Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 582 - Regina Rauenstein - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 582 E-Book

Regina Rauenstein

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Beschreibung

Die erst achtzehnjährige Hella von Riefental trägt schwer an ihrem Schicksal. Als kleines Mädchen verlor sie zuerst ihre Eltern und dann die Heimat, das hoch verschuldete Gut Tannengrund mit dem prächtigen Schloss. Ein Onkel nahm sich des Waisenkindes an, steckte es aber gleich in ein Internat.
Nun, zu einer bezaubernden jungen Dame herangereift, treibt die Sehnsucht Hella zurück in die alte Heimat, auch wenn das geliebte Tannengrund für sie für immer verloren scheint. Als sich Hella durch eine schicksalhafte Begegnung dann die Möglichkeit bietet, wieder an dem Ort zu leben, dem ihr ganzes Herz gehört, kann sie ihr Glück kaum fassen. Doch nicht als Herrin hält sie auf dem Gut ihrer Ahnen Einzug, sondern als Bedienstete und mit einer falschen Identität ...


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Inhalt

Cover

Die Hassliebe der schönen Gräfin

Vorschau

Impressum

Die Hassliebe der schönen Gräfin

Sie liebte einen Mann, der an eine andere gebunden war

Die erst achtzehnjährige Hella von Riefental trägt schwer an ihrem Schicksal. Als kleines Mädchen verlor sie zuerst ihre Eltern und dann die Heimat, das hoch verschuldete Gut Tannengrund mit dem prächtigen Schloss. Ein Onkel nahm sich des Waisenkindes an, steckte es aber gleich in ein Internat.

Nun, zu einer bezaubernden jungen Dame herangereift, treibt die Sehnsucht Hella zurück in die alte Heimat, auch wenn das geliebte Tannengrund für sie für immer verloren scheint. Als sich Hella durch eine schicksalhafte Begegnung dann die Möglichkeit bietet, wieder an dem Ort zu leben, dem ihr ganzes Herz gehört, kann sie ihr Glück kaum fassen. Doch nicht als Herrin hält sie auf dem Gut ihrer Ahnen Einzug, sondern als Bedienstete und mit einer falschen Identität ...

Der Wagen jagte in atemloser Geschwindigkeit über die holprige Straße. Das junge Mädchen hinter dem Steuer wurde gehörig durchgeschüttelt.

Sie schimpfte zornig und warf einen besorgten Blick zu den finsteren Wolken, die sich am Himmel zusammenballten. In der Ferne grollte es dumpf.

Vielleicht wäre es doch besser, anzuhalten und noch einmal zu versuchen, das Verdeck hochzuschlagen, dachte sie. Zu dumm, dass ich es nicht vorher habe reparieren lassen.

Das Donnern kam bedrohlich näher. In der Ferne zuckte es auf. Nun fielen die ersten dicken Tropfen.

Vor dem Mädchen tauchte ein dunkler Wagen auf. Er fuhr sehr bedächtig, ihm schien das aufkommende Unwetter nichts auszumachen.

Baroness Hella liebte ihr Auto sehr. Sie hatte es sich von dem kleinen Erbteil gekauft, das ihre Großmutter ihr hinterlassen hatte, obwohl andere Dinge viel wichtiger gewesen wären.

Nach dem plötzlichen Tod des Vaters hatte Hella damals ganz allein auf der Welt gestanden. Das stark verschuldete Schlossgut konnte man nicht halten, so war es eines Tages versteigert worden und hatte einen neuen Besitzer bekommen. Ihr waren nur das kleine Waldschloss und die Mühle geblieben, die seit vielen Jahren stillgestanden hatte.

Hella war zu einem alten Onkel gekommen. Er hatte das Kind in einem guten Internat untergebracht und ihm die Ausbildung zukommen lassen, die ihm seiner Geburt nach zustand.

Das Waldschloss war verpachtet worden, auch die Mühle hatte einen neuen Pächter bekommen. Das Geld hatte der Onkel für sein Mündel zurückgelegt.

Liebe aber hatte der alte Sonderling nicht zu vergeben. Er lebte völlig in seiner eigenen Welt und ging in seiner Forschung auf.

Nachdem Baroness Hella aus dem Internat entlassen worden war, hatte sie pflichtbewusst einen Besuch bei ihrem Vormund gemacht, aber aufgeatmet, als sie das ungastliche Haus wieder verlassen konnte.

