Havaristen ohne lange Suche fanden – ohne Radar, denn das war wieder einmal unklar. Einige andere Schiffe bestätigten den Notruf ebenfalls, waren aber zu weit entfernt und setzten die Reise fort.
Die dümpelnde ACE OF CLUBS. Foto: Michaelis
Um 15.10 Uhr manövrierten wir in Rufnähe des englischen Schnellbootes aus dem Zweiten Weltkrieg, allerdings mit einem atypisch nachgerüsteten Kastenaufbau. Der Name des Bootes lautete ACE OF CLUBS, Heimathafen Southampton.
Der Kastenaufbau der ACE OF CLUBS. Foto: Michaelis
Der Schiffsführer informierte uns durch Zuruf über einen Maschinenschaden und fragte, ob er von uns abgeschleppt werden kann. Die zivile Besatzung machte einen erschöpften Eindruck. Eine Delle auf dem achteren Aufbau war erkennbar.
Kapitän Jenß schickte mich nach achtern, um mit der Decksgang die Schleppleine klarzumachen und die Schleppverbindung herzustellen. Er wollte mit Draht (28 mm) schleppen, etwas Besseres hatten wir sowieso nicht. Die Übergabe der Schleppleine gestaltete sich bei dem Seegang äußerst schwierig, weil die Leute auf dem Schnellboot den schweren Draht bei zu viel gesteckter Lose nur mit viel Mühe per Hand an Deck holen konnten. Andererseits musste unsere Schraube bei der unterschiedlichen Drift der beiden Fahrzeuge freigehalten werden. MS STECKENPFERD war beim Manövrieren im Seegang nicht einfach zu handhaben. Die Kommunikation Brücke-Achterschiff konnte nur durch Zuruf per Flüstertüte und einen „Läufer Brücke“ aufrechterhalten werden. Die schwedische Wechselsprechanlage zu den Manöverstationen war aufgrund fehlender Ersatzteile unklar.
Der Kapitän musste einen zweiten Anlauf fahren und dichter an den Havaristen herangehen. Es herrschte zunehmender Wind aus NNO mit Stärke 6 bis 7, Seegang 4 bis 5. Das nächste Problem auf dem Boot bestand darin, den schweren Draht vorn festzumachen. Das gelang durch mehrere Turns um das kleine Ankerspill. 17.45 Uhr stand die Schleppverbindung. Das Anfahrmanöver, bei allen Schleppmanövern immer das Schwierigste, klappte gut und so konnten wir danach mit fünf bis sechs Knoten in östlicher Richtung weiterdampfen. Der Ausguck erhielt nun Weisung, sich mehr nach achtern als voraus zu orientieren – eine Funkverbindung gab es nicht. Um 22.24 Uhr brach durch den zunehmenden Seegang die Schleppleine auf dem Boot. In der Nacht wurde gar nicht erst versucht, eine neune Leine zu übergeben. Wir blieben in der Nähe des Havaristen und beobachteten ihn von Zeit zu Zeit mit dem Scheinwerfer. Bei Tageslicht gelang dann eine neue Schleppverbindung, sodass ab 7.55 Uhr wieder angeschleppt werden konnte.
