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Dieses E-Book entspricht ca. 168 Taschenbuchseiten ... In einer weit entfernten Zeit haben die Menschen soziale Kompetenzen verlernt und die Menschheit droht auszusterben. Deswegen wurden spezielle Einrichtungen geschaffen, in denen junge Menschen die körperliche Liebe kennenlernen und in sexuellem Verlangen unterrichtet werden. Hier trifft Steena auf ihre Jugendliebe Alvar. Schlagartig kehren ihre unterdrückten Gefühle zurück und die beiden geraten in einen Strudel der Begierde und Lust. Der Sex-Unterricht findet hauptsächlich in praktischer Form statt und schon bald drohen Zügellosigkeit und Wollust sie zu verschlingen ... Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 229
Veröffentlichungsjahr: 2025
Impressum:
Die SexSchule - stille mein Verlangen | Erotischer Roman
von Julia Ward
Julia Ward verfiel in jungen Jahren dem Lockruf der Literatur. Schon früh schrieb sie ihre ersten Geschichten und erschuf so ihre eigenen Welten, ihren literarischen Idolen enthusiastisch nacheifernd. Allerdings verlor sie diesen kreativen Pfad für einige Jahre aus den Augen, da sie sich einer gesellschaftlich anerkannten Ausbildung unterziehen sollte, um sich ein bequemes Leben zu ermöglichen. Schnell merkte sie, dass sie die Schriftstellerei sehr vermisste und immer wieder mit den Gedanken dorthin zurückzogen wurde. Während des Studiums der deutschen Literatur und Sprache fand sie endgültig zu ihrer Passion zurück und stürzte sich erneut in die Schriftstellerei, der sie seitdem nie wieder den Rücken zukehrte.
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2025 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © egorrr @ depositphotos.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783756196135
www.blue-panther-books.de
Kapitel 1
Ich durchquerte zögerlich das riesige eiserne Tor, das mich an meinem Ziel hochherrschaftlich empfing. Meterhoch überragte es mich, fein ausgearbeitet mit allerlei Verzierungen, denen ich mich nicht weiter widmete. Ich interessierte mich zwar für Kunst, aber jetzt hatte ich gar keinen Nerv dafür. Ich war viel zu abgelenkt durch meine wild umherschwirrenden Gedanken, schließlich stand ich nicht ohne Grund an diesem pompösen Ort. Leider auch nicht ganz freiwillig, aber das ließ sich gerade nicht ändern.
Allein schon das Eingangstor des Geländes schrie mich geradezu an, dass ich nicht hierhergehörte, ich mich für diesen Schritt nicht bereit fühlte, alles schüchterte mich ein. Als einfaches Mädchen aus der Provinz war ich solch einen Anblick nicht gewohnt, ein Teil von mir lehnte solchen Luxus generell ab. Doch ich hatte keine andere Wahl. Ein neuer Lebensabschnitt sollte nun beginnen und mir meinen Weg ins Leben weiter ebnen. Steena, welch Glückspilz du doch bist, dachte ich voller Beklommenheit. Denn was genau mich hier erwartete, wusste ich beim besten Willen nicht, die Feinheiten fehlten mir und das machte mir tierisch Angst …
Der Pfad, den ich heute betreten sollte, erwartete alle jungen Menschen, demnach war ich nicht allein. Er wurde von der Gesellschaft vorgeschrieben, eine Gesetzmäßigkeit, an der keiner vorbeikam, der das fünfundzwanzigste Lebensjahr überschritt. Bei dem Gedanken, was wir hier praktizieren sollten, lief es mir kalt den Rücken herunter. Noch immer erschien mir meine Situation wie ein böser Traum, aus dem ich nicht erwachen wollte. Wer hatte sich diesen Mist nur ausgedacht?
Hinter dieser überdimensionierten Pforte lag die Akademie, die ich nun die nächsten zwei Jahre besuchen sollte, so lautete die staatliche Anordnung. Eine ganz besondere Einrichtung, die die Regierung ins Leben gerufen hatte, um der Menschheit verloren geglaubte überlebenswichtige Fähigkeiten wiederzugeben - soziale Kompetenz und die körperliche Liebe.
Es mochte zwar unglaublich klingen, aber im Laufe des digitalen Zeitalters verlor der Mensch die Körperlichkeit aus den Augen, flüchtete immer weiter in die Einsamkeit oder in virtuelle Freundschaften. Das erschien nicht sonderlich verwunderlich, in der Entwicklung ein eher erwartbarer Umstand. Allerdings hatte dies auch einen prekären Nebeneffekt - durch die Entfremdung der einzelnen Individuen untereinander schränkte sich die Fortpflanzung erheblich ein, sodass die Menschheit fast schon verlernt hatte, wie Sex funktionierte. So lautete die offizielle Begründung des Staates.
