Doppel t Leben - Manuel Sandrino - E-Book

Doppel t Leben E-Book

Manuel Sandrino

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Beschreibung

Lu (Luon Logroño) ist mit seiner Mutter zusammen der einzig Überlebende eines Massakers rivalisierender Drogenkartelle in Kolumbien. Er flüchtet nach Venezuela, wo er aufwächst. Nach seinem Psychologiestudium kommt er in die Schweiz. Auch nach drei Jahren bleibt er arbeitslos. Bei einem Ausflug nach Lausanne begegnet ihm der lustige Frederick, der kürzlich seinen Job verlor. Nach einem Reitunfall wird Lu von Ray, einem Chiropraktiker, massiert, der ebenfalls bald ohne Job ist. Die drei Arbeitslosen entdecken ihre Zuneigung füreinander und wollen etwas Sinnvolles aus ihrer Zukunft machen. Lu übernimmt die Führung. Er gibt ein Inserat auf, das sich an schwule Männer richtet: Wer bin ich, wenn ich nicht mein Job bin? Welches Doppelleben will ich ins Licht zerren? Welche Stärken warten darauf erweckt zu werden? Fast zweihundert Kerle melden sich. Lu startet mit sieben Kandidaten sein Experiment. Dabei treten nicht nur die heimlichen Doppelleben der Teilnehmer ans Tageslicht, sondern auch etwas Unerwartetes – ein doppeltes Leben. Lu und seine neuen Freunde stürzen in ein Reich, das lange nach seinem Untergang von den Azteken Teotihuacán genannt wurde, was so viel bedeutet wie: Wo man zu einem Gott wird. Liebesbeziehungen und Machtkämpfe zwischen den uralten Göttern, ihren Priestern und Herrschern überschatten fortan die Gegenwart der Selbsthilfegruppe. Überlebt Lu ein weiteres Gemetzel?

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Manuel Sandrino

Doppel-t-leben

Von Manuel Sandrino bisher erschienen:

„Am Quell der Weisheit“

ISBN print: 978-3-86361-602-1

„Eros‘ Flüstern verändert alles“

ISBN print: 978-3-8636-1585-7

„Was der Wind nicht verwehen kann“

ISBN print: 978-3-8636-1545-1

„Nackte Geheimnisse“

ISBN print: 978-3-8636-1482-9

„Apollon und Mercury – Einer muss sterben“

ISBN print: 978-3-8636-1385-3

„Apollon und Mercury – Wahre Träume leben“

ISBN print: 978-3-8636-1379-2

„Selbstverständlich schwul!“

ISBN print: 978-3-8636-1524-6

Alle auch als E-Books erhältlich!

Himmelstürmer Verlag, Kirchenweg 12, 20099 Hamburg,

Himmelstürmer is part of Production House GmbH

www.himmelstuermer.de

E-Mail: [email protected]

© Manuel Sandrino; Originalausgabe, Juli 2018

© Himmelstürmer Verlag

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

Rechtschreibung nach Duden, 24. Auflage.

Coverfotos: shutterstock.

Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer AGD, Hamburg. www.olafwelling.de

Nach dem Entwurf und der Idee von Manuel Sandrino

E-Book-Konvertierung: Satzweiss.com Print Web Software GmbH

ISBN print 978-3-86361-644-1

ISBN epub 978-3-86361-645-8

Widmung

Für alle, die ahnen, dass dieses Leben nicht das einzige ist.

Für alle, die ihr Doppelleben nicht einsam und heimlich ausleben.

Für alle, die aus jeder sich bietenden Situation das Beste machen.

Für alle, die niemals aufgeben.

Vorwort

Wann fängt das eigene Leben an und wann endet es? Wir alle werden geboren, reifen, altern und sterben. Doch was passierte davor? Was geschieht danach?

Wie verhält es sich mit Lebensabschnitten, Beziehungen oder Arbeitsplätzen? Was kann ich tun, wenn einer oder mehrere dieser Abschnitte endet? Wie finde ich neue Ideen für die Zukunft? Wie geht es weiter? Wie überwinde ich die Angst vor Veränderungen? Schlummert in mir gar ein verborgenes Doppelleben, das sich wie ein unruhiges Tier in seinem Käfig zu regen beginnt, um auszubrechen?

Unsere Träume sind Schätze von unermesslichem Wert. Doch kaum einer schenkt ihnen Beachtung. Können Träume Fenster in längst vergessene Epochen der Menschheitsgeschichte öffnet?

Luon Logroño steht an einer Wegkreuzung. Sein altes Leben funktioniert nicht mehr. Er muss sich nicht nur mit seinem geheimen Doppelleben auseinandersetzen, sondern auch mit einem doppelten Leben. Wer siedelte vor bald 20.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung im mesoamerikanischen Raum? Wer waren die Vorfahren der Maya? Die Forscher sind sich diesbezüglich nicht einig. Die Azteken nannten die Pyramiden-Stadt, die sie vor Jahrhunderten nördlich von Mexiko-City entdeckten, Teotihuacán. Der Name bedeutet: der Ort, an dem Götter gemacht werden. Als Luon dort im Traum dem nackten Mann mit der Sonne auf dem Kopf in einem verschütteten Tempel begegnet, tauchten kurz darauf Weggefährten von damals im heutigen Leben wieder auf.

