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Die Geschichte der Verwaltung im Dienste der Freiherren von Woellwarth eröffnet einen spannenden Blick in den Alltag und die Strukturen adeliger Herrschaft im südwestdeutschen Raum - vom Spätmittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht das kleine, aber einflussreiche Herrschaftsgebiet der Freiherren von Woellwarth rund um Essingen und Lauterburg. Hier wachten die Amtsvögte über Recht und Ordnung, zogen Steuern ein, waren für die Aufsicht über die Untertanen zuständig und setzten die herrschaftlichen Anordnungen durch. Um 1810 wandelte sich ihre Rolle: Aus Amtsvögten wurden Obervögte, ein Ausdruck wachsender Professionalisierung. Wenige Jahre später trat der Rentamtmann in Erscheinung, dessen Aufgaben stärker auf wirtschaftliche Effizienz ausgerichtet waren. Mit ihm begann die Integration der woellwarthschen Verwaltung nach dem Ende der reichsritterschaftlichen Selbstständigkeit.in die modernen Strukturen des jungen Königreichs Württemberg. Die Quellen im woellwarthschen Archiv, heute im Staatsarchiv Ludwigsburg verwahrt, ermöglichen nicht nur eine Rekonstruktion der Aufgaben und Zuständigkeiten dieser Beamten, sie gewähren auch Einblicke in ihre Lebenswelt und ihre gesellschaftliche Stellung. So entsteht ein lebendiges Bild jener Männer, die meist im Hintergrund agierten, aber maßgeblich zum Übergang von der alten Adelsverwaltung zu modernen Verwaltungsformen beitrugen. Mit diesem Band wird die über 30 Beiträge umfassende Reihe Im ehemaligen woellwarthschen Herrschaftsgebiet abgeschlossen.
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Seitenzahl: 177
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dominus jubet, minister obtemperat
Der Herr befiehlt, der Diener gehorcht.
Rentamt (Steinhaus) in Essingen
Sitz der Verwaltungsbeamten
(Foto: Torsten Krannich, Essingen)
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
Die Verwaltungsbeamten der Grundherrschaft von Woellwarth von 1520 bis 1945
Hans Halm, um 1520 bis 1530 woellwarthscher Verwalter und Stadtschreiber zu Aalen
Hans Halm schwört 1515 Urfehde
Das verbrecherische Doppelleben von Halm
1524 bricht der Bauernkrieg aus und dauert bis 1526
Halm 1525 im Dienst des Schwäbischen Bundes
Entführung von Pfarrer Hans Degen und dessen Tod in der Falkenhöhle
Halm verliert 1530 seine Stellen als woellwarthscher Verwalter zu Hohenroden und Stadtschreiber zu Aalen
Hans Halm wird am 18. November 1531 in Villingen hingerichtet
Gilg Braytmayr aus Essingen nimmt als woellwarthscher Untertan 1525 am Bauernaufstand teil und kommt in Haft
Claus Schneider von Lautern und sein Sohn Hans nehmen 1525 als woellwarthsche Untertanen am Bauernaufstand teil und kommen in Haft
Wilhelm von Woellwarth verkauft 1521 Schloss Hohenroden an seine Neffen
Wilhelm von Woellwarth verkauft 1522 die Helenenkapelle an seine Neffen
Johann Stammler predigt 1522 als erster reformierter Pfarrer in Essingen
1523 haben die Freiherren von Woellwarth 17 Anwesen in Lautern im Besitz
Georg von Woellwarth (#138) verlässt 1524 die Burg Rosenstein und zieht ins Schloss Heubach
David Batzer - woellwarthscher Schreiber, Notar und Amtsvogt - um 1579 bis 1580
Streit zwischen woellwarthschem Amtsvogt Batzer und württ. Vogt Graumann anlässlich Rückkauf von Heubach und Rosenstein durch Württemberg
Amtsvogt David Batzer und der württembergische Vogt Friedrich Graumann 1580 erneut in Streit
Hans Amann - Vogt um 1580 bis 1582
Weiterhin Streit zwischen Woellwarth und Heubach nach Rückkauf von Heubach und Rosenstein durch Württemberg im Jahre 1579
Georg Franckh - Vogt um 1600 bis vor 1611
Andreas Sauer (Saur) Amtsvogt (Präfekt) und Vormundschaftsvogt um 1612 bis 1614
Während der Amtszeit von Amtsvogt Sauer stirbt Georg Wolf von Woellwarth
Georg Crafft (Krafft) Amtsvogt von 1615 bis 1619
Gebrüder von Woellwarth als Schuldner bei ihrem ehemaligen Vogt Crafft
Georg Adam Crafft (Krafft) - Amtsvogt Markt Essingen und Lauterburg von April 1619 bis 1645
Woellwarthscher Schreiber zu Essingen Johann Adam Drögelin 1628
Wolf Karl von Woellwarth 1632 im Feldlager vor Binnfeldt
Pest und Ruhr 1626 in Essingen und Lauterburg
Einige bedeutende Strafprozesse 1627 und 1632
1629/30 Gegenreformationsversuche durch den Bischof von Augsburg
Wolf Karl von Woellwarth 1634 in Gefangenschaft
Woellwarthsche Güter 1638 unter kaiserlicher Zwangsverwaltung..........
