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Digitale Zusammenarbeit 4.0 – die Gebrauchsanleitung!
Band 2: Praktiken
Wie Teams vernetztes, kollaboratives und asynchrones
Arbeiten geregelt kriegen
Jöran Muuß-Merholz
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197
© 2024 Jöran Muuß-Merholz
Umschlag, Gestaltung und Satz: Jula Henke
Lektorat & Korrektorat: Blanche Fabri, Nicole Hagen, Lotte Merholz
Herausgegeber: ZLL21 – der Verlag | www.ZLL21.de
Verlagslabel: ZLL21 – der Verlag | www.ZLL21.de
Druck und Distribution im Auftrag des Verlags: ZLL21 – der Verlag | www.ZLL21.de,
Schmilinskystr. 45, 20099 Hamburg, Germany
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EIN BUCH:
ZWEI BÄNDE
UND EINE WEBSITE
Liebe*r Leser*in! Dies ist Band 2 einer Dilogie. Der Autor
schlägt vor, dass Sie Band 1 zuerst lesen. Die Inhalte finden
Sie auf der nächsten Seite im Inhaltsverzeichnis.
Band
1
Band
2
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200
DIGITALE ZUSAMMENARBEIT 4.0 –
DIE GEBRAUCHSANLEITUNG!
BAND 1: PRINZIPIEN
von Jöran Muuß-Merholz
ISBN 978-3-384-48293-8
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201
INHALT
Teil 0 – Einstiege: Viele Vorworte
The Way We Work 20
Beipackzettel zum Buch 24
(Kein) Loblied der Zusammenarbeit 30
Asynchrone Zusammenarbeit – Hype Or Hope? 32
Worum geht es in diesem Buch? 36
Teil I – Grundlagen: Fünf zentrale Begriffe
Rahmenbedingungen:
Was ist neu an der digital-vernetzten
Zusammenarbeit? 52
Der grundlegende Begriff:
Was heißt „Pre-Empathie“? 58
Zwei zentrale Begriffe:
Kooperation und Kollaboration 68
Noch zwei zentrale Begriffe:
Koordination und Kommunikation 78
Teil II – Prinzipien: Konzepte und Begriffe
1| Pre-Empathie:
Was mein Gegenüber im nächsten Schritt benötigt 92
2| Arbeitsteilung:
Schnittstellen und Schnittmengen 94
3| Übergaben:
Anpingen, Checklisten und Briefings 102
4| Standards:
Wie man Nachdenken vermeidet 112
5| Kontext:
Explizit statt selbst-verständlich 120
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202
6| Zeitinvestment:
Wie man Zeit spart 128
7| Vertrauen:
Wie ein System of Trust funktioniert 136
8| Zuständigkeit:
Immer genau 1 Person – nie 2 , nie 0 146
9| Finden:
Nicht Sortieren, sondern Suchen und Verlinken 154
10| Aufschreiben:
Du sollst Dir keine Dinge merken 162
11| Notifications:
Automatisches Bescheid sagen 170
12| Zeitreisen:
Mein Zukunfts-Ich ist auch ein Gegenüber 176
13| Balance:
die Soft Skills der Zusammenarbeit 4.0 180
14| Bevormundung:
Ist das Pre-Empathie oder Paternalismus? 186
Teil III – Praktiken: Methoden, Standards und Hacks
A| Dokumente pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für Dateien, Daten & Co.
