Die Spur der weißen Pferde - Herbert Schida - E-Book

Die Spur der weißen Pferde E-Book

Herbert Schida

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Beschreibung

Große Teile des Thüringer Königreiches halten die Franken seit dem Jahr 531 besetzt. Nur noch zwischen den Flüssen Saale und Elbe regiert Herminafrid. In dieser Lage bieten die Franken dem Thüringer König an, dass er als Vasall den größten Teil seines Reiches zurückerhalten kann. Daraufhin reist er voller Hoffnungen zu Verhandlungen nach Zülpich. In seinem Gefolge befindet sich Siegbert, der dritte und jüngste Sohn, des im Jahre 529 bei Eisenach im Kampf gegen die Franken gefallenen Gaugrafen Herwald aus Rodewin. Doch was erwartet die Thüringer in Zülpich? Herminafrid wird ermordet. Die Thüringer Königin Amalaberga muss fliehen und Siegbert soll sie auf ihrer gefährlichen Reise nach Ravenna begleiten. Wird er seine geliebte Heimat jemals wiedersehen.

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Seitenzahl: 561

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Bedanken möchte ich mich bei Ursula und Heinrich Jung, Manuela Schida-Taudes und meiner Frau Reinhild, die mich bei der Entstehung der Neuauflage des vorliegenden Romans unterstützten.

Inhalt

1. Die Heimkehrer

2. Das Friedensbündnis

3. Der Königsmord

4. Die Flucht aus Zülpich

5. Der Widerstand

6. In Vindobona

7. In Carnuntum

8. In Ravenna

9. Die Rückreise

10. Das Rebellenlager

11. Die Harzreise

12. Die Gefangenenbefreiung

13. Der Pferderaub

14. Die Rebellenhochzeit

15. Die Waisenkinder

Anlagen

Königsweg – Via Regia um 534 (Karte)

Wiesenland um 534 (Karte)

Personennamen

Das Reich der Langobarden um 535 (Karte)

Glaubensrichtungen um 529 (Karte

Zeittafel (531 bis 536)

Kleines Wörter-Lexikon

Über den Autor

Im BoD-Verlag bisher erschienen

Literaturmuseum Thüringer Königreich

Königsweg – Via Regia um 534

1. Die Heimkehrer

Die Morgensonne umkränzte den Wilberg in einem zarten Türkis. Kein Wölkchen zeigte sich am Himmel. Die Kinder waren ausnahmsweise die Ersten, die aufstanden und sich beeilten, zum Priester nach Wipa zu kommen, der ihnen Geschichten über die germanischen Götter erzählen wollte. Gestern Abend hatte er es ihnen bei der Sommersonnenwendfeier versprochen.

Siegbert, der jüngste Bruder des Gaugrafen Harald aus Rodewin, wurde durch ihr Lärmen geweckt und rieb sich missmutig den Schlaf aus den Augen.

„Seid still!“, schrie er die Kinder an, doch es half nichts.

Er kroch unter seiner Wolldecke hervor und ging auf den Hof zum Brunnen. Neben einem Stein stand ein Holzeimer mit Wasser. Den goss er sich über den Kopf und wischte mit dem Hemd das Gesicht trocken. In der Nacht hatte er nur wenig geschlafen, denn er saß mit seinen Freunden bis nach Mitternacht am Feuer und sie feierten die bestandene Jungkriegerprüfung. Dabei flossen viel Bier und Met durch die Kehlen, doch an alles konnte er sich nicht mehr erinnern.

Da war noch Helga, die Tochter der Kräuterfrau. Mit ihr hatte er sich lange angeregt unterhalten, als die anderen schon verschwanden.

Es war nicht nur beim Gedankenaustausch geblieben, denn sein alkoholdurchtränktes Hirn gab nun immer mehr Einzelheiten preis.

Schmunzelnd dachte er an die zarten Umarmungen und den Duft, der sie umgab. Er griff in seine Hemdtasche und zog ein kleines Tuch hervor. Das trug sie um ihren Hals und hatte es ihm beim Abschied geschenkt. Er hielt es unter die Nase und schien wie betört. Helga hatte ihm gesagt, dass sie ihn liebt und er fühlte genauso.

„Siegbert, komm frühstücken!“, riss ihn die herrschende Stimme seiner Schwägerin Heidrun aus den Gedanken.

Hunger hatte er keinen, doch verärgern wollte er die Hausfrau nicht. Schnell trank er Wasser mit kleingestoßener Weidenrinde, um die kleinen Bierkrieger, die in seinem Kopf mit ihren Hämmern um sich schlugen, zu besänftigen. Dann schlenderte er zurück ins Langhaus und setzte sich an den großen Esstisch neben seinen ältesten Bruder Harald. Sie waren allein, denn die Kinder wollten nichts essen und die anderen waren noch mit dem Füttern des Viehs beschäftigt.

Harald war nicht nur Sippenältester von Rodewin, sondern auch Gaugraf des Oberwipgaus, zu dem alle umliegenden Siedlungen gehörten. Vor der Niederlage gegen die Franken war er königlicher Verwalter vom Wiesenland, der Zusammenfassung eines großen Gebietes, das mehrere kleine Gaue einschloss. Obwohl die Verwaltung des Thüringer Königreiches in den von den Franken besetzten Teilen des Reiches nicht mehr bestand und ein neuer fränkischer Verwalter in Arnberg herrschte, kamen die Gaugrafen des Wiesenlandes bei strittigen Angelegenheiten immer noch zu ihm. Heute nun sollte im Thing, der Versammlung aller kriegsfähigen Männer, über wichtige Themen gesprochen und abgestimmt werden.

Harald klopfte Siegbert anerkennend auf die Schulter.

„Heute Mittag wirst du das erste Mal im Thing mitstimmen dürfen. Freust du dich darauf?“.

Sein jüngster Bruder nickte.

„Es kommen alle Sippenältesten, Krieger und Priester aus dem Wiesenland und ich denke, dass wir bis zum Nachmittag alles besprochen haben.“

Heidrun kam mit einer großen Schüssel aus der Küche und stellte sie auf den Tisch. Es war Haferbrei, mit darüber gestreuten Waldbeeren.

Gemächlich langten die beiden Männer mit ihren Holzlöffeln zu und zeigten durch lautes Schmatzen, dass es ihnen schmeckte. Heidrun freute sich darüber und lächelte. Sie setzte sich zu ihnen und nutzte die Gelegenheit, über eine Sache zu sprechen, die ihr schon lange am Herzen lag.

„Letzte Woche habe ich mit Ulrichs Frau aus Alfenheim gesprochen. Sie ist in großer Sorge, was einmal werden wird. Von ihrem Mann und dem Sohn hat sie nichts mehr gehört und sie glaubt, dass beide in der Schlacht an der Unstrut gefallen und mit den Walküren nach Walhall geritten sind.“

„Es ist ein großer Verlust für uns alle“, bestätigte Harald, ihr Ehemann, und aß weiter.

„Für die Frau ist die Arbeit im Haushalt und auf dem Feld zu viel.“

„Sie hat doch noch ihre Tochter Gislinde, die ihr zur Hand geht“, bemerkte Harald.

„Auch für beide ist es nur schwer zu schaffen. Es fehlt ein Mann im Haus. Gislinde ist im heiratsfähigen Alter und die Mutter sieht sich nach einem Mann für sie um. Am liebsten wäre es ihr, wenn Siegbert ihre Tochter zur Frau nehmen würde.“

Ihr Schwager blieb der letzte Bissen fast im Halse stecken. Er verschluckte sich und hustete. Harald klopfte ihm zur Unterstützung auf den Rücken.

„Das kommt gar nicht in Frage, dass ich die heirate!“, entgegnete er barsch.

„Was hast du gegen das Mädchen? Sie ist hübsch und gesund. Jeder Bursche würde sich freuen, ein solches Weib zu bekommen.“

„Ich aber nicht!“

„Du wärest dann Herr von Alfenheim und hättest für dein Leben ausgesorgt“, pries Heidrun die schöne Tochter von Ulrich an.

„Das interessiert mich alles nicht. Weder die Siedlung noch Gislinde will ich je haben. Nach Weibern steht mir kein Sinn. Dafür bin ich noch zu jung.“

Verärgert sah Heidrun ihren Schwager an.

„Gestern Abend scheinst du jedoch nichts gegen Frauenzimmer gehabt zu haben und wählerisch warst du auch nicht gerade. Ich habe dich mit der Tochter von der Kräuterfrau gesehen, wie ihr es neben dem Gluthaufen des Sonnenwendfeuers getrieben habt.“

Siegbert schnellte von seinem Schemel hoch, dass der nach hinten umkippte.

„Spionierst du mir nach?“, schrie er aufgebracht.

Heidrun und Harald sahen ihn verdutzt an. Er lief eilig aus dem Haus, rannte zum Pferdestall und ritt mit seinem weißen Hengst davon. Das Ansinnen seiner Schwägerin fand er ungeheuerlich. Keiner sollte ihm jemals vorschreiben, mit wem er sich einst verbindet, auch nicht die Frau des Sippenältesten. Aus Erfahrung wusste er, welchen Einfluss sie auf ihren Mann hatte.

Siegbert ritt an der Siedlung Wipa vorbei nach Schmeta. Ulf war gerade erst aufgestanden und wunderte sich, dass sein Freund bei ihm auftauchte.

„Was ist los?“, wollte er wissen.

