Dimensionen der Wirklichkeit Teil1 - Günther Gold - E-Book

Dimensionen der Wirklichkeit Teil1 E-Book

Günther Gold

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Beschreibung

Was ist Wirklichkeit? Wie entsteht sie? Wer erschafft sie? Wie "wirklich" ist sie? Ist sie die gleiche für uns alle? Wie viel Gestaltungsmacht hat jeder von uns? Und wir alle gemeinsam? – Wie funktioniert das Zusammenspiel von Bewusstsein, Energie, Materie? Von Geist, Seele, Körper? Von Zeit, Raum und den Erfahrens-Dimensionen von Leben und Tod? Der Autor liefert erstaunliche, faszinierende Antworten. Uraltes schamanisches Erfahrungs-Wissen, Erkenntnisse der Neuen Physik und spirituelle Östliche-Weisheitslehren verweben sich zu einer inspirierenden Erkenntnis-Übereinstimmung, die uns einlädt, selbst zu hinterfragen, zu experimentieren und zu gestalten.

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Seitenzahl: 297

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Für Andrea, Anja und Niklas

Günther Gold

Dimensionen der WirklichkeitTeil 1

Nagual-Schamanismus,Neue Physik & Östliche Weisheit

© Günther Gold

2. Auflage – 2022

1.Auflage – 2017 – tao.de

Autor: Günther GoldUmschlaggestaltung: Günther Gold

Umschlagfoto: orion nebula; pcwallart.com; orion-wallpaper-4jpg

weiterbearbeitet durch den Autor

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

ISBN:

978-3-347-55268-5

Softcover

 

978-3-347-55269-2

Hardcover

 

978-3-347-55271-5

E-Book

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

INHALTSANGABE – TEIL 1

Nagual-Schamanismus, Neue Physik & Östliche Weisheit

Vorwort

1. Nagual-Schamanismus

1.1 Schamane – Zauberer – Nagual

1.2 Wahrnehmung und Wirklichkeit

1.3 Die Nagual-Fähigkeiten

1.3.1 Sehen

1.3.2 Pirschen

1.3.3 Träumen

1.3.4 Gestalt-wechseln

1.3.5 Beabsichtigen

1.3.6 Das Doppel (Schilde und Tänzer)

1.4 Nagual-Fähigkeiten als Bausteine der Wirklichkeit

1.5 Die Wirklichkeit – ein Produkt der Aufmerksamkeit

1.6 Die Wirklichkeit als „Kollektive Trance“

2. Die Fünf Schritte des Erwachens

2.1 Das Auslöschen der Persönlichen Geschichte

2.2 Den Tod zum Verbündeten machen

2.3 Die Welt anhalten

2.4 Den Traum kontrollieren

2.5 Die Kraft ergreifen

2.6 Zauberer, Bodhisattva oder Nagual-Schamane?

3. Shamanic Leadership

3.1 Autorität, Hierarchie und Demokratie

3.2 Die Leadership-Masken des Nagual-Schamanen

3.2.1 Die Heiler-Maske

3.2.2 Die Lehrer-Maske

3.2.3 Ritualist-, Zeremonienmeister-, Priester-Maske

3.2.4 Die Visionär-Maske

3.2.5 Der Hüter und Betreuer

4. Dimensionen der Wirklichkeit

4.1 Materie – Geist/Bewusstsein

4.2 Evolution – Involution

4.3 Bausteine – Baupläne / organisch – anorganisch

4.4 Was heißt belebt? – Was ist Leben?

4.5 Morphogenetische Felder

4.5.1 Die 100-Affen-Theorie

4.5.2 Evolution der Erleuchtung?

4.5.3 144.000 Krieger des Lichts?

4.6 Zusammenfassung

5. Die Suche nach der „Weltformel“

5.1 Die String- und die Superstring-Theorien

5.2 Die M-Theorie

5.3 Die Quanten-Loop-Theorie

5.4 Gravitation und Abstoßung? – atmend, pulsen

6. Bewusstsein „erleuchtet“ die Physik der Formeln

6.1 Burkhard Heims’ 6-Dimensionen-Modell

6.2 Querverbindungen zum Nagual-Schamanismus

6.3 Da Draußen – hier Drinnen – Das Ganze / D.Bohm

6.4 Bewusstsein–als „höher-dimensionale“ Wirklichkeit

6.5 Elektronen als „Träger“ des Bewusstseins / J.E.Charon

6.6 Resümee

6.7 Die „Seins-Pyramide“

7. Der Bezug zu Östlichen Weisheitslehren

7.1 Die Weisheit und Botschaft der Upanischaden

7.2 advaita vedanta

7.3 Tantra – ein Weg der Praxis

7.4 Buddhismus und Zen-Buddhismus

7.5 Zen-Buddhismus und Nagual-Schamanismus

7.6 Schamanische und östliche „Wirklichkeit“

8. Das Mysterium von Zeit und Raum

8.1 Weitere Gedanken über Raum, Zeit und Leben

9. Das Kausale – an der Schwelle des Non-Dualen

9.1 Die Battle-Kachinas

9.2 Das Konfrontieren der Dualitäten

10. Die Kunst des Beabsichtigens

10.1 Das Erwirken von Wirklichkeiten

10.2 Aufmerksamkeit erwirkt Wirklichkeit

10.3 Die Kunst des Sowohl-als-Auch – The Great Work

10.4 Nachwort

zitierte Literatur

VORWORT

Dimensionen der Wirklichkeit – Teil 1

Nagual-Schamanismus, Neue Physik & Östliche Weisheit

Für die meisten Menschen ist die Wirklichkeit wohl eine feststehende Tatsache, eine unabhängig von uns bestehende „Da-Draußen-Realität“. Doch Schamanismus sowie die östlichen Weisheitslehren und zuletzt nun auch die Neue Physik gehen davon aus, dass es so etwas wie die „Wirklichkeit da draußen für sich“ so gar nicht gibt, sondern dass das, was wir als die Wirklichkeit erfahren, erst durch unser daran Teilnehmen entsteht. Beteiligt sind dabei jeder Einzelne als Individuum und wir alle als Kollektiv.

Und dafür, wie das „Da-Draußen“ von uns erlebt wird, ist offenbar das „Hier-Drinnen“ verantwortlich; – also unsere Gedanken, Gefühle, Wertvorstellungen, Überzeugungen, die Ebene unserer Bewusstheit – und worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten.

