Die Zukunft der Gottesanbeterin - Jürgen Kaizik - E-Book

Die Zukunft der Gottesanbeterin E-Book

Jürgen Kaizik

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Beschreibung

Max ist Träumer, Studienabbrecher, Erotiker, unfreiwilliger Drogenkurier und Idealist - wenn auch auf Bewährung. Unvermutet treten zwei Frauen in sein Leben. Die eine: Lucie, modern und erfolgreich, Anwältin. Allerdings scheint ihre steile Karriere durch psychische Störungen gefährdet. Durch einen Zufall konsultiert sie den falschen Psychiater - und alles gerät ins Wanken. Die andere: Dora, eine alte Dame, die wie die Fee im Märchen auftaucht, aber zu bald verstirbt, was sie nicht hindern wird, weiterhin in Max' ­Leben einzugreifen. Aber die Fäden zieht ein anderer: der Staranalytiker Prof. Dr. Jakob Leguan. Eine Tour de Force durch den alltäglichen und unalltäglichen Wahnsinn unserer Welt: schockierend, schräg und spannend.

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Seitenzahl: 325

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Jürgen Kaizik

Die Zukunft der Gottesanbeterin

Roman

Jürgen Kaizik

Die Zukunft der

GOTTES

ANBETERIN

Roman

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

1. Auflage 2015

© 2015 by Braumüller GmbH

Servitengasse 5, A-1090 Wien

www.braumueller.at

Lektorat: Mario Wurmitzer

Coverfoto: © GlobalP | iStockphoto

ISBN der Printausgabe: 978-3-99200-145-3

ISBN E-Book: 978-3-99200-146-0

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

DANKEN

1

INMITTEN VON WIEN liegt der Stadtpark, dorthin dringt das Treiben des Tages wie das Licht durch einen wolligen Schleier aus grünen und rotbraunen Fäden. Es wirft keine Schatten, es besteht aus Schatten. Deshalb saß er dort. Menschen zogen vorbei wie Wolken. Als er aufsah, waren zwei Augen, schamlos nah vor den seinen, forschend auf ihn gerichtet. Hellblaue, wässrige Augen inmitten eines beweglichen Labyrinths aus Falten. Wie lange schon? Keine Ahnung. Eine Alte im Rollstuhl. Kein Traum. Wirklich.

„Junger Mann, darf ich Sie etwas fragen?“

Sie musste mindestens hundert sein, dachte er und schenkte ihr ein nachsichtiges Lächeln.

„Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären das?“

Nach seinen Wünschen hatte schon lange niemand mehr gefragt und jetzt gleich drei. Er zuckte mit den Schultern und lachte. Die wässrigen Augen liefen auf seinem Gesicht hin und her. Er war unrasiert und müde. Sie wartete ab, er wollte sie nicht enttäuschen.

„Ein Job wäre ganz gut …“

„Irgendeiner?“

Was sollte das werden? Ein Verhör. Er sprach den Gedanken nicht aus, sondern spielte artig weiter, wie man ihn das als Kind gelehrt hatte.

„Nun ja, wenig Arbeit, viel Geld.“

Jetzt lachte er nochmals.

Die Alte nickte oder sie vermochte den Kopf nicht länger ruhig zu halten. Aufgeregt hob sie ihre Hand. Sie strecke einen Finger aus, der zweite folgte. Die Nägel waren rot lackiert.

„Und? Zweitens …“

„Eine Freundin.“

Der junge Mann seufzte, im Gesicht der Alten zitterte die Spannung, sie wollte es genauer wissen.

„Irgendeine?“

Diese Frage hatte er sich oft gestellt, in letzter Zeit sogar immer öfter.

„Ja. Wenn sie mir gefällt, irgendeine.“

Der dritte Finger reckte sich fordernd nach oben.