Die Geburtenzahlen brachen schier ein und die Menschen verlernten langsam, miteinander in der realen Welt zu interagieren. Dies brachte nicht nur Entsozialisierung mit sich, sondern auch das Ansteigen von psychischen Erkrankungen durch Vereinsamung, denn die Spezies des Homo sapiens lebte von Interaktion und Zuneigung mit und zu Artgenossen. Verschwand dies in der Population, ging es dem Menschen schlecht.
Dies zeigte sich über die Jahre immer stärker, bis die Regierung hatte handeln müssen, um die Bevölkerung vor dem Untergang zu bewahren. Durch diese katastrophale Entwicklung riefen die Oberhäupter einige neue Gesetzmäßigkeiten ins Leben, um den Niedergang der Menschen zu stoppen. Darunter fielen wieder die physische Anwesenheit bei Jobs, das Miteinander in Pausen, besonders geförderte Gruppenausflüge und Sexualkunde. Es klang fast lächerlich, da all dies zu anderen Zeitpunkten komplett normal gewesen war, aber inzwischen wirklich nicht mehr dem Standard entsprach.
Die spezielle Kunde der menschlichen Fortpflanzung, die an dieser Akademie stattfand, beinhaltete nicht nur das stupide Studieren von Anschauungsmaterial durch Bild oder Film, sondern auch die angewandte Praxis. Die Regierung ließ jeden jungen Menschen ab fünfundzwanzig Jahren in bestimmten Instituten diese Ausbildung durchlaufen, damit sie wieder lernten, ordentlich miteinander zu verkehren. Dabei legte man aber darauf wert, dass jeder ›Schüler‹ die ersten Grundkenntnisse bereits hinter sich hatte, ansonsten wurde so lange mit der Ausbildung gewartet, bis man die erste Erfahrung absolviert hatte. Wenn das nicht die absolute Stigmatisierung derjenigen mit sich bringt, die es bis fünfundzwanzig noch nicht geschafft haben, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren, weiß ich auch nicht weiter, dachte ich bitter.
Eigentlich absolut lächerlich, wenn man darüber genauer nachdachte, schließlich war der Sexualtrieb ein Urinstinkt des Menschen, den er nicht so einfach verlernte. Dennoch musste man feststellen, dass die Tendenz genau dahin ging, ebenso wie der Drang miteinander zu interagieren. Wenn ich ehrlich war, fürchtete ich mich extrem vor der neuen Umgebung, was auch mit der drohenden sozialen Aktivität mit fremden Leuten zusammenhing. Nicht weil ich allein an einem neuen Ort sein oder mein Leben selbstständig in den Griff kriegen musste, sondern weil ich es nicht mehr gewohnt war, unter Menschen zu sein.
Das beschrieb meine Gesamtsituation ganz gut, denn es ging nicht nur mir so, sonst hätten sie dieses Pflichtprogramm an einem derartig prunkvollen Ort nicht ins Leben rufen müssen, und die vielen Gelder, die offensichtlich dafür nötig waren, den Laden am Laufen zu halten, für sinnvollere Sachen verwenden können. Mir war durchaus bewusst, dass die Akademie absichtlich so prachtvoll gestaltet war, schließlich sollte dies uns von den Anfangsschwierigkeiten etwas ablenken. Allerdings funktionierte das bei mir nur geringfügig, dadurch ging es mir eher noch schlechter.
Als ich so vor dem metallenen Tor stand und über mein nahendes Schicksal sinnierte, ergab der ganze Nonsens tatsächlich Sinn. Die Bevölkerung schwand rapide und die Zahlen der psychisch Erkrankten stiegen jährlich weiter an. Auch wenn dies nicht von der Regierung an die große Glocke gehängt wurde, bemerkte ich diese Entwicklungen in meiner näheren Umgebung, sogar an mir selbst. Auch ich fühlte immer mehr die Einsamkeit in meine Seele kriechen, obwohl ich ein großes Miteinander zwischen den Menschen gar nicht wirklich kannte.