„Komm mit, ich erzähle es dir!“

Ohne weiter zu fragen, folgte er. Sie ritten im Galopp nach Rinslar und stiegen zu Fuß bis zu der Wehranlage auf dem Rinsberg hinauf.

„Sag mir endlich, was mit dir los ist!“, forderte ihn Ulf auf.

Noch immer wütend und aufgebracht berichtete sein Freund, was zu Hause vorgefallen war und dass ihn seine Schwägerin mit Gislinde verkuppeln wollte. Sein Freund versuchte ihn zu beruhigen, doch es gelang ihm nicht.

„Ich will die dumme Gans nicht heiraten! Sie ist älter als ich und war schon mal in meinen Bruder Hartwig verknallt.“

„Vielleicht mag sie dich.“

„Das ist mir egal, ich will Helga als Frau und keine andere.“

„Hat dir das Kräutermädchen gestern Abend den Kopf verdreht?“

„Ich liebe sie, kannst du das nicht begreifen?“

„Weiß Helga, dass du sie heiraten willst?“, wollte Ulf wissen.

„Das nicht, aber sie hat mir gesagt, dass sie mich liebt.“

„Dann frag Helga, ob sie dich auch heiraten will!“

„Das muss ich nicht, wenn sie mich liebt, ist das ganz normal, dass sie mein Weib werden will.“

„Es kann trotzdem nichts schaden, zu fragen.“

„Gut, morgen werde ich es tun! Reitest du mit zu ihr?“

„Natürlich komme ich mit. Ich hole dich zeitig in Rodewin ab“, sicherte ihm Ulf zu.

Siegbert schien ein wenig beruhigt zu sein und sie ritten gemeinsam nach Wipa, zu ihrem ersten Thing.

Zur Mittagszeit war die Versammlung aller wehrhaften Männer des Wiesenlandes festgesetzt und die Jungkrieger durften ihre Meinung äußern und selbst mit abstimmen. Tage zuvor waren einige von ihnen zu Harald gekommen und wollten mit ihm über das angekündigte Thema sprechen. Es ging um den Christengott und wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollten. Bei einigen war die Verunsicherung und Neugier derart gestiegen, dass sie sich im Innersten zu dem neuen Glauben, den die Kuttenträger im Stillen verbreiteten, hingezogen fühlten. Harald konnte und wollte keinen Ratschlag geben und verwies auf die baldige Aussprache im Thing.

Es waren viele Männer gekommen, sodass der Thingplatz in Wipa kaum ausreichte. Sie standen in einem weiten Kreis um einen großen Stein, auf dem Harald in einem Stuhl saß und von allen gut gesehen und gehört werden konnte. Die kunstvoll geschnitzte Holzstelze seines linken Beins hatte er von sich gestreckt und stützte sich auf seinen großen Speer.

Er sah zu den Kriegern, ob alle gekommen waren. Zufrieden blickte er auf die Jungkrieger, die vollzählig erschienen und gespannt den Worten der Älteren lauschten.

Der Gaugraf gab nochmals das Thema bekannt, über das im Thing gesprochen werden sollte.

Es meldeten sich viele zu Wort. Am Anfang der Reden gab es einige Fürsprecher für die neue Lehre des Christentums, die von katholischen Mönchen im ganzen Land verbreitet wurden. Sie trugen das vor, was ihnen die Mönche erzählt hatten, die sich in einem einsamen Tal bei Rodewin niedergelassen hatten und vom Gartenbau lebten. Rede und Gegenrede wechselten sich ab. Allmählich jedoch bekamen die Gegner des christlichen Glaubens Oberwasser. Sie wurden vom Großteil der Priester unterstützt und sahen in den Fremden böse Dämonen, die sich in die Herzen der Thüringer einschleichen wollen und die man auf jede erdenkliche Art bekämpfen müsste.

Harald hielt sich aus der Diskussion weitgehend heraus. Er musste versuchen, dass man sich am Ende des Tages auf eine gemeinsame Lösung einigte.

Den Priestern schlossen sich fast alle Jungkrieger an und die Gruppe der Fürsprecher konnte sich nicht mehr durchsetzen. Sie liefen sogar Gefahr, von den anderen offen angefeindet zu werden.

Der Gaugraf versuchte gegen Ende des Things die Gemüter zu beruhigen.

Die Forderung nach der Vertreibung der Kuttenmänner war jedoch nicht mehr wegzubringen. Ihr Glaube wurde als Gefahr für die Thüringer angesehen und sollte in Zukunft mit allen Mitteln bekämpft werden. Dem Gaugrafen gelang es noch, dies so weit abzuschwächen, dass niemand dabei absichtlich getötet werden durfte, denn die Jungkrieger hatten zuvor die Vernichtung der Mönche gefordert. Sie wollten als starker Arm der germanischen Priesterschaft die Andersgläubigen nicht nur vertreiben, sondern den Göttern im heiligen Hain opfern. Auch Siegbert hatte sich dieser Gruppe der radikalen Hitzköpfe angeschlossen. Harald redete ihnen immer wieder zu, tolerant zu den Andersgläubigen zu sein, doch keiner von ihnen wollte auf ihn hören.

Am Ende des Things kam es zu keiner endgültigen Entscheidung und es wurde eine erneute Versammlung zu diesem Thema in einem Mond beschlossen.

Wie versprochen erschien Ulf zeitig in der Früh in Rodewin. Er blieb auf dem Hof stehen und wartete auf seinen Freund. Harald ging auf ihn zu und fragte, ob er nicht ins Haus kommen wollte.

„Wir haben etwas ganz Wichtiges vor und müssen gleich weg.“

„Wollt ihr die Kuttenträger vertreiben?“

„Heute nicht, aber bald werden wir sie aus Thüringen verjagen.“

„Wenn ihr sie tötet, macht ihr aus ihnen Märtyrer.“

„Was ist das?“

„Ein Kuttenträger sagte mir, dass es ein großes Glück für einen Christenmenschen ist, wenn er für seinen Glauben stirbt. Dann soll er gleich in den Himmel kommen und ist unsterblich. Sie sind wahrscheinlich so etwas, wie für uns die Einherier, die in Walhall leben.“

„Werden die dann auch so stark sein?“

„Vielleicht noch gefährlicher, deshalb achtet darauf und tötet keinen Mönch!“

Siegbert kam aus dem Haus. Er kaute noch an dem letzten Bissen seines Frühstücks und lief eilig zur Koppel, pfiff nach seinem Hengst. Im Galopp ritten die beiden Jungkrieger davon. Unterwegs machten sie am Schwemmteich kurz Halt und blickten vom Sandberg über den See.

„Was wollte Harald von dir?“

„Er sagte mir, dass wir die Kuttenträger nicht umbringen sollen, denn sonst kommen sie zu ihrem Gott und werden unsterblich, wie die Einherier.“

„Das habe ich noch nie gehört. Er wollte dir damit nur Angst machen.“

„Das denke ich nicht. Bevor wir die überfallen, sollten wir mit unserem Priester in Wipa sprechen.“

„Jetzt haben wir etwas Wichtigeres vor. Was machen wir, wenn Helga nicht im Haus ist?“

„Dann suchen wir sie im Wald“, antwortete Ulf.

„Gut, lass uns weiterreiten!“

Siegbert trieb seinen Hengst an, als wäre er auf der Flucht und Ulf hatte Mühe, ihm zu folgen. Kurz vor dem Haus der Kräuterfrau machten sie Halt.

„Ob es heute der richtige Zeitpunkt ist, Helga zu fragen? Oder sollten wir ein anderes Mal herkommen?“

„Jetzt sind wir hier. Sprich mit ihr, ich werde auf dich warten!“

Unsicher ritt Siegbert auf das Haus zu, ging zur Tür und sah hinein. Die Kräuterfrau und Helga waren da.

„Was ist mein Junge, willst du nicht hereinkommen?“, rief ihm die alte Frau zu.

Er trat ein und sah verstohlen zu Helga.

„Du willst bestimmt mit ihr allein sein. Ich gehe etwas Reisig sammeln, damit wir uns mittags eine gute Suppe kochen können. Gern kannst du mit uns essen.“

Die alte Frau nahm ihren geflochtenen Tragkorb und ging nach draußen.

Helga sah zu ihm hin und sagte: „Setz dich!“

Es klang unpersönlich, dass er das Gefühl hatte, gar nicht die Geliebte von der Sonnenwendfeier vor sich zu haben. Sie hantierte an der Feuerstelle und kam mit einer Schale Tee zu ihm.

„Trink einen Schluck, dann geht es dir wieder gut!“ „Wieso willst du wissen, dass es mir schlecht geht?“

„Da brauche ich dich nur ansehen. Deine Augen verraten mir alles.“

„Dann weißt du womöglich auch, warum ich hier bin.“

„Ja!“, sagte sie kurz.

„Wie ist deine Antwort?“

„Es geht nicht!“

„Ich liebe dich doch und das ist, was zählt. Ich will dich heiraten und wir gehen von hier weg.“

Helga setzte sich auf die Bank neben Siegbert und streichelte seine Hand.

„Ich liebe dich auch“, sprach sie kaum hörbar.

„Dann werden wir für immer zusammenbleiben und nichts kann uns trennen.“

„Wo wollen wir leben? Hast du dir das überlegt?“

„Ich kann hart arbeiten und eine eigene Sippe gründen.“

„So leicht ist das nicht. Du bist gerade erst Jungkrieger geworden und lebst noch in der Sippe deines Bruders. Wenn du einmal ein Krieger bist und mich immer noch magst, dann will ich gern deine Frau werden.“

Enttäuscht sah Siegbert zu Boden. In ihm stieg Zorn auf.