Die Wirklichkeit – alles, was wir erleben und was uns begegnet,

– ist somit eine Antwort auf die Frage, die wir sind – eine Spiegelung dessen, was wir in die Welt strahlen.

Wir reagieren auf die Umstände unseres Lebens und übersehen dabei, dass diese Umstände so sind, weil sie auf uns reagiert haben. So setzen wir einen endlosen Rückkopplungsmechanismus in Kraft, bei dem es kaum oder nur sehr mühsam zu Veränderungen kommen kann. Wir und die Welt und unsere Erfahrungen in der Welt bilden ein sich selbst erhaltendes und sich stets bestätigendes System.

Und so wie das für jedes System gilt, kann auch dieser (Teufels) Kreis wirklich wirkungsvoll und nachhaltig nur von außerhalb des Systems, von einer „höheren“ (Bewusstseins-) Warte aus, durch quasi einen Quantensprung, überwunden werden.

Im Nagual-Schamanismus spricht man in diesem Zusammenhang vom „Spiegel der Selbstreflexion“, den es zu durchschauen und zu zerschmettern gilt. Nur wie können wir – sowohl als Individuum als auch als Kollektiv – das tun? Wie können wir diesen Kreislauf durchbrechen?

Kann es denn wirklich wahr sein, dass wir nicht bloß Opfer von vorgegebenen Realitäten sind, mit denen wir nur mehr oder weniger geschickt umgehen können, sondern dass wir die Umstände unseres Lebens selbst kreieren? Und angenommen, dass dies so wäre, wie können wir das dann bewusster und besser tun?

Dies sind die Themenbereiche, um die es grundsätzlich und vordergründig in diesem Buch geht, und die vielfach erprobten und von mir weiterentwickelten Methoden des Nagual-Schamanismus werden als Lösungsmöglichkeiten vorgestellt.

Letztlich tauchen in diesem Zusammenhang natürlich auch die ewigen philosophischen Fragen auf: „Wer bin ich?“, „woher komme ich?“, „wohin gehe ich?“ und „was ist der Sinn des Ganzen?“ – und natürlich lassen sich diese Fragen erweitern zu: „Wer sind wir?“, „woher kommen wir?“, „wohin gehen wir?“ und „was ist der größere Sinn und Zusammenhang des Ganzen?“ – (und gemeint ist damit durchaus auch das gesamte Universum, der ganze Kosmos).

Und da lässt sich erkennen, dass wir Menschen nicht bloß ein Innen- und Außen-Wesen sind, (ein denkendes, fühlendes und ein physisch in der Welt seiendes Wesen), sondern dass unser Mensch-Sein, sowohl individuell als auch kollektiv, darüber hinaus weit in transpersonale, spirituelle Seins- und Bewusstseins-Bereiche hineinreicht, aus denen heraus sich erst unser erlebtes Innen und Außen entfalten. Wie bewusst wir das erleben und erfahren können, hängt allein vom erreichten Niveau unserer Bewusstseinsentwicklung ab.

Es hat sich für mich im Laufe des Schreibens an diesem Buch, in dem ich vorerst und vordergründig mein Wissen über und meine intensiven Erfahrungen mit toltekischem Nagual-Schamanismus weitergeben wollte, – mehr und mehr die Idee und vielleicht sogar die Notwendigkeit aufgedrängt, durch Querverbindungen zu östlichen Weisheitslehren und so manchen Erkenntnissen der Neuen Physik, das Wissens- und Erfahrungsfeld noch besser verständlich beschreiben zu können.

Wir leben in der spannenden Zeit, wo zum allerersten Mal seit der Vorherrschaft des rationalen Bewusstseins eben dieses rationale wissenschaftliche Denken zu den gleichen Ergebnissen und Erklärungen gelangt, wie sie schon seit Anbeginn der Zeit von vielen Naturvölkern, Schamanen, Mysterien-Schulen und einigen östlichen „Religionen“, wie Brahmanismus, Buddhismus und Taoismus gegeben wurden.

Erkenntnisse über das Entstehen des Universums, des Lebens und über die Bausteine der Wirklichkeit von – mit Nobelpreisen überhäuften – Forschern treffen sich inhaltlich mit den Behauptungen, Mythen und Entstehungsgeschichten uralter Völker und Religionen.

Sehr vieles, was diese anerkannt großen Denker und Wissenschaftler über das Entstehen, die Zusammenhänge und das Funktionieren des Lebens und der Wirklichkeit herausgefunden haben, passt genau mit dem überein, was ich in meiner Nagual-Schamanismus-Ausbildung und -Tätigkeit erfahren habe.

Nagual-Schamanismus ist eine spezielle Form des Schamanismus, bei der es hauptsächlich darum geht, die Vielschichtigkeit des Mensch-Seins und der Welt, in der wir leben, zu erfahren und zu erforschen. Die Wirklichkeit wird nicht als vorgegebene bestehende Tatsache, sondern als ein Bewusstseins-Wirkungs-Feld der kollektiven Übereinstimmung gesehen, das man durch Bewusstseinsentwicklung und dem Erlernen und Anwenden bestimmter Fähigkeiten und Verhaltensweisen durchlässiger und veränderbarer erleben kann. Als Grundlage und Werkzeuge dafür dienen Wissen, Techniken und zeremonielle Erfahrungsmöglichkeiten alter Kulturen, wie vor allem der Tolteken, der Maya sowie auch mancher nordamerikanischen Indianerstämme.

Im Zuge meiner fünfzehn Jahre dauernden intensiven Ausbildung war ich viele Jahre lang für jeweils mehrere Monate in Mittel und Nordamerika unterwegs. Die meiste Zeit davon in den Busch- und Kakteen-Savannen Kaliforniens, Arizonas und New Mexikos sowie in schwer zugänglichen und verfallenen Maya-Tempelanlagen der entlegensten Urwaldgebiete Mexikos und Guatemalas.

Neben dem Erlernen indianisch-schamanischer Heilmethoden war es im Eigentlichen eine Lehrlingschaft bei einem Nagual, eine Ausbildung zum Nachfolger des Naguals; in meinem Fall zum Nagual eines europäischen „Rades der Kraft“.