Ich hatte lange überlegt, ob ich mich gegen mein Schicksal wehren sollte, mich dieser Akademie besser verweigerte und das Weite suchte. Allein der Gedanke an den Sinn dieser Einrichtung ließ mich frösteln. Ich wurde quasi dazu gezwungen, mit Fremden körperliche Gelüste zu teilen, um den Trieb des Geschlechtsverkehrs wieder zu animieren. Das ist doch krank, dazu kann mich doch keiner zwingen!
Natürlich wollte ich nicht mit Fremden körperlich aktiv werden und mir stieg die Schamesröte ins Gesicht, wenn ich daran dachte, wie es womöglich sogar andere vor mir trieben. Aber ich dachte daran, was noch von der einstigen Welt um uns herum übrig war und erkannte, dass ich mit meiner Verweigerungshaltung nicht weit käme. Es gibt keinen Ort, an den ich fliehen könnte, dachte ich bitter…
Die Städte existierten nur noch sporadisch und die Natur hatte sich den Großteil der Erde wieder zurückgeholt, erholte sich langsam von der massiven Ausbeutung der Menschen. Das machte es der Bevölkerung auch nicht leichter zu existieren, aber man konnte trotzdem nicht meckern, denn man hatte viele Katastrophen überlebt. Die Menschheit hatte diesen Planeten wirklich sehr erfolgreich an den Rand des Kollapses gebracht - bis die verheerende Quittung dafür postwendend zurückgekommen war.
Weil der Mensch sich letzten Endes sehr erfolgreich durch zahllose Kriege und Vereinsamung selbst dezimiert hatte, regenerierte sich der Planet langsam aber stetig. Hinzu kamen heftige Naturkatastrophen und Temperaturumschwünge, die ihr Übriges taten und das Leben noch schwieriger machten. Die Menschen lebten nun in kleineren, aber dennoch sehr modernen Siedlungen, die sich nur noch auf wenige bestimmte Punkte auf der Welt verteilten. Viele Teile der Erde waren inzwischen unbewohnbar, sodass es nicht mehr viele Ausweichmöglichkeiten gab.
Die Ortschaften lagen weit entfernt voneinander, und durch die zahlreichen klimatischen Probleme der letzten Jahrzehnte war der Anbau von Gütern sehr schwierig. Die Alarmbereitschaft war hoch, für jeden möglichen Ernstfall gab es gewisse Vorbereitungen. Aber all dies führte natürlich dazu, dass die nachfolgende Generation andere Schwierigkeiten hatte, als sich mit anderen Menschen die Zeit zu vertreiben - ein Prozess, der sich Jahr für Jahr steigerte und als Ergebnis diese Umstände mit sich brachte.
Flucht war demnach keine Option für mich, wo sollte ich auch hin? Dieses Institut war endlos weit weg von meinem winzigen Heimatort und ich wollte meiner Mutter keine Sorgen oder gar Probleme bereiten. Sie hatte mich zum größten Teil allein durchgebracht, weil mein Vater vor Jahren bei einem Unfall gestorben war. Meine Eltern hatten sich ironischerweise in genau dieser Akademie kennen- und liebengelernt, sodass ich stets diesen Hoffnungsschimmer am Horizont sah. Meine Mutter hatte mir bei meiner Abreise mit auf den Weg gegeben, mich auf dieses Spielchen einzulassen, dann könne es eine positive Erfahrung werden. Ich zweifelte noch sehr an ihren Worten, wagte aber nicht meine Bedenken zu äußern. Ich wollte nicht ihre Erinnerungen an die Zeit mit meinem Vater ruinieren. Es war für uns beide auch ohne Meinungsverschiedenheiten schon schwer genug.
Wenn ich ehrlich war, sehnte ich mich im tiefsten Innern nach Gesellschaft, nach netten Leuten und einem Partner für die Liebe. Dieser Teil wurde oftmals in den hintersten Winkel meines Verstandes zurückgedrängt, weil wir wahrlich andere Sorgen hatten als meinen egoistischen Wunsch nach Nähe. Gesellschaftlich erschien er auch sehr utopisch, aber träumen durfte ich immerhin noch. Diese Sehnsucht nach einem schönen Miteinander schien dann doch noch nicht ganz ausgestorben zu sein.
Dieser Teil in mir war es auch, der sich auf intime Stunden mit einem Mann freute. Unwillkürlich sammelten sich Bilder in meinem Kopf, zeigten mir Zweisamkeit und lustvolle Begebenheiten, Wärme. Mein Körper kribbelte voller Vorfreude, was mir eindeutig zeigte, dass diese erzwungene Therapiemaßnahme mich störte, aber nicht die generelle Aussicht auf einen Geschlechtspartner.