Erschaffen wir doch alle letztlich durch unsere Handlungen unsere Zukunft? Bleibt keine Tat ohne folgen?

Mörder und Marder

Lausanne. Drei Uhr in der Früh. Wo liegt mein Hotel? Muss ich weiter den Berg hochkraxeln oder mich tiefer Richtung See halten? Ich habe mich verirrt. Mein ganzes Leben ist ein einziges Labyrinth aus Möglichkeiten. Was soll ich als nächstes mache? Ich bin das Flüchten so satt, das ewige Verwischen von Spuren, das Leben mit immer neuen Identitäten und dem Umziehen. Oft vermisse ich Venezuela, wo ich Psychologie studierte. Meine Mutter und ich lebten dort in ärmlichen Verhältnissen, aber wir waren oft glücklich. Und heute? Seit ich das Vermögen meines Vaters geerbt habe, tauchen wir wieder unter. Taugt die Schweiz als sicheres Versteckt?

Jetzt ist kein Mensch zu sehen. Passierte ein Massaker? Gab es auch hier einen Blitzkrieg? Kaum denke ich an Krieg, erinnere ich mich an meine ermordeten Cousins, Onkel, Tanten und Großeltern. Sofort sitze ich in Gedanken wieder auf dem Fußboden unserer Villa in Kolumbien, weine und werde von meinem Vater in einem Wandschrank versteckt. Ich fühle abermals, wie mein Vater mir Felicidade, mein geschnitztes Wildschwein, mit dem ich so gerne spiele, entreißt und mir dafür Paz, die lustig bemalte Giraffe, reicht. Er verriegelt danach die Schranktür von außen und überlässt mich meinem Schicksal. Im Schrank ist es finster. Der Lärm, aus einer Mischung aus Maschinengewehrfeuer, entsetzlichen Schreien und das Flehen meiner Verwandten, paralysiert mich. Die Angst lähmt mich. Eine Wand stürzt ein. Mein Vater öffnet wieder den Schrank, schiebt mir Felicidade in meine linke Hand und spricht mit hypnotischer Stimme: „Luon, du darfst Felicidade und Paz niemals verlieren! Eines Tages werden sie dir den Weg weisen. Halte sie fest, egal was passiert! Jetzt höre auf zu weinen und sei ein Mann!“

Das passierte vor achtzehn Jahren. Mein Vater starb in jener Nacht. Wie es meiner Mutter gelang mit mir aus der belagerten Villa zu entkommen und danach tagelang über die nördlichen Anden bis nach Venezuela zu flüchten, bleibt zum Glück meinen Erinnerungen verborgen. Ich weiß nur noch, ich ließ Felicidade und Paz auf der langen Reise niemals los. Meine Mutter und die beiden geschnitzten Holztiere sind das Einzige, was ich aus jenem abgelegten Leben retten konnte. Und da ist seit kurzen noch der Fonds, den mir mein Vater schon bei meiner Geburt eingerichtet und danach jahrelang gefüttert hatte. Vor drei Jahren, an meinem zwanzigsten Geburtstag, reiste meine Mutter mit mir zur Bank in George Town auf den Cayman Islands. Sie riet mir, das Vermögen in die Schweiz zu transferieren. Ich tat es. Wir folgten dem Geld und flogen nach Zürich. Dort verteilte ich mein Vermögen auf weitere Schweizerbanken. Meine Mutter und ich versteckten uns danach für ein paar Monate in Basel in der Nordwestschweiz an der französischen und der deutschen Grenze gelegen. Wegen dem ständigen Drängen meiner Mutter einen Teil des Geldes in Immobilien zu investieren, kaufte ich mir in Basel ein Haus. Basel, so behauptete sie, sei ein neutraler Fleck in dieser kriegerischen Welt, international vernetzt, sehr kulturell und gerade groß genug, um sich in der Stadt nicht zu langweilen.

