Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 584 - Regina Rauenstein - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 584 E-Book

Regina Rauenstein

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Beschreibung

Manjas Glück einer unbeschwerten Jugendzeit nimmt ein jähes Ende, als ihre Mutter an einem schweren Nervenleiden erkrankt und bald darauf für immer die Augen schließt. Eines Tages geht der Vater erneut eine Ehe ein. Seine zweite Frau ist zwar ungewöhnlich schön, aber eiskalt und berechnend. Daher zieht Manja es vor, das Gut zu verlassen und eine landwirtschaftliche Schule zu besuchen. Denn sie soll eines Tages das Erbe von "Vier Eichen" antreten. So will es der Vater.
Kaum hat Manja ihre Ausbildung abgeschlossen, da stirbt der alte Herr. Manja ist nun ganz allein - allein mit einer habgierigen Frau, die ihre Stieftochter über alles hasst und vor nichts zurückschreckt, um ihr die Herrschaft über "Vier Eichen" zu entreißen ...


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Inhalt

Cover

Die neue Herrin auf »Vier Eichen«

Vorschau

Impressum

Die neue Herrin auf »Vier Eichen«

Kann sie die Hoffnungen, die auf ihr ruhen, erfüllen?

Manjas Glück einer unbeschwerten Jugendzeit nimmt ein jähes Ende, als ihre Mutter an einem schweren Nervenleiden erkrankt und bald darauf für immer die Augen schließt. Eines Tages geht der Vater erneut eine Ehe ein. Seine zweite Frau ist zwar ungewöhnlich schön, aber eiskalt und berechnend. Daher zieht Manja es vor, das Gut zu verlassen und eine landwirtschaftliche Schule zu besuchen. Denn sie soll eines Tages das Erbe von »Vier Eichen« antreten. So will es der Vater.

Kaum hat Manja ihre Ausbildung abgeschlossen, da stirbt der alte Herr. Manja ist nun ganz allein – allein mit einer habgierigen Frau, die ihre Stieftochter über alles hasst und vor nichts zurückschreckt, um ihr die Herrschaft über »Vier Eichen« zu entreißen ...

Mit wehenden Haaren lief Manja auf den jungen Mann zu. Ihre braunen Augen strahlten, als sie nun vor ihm stand und ihn bei der Hand nahm.

»Komm«, rief sie übermütig und zog ihn hinter sich her. Der Mann folgte ihr willig.

Sie tollten wie Kinder durch die Heide, die im satten Grün stand. Es waren zwei verliebte junge Menschen, die unbeschwert ihr Leben genossen und sehr glücklich waren.

Manja von Westhagen, Tochter des reichen Grundbesitzers Westhagen, dessen Familie seit vielen Generationen schon auf dem mächtigen Herrensitz »Zu den vier Eichen« saß, und der Nachbarsjunge, Nikolaus von Windbach, waren seit Kindertagen unzertrennlich.

Schon als kleiner Bub hatte Niki das kleine Mädchen beschützt, das zwei Jahre jünger war als er. Als Störenfried in diesem Freundschaftsbund wurde sein Zwillingsbruder Chris empfunden, der im Gegensatz zu Niki nichts mit dem kleinen Mädchen im Sinn hatte und es schubste und schikanierte, wo es ging.

Obwohl die beiden Brüder sich glichen wie ein Ei dem anderen und selbst die Mutter Mühe hatte, sie auseinanderzuhalten, hatte die kleine Manja immer sehr schnell herausgefunden, wer von den beiden ihr Freund Niki war.

So wuchsen die Kinder heran. Manja, fröhlich und unbeschwert, von liebevollen Eltern umsorgt und wie ein Kleinod behütet.

Heute zählte Manja sechzehn und Niki achtzehn Jahre. Für beide stand fest, dass sie eines Tages heiraten würden. Dann sollte Niki die Verwaltung ihres großen Gutes übernehmen, da sein Bruder Chris, der zehn Minuten vor ihm zur Welt gekommen war, die Erbfolge des väterlichen Gutes antreten würde.

So lag das Leben klar geordnet vor den beiden jungen Menschen, die nicht ahnten, dass sich bereits dunkle, drohende Schatten über ihnen ausbreiteten und ihre ganze Zukunft von Grund auf verändern sollten.