Eheordnung von 1644
Der 30- jährige Krieg ist 1648 zu Ende
Verkauf des späteren Schul- und Amtshauses 1657
Am 21. Oktober 1662 stirbt Georg Adam Crafft
Johann Georg Büchner - Vogt und Notarius publicus 1665
Melchior Döllin (Dölle) – gemeinschaftlicher woellwarthscher Vogt von 1668 bis 1671 nachgewiesen
Georg Philipp Schwarz - Vormundschaftsvogt zu Lauterburg 1671 bis um 1678
Untersuchungsverfahren gegen Schulmeister Andreas Leßle 1678
Ernst Maximilian Enslin (Enßlen) - gemeinschaftlicher Amtsvogt Essingen und Lauterburg vor 1680 bis Juni 1731
Juden in Essingen, Schutzbrief, Ausfertigung für Gemeinde 1684
Ein Vernehmungsprotokoll im Jahr 1702
1704 wird Lauterburg geplündert
Woellwarth-Degenfeldsche Kirchenordnung von 1729
Georg Albrecht Roschmann - woellwarthscher Amtsvogt von 1732 bis 1742
Die Lauterburg gerät 1732 in Brand
1733 wird die Eheordnung erneuert
Ferdinand Maximilian Enslin (Enßlen) - Amtsvogt von April 1742 bis 10. Januar 1744
Enslin pachtet 1742 eine Wiese
1743 Errichtung eines neuen Galgens in Hohenroden
Wirtschaftsbindung bei Hochzeiten
Am 10. Januar 1744 verstirbt Ferdinand Maximilian Enslin
Ernst Friedrich Wagner - Amtsvogt Markt Essingen und Lauterburg von 1744 bis 1782
Das Vogtamt in Essingen übernimmt Wagner in einer sehr kriegerischen Zeit
Kaiserliche Truppen 1744 in Essingen
Königlich-französisch-sächsischer Truppen 1745 in Essingen
Erfolglose Schadensersatzklage von Wagner 1747 bis 1754
1750 bis 1753 wird die Land- und Heerstraße zwischen Gmünd und Aalen „chausseemäßig” ausgebaut
Bettelgesindel, Jammer und Vagantentum 1756
Differenzen zwischen Wagner und dem Degenfeldschen Obervogt zu Staufeneck
Erbauung einer neuen gemeinsamen Malzdörre 1778
1777 Caspar Bäuerle vom Zollhof in der Sandgrube zu Lautern tödlich verunglückt
Wagner übergibt 1782 das Vogtamt an seinen Sohn Carl Friedrich Wagner
Ernst Friedrich Wagner stirbt am 18. Februar 1785
Kurze Zusammenfassung der Amtszeit von Ernst Friedrich Wagner
Carl Friedrich Wagner - Justizrat und Amtsvogt von 1782 bis 1800
Carl Friedrich Wagner ab 1782 woellwarthscher Amtsvogt1786 erneuter Protest von Degenfeld wegen Verletzung der Kondominatsrechte
1788 wird das Weiherhaus erbaut
Wagner ist Oberherr der Bierbrauer-Handwerks-Zunft
Schutzbriefe für das woellwarthsche Gebiet während Kriegszeiten
Carl Friedrich Wagner geht im Jahr 1800 in den Ruhestand
Carl Friedrich Wagner stirbt am 19. Februar 1832
Philipp Jacob Pahl - woellwarthscher Vogtamts-Scribent (ab 1789 kaiserlicher Notar) - vom 23.05.1783 bis 1794
Lebenslauf von Philipp Jacob Pahl
Verpflichtung Pahls am 29. August 1789 als kaiserlicher Notar
1790 erfolgt die Bestätigung über eine Schuldbegleichung Pahls
Pahl wird 1794 Vogtamtsverweser
Pahls Affären und Verfehlungen
Maximilian Heinrich Gleich - Amtsvogt 1800 bis 1827
1796 ist Gleich Rechtsbeistand der Bauern von Schechingen und Hohenstadt gegen Graf Adelmann
Woellwarthscher Amtsvogt ab 1800
Mediatisierung und Säkularisierung 1803 bis 1806
Woellwarthsches Territorium wird 1806 Württemberg einverleibt
Württembergische Landeshoheit tritt 1806 in Kraft..........