(Genaueres darüber in Teil 2, Kapitel 7)

Es hat sich im Laufe dieser Ausbildung – und meiner seither weiteren mehr als zwanzig Jahre langen selbständigen „nagualschamanischen Tätigkeit“ – meine Sicht der Welt und meine Einstellung zur Wirklichkeit grundlegend verändert und es entstand eine nicht immer einfach zu überbrückende Kluft zwischen der normalen Alltags-Wirklichkeit, – den Menschen und den Situationen, mit denen ich täglich zu tun habe – und so manchen außergewöhnlichen Seins-Zuständen und Wirklichkeits-Erfahrungen, die ich in einem zugrundeliegenden energetischen Bewusstseins-Wirkungsfeld kennengelernt habe.

Als ich mich aus wachsender Faszination mehr und mehr mit den Erkenntnissen der „neuen Physik“ und insbesondere der Quantenphysik vertraut gemacht habe, – so gut es einem Laien und Nicht-Physiker halt möglich ist, – hat sich diese Kluft zumindest auf „erkenntnis-theoretischem“ Gebiet geschlossen.

Endlich passte alles zusammen – der schamanische Zugang zum Leben und Da-Sein, die Erkenntnisse der östlichen Weisheitslehren und „Religionen“ sowie die Forschungsergebnisse der Neuen Physik. Nur das Denken und Verhalten der Menschen passt nicht zu den Erkenntnissen. Wie kann es geschehen, dass mit Nobelpreisen ausgezeichnete Forschungsergebnisse und Erkenntnisse über die Wirklichkeit und unser menschliches Leben so gar nicht in das Alltags-Bewusstsein und ins Leben der Menschen einfließen?

War das damals vielleicht auch so, als herausgefunden wurde, dass die Erde eine Sphäre ist, dass die Menschen lange an dem Bild der Scheibe festgehalten haben und danach lebten? Wie lange wollen wir noch so tun, als wäre „da draußen“ eine Wirklichkeit, an deren Entstehen wir gar nicht beteiligt sind und für deren Fortbestehen wir überhaupt nicht verantwortlich sind, – eine feststehende Wirklichkeit, mit der wir halt versuchen müssen, bestmöglich fertig zu werden?

In diesem ersten Teil der Trilogie vermittle ich theoretisches Hintergrundwissen des Nagual-Schamanismus und gewähre einen Einblick in die Struktur, die einer „Ausbildung“ im Nagual-Schamanismus zugrunde liegt. Ich stelle das durch so eine Ausbildung entstehende Weltbild den für mich spannendsten Erkenntnissen der Quantenphysik gegenüber, wobei ich noch einmal darauf hinweisen möchte, selbst nicht Physik, geschweige denn Quantenphysik studiert zu haben und mir das entsprechende Wissen nur angelesen habe. Es gibt eine Menge guter fachlicher Literatur, in der man, so man das eine oder andere genauer wissen will, nachlesen kann. Ich habe mir erlaubt, aus einigen dieser Fachbücher zu zitieren, auch mit dem Grund, dass die Quellen meines Informationsstandes nachvollzogen werden können.

… das Wachstum in die Weite und Tiefe, das die mannigfaltigen Wissenszweige seit etwa einem Jahrhundert zeigen, stellt uns vor ein seltsames Dilemma. Es wird uns klar, dass wir erst jetzt beginnen, verlässliches Material zu sammeln, um unser gesamtes Wissensgut zu einer Ganzheit zu verbinden. Andererseits aber ist es einem einzelnen Verstande beinahe unmöglich geworden, mehr als nur einen kleinen spezialisierten Teil zu beherrschen.

Wenn wir unser wahres Ziel (unser gesamtes Wissensgut zu einer Ganzheit zu verbinden) nicht für immer aufgeben wollen, dann dürfte es nur den einen Ausweg aus dem Dilemma geben: dass einige von uns sich an die Zusammenschau von Tatsachen und Theorien wagen, auch wenn ihr Wissen teilweise aus zweiter Hand stammt und unvollständig ist – und sie Gefahr laufen, sich lächerlich zu machen.

Soviel zu meiner Entschuldigung. Dublin, September 1944. …

Erwin Schrödinger, Nobelpreisträger für Physik und Begründer der Quantenmechanik, im Vorwort zu seinem Buch: Was ist Leben?

Es ist mir schon klar, dass ich wahrscheinlich nicht in die Kategorie von Forschern falle, die Erwin Schrödinger als „wir“ und

„uns“ bezeichnete, jedoch was mein unbändiges „Wissen-wollen“ und mein unstillbares Forschen in den verschiedensten Grenzbereichen menschlicher Erfahrungsmöglichkeiten und Bewusstseinsfeldern betrifft, will ich mich schon auch ein wenig angesprochen, mitgemeint und „zugehörig“ fühlen.

Nicht zuletzt auch deshalb, weil das gesamte Wissensgut, das es

zu verbinden gilt, ja seit 1944 – als Schrödinger dies schrieb, – sich nochmals deutlich vervielfacht hat.

Mein Wissen über östliche Weisheitslehren entstammt jahrelangem Studium und der Praxis der Zazen-Meditation und umfasst hauptsächlich tibetische Mystik, die vedische Weisheit der Bhagavad-Gita und der Advaita Vedanta der Upanischaden, den Taoismus und Mahayana-, Vajrayana- und Zen-Buddhismus.

Verlässliche Quellenangaben für die hauptsächliche Erkenntnisschiene dieses Buches, den Nagual-Schamanismus, wie ich ihn kennengelernt habe, anzuführen, ist nicht ganz so einfach. Die Hauptquelle für mich war mein persönlicher Lehrer, der Nagual Tehaeste, sicherlich einer der interessantesten Menschen, die mir vergönnt waren, kennengelernt zu haben. Ähnlich faszinierende und inspirierende persönliche Lehrer, wenn auch in anderen Wissens- und Erfahrungsbereichen, waren Richard Bandler, Eli Jaxon-Bear und Gangaji.