Das Master-Doc – Dauer-Agenda
und Mammut-Protokoll für Besprechungen 215
Verlinkungen im manuellen Mini-Menü –
die wichtigsten Dinge immer parat haben 233
Kümmerer und Kümmerin – zwischen
Hausmeister und Wachhund 247
Ab hier beginnt
Band 2
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203
Dein Dateiname ist nicht für Dich! 255
Lange Dateinamen und Betreffzeilen sind die Freunde
Deines Teams! Oder: Je größer die Tiefkühltruhe,
desto wichtiger sind gute Etiketten. 261
Verlinkungen konkreter machen –
verweisen auf einzelne Textabschnitte 273
Wer liest hier mit? Kollaborationskreise
sichtbar machen 283
Formulare – ein Loblied auf
pre-empathische Bürokratiemonster 291
Lessons Learned Doc – Akute Dinge für
spätere Auswertung festhalten 303
Die Verteilerseite als digitales Klemmbrett
und Hermines Handtasche mit unaufspürbarem
Ausdehnungszauber 313
Redirects als Abkürzungen plus Wegweiser statt
kryptische und lange Adressen 323
Pre-empathische Hacks für Dokumente,
Dateien & Co. 333
B| Termine pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für Kalender, Besprechungen & Co.
Besprechungen mit Operatoren im
Kalender konkretisieren 349
Tolle Kalendereinträge mit der TOAST-Regel 359
Flipped Meeting – Besprechungen in
asynchrone Vorbereitung plus Treffen aufteilen 367
Exkurs: Warum ich mit „Beratung“ fremdele,
aber „Beratschlagung“ liebe 377
Pre-empathische Hacks für Kalender,
Besprechungen & Co. 381
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204
www.the-way-we-work.de
C| Kommunikation pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für To-dos, Messenger & Co.
Notification-Bewusstsein:
Benachrichtigungen voraussehen 403
Eine statt zehn Notifications – Beispiele von
Trello, Kalender und Textdokumenten 411
Manuelles Ankommentieren und
Notifications einsparen 419
Pre-empathische To-do-Planung –
Checklisten in Trello 427
2000 Nachrichten im Messenger einsparen:
Gruppenkommunikation über Vorschläge
und Sammlungen 439
Sprachnachrichten in der professionellen
Zusammenarbeit – zwischen Blackbox, Ping-Pong
und No-Go 449
Ungewollte Überraschungen in der Kommunikation –
und wie man sie pre-empathisch vermeiden kann 461
Pre-empathische Hacks für die Kommunikation im
Büroalltag 465
Teil IV – Ausblicke: Anfangen und Weitermachen
Wie fange ich mit der Umsetzung an? 479
Bonustrack:
Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine 497
Weitermachen im Web und im Workshop 507
Danke! 511
Das Glossar gibt
es auf der Website
//
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205
Praktiken:
Methoden,
Standards
und Hacks
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206
iii
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OK
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207
EINORDNUNG
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208
WORUM GEHT’S IN TEIL III?
In Teil III dieses Buchs beschreibe ich das Handwerk der
Zusammenarbeit, mit dem wir bei uns im Team die in
→ Teil II beschriebenen Prinzipien und Konzepte in die Pra-
xis umsetzen. Dieser Teil ist mit „Methoden, Standards und
Hacks“ überschrieben. Keiner dieser drei Begriffe trifft den
Nagel auf den Kopf. Man könnte es auch „Prozedere“ oder
„Ideen“ oder „Tipps“ nennen, aber das klingt wahlweise zu
kompliziert oder zu einfach. Ich kenne keinen exakten Be-
griff, also gibt es auch keine griffige Überschrift für Teil III.
Das soll aber niemanden vom Inhalt abhalten, wenn es um
Methoden, Standards, Hacks, Prozedere, Ideen und Tipps für
die Praxis, also: um Praktiken geht.
Die Inhalte sind in drei Bereiche aufgeteilt:
○ A| Dokumente pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für Dateien, Daten & Co.
○ B| Termine pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für Kalender, Besprechungen & Co.
○ C| Kommunikation pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für To-dos, Messenger & Co.
Wie auch sonst in diesem Buch gilt: Manches kann man
direkt nachmachen, vieles muss man an die eigenen Ge-
gebenheiten anpassen, und manches wird man überhaupt
nicht gebrauchen können. Ich habe alles so beschrieben,
dass es nicht zwingend an bestimmte Software oder Funk-
tionen geknüpft, sondern gut übertragbar sein sollte. Und
es baut nichts aufeinander auf, sodass man kreuz und quer
stöbern und springen kann.