♥♥♥

Schon ein knappes Jahr später war es mit dem Glück unbeschwerter Jugendjahre vorbei, denn Manjas Mutter erkrankte an einem schweren Nervenleiden.

Sie war wunderschön, die Mutter, und zart wie eine Elfe. Ihr langes blondes Haar, das gleiche Haar, das auch Manja hatte, fiel von der edel geformten Stirn in weichen Wellen über die schmalen Schultern bis hinab zu der zierlichen Taille.

Und dann, ganz plötzlich, veränderte sie sich zuerst unmerklich und dann in erschreckender Weise. Die einst so machtvollen dunklen Augen wurden glanzlos und bekamen einen unsteten, gehetzten Ausdruck. Der weiche, sanfte Mund wurde bitter, zeigte tiefe Kerben und verzog sich oft zu einem grausamen Lächeln.

Immer wieder brach die sonst so sanfte, zärtliche Mutter in Wut aus. Dann gellten ihre Schreie durch das ganze Haus und riefen Entsetzen und Grauen hervor. Oft musste die Mutter eingesperrt werden und bedurfte der Hilfe des Arztes. Der Vater wurde immer ernster und bedrückter, und Manja war es, als wäre plötzlich aller Frohsinn aus dem Haus verschwunden.

»Was ist mit Mutter?«, wollte sie wissen und klammerte sich an den Vater.

»Sie ist sehr krank, mein Kind«, erklärte er ihr und drückte seine Tochter zärtlich an sich. »Aber sie wird wieder gesund werden, und dann ist alles wieder, wie es früher war«, tröstete er sie.

Manja bekam die Mutter nur noch selten zu Gesicht. Anfangs durfte sie sie manchmal besuchen. Dann lag sie bleich und entsetzlich schmal und hinfällig geworden in ihrem Bett und starrte mit herzzerreißender Traurigkeit in die Ferne. Manchmal streckte sie sehnsüchtig ihre so mager gewordenen Arme nach ihrem Kind aus, zog es leidenschaftlich an sich und küsste das junge Gesicht in verzehrender Zärtlichkeit.

Aber diese Augenblicke wurden immer seltener. Der irre Ausdruck wich nicht mehr aus den unheimlich großen Augen und flößte dem Mädchen Angst ein. Bald stieß die kranke Mutter nur noch unverständliche Laute und Verwünschungen aus.

Manja wurde von dem Vater zu einer Tante in die Stadt gebracht. Er wollte, dass sie die Mutter so in ihrer Erinnerung behielt, wie sie sie vorher gekannt hatte.

Erst nach dem Tod der geliebten Mutter kehrte das Mädchen zurück.

Es war still geworden auf »Vier Eichen«. Der Vater lachte nicht mehr. Nur wenn seine Tochter zu ihm trat, die Arme schmeichelnd um seinen Hals legte, dann glitt ein warmes Lächeln über sein schmal gewordenes Gesicht.

Sie lebten nur noch füreinander, der Herr von »Vier Eichen« und seine schöne heranwachsende Tochter.

Niki wollte Arzt werden und studierte in Heidelberg Medizin. In der ersten Zeit kam er in den Ferien immer nach Hause. Aber dann wurden seine Besuche immer seltener. Zuletzt kam nur noch hin und wieder eine Karte von ihm.

♥♥♥

Fast zwei Jahre war die Mutter tot, als der Vater, der zwischendurch immer wieder verreist war, eines Tages eine neue Frau ins Haus brachte. Sie war eine schöne dunkelhaarige Frau, genau das Gegenteil der zarten blonden Mutter, deren Schönheit etwas Überirdisches gehabt hatte. Diese neue Frau aber war blutvolles, leidenschaftliches Leben. Alles an ihr strotzte vor Gesundheit, ohne derb zu wirken.

Sie glich einem der Mannequins, wie man sie immer wieder auf den Titelblättern der Illustrierten sehen konnte. Ihr Haar war von einer Schwärze, die ins Bläuliche schimmerte. Die grünen Augen boten einen seltsamen Kontrast. Sie war so schön, dass die junge Manja sie mit fassungsloser Bewunderung betrachtete.

Aber dann trafen ihre Augen mit den eiskalten grünen Nixenaugen zusammen, und Manjas Herz zog sich angstvoll zusammen.

Plötzlich spürte das Mädchen die drohende Gefahr, die für sie von dieser Frau ausging, und deren starke Abneigung ihr gegenüber. Sie war ihrer neuen Mutter im Weg!

