Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 589 - Yvonne Uhl - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 589 E-Book

Yvonne Uhl

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Freundschaft seiner entzückenden Tochter Senta mit dem windigen Baron von Rossow ist dem reichen Rudolf von Barring ein Dorn im Auge. Ihm liegen Beweise dafür vor, dass der Baron in großen finanziellen Schwierigkeiten steckt und sich schon häufiger krimineller Methoden bedient hat, um an Geld zu kommen.
Als Senta beim traditionellen Frühlingsball im Schloss wieder nur Augen für André hat, reißt dem Vater die Geduld. Er fordert den Baron auf, sofort das Schloss und die Stadt zu verlassen, anderenfalls werde er ihn ins Gefängnis bringen.
Wutschnaubend verlässt André das Schloss und schmiedet Rachepläne. Schon kurz darauf setzt er diese in die Tat um und bringt unermessliches Leid über die gräfliche Familie ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 139

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Ballgeflüster um Senta

Vorschau (Bild)

Impressum

Ballgeflüster um Senta

Verliebt sie sich in den falschen Mann?

Die Freundschaft seiner entzückenden Tochter Senta mit dem windigen Baron von Rossow ist dem reichen Rudolf von Barring ein Dorn im Auge. Ihm liegen Beweise dafür vor, dass der Baron in großen finanziellen Schwierigkeiten steckt und sich schon häufiger krimineller Methoden bedient hat, um an Geld zu kommen.

Als Senta beim traditionellen Frühlingsball im Schloss wieder nur Augen für André hat, reißt dem Vater die Geduld. Er fordert den Baron auf, sofort das Schloss und die Stadt zu verlassen, anderenfalls werde er ihn ins Gefängnis bringen.

Wutschnaubend verlässt André das Schloss und schmiedet Rachepläne. Schon kurz darauf setzt er diese in die Tat um und bringt unermessliches Leid über die gräfliche Familie ...

Rudolf Graf Barring verstand es, Gesellschaften zu geben, und er verfügte auch über das notwendige Geld.

Welch ein Glanz herrschte auf diesem Frühlingsball!

Der große Saal des alten Barockschlosses war mit Hunderten von Kerzen beleuchtet. Die Tanzfläche war spiegelglatt, und eine hervorragende Kapelle spielte unermüdlich.

Auch Komtess Senta gehörte zu den eifrigen Tänzerinnen.

Die jungen Herren im Smoking aber, die darauf hofften, sie auffordern zu dürfen, wurden enttäuscht.

Senta Komtess Barring tanzte nur mit dem jungen Baron aus dem Elsass, André von Rossow. Jeder, der das schöne Paar beobachtete, bemerkte sofort, dass es sich einig war. So konnten sich nur Liebende ansehen.

Es war der alte Graf Iversen, ein Freund von Graf Barrings verstorbenem Vater, der es offen aussprach.

»Nun wird es sicherlich bald eine Hochzeit geben, nicht wahr?« Iversen lächelte verständnisvoll und zwinkerte dem Grafen zu.

Rudolf Graf Barrings Miene verdüsterte sich.

»Du irrst dich, Onkel Goswin. Senta hat noch nicht gewählt.«

»Aber ich bitte dich!« Der alte Herr lachte. »Das sieht doch ein Blinder. Senta liebt diesen Baron aus dem Elsass ganz offensichtlich.«

»Nein, du irrst dich.« Rudolf Graf Barring warf einen Blick auf die Tanzfläche. »Ich werde diesem Rossow das Haus verbieten. Wie er sich in Sentas Vertrauen geschlichen hat! Einfach empörend!«

»Aber was hast du gegen ihn?«, wunderte Goswin Graf Iversen sich. »Er sieht blendend aus, und Geld wird Senta doch mit in die Ehe bringen.«

»Das ist es ja, Onkel Goswin!«, stieß der Schlossherr hervor. »In meinen Augen ist er nichts als ein geldgieriger Bursche, der eine reiche Heirat machen will.«

»Rudolf! Wie kannst du das sagen! Die Familie Rossow ist angesehen und hochgeachtet.«

»Die Familie schon, aber auch dieser Tunichtgut?«, spottete Graf Barring. »Nein. Ich muss endlich mit der Faust auf den Tisch schlagen.« Er verneigte sich vor dem Älteren. »Entschuldige bitte, Onkel Goswin.«

Graf Barring verließ den Ballsaal und schritt hinüber in die große Empfangshalle. Dort winkte er dem Butler Gerth.