Beim Wachwechsel gegen Mittag scherte das Boot plötzlich nach Backbord aus und wir konnten das Absinken des Vorschiffes beobachten. Die Schleppleine hatte das Ankerspill aus seinem Fundament gerissen, wie uns der Kapitän später mitteilte. Der schwere Schleppdraht hatte zuvor auf dem Vorschiff die Leinenführung nach und nach deformiert und letztendlich aus dem Fundament gerissen. Es war Wasser in das Vorschiff eingedrungen, die Kopflastigkeit nahm zu. Gleichzeitig wurden orangerote Rauchsignale gegeben, die Besatzung stand auf dem noch aus dem Wasser ragenden Achterschiff. Aus einer Hilfeleistung wurde ein Seenotfall. Es musste dringend gehandelt werden. Die lange Schleppleine war mit unserem dampfgetriebenen Heckspill so schnell wie möglich einzuhieven. Zeitgleich ordnete der Kapitän das Klarmachen des Steuerbord-Rettungsbootes an. Im Gegensatz zum Backbord-Boot war es mit einem Motor ausgerüstet. Unser Schiff hatte sich nach dem Stoppen der Maschine auf den Stb.- Bug gelegt und nahm daher gleich eine günstige Leeposition für das Stb.-Boot ein. Gemäß Sicherheitsrolle war ich als Bootsführer einzusetzen. Zwar fiel die ordnungsgemäße Ausrüstung der Rettungsboote in meinen Aufgabenbereich, eine Fahrt hatte ich mit dem Boot jedoch noch nicht gemacht. Dem schon damals geforderten Bootsmanöver vor Antritt der Seereise war durch ein einfaches Stellmanöver Rechnung getragen worden. Um 12.18 Uhr ging das Stb.-Rettungsboot zu Wasser, die Sliphaken lösten sich auf Kommando gleichzeitig, was bei dem noch vorhandenen Seegang besonders wichtig war. Die beiden Blöcke der Bootstaljen hielten wir von unseren Köpfen frei, der Bootsmotor wurde angeworfen und kam gleich beim ersten Startversuch. Nach dem Einholen der Fangleine nahmen wir Fahrt auf und ich konnte das Boot gut vom Schiff freimanövrieren. Kapitän Jenß rief mir noch zu: „Sehen sie mal nach, was da an Bord los ist!“ Aber dazu sollte es gar nicht mehr kommen. Ich lief vor der See in Richtung Schnellboot. Unser Rettungsboot war in Klinkerbauweise aus Holz gefertigt. Es hatte, wie sich nun herausstellte, trotz des relativ geringen Freibords hervorragende Seeeigenschaften. In Rufnähe angekommen, wollte ich die aus sieben Mann bestehende Besatzung veranlassen, einzeln nacheinander ins Wasser zu springen, um sie von dort aufzunehmen. Dazu konnten sie sich jedoch nicht entschließen. Nach einer Runde um das Schnellboot lief ich wieder von achtern auf und ging dicht ran. Das Vorschiff lag schon unter Wasser und wurde von Brechern überspült. Nun ging alles sehr schnell. Durch eine mitlaufende Welle kam das Boot mittschiffs in Deckshöhe und somit in Sprunghöhe längsseits. Alle sieben Mann sprangen, fielen oder stürzten auf einmal in unser Boot. Sie waren mit einigen Hautabschürfungen gerettet. Ich drehte sofort ab und konzentrierte mich auf das Längsseitsgehen an unserem Schiff. Einige Leute riefen mir zu: „Es säuft ab!“
Mich kurz umdrehend, sah ich das Heck noch senkrecht nach oben stehen. Dann verschwand das Schnellboot für immer und bereicherte den Grund des Mittelmeeres um ein weiteres Kriegsschiff aus dem Zweiten Weltkrieg. Wir waren gerade noch rechtzeitig gekommen.