Der Mensch wurde in seinem Leben vom Verstand, aber auch von Trieben geleitet, und dem entgegenzuwirken, wie wir es in den letzten Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten betrieben, führte zu dieser schädlichen Entwicklung. Lange Zeiten hatten die Menschen früher über Überpopulation oder dass andere Leute sie nervten, gemeckert - nun sehnte sich jeder heimlich nach ein wenig Gesellschaft, die die wenigsten bekamen, da sie ihr Dasein oftmals allein fristeten, ohne Hoffnung auf Besserung. Bei dem Gedanken daran musste ich fast lachen, so absurd erschien mir der Gedanke an Überpopulation.
Diese heimlichen Sehnsüchte nach anderen Menschen traf mich stets bis ins Mark, machte mich fast noch panischer, als die Aussicht, von fremden Menschen angefasst zu werden. Ein ewiger Widerspruch, mit dem ich kämpfte. Ich musste mich nun entscheiden: weiterhin in Einsamkeit existieren, oder das Schicksal selbst bestimmen, auch wenn es momentan eher erzwungen erschien. Manchmal war der Weg steinig und uneben, um am Ende doch ans Ziel zu führen. Teilweise musste man sich erst der stärkeren Macht beugen, um seine Ziele zu erreichen …
Ich wollte dieser traurigen einsamen Zukunftsaussicht entrinnen und setzte mit entschlossenem Blick meinen ersten zitternden Schritt hinter die hohen Pforten der Akademie. Ängstlichkeit und Unerfahrenheit hin oder her, aber ich würde den Teufel tun und keinen Einfluss auf meine Zukunft nehmen, auch wenn es vielleicht ein aussichtsloser Kampf war.
Ich warf meine mittellangen blonden Haare zurück in der Hoffnung, dass mir diese angelernte Geste einen kleinen Schub Selbstvertrauen gab und schirmte meine grün-blauen Augen vor der Sonne ab, die mich gleißend herzlich willkommen hieß. Das kann ja spannend werden, dachte ich unsicher und schritt weiter den opulenten Kiesweg voran zu einem monumentalen Gebäude.
Dieser Weg war gefühlt mehrere Kilometer lang, also genug Zeit für mich, mir richtig ins Hemd zu machen. Um mich herum erstreckte sich eine perfekt gepflegte Parkanlage, die für mich bisher noch ihresgleichen suchte. Überall befanden sich Sitznischen und kleine Pavillons zum Verweilen, mit niedlichen Vogeltränken und Springbrunnen gesäumt. Die mussten noch aus der Blütezeit unserer Kultur stammen, als die Menschen noch zueinandergefunden und sich über Kunst und Architektur ausgetauscht hatten. So dachte ich stets über die Vergangenheit, aber wahrscheinlich war das nur eine romantische Vorstellung in meinem Kopf. Gespräche außerhalb der virtuellen Welt - wie komisch sich dieser Gedanke anfühlte.
Ich lauschte dem beruhigenden Klang Tausender Vögel in den vielen Bäumen und fühlte mich plötzlich ruhiger. All diese natürlichen Eindrücke entspannten meine Nerven und ließen mich die Umgebung genießen. All meine Bedenken wichen mit jedem Schritt durch dieses grüne Idyll ein Stückchen weiter weg aus meinem Bewusstsein. Prompt wurde mir leichter ums Herz. Ich fühlte mich hier wohl, merkte ich verwundert, womit ich gar nicht gerechnet hatte.
Aus der Ferne hörte ich helles Lachen und wandte meinen Blick in die entsprechende Richtung. Eine Schar junger Leute aller Geschlechter tollte auf dem Rasen des Areals herum; die hatten offensichtlich Spaß. Sie jagten sich gegenseitig und lachten sich halb tot, stellte ich verwundert fest. Sie verhielten sich völlig ungezwungen miteinander, als wäre dies total normal in einer Welt voller Entfremdung und Einsamkeit.
Ich verfolgte gebannt das Schauspiel, das sich mir bot. Unwillkürlich fühlte ich Sehnsucht, wollte mit zu der Gemeinschaft gehören, wollte toben und Spaß haben. Mit anderen Menschen lachen, auch wenn ich dafür keine rationale Erklärung fand. Es war einfach ein Instinkt, der es mich plötzlich schmerzlich vermissen ließ, obwohl ich von all den Emotionen nicht exakt benennen konnte, was genau mir fehlte, was meinen gepeinigten und verwirrten Geist zu beruhigen vermochte.