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OK
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209
A|Dokumente
pre-empathisch
managen –
Praxis-Tipps
für Dateien,
Daten & Co.
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OK
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210
iiiA
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211
EINORDNUNG
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OK
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212
WORUM GEHT’S IN
ABSCHNITT A?
Es geht um Dokumente und Dateien. In der Hauptsache sind
das bei uns kollaborative Textdokumente, aber vieles geht
darüber hinaus. Es geht um die Inhalte, aber auch darum,
wie man Dateien so organisiert, dass andere (und ich selbst)
sie gut finden können.
Ganz zu Beginn steht das Master-Doc – und damit das
mit Abstand längste Kapitel des gesamten Praxisteils. Beim
Master-Doc handelt es sich um eine grundlegende Ange-
legenheit, die den Arbeitsalltag bei uns sehr stark prägt.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass neue Kolleginnen
das Master-Doc als die stärkste aller Eigenheiten unserer
Arbeits
weise wahrnehmen. Gleichzeitig ist das Verfahren
häufig von Dritten kopiert worden, nachdem sie es in der
Zusammenarbeit kennengelernt haben.
Los geht’s!
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OK
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213
INHALT
A| Dokumente pre-empathisch managen –
Praxis-Tipps für Dateien, Daten & Co.
Das Master-Doc – Dauer-Agenda
und Mammut-Protokoll für Besprechungen 215
Verlinkungen im manuellen Mini-Menü –
die wichtigsten Dinge immer parat haben 233
Kümmerer und Kümmerin – zwischen
Hausmeister und Wachhund 247
Dein Dateiname ist nicht für Dich! 255
Lange Dateinamen und Betreffzeilen sind die Freunde
Deines Teams! Oder: Je größer die Tiefkühltruhe,
desto wichtiger sind gute Etiketten. 261
Verlinkungen konkreter machen –
verweisen auf einzelne Textabschnitte 273
Wer liest hier mit? Kollaborationskreise
sichtbar machen 283
Formulare – ein Loblied auf
pre-empathische Bürokratiemonster 291
Lessons Learned Doc – Akute Dinge für
spätere Auswertung festhalten 303
Die Verteilerseite als digitales Klemmbrett
und Hermines Handtasche mit unaufspürbarem
Ausdehnungszauber 313
Redirects als Abkürzungen plus Wegweiser statt
kryptische und lange Adressen 323
Pre-empathische Hacks für Dokumente,
Dateien & Co. 333
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OK
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214
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OK
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215
DAS MASTER-DOC –
DAUER-AGENDA UND
MAMMUT-PROTOKOLL FÜR
BESPRECHUNGEN
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OK
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216
Ein Master-Doc ist ein zentrales Textdokument für ein
Team oder ein Projekt, in dem Besprechungen dokumen-
tiert werden. Dabei dient ein fortlaufendes, also stetig
wachsendes Dokument sowohl als Notizzettel und Agenda
für zukünftige Besprechungen als auch als Protokoll und
Aushang für vergangene Termine. Das Dokument wird ge-
meinsam und kontinuierlich gepflegt, sodass alle Beteiligten
jederzeit auf dem aktuellen Stand sind und zum aktuellen
Stand beitragen.
tl;dr
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OK
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217
BESONDERS VERWANDT MIT
SCHLAGWORTE
Agenda
Meeting
Aushang Standard
Protokoll Mailanhang Dokument
Doc Koordination Notizzettel
Besprechung
PRINZIPIEN
PRAKTIKEN
Verlinkungen im manuellen Mini-Menü – die wichtigsten Dinge
immer parat haben
Kümmerer und Kümmerin – zwischen Hausmeister und Wachhund
Im Dokument „zu mir hüpfen“
Cursor-Parkplatz
Texte ausgrauen
u.v.a.