Wenn ich für mein erworbenes Wissen und meine Fähigkeiten auf dem nagual-schamanischen Gebiet als Quelle nicht viel mehr als meinen Lehrer Tehaeste, einen seiner Lehrer Haeste und jahrzehnte-lange praktische Selbsterfahrung alleine sowie in der Arbeit in und mit Gruppen – anführen kann, so mag das auch daran liegen, dass Wissen aus toltekischen oder späteren Maya- und Aztekenquellen traditionellerweise prinzipiell nur mündlich und meist nur 1:1 von Nagual zu „apprentice“ (Lehrling) weitergegeben wurde. Dies hatte mehrere Vorteile – der wichtigste dabei ist wohl, dass so gewährleistet wurde, dass es lebendiges, immer der jeweiligen Zeit und ihren Anforderungen angepasstes Wissen blieb. Und so musste jeder Nagual – und so auch der, von dem ich lernte und in Folge letztlich auch ich – sich der Herausforderung stellen, dass sich das Wissen und vor allem das Bewusstsein der Menschen ständig und in immer schnellerem Ausmaß ändert. Mit dieser Tatsache nicht nur Schritt zu halten, sondern auf möglichst vielen Gebieten in der vordersten Linie der Entwicklung und Erforschung zu Hause zu sein, ist die Herausforderung, der sich ein „Nagual“ stellen muss, so er dem Anspruch gerecht werden will, dabei mitzuhelfen, „neue“ und „bessere“ Wirklichkeiten ins Leben zu träumen.

In der breiteren Öffentlichkeit ist der Begriff „Nagual“ wohl in erster Linie durch die in den 80er-Jahren sehr erfolgreichen Bücher von Carlos Castaneda bekannt geworden. Und so wird ein Leser, der mit Castanedas Werken vertraut ist, einiges auch dort beschriebenes wiedererkennen und so manchen Begriffen wie z.B. „Kontrollierte Torheit“ oder „Die Welt anhalten“ und anderen mehr, wieder begegnen.

Dies ist weiter nicht erstaunlich, da Castaneda und meine Lehrer ihr Wissen teilweise aus der gleichen Quelle, dem Toltekischen Nagualismus schöpften. Der wesentliche Unterschied zwischen meinem und dem Zugang Castanedas besteht darin, dass seine Ausbildung in der „Pirscher-Linie“ und meine in der „Träumer-Linie“ des Toltekischen Nagualismus stattfand. Und so kann es für den einen oder anderen Leser sehr interessant sein, manches von Castaneda Beschriebenes anders gewichtet, aus einem anderen Blickwinkel gesehen und unterschiedlich erlebt, wiederzuentdecken.

Nun konkret zum Inhalt des Teiles 1

In den Kapiteln 1, 2 und 3 beschreibe ich den theoretischen Hintergrund und die zugrunde liegende Struktur des Nagual-Schamanismus sowie die Techniken und Fähigkeiten, die es zu erlernen und zu praktizieren gilt.

Die Kapitel 4 bis 9 sind im Großen und Ganzen mein Versuch, den Phänomenen Materie, Seele, Geist, Bewusstsein, Raum, Zeit, Leben und Wirklichkeit auf den Grund zu gehen, – und ich unternehme dabei auch „Ausflüge“ über die Erkenntnisfelder der „Neuen Physik“ und der „Östlichen Weisheit“.

Für das Geheimnis – des Wechselspiels des „Außen“ und des „Innen“, des „Körperlichen“ und des „Seelischen“ sowie dem darüber hinausgehenden „Geistigen“, – das uns Menschen – als sowohl Innenals auch Außen-– und dieses Innen und Außen transzendierende - Wesen durch unser gesamtes Leben begleitet, – eine endgültig wahre und für alle befriedigende Lösung und Antwort zu finden, ist ja in Wahrheit noch niemandem wirklich gelungen und wird wohl auch von mir nicht verlangt werden. Und doch werde ich mich bemühen, soweit mir das möglich ist, Klarheiten zu schaffen.

Was ich in diesen Kapiteln anbiete, ist eine Art „Gedanken-Meditation“ mit diesen Themen. Ich folge dabei einem Erkenntnisstrang, der sich nach und nach möglichen Erklärungen annähert, und ich hoffe, dass sich die geschätzten Leser und Leserinnen von diesem Strom – einem zugegebener Maßen und durchaus beabsichtigt, ein wenig mäandrierenden Strom – mitnehmen lassen und sich selbst mit-meditierend und mit-denkend vielleicht neuen Erkenntnissen und Möglichkeiten öffnen.

Bei den Kapiteln 10 und 11 werden die Erkenntnisse der vorhergehenden Kapitel mit der nagual-schamanischen „Kunst des Beabsichtigens“ verwoben und es wird aufgezeigt, wie Imagination in Wirklichkeit verwandelt werden kann und wie genau man Wirklichkeit aus höher-dimensionalen potenziellen Möglichkeiten ins Sein „entfalten“ kann – eine Annäherung an das große Thema des „Erwirkens von Wirklichkeit“.

Ich hoffe, durch das Nebeneinanderstellen und Verweben des uralten erleb- und erfahrbaren Wissens des toltekischen Nagual-Schamanismus, – der östlichen Weisheitslehren – sowie der Forschungsergebnisse und Erkenntnisse der Neuen Physik einen umfassenderen, vielschichtigeren Blick auf die „Wirklichkeit“ zu ermöglichen – und dazu beizutragen, dass sich möglichst viele Menschen dazu inspiriert fühlen, sich mutig, kraftvoll, visionär, verantwortungsvoll und bewusst ans Erschaffen ihrer und letztlich damit auch unser aller Wirklichkeit machen.

Noch ein Hinweis

Wegen der eindeutig besseren Lesbarkeit habe ich mich dazu entschlossen, in meiner Trilogie hauptsächlich die noch bis vor kurzem üblichen männlichen Formen (der Lehrer, der Heiler, …) zu benutzen. Die weiblichen Formen sind stets mitgemeint.

Man möge mir glauben, dass mir das Weibliche am Herzen liegt. Ich denke einfach, dass es nichts mit der Ehrung der Frau zu tun hat, wenn man deswegen die Sprache durch Unsinnigkeiten wie - der/die Lehrer/in oder der/die HeilerIn - verstümmelt und unlesbar macht. Ich hoffe, den Lesern und Leserinnen damit gedient zu haben.

1.

NAGUAL-SCHAMANISMUS

1.1 Schamane – Zauberer – Nagual

Da ich in diesem Buch die Begriffe „Schamane“, „Zauberer“ und

„Nagual“ verwende, ist es erst mal nötig, eine – zugegebener Weise völlig subjektive – Kurz-Erklärung der verschiedenen Begriffe vorzunehmen.

Der Schamane – (the shaman)

ist in einem Stammesgefüge eingebunden und ist in einer Person Heiler, Lehrer, Priester, Therapeut, Zeremonienmeister und Wissender, um die für Außenstehende nicht zu erkennenden und somit geheimen Zusammenhänge des Lebens. Er agiert in erster Linie für die Gemeinschaft und ist innerhalb der Gemeinschaft verantwortlich für das reibungslose Zusammenspiel.