Jetzt irre ich durch Lausanne. Entschieden schiebe ich die Trauer und die Angst beiseite. Leider gelingt mir das nicht wirklich. Grübeln spaziere ich durch die fremde Stadt in der französischen Schweiz. Gerade jetzt, trotz der Schrecken, fehlt mir Cartagena de Indias in Kolumbien. Dort wurde ich geboren und lebte ich bis zum Massaker. Neue Erinnerungen an eine schöne Kindheit blitzen farbenfroh in meinen Gedanken auf und verdrängen Mord und Totschlag. Ich tanze durch die kolumbianische Hafenstadt und streife mit meinen Eltern zusammen durch die koloniale Altstadt mit ihren buntbemalten Häusern in Kanariengelb, fruchtigem Orange, lächelndem Hellgrün und dem Blau der karibischen See. Ich sehe überdachte Holzbalkone wie auch mit Fluten von blühenden Blumen überwachsene, so üppig und bunt, dass mein Herz sofort schmerz. Jene Farbenpracht ist mir seither in keiner anderen Stadt wieder begegnet. Wo sonst, als in der Karibik, tanzen Männer und Frauen auf den Straßen in Kostümen noch schriller in der Farbigkeit, als die der wilden Papageien? Oh wie vermisse ich die Musik, das Rascheln der Wedel der Kokospalmen oder das Rattern der Holzräder der Kutschen auf den kopfsteingepflasterten Straßen. Aber in Cartagena de Indias gibt es für mich keine Farben und kein Glück mehr. Erfährt ein Spitzel der Bacrim, dass ich damals überlebte und das Erbe meines Vaters vor wenigen Jahren an mich überging, ist mein Leben keinen kolumbianischen Peso mehr wert. Heute weiß ich, dass mein Vater kein Held war, der gegen das Böse kämpfte. Er war einer der Big Bosse im Drogenhandel und sehr aktiv im Smaragd-Schmuggel tätig.

Ich schüttle mich und versuche auch diese Erinnerungen loszulassen. Mein Leben ist heute anders. Zwischen Häuserfronten hindurch kann ich weit unter mir den See als schwarze Fläche wahrnehmen. Mondlicht tanzt darauf. Ich schätze, dass ich mich auf mittlerer Höhe von Lausanne befinde. Schon nach der nächsten Kurve ist die Weitsicht verbaut und damit auch jede Orientierung wieder verschwinden. Abermals irre ich durch enge Gassen und verlassene Straßen. Mein Leben ist total ätzend!

„¡Buenos noches!“, begrüßt mich ein rothaariger Mann in einem schwarzen Mantel. Er ist seit mindestens einer Stunde der erste Mensch, der mir hier begegnet. Sein Akzent erinnert mich an Venezuela, warum ich ihn danach frage. Er nickt, sieht mir in die Augen und stellt trocken fest:

„In Caracas bist du mir entwischt. Gib mir, was du gestohlen hast!“

Augenblicklich vermute ich in ihm ein Mitglied aus dem Úsuga Clan. So schnell ich kann, sprinte ich in eine Seitengasse und den Hügel hoch. Bei jeder Abzweigung wechsle ich die Richtung. Mein Herz rast. Ich kriege kaum noch Luft vor Angst und Anstrengung. Erst, als ich bestimmt zehn Minuten geflüchtet bin, verstecke ich mich hinter einer Esche und spähe in die Nacht nach dem Verfolger.

Eine Stunde später, immer noch angstvoll herumschleichend, erreiche ich eine Kreuzung. Sie kommt mir bekannt vor. Bewege ich mich im Kreis? Ziellos suche ich weiter nach dem Weg ins Hotel. Mutig nehme ich die Straße, die am unheimlichsten aussieht. Am Ende davon, an einer weiteren Kreuzung steht eine Ampel auf Rot. Kein Auto und kein Mensch sind weit und breit zu sehen. Ich warte trotzdem. Plötzlich streift etwas mein Bein. Vor Schreck hätte ich beinahe aufgeschrien. Da sitzt ein Marder neben mir und lehnt sich an mein Schienbein.

„¡Hola, Amigo!“, begrüße ich den Marder.

In der Ferne höre ich einen Kauz.

Als die Ampel auf Grün umschaltet, flitzt der Marder über den Zebrastreifen und springt auf der anderen Straßenseite flink auf eine Mauer, um sich dahinter an einem Maschendrahtzaun fest zu krallen. Neugierig folge ich ihm und stelle mich neben ihn. Der Nager ignoriert mich und fokussiert die Gleise unter uns. Plötzlich spitzt er seine Ohren. Ein Zug nähert sich langsam der Brücke auf der wir beide warten. Das Tier wechselt seine Position und sieht wieder nach unten. Es sind bestimmt zehn Meter bis auf die Schienen. Stürzt sich das Tier gleich vor den fahrenden Zug, um seinem Nager-Dasein ein jähes Ende zu setzen? Wagon um Wagon rattert unter uns vorbei. Als ein offener, mit Sand beladener unter der Brücke durchfährt, wird der Marder nervös. Ein erstes Mal blickt er sich nach mir um, als ob er mich fragen wollte: Bereit? Er stößt sich ab und springt auf den fahrenden Zug auf. Er landet sicher auf dem Sand. Mit seinem Blick nach vorne gerichtet, stellt er sich auf seine Hinterbeine und fährt seiner neuen Destination entgegen.

Kopfschüttelnd kann ich kaum fassen, was gerade passierte. Weist mir das Tier den Weg? Ich finde einen Pfad nach unten und folge den Schienen bis zum Bahnhof, von wo aus ich mich wieder an den Rückweg zum Hotel erinnere.

Nachts um halb fünf Uhr weiß ich plötzlich, was ich zu tun habe. Ich muss Lausanne verlassen! Mein Zug wird kommen. Ich muss nur den richtigen Moment abwarten, um aufzuspringen. Verschwinde ich zu früh, überrollt mich das Leben. Zögere ich, weil mir der Mut fehlt, kriegt mich der Verfolger zu fassen oder ich bleibe hier im Kielwasser meiner Mutter hängen.