Aufschreiben: Du sollst Dir keine Dinge merken
TEIL III: PRAKTIKEN
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OK
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218
WIE STARK VORAUSSETZUNGSREICH
REICHWEITE
WIE STARK PRE-EMPATHISCH
ich alleine
ich und eine andere person
ein Team
die weite welt
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
DAS MASTER-DOC
DAUER-AGENDA UND MAMMUT-PROTOKOLL FÜR BESPRECHUNGEN
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OK
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219
AUSGANGSSITUATION
Worum geht es also? Gesucht wird: ein Weg, um Bespre-
chungen in einem kollaborativ-vernetzten Team abzubilden,
zu unterstützen und teilweise auch zu ersetzen. Dazu ge-
hören typischerweise vor einer Besprechung Einladung,
Tagesordnung und Vorlagen sowie nach einer Besprechung
ein Protokoll, ggf. mit Anhängen. Außerdem braucht es Mit-
tel und Wege, um zwischen zwei Besprechungen Themen,
Ideen, Feedback etc. einzusammeln und zu sortieren. Und
schließlich lassen sich auch einige Besprechungen einspa-
ren, wenn eine Sache ohne gesonderten Termin asynchron
geklärt und am richtigen Ort dokumentiert werden kann.
HERAUSFORDERUNG
(OHNE PRE-EMPATHIE)
Die Arbeit mit Besprechungen lassen sich in vier Phasen
einteilen: Es gibt 1. die Besprechungen selbst, 2. die Zei-
ten vor einer Besprechung, 3. die Zeiten nach einer Bespre-
chung und 4. die Zeiten zwischen zwei Besprechungen. Für
diese Phasen werden üblicherweise unterschiedliche Mittel
genutzt. Vereinfacht gesagt: Vorab wird eine Einladung mit
Agenda verschickt, bevorzugt als PDF-Anhang einer E-Mail.
Während der Besprechung werden bisweilen Dokumente
gemeinsam angeschaut, selten gemeinsam bearbeitet. Im
Nach gang wird ein Protokoll verschickt. Für die Zeit zwischen
zwei Besprechungen gibt es bisweilen gar keine festgelegten
Wege. Falls ich etwas beitragen möchte, wende ich mich
an die Person, von der ich denke, dass sie dafür zuständig
ist. Meist wird die Zeit „dazwischen“ aber gar nicht bewusst
wahrgenommen, stattdessen rückt das Thema erst wie
der
mit der Vorbereitung der nächsten Besprechung auf den
Schirm.
TEIL III: PRAKTIKEN
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220
Selbst falls Agenda und Protokoll nicht als Anhang ver-
schickt, sondern in einem Cloudspeicher verfügbar ge-
macht werden, so ist diese Arbeitsweise im Wesentlichen
nur ein elektrifizierter Nachbau dessen, was Generationen
vor uns schon eingeübt haben.
Die Nachteile liegen auf der Hand:
○ Das Vorgehen zentralisiert die Verantwortung bei
einzelnen Personen. Sie sind für Agenda und Pro-
tokoll verantwortlich, während alle anderen „bloße
Teilnehmende“ sind und sich weniger stark in der
Ver antwortung sehen.
○ Das Vorgehen ist zeitlich unflexibel und langsam.
Bisweilen liegen Tage zwischen der Besprechung
und der Verbreitung des Protokolls. Ergänzungen
und Korrekturen werden, wenn überhaupt, mit ggf.
tagelangen Verzögerungen integriert und zugänglich
gemacht („Protokoll_2_2_überarbeitet_finalfinale _
Version.pdf“).
○ Dem Vorgehen mangelt es an Dynamik und Partizipa-
tion. Selbst in dem Fall, dass ich die Agenda oder
das Protokoll anschaue und eine Idee für eine Ergän-
zung habe, so ist die Hürde hoch, dass ich mich mit
meinem Vorschlag an die zuständige Person wende –
zumal dann das Paket neu geschnürt und verschickt
werden muss.