Manja erlitt einen Schock, der sie bis ins Innerste erschütterte. Für sie war die zweite Heirat des Vaters ein Verrat an der toten Mutter.

Doch mit keinem Wort verriet sie ihren heimlichen Kummer. Sie zog sich zurück und weinte sich ihren Schmerz vom Herzen.

Herr von Westhagen übersah zum ersten Mal, dass seine Tochter Kummer hatte. Er hatte nur noch Augen und Ohren für seine junge Frau, der er völlig hörig zu sein schien. Er betete sie förmlich an, und oft war es Manja unerträglich, es ansehen zu müssen, wie eifrig er um sie bemüht war und wie er alles, was sie tat, für richtig befand und guthieß.

Gwendoline lehnte es von vornherein ab, Mutter genannt zu werden, da sie sich noch zu jung fühlte, um schon eine so große Tochter zu haben.

Eines Tages sah sie Manja mit ihren kühlen grünen Augen an, die dem Mädchen jedes Mal einen kalten Schauer über den Rücken jagten, und erklärte dem Mädchen, was sie von ihr erwartete.

»Ich schlage vor, wir beide versuchen, gut miteinander auszukommen, Manja. Ich habe vor, mein Leben hier auf ,Vier Eichen' zu verbringen und hier die Herrin zu sein. Es wäre auch für dich ein Vorteil, wenn du dich damit abfindest und mir nichts in den Weg legst.«

Manja zuckte unmerklich zusammen.

»Du bist die Frau meines Vaters, Gwendoline, und somit die Herrin auf ,Vier Eichen'«, sagte sie dann beherrscht. »Liebe kann ich dir nicht entgegenbringen, aber ich achte und respektiere in dir die Frau meines Vaters. Damit dürftest du doch zufrieden sein?«

Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern jagte aus dem Haus und verschwand im Park, um mit ihrem Schmerz allein zu sein.

Das Leben auf »Vier Eichen« veränderte sich schlagartig mit dem Einzug der jungen Frau. Die Dienerschaft fürchtete die neue Herrin ebenso sehr wie die Pächter, die bisher ein sehr gutes Verhältnis mit ihrem Herrn gehabt hatten. Nun aber schien es getrübt, denn die junge Frau lag ihrem Gatten in den Ohren, die kleinen Güter zu verkaufen, damit endlich wieder bares Geld ins Haus kam, um »Vier Eichen« wieder auf das gesellschaftliche Niveau zu bringen, für das er früher bekannt gewesen war.

Sie hasste dieses stille Einsiedlerleben und wollte endlich wieder eine Rolle in der Gesellschaft spielen.

Aber zum ersten Mal blieb Herr von Westhagen hart und unnachgiebig.

»›Vier Eichen‹ gehört seit vierhundert Jahren den Westhagens, und nie ist jemand in den Sinn gekommen, auch nur einen Streifen Land zu verkaufen«, erklärte er ihr. »Auch ich werde dies nicht tun, Gwendoline, ganz gleich, was auch geschieht. Ich möchte den gesamten Besitz erhalten, denn alles das hier wird einmal Manja gehören. Sie ist die rechtmäßige Erbin, und sie wird es später einmal an ihre Kinder weitergeben, so wie es unsere Vorfahren an uns weitergegeben haben.«

»Und was bleibt dann mir? Glaubst du denn, ich hätte dich geheiratet, wäre dir in diese Einöde gefolgt, wenn ich geahnt hätte, welch trostloses Leben mich hier erwartet?«, keifte die Frau in schrillem Ton.

Manja verstand nicht genau, was der Vater darauf erwiderte, aber es klang müde und resigniert.

Später, als sie bei Tisch saßen, wirkte er erschöpft und krank. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, und Manja fühlte wie eisige Furcht nach ihrem Herzen griff und es zusammenpresste.

»Fehlt dir etwas, Vati?«, fragte sie besorgt.

Der Vater lächelte ihr beruhigend zu.

»Nein, Kleines, mach dir nur keine Sorgen, mir fehlt nichts. Ich fühle mich nur etwas müde und abgespannt.«

Gwendoline sah die Stieftochter spöttisch an.