Veränderungen und Probleme durch den Herrschaftswechsel
Streit zwischen Gleich, Pfarrer Schwend in Lauterburg und Dekan Hoyer in Aalen
Bestrafung von Maximilian Heinrich Gleich 1807
Rede von Gleich vor der Ständeversammlung am 23. Juni 1815
Maximilian Heinrich Gleich kauft 1820 Schloss Tannenburg
1823 weigert sich Gleich, Wohnsteuer an die Gemeinde zu zahlen
Maximilian Heinrich Gleich wird 1827 Kameralverwalter auf der Kapfenburg
Carl Friederich Wagner - Amtsvogt 1827 bis 1840
Carl Friederich Wagner wird 1818 Rentamtssekretär
Rentamtmann ab 1827
Besoldung
Pflegschaft für die Kinder des verstorbenen Pfarrers Boeckheler
Messwein und Hostien werden ab 1830 von der Herrschaft nicht mehr bezahlt
1840 scheidet Wagner aus dem Dienst aus
Der weitere Lebenslauf von Carl Friederich Wagner
1843 ist Wagner im Verwaltungsausschuss der neu gegründeten Privat-Leihkasse Aalen
Wagner 1859 als Autor..........
1873 bittet Wagner die Herrschaft Woellwarth um Unterstützung
Friedrich Franz Ludwig Prinz - Rentamtmann von 1840 bis 1888
Friedrich Franz Ludwig Prinz wird 1840 woellwarthscher Rentamtmann
Prinz auch Rechner für Schlossgut Kleiningersheim
Kampf ums Hohenroder Fass 1848 - Ausschreitungen gegen Rentamtmann Prinz
Prinz erbaut 1873 das Hofgut Prinzeck auf der Wiere
Die Wiere 1893 als eine der Geburtsstätten des Skilaufes in Württemberg..........