„Du willst mich nicht haben. Ich bin dir wohl nicht gut genug? Einen Krieger willst du, den sollst du bekommen. Doch, ob ich dich dann noch mag, kann ich dir nicht versprechen.“

Wütend sprang er auf und kippte den Tisch mit der Teeschale um. Dann rannte er aus dem Raum.

Im Galopp jagte er in Richtung Schwemmteich und Ulf folgte ihm. Als er ihn einholte, sah er ihn mit dem Pferd in der Mitte des Teiches stehen.

„Was ist los mit dir, willst du dich umbringen?“, rief er ihm zu.

Siegberts Pferd stand bis zur Brust im Wasser und rührte sich nicht.

„Mein Hengst und ich brauchen etwas Abkühlung.“

„Komm heraus und rede mit mir!“, rief ihm Ulf zu und wartete am Teichufer. Langsam watete das Pferd durch den Schlamm.

„Erzähl, was los war!“

„Ich soll wieder kommen, wenn ich ein Krieger bin, sagt sie.“

„Nimm es nicht schwer!“, tröstete ihn Ulf. „Du wirst ein Krieger und was für einer, das hatte sie dir doch vorgestern Abend aus der Hand gelesen.“

„Ich kann mich nicht daran erinnern.“

„Du warst vom Bier berauscht, sodass du es vergessen hast.“

„Komm, lass uns zum Priester nach Wipa reiten und überlegen, was wir gegen die Kuttenträger unternehmen wollen!“

Siegbert musste seinen Frust irgendwo loswerden und da kam ihm die Vertreibung der Mönche gerade recht.

Wenige Tage nach dem Thing ließen die Jungkrieger Taten folgen. Gruppen von ihnen stürmten in die neuen Siedlungen der Mönche und verwüsteten deren Felder und Gärten. Die Hütten wurden niedergebrannt und die Kuttenmänner mit Stöcken vertrieben. Sie flohen in die Güter und Wachstationen der Franken, da dies der einzige Ort schien, wo sie ihres Lebens noch sicher waren.

Von den Frankenkriegern forderten die Mönche, die Übeltäter zu bestrafen. Sie wollten zurück in ihre Siedlungen und baten um Schutz. Es gab jedoch für die Wachleute die eindeutige Anweisung, sich nur in den Königsgütern aufzuhalten, damit Konflikte mit der Bevölkerung vermieden wurden. Deshalb zogen viele der Kuttenträger wieder ins Frankenreich, wo sie einst herkamen. Nur wenige blieben als Seelsorger in den Siedlungen der Franken wohnen. Sie hofften darauf, dass nach einem Friedensbündnis, vom Thüringer König die Religionsfreiheit garantiert werden würde.

Zunächst hatten die Männer vom Wiesenland einen Sieg gegen die Fremden errungen und dieses Vorgehen machte in vielen anderen Landesteilen Schule. Oft blieb es nicht nur bei der Vertreibung der Kuttenträger, sondern es wurde auch mancher von übereifrigen Jungkriegern erschlagen und ihre Leichen als Opfergabe für ihre Götter am Rande der heiligen Haine an die Bäume gehängt.

Der Frankenkönig Theudebert, der hiervon erfuhr, wies die Wachleute an, nicht einzuschreiten, wenn die Vertreibungen außerhalb der Königsgüter erfolgten. Er wollte die Verhandlungen mit Herminafrid nicht erschweren. Die fränkische Kirche war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Sie forderte die freie Ausübung der Religion in allen besetzten Gebieten.

König Herminafrid, der sich nach der verlorenen Schlacht an der Unstrut in das Gebiet zwischen Saale und Elbe zurückgezogen hatte, äußerte sich nicht zu dem Vorgehen seiner Untertanen. Er nutzte diesen Streit, um seine eigenen Forderungen bei den Verhandlungen mit den Franken besser durchsetzen zu können. Seit seiner Heirat mit Amalaberga, die arianische Christin war, gab es unter seinem Volk Widerstand gegen Andersgläubige. In der jetzigen Situation kam ihm der Aufruhr sehr gelegen.

Harald, der zu den Gemäßigten gehörte, konnte gegen diese Entwicklung in seinem Großgau nichts unternehmen. Er sprach darüber mit dem Priester vom Oberwipgau und zeigte sich besorgt.

„Was haben wir nur für eine Lawine im Thing hinsichtlich der Kuttenmänner losgetreten. Wir können das Wüten der Jungkriegertrupps nicht mehr eindämmen.

Wie wird das noch enden?“

Der Priester sah ihn ratlos an.

„Nichts kannst du dagegen tun. Es geht hier nicht nur um die Vertreibung der Andersgläubigen, sondern es entlädt sich in dem Tun der Zorn des Volkes gegen die Fremden in unserem Land.“

„Bisher haben uns die Franken kaum belästigt und die meisten von uns konnten ein normales Leben führen“, meinte Harald.

„Die fränkischen Wachstationen stehen jedoch für die Niederlage an der Unstrut und erinnern die Thüringer täglich daran.“

„Ich denke, dass die Zeit eines Tages auch diese Wunden heilen wird. Wichtig ist, dass unser König zurückkehrt.“

„Möglicherweise hast du recht. Ich habe die Hoffnung, dass er bald kommt. Doch wann wird das sein? Wir werden in der Nacht des vollen Mondes die Götter befragen.“

„Ich denke, es dauert nicht mehr lange!“, antwortete Harald.

„Wieso glaubst du das? Hast du neue Informationen aus dem Ostreich?“

„Ich habe vor ein paar Tagen mit einem unserer Meldereiter gesprochen, der auf der Durchreise war. Er meinte, dass die Könige noch bis zum Winter das Friedensbündnis abschließen werden.“

„Weißt du auch, wie der Vertrag aussehen soll?“

„Darüber hat er nicht viel gesagt. Es wurde jedoch von der Heirat einer der Frankenkönige mit der Tochter von Herminafrid gesprochen.“

„Die Heirat war doch vor der verlorenen Schlacht schon einmal im Gespräch und es ist nichts daraus geworden.“

„Vielleicht will Chlothar jetzt die Prinzessin Rodalinde zur Frau nehmen.“

„Er hat doch schon Radegunde als Gefangene und als zukünftige Braut bei sich“, entgegnete der Priester überrascht.

„Wenn er die Königstochter haben kann, wird er Bertachars Tochter wieder frei geben.“

Der Priester kratzte sich nachdenklich am Kopf.

„Es ist nicht einfach, das Ganze zu durchschauen. Ich habe bei den Frankenherrschern meine Bedenken. Die sind sich untereinander nicht immer einig.“

„Wir können nur hoffen, beeinflussen können wir das Ganze nicht!“, entgegnete Harald verbittert.

„Das stimmt! Es liegt wie alles in den Händen der Nornen, unserer Schicksalsgöttinnen, und selbst die Götter haben mir bis jetzt noch kein Zeichen gesandt. Keiner weiß, wie es einmal werden wird.“

Harald ritt zurück nach Rodewin. Am Tor zur Siedlung kamen ihm die Kinder aufgeregt entgegen.

„Was ist mit euch?“, wollte er wissen.

„Ein großes Wunder ist geschehen. Hartwig ist aus der fränkischen Gefangenschaft zurückgekehrt“, riefen alle, wie aus einem Munde.

Er riss vor Schreck am Zügel seines Pferdes, sodass es hochstieg und ihn fast abgeworfen hätte.

Überall war große Unruhe und die Frauen liefen weinend umher. Es waren jedoch Freudentränen, die sie vergossen.

Harald eilte ins Haupthaus und dort saß am Tisch Hartwig. Die Brüder gingen aufeinander zu und umarmten sich schweigend. Es war still im Raum und man hätte eine Erbse zu Boden fallen hören. Die Brüder lösten ihre Umarmung und sogleich wurde es wieder quirlig wie zuvor. Keiner wollte etwas verpassen.

Harald sagte zu Hartwig: „Du wirst sicher erst einmal deine Frau und die Kinder sehen wollen. Sie sind in Alfenheim.“

„Heidrun hat es mir gesagt und Siegbert ist gleich zu ihnen geritten und holt sie.“

„Das ist gut. Jetzt lass dich erst einmal richtig anschauen! Es sind zwei Jahre vergangen und wir haben geglaubt, dass du in der Schlacht an der Unstrut gefallen bist und dich die Walküren nach Walhall getragen haben.

Jetzt bin ich froh, dass du noch unter uns weilst. Erzähl, wie es dir ergangen ist!“

Hartwig sah fragend und unschlüssig in die Runde.

„Wo soll ich anfangen? Viel ist passiert, dass ein Abend nicht dazu ausreicht, all das zu berichten, was ich erlebt habe.“

„Fang dort an, wo wir uns zum letzten Mal gesehen haben!“

„Das kommt mir jetzt wie eine Ewigkeit vor und ich hoffe, dass ich nicht zu viel vergessen habe.“

Hartwig begann seine Geschichte zu erzählen, wie er mit den anderen Thüringer Kriegern die Herminaburg verteidigte und wie die Franken eingedrungen waren und ihn gefangen nahmen. Ausführlich berichtete er von dem Sklavendienst bei Theudebert und die Reisen mit dem Frankenkönig von einem Schlachtfeld zum anderen.