»Um deinen Vater brauchst du dir keine Gedanken zu machen, er ist bei mir in den besten Händen. Viel vernünftiger wäre es, du würdest einmal über dein eigenes zukünftiges Leben nachdenken. Oder willst du ewig hier auf ,Vier Eichen' hocken und warten, bis einer kommt und dich heiratet? Ich finde, ein junges Mädchen sollte sich frühzeitig auf eigene Füße stellen, Manja. Das Verhätscheln deines Vaters trägt wahrhaftig nicht dazu bei, aus dir einen in sich gefestigten Menschen zu machen.«

»Gwendoline, was soll dieser Unsinn?«, fuhr Herr von Westhagen empört auf. Rote Flecken zeigten sich auf seinem sonst so bleichen Gesicht. Seine Augen blitzten seine Frau zornig an.

Diese ließ sich jedoch nicht beirren. Sie lachte eiskalt und voll beißendem Hohn auf. Ihre eiskalten Augen funkelten spöttisch.

»Warum willst du nicht, dass sie erfährt, welches Schicksal auf sie wartet, wenn sie erst einmal dreißig geworden ist?«, fuhr sie fort. »Sie ist kein Kind mehr und muss lernen, mit diesem Fluch zu leben und sich ihm zu stellen. Sie hat doch miterlebt, was ihrer Mutter widerfahren ist, wie sie ein Opfer dieses Fluchs wurde, der über allen Frauen ihres Hauses hängt und dem ihre Großmutter und Mutter zum Opfer fielen. Einmal muss sie doch die Wahrheit erfahren.«

Manja sah das höhnisch verzerrte Gesicht der Frau und spürte in diesem Augenblick erschreckend den Hass, der ihr von der anderen entgegenschlug.

Bisher hatte Manja noch nie etwas von diesem Fluch gehört, dem die Frauen des Hauses Brangenfels, so lautete der Geburtsname der Mutter, verfallen waren. Nie hatte der Vater mit ihr darüber gesprochen, und er war auch jeder klaren Frage nach der Erkrankung der Mutter aus dem Weg gegangen.

Nun wurden ihr auf eine brutale Art die Augen geöffnet. Für Sekunden hatte Manja das hilflose Gefühl, in einen tiefen, bodenlosen Abgrund zu stürzen.

Sie hörte nicht, wie der Vater seine Frau zornig anfuhr und es zwischen den beiden Eheleuten zu einer hitzigen Auseinandersetzung kam. Nur der eine Gedanke erfüllte sie, dass ihr das gleiche traurige Los beschieden war wie ihrer armen Mutter, wenn diese Frau die Wahrheit gesagt hatte.

Von diesem Tag an konnte sie an nichts anderes mehr denken, als an diesen entsetzlichen Fluch. Heimlich begann sie Nachforschungen anzustellen und stand erschüttert vor dem Verhängnis, das wie ein Damoklesschwert über den Frauen der Brangenfels schwebte.

Die Frauen von Brangenfels erlagen fast alle diesem Fluch, kaum dass sie auf die dreißig zugingen, was sich selbst die Ärzte nicht erklären konnten.

Plötzlich ertrug Manja die Stille und Einsamkeit auf dem abgelegenen Gut nicht mehr. Sie bat den Vater, »Vier Eichen« verlassen zu dürfen. Sie wollte studieren, und vielleicht gelang es ihr später einmal, diesem entsetzlichen Fluch auf die Spur zu kommen.

Nur schweren Herzens gab Herr von Westhagen der Bitte seiner Tochter nach. Beim Abschied nahm er sie ganz fest in seine Arme, als glaubte er, dass es für sie kein Wiedersehen mehr gab.

»Was auch geschieht, Kleines, denke immer daran, dass ich es nur gut mit dir gemeint habe. Ich habe dich sehr lieb, Manja. Vergiss das bitte nie! Solltest du einmal Hilfe brauchen und ich nicht mehr in der Lage sein, dir beizustehen, dann geh zu unserem alten Doktor Brunner. Er wird dir helfen und immer für dich da sein. Er ist unser bester Freund. Versprich es mir, Kind!«

Manja schlang weinend die Arme um den Hals des Vaters.

»Sprich nicht so, Vati! Es klingt ja fast, als wolltest du Abschied für immer nehmen. Ich gehe doch nicht aus der Welt. Wenn du mich brauchst, komme ich sofort zu dir. Aber Gwendoline hat ganz recht, wenn sie sagt, ich müsse lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich möchte Medizin studieren und hoffe, einmal eine gute Ärztin zu werden.«

»Ärztin, Kind, warum gerade Ärztin?«, fragte der Vater ernst und sah sie durchdringend an. »Denkst du dabei vielleicht an Niki, der doch auch Medizin studiert?«

Eine glühende Röte stieg ihr in die Wangen.