Das stimmt nicht so ganz, entsann ich mich, ich hatte diese Emotionen vor langer Zeit schon gespürt, aber das war jetzt in dieser Situation nicht von Belang. Meine Ankunft an der Akademie entsprach nicht dem richtigen Zeitpunkt, um die verdrängte, schmerzhafte Vergangenheit wieder an die Oberfläche zu kramen. Ich befand mich hier an einem Ort der Neuausrichtung und würde meine Energie nicht für alte Geschichten verbrauchen, die ich nicht neu erzählen konnte - auch wenn ich mich danach sehnte, dies zu ändern.
In mir wallten nun vielerlei neue Gefühle auf, derer ich kaum Herr wurde - Schreck, Neugier, Verwunderung, Unglaube und Sehnsucht. Ich starrte noch immer wie paralysiert auf die Gruppe junger Menschen, die trotz erzwungener Teilnahme an der Akademie scheinbar freiwillig zueinanderfanden. Zumindest erweckten sie diesen Eindruck auf mich.
Plötzlich keimte in mir Hoffnung auf, verdrängte den dunklen Nebel meiner Zweifel und Ängste aus meinem Geist, fütterte meinen Verstand mit helleren Gedanken. Wenn ich die Gruppe so betrachtete, erschien es mir möglich, dass ich vielleicht doch eine gute Zeit hier verbringen durfte. Es könnte illusorisch sein, sich allein an diesen Anblick zu klammern, aber warum sollte eine sich unbeobachtet fühlende Gruppe von Menschen meines Alters mir etwas vorspielen wollen? Schließlich wussten sie nicht, dass ich existierte und sie in meinen Gedanken eine Rolle spielten. Sie ahnten nicht einmal, dass ich sie schon eine Weile angaffte.
Feststand, dass ich auch das erleben wollte, was sie dort taten. Ich fühlte mich wohl, wenn ich sie betrachtete, würde am liebsten zu ihrer Gruppe stoßen und bei ihren Spielen mitmachen. Sie stärkten meinen Entschluss, dass ich vielleicht an der Akademie zu mir finden könnte, auch wenn die Umstände erst mal nicht optimal waren. Der Umstand der körperlichen Liebe blieb noch immer ein Problem, aber dem entkam ich momentan nicht. Außerdem musste ich erst sehen, womit ich es wirklich zu tun bekam. Schließlich konnte ich nichts bewerten, was ich noch nicht erlebt hatte.
Ich dachte auch an meine Mutter und meinen Vater, die sich hier gefunden hatten und sehr glücklich miteinander gewesen waren. Sie waren in meiner Kindheit das ideale Paar gewesen, voller Liebe und Zuneigung füreinander. Meine Mutter sagte mir vor meinem Aufbruch, dass die Maßnahme an sich durchaus zweifelhaft war, aber die Akademie kein Ort der Hölle sei. Ich sollte meine eigenen Erfahrungen sammeln, aber mich nicht von meiner Angst vor dem Unbekannten beherrschen lassen. Nun erkannte ich ansatzweise, was sie möglicherweise gemeint haben könnte.
Mit neuem Mut und der musikalischen Begleitung der trällernden Piepmätze um mich herum beging ich weiter den Weg Richtung großer Halle zur Begrüßungsveranstaltung und dem Start in mein neues Leben. Das war zumindest der Ort, der auf meinen Einschreibungsdokumenten stand, wo ich mich am ersten Tag einzufinden hatte. Allerdings ahnte ich jetzt schon, dass die Akademie auch meinen Orientierungssinn auf eine harte Probe stellen sollte.
Kapitel 2
Laut der adretten Dame am Empfang sollte ich meine Sachen in mein Zimmer bringen, bevor die Eintrittsfeier begann. Sie gab mir den Hinweis, bitte daran zu denken, meine Schuluniform anzuziehen, das sei sehr wichtig für das Protokoll. Ich wolle schließlich nicht gleich am ersten Tag die Regeln brechen und der Schulleitung unangenehm auffallen. Ihre Vehemenz irritierte mich, daher nickte ich einfach nur bei ihrer Ansage. Sie gab mir daraufhin süßlich lächelnd einen fast altertümlich anmutenden Schlüssel mit der Nummer 518 und schickte mich bestimmt in den mächtigen Gang zurück, der mich mit offenem Mund starren ließ von all dem Prunk und dem offensichtlichen Reichtum - und dabei handelte es sich um einen einfachen Flur!