Die geretteten Seeleute sind längsseits der STECKENPFERD. Foto: Michaelis
Das Aufhieven des Rettungsbootes verlief ebenfalls ohne größere Schwierigkeiten. Auch hier gelang das Einpicken der Taljenblöcke in die Sliphaken des Rettungsbootes zugleich. Wer das bei Seegang schon einmal praktizieren musste, weiß, wie gefährlich das für Finger und Hände ist. Die Decksbesatzung hatte aufgepasst, so dass die beiden Blöcke nicht durchgefallen waren. Aber aufwendig war das Aufhieven des Bootes schon. Beide Leinen der Bootstaljen aus Hanftauwerk mussten mittschiffs vom Bootsdeck aus an Luke IV und Luke V vorbei über die Lkw-Laschings hinweg gleichmäßig auf den horizontal angeordneten Stb.-Spillkopf der Achterspills gelegt und gehievt werden. Aber wen hatten wir nun gerettet? Es waren der englische Kapitän Steward Walker sowie ein Holländer, ein Spanier und vier Marokkaner. Sie waren nach ihren Aussagen von Tanger in Richtung Malta ausgelaufen und angeblich von der spanischen Küstenwache verfolgt worden. Hatten anschließend Maschinenschaden und trieben bereits zehn Tage auf See. Ein amerikanischer Zerstörer versorgte sie einmal mit Proviant und ein norwegischer Tanker machte am 20. November einen Schleppversuch, der nach 30 Minuten abgebrochen wurde, weil die Schleppleine wegen zu hoher Schleppgeschwindigkeit brach. Er holte sie ein und setzte, ohne sich weiter zu kümmern, die Reise fort. Wir standen immer noch westlich von Algier und der Kapitän wollte die Leute dort an Land setzen. Dagegen sträubten sie sich mit Händen und Füßen. Vermutlich wollten sie mit den französischen Behörden nichts zu tun haben. Das auf unserem Weg liegende Malta wurde jedoch akzeptiert. Das wollte wiederum die Reederei nicht und wies uns an, die Geretteten in Alexandria an Land zu setzen, was dann auch bei Ankunft am 30. November geschah. Es ging ihnen bei uns ja auch nicht schlecht. Für uns war klar, dass es ein Schmugglerboot gewesen sein muss. Aber außer den Personalpapieren der Besatzung war alles mit in den großen Keller gegangen. Zum eigentlichen Zweck ihrer Reise erhielten wir ausweichende Auskünfte. Es hatte uns im Grunde ja auch nicht zu interessieren. Tanger, bis 1957 eine neutralisierte Enklave, stand trotz Integration in das Königreich Marokko damals immer noch im Ruf, ein Drehpunkt für den internationalen Alkohol-, Zigaretten- und Menschenschmuggel zu sein. Die Presse zu Hause reagierte mit dem Beitrag: Sozialistische Moral… Diese Rettungstat der Seeleute von M/S „Steckenpferd“ erfüllt jeden mit Stolz und Freude. Die Besatzungsmitglieder unseres Schiffes handelten nicht nur getreu einer traditionellen seemännischen Pflicht, ihr Handeln entspricht auch den Prinzipien unserer sozialistischen Ethik und Moral. Ohne zu fragen, ob ein unvorhergesehener Aufenthalt wirtschaftliche Nachteile bedeutet- die Besatzungsmitglieder von M/S „Steckenpferd“ halfen und bewiesen, dass in einem sozialistischen Staat der Mensch im Mittelpunkt steht und alles andere zurücktritt, wenn es gilt, Leben zu erhalten und zu schützen. Für mich blieb im Nachhinein immer noch das beklemmende Gefühl, ein sinkendes Schiff, wenn auch nur in einem fast fotografischen Augenblick, erlebt zu haben, das Besatzungen in vielen Jahren als sicherer Aufenthalt gedient hatte. Es war nun plötzlich verschwunden und die See ging weiter gleichförmig darüber weg, als wäre nichts geschehen.
MS JOHN BRINCKMAN rettete vor der dänischen Küste die fünf Besatzungsmitglieder der holländischen RANA. Das Schiff war kurze Zeit vorher gesunken. Nach entsprechender Versorgung wurden die Geretteten in Hoek van Holland an Land gebracht. 2. November 1962
Die JOHN BRINCKMAN in Fahrt. Foto: Marnau
Die RANA war mit 499 BRT vermessen, 1957 gebaut und in Delfzijl zu Hause.
MS TRATTENDORF fand vor Capo da Roca/ Portugal ein vollgeschlagenes Rettungsboot des norwegischen Frachters BRO HAUGESUND. Eine weitere Suche nach Vermissten blieb ergebnislos. 23.November 1962
Die TRATTENDORF auf Reede. Foto: Schäfer
Im Dezember 2022 informierte Kapitän Konrad Michaelis, der im November 1962 als Erster Offizier auf der TRATTENDORF gemustert war, den Autor, dass diese Aussage nicht stimmt. Das DSR-SCHIFF fand kein Rettungsboot, sondern ein Arbeitsboot. Es handelte sich also nicht um einen Seenotfall. Zum norwegischen Frachter wurden keine Informationen gefunden.