Diese Form ist im Allgemeinen das, was Menschen unter Schamanismus verstehen und diese Form gab und gibt es auf der ganzen Welt, im alten Europa, Sibirien, Afrika, Australien, Nord-, Mittel- und Südamerika.

(Auf die genaueren Aufgaben und Wirkungsweisen des „Schamanen“ wird im Kapitel 3 „Shamanic Leadership“ näher eingegangen).

Der Zauberer – (the sorcerer)

ist etwas ganz anderes und mir in erster Linie aus der Tolteken-Tradition Mittelamerikas bekannt. Der Zauberer ist eigentlich eine Art Wissender und Seher, der die Welt auf die „alte Tolteken Art“ sieht und entsprechend in ihr agiert. Der Begriff „Tolteke“ wurde von den Nachfolge-Kulturen der historischen Tolteken, wie z.B. den Azteken – losgelöst von der Kultur und dem Volk der Tolteken – als Bezeichnung für „Gebildeter“, „Künstler“, „Wissender“ verwendet. Jemand, der um die Geheimnisse und Künste des „Pirschens“ und

„Träumens“ wusste, war ein Tolteke. (Weiteres über Pirschen und Träumen in Kapitel 1.3)

Es ergibt eigentlich nicht viel Sinn, den Begriff „Zauberer“ zu verwenden, da dieser Begriff bei uns eine ganz andere Konnotation hat. Jedenfalls ist dieser „sorcerer“ oder „Seher“ ganz und gar nicht im Stammesgefüge eingebunden. Er ist auch gar nicht daran interessiert, andere zu heilen oder für sie den Lehrer, Priester und Zeremonienmeister zu spielen.

Der Seher/Zauberer sieht die Welt radikal energetisch – alles wird als Wechselspiel von Energien wahrgenommen und verstanden. Es geht ihm darum, möglichst viel Energie zu erlangen bzw. zu erhalten. Am besten funktioniert das, indem man möglichst wenig bis keine Energie verschwendet. – Ich werde später noch auf diese sehr einleuchtende und interessante energetische Sichtweise eingehen.

Von der Gemeinschaft wird der Seher (sorcerer oder auch brujo) eher gemieden und gefürchtet. Man achtet ihn ob seiner Fähigkeiten und seines Wissens – aber man will mit ihm besser nichts zu tun haben.

Der Nagual – (the nagual)

ist im Prinzip ein Seher/Zauberer, der seine Kraft hauptsächlich dafür einsetzt, seine „Nagual-Fähigkeiten“ des Sehens, des Pirschens, des Träumens, des Gestalt-Wechselns und des Beabsichtigens zu perfektionieren. Er tut das, um hinter die Wirklichkeit (die kollektive Vereinbarung darüber, was wirklich ist) zu „sehen“ und um andere als die bestehenden Wirklichkeiten zu erträumen, zu beabsichtigen und zu erschaffen; – für sich oder auch für sich und andere bzw. auch mit anderen gemeinsam.

„Nagual“ ist als Begriff am einfachsten zusammen mit seinem Gegenbegriff „Tonal“ begreifbar und erklärbar.

Das Tonal ist Alles – und – das Nagual alles Andere

Mit „Tonal“ wird alles bezeichnet, wofür Menschen schon ein Wort, ein Bild, ein Symbol kreiert haben. Also alles, was wir benennen können und worüber wir uns mehr oder weniger einig sind, dass es existiert. Es wurde aus dem Zustand des „All-Ein-Seins“ als

„Etwas“ herausgehoben, dadurch von anderen Dingen abgetrennt und so in die „Dualität“ geboren.

Mit anderen Worten „Tonales“ wurde aus dem Nagual, dem Möglichkeitsschaum, – wie das unscharfe Gebiet der schier grenzenlosen Wirklichkeitsmöglichkeiten von Quantenphysikern bezeichnet wird, – als wirklich und existent definiert.

In der Terminologie des Physikers und großartigen Denkers David Bohm wäre das Tonal die in der „expliziten Ordnung“ erscheinende „entfaltete“ Teilverwirklichung eines in der höherdimensionalen „impliziten Ordnung“ (des Naguals) „eingefalteten“ Potenzials. (Erklärungen zu all diesen Begriffen folgen später im Kapitel 4).

Bei einigen Indianerstämmen würde man sagen, „Tonales“ wurde schon von Menschen in die Wirklichkeit geträumt. Sorcerer oder Naguals würden sagen „Tonales“ ist schon aus der 5. Dimension, der Traum-Zeit, in viert-dimensional bestimmte Wirklichkeit geträumt und ist so drei-dimensionale Realität geworden.

„Nagual“ ist also im Gegensatz zum Tonal alles, was „erträumt“ werden könnte, es aber noch nicht ist.

Ein „Nagual“ als Person und Lehrer ist folglich erst mal jemand, der erkannt hat, dass das „Tonal“ auch nichts anderes ist als schon erträumtes „Nagual“ – und der andere dabei unterstützt, das auch zu erkennen.

Er ist im Weiteren imstande, „Ausflüge“ in dieses Nagual, in andere Wirklichkeiten, in das unserer Wirklichkeit zugrunde liegende Bewusstseins-Energie-Wirkungsfeld zu unternehmen und solche „Ausflüge“ auch seinen Schülern (Lehrlingen) zu ermöglichen.

Das Ziel ist, das Aufweichen mancher der zu Wirklichkeiten verfestigten Möglichkeiten und das Bewirken neuer Wirklichkeiten.

Aufgrund obiger Begriffserklärungen würde ich mich nicht als „Schamane“ bezeichnen, da ein Schamane seine Arbeit innerhalb einer Stammesgemeinschaft leistet. Meine Arbeit findet, so wie das Wirken eines Naguals, in den Grenzbereichen des Aufweichens von alten und des Entstehen-Lassens und Erschaffens von neuen Wirklichkeiten statt.

Der Nagual wird somit zum (französisch:) „agent d’évolution”, was einerseits „Agens der Evolution“, das wirkende Prinzip, die tätige Kraft, die Substanz, das Mittel, das Evolution ermöglicht bedeutet – und gleichzeitig der „Evolutions-Agent“ ist, der Vermittler, Vertreter und „Spion“ der Evolution.