Gutsaufseher auf dem Prinzeck
Amtsübergabe am 25. Juli 1888 Gotthilf Hartmann
Gotthilf Hartmann - Rentamtmann von 1888 bis 1921
Hartmann ab 18. Juni 1885 Rentamtsbuchhalter undAssistent des Rentbeamten Prinz
Hartmann ab 18. Juni 1888 Rentbeamter und Nachfolger von Prinz
Hartmann und der Darlehenskassenverein Essingen eG
Hartmann und der Skilauf in Essingen
1895 erfolgt die Verlegung von Wasserleitungen in Essingen
1911 werden Hartmanns Bezüge erhöht
1921 scheidet Hartmann aus woellwarthschen Diensten aus
Gotthilf Hartmann stirbt 1932 in Aalen
Witwe Eugenie Hartmann stirbt 1952
Hermann Gerhardt Rentamtmann von 1921 bis 1945
Gerhardt 1919 als Rechner bei Rentamtmann Hartmann
In der Zeit der Hyperinflation wird Hermann Gerhardt 1921 Rentamtmann
Hermann Gerhardt während der NS-Zeit 1933 bis 1945
Gerhardt ab 1944 örtlicher Volkssturmführer
Tod von Hermann Gerhardt in den letzten Kriegstagen am 25. April 1945
Berichte der Freiherren von Woellwarth zum Kriegsende in Essingen
Brief von Ernst Freiherr von Woellwarth-Schnaitberg (#253) an seinen Bruder Albrecht von Woellwarth-Schnaitberg (#255):
Bericht Konrad Freiherr von Woellwarth-Lauterburg (#260) vom Juli 1946 über die Ereignisse in Essingen am 23. und 24. April 1945
Tochter des Forstmeisters Gerhardt fertigt 1959 Plastik für die Kriegsopfer
Nachbemerkung
In dieser Reihe bisher erschienen:
Die jüngere Linie der Freiherren von Woellwarth konnte im 15. und 16. Jahrhundert am Nordrand des Albuchs zwischen den Reichsstädten Gmünd und Aalen, der Fürstpropstei Ellwangen und der württembergischen Herrschaft Heidenheim ein Kleinstterritorium ausbilden, dessen Mittelpunkt bis zu ihrer Zerstörung im Jahre 1732 die Lauterburg war; danach wurde die Marktgemeinde Essingen Mittelpunkt und Verwaltungssitz des autonomen Kleinstaates innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
In diesem dem Ritterkanton Kocher inkorporierten Herrschaftsbereich übten die Freiherren von Woellwarth, vom Reich ausgestattet mit dem Blutbann, Galgen und Stock, die hohe und niedere Gerichtsbarkeit aus. Seit der Reformation hatten sie auch die Kirchenhoheit1 inne; sie selbst unterstanden nur dem Kaiser.
Der Amtsvogt2 war der oberste Verwaltungsbeamte der Freiherren von Woellwarth in ihrem kleinen reichsunmittelbaren Territoriums innerhalb des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation und vertrat die Interessen der meist abwesenden Grundherrschaft3 vor Ort. Zu seinen Aufgaben gehörten insbesondere die Verwaltung der Güter, das Einziehen von Abgaben und Steuern, die Aufsicht über die Untertanen und die Durchführung von Anordnungen. Als Bindeglied zwischen der Herrschaft und den Untertanen setzte der Amtsvogt auch die landesherrlichen Rechte durch und sorgte für die Aufrechterhaltung von Ordnung und „guter Policey4“. Seinen Dienstsitz hatte der Amtsvogt im Erdgeschoss im sogenannten Steinhaus5 .
Am 26. Dezember 1805 wurde zwischen Frankreich und Österreich nach Napoleons Sieg bei Austerlitz6 der Preßburger Friede geschlossen. Österreich musste dabei erhebliche Gebietsverluste hinnehmen, darunter Tirol an Bayern und Venetien an das Königreich Italien. Zudem wurden Bayern, Baden und Württemberg zu souveränen Königreichen bzw. Großherzogtümern erhoben, was die politische Landkarte des Heiligen Römischen Reiches stark veränderte.
Parallel dazu fand zwischen 1803 und 1806 die Mediatisierung statt. Dabei verloren zahlreiche kleinere Reichsstände, geistliche Fürstentümer und freie Reichsstädte ihre Unabhängigkeit und wurden größeren Territorialstaaten eingegliedert. Diese Umstrukturierung wurde durch den Reichsdeputationshauptschluss eingeleitet und führte zur massiven Reduzierung der Zahl souveräner Herrschaften im Reich. Beide Entwicklungen schwächten das Heilige Römische Reich entscheidend und bereiteten dessen Auflösung im Jahr 1806 sowie die Gründung des Rheinbundes unter französischem Einfluss vor.
Durch die Mediatisierung7 und Säkularisierung8 erlosch mit dem mittelalterlichen Römischen Reich auch die Reichsunmittelbarkeit und jahrhundertelange politische, grund- und gerichtsherrschaftliche Selbstständigkeit der Freiherren von Woellwarth; ihr Territorium wurde dem von Napoleon I. ab 1. Januar 1806 zum Königreich erhobenen Württemberg einverleibt. Württemberg überließ dabei den Herren von Woellwarth vorübergehend noch die niedere Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf Benennung und Verleihung eines Kirchenamtes (Patronat). Ein komplizierter und teilweise in sich widersprüchlicher Sachverhalt, der in der Anfangsphase des Herrschaftswechsels zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten mit teils langwierigen Prozessen führte.