Nun war Hella auf dem Weg zum Waldschloss. Sie hatte dem Pächter gekündigt und war fest entschlossen, von nun an selbst in dem kleinen, reizenden Anwesen zu leben, das Einzige, was ihr von der geliebten Heimat geblieben war.

Aber so einfach, wie Hella es sich gedacht hatte, ging es doch nicht. Der Pächter bestand auf seinem Vertrag, der ihm noch für ein ganzes Jahr das Recht gab, im Waldschloss zu wohnen.

Die junge Baroness wollte noch nicht aufgeben und persönlich mit dem starrköpfigen Mann sprechen.

Hella schreckte aus ihren Gedanken auf, als ihr Auto einen Satz machte und auf ein am Straßenrand haltendes Auto zufuhr. Offenbar war sie über ein Hindernis gefahren. Im letzten Augenblick riss sie das Steuer herum, raste quer über die Fahrbahn und brachte den Wagen kurz vor dem Graben wieder in ihre Gewalt.

Uff, das wäre fast ins Auge gegangen. Nicht auszudenken, wenn sie den dunklen Wagen gerammt hätte.

Tief holte sie Luft und zuckte dann erschrocken zusammen, als neben ihr eine zornige Männerstimme aufklang.

»Sagen Sie mal, fahren Sie mit geschlossenen Augen durch die Gegend? Die Straße ist doch breit genug, ohne dass einer den anderen bedrängen muss.«

Im ersten Augenblick war Hella viel zu geschockt, um darauf antworten zu können. Sie starrte den Mann nur aus weit aufgerissenen Augen an.

Ihm schien seine Grobheit schon leidzutun. Ein kaum merkbares Lächeln überflog seine Züge.

Ehe er noch etwas sagen konnte, hatte Hella ihre Sprache wiedergefunden.

»Ist Ihnen oder Ihrem Wagen etwas zugestoßen?«, fragte sie mit mühsam beherrschter Stimme. Der grobe Ton, mit dem er zu ihr gesprochen hatte, reizte sie und verwandelte ihr Erschrecken in jähen Zorn.

»Nein, aber ...« Weiter kam er nicht.

»Ihnen ist also nichts geschehen, wobei ich fast in den Graben gefahren wäre«, unterbrach sie ihn aufgebracht. »Wie kommen Sie dazu, mich derart anzufauchen? Sie sind mir ein schöner Kavalier, das muss ich schon sagen.«

Ehe er etwas erwidern konnte, heulte ihr Motor auch schon auf. Der Mann sprang mit einem gewaltigen Satz zur Seite, und da schoss ihr Wagen an ihm vorbei wieder auf die Straße zurück und jagte davon.

»So eine freche Kröte«, murmelte der Mann verblüfft.

Er fuhr ebenfalls weiter, doch nun brach das Unwetter mit Gewalt herein. Es schien, als ob der Himmel alle Schleusen geöffnet hätte.

Die Scheibenwischer schafften es einfach nicht, ihm klare Sicht zu verschaffen. Er nahm sich vor, hinter der nächsten Kurve anzuhalten.

Gerade als sein Wagen langsam um die Biegung kroch, nahm er jäh den Fuß vom Gas und trat voll auf die Bremse.

Im allerletzten Augenblick hatte er den am Straßenrand haltenden Wagen gesehen. So ein bodenloser Leichtsinn, ausgerechnet mitten in der Kurve zu parken.

Leise vor sich hinfluchend, kurbelte er das Fenster herunter und beugte sich etwas vor. Aber das Donnerwetter, das er gerade vom Stapel hatte lassen wollen, erstarb ihm auf den Lippen, als er das Häufchen Unglück sah, das auf dem Trittbrett des Wagens vor ihm hockte und schutzlos dem Unwetter preisgegeben war.

Das war doch die Kleine, die ihn vorhin fast gerammt hatte!

Ja, um Himmels willen, warum kurbelte sie denn das Verdeck ihres Wagens nicht hoch?

»He, Sie, was machen Sie denn da?«, rief er ihr zu. »Wollen Sie ein Bad nehmen?«

Das Mädchen hob wie elektrisiert den Kopf. Erst jetzt schien sie seinen Wagen zu bemerken. Schnell sprang sie auf und kam näher. Das Wasser rann aus ihrem Haar über das Gesicht, ihre Kleidung war völlig durchnässt.