In dem Moment kam Elke, seine Frau, durch die Tür und rannte auf ihren Mann zu. Sie fiel ihm um den Hals und er bekam kaum Luft.

„Wir gehen jetzt alle nach draußen und lassen die beiden allein“, sagte Harald und scheuchte die Kinder vor sich her auf den Hof. Dort stand das Pferd von Elke völlig schweißüberströmt.

„Holt etwas Stroh und reibt das Tier ab!“, sagte der Sippenälteste zu den großen Kindern und sie fügten sich gern. Er ging zu dem Lindenbaum, der am Rande des Hofes stand und erzählte ihnen eine der vielen Göttergeschichten, um die Zeit zu überbrücken, bis Hartwig weiter berichten würde. Leise begann er zu sprechen, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen.

„Eines Tages kam eine Hexe nach Asgard, der Götterburg der Asen. Sie zettelte dort so manchen Unfrieden an. Die Götter wollten sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen, aber es gelang ihnen nicht. So ließ man die Hexe, die eine Trollfrau war, wieder ziehen. Überall, wo sie hinkam, erzählte sie von der schlechten Behandlung durch die Asen und dass sie kein Recht dazu hätten, mit ihr so übel umzugehen.

Die Hexe kam auch zu den Wanen, einem wenig bekannten Göttergeschlecht und fand dort offene Ohren. Die Wanen ärgerten sich schon lange darüber, dass die Asen sie nicht beachteten. Jetzt wollten sie es ihnen einmal zeigen, wer die Stärkeren in der Welt sind. Sie zogen gegen Asgard und trafen dort auf das Heer der Asen. Odin selbst führte es an und warf seinen Speer. Das war der Beginn des ersten Krieges in der Welt.

Am Anfang des Kampfes schienen die Wanen erfolgreich zu sein. Sie kannten viele Zauberkünste, mit denen sie die Asen-Götter überraschten. Doch später bekamen die Asen die Oberhand und drängten die Gegner in ihr Gebiet zurück.

Wanheim wurde geplündert und gebrandschatzt und viele Krieger auf beiden Seiten verloren in diesem Kampf ihr Leben. Odins beide Brüder starben dabei und auch die böse Hexe, die an allem schuld war, kam um. Da der Kampf nicht enden wollte, vereinbarten die Anführer einen Waffenstillstand und tauschten Geiseln aus. Diese wurden aber nicht wie Gefangene, sondern wie Gäste behandelt. Von den Wanen kam Njörd mit seinem Sohn Frey und seiner Tochter Freya nach Asgard und sie erhielten dort sogar einen Platz im Rat der Götter. Im Gegenzug sandte Odin den Asen-Gott Hönir und seinen Freund, den klugen Troll Mimir, nach Wanheim und die Wanen wählten Hönir zu ihrem Häuptling. So endete noch alles zum Guten.“

Harald hatte gerade seine Geschichte beendet, da traten Hartwig und Elke aus dem Langhaus und kamen zu ihnen.

„Jetzt musst du weiter berichten!“, forderte ihn sein Onkel Ingolf auf.

„Lass ihn doch erst einmal verschnaufen! Morgen ist auch noch ein Tag“, sagte Waltraut, die Mutter, in barschem Ton.

Harald unterstützte sie und sagte: „Obwohl ich auch kaum erwarten kann, zu hören was er zu berichten hat, werden wir uns bis morgen gedulden und ein großes Wiedersehensfest feiern. Dazu laden wir alle Verwandten und Freunde ein und mein lieber Bruder kommt dann doch noch zu seiner verspäteten Hochzeitsfeier.“

Hartwig war froh darüber, dass er sich am Ankunftstag nur seiner Familie widmen konnte.

Siegbert kam spät mit dem Ochsenkarren an, auf dem er Ursula, die älteste Tochter von Ulrich aus Alfenheim, und die Kinder der beiden Frauen geladen hatte. Die Ochsen ließen sich durch nichts bewegen, schneller zu laufen. Er hätte sich jetzt das Pferdegespann des fränkischen Handelsmannes gewünscht, mit dem er die Strecke in der halben Zeit geschafft hätte.

Hartwig nahm die Kinder in die Arme. Es schien ihnen nicht zu gefallen, denn er war ein fremder Mann für sie. Dann umarmte er Ursula, die Geliebte von Prinz Baldur, der die Tränen in den Augen standen.

„Baldur lebt und es geht ihm gut“, beruhigte er Ursula.

„Hast du ihn gesehen?“, wollte sie wissen.

„Ja, ich habe öfter mit ihm gesprochen und er sehnt sich nach dir und eurer Tochter.“

„Jetzt sind es schon zwei Kinder“, antwortete sie schluchzend.

„Das würde ihn freuen, wenn er es erführe.“

Elke bat ihren Mann, dass er zuerst über Baldur erzählen sollte. Ihr tat Ursula leid, dass sie ihren Geliebten noch nicht wiedersehen konnte. Hartwig beschrieb ihr sehr ausführlich und mit bewegenden Worten, wie und wo er lebte. Dabei liefen wieder viele Tränen, aber meistens waren es Tränen der Freude, dass er noch am Leben war.

Nach dem Abendessen bat Hartwig seinen Bruder Harald mit ihm unter vier Augen sprechen zu können. Sie setzten sich in dem großen Wohnraum zusammen und Heidrun hatte den Männern einen Krug mit Met hingestellt.

„Ich werde nicht lange hierbleiben können, denn ich muss weiter zu König Herminafrid“, begann Hartwig das Gespräch.

„Das wird nicht gehen, da die Grenze in das Ostreich von den Franken bewacht ist. Kein Wolf kann herüber und hinüber gelangen.“

„Das weiß ich, doch ich reise im Auftrag des Frankenkönigs Theudebert und soll seinen Gesandten bei den Verhandlungen unterstützen.“

„Wieso ausgerechnet den Franken und nicht unseren König?“, rief Harald erstaunt.

„Wenn Herminafrid meinen Rat wünscht, werde ich auch ihm zur Verfügung stehen. Es soll ein Bündnis für eine lange Zeit werden.“

„Die Franken haben schon einmal eines gebrochen. Warum sollen wir ihnen dieses Mal glauben?“

„Theuderich lebt nicht mehr und sein Sohn Theudebert ist ein ganz anderer Herrscher als sein Vater.“

„Woher willst du das wissen?“

Harald sah Hartwig zweifelnd an.

„Ich war als Leibsklave bei ihm und habe ihn gut kennengelernt.“

„Wieso bist du dann freigekommen?“

„Ich habe ihm zum zweiten Mal das Leben gerettet, dafür hat er mir die Freiheit geschenkt und einen fränkischen Grafentitel dazu. Somit kann ich jede fränkische Grenze passieren und mich auch im Frankenland frei bewegen“, erwiderte Hartwig voller Stolz.

„Da steckt doch bestimmt eine böse Absicht von Theudebert dahinter. Vielleicht will er dich als Spion verwenden?“

„Du darfst nicht schlecht von allen Franken denken. Es gibt dort Gute und Böse, wie bei uns.“

„Das weiß ich, doch sei auf der Hut! Ich würde von dem Grafentitel keinem was erzählen, denn mancher Thüringer würde es dir übelnehmen, dass du den fränkischen Adelstitel angenommen hast. Wer sich mit den Franken einlässt, dem misstraut man.“

„Deshalb wollte ich auch zuerst mit dir darüber sprechen, bevor ich morgen allen meine ganze Geschichte und Erlebnisse weitererzähle.“

Die beiden Brüder tranken noch ihre Becher leer und Hartwig ging zu seiner Frau und den Kindern.

Am nächsten Tag wurde groß gefeiert. Es kamen die Verwandten und Freunde, um den Totgeglaubten zu sehen. Viele konnten gar nicht begreifen, dass er wieder da war und dankten den Göttern. Er berichtete ihnen von seinen Erlebnissen, doch den misslungenen Fluchtversuch von Baldur und seine Standeserhöhung als fränkischer Graf verschwieg er. Dann gab er bekannt, dass er in einigen Tagen zu Herminafrid auf die andere Saaleseite reisen würde und zuvor mit seiner Familie ein paar Tage in Alfenheim verbringen wollte.

Alle konnten das verstehen. Jetzt brauchte ihr König jede erdenkliche Hilfe. Es gab viele wohlgemeinte Ratschläge, wie er die Grenze überwinden könnte. Hartwig hörte zu und dankte für die Hinweise.

Siegbert erfuhr, dass sein Bruder dem König Herminafrid seine Dienste anbieten wollte. Er wünschte sich, mit ihm zu ziehen, doch Harald versuchte ihn davon abzubringen, da es zu gefährlich war, die Grenze zu überschreiten und seine Arbeitskraft auf dem Hof und Feld benötigt wurde. Doch sein Bruder ließ sich nicht von dem Vorhaben abbringen. Mit seinen Freunden wollte er eine geeignete Stelle an der Saale erkunden, wo sie leicht übersetzen konnten, um zum König zu gelangen und ihm ihre Dienste anzubieten.

Am Morgen des nächsten Tages zogen die Jungkrieger los und ritten zuerst zum Rynnestig, dem uralten Weg auf dem Kamm des Thüringer Mittelgebirges, weiter in Richtung Osten, bis sie vom Höhenweg aus, die Saale sehen konnten. Am Berghang fanden sie eine Quelle und schlugen ein provisorisches Lager auf. Es erinnerte sehr an die Übernachtungen im Freien, während der Pferdetriebe auf die Sommerweiden. Dieses Mal war es jedoch viel gefährlicher. Sie wollten die Lager der Franken erkunden und durften sich nicht von ihnen erwischen lassen. Harald hatte ihn gewarnt und gesagt, dass die fränkischen Krieger mit aller Härte gegen sie vorgehen würden und niemand ihnen helfen könne.