Ein Nagual hat die Fähigkeit, neue Traumsphären zu entwerfen und nur für sich oder auch für andere – alleine oder – meiner Meinung nach am besten und wirkungsvollsten gemeinsam mit anderen – am Erschaffen neuer brauchbarer Wirklichkeiten zu arbeiten.

Die wichtigsten Bausteine für diese möglichen neuen Wirklichkeitserfahrungen sind die durch Übung und integrierte Erfahrung erworbenen Nagual-Fähigkeiten des „Sehens“, des „Pirschens“, des

„Träumens“, des „Gestalt-Wechselns“ und des „Beabsichtigens“. (Auf diese wird im Kapitel 1.3 näher eingegangen).

Um die Kunst und die Phänomene „Sehen, Pirschen, Träumen, Gestalt-Wechseln und Beabsichtigen“ verstehen zu können, muss man sich vorstellen, dass Zauberer und Naguals in einer Welt leben, wo sie sich stets gewahr darüber sind, dass alles, was uns jetzt sowirklich und real erscheint, nichts anderes als eine – über vieleJahrhunderte von vielen Generationen von Menschen – aus nahezu unbegrenzten Möglichkeiten – ausgewählte, erschaffene mögliche Wirklichkeit ist, die von einer Art kollektiver Übereinkunftaufrechterhalten wird.

Diese erschaffene mögliche Wirklichkeit hätte genauso gut auch ganz anders zusammengesetzt werden können – und kann das (mit genügender Kraft) auch jederzeit anders getan werden.

Spannenderweise stimmt diese Ansicht über die Wirklichkeit vollständig mit den Erkenntnissen der Quantenphysik überein.

Da erzählen uns nicht Science-Fiction-Autoren, Esoteriker oder Schamanen, sondern Nobelpreisträger wie Albert Einstein, MaxPlanck, Niels Bohr, Werner Heisenberg oder Erwin Schrödinger allen Ernstes, dass

… die gesamte Realität auf der Quantenebene eine sprunghafte Unvorhersehbarkeit von möglichen Wahrscheinlichkeiten ist. …

Der Physiker und Nobelpreisträger Niels Bohr, einer der Väter der Quantentheorie, beschreibt die Welt im subnuklearen Bereich:

… als eine Überlagerung aller Möglichkeiten, in der jede Möglichkeit als

Wahrscheinlichkeit nebeneinander bzw. schattenhaft überlagert parallel existiert, bis ein bewusster Beobachter hinschaut bzw. misst und sich so für eine reale Existenz entscheidet und damit die Wahrscheinlichkeitswellen der anderen überlagerten Existenzen zusammenbrechen bzw. verschwinden. …

… Jedes Teilchen befindet sich bis zu seiner Beobachtung in einer nicht realen Zwischenwelt, in der es von einer Unzahl schattenhafter Doppelgänger begleitet wird, welche jede andere Möglichkeit darstellen. …

… Es können also alle Ereignisse, welche eintreten könnten, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit parallel in dieser Zwischenwelt „existieren“, bis sich ein Beobachter für eine Realität entscheidet. …

Diese klugen Köpfe und Nobelpreisträger bezeichnen unsere geliebte Wirklichkeit und alle Materie als

… geisterhaften Schaum von Wahrscheinlichkeiten …

Alles Existente ist also nur ein Möglichkeitsschaum?

… Wer von den Erkenntnissen der Quantenphysik nicht zutiefst schockiert ist, hat sie nicht verstanden Niels Bohr

Man ist sich in den höchsten wissenschaftlichen Kreisen darüber einig, dass erst der Beobachter durch seine Beobachtung – also seine Wahrnehmung – dazu beiträgt, dass sich das Beobachtete „verwirklicht“.

Im Nagual-Schamanismus gibt es den Leitsatz:

attention is power – Aufmerksamkeit ist Kraft

Das bedeutet, dass das, worauf unsere Aufmerksamkeit, – also der Fokus unserer bewussten Wahrnehmung, – gerichtet ist, zu der Wirklichkeit wird, die wir erleben.

1.2 Wahrnehmung und Wirklichkeit

Die Art, wie wir unsere Realität erschaffen beginnt mit unserer Wahrnehmung – und so bedarf es an dieser Stelle vielleicht erst mal einer genaueren Untersuchung des Phänomens „Wahrnehmung“.

Der Begriff soll wohl implizieren, dass es so etwas wie „Wahres“ gibt, dass „genommen“ wird. Also etwas Objektives, was es „da Draußen“ gibt – und das von uns nur (auf)genommen wird. Befasst man sich jedoch genauer mit dem Vorgang der Wahrnehmung, so erscheint die Erklärung, dass beim Wahrnehmen „etwas für wahr genommen wird“ oder sogar „wahr gemacht wird“ viel richtiger und mehr dem tatsächlichen Geschehen entsprechend.

Es werden beim Prozess des Wahrnehmens „Sinneseindrücke“ (visuelle, auditive, kinästhetische, gustatorische und olfaktorische), also von unseren Sinnesorganen Empfangenes (Gesehenes, Gehörtes, Gespürt-Gefühltes, Geschmecktes und Gerochenes) im Gehirn und von unserer Neurologie verarbeitet und dann nach Außen projiziert. Dieser diffizile, blitzschnell vor sich gehende und scheinbar unbeeinflussbare Vorgang wird von uns „ignoriert“ – wir geben ihm keine Bedeutung und verhalten uns so, als wäre das „Wahrgenommene“ ganz ohne unser Zutun „wirklich“ da Draußen.

Wenn man bedenkt, welch dichtes Filtersystem unsere (sogenannte) Wahrnehmung ist – und das auch sein muss, als „Schutzmaßnahme“ vor einer unfassbar großen und anders kaum bearbeitbaren Flut an Information, – dann ist die Annahme, dass etwas von uns „Für-Wahr-Genommenes“ wirklich auch genau so da Draußen existiert, eine recht vermessene Annahme.

… Es gibt kein „dort draußen“, das unabhängig ist von dem, was „hier drinnen“ abläuft.… Fred Alan Wolf

So bleibt die philosophische Idee der „Wahrheit“ wohl unlösbar versteckt in der äußerst kreativen Wechselwirkung zwischen „gedachter Welt“ und einer „äußeren Welt“ (so es eine solche für sich gibt). In der Literatur finden sich gute Metaphern für das Verhältnis zwischen der „Wirklichkeit“ und dem von uns davon „Wahrgenommenen“.