»Gerth, sobald die Kapelle eine Pause hat, suchen Sie bitte Baron von Rossow auf. Sie müssen ihm vertraulich unter vier Augen mitteilen, dass ich ihn um Mitternacht in meinem Arbeitszimmer zu sprechen wünsche. Meine Tochter darf nichts davon merken.«

»Sehr wohl, gnädiger Herr. Ich werde alles zu Ihrer Zufriedenheit erledigen«, versprach der Butler und entfernte sich.

Der Graf sah auf die große Uhr an der Wand unter der geschwungenen, breiten Marmortreppe, die in die oberen Gemächer des Schlosses führte.

Es war vierundzwanzig Minuten vor Mitternacht.

Über hundert Gäste waren zu seinem Fest gekommen. Und man riss sich um die Einladungen auf das Schloss.

Rudolf Graf Barring, als Aktionär an mehreren großen Industrieunternehmen beteiligt, Besitzer von rund zwanzig Werken, die in ganz Europa verteilt waren, galt als vielfacher Millionär. Keiner wusste genau, wie groß sein Vermögen wirklich war.

Dieses Schloss hatte er vor sechs Jahren von einem in Not geratenen Fürsten erworben. Vorher hatte die Familie Barring in einer großen Villa am Stadtrand gewohnt.

Viktor, sein ältester Sohn, arbeitete als sein Nachfolger tatkräftig mit und schien als einziger Einblick in die Vermögensverhältnisse zu haben. Rudolf Graf Barring hatte den Südflügel des Schlosses als Büros umbauen lassen, wo rund um die Uhr gearbeitet wurde.

Ein trauriges Kapitel für Graf Barring allerdings war der jüngere Sohn Olaf. Er hatte sich nie für die Vermögensverwaltung interessiert und sich als miserabler Geschäftsmann erwiesen. Seit zwei Jahren war er mit unbekanntem Ziel verreist. Es kam niemals Post von ihm. Man munkelte hinter vorgehaltener Hand, dass sein Vater ihn in seinem Testament bereits enterbt hätte.

Wie stolz aber war der Schlossherr auf seine Tochter Senta! Bildschön war die Einundzwanzigjährige, anmutig und charmant. Sie war das jüngste der drei Kinder und konnte wie viele Töchter ihren Vater mühelos um den Finger wickeln.

Was die Gräfin Isabell anbetraf, so war auch sie ein Thema, das man besser im Beisein des Grafen nicht berührte.

Sie lebte allein im Ausland und war mit dem stetig wachsenden Reichtum und Prunk der Familie einfach nicht fertig geworden. Die Verpflichtungen hätten sie mürbe gemacht, erzählte man sich.

Als ihre drei Kinder erwachsen waren, war sie aus dem Schloss ausgezogen. Noch immer mit Rudolf Graf Barring verheiratet, bewohnte sie in Paris ein Zweizimmerapartment und lebte nur für die Kunst. Sie modellierte, malte, komponierte und war Mitglied eines kleinen Kammerorchesters, das die Musik als Hobby betrieb und ausschließlich aus vermögenden, finanziell unabhängigen Personen bestand.

Rudolf Graf Barring zog Bilanz, als er schweigend in der Schlosshalle auf und ab ging und darauf wartete, dass es Mitternacht schlug.

Was nützte ihm sein Vermögen? Viktor hätte auch so seinen Weg gemacht. Er war ein nüchterner junger Mann, wusste genau, worauf es ankam, und wenn alles gut ging, würde er in einem halben Jahr die dreiundzwanzigjährige Silberminen-Erbin Adriane Hoff-Bergensen heiraten.

Olaf wäre nicht fortgezogen, und Isabell wäre bei mir geblieben, wenn ich nicht so erfolgreich in Geldgeschäften wäre, durchfuhr es den Grafen, der unter der Trennung von seiner Gattin sehr litt, weil er sie noch immer liebte.

Doch auch das Misstrauen quälte ihn. Ob Isabell ihm wohl untreu war?

Sie war schön. Senta glich ihr. Als der Graf Isabell von Schöningen geheiratet hatte, hatte sie genau wie Senta ausgesehen. Heute war Isabell fünfundvierzig Jahre alt, aber ihre Schönheit war noch strahlender, noch reifer und fraulicher geworden.

♥♥♥

»Sie wollten mich sprechen, Herr von Barring?«

André Baron von Rossow verneigte sich in dem holzgetäfelten Arbeitszimmer vor dem Schlossherrn.

Es war eine Minute nach Mitternacht.

»Weiß Senta, dass ich Sie rufen ließ?«, fragte der Graf knapp.