Infolge dieser politischen Umwälzungen änderte sich mit den Verwaltungsstrukturen auch die Amtsbezeichnung Amtsvogt von 1805 bis 1810 auf Obervogt. Die Aufgaben des Obervogts entsprachen im Wesentlichen denen des vorherigen Amtsvogtes, jedoch mit erweitertem Verantwortungsbereich und Eigenständigkeit insbesondere in der Übergangszeit, als die reichsritterlichen Territorien in die neuen Landesherrschaften integriert wurden.
Nach Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit (Erbgerichtsbarkeit) 1809 wurde das woellwarthsche Gebiet dem Oberamtsbezirk Aalen9 zugeteilt und die Verwaltungsstrukturen erneut angepasst. Aus dem Obervogt wurde ab 1810 nun der Rentamtmann. Auch hier blieb die Funktion ähnlich: Verwaltung, Kontrolle der Untertanen, Umsetzung und Überwachung der lokalen Ordnung sowie der neuen staatlichen Anordnungen des Königreichs Württemberg unter König Friedrich I.10.
Spezifische Details zu den Aufgaben im Territorium der Freiherren von Woellwarth sind explizit in den woellwarthschen Dorfordnungen 1512,155411 und 1649 sowie in der „Woellwarth-Degenfeldschen Kirchenordnung von 172912“ dokumentiert, welche die umfassende Herrschaftsausübung der Ortsherren über ihre Untertanen, einschließlich kirchlicher, polizeilicher und administrativer Regelungen, beschreibt.
1 Seit der Reformationszeit übte in den lutherischen Gebieten der jeweilige Landesherr zugleich auch die bischöfliche Funktion aus.
2 Bezeichnung des woellwarthschen Verwaltungsbeamten bis zum Jahr 1805.
3 Beispielsweise.: Alexander von Woellwarth (#173) ist württ. Forstmeister in Heidenheim. Friedrich Karl (#211) ist Generalmajor und Regimentskommandeur. Carl Ludwig Christian (#235) ist Major eines Ulanenregiments. Wilhelm Georg Konrad (#260) ist persönlicher Adjutant des Herzogs Ulrich von Württemberg.
4 Wolfgang Wüst, Die „gute“ Policey. Gesellschaftsmodelle der Frühmoderne? Eine süddeutsche Bilanz, St. Ottilien 2019, 67: „Für den Untertanen des Reichsritters selbst war der Faktor Herrschaft entscheidend, als eine Instanz, die Maßstäbe setzt, Entscheidungen trifft, Anordnungen ergehen lässt und deren Befolgung erzwingt.“ Darin unterschieden sich die Reichsritter eben deutlich von den Herrschaften in den Flächenterritorien, weil die Herrschaftsvermittlung viel direkter erfolgen konnte und nicht wie in den Flächenterritorien über zahlreiche institutionelle Zwischenstufen wie Amt- und Oberamtmänner, Kanzleien u.a.m. umgesetzt wurde.
5 „Ein einziges Haus in der Nähe der Kirche, den Freiherren von Woellwarth gehörend und zurzeit ihrem Rentbeamten eingeräumt, ist vor 1612 ganz von Stein erbaut und heißt daher auch das Steinhaus. Seit 1657 wiederholt Witwensitz, bis auf Philipp Gottfried von Woellwarth (#201), dem das Steinhaus gehört und das er von 1746 bis 1758 selbst benutzt, bewohnen nur Mitglieder der Woellwarth-Lauterburgschen Linie das Haus“.
6 Die Schlacht bei Austerlitz, auch bekannt als die Drei-Kaiser-Schlacht, fand am 2. Dezember 1805 statt und gilt als einer der bedeutendsten Siege Napoleons.
7 In der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches und des Deutschen Bundes war die Mediatisierung von 1803 und 1806 die Eingliederung der bisher reichsunmittelbaren Reichsstände und Adligen in die neuen deutschen Bundesstaaten.