○ Es fehlen direkte Verbindungen zwischen den Be-
sprechungsdokumenten und sonstigen Workflows,
zum Beispiel zu Arbeitsdokumenten und zur Aufga-
ben-Verwaltung
DAS MASTER-DOC
DAUER-AGENDA UND MAMMUT-PROTOKOLL FÜR BESPRECHUNGEN
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221
LÖSUNG
(MIT PRE-EMPATHIE)
Die Lösung, die wir bei uns im Team entwickelt haben, trägt
den Namen „Master-Doc“, angelehnt an den sprichwört-
lichen allumfassenden „Master-Plan“. Für jedes Team und
jedes Projekt gibt es jeweils ein kollaborativ gepflegtes
Google
-Doc – nicht pro Besprechung, sondern fortlaufend.
Das Master-Doc ist drei Dinge gleichzeitig:
1. Agenda: Vor der Besprechung werden im Master-Doc
Themen aufgeschrieben und Vorlagen verlinkt.
2. Protokoll: Die Ergebnisse der Besprechungen werden
live dokumentiert, gemeinsam und während der Be-
sprechung selbst.
3. Notizzettel und Aushang: Hier können die Dinge geteilt
werden, die genau für diese, sich besprechende Gruppe
wichtig sind.
4. Nichts anderes: Damit das Master-Doc nicht aus-
ufert, gilt: Was außerhalb des Docs passieren kann,
soll außerhalb passieren. Es kann aus dem Master-Doc
heraus verlinkt werden.
Wir haben das Master-Doc in verschiedenen Settings
im Einsatz, z.B. für wöchentliche Team-Besprechungen,
für Zwischentreffen in Projekten (auch mit Externen), für
Mitgliederversammlungen oder Vorstandstreffen im Ver-
ein, zur Koordination einer losen Gruppe von ehrenamtlich
Enga
gierten. Dabei gibt es verschiedene Konstellationen in
Sachen Zuständigkeit: zwischen klarer Projektleitung einer-
seits und gemeinsamer Verantwortung ohne gesonderte
Rollen andererseits. Allen Szenarien ist gemeinsam, dass
es sich um je ein einzelnes Doc (über alle Besprechungen
TEIL III: PRAKTIKEN
//
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OKCancel
222
hinweg) handelt und dass alle Beteiligten kontinuierlich
Lese- und Schreibzugriff darauf haben.
Der Aufbau ist in der Regel immer gleich. In der Haupt-
sache gibt es jeweils einen Abschnitt pro Besprechung.
Oberhalb dieses Hauptteils gibt es zu Beginn des Docs
ei nige übergreifende Abschnitte:
○ Ganz oben steht ein → manuelles Menü mit Links,
zum Beispiel zu einem Online-Besprechungsraum, zu
einem Trello-Projektboard oder zu eng verwandten
Dokumenten.
○ Falls vorhanden, sind dann übergreifende Vereinba-
rungen zum Ablauf der Besprechungen dokumentiert,
zum Beispiel Regeln und Konventionen.
○ Dann folgt ein Abschnitt namens „Next“ oder
„Themen -Parkhaus“. Hier werden Themen und Stich-
worte gesammelt, die bei einer zukünftigen Bespre-
chung – aber noch nicht zum aktuellen oder nächsten
Termin – besprochen werden sollen.
○ Das Datum des nächsten anstehenden Termins, um
dort Themen und Stichworte für diese nächste Be-
sprechung zu sammeln.
○ Bei sich wiederholenden Terminen kann außerdem
eine Kopiervorlage für eine Agenda angefügt sein,
zum Beispiel mit einer vorläufigen Liste von Teilneh-
menden oder sich wiederholenden Themen.
Nach diesem Vorspann folgt dann der Hauptteil, der sich
aus je einem Abschnitt pro Besprechungstermin zusam-
mensetzt. In der jeweiligen Überschrift steht i.d.R. einfach
das Datum. Ein neuer Besprechungstermin wird immer
oben angefügt, sodass mit der Zeit ein abwärts-chronolo-
DAS MASTER-DOC
DAUER-AGENDA UND MAMMUT-PROTOKOLL FÜR BESPRECHUNGEN
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223
gisch sortiertes Archiv entsteht. (Wie gesagt: Alles in einem
Doc. Wenn das ein wöchentlicher Termin ist, dann kann das
mit der Zeit ein sehr langes Doc werden. Das ist so gewollt.)