Der lustige Verrückte im olympischen Museum

Die nächsten Tage hänge ich weiter in Lausanne ab. Mein Zug will einfach nicht kommen.

„¡Mi carazón, Luon!“, ruft mir meine Mutter aus der Hotel Lobby zu. „Wir müssen los, das Taxi wartet!“

„Ich komme nicht mit!“ Ich schiebe meinen Frühstücksteller von mir und winke dem Kellner, mir noch einen Kaffee zu bringen.

„Luon, Albert hat ein wirklich schönes Anwesen entdeckt.“ Meine Mutter gesellt sich kurz zu mir an den Tisch.

Ich spähe auf die herrliche Aussicht auf den See. Endlich sage ich: „Mir ist heute nicht wohl!“ Das ist eine Lüge. „Ich werde mich irgendwo an den See setzen, lesen und über meine Zukunft nachdenken.“ Auf einen weiteren Tag mit meiner Mutter und ihrem neuen Mann habe ich keinen Bock.

„Bist du zum Abendessen zurück?“ Meine Mutter zerzaust meine schwarzen Haare und stöckelt danach in High Heels und einem bunten Sommerkleid an mir vorbei aus dem Speisesaal des Hotels.

„Keine Ahnung! Ich will mich einfach treiben lassen“, rufe ich ihr nach.

„Albert und ich fliegen heute Nacht nach Rom.“

„Nein!“ Energisch winke ich ab. „Ich bleibe hier in der Welschen Schweiz.“

„Luon, mach was du willst! Albert wird am Montag in Basel erwartet. Wir fliegen von Rom direkt dahin. In einer Woche sollten wir zurück in Lausanne sein. Schicke mir eine SMS mit deinen eigenen Plänen. Liebling, ich muss los!“

„Ja, mache ich!“

Meine Mutter bindet sich ein leuchtend oranges Tuch um die Schulter und spaziert davon. Sie sieht für Mitte Vierzig noch immer sehr attraktiv und jung aus. Geld bietet Vorteile.

Kaum ist sie mit Albert zusammen mit dem Taxi weggefahren, trinke ich meinen Kaffee aus und eile in mein Zimmer hoch. Es verspricht ein warmer Frühlingstag zu werden. Zu einer künstlich zerschlissenen Designer Shorts und einem über dem Bauchnabel abgeschnittenem T-Shirt brauche ich nur noch Turnschuhe, etwas Geld und eine Sonnenbrille.

Ziellos schlendere ich den Hügel runter bis nach Ouchy und folge der Seepromenade. Der LacLéman, wie der Genfer See hier genannt wird, lädt schon ein paar Verrückte zum Baden ein. Mir ist es dazu viel zu kalt. In der Karibik aufgewachsen, bereue ich es sogar, keine Jacke dabei zu haben. Weil ich aber keine Lust zur Umkehr verspüre, jogge ich in der Morgensonne, um mich aufzuwärmen.

Grübelnd denke ich wieder an den Marder und seinen Zug. Werde ich meinen eigenen Zug erkennen, wenn ich ihn sehe? Auf der anderen Seeseite türmen sich die französischen Alpen mit steilen Felswänden. So früh morgens sind kaum Leute unterwegs. Mir begegnen nur Mütter mit spielenden Kindern und alte Leute mit Gehhilfen. Irgendwann überholt mich ein barfüßig joggender Kerl mit Cowboyhut. Seine abgewetzte Blue Jeans und sein luftig weißes Kurzarmhemd sind nicht unbedingt ideal für Morgensport. Der Cowboy stoppt etwa zwanzig Meter vor mir bei einem Dutzend Schwäne, die es sich auf der Promenade in der Sonne gemütlich gemacht haben. Er pirscht sich an. Je näher der Cowboy den Schwänen kommt, desto merkwürdiger werden seine Bewegungen. Er watschelt jetzt und versucht damit die ulkigen Bewegungen der Schwäne zu imitieren. Unweigerlich muss ich kichern, noch mehr, als er sich auf seine Knie niederlässt und seine Arme wie Flügel bewegt. Einer der Schwäne wird auf ihn aufmerksam. Der weiße Vogel watschelt, in einem wirklich ähnlichen Gang, wie den des Cowboys, auf ihn zu. Der Barfüßige bewegt mehrfach nickend seinen Kopf. Der Schwan tut es auch. Als der Schwan sich aufrichtet und seine Flügel öffnet, knöpft sich der Cowboy sein weißes Hemd vollkommen auf und bläht es, als ob auch er mit seinen Flügeln winken würde. Weil ich lauthals lache, schnattert der Schwan und watschelt davon.

Statt sauer zu reagieren, weil ich sein Spiel verdarb, lächelt mich der Hellhäutige spitzbübisch an, steht auf, kommt auf mich zu und wiederholt das imitierende Flügelschlagen mit seinem offenen Hemd. Er tanzt einmal um mich herum, verneigt sich vor mir und flüstert:

„Urugnas, endlich begegnen wir uns wieder!“ Ohne auf Antwort zu warten, sprintet er Richtung olympisches Museum davon.