Nun hatte sie nichts mehr von dem frechen kleinen Biest an sich, das ihn vorhin noch abgekanzelt hatte wie einen Schulbuben. Jetzt war sie nichts als ein hilfloses kleines Mädchen, das nicht mehr aus noch ein wusste.

»Das Verdeck lässt sich nicht schließen. Mein schöne Auto völlig durchnässt.« Es klang wie ein Schluchzen.

Dass sie selbst nass wie eine Katze war, schien sie überhaupt nicht zu berühren.

»Steigen Sie in meinen Wagen ein!«, forderte er sie auf. »Klettern Sie auf den Rücksitz, dort liegen ein paar trockene Sachen.«

Baroness Hella wich mit allen Zeichen des Entsetzens zurück und hob in jäher Abwehr die Hände.

»Und mein Auto?«, stieß sie hervor und schüttelte wild den Kopf. »Ich kann doch mein Auto nicht einfach so stehen lassen. Er wird doch völlig ruiniert.«

Baroness Hella wandte sich ab und ging zu ihrem Wagen zurück. Noch einmal versuchte sie mit verzweifelter Anstrengung, das Verdeck hochzuziehen, aber es bewegte sich keinen einzigen Millimeter, und so ließ sie sich ergeben wieder auf das Trittbrett fallen und barg den Kopf in ihren Händen.

So ein verdammter Dickkopf!, dachte der Mann empört. Er fluchte leise in sich hinein, und obwohl ihm überhaupt nicht der Sinn danach stand, dem Mädchen zu helfen, stieg er aus.

Wie eine Sturzflut schlug ihm der Regen ins Gesicht und durchnässte ihn in wenigen Sekunden bis auf die Haut.

Das Mädchen hob überrascht den Kopf, als er näher kam.

»Was ist denn mit dem verflixten Verdeck los?«, fragte er.

Mit einer jammervollen Miene hob sie die schmalen Schultern.

Er trat dicht an den Wagen heran. Lieber Himmel, der Innenraum war völlig überschwemmt.

»Das sieht ja heiter aus«, murmelte er nun doch erschrocken. Die Polster waren ruiniert, auf dem Boden des Wagens stand das Wasser fast knöcheltief.

Neben sich hörte er ein jammervolles Aufschluchzen, das ihn rührte, aber auch zur gleichen Zeit wütend machte.

»Nun heulen Sie nicht, sondern versuchen Sie auf der anderen Seite einmal das Gestänge herunterzubiegen, während ich es von hier versuche«, schlug er vor.

Ein paarmal riss und zerrte er an dem Verdeck, da begann es sich plötzlich widerwillig und quietschend zu bewegen, schoss nach vorne, glitt über den völlig durchnässten Wagen und rastete in der Halterung ein.

Mit einem unterdrückten Fluch riss der Mann nun die Türen auf und ließ das angesammelte Wasser hinausströmen.

Das Mädchen kam um den Wagen herum. Ihre braunen Augen sahen ihn so voller Dankbarkeit an, dass aller Groll schlagartig aus seinem Herzen schwand.

»Was hätte ich nur ohne Sie gemacht, mein Herr! Ich bin Ihnen ja so dankbar«, sagte sie und reichte ihm ihre Hand.

Er drückte sie kurz und wandte sich dann seinem Wagen zu.

»Wir sollten sehen, dass wir hier wegkommen. Ich schlage vor, Sie kommen erst einmal mit zu mir. Dann können Sie sich aufwärmen und etwas Trockenes anziehen. Mein Gut liegt hier ganz in der Nähe.«

Er wusste selbst nicht, warum er ihr dieses Angebot machte. Verdient hatte sie es eigentlich nicht, aber er wusste, was sich gehörte.

Das Mädchen schaute ihn unschlüssig. Kein Wunder, er war ja ein Fremder für sie.

»Keine Angst, ich beiße nicht und verschlinge auch keine kleinen Mädchen«, sagte er grinsend. »Ich habe Dienerschaft und eine alte Tante im Haus, die als Anstandswauwau Ihre Tugend bewachen wird. Sie können also unbesorgt auf mein Angebot eingehen.«

Eine jähe Röte schoss Hella ins Gesicht. Sie fühlte sich durchschaut, und das ärgerte sie.