»Kind, du bist später einmal die Herrin auf ,Vier Eichen'«, fuhr der Vater da fort »Hier ist dein Platz, und hier musst du deinen Mann stehen. Besuche eine landwirtschaftliche Schule, lerne alles, was du später einmal brauchst, um ein solch großes Erbe zu verwalten. Du bist eine Westhagen, und die haben bisher nur für ihre Scholle gelebt. Es ist eine große Pflicht und Verantwortung, und für dich wird es doppelt so schwer sein, denn du bist eine Frau. Das Gut aber erfordert einen ganzen Mann, und wie soll Niki dir da eine Hilfe sein, wenn er nichts von alledem versteht?«

»Aber ich liebe ihn, Vati, er hat mein Wort«, stieß Manja heftig hervor.

»Ein Wort, das ihr euch einmal als Kinder gegeben habt«, erwiderte er. »Glaube mir, Kleines, nicht alle Jugendträume erfüllen sich.«

Manja schüttelte energisch den blonden Kopf. Nein, sie wusste es besser. Sie wusste, sie liebte Niki und würde ihn immer lieben. Nichts konnte sie trennen.

So überzeugt sie von ihrer Liebe zu ihm war, so fest glaubte sie an seine Liebe und Treue zu ihr. Sie gab aber dem Wunsch des Vaters nach und studierte nicht Medizin, sondern besuchte eine landwirtschaftliche Schule, um sich auf ihre späteren Aufgaben vorzubereiten.

Über drei Jahre weilte sie in der Stadt. Nur selten fuhr sie nach Hause. Manchmal besuchte der Vater sie, und die beiden verbrachten wundervolle Tage miteinander.

Erschrocken erkannte Manja aber auch, wie sehr der Vater in den letzten Jahren gealtert war. Seine sonst so straffen Schultern waren wie unter einer schweren Bürde nach vorne geneigt. Sein blondes Haar war eisgrau, und um seinen Mund hatte sich ein bitterer Zug eingekerbt.

»Bist du krank, Vati?«, fragte sie ihn besorgt.

Aber er wehrte nur lächelnd ab.

»Nein, mein Kind, mir fehlt nichts. Ich bin nur manchmal so müde. Aber mach dir nur keine Sorgen, es vergeht wieder. Lass nur erst einmal den Sommer kommen, dann wird alles anders.«

Der nächste Sommer kam, aber Westhagen erholte sich nicht mehr. Es war, als ob er innerlich zugrunde ging und ein schwelendes Feuer ihn innerlich verzehrte.

Und nun hatte man seine einzige Tochter heimgerufen. Der todkranke Vater verlangte nach ihr. Es traf Manja wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass der Vater so krank war. Niemand hatte ihr eine Nachricht zukommen lassen, denn dann wäre sie doch unverzüglich heimgefahren.

Und nun saß sie im Zug und fuhr der Heimat entgegen, und in ihr war nichts als eine dumpfe, bange Vorahnung von etwas Schrecklichem, was sie daheim erwartete.

Manja dachte an die schöne schwarzhaarige Frau, die nach dem plötzlichen Tod ihrer geliebten Mutter ihre Stelle im Haus und im Herzen des Vaters eingenommen hatte.

Gwendoline, die schöne Stiefmutter, hatte kein Hehl daraus gemacht, dass die heranwachsende Stieftochter ihr ein Dorn im Auge war.

♥♥♥

Übermüdet von der langen Bahnfahrt, stand Manja auf dem kleinen Bahnhof und sah sich suchend um. Sie fröstelte, denn die abendliche Kühle war unangenehm.

Hatte man vergessen ihr einen Wagen zu schicken? Der Weg bis zu »Vier Eichen« zog sich weit hinaus, und es würde zu Fuß Stunden dauern, bis sie daheim war.

Der Bahnvorsteher kannte das gnädige Fräulein. Er kam schnell näher, grüßte freundlich und bot ihr an, doch in seinem Bahnhäuschen so lange zu warten, bis der Wagen, der sie abholte, eingetroffen war. Dankend nahm Manja sein Angebot an.