Offensichtlich verwechselt er mich mit einem anderen Latino namens Urugnas. Warum ich ihm trotzdem sofort nacheile, kann ich mir nicht erklären. Als mir mein Tun bewusst wird, drossle ich mein Tempo und tue so, als ob ich joggen würde, behalte aber den barfüßigen Cowboy stetig im Visier. Er dreht sich nicht ein einziges Mal nach mir um.

Bis zum Parc Olympique ist es nur noch einen Kilometer. Auf einem Schild lese ich, dass das olympische Museum noch die ganze Woche wegen Umbauten für eine Sonderausstellung geschlossen bleibt. Wir ignorieren beide die Absperrung und dringen in den Park ein.

Außer Sicht der Promenade, drosselt der lustige Cowboy sein Tempo. Er spaziert jetzt auf dem geschlängelten Weg durch den Museums Park den Hügel hoch. Bei jeder Statue, die er passiert, imitiert er deren Körperhaltung. So wird auch er zum zu Stein erstarrten Sprinter oder zum Diskuswerfer. Immer mindestens zehn Meter hinter ihm bleibend, beobachte ich ihn, speziell als er bei einer weiteren Statue sein Hemd ganz auszieht, um die Pose des Sportlers aus Bronze noch eindrücklicher zu imitieren. Er bläht seine Brust und spielt mit seinen Muskeln. Nicht einmal blickt er sich direkt nach mir um. Trotzdem scannen seine Blicke den Park, um möglich andere Zuschauer frühzeitig zu erkennen.

Von Büschen fast umringt steht eine weitere Statue auf einem Sockel. Es könnte eine Abbildung von Apollon sein, denn bis auf einen Eichenkranz auf dem Kopf ist der steinerne Jüngling nackt. Der Cowboy checkt die Lage. Flink verschwindet er im Gebüsch. Da ich ihn in seinem Versteck noch immer wahrnehmen kann, bleibe ich stehen. Für Momente sieht es aus, als ob der Wind das Grünzeug peitschen würde. Als die dichten Zweige der Büsche sich kurz danach wieder teilen, schlucke ich leer. Mein Herz schlägt augenblicklich doppelt so schnell. Ein splitternackter Jüngling springt aus dem Versteck und posiert sich vor die Apollon-Statue, um ihre Haltung exakt zu kopieren. Wo vorhin sein Cowboyhut lag, ziert jetzt ein rasch gebastelter Kranz aus jungen Trieben seine blonden Haare. Sonnenstrahlen küssen seinen absolut haarlosen Körper, das er für Moment auch wie aus Marmor gemeißelt aussieht.

Erstmals seit seinem Balztanz am Seeufer treffen sich wieder unserer Blicke. Seine Mundwinkel biegen sich arg nach oben. Bewegungslos verharrt er so in exakt der gleichen Pose wie die Apollon-Statue.

Fasziniert, schockiert und extrem verlegen, weiß ich nicht, was ich als nächstes tun soll. Im katholischen Südamerika aufgewachsen, ist mir so etwas nie zuvor passiert. Dort tauchen nicht plötzlich nackte Jünglinge auf, die mit einem flirten. Mein Kopf glüht, meine Knie werden weich und mein Penis hart. Da ich auf eine Unterhose unter meiner Shorts verzichtete, ist das aufgerichtet Zelt nicht zu übersehen.

Ungeniert gafft mir der Nackt auf die Beule. Der zweite Apollon verwandelt sich in einen geilen Satyr, der mir seine Potenz immer länger und dicker offenbart. Obwohl bald dreiundzwanzigjährig habe ich noch nie zuvor einen anderen nackten Mann mit Latte gesehen – na ja, zumal nicht live! Als ungeküsste Jungfrau komme ich aus dem Staunen kaum raus. Als ob daran nichts peinlich sei, lässt sich der schöne Nackte weiter von mir anglotzen und grinst dabei noch feister. Er wirkt jung – einiges jünger als ich. Wenn sein Körper im Morgenlicht auch einer Marmorstatue gleicht, dann ist er bei genauer Betrachtung alles andere, als der klassisch perfekte unnahbare Sonnengott. Der lebendige Nackte hat etwas grobschlächtig ungestüm Wildes an sich. Seine Hände und Füße sind groß, was ihm etwas von einem Teddybären verleiht. Auffallend ist sein Knackarsch. Augenblicklich bin ich total in ihn verknallt.

Scheu und extrem verlegen nähere ich mich ihm um ein paar Schritte, verharre aber, als er sich, seine Pose haltend, einmal sehr langsam um die eigene Achse dreht. Er will, dass ich ihn mir sehr genau ansehe. Er will sich zeigen. Seine Latte wippt. Nicht ein einziges Schamhaar verdeckt seine intimste Zone. Der Flitzer genießt meine Blicke. Wie sehr wird offensichtlich, als sein Harter plötzlich immer heftiger zu wippen beginnt.