Eigentlich hatte sie zur Mühle hinausfahren wollen, um zu sehen, ob sie dort ein Zimmer bekam. Wie sie erfahren konnte, hatte der jetzige Pächter die Mühle in ein hübsches Lokal verwandelt und vermietete auch Zimmer. Dort wollte sie sich für eine Weile unerkannt einmieten, ehe sie sich dem jetzigen Pächter des Waldschlösschens zu erkennen gab.

Was hatte ihr Ritter von der Landstraße da eben gesagt? Sein Gut sollte ganz hier in der Nähe liegen?

Soviel sie wusste, gab es nur ein einziges Gut hier in der Nähe, und das war das Schlossgut Tannengrund, das einmal ihrem Vater gehört hatte.

»Ich nehme Ihre Einladung dankend an, mein Herr«, sagte Hella nun und wandte sich ihrem Wagen zu.

»Ich werde ihn später holen lassen«, sagte der Mann. »Sie können unmöglich mit diesem Wagen weiterfahren.«

»Sie erwarten doch nicht, dass ich ihn hier so einfach stehen lasse?«, erwiderte sie. »Ohne mein Auto rühre ich mich nicht von der Stelle.«

»Wie Sie wollen. Versuchen Sie Ihr Heil. Ich werde vorfahren, und Sie folgen mir am besten. Hoffentlich springt Ihr Wagen auch an.«

Wortlos stieg Baroness Hella in das ramponierte Auto und hoffte, dass es sie jetzt nicht im Stich ließ. Fast hätte sie vor Freude aufgejauchzt, als der Motor nun, ohne zu mucken, ansprang. Sie warf dem Mann, der jetzt mit seinem Wagen an ihr vorbeifuhr, einen triumphierenden Blick zu und folgte ihm.

Hella kannte den Weg noch sehr gut, den sie oft als Kind gegangen oder geritten war.

Schon nach kurzer Zeit bog der dunkle Wagen in einen breiten Privatweg ein. Hier hatte sich doch manches geändert, seitdem sie das letzte Mal hier gewesen war, musste die junge Baroness feststellen, als sie sich mit großen Augen umsah.

Der riesige Park, der das Schlossgut umgab, war wundervoll gepflegt. Die großzügig angelegten Rasenflächen waren mit farbenprächtigen Blumenbeeten besetzt. Dann tauchte zwischen den hohen Tannen das Haus auf.

Früher hatten sich an den hohen Mauern Heckenrosen und Efeu emporgerankt, doch man hatte alles entfernt.

Vor dem mächtigen Portal stoppte der dunkle Wagen. Dicht hinter ihm hielt Hella an.

Ritterlich trat der Mann an ihren Wagen und öffnete die Tür.

»Willkommen auf Tannengrund«, sagte er, und diesmal lag eine verhaltene Wärme in seiner dunklen Stimme.

Hella stand jetzt neben ihm, klein und durchgefroren, und bot einen mehr als jämmerlichen Anblick.

Der junge Mann wandte sich dem Diener zu, der die Treppe heruntergelaufen kam.

»Führen Sie das gnädige Fräulein sofort in das Gästezimmer. Meta soll ein heißes Bad richten«, befahl er und wandte sich dann Hella zu. »Ich werde veranlassen, dass meine Tante sich um Sie kümmert und dafür Sorge trägt, dass Sie trockene Sachen bekommen.«

»Ich mache Ihnen so viel Mühe«, brachte Hella mühsam hervor. Alles in ihr war in Aufruhr. Das Wiedersehen mit der alten, geliebten Heimat wühlte längst vergangene Erinnerungen in ihr auf und trieb ihr die Tränen in die Augen.

Er bat sie, ihm den Wagenschlüssel zu überlassen.

»Der Mechaniker wird sich um Ihren Wagen kümmern«, erklärte er.

Mit einem unsicheren Lächeln reichte sie ihm den Wagenschlüssel.

Der Mann winkte einen Knecht herbei, der gerade aus dem Stall trat, und sprach kurz mit ihm. Dann folgte er dem voranschreitenden Mädchen, das mit seltsam zögernden Schritten hinter dem Diener die große Freitreppe hinaufstieg.