8 Die Säkularisierung bezeichnet den Prozess der Trennung von Religion und Staat. Dabei werden säkulare, das heißt weltliche, Aspekte des gesellschaftlichen Lebens von der religiösen Kontrolle und Beeinflussung entbunden. Dies umfasst sowohl das öffentliche als auch das private Leben.
9 Das 1803 gebildete Oberamt Aalen war ein württembergischer Verwaltungsbezirk, der 1934 in Kreis Aalen umbenannt und 1938 um den größten Teil der ehemaligen Oberämter Ellwangen und Neresheim zum Landkreis Aalen erweitert wurde. Seit 1973 gehört das Gebiet zum Ostalbkreis.
10 Friedrich von Württemberg (* 1754 † 1816), geboren als Prinz Friedrich Wilhelm Karl, war ab 1797 als Friedrich II. der fünfzehnte regierende Herzog von Württemberg, von 1803 bis 1806 auch Kurfürst und von 1806 bis 1816 als Friedrich I. der erste König von Württemberg.
11 StAL PL 9/3 Bü 652 ON 1112 – Dorfordnung Essingen 1554.
12 StAL PL 9/3 Bü 75 Nr. 4 ON 631.
Amtsbezeichnung bis etwa 1805 „Amtsvogt“, von 1805 bis 1810 „Obervogt“, danach „Rentamtmann“.
Um 1520 bis 1530
Halm Hans
Um 1580
Batzer David, woellwarthscher Schreiber
Um 1580 bis 1582
Amann Hans
Um 1600 bis vor 1611
Franckh Georg
Um 1612 bis 1614
Saur Andreas
1615 bis 1619
Crafft Georg
1619 bis 1645
Crafft Georg Adam
1665
Büchner Johann Georg
1668 bis 1671
Döllin Melchior
1671 bis1678
Schwarz Georg Philipp, Vormundschaftsvogt
Vor 1680 bis 1731
Enslin Ernst Maximilian
1732-1742
Roschmann Georg Albrecht
1742-1744
Enslin Ferdinand Maximilian
1744-1782
Wagner Ernst Friedrich
1782-1800
Wagner Carl Friedrich
1783-1794
Pahl Philipp Jacob, Vogtamts-Scribent
1800-1827
Gleich Maximilian Heinrich
1827-1840
Wagner Carl Friedrich
1840-1888
Prinz Friedrich Franz Ludwig
1888-1921
Hartmann Gotthilf
1921-1945
Gerhardt Hermann
* um 1480
† 18.11.1531 in Villingen
Hans Halm schwört 1515 Urfehde13
Hans Halm aus Beutelsbach (Butelspach), wegen Beteiligung am „Armen Konrad"14 außer Landes gegangen, jedoch aus Gnaden wieder hereingelassen, schwört Urfehde und verspricht, fortan Reden gegen seinen Landesherrn, dessen Verwandte und Untertanen zu unterlassen, der Obrigkeit zu gehorchen, keine Ansprüche auf sein während des Aufruhrs verlorenes Gut zu erheben, und sein Leben lang im Amt Schorndorf zu bleiben.
Hanns Halm von Beutelspach urfehd, Schorndorf, 1515
Hans Halm stammte aus Plochingen und kam, trotz seines Schwures 1515, sein Leben lang in Schorndorf zu bleiben, so um das Jahr 1520 nach Essingen, wo er zusammen mit seiner Frau ein Haus besaß. Ab diesem Zeitpunkt war er reichsritterschaftlicher Verwalter bei Wilhelm von Woellwarth15 zu Hohenroden (#13416) und gleichzeitig Stadtschreiber in Aalen17.
Zeichnung Schloss Hohenroden, Datum unbekannt. Oben links ist noch die Helenenkapelle eingezeichnet, in der Zeit zwischen 1780 und 1790 abgerissen.
Zweifellos war Halm ein gebildeter und tüchtiger Mann. Nur so ist es zu erklären, dass er neben seinen beiden Ämtern lange Zeit unerkannt auch sein nachfolgend beschriebenes verbrecherisches Doppelleben führen konnte18.