Als wäre das hier alles nicht schon einschüchternd genug, musste der ganze Gebäudekomplex natürlich so hergerichtet sein, als entspränge er dem Versailles des siebzehnten Jahrhunderts. Ich wartete eigentlich nur darauf, dass Ludwig der Vierzehnte um die nächste Ecke bog und mich missbilligend musterte, weil ich nicht in dieses Etablissement gehörte. Super, gebt mir doch noch mehr das Gefühl, hier nicht hinzupassen. Da habe ich wirklich Bock drauf! Ich hätte mir natürlich gern den ganzen Stuck und die Kunst angesehen, die hier überall verteilt stand. Wann bekäme ich dazu noch einmal die Gelegenheit, dachte ich sehnsüchtig. Ich versuchte, so viele Eindrücke wie möglich in mein Hirn zu brennen, aber das Gewusel der anderen Schüler um mich herum zwang mich dazu, mich mächtig zu sputen. Ich war jetzt schon überfordert mit meiner Situation und wir hatten noch nicht einmal mit dem eigentlichen Spaß angefangen.
Ich schob diese lächerlichen und wenig hilfreichen Gedanken beiseite, weil ich wirklich all meine Kräfte dazu aufbringen musste, mich nicht auch noch in den verwinkelten Wegen hoffnungslos zu verirren und schon am ersten Tag einem Nervenzusammenbruch zu erliegen. Ich stand wieder ganz kurz davor, einfach die Flinte ins Korn zu werfen und abzuhauen. Bitte sagt mir, dass die anderen Schüler genauso überfordert sind wie ich gerade!
Völlig vereinnahmt von all den unbezahlbaren Schätzen um mich herum und meinen sich überschlagenden Gedanken, schlich ich möglichst unauffällig durch die Gänge zu einer Verbindungstür zu den Wohnheimen. Zum Glück hatte jemand mitgedacht und für die neuen Schüler Wegweiser in den Korridoren verteilt. Endlich ein kleiner Lichtblick am sonst so verhangenen Horizont! Ich traf immer wieder andere junge Leute, teilweise offenbar aus den weiterführenden Jahrgängen oder ebensolche Neulinge wie ich. Die anderen Frischlinge sahen genauso eingeschüchtert aus wie ich, sodass sie leicht von den anderen zu unterscheiden waren. Ich wollte gar nicht wissen, wie ich auf die anderen wirkte, aber das war im Moment mein geringstes Problem.
Ich sah auf meinem Weg zu meinem Zimmer so viele Schüler, dass ich den Gedanken nicht loswurde, dass sie uns absichtlich zu solch »zufälligen« Zusammenkünften lockten, damit wir uns so schnell wie möglich an die Menschenmengen gewöhnten. Dieser Gedanke schien zumindest nicht abwegig, wenn man den Aspekt der weitreichenden Entfremdung der Menschen beachtete. Es konnte natürlich auch dem normalen Vorgang eines Einschreibungstages entsprechen, denn schließlich trafen alle Lehrlinge am selben Tag ein.
Völlig in Gedanken versunken setzte ich meine Suche nach meinem Zimmer fort. Mein Herz raste geradezu, so aufgeregt war ich. Ich bemerkte außerdem, dass es offenbar keinerlei Trennung zwischen Männlein und Weiblein gab, was mich erstaunlich fröhlich stimmte. Alles andere wäre auch total prähistorisch, man hatte schon vor Ewigkeiten herausgefunden, dass eine gesunde Mischung aus beiden Geschlechtern für die meiste Harmonie sorgte. Habe ich zumindest mal gelesen… Gerade wollte ich diesen Aspekt meiner Gedankenflut näher analysieren, wurde aber von der Masse an Reizen um mich herum wieder abgelenkt.
Ich konnte zwischenzeitlich durch offene Türen einige Eindrücke von Zimmern der anderen erhaschen und stellte überrascht fest, dass wir scheinbar alle Einzelapartments bekamen. Ich wollte mich nicht zu früh freuen, aber dieser Umstand würde mir die Eingewöhnung wesentlich leichter machen. Wohl wieder reine Absicht, dachte ich süffisant. Gedanken machten sie sich offensichtlich hier, das musste ich schon zugeben.