Ich wage weitere Schritte auf ihn zu. Mein Penis zuckt nicht weniger unkontrolliert als seiner. In meinem, über dem Bauchnabel abgeschnitten, T-Shirt und in meiner Shorts komme ich mir augenblicklich sehr nackt vor.

Sein freches Grinsen nimmt lüsterne Züge an.

Als ich nur noch einen Meter vor dem nackten Blonden mit dem Gemüse auf dem Kopf stehen bleibe, stemmt er sich seine Arme in die Hüfte, schiebt sein Becken vor und spritzt stöhnend im hohen Bogen in den Rasen ab. Nur seine Augen wandern dabei über meinen Körper, liebkosen ihn, als ob sie Hände wären, die streicheln und necken. Als ein feuchter Fleck auf meinen Short immer größer wird, beginnt er schallend zu lachen.

Er streckt mir seine Hand zum Gruß hin und sagt: „Ich bin Frederick Ferrand! Urugnas, hat dir meine Show gefallen?“

Total überrumpelt, schüttle ich seine Hand, während mein Penis weiter seine Begeisterung ausspuckt. „Ähm“, hasple ich und verschlucke mich aus Verlegenheit. Meine Lust hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Zitternd vor Geilheit versuche ich zu sprechen: „Du verwechselst mich. Ich bin nicht Urugnas, sondern Luon Logroño!“ Als er mich warm anlächelt passiert es. Unkontrolliert keuchend, entlade ich mich in den Hosen.

„Diesmal Spanier?“, fragt er wegen meinem Akzent.

„Kolumbianer. Ich bin aber in Venezuela aufgewachsen und dort zur Schule gegangen. Das war …“

„Extrem geil!“, beendet der lustige Verrückte meinen Satz. „Ich beobachte dich schon lange. Ich folge dir, seit du dein Hotel verlassen hast. Mann, ich konnte einfach nicht anders. Du kommst mir so bekannt vor. Bist du sicher, dass du nicht Urugnas bist?“

„Ja, bin ich!“

„Alter, mir war schon lange zum Abspritzen!“

„Machst du das mit allen Kerlen, die dir gefallen?“

„Ist das wichtig?“, weicht Frederick meiner Frage aus, wirkt aber plötzlich verlegen. Er überspielt es. „Junge, Junge!“ Er gafft auf den klebrigen Fleck, der noch immer grösser wird. „Da hatte es noch einer extrem nötig!“

Würde Frederick nicht splitternackt mit tropfender Latte vor mir stehen, ich wäre bei seinem Blick und seinen Worten vor Scham in ein Erdloch gekrochen. Doch sein Lachen und sein noch immer gelegentlich zuckender Steifer, flössen mir Vertrauen ein.

„Kolumbus, in der Nähe gibt es einen Brunnen. Deine Shorts solltest du auswaschen.“

„So offensichtlich?“

Frederick nickt heftig, lacht los und zieht mich mit sich in die Büsche, wo seine Jeans, sein Hemd und sein Cowboyhut liegen. Er wechselt den Siegeskranz gegen seinen Hut aus. „Kolumbus, genaugenommen bist du noch immer eine Jungfrau. Doch für einen solchen Orgasmus kröne ich dich zum Tagessieger!“ Frederick stülpt mir das Flechtwerk aus Ästen und Blättern auf meinen Kopf.

„Bitte nenne mich nicht Kolumbus. Ich bin Luon.“

„Gecheckt!“ Seelenruhig zieht sich Frederick wieder seine Jeans an. Das Hemd stopft er sich hinten in die Gesäßtasche. „Meine Jeans ist nur sauber geblieben, weil ich nicht so auf Textilien stehe!“, bemerkt er. „Ich wollte schon lange mal wieder flitzen!“ Er langt nach meiner Hand und führt mich durch die Büsche zu besagtem Brunnen.

Mir ist eiskalt und glühend heiß zugleich. Fredericks Hand fühlt sich so kräftig und vertraut in meiner an. Am Brunnen, viel zu feige vor ihm zu strippen, stelle ich mich dicht vors Becken und schöpfe mir vom Wasser vorne auf den Stoff, der sofort gierig all das Nass aufsaugt.

„Was macht ein so gutaussehender Kolumbianer in Lausanne?“

Während ich ihm meine zensierte Lebensgeschichte erzähle – niemand muss wissen, dass meine Familie ihr Geld im Drogenhandel ergaunerte – liegen wir neben einander auf dem Rasen in der Nähe des olympischen Feuers. Bis auf den Handschlag und das spätere von ihm an der Hand zum Brunnen geführt zu werden, gibt es keine weiteren körperlichen Kontakte zwischen uns. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Frederick schwul ist. Dass ich es bin, ahne ich schon lange. Dieser verrückte Flitzer gefällt mir total. Wahrscheinlich himmle ich ihn liebestrunken an. Wie gerne würde ich ihn bitten, sich wieder auszuziehen oder mich zu berühren.

Nichts dergleichen passiert.