Von der Höhe des Berges beobachteten sie in der Nacht, wo Feuer im Saaletal zu sehen waren. Diese konnten nur von den Franken stammen, denn in dem Gebiet, nahe dem Grenzfluss, lebte kein Thüringer mehr. Sie merkten sich die Standorte der Feuerstellen und ritten am nächsten Morgen in diese Richtung.

Von weitem sahen sie, dass sich dort ein befestigtes Lager der Franken befand. Die Krieger hatten Holzhütten gebaut und diese durch einen mannshohen Palisadenwall geschützt. Einer der Hauptwege führte am Lager vorbei. Siegbert und seine Kameraden ließen ihre Pferde im Unterholz des Waldes zurück und zwei der Jungkrieger mussten auf sie aufpassen. Die anderen wateten durch einen Bach, der in die Saale mündete.

Die Weiden und das Gebüsch waren so dicht, dass sie nah an das Frankenlager herankommen konnten. Aus sicherer Entfernung und gut geschützt, beobachteten sie das Geschehen.

Das Leben schien dort sehr entspannt zu sein. Nur wenige Krieger hielten Wache. Die meisten waren damit beschäftigt, für ihr Essen zu sorgen und die Pferde zu pflegen.

Bis zum Abend blieben die Jungkrieger in ihrem sicheren Versteck, dann schlichen sie wieder vorsichtig zurück zu den Pferden. Sie hatten auch berittene Trupps gesehen, die regelmäßig das Saaleufer kontrollierten. Vom Hinterland, schienen die Franken keine Gefahr zu vermuten. Ihre Aufmerksamkeit war auf das gegenüberliegende Flussufer und die Furt gerichtet. An dieser Stelle sahen sie keine Möglichkeit, unentdeckt hinüberzugelangen. Da flussabwärts die Saale breiter und ihre Ufer sumpfiger wurden, ritten sie zu den Furten, die flussaufwärts lagen. Das Saaletal wurde enger und war von hohen Bergen gesäumt. An jeder Stelle, wo die Jungkrieger eine Möglichkeit der Flussüberquerung entdecken konnten, standen Wachstationen. Es schien kein Durchkommen zu geben. Sie gelangten immer weiter nach Süden und kamen aus den Bergtälern heraus. Da wurden auch die Wachstationen größer und dort lagerten mehr Krieger.

Die Jungkrieger zogen nordwärts, um nochmals eines der kleinen Lager in dem engeren Saaletal zu beobachten. Dies schien die einzige Stelle zu sein, wo man einen Übergang durch die Saale wagen konnte und die Wachstationen nicht eng beisammen lagen.

Von den Berghängen konnten die Thüringer das Gebiet gut beobachten. Mehrere Tage blieben sie hier und spähten alles aus, was von Interesse sein könnte. Dabei wurden sie in ihrer Deckung unvorsichtig und von den Frankenkriegern entdeckt. Diese taten, als hätten sie die Thüringer nicht bemerkt und lauerten der kleinen Jungkriegerschar in einem Schilfgebiet auf.

Aus ihrem Versteck schossen die Franken ihre Pfeile auf die Jungkrieger ab. Die machten sofort kehrt und galoppierten durch das Schilf in Richtung Berghang. Eines der Tiere wurde von Pfeilen getroffen und schwer verletzt. Es stürzte zu Boden. Siegbert machte kehrt und zog den Freund, der zum Glück nicht getroffen wurde, auf sein Pferd. Zusammen galoppierten sie den anderen hinterher. Erst nachdem sie das Unterholz erreichten, sahen sie zurück, ob sie verfolgt wurden.

Die meisten von ihnen bluteten stark an den Beinen und Armen. Es waren nicht die Pfeile, welche die Wunden verursacht hatten, sondern das meterhohe Schilfrohr. Der Schreck über den überraschenden Hinterhalt der Franken steckte allen tief in den Gliedern. Sie wollten schnell wieder nach Hause und zogen eilig auf dem Rynnestig in Richtung Rodewin.

Harald war froh, dass nichts Schlimmeres passiert war. Die Jungkrieger hätten auch gefangen oder sogar getötet werden können. Sie berichteten, dass kein Hindurchkommen zum anderen Saaleufer möglich sei, und die Franken die gesamte Saale-Grenze gut bewachten.

2. Das Friedensbündnis

Der fränkische Gesandte reiste von Reims in das verbliebene Thüringer Königreich im Osten. Er war nicht in Eile und nahm den kleinen Umweg über Rodewin. Von seinem König hörte er, dass Hartwig wieder nach Hause gereist war und er ihn möglicherweise zu Herminafrid begleiten würde. Seine Hilfe konnte er bei den schwierigen Verhandlungen gut brauchen. Die früheren Gespräche hatte er direkt mit dem König der Thüringer führen müssen, da sich sein Großkanzler auswärts aufhielt.

Herminafrid war in keiner Weise entgegenkommend. Er beharrte anfangs auf die Räumung des gesamten Reichsgebietes. Hierzu war aber Theudebert nicht bereit. Das Gebiet vom Oberlauf der Werra bis zur Donau sollte fränkisch bleiben und im Norden zwischen Harz und Elbe beanspruchten die Sachsen das Land.

Der Gesandte näherte sich mit zwei bewaffneten Männern dem Oberwipgau. Harald wurde das bereits von seinen jugendlichen Kundschaftern gemeldet. Die Wachtrupps, die aus größeren Jungen der Siedlungen bestanden, sollten erst nach dem Abzug der Franken wieder aufgehoben werden, denn das Warnsystem hatte sich schon oft bewährt. In unsicheren Zeiten war es immer gut, rechtzeitig zu wissen, wer sich dem Gau nähert.

In den fränkischen Wachstationen war bekannt, dass es gefährlich sei, in die Nähe dieses Gebietes vorzudringen. Harald erkannte den Fremden an den Zeichen, die auf den Schilden der bewaffneten Begleiter gemalt waren. Das gleiche Zeichen war auf der Medaille, die er bei der ersten Begegnung, noch vor der großen Schlacht, von dem Gesandten erhielt.

Der Franke stieg vom Pferd und folgte Harald ins Haus.

„Hast du eine gute Reise gehabt?“, fragte der Hausherr den Gast.

„Ich bin schon des Öfteren auf dem Königsweg in das Thüringer Ostreich geritten und es kommt mir vor, als würde die Entfernung immer geringer.“

„Mir ging es auch so, als ich noch viel unterwegs war. Es wird die Gewöhnung sein und man muss nicht auf so viele Dinge achten, wie beim ersten Mal“, entgegnete Harald.

„Vielleicht ist es meine letzte Reise hierher, denn ich glaube, dass das Bündnis zwischen den Franken und Thüringern bald zustande kommen wird. In vielen Dingen haben wir uns schon einigen können, aber die großen Brocken sind noch nicht vom Tisch.“

„Darfst du darüber sprechen?“

„Ich hege großes Vertrauen in dich und deine Verschwiegenheit. Da es unter uns bleibt, will ich es dir sagen. Es geht um die Abtretung des Gebietes im Süden und Norden und um die Heirat von Herminafrids Tochter mit Chlothar. Der Thüringer König will sie jedoch nur König Theudebert geben, aber der ist mit einer Galloromanin verheiratet und mit einer Langobardin verlobt. Da wir Katholiken nur mit einer Frau in ehelicher Gemeinschaft leben dürfen, ist das ein Problem für meinen Herrn. Chlothar hatte sich angeboten, die Prinzessin Rodalinde zu ehelichen, doch Herminafrid lehnte bisher ab.“

„Kennst du den Grund?“

„Er hat ihn mir nicht genannt. Ist denn dein Bruder Hartwig schon eingetroffen?“, wollte der Gesandte wissen.

„Ja, vor einiger Zeit kam er nach Hause.“

„Das war bestimmt eine große Freude für euch alle. Der Krieg hat tiefe Wunden in viele Sippen geschlagen, auch bei mir.“

„Hast du einen deiner Angehörigen in der Schlacht verloren?“, wollte Harald wissen.

„Nein, das nicht, doch mein Sohn war als Geisel am Thüringer Königshof und ich habe nichts mehr von ihm gehört. Wahrscheinlich ist er tot, denn niemand konnte mir sagen, was mit ihm passiert ist. Ich habe König Herminafrid danach gefragt, doch der meinte, dass er damals Wichtigeres zu tun hatte, als auf zwei Frankenjungen aufzupassen.“

„Sie waren einmal bei uns in Rodewin und ich kann dir den Platz zeigen, wo sie sich gern aufhielten.“

„Das wäre schön.“

Harald gab wegen des Abendessens noch ein paar Anweisungen und ritt mit seinem Gast und Siegbert durch den Wald über den Sandberg.

Nachdem die drei den Eichelsee vor sich liegen sahen, war der Gesandte von dem schönen Anblick und der Aussicht auf die Thüringer Berge begeistert. Harald zeigte ihm die Hütte, zu der sie noch reiten mussten. Der Weg war nicht weit. Auf dem kleinen Hügel, vor dem Haus der Kräuterfrau, stieg Harald vom Pferd.