Ich konnte gar nicht fassen, in was für einem Luxus wir hier schwelgten, denn normalerweise vermochte sich das hier kein normaler Mensch zu leisten. Dass so ein Prunk überhaupt noch existierte, grenzte für mich an ein Wunder, wenn man bedachte, wie viele Unruhen es in den letzten Jahren zwischen den Ländern gegeben hatte. Ich vermutete vorher schon, dass der Staat sich seine Kampagne für die Rettung der Art einiges kosten ließ, aber damit hatte ich nun wahrlich nicht gerechnet. Ehrlicherweise hatte ich mir eine Lehranstalt für sexuellen Wissenszugewinn ganz anders vorgestellt. Unwillkürlich türmten sich Bilder in meinem Kopf von baufälligen Baracken im alten Kasernenstil auf, die so weit weg von der Realität waren wie die Menschheit vom Frieden.
Ich schlich ehrfürchtig an teuren Gemälden und Skulpturen vorbei, mit denen die Flure dekoriert waren. Ich mochte mir gar nicht ausmalen, was dieser Spaß kostete, aber es war auch wahrlich nicht meine Aufgabe, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich hatte nur Angst, irgendetwas davon zu demolieren und dafür meine Seele verkaufen zu müssen, denn bezahlen konnte ich das auch in drei Leben nicht. Diese Institution gab sich wohl sehr viel Mühe dabei, den Studenten eine reizvolle Umgebung zu schaffen, die diese so schnell nicht wieder verlassen wollten – wegen der Annehmlichkeiten.
Aus anderen Gängen hörte ich viele aufgeregte Stimmen, die sich genauso wie ich über dieses Etablissement wunderten. Sehr schön, bin ich zum Glück nicht die Einzige… Auch trugen einige die Schulklamotten, wie ich feststellte. Man konnte es meiner Meinung nach schwerlich Uniform bezeichnen, denn letztendlich wirkte die Kleidung wie eine lockere Tunika, die bei den Frauen einfach etwas taillierter geschnitten war als bei den Männern. Farblich gehalten waren sie in Mitternachtsblau und Gold, den Farben des Akademiewappens, das in wohl mühsamer Kleinarbeit auf die Brust des Stoffstücks genäht war. Ich freute mich über diesen kleinen farblichen Nebenaspekt, denn meine blonden Haare passten ganz gut dazu. Diese minimale Eitelkeit gestand ich mir zu, es half zuweilen, mit den vielen neuen Eindrücken klarzukommen, die mich halb erschlugen.
Es dauerte eine ganze Weile, so erschien es mir zumindest, bis ich endlich bei meinem Aufgang ankam, da ich immer wieder den Blick zu den Hinweisschildern hob, um mich zu orientieren. Außerdem wurde ich andauernd von der Reizüberflutung um mich herum abgelenkt, sodass sich meine kleine Reise durch die Akademie stark in die Länge zog. Wenn ich mich eingewöhnt hatte, würde ich den Weg sicherlich doppelt so schnell zurücklegen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…
Ich folgte einer Treppe ins nächste Geschoss und kam endlich bei der Nummer 500 an, sodass ich sicher bald am Ziel war. Ich zählte im Kopf mit aufgeregt pochendem Herzen die Ziffern mit, bis ich schließlich vor meiner Tür mit der Nummer 518 stand. Ich legte meine vor Erwartung schwitzige Hand auf den goldenen Knauf und öffnete schwungvoll die Pforte zu meinem neuen Zuhause für die nächsten zwei Jahre.
Mich erwartete ein geräumiges, edles Einbettzimmer mit einem generösen Kachelfenster, das einen schönen Blick in den grünen Park freigab. Freudig eilte ich in den Raum und ließ die Eindrücke auf mich wirken. Sofort erfasste Euphorie meinen geplagten Geist. Ich fühlte mich wie in einem Märchen aus alter Zeit, wo die Prinzessin spannende Abenteuer erlebte und mit ihrem Prinzen an der Seite all den Geheimnissen ihrer Welt auf die Spur kam. Dieses Gebäude war der reinste Traum und ich war mittendrin. Nur der Prinz fehlte noch in dem Reigen, aber das ließ sich hier sicher ändern. Da vergisst man schon fast, warum man eigentlich hier ist, nicht wahr?
So was hatte ich mir beileibe nicht auszumalen gewagt, aber in dieser Umgebung ließ es sich doch eindeutig aushalten. Ich blickte auf den monströsen schweren Eichentisch, der mir als Arbeitsfläche für schriftliche Aufgaben dienen sollte. Zumindest vermutete ich das, auch wenn ich mir kaum vorstellen konnte, was das für Arbeiten sein sollten. Das Bett stand auf der anderen Seite, im gleichen Holz gehalten, und war ebenfalls viel zu groß für mich allein. Da passte eine weitere Person ohne Probleme hinein und meine Wangen wurden rot bei dem Gedanken, dass die Hausaufgaben sicherlich nicht nur schriftlicher Natur waren.