Frederick lässt mich einfach erzählen, zupft mit seinen Zehen einzelne Grashalme aus oder streichelt sich gelegentlich über seine haarlose Brust. Von ihm erfahre ich, dass er wegen einem Skandal kürzlich seinen Job in einer Bank verlor und jetzt auf dem Weg nach Bellgarde-sur-Valserine sei. Dort wolle er sein Wochenende verbringen um zu reiten. Sein früherer Abteilungsleiter habe ihm beim Abschied diese Pferde Ranch in Frankreich dazu sehr empfohlen. Heute, nach über einem Jahr der Arbeitslosigkeit, wolle er die Ranch erstmals besuchen.

„Luon, komm doch mit!“, schlägt mir Frederick spontan vor. „Die Ranch ist nur hundert Kilometer von Lausanne entfernt. Über die A1 könnten wir in …“

„JA!“, rufe ich aus. Augenblicklich ist mir klar: mein Zug rollt auf mich zu. Zögere ich, fährt er ohne mich weiter.

„Ja?“ Frederick setzt sich auf und boxt mir mehrfach kumpelhaft in den Oberarm. „Echt? Voll geil! Mann, worauf warten wir? Lass uns sofort aufbrechen.“ Der Barfüßige erhebt sich blitzschnell und läuft im Dauerlauf durch den Park den Hügel hinunter zurück auf den Quai d’ Ouchy.

Ich folge ihm ziemlich außer Atem.

Später joggen wir etwas langsamer am See entlang bis zur Kreuzung, den Berg hoch zu meinem Hotel. Die bestimmt drei Kilometer stoppten wir kein einziges Mal. Ebenso wechseln wir keine Worte mehr, nur Blicke. Blicke, die mich beflügeln, verwirren und ermutigen Verrücktes zu tun.

„Willst du sofort aufbrechen?“, frage ich ihn. Außer Puste lehne ich mich neben dem Eingang ins Hotel an die Wand.

„Natürlich!“

„Wie reisen wir? Ich habe keinen Wagen!“, gebe ich zu bedenken.

„Meiner steht hinten auf dem Parkplatz.“

„Hier auf dem Hotel Parkplatz?“ Wie lange verfolgt er mich schon?

„Yep! Ich sah dich schon vorgestern. Ich wollte dich unbedingt kennenlernen. Da ist etwas an dir, dass mich total anzieht!“

„Und geil macht?“, kichere ich ihm direkt ins Ohr.

„Das auch!“ Frederick bleibt dabei sehr cool. „Bist du wirklich nicht Urugnas?“

„Nein! Wer ist Urugnas?“

„Ich träume gelegentlich von ihm. Egal!“ Erstmals zieht sich Frederick sein weißes Hemd wieder an und hält mir die Tür in mein Hotel hinein auf. „Nach dir, Señor Kolumbianer!“

Hut, Charme und Stiefel

Die Fahrt ins Unbekannte lässt mein Herz singen. Erst folgen wir dem See in den Südwesten bis nach Genf und dahinter über die Grenze nach Frankreich, um darauf ins Nirgendwo zwischen sanfte Hügel und Wälder der Alpen zu gelangen. Frederick fährt barfuß und oben ohne. Wir schwatzen belanglos über alles, was uns gerade einfällt. Wir essen irgendwo etwas und liegen danach eine Weile auf einer Wiese in der Mittagssonne.

Als wir kurz nach sechs Uhr abends besagte Pferde Ranch in Bellgarde-sur-Valserine erreichen, könnte ich nicht mehr sagen, ob wir Tage oder nur Minuten unterwegs waren. Frederick parkt seinen Wagen außerhalb der eigentlichen Ranch auf einem Parkplatz und schultert sich seinen Rucksack für den Fußmarsch bis zum Haupthaus mit den Stallungen. Offensichtlich hat er diese Reise wirklich geplant, denn alles ist fein säuberlich im Kofferraum deponiert, so auch ein paar ziemlich bunte Cowboystiefel, die er aber nicht anzieht. Einen weißen Cowboyhut setzt er mir auf und wählt für sich selbst den speckigen, den er schon heute morgen trug.

„Was ist das für eine Ranch?“, frage ich, als wir das vollkommen von Efeu überwachsene Haus unter Kiefern und Kastanienbäumen aus der Ferne zum ersten Mal erblicken.

„Sie hat ein Motto: Jeder ist hier so frei, wie er sein will!“

„Und was soll das bedeuten?“

Schulterzuckend setzt Frederick sein breitestes Grinsen auf. „Finden wir es heraus!“ Bevor ich etwas entgegnen kann, knöpft er sich seine Jeans auf und lässt sie bis zu den Knien runterrutschen. Auf dem Boden hockend, zieht er sie sich vollkommen aus. „So frei, wie jeder sein will! Mit dir fühle ich mich sehr frei!“ Lachend schlüpft er in seine Cowboystiefel mit den bunten Fransen und rückt sich seinen alten Hut zurecht.