„Und dann?“

„Ach …“

Das war nun doch zu viel verlangt. Er hatte keinen Spaß mehr an dem Spiel. Die Alte sollte verschwinden. Wahrscheinlich war sie aus einem Heim ausgerissen und wurde schon gesucht. Sie hatte kleine, feine Hände, sehr hell, beinahe weiß, mit unzähligen dunklen Flecken. Als ob die Falten im Gesicht nicht genügten. Jetzt drohte sie mit ihrem dürren Finger, es sollte kokett sein und wirkte abstoßend.

„Gut“, sagte der junge Mann, um zum Schluss zu kommen, „am Ende möchte ich wissen, wer das gewesen sein wird, der da sein Leben lang ich, ich, ich gesagt hat. Und jetzt lassen Sie mich bitte in Ruhe.“

Kaum ausgesprochen ärgerte ihn der derbe Ton, denn jetzt war die ganze mühevolle Geduld zuvor vergeblich gewesen. Er trug wieder einmal die Schuld an der Enttäuschung der anderen.

„Können Sie mich ein kleines Stückchen schieben? Mein Akku ist leer und von hier an führt der Weg fast andauernd bergauf.“

Er wusste sofort, dass er nicht ablehnen würde können. Trotzdem zählte er innerlich bis zehn, bevor er nickte und sich seufzend erhob.

SIE HIESS DORA. Prof. J. Leguan hatte sie erkannt, als sie vorher in ihrem elektrobetriebenen Luxusstuhl an ihm vorbeigesurrt war. Vor Jahrzehnten war sie eine Patientin von ihm, genau gesagt, war sie seine erste Patientin überhaupt gewesen. Sie wohnte immer noch ein Stockwerk unterhalb jener Praxis, die er damals eröffnet hatte. Ihre Wahl war also einfach eine naheliegende, und Leguan war nicht der erste und nicht der letzte Psychiater auf ihrer Liste. Überdies hatte er damals blendend ausgesehen, mit langem, welligem, noch dunkelbraunem Haar. Dora war eine unangenehme Patientin. Eine verwöhnte Tochter aus reichem Haus, die reich geheiratet und hysterische Angst davor hatte, frigide zu bleiben. Sie wollte eben nirgends zu kurz kommen. Der Behandlungserfolg war durchschlagend, Leguan dachte aber nicht gerne an diesen Erfolg zurück. Vor dreihundert Jahren hätte man Dora als Hexe verbrannt. Leguan verachtete ohnehin die meisten seiner Patientinnen, auch wenn er gut von ihnen lebte. Sie saugten die Worte von seinen Lippen und hinterher waren sie undankbar und zänkisch. Die männlichen Patienten hingegen zahlten zumeist aus Angst, jemand anderer könnte zufällig ihre Verletzungen entdecken oder die Perversitäten, die sich in ihre unbefriedigten Wünsche mischten. Die einzige Unendlichkeit, der sie sich alle hingaben, Männer und Frauen, war die Grenzenlosigkeit ihrer Eigenliebe. Allmählich verwandelte sich diese in jenen alleszersetzenden Hass, der durch nichts mehr zu besänftigen war. Es war immer zu wenig, es war immer das Falsche, es war niemals genug. Leguan überblickte sie alle und zuckte mit den Schultern. Zuletzt hatte er sich mehr und mehr der reinen Forschung gewidmet nebst seinen zahlreichen anderen Verpflichtungen. Er war ein gefragter Experte für das psychisch Abnorme jeglicher Art geworden, besonders wenn es die Menschen schaudern ließ. Er hieß natürlich gar nicht Leguan, sondern hatte sich die Freiheit zugestanden, einen Künstlernamen zu führen. Immerhin hatte der Beruf eines Analytikers in seinen Augen mindestens so viel von einer Kunst an sich wie von einer Wissenschaft. Insgeheim war es der volle Wohlklang der drei Vokale E – U – A, der ihm ein ungewöhnliches, sinnliches Vergnügen bereitete, dem er sich zu Zeiten hingab wie einem Laster.

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