„Dies ist die Stelle, an denen die beiden Jungen gern auf den See blickten.“

Die Reiter glitten aus ihren Sätteln und setzten sich auf den Stamm eines umgefallenen Baumes.

„Es ist ein Platz der Ruhe und ich kann meinen Sohn verstehen, dass es ihm hier gefiel.“

„Was wäre aus dem Prinzen geworden, wenn er wieder zurück ins Frankenreich gekommen wäre? Chlothar soll doch am Tod seiner beiden Brüder schuld gewesen sein.“

„Ja, das sagt man und es wird auch stimmen. Wer den König kennt, der traut ihm das zu. Wenn der Prinz wieder heimgekommen wäre, hätte ihn wahrscheinlich das gleiche Schicksal erwartet, wie seinen Brüdern. Doch dann würde er zumindest in seiner Heimat begraben sein.“

Die Männer blickten in Gedanken vor sich hin. Da kam die alte Kräuterfrau aus der Hütte und zwei Jungen folgten ihr mit Tragkörben.

„Wer sind die Leute, die da wohnen?“, wollte der Gesandte wissen.

„Es ist unsere Kräuterfrau und die Jungen sind ihre Neffen. Sie wollen bestimmt Brennholz im Wald sammeln.“

Der Gesandte stand auf und sah den dreien nach.

„Wenn es nicht unmöglich wäre, würde ich meinen, dass der eine Junge, wie mein Sohn läuft, aber das kann nicht sein.“

„Ruf doch nach ihm, dann wirst du es wissen!“

Laut schrie der Franke den Namen seines Sohnes. Der eine Junge blieb stehen und sah hinauf zum Hügel. Dann ließ er den Korb fallen und rannte sogleich zu den Männern, die dort standen.

Er hatte seinen Vater erkannt. Beide liefen aufeinander zu und fielen sich in die Arme.

„Hab ich dich wieder, mein Sohn. Ich kann es kaum glauben.“

„Ich bin froh, dass du da bist! Es ist lange her, dass wir uns das letzte Mal sahen.“

„Sag, wie geht es dir mein Junge?“

„Wie du siehst, gut! Ich hatte anfangs große Sehnsucht nach euch, doch jetzt bin ich an das Leben hier gewöhnt.“

Inzwischen waren die Kräuterfrau und der Prinz hinzugekommen.

Das Brennholzsuchen wurde verschoben und sie gingen gemeinsam zur Hütte. Dort setzten sie sich auf die Bank, die im Freien stand und unterhielten sich. Der Gesandte konnte sein Glück kaum fassen, dass er seinen Sohn wieder hatte, und er wollte ihn gleich mitnehmen.

Harald riet ihm jedoch davon ab. Er meinte, dass es besser wäre, wenn er ihn erst auf seiner Rückreise ins Frankenreich mitnehmen würde und bis dahin könnten sie sich auch überlegen, ob es nicht ratsam und sicherer sei, den Prinzen hier zu lassen.

Der Gesandte sah die Gefahr, für den Prinzen in seiner Heimat und war mit dem Vorschlag einverstanden. Er entschied, seine Abreise aus Rodewin um drei Tage zu verschieben und diese Zeit mit seinem Sohn am Eichelsee zu verbringen. Harald hatte nie einen glücklicheren Mann gesehen, der sein tot geglaubtes Kind gefunden hatte. Erst als sie wieder in Rodewin eintrafen, konnte sich der Gesandte beruhigen.

Hartwig war inzwischen aus Alfenheim zurück und der Franke fragte ihn, ob er ihn in drei Tagen auf seiner Reise zu Herminafrid begleiten würde. Hartwig sagte zu und bat, auch seine Frau und die Kinder mitnehmen zu können. Siegbert, der ihnen zuhörte, fragte, ob er sich anschließen dürfe.

Der Franke sah Harald an und der nickte zustimmend, denn in seinem Gefolge war die Grenzüberschreitung der Thüringer leicht möglich.

Der Gesandte verbrachte den nächsten Tag bei der Kräuterfrau und sie erzählte ihm, wie sie zu dem Familienzuwachs gekommen war.

Abends erschienen Elke und ihre Freundin Ursula mit ihren Kindern in Rodewin. Der starke Sklave Sigu führte das Ochsengespann und achtete darauf, dass auf dem holprigen Feldweg kein Gepäckstück vom Wagen fiel.

„Wollen die alle mitkommen?“, fragte der Gesandte überrascht.

„Ja, sie gehören zu mir.“

„Dann wird ein Ochsenwagen gar nicht ausreichen“, meinte lachend der Franke.

Sie mussten sich beeilen, um alles zu packen, denn in zwei Tagen war die Abreise vorgesehen.

Am letzten Abend gab es ein kleines Abschiedsfest. Harald hatte auch die Kräuterfrau, deren Töchter und angeblichen Neffen eingeladen. Der Franke war froh darüber, dass er seinen Sohn noch bis zur Abreise in seiner Nähe haben konnte.

Am Morgen darauf zogen sie mit zwei vollbeladenen Ochsenkarren in Richtung Saale. Da sie im Gefolge des Gesandten reisten, gab es keine Aufenthalte an den Wachstationen und an der Grenze. Dennoch dauerte es mehrere Tage, bis sie den neuen Wohnsitz von König Herminafrid erreichten.

Hartwig war überrascht, wie einfach sich das neue Leben für die Königsfamilie gestaltet hatte. Die Siedlung glich einer kleinen Stadt, in deren Zentrum sich die Langhäuser des Königs und der Beamten sowie ein großer Platz befanden. In den Gassen hatten sich Handwerker angesiedelt und boten ihre Waren an. Am Rande, der durch Palisadenwände geschützten Stadt, standen die Hütten der Bauern. Nichts erinnerte hier an die Ausstattung vom Königshort, der Herminaburg.

Der Gesandte wurde am Stadttor von einem Beamten empfangen und in sein Quartier gebracht. Die beiden Ochsenwagen mit den Thüringern folgten ihm. Ihnen wurde ein großes Langhaus zugewiesen. Es war in mehrere Räume unterteilt. An einer Seite zur Küche begann der Stall für die Pferde und Kühe. Hier stellten Hartwig und Siegbert die Reittiere und Ochsen ein. Dann suchten sie sich einen guten Platz zum Wohnen und Schlafen.

Der Franke und Hartwig gingen allein zum Haus, in dem die Beamten ihrer Tätigkeit nachgingen. Es herrschte ein emsiges Treiben. Sie wurden in einen großen Raum geführt und der Großkanzler begrüßte die beiden.

„Nehmt bitte Platz! Ich muss nur noch eine Kleinigkeit erledigen. Wir gehen dann zu mir nach Hause und können in Ruhe über alles reden.“

Sie setzten sich auf eine Bank und warteten geduldig. Nach einer Weile kam der Kanzler zurück und sie gingen zu seinem Langhaus, gleich neben dem des Königs.

Auf dem Weg dorthin traf Hartwig Amalafred. Die beiden Freunde begrüßten sich freudig.

„Ich habe schon von deiner Ankunft gehört und bin gespannt, was du zu berichten hast“, sagte Amalafred.

„Wir können uns morgen früh treffen und dann erzähle ich dir alles.“

„Einverstanden! Ich werde dich abholen. Wir machen nach dem Frühstück einen kleinen Jagdausflug und Siegbert kann sich uns anschließen.“

Hartwig musste sich beeilen, dem Großkanzler und Gesandten zu folgen. Sie nahmen in einem großen Raum Platz und die Hausfrau kam mit Speisen und Rotwein.

„Darüber bin ich sehr erstaunt, dass ich heute Abend Wein genießen kann“, erwiderte der Gesandte.

Der Großkanzler sagte schmunzelnd: „Diesen Wein habe ich extra für euch von einem Händler aus dem Süden des Frankenreichs erworben, denn wir trinken sonst Bier oder Met und natürlich auch Kräutertee.“

An diesem Abend unterhielten sich die Männer nur über belanglose Dinge, als wollte man sich kennenlernen. Hartwig sagte, dass er zum Elbkniegau weiterreisen möchte, um sich dort auf seinem Gut der Pferdezucht zu widmen.

Der Großkanzler bat ihn jedoch bald wiederzukommen, um dem König seine Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. Herminafrid befand sich auf einer Inspektionsreise in die Ostgaue und wurde erst in einem Mond zurückerwartet.

Amalafred war sehr früh am nächsten Tag in Hartwigs Unterkunft erschienen. Sie wollten zur Jagd ausreiten. Es ging ihnen jedoch darum, miteinander zu sprechen. Der Prinz war neugierig, wie es seinem Freund im Reich der Franken ergangen war und er staunte nicht schlecht, als er hörte, was Hartwig in den letzten Jahren alles erlebt hatte. Weiterhin berichtete sein Freund von dem missglückten Befreiungsversuch von Prinz Baldur und dessen Schwester Radegunde. Amalafred glaubte, dass nach der Heirat seiner Schwester Rodalinde, die beiden Gefangenen nach Thüringen zurückkehren können. Sie mussten sich nur noch ein paar Monde lang gedulden.

Am nächsten Morgen wollte Hartwig mit den Ochsengespannen zum Elbkniegau weiterreisen und Amalafred bot sich an, ihn dorthin zu begleiten. Das war ihm sehr recht, denn sie konnten sich auf der Reise weiter unterhalten.