„Die Karte ist nicht das Territorium“ –

Alfred Korzybski: Science and Sanity (1933) – oder

„Die Speisekarte ist nicht die Speise“ –

Sigmund Freud und auch Paul Watzlawick

Ich glaube, wir alle haben diesen Unterschied zwischen der Karte und der Landschaft, bzw. zwischen der Speisekarte und der Speise schon auf die eine oder andere Weise kennengelernt – z.B. in so einer recht alltäglichen, sicher von allen schon erlebten Erfahrung, wie der folgenden:

Man ist alleine irgendwo in der Natur, geht spazieren oder wandern, oder man sitzt oder liegt – völlig egal – vielleicht in einem Wald. Es könnte sein, dass man die Atmosphäre des Waldes und die Stille zu genießen beginnt, – und nach einer Zeit beruhigt sich der Gedankenstrom, das Geplapper im Gehirn wird weniger und weniger – und irgendwie ist es geschehen, dass man – und man weiß auch gar nicht, wie lange schon – an gar nichts dachte und völlig „selbstverloren“ einfach nur „da“ war.

Und dass man eine Zeit lang in einem selbstvergessenen, zeitlosen „All-Eins-Sein“-Zustand war, wird einem erst in dem Augenblick bewusst, wo man nicht mehr in diesem ist, sondern darüber nachdenkt, was da jetzt gerade geschehen war. Man weiß gar nicht mehr genau, wie viel Zeit vergangen ist, man war auf eine magische, kaum zu beschreibende Art „Alles und Nichts zugleich“, man fühlte “sich“ nicht getrennt vom Rest der Welt.

Jetzt orientiert man sich wieder und erkennt, wo man ist. Man sieht die Bäume, benennt sie innerlich als Fichten oder Buchen, sieht die Farne und spürt den weichen Moosboden unter sich. Die „unmittelbare“ Erfahrung von eben erst ist ersetzt durch die

„(für)wahrgenommene“ Erfahrung, Erklärung und Benennung der Welt.

Unsere Wahrnehmung vermittelt dem Gehirn ein extrem vereinfachtes reduziertes Bild der Umwelt, das es ermöglicht, „Alles“ als einzelne, identifizierbare und sauber voneinander abgetrennte

„Dinge“ zu erkennen.

Im Gehirn werden dann diese Bilder noch weiter vereinfacht und mit schon gespeicherten bekannten Abbildern und Mustern abgeglichen. Also „neue“ Eindrücke werden aufgrund schon bestehender Erfahrungen und Erinnerungen eingeordnet und interpretiert.

Die Wahrnehmungspsychologie, eine Wissenschaft, die sich speziell mit diesen Vorgängen beschäftigt, kommt zum Schluss, dass es keine Wahrnehmung vor der Erfahrung gibt. Das bedeutet, dass es „da Draußen“ keine Welt gibt, die von uns nur wahrgenommen werden muss, sondern dass die Welt „da Draußen“ von unserer Wahrnehmung und der Verarbeitung im Gehirn erst so erschaffen wird, wie

wir sie dann erfahren – und dass dieser Vorgang von schon gemachten Erfahrungen und Interpretationen des Individuums abhängt.

Was wir für die Realität halten, ist also nichts anderes als von außen kommende Reize, die von den Tätigkeiten unserer Sinne und unseres Gehirns bearbeitet, verarbeitet und dann wieder nach außen projiziert werden – (gefiltert, verallgemeinert, verzerrt, interpretiert).

Diese Bearbeitung und Verarbeitung besteht, wie schon gesagt, in erster Linie aus Filterung und dabei gibt es drei primäre Kategorien von äußerst wirksamen Filtern:

• Neurologische Filter – (unsere limitierten Sinnesorgane) Was auch immer „da Draußen“ ist, wir benutzen unsere Sinne, um es zu erfassen und unser Gehirn, um es zu organisieren. Und durch die recht begrenzten Möglichkeiten unserer Sinnesorgane können wir nur einen sehr kleinen Ausschnitt von wahrscheinlich unendlichen möglichen Sinneseindrücken erfassen.

Man braucht nur unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten mit denen verschiedener Tiere zu vergleichen.

Adler sehen viel besser, Katzen und Eulen können auch bei Nacht sehen und die Welt der Bienen ist durch ihre Fähigkeit, auch UV-Licht wahrzunehmen, ungleich bunter als unsere. Fledermäuse haben ein untrügliches Radarsystem. Haie und Delphine spüren Bewegungen im Wasser über riesige Distanzen. Hunde können viele Male feiner riechen und jede Zecke ist imstande, genauere Temperaturunterscheidungen zu machen.

(Es ist anzunehmen), … dass nämlich die Funktionen des Gehirns, des Nervensystems und der Sinnesorgane hauptsächlich eliminierend arbeiten und keineswegs produktiv sind. Jeder Mensch ist in jedem Augenblick fähig, sich all dessen zu erinnern, was ihm je widerfahren ist, und alles wahrzunehmen, was irgendwo im Universum geschieht. Es ist die Aufgabe des Gehirns und des Nervensystems, uns davor zu schützen, von dieser Menge größtenteils unnützen und belanglosen Wissens überwältigt und verwirrt zu werden, und sie erfüllen diese Aufgabe, indem sie den größten Teil der Informationen, die wir in jedem Augenblick aufnehmen oder an die wir uns erinnern würden, ausschließen und nur die sehr kleine und sorgfältig getroffene Auswahl übriglassen, die wahrscheinlich von praktischem Nutzen ist. …

Aldous Huxley: Die Pforten der Wahrnehmung – (Er zitiert den Philosophen C.D. Broad, der seinerseits Henri Bergson, franz. Philosoph und Nobelpreisträger für Literatur 1927, zitiert).

• Sozial-genetische – (kulturelle) und individuelle Filter Der kleine Ausschnitt, den wir aufgrund unserer Neurologie und der Beschaffenheit unserer Sinnesorgane wahrnehmen können, wird weiter gefiltert durch unsere Erfahrungen, unsere Kultur, Glaubenssätze oder Einstellungen, Werte, Interessen und Annahmen. Jeder Mensch lebt in seiner einzigartigen Welt, die auf seine Sinneseindrücke und individuellen Lebenserfahrungen gegründet ist, und wir handeln auf der Basis dessen, was wir wahrnehmen: Das ist unser Modell (unsere Karte) der Welt.