»Nein, Herr von Barring. Der Butler erklärte, dass diese Unterredung unter uns bleiben soll.«

»Richtig!«

Rudolf Graf Barring umfasste die Gestalt des jungen Mannes mit einem kurzen Blick. Er sah blendend aus in dem nachtblauen Smoking. Sein Gesicht aber war nach Ansicht des Grafen zu weich und zu wenig männlich.

»Setzen Sie sich«, forderte er ihn auf.

Der junge Mann blieb stocksteif stehen.

»Es ist gut, dass wir unter vier Augen sprechen können, Herr von Barring, ich wollte längst schon zu Ihnen kommen und ...«

»Setzen Sie sich bitte.«

Noch immer gehorchte der junge Mann nicht.

»Ich möchte, dass Sie wissen, wie sehr ich Ihre Tochter Senta liebe, und bitte Sie aus diesem Grunde untertänigst um die Hand ...«

»Sie sollen sich niedersetzen, Rossow!«, knurrte der Schlossherr ihn an. »Merken Sie denn nicht, dass ich das, was Sie mir zu sagen haben, gar nicht hören will?«

In den Augen des jungen Mannes zuckte es auf. Er sank in den tiefen Besucherstuhl nieder und richtete seinen Blick auf Graf Barring.

»Es gefällt mir ganz und gar nicht, Herr von Rossow«, begann der Schlossherr scharf, »dass meine Tochter Ihnen fast ausschließlich ihre Zeit widmet. Wenn daraus eine gewisse Zuneigung entstanden sein sollte, so verlange ich von Ihnen, dass Sie sich von Senta zurückziehen.«

Bestürzung machte sich auf dem hübschen Gesicht des jungen Mannes breit.

»Und sollten Sie auf diese gut gemeinte Warnung nicht hören, Rossow«, fuhr der Graf fort, »so kann ich Ihnen unangenehm werden. Mir liegt ein von Ihnen uneingelöster Wechsel vor, auf dem Sie die Handschrift Ihres Vaters gefälscht haben. Ich habe diesen Wechsel gekauft. Außerdem ist mir Ihre Teilnahme an einer Schmuggelaffäre bekannt geworden. Ich besitze die eidesstattliche Erklärung eines anderen Mitwirkenden, die Sie ins Gefängnis bringen kann.«

Alles Blut wich aus den Wangen des jungen Barons.

»Aus diesen beiden Gründen, Rossow, werden Sie sich augenblicklich unter einem Vorwand von meiner Tochter zurückziehen und nie wieder den Versuch machen, sie wiederzusehen. Haben Sie mich verstanden?«

André von Rossow war unfähig, darauf etwas zu entgegnen.

»Meine Tochter ist zwar ein bildschönes Mädchen, doch das ist nicht der wahre Grund für Sie, ihr nachzustellen«, urteilte der Schlossherr hart. »Sie spekulieren auf ihre hohe Mitgift, Rossow. Immer haben Sie in der Vergangenheit versucht, das große Geld zu machen, und Sie schreckten auch nicht vor Gesetzesübertretungen zurück.«

»Sie haben wahrscheinlich ein Vermögen ausgegeben, um sich in den Besitz dieser beiden Beweisstücke zu bringen!«, entfuhr es dem jungen Mann.

»Allerdings. Auf welche Summe sich der Wechsel belief, ist Ihnen ja bekannt, oder kursieren noch mehr solcher Papiere? Ich meine jedenfalls den Wechsel über fünfzigtausend Mark. Für die eidesstattliche Erklärung habe ich fünftausend Mark bezahlt. So viel war sie mir wert. Glauben Sie im Ernst, dass meine Tochter sich an einen Kriminellen binden wird?«

»Ich liebe sie. Ich wollte an ihrer Seite ein neues Leben beginnen.«

Zornig lachte Rudolf Graf Barring auf.

»Kunststück! Mit dem Vermögen, über das meine Tochter verfügen wird, wäre es ein Leichtes, ein neues Leben zu beginnen. Aber das Geld der Barrings wird Ihnen nicht dazu verhelfen.«

André Baron von Rossow stand kraftlos vom Stuhl auf.

»Warum hassen Sie mich so?«, stöhnte er auf.