Auch wenn man es mir nicht anmerkte und ich es niemals offen zugäbe, ich interessierte mich heimlich sehr für Sex. Einmal angefangen, konnte ich meine Faszination kaum in Schach halten, jedoch gestaltete sich die Partnersuche sehr schwierig. Außerdem suggerierte mir die Außenwelt, dass das ein großes Tabuthema war, das erfolgreich in allen Belangen totgeschwiegen wurde. Hier allerdings, wo es gefordert wurde, seine Triebe auszuleben, sollte dies doch kein großes Problem mehr darstellen. Solange es auf freiwilliger Basis blieb, war ich zu vielen Schandtaten bereit - im privaten Rahmen.
Mit Kopfkino erforschte ich weiter mein neues Zimmer und landete schließlich in einem für eine Person überdimensionierten Badezimmer. Es gab eine Wanne und eine geräumige Dusche, die wieder all meine Synapsen in Fahrt brachte. Niemand benötigte allein so viel Platz, es sei denn, die Zimmer waren von Grund auf nicht nur für eine einzige Person ausgelegt. Das hatte alles seinen Grund, da war ich hundertprozentig von überzeugt. Alles in diesem Raum wirkte quasi wie eine unmissverständliche Einladung zu Gemeinschaftsaktivitäten aller Art. Wenn man den Sinn dieser Akademie mit in die Analyse einschloss, schienen es vorrangig sexuelle Aktivitäten zu sein. Dafür waren auch reichhaltig Kandidaten vorhanden, die täglich die riesigen Flure direkt vor der Tür bevölkerten. Es war alles genau durchgeplant und bis ins Detail ausgefeilt.
Die Röte in meinem Gesicht intensivierte sich, denn mein Körper erwachte augenblicklich bei all den Möglichkeiten zum Leben. Ich war zwar schüchtern und von der Gemeinschaft dazu erzogen, so etwas abstoßend zu finden, aber mein Selbst hatte da offensichtlich auch noch andere Seiten. Ich stellte mit rasenden Gedanken meine Sachen ab (ein Koffer und eine kleine Reisetasche) und blickte mich noch einmal um. Ich wollte sichergehen, dass das hier gerade wirklich passierte. Es war an Unwirklichkeit nicht mehr zu überbieten, aber ich steckte tatsächlich nicht in einem utopischen Traum fest. Das war die Wirklichkeit und trotz aller Anpassungsschwierigkeiten spürte ich, dass ich mich durchaus für das Abenteuer zu öffnen vermochte - mit etwas Eingewöhnungszeit, versteht sich. Vor allem, wenn die Gemeinschaft mir dabei half. Die Umgebung formt den Menschen, wie man nun unschwer erkennt.
Plötzlich fiel mir ein dunkles Stoffstück auf, das an meiner Garderobe hing. Daran befand sich ein Zettel mit dem netten Hinweis:
Liebe Steena, herzlich willkommen an unserer Akademie und in deinem Zimmer. Wir hoffen, du hast eine wunderbare Zeit in unserer Einrichtung. Zur Eröffnungsfeier in der großen Halle möchten wir dich bitten, deine Uniform zu tragen. Sie sollte perfekt auf dich zugeschnitten sein. Wenn es Probleme gibt, wende dich gern an das Sekretariat.
Freundliche Grüße und viel Spaß am ersten Tag.
Ich las die Karte zweimal durch, um auch keine Informationen zu verpassen. Dann nahm ich die bereits bekannte dunkelblaue Tunika in die Hand und verlor mich fast in der Zartheit des Stoffes. Was musste der Staat nur für finanzielle Mittel in diesen Ort buttern, um das alles zu ermöglichen, dachte ich recht fassungslos. Solch ein feiner Stoff hatte noch nie meine Haut berührt und ich traute mich kaum, ihn am Körper zu tragen.
Allerdings war dies Pflicht und ich sollte mich beeilen, wenn ich pünktlich zur Begrüßungsfeier erscheinen und nicht wie der letzte Depp zu spät kommen wollte. Gleich am ersten Tag unpünktlich zu sein, war eine Horrorvorstellung und musste um jeden Preis vermieden werden. Auf diese Art der Aufmerksamkeit konnte ich gern verzichten.