Diese Zusammenarbeit wird hochgradig pre-empathisch
ausgestaltet. Alle Mitglieder eines Teams können (und müs-
sen!) sich einbringen und zwar so, dass alle anderen die Fra-
gen und Ergebnisse auch in Zukunft nachvollziehen können.
Ein Team denkt in einem Master-Doc gemeinsam – aber nur
für die Inhalte, für die es das Team wirklich braucht. Punk-
te
, bei denen nur einzelne Personen etwas ergänzen oder
nachtragen müssen, können individuell erledigt werden.
TIPPS & FALLSTRICKE
Alle brauchen einen eigenen Rechner
Das Master-Doc kann alle seine Vorteile dann ausspielen,
wenn alle das Dokument nicht nur vor sich sehen, sondern
auch bearbeiten können. Bei Online-Besprechungen ist das
relativ selbstverständlich. In einem Präsenz-Besprechungs-
raum ist die Situation nicht immer gegeben, dass alle Anwe-
senden einen eigenen Computer vor sich haben. In diesem
Fall braucht es zusätzliche Koordination, immer wenn eine
Person ohne Rechner etwas ergänzen oder ändern möchte.
In der Praxis gibt es auch Zwischenlösungen, beispielsweise
wenn einige Teilnehmende das Dokument auf dem Smart-
phone nutzen.
Agenda
Die Agenda wird vor und während (!) der Besprechung ge-
meinsam gestaltet. Alle, die etwas beizutragen haben,
ergänzen ihr Thema in einer Liste. Wir nutzen bei uns dafür
TEIL III: PRAKTIKEN
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OKCancel
224
in der Regel einfach Aufzählungen mit Oberpunkten und
eingerückten Unterpunkten. Nach Möglichkeit wird dabei
schon auf eine sinnvolle Reihenfolge geachtet, aber die
Reihenfolge kann auch „live“ angepasst werden. Das be-
deutet: Das Master-Doc ist auch noch während der Be-
sprechung sehr dynamisch. Wenn jemandem ein zusätz-
licher Punkt einfällt, der besprochen werden sollte, so
kann die Agenda während des Termins ergänzt werden.
Bisweilen übernimmt das Master-Doc auf diese Weise
auch die Funktion einer Rednerliste.
Falls umgekehrt ein Punkt nicht besprochen werden
kann, wird er „auf Next verschoben“, also im Doc einfach
weiter nach oben auf einen zukünftigen Termin verlegt.
Bei regelmäßigen Terminen können sich wiederholende
Strukturen einfach einkopiert werden, wofür wir ganz
oben im Doc eine Kopiervorlage haben. Wenn es um ein
Thema geht, das ein weiteres Dokument verlangt, kann
dieses einfach verlinkt werden, sodass alle das benötigte
Dokument öffnen können, sobald der Punkt an der Reihe
ist (oder wenn sie sich vorab darauf vorbereiten wollen).
Protokoll
In einigen wenigen Projekten haben wir das Protokoll un-
terhalb der Agenda geschrieben, sodass oben Agenda und
unten Protokoll standen. In den meisten Fällen wandeln
wir aber einfach während der Besprechung die Agenda
zum Protokoll um. Das heißt: Im Laufe der Besprechung
werden die einzelnen Punkte von oben nach unten abge-
arbeitet, wobei die zu dokumentierten Dinge einfach als
eingerückte Punkte unter einem Thema aufgeschrieben
werden.