Kurz nach Sonnenaufgang brachen sie auf. Nebel lag über dem flachen Land und es war kühl. Die Siedlungen standen sehr weit auseinander und der Weg war in schlechtem Zustand. Sie kamen auf den ausgefahrenen Sandwegen nur langsam voran und mussten häufig Ruhepausen einlegen. Abends hielten sie an einem günstigen Lagerplatz, den Siegbert aussuchte. Er ritt immer gern voraus und erkundete die Gegend. Wichtig war, eine saubere Wasserstelle zu finden. Dann suchte er trockenes Reisig und Äste für das Feuer. Wenn die Wagen kamen, konnten die Frauen gleich den mitgeführten Kupferkessel mit Wasser füllen und über der Glut erwärmen.

Elke erzählte von ihrer Heimat und war sehr gespannt, was sie im Elbkniegau erwarten würde. Seit zwei Jahren hatte sie nichts mehr von ihrer Sippe gehört und hoffte, dass ihr Vater, der auch in die Schlacht gezogen war, noch lebte.

Amalafred erzählte ihnen, dass vor hundert Jahren hier die Hunnen alles niedergebrannt und die Menschen getötet oder verschleppt hatten. Daher war das fruchtbare Land nur schwach besiedelt. Sein Vater hatte damit begonnen, Slawen hier anzusiedeln und ihnen Land für den Ackerbau gegeben. Er hoffte, dass der Osten seines Reiches bald wieder erblüht und die Reichsschatulle füllen würde.

Die Reisenden hatten eine Karte vom Norden des Ostreichs bei sich und konnten darauf die Wege, Bäche und Seen erkennen. Sie wussten, dass sie sich bereits im Elbkniegau befanden und dass ganz in der Nähe Hartwigs Weideland begann.

Am nächsten Tag zogen sie weiter. Plötzlich wurden die Hengste, auf denen sie ritten, unruhig. Sie flehmten und wieherten. Hartwig gab lachend seinem Pferd die Zügel frei und der Prinz sowie Siegbert folgten ihm. Sie kamen aus dem Wald heraus und sahen auf einer riesigen Weidefläche eine kleine Herde weiße Pferde grasen. Der Leithengst bewegte sich nervös um die Gruppe herum und als er die Reiter entdeckte, trieb er seine Stuten schnell fort.

„Vielleicht sind es deine Tiere“, meinte Amalafred.

„Schön wäre es, sie sehen prächtig aus!“

Nun konnte es nicht mehr weit bis zur Siedlung seines Schwiegervaters sein.

Am Tag darauf erreichten sie Weibels Land. Elke konnte den Weg jetzt beschreiben, da sie sich an einzelne Gegebenheiten in ihrer Heimat erinnerte.

Die herannahende Gruppe hatte schon von der Ferne Aufmerksamkeit erregt. Neugierige Kinder kamen ihnen entgegengeritten und waren überrascht, dass es Elke war, die nach Hause kam.

Ein Junge berichtete gleich von den Geschehnissen der letzten Jahre. Der Gaugraf, Elkes Vater, hatte die Schlacht schwer verletzt überlebt. Ihm hatte ein Frankenkrieger mit dem Schwert eine tiefe Wunde zugefügt und sein Knappe brachte den Verletzten vom Schlachtfeld nach Hause.

Siegbert war zur Siedlung vorausgeritten und hatte die Ankunft von Hartwig und seiner Familie gemeldet. Aufgeregt liefen Weibels Töchter und die Mutter hin und her. Nur der Hausherr selbst blieb ruhig und stellte sich in die Mitte seines Hofes, um seine Tochter und die anderen zu empfangen. Er konnte die kleine Gruppe deutlich in der Ferne sehen.

Den ersten Wagen lenkte Elke und den zweiten Sigu. Hartwig und Amalafred kamen im Galopp auf den Hof geritten und begrüßten den Gaugrafen mit seiner Familie. Dann warteten sie gemeinsam auf die Ankunft der Wagen.

Es blieb kein Auge trocken, als Elke vom Wagenbock heruntersprang und auf ihren Vater zuging. Er drückte sie an die Brust und sie weinte, wie ein kleines Kind.

„Es gibt doch keinen Grund zum Heulen“, sagte er beruhigend zu ihr.

„Ich kann nichts dafür. Ich bin so glücklich, dass du lebst.“

„Eine kleine Schramme haben sie mir schon verpasst“, sagte er belustigend.

Weibel begrüßte auch Ursula, die Kinder und Sigu. Danach lud er die Männer auf einen Becher Met ein. Die Frauen gingen mit den Kindern in die Küche und kümmerten sich um das Essen. Mägde schlachteten und rupften mehrere Enten und gaben sie in große Kessel für eine kräftige Suppe.

Elke und Ursula saßen mit ihren Kindern inmitten der Küche und die anderen hockten oder standen um sie herum. Sie musste vom Leben in Rodewin und Alfenheim berichten und wie es ihnen ergangen war.

Weibel hatte am Abend die Männer gefragt, ob sie ihn am nächsten Morgen zur Götterinsel begleiten wollten und er war sich sicher, dass keiner „Nein“ sagen würde. Die Neugier war bei allen groß, ob der Bau weiter vorangeschritten war, doch Weibel verriet nichts.

Auf dem Weg zur Götterinsel ritten die Männer zunächst zu Hartwigs neuer Siedlung. Elkes Tante Ortrun begrüßte sie freudig. Sie war die Einzige, die hier war, denn die anderen reparierten die Zäune der Koppeln. Hartwig sagte ihr, dass er am nächsten Tag mit Elke und den Kindern kommen würde. Sie versprach ihm, etwas besonders Gutes zu kochen.

Die Männer stiegen zum Aussichtsturm hinauf. Oben angekommen blickten sie neugierig zu den Inseln und Weibel erzählte, wie der Bau vorangekommen war. Alle Mauern standen und an einigen großen Figuren wurde noch fleißig gearbeitet.

„Lasst uns gleich hingehen! Die Götterfiguren kann man von der Nähe besser betrachten“, schlug der Gaugraf vor.

„Was ist das große Ding am Ufer?“, wollte Siegbert wissen.

„Das ist ein steinernes Boot. Es kann aber nicht schwimmen. Von dort gelangt man mit den Holzbooten zur Insel.“

Sie ritten einen schmalen Waldpfad entlang und erreichten nach kurzer Zeit das Ufer des Sees. Jetzt konnten sie die Bootsanlegestelle, die als Steinschiff ausgebildet war, gut erkennen. Beidseits lagen kleine Holzboote.

„Steigt ein!“, forderte Weibel die anderen auf.

Sie stellten ihre Pferde in eine Umzäunung und ließen sie grasen.

Nicht alle waren mit dem Rudern vertraut. Amalafred und Siegbert hatten Probleme, das Gleichgewicht zu halten. Das Boot schwankte und beide fielen ins Wasser. Hartwig half ihnen zurück ins Boot und konnte das Lachen nicht unterdrücken.

Vorsichtig ruderten sie zur Insel hinüber. Der Zugang zur Götterburg war inzwischen fertiggestellt worden. Große Stufen führten bis ins Wasser hinab und dienten als Anlegestelle. Der Baumeister hatte die Ankommenden bereits gesehen und auf der Treppe gewartet. Er half ihnen die Boote zu vertäuen und auszusteigen.

Ein Knabe, der in der Nähe stand, brachte die Durchnässten zu der Wohninsel, damit sie ihr nasses Gewand trocknen konnten. Der Gaugraf lief mit Hartwig und dem Baumeister in den Innenhof.

„Da staunst du!“, rief er freudig aus.

„Es ist wahrlich, ein herrliches Bauwerk!“, sagte Hartwig und betrachtete die Steinfiguren, die am Rande des kreisförmigen Hofes aufgestellt waren. Die meisten Bildnisse konnte er gleich erkennen, denn die Götter hatten ihre Attribute bei sich.

„Wenn ich mich nicht irre, bist du das, lieber Schwiegervater“, sagte er.

„Wieso?“

„Es ist Tyr, der Kriegsgott. Er sieht dir im Gesicht ähnlich.“

Der Gaugraf stellte sich neben den Stein und hob stolz seinen Kopf. Alle Umstehenden pflichteten Hartwigs Meinung bei.

„Dein Pferdeknecht hat diese Figur hergestellt. Ich musste ein paar Mal hierherkommen und durfte mich nicht bewegen. Dann hat er fleißig losgemeißelt.“

„Das ist eine richtige Meisterleistung!“, bestätigte der Baumeister.

„Hast du ihn auch gut dafür belohnt?“, wollte Hartwig wissen.

„Natürlich habe ich mich nicht lumpen lassen. Er durfte sich aus meinem Stall ein Pferd aussuchen, das ich ihm geschenkt habe.“

Die Männer sahen sich noch die anderen Figuren an.

„Ihr müsst hinauf auf das Dach steigen! Dort sind weitere Götter zu sehen“, sagte der Baumeister und kletterte auf einer Leiter nach oben. Die Bildnisse, die am äußeren Mauerrand standen, waren von der Ferne gut erkennbar.

Im Hof befand sich die Statue von Odin. Er saß auf seinem Armstuhl, hielt seinen Speer in der Hand und eines seiner Augen war abgedeckt. Die Raben an seiner Seite berichteten ihm, was sie in der Welt gesehen hatten, und die beiden Wölfe schliefen zu seinen Füßen.

Vom Dach der Götterburg hatte man eine gute Sicht über den See und auch zur Wohninsel der Bauleute.

Der Baumeister lud die Besucher zu sich auf einen Becher Bier ein und sie liefen über den Steg zu der kleinen Insel hinüber.