Der Filter der individuell getrübten Brille, – die Einschränkungen, die wir aufgrund unserer persönlichen Erfahrungen schaffen, – kreiert für jeden Menschen eine völlig andere Landkarte des Gebietes. Auf der einen Karte ist ein Hund vielleicht etwas, was es unbedingt zu meiden gilt, da man schon als Kleinkind von so einer Bestie gebissen wurde – auf einer anderen Karte ist derselbe Hund ein angenehme Gefühle auslösendes, wunderbares Wesen, da man mit einem besonders gutmütigen Tier aufgewachsen ist, das ein toller Spielkamerad war.

Das stärkste sozial-genetische Filtersystem ist unsere Sprache.

Sie entwickelte sich ursprünglich wohl, damit wir noch besser in einer gefährlichen Umwelt überleben konnten und wurde nach und nach zu einem ungemein sozial verbindenden Element und ermöglichte ein mentales Erklärungsmodell der Welt.

Eskimos haben auf ihrer Landkarte 72 verschiedene Worte und damit Unterscheidungsmöglichkeiten für Schnee. Europäische oder amerikanische Jugendliche unterscheiden auf ihrer Landkarte Dutzende, vielleicht Hunderte Autosorten und -Marken. In Maidu einer Indianersprache Nordkaliforniens gibt es nur drei Worte zur Beschreibung des gesamten Farbspektrums.

… Jeder Mensch ist zugleich der Nutznießer und das Opfer der sprachlichen Tradition, in die er hineingeboren wurde – der Nutznießer insofern, als die Sprache Zugang zu den gespeicherten Informationen über die Erfahrungen anderer Menschen gewährt; das Opfer insofern, als sie ihn in dem Glauben, dieses reduzierte Bewusstsein sei das einzig mögliche Bewusstsein, bestärkt und seinen Wirklichkeitssinn verwirrt, so dass er nur allzu bereit ist, seine Begriffssysteme für gegebene Tatbestände, seine Bezeichnungen für die Dinge selbst zu halten. …

Aldous Huxley: Die Pforten der Wahrnehmung

• Filter unserer Vorstellungskraft – der Imagination

Wir können nicht etwas wahrnehmen, was es in unserer Wirklichkeitsvorstellung nicht gibt!

Auf dieser Tatsache baut sich eine möglichkeitseinschränkende und realitätsgestaltende Rückkopplungsschleife auf: Wir sehen nur, was wir glauben (für möglich halten) – und wir glauben (halten für möglich) nur, was wir sehen. Dieser Mechanismus gewährleistet, dass alles, was wir (für)wahrnehmen und erleben, sich innerhalb einer nicht stark veränderlichen Bandbreite bewegt und die „Wirklichkeit“ als recht beständig und verlässlich erfahren werden kann.

… So wie ein Thermostat jede größere Abweichung von der Wunschtemperatur durch entsprechendes Gegensteuern mit der Heizung weitest möglich kompensiert, sorgt auch unser „Realostat“ – in Gestalt unserer Überzeugungen – dafür, dass jede allzu starke Abweichung unserer Wahrnehmung von der „Sollgröße“ (der Welt an die wir glauben), durch entsprechendes Gegensteuern in Gestalt von Zweifeln und Unglauben wieder

„abgedämpft“ werden. Unser Glaubenssystem hält uns zuversichtlich auf unserer selbst definierten Fahrbahn durch den Möglichkeitsraum und sorgt dafür, dass wir keine allzu scharfen Kurven nehmen. Damit verändert sich die Welt, die wir erleben, immer nur im Rahmen dessen, was wir für möglich halten.… Jörg Starkmuth: Die Entstehung der Realität

Wahrnehmung und Wirklichkeit noch einmal zusammengefasst:

Was wir da draußen wahrnehmen in der physischen Welt, ist nicht das, was es zu sein scheint. Alles ist viel weniger solide und materiell, als wir glauben. Nichts da draußen ist starr und beständig, alles ist in Veränderung, in Verbindung untereinander und mit uns. Nur vom Gesichtspunkt der drei-dimensionalen Realität ist es getrennt von uns, in der Zeit eingefroren und erscheint fix. Feste Objekte sind ganz und gar nicht fest und erscheinen nur unseren Sinnen so. Alles, was wir wahrnehmen, ist nur ein vergänglicher Moment, ein flüchtiges Aufblitzen, eine erhaschte Ahnung einer von unserem drei-dimensionalen Sein nicht erfassbaren höherdimensionalen Wirklichkeit.

Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als zu erkennen, dass alles im Universum sich in ständiger Veränderung befindet und alle Formen von Materie, egal welcher Größenordnung sie zuzuordnen sind, – kosmisch, menschlich oder subatomar, (also dem Makro-Kosmos des Universums, dem Meso-Kosmos unseres menschlichen Wahrnehmens und Wirkens oder dem Mikro-Kosmos der Quanten und Elementarteilchen) – von der Absicht des Beobachters erschaffen und aufrechterhalten werden.

… Unsere Wahrnehmung der Welt als feste Materie ist so etwas wie das Betrachten eines holografischen Bildes. Es ist nicht wirklich da draußen, aber es wird da draußen kreiert durch den Prozess der Beobachtung …

… Die Realität, wie wir sie wahrnehmen, ist nicht einfach da draußen in Raum und Zeit, sondern irgendwie in den Raum und die Zeit hineinprojiziert, durch unsere Aktivitäten eine „Da-Draußen-Realität“ wahrzunehmen. …

Fred Alan Wolf: The Dreaming Universe – (Übersetzung des Autors)

Also –

Es gibt keine Wirklichkeit ohne Wahrnehmung der Wirklichkeit. Das Universum scheint nicht unabhängig von unserer Beobachtung zu existieren und wird erst durch diese definiert.

Die Wirklichkeit – das Universum – braucht bewusste Beobachter.

Diese Erkenntnis und die wirklich schwer anzunehmenden und in ihren Auswirkungen kaum akzeptierbaren Folgen werden durch die folgenden zwei Aussagen trefflich auf den Punkt gebracht:

… Wir wissen heute, dass der Mond nachweislich nicht vorhanden ist, wenn niemand hinsieht. ... David Mermin; Physiker, (Festkörperphysik und Quantenmechanik).