»Fragen Sie mich das wirklich? Ich muss meine Tochter vor einem solchen Schurken, wie Sie es sind, bewahren. Sentas Urteilskraft ist getrübt, weil Sie sich darauf verstehen, Mädchenherzen zu brechen, Rossow. Sie werden nachher Unwohlsein vortäuschen und sich vorzeitig von diesem Ball zurückziehen. Dann verlassen Sie sofort diese Stadt. Die belastenden Beweisstücke werde ich noch ein Jahr in meinem Besitz behalten. Danach können Sie sie zurückfordern, wenn Sie sich in der Zwischenzeit nicht mehr mit meiner Tochter in Verbindung gesetzt haben.«

André von Rossow lachte spöttisch auf und erhob sich.

»Sie müssen mich für sehr gefährlich halten, wenn Sie sich zu solchen Schritten genötigt sehen!«

Der Graf schwieg. Überlegen und kalt starrte er dem jungen Mann in die Augen.

Schließlich drehte sich André von Rossow um und ging ohne Abschied hinaus.

In der Schlosshalle warf er noch kurz einen Blick in den Ballsaal hinüber. Dann winkte er einem Diener und befahl ihm, der Komtess seine Grüße zu bestellen. Er fühle sich krank und müsse deshalb das Fest schon verlassen, solle er ausrichten.

♥♥♥

Die Augen des jungen Mannes brannten, als er mit seinem Wagen die lange Straße entlangfuhr.

Er musste Senta aufgeben. Tiefer Hass gegen den arroganten Grafen Barring erfüllte ihn.

André nahm sich vor, ihm einen Denkzettel zu verpassen, wenn er auch noch nicht wusste, wie er ihm diese Schmach heimzahlen würde.

Die Gelegenheit, endlich Reichtum zu erlangen, war zum Greifen nahe gewesen. Wie sollte er nun seine Schulden bezahlen? Hatten sie nicht zu Pfingsten Graf Barring vor vollendete Tatsachen stellen und sich verloben wollen – Senta und er?

Zornig grub der junge Mann die Zähne in die Unterlippe. Die schöne, anschmiegsame Senta war ihm als Rettung in der Not erschienen, und jetzt wusste er nicht mehr weiter.

Vielleicht könnte er einen anderen Namen annehmen, sich davonstehlen und es seinen Gläubigern überlassen, ihn zu finden. Auf Campingplätzen oder in zwielichtigen Lokalen musste es ihm möglich sein, sich in den Besitz falscher Papiere zu bringen. Wenn er sich einen Bart wachsen ließ, würde ihn niemand erkennen.

Noch eine andere Möglichkeit, aus seiner Misere herauszukommen, fiel ihm ein: Thea von Schwindt.

Thea war eine Schulfreundin von Senta Komtess Barring. Sie war von Anfang an bemüht gewesen, Senta den Mann auszuspannen. André hatte es amüsiert beobachtet. Thea war längst nicht so schön und reizvoll wie Senta, zweitens besaß ihr Vater nur eine gut gehende Schirmfabrik. Das war zwar auch nicht schlecht, aber Thea würde sich das Erbe einmal mit drei Geschwistern teilen müssen. Sicher, er könnte Thea den Hof machen, aber es würde ihm niemals so viel einbringen wie eine Ehe mit Senta.

Nein, aber besten war es, wenn er unerkannt untertauchte. Zu Hause im Elsass konnte er sich schon lange nicht mehr sehen lassen. Er hatte Hausverbot.

Plötzlich erkannte André Baron von Rossow im Vorbeifahren die Silhouette des kleinen Lustschlösschens, das auch zum Besitz des Grafen Barring gehörte.

Er hatte das gesamte Areal mit Schloss, Nebengebäuden und Lustschloss vor sechs Jahren dem Fürsten Rannowitz abgekauft, um dadurch sich und seiner Familie den richtigen Rahmen zu geben, und das Schloss umbenannt.

Ein Gedanke zuckte in André auf. Er ahnte, dass er Graf Barring empfindlich treffen könnte, wenn das Lustschlösschen zerstört würde. Der Graf war besonders vernarrt in dieses rund gebaute, auf verspielten Säulen ruhende, verschwenderisch ausgestattete Gebäude aus der Barockzeit, in dem es nur vier Räume gab.

Als André darüber nachdachte, sich auf diese Weise an dem Grafen zu rächen, fühlte er sich augenblicklich wohler in seiner Haut. Leise pfiff er vor sich hin.

♥♥♥

Drei Tage später suchte Rudolf Graf Barring die Gemächer seiner Tochter Senta im ersten Stockwerk des Schlosses auf.

»Du machst mir große Sorgen, Kind«, sagte er.

Senta trug ihren geliebten schwarzseidenen Hausanzug, der ihre Schönheit vollendet zur Geltung brachte.