♥♥♥

Baroness Hella feierte ein stilles Wiedersehen mit dem geliebten Haus, in dem sie aufgewachsen war und die schönste Zeit ihres Lebens verbracht hatte.

Sie betraten die mächtige Schlosshalle. In Hellas Erinnerung war sie dunkel und unfreundlich gewesen. Aber jetzt lag sie hell und licht vor ihr und bot einen zauberhaften Anblick.

Der Boden war mit Marmorplatten ausgelegt. Ein breiter roter Läufer lief quer durch die Halle, und an den Wänden hingen nicht mehr die düsteren Bilder ihrer Vorfahren.

Der jetzige Schlossbesitzer schien eine große Leidenschaft für die Jagd zu haben. Ein prachtvolles Hirschgeweih zog Hellas Blick an, aber ehe sie etwas sagen konnte, klang ein leichter, trippelnder Schritt hinter ihr auf, der schnell näher kam.

Und dann sah Hella die zierliche Frau, die bei ihrem Anblick jäh den Schritt verhielt und mit allen Anzeichen des Entsetzens die Hände über dem silberweißen Kopf zusammenschlug.

»Um Himmels willen, was ist denn geschehen?«, rief sie. »Ihr beide seid ja nass wie die Katzen. Seid ihr vielleicht in den Wolkenbruch hineingeraten?«

»Richtig geraten, Tante Thea. Der Wagen der jungen Dame streikte gerade im falschen Moment. Aber das erzähle ich dir später. Bitte, nimm dich unseres Gastes an, damit sie endlich aus dem nassen Zeug herauskommt. Vielleicht findest du etwas Passendes für sie zum Anziehen.«

»Nein, das ist nicht nötig«, stieß Hella hervor. »Ich habe mein Gepäck im Wagen. Ich hoffe doch, dass der Kofferraum trocken geblieben ist.«

»Ich werde Ihren Koffer sofort auf Ihr Zimmer bringen lassen. Aber nun vertrauen Sie sich meiner Tante an. Sie wird sich um Sie kümmern.«

Nun zeigte sich, dass die kleine, zierliche Frau resolut und sehr energisch war. Sie nahm Hellas Arm und zog das Mädchen mit sich fort, ohne noch viel Fragen zu stellen.

Etwas benommen folgte Hella dem energischen Druck ihrer Hand. Wie eine Traumwandlerin stieg sie die Treppe zum ersten Stock hoch, in dem die Gästezimmer lagen.

Vor der Tür, hinter der einst das Schlafzimmer der Eltern gewesen war, stockte ihr Fuß, und in jagendem Schmerz brach die Erinnerung in ihr auf und trieb ihr die Tränen in die Augen.

Mama, Papa, als Fremde komme ich in unser Haus zurück. Es tut weh, verflixt weh.

»Hier ist Ihr Zimmer, Kindchen. So, nun werden wir sofort ein heißes Bad einlaufen lassen. Ziehen Sie sich schon mal das nasse Zeug aus. Meta, unser Zimmermädchen, wird sich gleich um Sie kümmern. Ich werde unterdessen in der Küche einen starken Fliedertee aufgießen. Den werden Sie hübsch artig trinken, damit Sie uns nicht krank werden.«

Hella verzog das Gesicht, als habe sie auf eine Zitrone gebissen.

»Brrr.« Sie schüttelte sich angeekelt, denn nichts war ihr so zuwider wie Fliedertee, den sie von ihrer Kinderzeit noch unliebsam in Erinnerung hatte. »Alles, nur keinen Fliedertee, gnädige Frau. So empfindlich bin ich auch gar nicht. Es war nicht der erste Regenguss, in den ich hineingeraten bin. Bitte, bemühen Sie sich nicht.«

Die alte Dame gab keine Antwort. Sie schien es für überflüssig zu halten, sich auf eine Debatte einzulassen. Aber der entschlossene Ausdruck in ihren hellen Augen verriet, dass sie sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen lassen wollte.

Meta, ein nettes junges Bauernmädchen, betrat das Zimmer und knickste freundlich vor Hella. Sie huschte sofort ins Badezimmer, ließ heißes Wasser in die Wanne laufen und fügte duftendes Badeöl hinzu.

Baroness Hella bedankte sich höflich. Darauf nahm Meta die nassen Sachen und ging hinaus.