MS MALCHOW im Hafen. Foto: DSR
MALCHOW ex PERSEVERANCE BAY 20.02.1975 an Kozani Shipping, Zypern, 08/1986 zum Abbruch.
Diese Rettungsaktion des DSR-Kümos ist weder in der Liste von Chiefmate Detlev Vogler noch im Beitrag der Redaktion in Bordgeschichten XX aufgeführt. Das Hamburger Abendblatt brachte aus London/ Madrid einen Bericht vom 9. Januar 1967. In dem Bericht heißt es: „…geriet auch das Emdener Motorschiff ARENBERG (12 251 BRT) in der Biskaya in Brand. Die 39 Mann Besatzung der „Arenberg“, die auf der Heimreise von Nordafrika nach Emden war, wurden vom Rostocker Motorschiff „Malchow“ (1173 BRT) an Bord genommen. Sie sind in der vergangenen Nacht im nordspanischen Hafen Vivero an Land gesetzt worden. Das Feuer auf den „Arenberg“ ist nach letzten Berichten von einem niederländischen Schlepper gelöscht worden. Der Schlepper habe den Havaristen auf den Haken genommen, um das Schiff nach Rotterdam zu bringen. Das Feuer auf der mit Erz beladenen „Arenberg“ war nach Angaben der Besatzung in den Mannschaftsunterkünften ausgebrochen. Es habe sich dann schnell auf andere Teile des Schiffes ausgebreitet. Einige der Seeleute mussten das Schiff in Schlafanzügen verlassen, da sie in ihren Kojen vom Feuer überrascht wurden…“
Die ARENBERG war 1958 von den Rheinstahl Nordseewerken, Emden als Massengutfrachter für die Seereederei Frigga in Emden gebaut worden. Die Abmessungen des Schiffes waren Länge 161 m und Breite 20,3 m. Sie hatte einen MAN Zweitakt-Sechszylindermotor mit 5.400 PS als Hauptmaschine. Sie wurde vor allem zum Transport von Erz und Kohle, aber auch von Getreide eingesetzt. Sie befand sich auf der Reise von Pepel nach Rotterdam. 1969 wurde sie an eine indische Reederei verkauft. 1978 brannte sie im Mittelmeer erneut. Ein Jahr später wurde sie in Spanien verschrottet.
Die ANITA THYSSEN war ein Schwesterschiff der ARENBERG. Foto: Sjöhistoriska_museet
Der Motortanker BITTERFELD übernahm bei Gibraltar die 15-köpfige Besatzung des sinkenden panamesischen Schiffes WENDY.
November 1968
Bei den Briten fand der Autor folgende Informationen:
LSI: WENDY hatte am 31.07.1966 eine Kollision in dichtem Nebel in der Straße von Gibraltar. Das Schiff war in dichtem Nebel mit dem Tanker „Clyüä“ aus Libyen kollidiert.
Die Fregatte im Kanal von Korinth. Foto: Britische Marine
Die BITTERFELD nahm alle Besatzungsmitglieder auf und übergab sie an die britische Fregatte CLEOPATRA (LEANDER-Klasse, 1966 in Dienst gestellt, 1994 abgewrackt.).
Am 24. November1968 nahm MS PREROW ein Rettungsfloß mit drei Besatzungsmitgliedern des auf der Überfahrt vom Heimathafen Kalmar nach Hamburg gesunkenen schwedischen Küstenmotorschiffes HANÖ auf und brachte sie nach Norrköpping (richtig Norrköping-HHD). VOLL VORAUS berichtete: Die Besatzung des MS PREROW rettete drei schwedische Seeleute aus den eisigen Fluten der Ostsee.