Das verbrecherische Doppelleben von Halm
Gemeinsam mit dem Öhringer Hans Frick, der vorher im Dienste des Raubritters Hans Thomas von Absberg19 stand, dem Aalener Gastwirt Hans Brügel (oder Brägel), dem Ellwanger Martin Wirtsbästlin sowie Blasius Thaler und Martin Zimmermann aus Weiler in den Bergen, verübte Hans Halm Raubüberfälle mit Geiselnahme, Mord und Totschlag. Die erste große Raub- und Mordtat an zwei Männern verübte die Bande 1525 bei Schwabsberg bei der Verbindungsstraße Dalkingen nach Ellwangen. Die Stelle hieß daher noch bis ins 20. Jahrhundert in Dalkingen "Mördergrub". Vom Aalener Gastwirt Hans Brügel erhielten die Räuber die Hinweise, bei welchen Kaufleuten, Fuhrmännern oder Handwerksleuten sich ein Überfall lohnte, die sie oft nach schwerem Kampf halbtot, geknebelt und ausgeplündert zurückließen.
Die Wirren der Reformation begünstigten sicherlich noch das Räuberleben von Halm, das er im Herzogtum Württemberg, im Ries, im Bistum Speyer und im Elsass ausübte. Besonders das Härtsfeld und die Aufhausener Steige beim Schenkenstein20 waren berüchtigte Tummelplätze. Eine größere Untat verübte Halm bereits 1524 bei einem Überfall auf einen Konstanzer Metzger in der Nähe von Reutlingen. Im Jahr darauf überfiel er zusammen mit Thaler zwei Männer bei Schwabsberg, die beraubt und blutig geschlagen an einem Baum gefesselt zurückgelassen wurden.
1524 bricht der Bauernkrieg aus und dauert bis 1526
Im Jahr 1524 erschütterten Bauernaufstände weite Teile Süddeutschlands, Österreichs und der Schweiz. Die Mehrzahl der Bauern kämpfte für die Aufhebung der Leibeigenschaft, der Frondienste und des Zehnten. Die Familie von Woellwarth hatte vermutlich auf ihre Bauern einen großen und beruhigenden Einfluss, denn in ihrem Territorium kam es zu keinen Aufständen. Nur zwei Dokumente finden sich im woellwarthschen Archiv, die von dieser Bauernbewegung Kunde geben; sie werden später nachfolgend als eigenständige Ereignisse beschrieben.
Bauernkrieg, frühe Forderung nach Menschenrechten. Bild gemeinfrei.
Halm 1525 im Dienst des Schwäbischen Bundes
Ebenfalls noch im Jahr 1525 gelang es Halm, zusätzlich in die Dienste des Schwäbischen Bundes21 zu gelangen, der den Bauernaufstand22 blutig niedergeschlagen hatte und nun durch Halm Strafgelder einziehen ließ. Namhafte Summen verschwanden dabei durch unwahre Angaben in Halms Taschen. Nachdem sein Helfer Brügel wegen „übler Wirtschaft“ das württembergische Land verlassen musste und Halm ob der sich häufenden Untaten fürchtete, dass sein Doppelleben bald bekannt werden würde, bemühte er sich um eine Stellung beim verbannten Herzog Ulrich von Württemberg23.
Entführung von Pfarrer Hans Degen und dessen Tod in der Falkenhöhle
Im Jahre 1529 häuften sich die Untaten Halms, der in steter Geldnot war und durch immer neue Straßenräubereien seine leeren Kassen füllen musste. Sein ganzer Hass galt dabei dem Pfarrer Hans Degen aus Großbettlingen bei Metzingen, einem einflussreichen, begüterten und streitbaren Manne, weil dieser ein Parteigänger Österreichs war. Er wurde Halms nächstes Opfer: Am Aschermittwoch des Jahres 1529 nahm er ihn als Geisel, um Lösegeld zu erpressen.