DAS MASTER-DOC
DAUER-AGENDA UND MAMMUT-PROTOKOLL FÜR BESPRECHUNGEN
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225
Bisweilen gibt es Themen, die die einbringende Person
schon vorab für die Agenda so als Text ausformuliert hat,
dass der Abschnitt genau so als Protokoll funktioniert. Bei
anderen Punkten erledigen sich Dinge schon im Rahmen der
Vorbereitung. Beispiel:
1. Nurhan schreibt auf die Agenda: „Nurhan vermisst im
Büro die kleine grüne Box. Welche Anforderungen gibt
es im Team, wenn wir jetzt ohnehin eine neue kaufen
müssen?“
2. Sima liest das schon vorab und kommentiert Nurhan
an: „Das war ein Missverständnis. Ich hatte sie mit der
blauen Kiste eingelagert. Ich suche sie am Montag raus
und lege sie Dir auf den Schreibtisch.“
3. Nurhan freut sich, klärt den Kommentar und löscht den
Eintrag im Master-Doc.
Wie immer beim Protokollschreiben stellen sich auch
beim Master-Doc zwei Fragen: 1. Wer schreibt es, und 2.
wie ausführlich soll es sein? Auf Frage 1 kennt die Welt
genug Lösungen.
28
In Teams, die sehr geübt im kollabora-
tiven Arbeiten sind, ergänzen verschiedene Mitglieder im
Protokoll, schreiben also gemeinsam. Zur Frage 2 nach der
Ausführlichkeit haben wir gute Erfahrungen mit der folgen-
den, pre-empathischen Faustregel gemacht: Das Protokoll
muss nicht mehr und nicht weniger ausführlich sein, als dass
eine beliebige Kollegin, die z.B. wegen Urlaub nicht dabei
sein konnte, im Nachgang alles nachvollziehen kann, was für
sie relevant ist.
28 Meine Lieblingslösung ist: Wer als letztes kommt, muss Protokoll schreiben.
Das funktioniert aber nicht, wenn jemand so sehr zu spät kommt, dass zwi-
schendurch schon eine andere Person protokollieren musste. Deswegen lautet
die etwas bürokratische Lösung: Wer als letztes kommt, muss beim nächsten
Mal Protokoll schreiben. Im Master-Doc ist das auch einfach festzuhalten, weil
es einfach schon für den nächsten Termin im selben Dokument aufgeschrieben
werden kann.
TEIL III: PRAKTIKEN
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226
Bei komplexeren Projekten, Teams oder Themen kann
es sinnvoll sein, dass nicht nur eine Person für die Pro-
tokollierung festgelegt wird, sondern auch eine Person, die
sich dauerhaft für das Doc zuständig sieht. Bei uns heißt
diese Rolle „Doc-Kümmerer*in“ und ist so zu verstehen:
Diese Person muss nicht alle Arbeit in Bezug auf das Doc
selbst erledigen. Aber sie muss im Blick behalten, dass
diese Arbeiten erledigt werden. Diese Person kann auch
als Moderation durch die Besprechungen führen.
Eine wichtige Richtlinie, um das Protokoll nicht aus-
ufern zu lassen, ist das Master-Doc-Subsidiaritätsprinzip.
Wenn Dinge genauso gut oder besser an konkreten Orten
dokumentiert werden können, dann wird im Master-Doc
nur auf diesen konkreten Ort verwiesen und verlinkt. Eine
To-do-Liste, die ohnehin in Trello weiter bearbeitet werden
muss, kann vielleicht noch gemeinsam im Master-Doc er-
stellt werden. Aber dann soll sie ins Trello umziehen. Ein
gemeinsames Feedback zu einem Videoprojekt sollte in
das Doc geschrieben werden, das das Videoprojekt regelt,
nicht in das übergreifende Master-Doc des Teams. Also:
Lieber verlinken als doppelte Strukturen schaffen!