Die PREROW als MAMITA (2017), Foto: VesselFinder
Kapitän Anderson schilderte den Vorfall in einer der größten Zeitungen, „Expressen“: Alles ging so schnell, dass wir nicht einmal SOS funken konnten. Ich hatte noch ein paar Leuchtkugeln und eine Pistole mitgenommen. Ich feuerte ab. Die See war wie ein Hexenkessel, Kaj wollte schon einige Male aufgeben. Wir versuchten, ihm Mut zu machen – eine Hoffnung, an die wir selbst nicht mehr glaubten. Wir froren, schwiegen und warteten – worauf, das wussten wir selbst nicht. Endlich, nach mehreren Stunden erblickten wir den Schatten eines Schiffes, das sich uns näherte. Wir schrien und winkten mit letzter Kraft. Es war das DDR-Schiff PREROW, das offenbar unsere Notsignale gesichtet hatte.“
Jetzt ging alles in Minutenschnelle. Umsichtig und reaktionsschnell erteilte Kapitän Herrmann Lüthke die Befehle an seine Mannschaft zur Rettungsaktion. Ruhe und Besonnenheit waren gerade jetzt so wichtig. Die aufgewühlte See konnte jeden Augenblick das Leben der Schiffbrüchigen, aber auch das der Besatzung des MS PREROW gefährden. Doch es gelang. Die schwedischen Seeleute konnten an Bord gebracht und mit allem Notwendigen versorgt werden. Wenig später erreichte das MS PREROW den Hafen von Norrköpping. Hier hatten sich bereits Familienangehörige, die Einwohner der Stadt und Journalisten eingefunden, um das DDR-Schiff mit den Geretteten zu empfangen. VV Dezember 1968
HANÖ: ex FELL – 51, NIAGARA – 45, 234 BRT, 1941 in Sölvesborg gebaut.
Die Besatzung des Motorschiffes HELLERAU hat kürzlich (24. April 1969) in der Ostsee zwei holländische Seeleute vom sinkenden Motorschiff ZANDER aus Rotterdam gerettet. Die beiden Schiffbrüchigen sind inzwischen an Bord der HELLERAU im Rostocker Überseehafen eingetroffen. Sie traten unmittelbar danach die Heimreise an. Das kleine holländische Schiff, das Kurs auf den schwedischen Hafen Trelleborg hielt, konnte wegen Wassereinbruchs trotz der Hilfe durch MS HELLERAU nicht mehr gerettet werden. VV Mai 1969
Die HELLERAU mit Holz beladen. Foto: Schäfer
Die VOGTLAND der DSR längsseits in einem ausländischen Hafen. Foto: Langer
MS VOGTLAND bewahrte acht Besatzungsmitglieder eines tansanischen Schoners, der in der Bucht von Dar-es-Salaam auf das Hammond- Rock- Riff gelaufen war, vor dem Ertrinken.
20. August 1969 Weitere Informationen wurden nicht gefunden.
Tansanischer Segler 1990 in der Bucht von Dar Es Salaam in Bau. Foto: Diestel
Der DDR-Frachter RUDOLF BREITSCHEID hat am Donnerstag (20. Mai 1971) 51 Mitglieder der Besatzung des in Singapur beheimateten Motorfrachtschiffes KOTA SELATAN der „Pacific International Line“ aus Seenot gerettet. Die Mannschaft des 8315 BRT großen Frachters, der vor der Küste Kenias gestrandet war, wurde von MS RUDOLF BREITSCHEID wohlbehalten nach Mombasa gebracht. ADN Mai 1971
MS RUDOLF BREITSCHEID. Foto: DSR
Das Schiff, die ehemalige holländische STRAAT SOENDA (8315 BRT, 1938 von Van Der Giessen C. & Zonen – Scheepswerf De Hoop, Krimpen Aan den Ijssel gebaut, Reederei Pacific International Lines Pte.), strandete auf der SO-Ecke der Insel Pemba.
Die KOTA SELATAN in voller Fahrt. Foto: Internet