»Was ist los mit dir?«, fragte der Vater besorgt. »Seit dem Ball bist du so verändert. Auch deine Tennisstunden hast du ausfallen lassen! Sage mir doch, was dich betrübt, Senta.«

Das schöne Mädchen ließ den Kopf hängen.

»Du hast es sicherlich längst erraten, Papa. Es handelt sich um Baron von Rossow.«

»Was ist mit ihm?«, fragte der Schlossherr und spielte den Erstaunten.

»Es scheint, als hätte er mir den Laufpass gegeben, Papa.« Senta lachte bitter auf. »Er hat den Ball vorzeitig verlassen und seitdem nichts mehr von sich hören lassen. Er ist abgereist.«

»Abgereist? Ohne dir Bescheid zu geben?«, erkundigte sich der Graf. »Was soll man denn davon halten?«

»Ich weiß es nicht. Da muss ein anderes Mädchen dahinterstecken. Dabei war mit uns alles in Ordnung, Papa. Wir wollten uns zu Pfingsten verloben.«

»Ach, ohne mir vorher Bescheid zu sagen?« Der Graf ließ sich in einen der tiefen Sessel sinken.

»Wir wollten dich überraschen, Papa. Nur Viktor wollte ich vorher informieren«, gestand Senta. »Schließlich bin ich doch mündig, Papa.«

»Hör mir einmal gut zu, Senta«, begann der Graf nun vorsichtig, »ich kann es dir jetzt ruhig sagen, dass mir deine Freundschaft mit Baron von Rossow niemals sehr gut gefallen hat. Ich ließ dich gewähren und hoffte, dass du selbst herausfinden würdest, dass er nicht zu dir passt.«

»Aber Papa, ich liebe ihn!«, entgegnete seine Tochter empört. »Wie kannst du sagen, er passt nicht zu mir? Das muss ich doch schließlich am besten wissen.«

»Natürlich, Senta. Aber er ist so anders als das Bild, das ich mir von meinem zukünftigen Schwiegersohn machte. Außerdem hatte ich dauernd den Verdacht, dass unser Reichtum die treibende Kraft bei ihm war, sich dir zu nähern.«

»Da irrst du dich aber!«, stieß Senta heftig hervor. »André ist nicht geldgierig. Er ist vergnügt und unbekümmert und reißt mich immer so herrlich mit seiner guten Laune mit! Er ist ...«

Der Graf hatte keine Lust, sich diese Lobeshymnen weiter anzuhören.

»Wie verhält sich nun das Verschwinden deines Barons mit deinem Ideal, Senta? Vielleicht beginnst du jetzt doch an ihm zu zweifeln?«, unterbrach er seine Tochter.

»Es muss einen Grund geben, warum er fortgegangen ist. Und ich finde den Grund heraus, das schwöre ich dir.«

Der Graf fühlte sich unbehaglich in seiner Haut.

»An deiner Stelle würde ich zunächst abwarten, ob er sich nicht von selbst meldet«, schlug er vor. »Eine junge Dame wie du sollte einem Mann nicht nachlaufen.«

Senta dachte kurz nach.

»Papa?«, fragte sie ihn dann. »Hättest du etwas dagegen, wenn ich mit meiner Zofe für einige Tage ins Lustschlösschen ziehen würde?«

Graf Barring wurde sofort misstrauisch. Spielte sie ihm etwa eine Komödie vor? Hatte Rossow sie eingeweiht, und wollte sie sich jetzt mit ihm im Lustschloss treffen?

»Warum?«, fragte er.

»Ich möchte auf andere Gedanken kommen!« Senta beugte sich zu ihrem Vater nieder und küsste ihn auf die Stirn. »Bitte, erlaube es doch, ja? Poldi und ich werden uns für vier bis fünf Tage dort einrichten.«

»Das ist wirklich ein merkwürdiger Wunsch.«

»Offiziell bin ich verreist«, sagte Senta. »Bitte, Papa, so sage doch Ja. Falls sich nämlich André doch noch bei mir melden sollte, will ich nicht da sein für ihn.«

Das klang so ehrlich, dass der Graf keinen Moment an der Aufrichtigkeit seiner Tochter zweifelte.

»Also gut«, gab er nach. »Sagen wir von heute an bis zum nächsten Sonnabend. Ich werde bei der Dienerschaft alles Weitere veranlassen. Du kannst noch heute mit deiner Zofe Poldi ins Schlösschen übersiedeln. Nimm aber die beiden Doggen mit, damit ihr Schutz habt.«