„Kommen wir da wirklich trocken an?“, fragte Weibel skeptisch.

„Der Steg hat schon schwerere Gewichte ausgehalten als euch. Ihr braucht keine Angst zu haben!“

So richtig traute der Gaugraf dem Ganzen nicht. Hartwig musste ihm vorangehen und der Schwiegervater hielt sich an seinen Schultern fest. Die Männer kamen heil hinüber und liefen zur Hütte des Baumeisters. Dort saßen Amalafred und Siegbert bereits auf den Bänken und prosteten sich zu.

„Ihr konntet es wohl nicht erwarten, das Bier zu probieren, deshalb seid ihr vorhin ins Wasser gesprungen?“, bemerkte Weibel spöttisch.

„Wer den Schaden hat, braucht für Spott nicht zu sorgen“, erwiderte der Prinz und stieß seinen Becher mit dem des Gaugrafen an.

„Wo habt ihr denn eure Sachen gelassen?“, wollte der Baumeister wissen.

„Die trocknen neben dem Herd. Deine Frau hat uns ein paar Hemden von dir gegeben, damit wir nicht nackt hier sitzen müssen.“

„Nun habt ihr euch das Bauwerk gar nicht ansehen können. Wenn es euch interessiert, kann es euch der Baumeister noch zeigen“, meinte Weibel.

„Willst du nicht selbst mitkommen?“

„Ich muss mir erst Mut antrinken, um ein zweites Mal über den luftigen Steg zu gehen.“

Es gab ein lustiges Bild ab, wie Amalafred und Siegbert in ihren zu kurzen Hemden dem Baumeister folgten.

Weibel und Hartwig ruhten sich inzwischen aus und ließen sich das Bier schmecken. Nach einer Weile kamen die drei zurück und spendeten viel Lob für das Erreichte.

„So einen schönen Tempel sollten wir neben der Amalaburg errichten“, meinte der Prinz bewundernd.

„Vorher müssen aber erst die Frankenkrieger aus unserem Reich verschwunden sein“, bemerkte Weibel besorgt.

Hartwig nickte und sagte: „Jetzt laufen die letzten Gespräche darüber und deshalb müssen wir auch bald wieder zum Königssitz zurückreiten. Wir können nur ein paar Tage im Elbkniegau bleiben.“

„Und was ist mit Elke und den Kindern?“, fragte Weibel überrascht.

„Meine Frau kann selbst entscheiden, ob sie mitkommen oder hierbleiben will.“

„Die Enkelkinder hätte ich schon gern bei mir. Sie brauchen ihren Großvater.“

„Das verstehe ich! Wir werden bestimmt eine gute Lösung finden“, sicherte ihm sein Schwiegersohn zu.

Weibel schien betrübt zu sein. Er hatte seine Tochter und die Enkel lange entbehren müssen und jetzt würden sie womöglich bald wieder fortziehen. Das fand er nicht gerecht. Hartwig bemerkte seine Betrübnis, sagte aber nichts mehr dazu. Er wollte erst einmal mit Elke darüber sprechen. Nach einer kleinen Mahlzeit ritten die vier wieder zurück auf den Hof des Gaugrafen.

Nachdem sich eine Gelegenheit bot, sprach Hartwig mit Elke über die Abreise zum neuen Königssitz und sagte ihr auch, dass ihr Vater darüber traurig war, als er davon erfuhr.

„Das kann ich mir denken. Von meinen Schwestern hat er noch keine Enkel und nach den Kindern sehnt er sich am meisten. Allein möchte ich sie aber auch nicht hierlassen.“

„Das musst du nicht! Die Gespräche am Königshof werden bestimmt nicht lange dauern. Bis dahin kannst du mit Ursula in unserer Siedlung bleiben und ich reite mit Siegbert und Amalafred allein zurück.“

„Wenn du das tun willst, wäre es das Beste. Nicht nur wegen meines Vaters, sondern auch wegen des Winters, der bald kommt. In unserem Heim haben es die Kinder gut und wenn Ursula bei mir ist, wird es mir auch nicht langweilig.“

„Dann schlage ich vor, dass wir morgen zu unserer Siedlung reiten.“

Sie war einverstanden und informierte ihren Vater.

„Eine größere Freude hättet ihr mir nicht machen können“, sagte er begeistert. Sein Gesicht erhellte sich im Nu und er umarmte spontan seinen Schwiegersohn. Die Welt schien für ihn wieder heil zu sein.

Am nächsten Morgen ritten Hartwig und Elke zeitig los. Die Kinder kamen mit Ursula auf einem Ochsenkarren nach und Sigu lenkte die störrischen Vierbeiner. Es war sehr windig, aber nicht kalt. Ortrun hatte den anderen in Hartwigs Siedlung Bescheid gesagt, dass die Herrschaft kommen würde, und sie schmückten das Siedlungstor und ihr Langhaus mit Girlanden.

Freudig wurden sie von dem Pferdeknecht mit seiner Familie und Elkes Tante, mit ihren beiden Söhnen, begrüßt. Ortrun hatte eine schmackhafte Mahlzeit vorbereitet und alle setzten sich um den großen Tisch in Hartwigs Wohnhaus.

Nach dem Essen ging er mit dem Pferdeknecht nach draußen und sie sprachen über die Pferdezucht. Es war so, wie Weibel es berichtet hatte. Der Knecht hatte gute Kenntnisse und eine glückliche Hand in der Aufzucht. Einige Stuten mit ihren Fohlen standen im Stall. Bei zwei Jungtieren war der Hengst aus dem Frankenreich, den er von Theudebert geschenkt bekam, der Vater.

„Wir können uns noch die anderen Pferde ansehen. Sie stehen auf der Koppel, deren Zaun wir repariert haben.“

„Ist sie weit von hier?“, wollte Hartwig wissen.

„Nein, nur einen Steinwurf entfernt.“

„Dann frage ich meine Frau, ob sie mitkommen möchte.“

Hartwig lief zurück ins Haus und Elke sagte, zum Bedauern der anderen, zu.

Sie ritten zu der Koppel, wo eine große Herde schöner weißer Pferde stand. Die Tiere waren nicht scheu und eine Stute kam gleich auf Hartwig zu. Er streichelte ihren Kopf und Hals und war angetan von dem guten Zustand.

„Ich bin von deinen Zuchterfolgen begeistert“, sagte er zum Pferdeknecht, dem dieses Lob sichtlich guttat. Hartwig zählte die Tiere.

„Sind es alle?“, wollte er wissen.

„Es gibt noch eine kleine Herde auf einer anderen Koppel. Wir müssen sehr aufpassen, dass sie nicht ausbrechen. Manchmal kommt einer von Weibels Hengsten, der die Stuten wegholen will.“

„Hat mein Schwiegervater seine Pferde frei herumlaufen?“

„Nur eine Gruppe. Ich sprach schon mit ihm darüber, doch er erklärte mir, dass er mit Absicht diese Tiere nicht an die Menschen gewöhnen wollte. Sie sollten nur den Göttern zur Freude mit dem Wind um die Wette rennen können.“

„Ich habe diese kleine Herde gesehen, als wir in das Gebiet des Elbkniegaus kamen.“

„Sie haben dich also schon würdig begrüßt!“, bemerkte der Pferdeknecht erfreut.

Die Männer sprachen über die Möglichkeiten des Verkaufs von einigen Jungtieren. Sie wollten damit jedoch noch bis zum nächsten Frühjahr warten. Hartwig hoffte, nach dem Friedensbündnis mit den Franken für immer hier bleiben zu können.

„Morgen muss ich wieder zum Königshort. Meine Frau und ihre Freundin werden mit den Kindern auf dem Gut bleiben. Dann wird Elkes Tante nicht mehr zur Ruhe kommen.“

„Ich denke, es wird ihr gefallen und meine Frau freut sich auch.“

Nach dem Mittagessen ritt Hartwig allein zurück zu Weibels Siedlung, der schon ein Abschiedsessen für seine Gäste vorbereitet hatte. Es gab Spanferkel am Spieß und selbstgebrautes Bier.

Den Tag über hatten sich der Prinz mit seinem Freund nicht gelangweilt. Die beiden jüngsten Töchter bemühten sich um die beiden jungen Männer und sie machten zusammen einen Spaziergang zu den Teichen. Amalafred unterhielt sich mit der Älteren und deutete Siegbert, dass er sich mit der anderen abgeben sollte. Anfangs verstand er den Wink nicht, doch als er sah, dass der Prinz die Taille seiner Begleiterin umfasste, wusste er, was er meinte.

Die jüngste Tochter von Weibel hieß Hedwig. Sie war ein aufgewecktes Mädchen, doch etwas zu mollig für den Geschmack des Rodewiners. Er verglich sie mit Helga und da konnte sie nicht mithalten. Anfangs wusste er nicht, worüber er sich mit ihr unterhalten konnte.

„Du warst auch mit zu Hartwigs Hochzeit, hat dir die Siedlung gefallen?“, begann er.

„Es ist schön bei euch in Rodewin.“

„Ihr seid zeitig wieder heimgefahren und habt euch gar nicht viel ansehen können.“

„Ja“, sagte sie kurz.

Siegbert überlegte, was er noch zu ihr sagen könnte. Bei ihrer Wortkargheit war es schwer, dass ein Gespräch zustande kam.

Vor ihnen lief Amalafred mit der älteren Schwester und sie schienen sich gut zu amüsieren. Immer wieder hörte er die beiden laut auflachen.