Pfarrer Degen hatte an einer Dekanatsversammlung in Metzingen teilgenommen und wollte zu Pferd in seine Pfarrei bei Nürtingen zurückkehren. Kurz vor der Wohnung wurde er von Hans Halm und seinem Kumpanen Blasius Thaler, ebenfalls zu Pferd, „angeplazt, geschlagen, gebunden und bei nächtlicher Weil weggeführt”. Pfarrer Degen bot den beiden 100 Gulden Lösegeld. Diese wollten aber mehr und ritten mit ihm am Hohenstaufen und Rechberg vorbei durch den Albuch nach Essingen, wo ihn Halm im Keller seines Hauses mit einem Strick an eine Säule gebunden versteckte, nachdem er zuvor seine Frau weggeschickt hatte. Hier musste Pfarrer Degen etwa sieben Tage verbringen. Halms Helfer Martin Zimmermann aus Weiler brachte ihm hin und wieder etwas Essen, da Halm ja noch sein Doppelamt bei Woellwarth und als Schreiber in Aalen innehatte. Als Halms Ehefrau wieder nach Hause wollte, wurde der Gefangene in der Falkenhöhle bei Bartholomä versteckt und mit einer Eisenkette an den Felsen angeschmiedet24.
Lageplan der Falkenhöhle bei Bartholomä
Eingang zur Falkenhöhle
Halm ließ Pfarrer Degen an seine weit verzweigte Verwandtschaft im ganzen Lande Briefe schreiben, um 500 Gulden von ihnen zu erpressen. Weil Halm weiterhin seine Dienste zu versehen hatte, um nicht aufzufallen, musste Martin Zimmermann den Gefangenen versorgen.
Als Halm am 24. April Pfarrer Degen holen wollte, um ihn an einen anderen Ort zu verbringen, fand er ihn verhungert in der Falkenhöhle auf. Die Erpressung von Lösegeld scheiterte damit. Halm sagte jedoch im Zorn der ganzen Familie und Verwandtschaft von Pfarrer Degen die Fehde an und wollte sie durch angeworbene Kriegsleute „schädigen, wo er nur könne.“
Halm verliert 1530 seine Stellen als woellwarthscher Verwalter zu Hohenroden und Stadtschreiber zu Aalen
Halms Treiben blieb unbegreiflicherweise lange unentdeckt, erregte zuletzt aber doch Verdacht und im Laufe des Jahres 1530 verlor er sowohl sein Amt als Stadtschreiber in Aalen als auch seine Stelle bei Wilhelm von Woellwarth (#134) in Hohenroden, dem er bei seiner Entlassung noch 20 Gulden schuldig blieb. Nachdem ihm Wilhelm von Woellwarth auf seine Unredlichkeiten gekommen war, rächte sich Halm durch eine geschickte Urkundenfälschung und trieb zu seinen Gunsten 50 Gulden von Württemberg ein, die Wilhelm von Woellwarth von der Regierung noch zu bekommen hatte.
Hans Halm wird am 18. November 1531 in Villingen hingerichtet
Nachdem Halm seine beiden Tätigkeiten zu Aalen und Hohenroden verloren hatte, steigerte sich sein Hass auf die vorderösterreichische Fremdherrschaft25, der Württemberg damals unterstand, und versuchte Kriegsleute in den Gegenden zu gewinnen, durch welche die beabsichtigte Rückkehr des außer Landes verwiesenen Herzog Ulrich nach Württemberg erfolgen sollte. Er versuchte auch zusammen mit dem ehemaligen Burgvogt Sebastian Emhart (* 1483 † 1543) auf Hohen Asperg den kühnen Plan umzusetzen, mittels Nachschlüsseln seinem Freund Herzog Ulrich die Feste Asperg in die Hände zu spielen.
Durch seine weiteren Räubereien, Pferdediebstähle und Überfälle wurde Halm am 20. Juli 1531 durch den Bischof Philipp II.26 zu Speyer gefangen genommen und ins Gefängnis nach Udenheim gebracht, wo ihm im September aber die Flucht gelang. Durch den Schwarzwald kam er ins vorderösterreichische Villingen, wo aber bereits ein Haftbefehl des Bischofs zu Speyer gegen ihn vorlag. Der Rat der Stadt Villingen ließ ihn festsetzen und ihn im Diebesturm einem fünfstündigen Verhör unterziehen. Aus Angst vor der angedrohten schweren Folter gestand er „400 Stück Mord, Verräterei, Diebstahl und Straßenräuberei”.