Notizzettel, Rundmail, Aushang
Eine gewisse Gratwanderung ist – wie bei den meisten
Besprechungen – die Frage nach „nachrichtlichen“ Punk-
ten auf der Tagesordnung, also Dinge, die gar nicht be-
sprochen, sondern nur zur Kenntnis genommen werden
sollen. Wir haben recht gute Erfahrungen damit, so etwas
im Zweifel in Besprechungen und damit im Master-Doc
stattfinden zu lassen. Damit ergibt sich zum einen die
Möglichkeit, Dinge eben doch nicht nur zur Kenntnis zu
nehmen, sondern auch nachzufragen. Zum anderen hat
DAS MASTER-DOC
DAUER-AGENDA UND MAMMUT-PROTOKOLL FÜR BESPRECHUNGEN
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227
man so eine Möglichkeit der Bündelung: Statt vier Rund-
mails „an alle“ kann man die vier Dinge beim wöchentlichen
Termin am Stück durchgehen. Hinzu kommt, dass alle wis-
sen, wo sie im Zweifelsfall nachgucken müssen, wenn sie
eine relevante Information suchen – im Master-Doc.
Nichts anderes
Mit all diesen Punkten ist das Master-Doc schon ein eher
ausführliches Dokument. Bei größeren Projekten oder
regelmäßigen Terminen kann es Hunderte von
Seiten um-
fassen. Vor diesem Hintergrund müssen ggf. Vereinbarun-
gen getroffen werden, was alles explizit nicht im Master-Doc
geschieht. In unserer Praxis haben wir insbesondere mit dem
Grundsatz „Verlinken statt Doppelungen“ gute Erfahrungen
gemacht.
Außerdem gibt es die Vorgabe: Im Master-Doc dürfen
gerne vorbereitende Notizen stehen. Wenn diese sich beim
Besprechen vollständig erledigen (also auch für abwesende
Kolleginnen nicht relevant sind), werden sie nach dem Be-
sprechen gelöscht. Ähnliches gilt für die Kommentarfunk-
tion: Kommentare werden nur für temporäre Kommunikation
genutzt und müssen wieder geklärt werden.
ERGÄNZUNGEN & VARIATIONEN
Vom Master-Doc zu den To-dos
Es ist hilfreich, die Besprechungen und damit das Mas-
ter-Doc gemeinsam mit den Schritten zu diskutieren, die
davor und vor allem danach geschehen, insbesondere die
Frage nach To-dos. Das wird je nach Organisation, Team,
Technik und Thema unterschiedlich ausfallen und auch in
TEIL III: PRAKTIKEN
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228
Besprechungen ohne Master-Doc immer wieder Thema
sein. Bei uns gilt:
○ To-dos werden im Master-Doc in violetter Schrift
hervorgehoben und haben immer konkrete Personen
als Verantwortliche.
○ Diese Personen sind selbst für die Überführung in das
To-do-Management-System (bei uns: Trello) zustän-
dig, falls es nicht explizit anders vereinbart wird.
○ Dieses Vorgehen lässt sich gut mit der Silent Finish-
Methode kombinieren. Der letzte Tagesordnungs-
punkt einer Besprechung sieht vor, dass am Ende alle
schweigend am Besprechungstisch bleiben und die
sie betreffenden Aufgaben direkt so dokumentieren,
dass sie damit nahtlos weiterarbeiten können. Bei
uns heißt das: Die To-dos zu Trellokarten umwan-
deln und einsortieren. (Das funktioniert natürlich nur,
wenn alle mit ihrem Computer an der Besprechung
teilnehmen.)
Eine Person, die sich kümmert …
Es kann sinnvoll sein, für jedes Master-Doc eine Person
als → Kümmerer oder Kümmerin festzulegen, die alles rund
um dieses Dokument im Blick behält.
Vorstrukturierende Vorlagen
Das Master-Doc bei unseren Projekten ist fast nur durch
lange Aufzählungen mit verschiedenen Ebenen der Ein-
rückungen strukturiert. Aber selbstverständlich kann man
auch eine stärkere Vorstrukturierung wählen, so wie auch
in anderen Besprechungsvorlagen und Protokollen üblich.
DAS MASTER-DOC
DAUER-AGENDA UND MAMMUT-PROTOKOLL FÜR BESPRECHUNGEN
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