„Ist das dein Ernst?“ Den schönen Dunkelblonden mit den hellen Strähnchen wieder nackt zu sehen, bleibt nicht ohne Folgen. Meine Hose beult sich sofort arg aus.

„Spritzt du gleich wieder ab?“, foppt mich der Gestiefelte, dessen Pimmel sich ebenfalls nach oben zu biegen beginnt.

„Du willst mit ner Latte hier vorstellig werden?“

„Was bleibt mir anderes übrig?“ Entschlossen stolziert der geile Cowboy Richtung Ranch voraus.

„Du ziehst das voll durch?“

„Luon, ich verlor meinen letzten Job, weil ich nicht frei sein konnte. Nochmals passiert mir das nicht!“ Mit hoch erhobenem Kopf und Pimmel passiert er kurz darauf eine Gruppe aus fünf Männern in Jeans, Hemden und Cowboy- oder Strohhüten, die gerade aus einem nahen Wald kommen. Jeder begrüßt uns und heißt besonders Frederick auf der Ranch willkommen.

„Siehst du? Keiner brüskiert sich!“

„Sie checkten dich sehr gründlich ab!“

„Echt?“ Frederick klingt erfreut darüber und dreht sich winkend nach den Männern um. „Ich werde mich hier wohlfühlen!“ Er summt ein Liedchen, während wir den weiten Vorplatz der Ranch erreichen.

Frederick betritt als erster die Registration. Ein Mann um die sechzig Jahre sitzt in einem Schaukelstuhl beim Fenster, lässt seine Zeitung sinken und lacht, als er den Provokateur sieht. „Mein Name ist Noel. Mir gehört die Ranch. Jungs, ihr beide habt Glück! Bis auf ein Doppelzimmer sind wir dieses Wochenende vollkommen ausgebucht. Zwanzig Fußballer aus Grenoble werden heute Abend noch anreisen.“

Wir tragen uns ins Gästebuch ein. Mich wundert, dass Noel mit keinem Wort Fredericks Aufzug beanstandet. Der Grauhaarige langt nach dem Zimmerschlüssel und legt ihn auf den Tresen.

„Jungs, euer Zimmer liegt direkt neben dem Saloon. Es verfügt über eine Veranda dem Hof zu.“ Noel dreht sich das Gästebuch zu und liest unsere Einträge. „Ihr kommt aus Basel? Das Französisch von keinem von euch beiden hat einen Deutschen Akzent!“

„Ich bin in der Camargue aufgewachsen. Ich kam erst nach der Grundschule nach Basel“, erklärt Frederick.

„Frederick, du wohnst in Basel?“ Damit verrate ich, dass wir uns kaum kennen. „Ich habe mir dort kürzlich ein Haus in der Altstadt gekauft.“ An den Besitzer des Gestüts gewandt: „Wir haben uns in Lausanne kennengelernt. Ursprünglich stamme ich aus Kolumbien.“

„Du sprichst seht gut Französisch“, lobt mich Noel.

„Sprachen liegen mir. Ich spreche neben Spanisch auch Englisch und immer besser Deutsch.“

„Na dann!“ Noel lässt seine Blicke vom Nackten zu mir wandern. „Die Honeymoon Suite passt zu euch.“

Frederick schüttelt sofort seinen Kopf. „Wir sind kein Liebespaar!“, protestiert er und versetzt mir damit einen mentalen Fußtritt.

„Nicht?“, wundert sich Noel. „Dann hoffe ich, ihr vertragt euch gut genug, um im gleichen Doppelbett zu schlafen. Wie gesagt, die Ranch ist dieses Wochenende ausgebucht. Ich habe kein anderes Zimmer mehr frei.“

„Passt schon!“ Frederick zwinkert mir zu.

„Monsieur Ferrand“, fordert Noel Fredericks Aufmerksamkeit, „du bist seit langem der erste Gast, der unser Motto so wortwörtlich nimmt. Die Jungs aus dem Fußball-Club werden dich mit ihren Blicken verschlingen, solltest du deinem Nudismus weiterhin so freizügig frönen. Jene Jungs spielen alle für die Regenbogen-Liga.“

„Kein Problem!“ Sofort strafft Frederick seine Schulter. Kann er es nicht erwarten von zwanzig schwulen Fußballern angemacht zu werden? „Meine Eltern waren Nudisten“, erklärt er. „Bis ich mit zwölf in die Schweiz auswanderte, trug ich so gut wie niemals Kleidung.“

„Du bist nackt zur Schule gegangen?“, platze ich heraus.

„Das nicht! Aber an der Küste im Süden Frankreichs waren die Temperaturen auch im Winter meinst lau, sodass ich kaum etwas anhaben musste. Zudem friere ich nicht so rasch.“

Als Psychologie Student analysiere ich ganz automatisch das Gesagte. Für jemanden, der seine Pubertätszeit nackt verbrachte, ist Frederick aber sehr leicht erregbar. Was ist sein Problem? Ob auch der verrückte Flitzer noch Jungfrau ist? Offensichtlich ist ihm selbst noch nicht bewusst, dass er schwul ist! Als mein Blick auf eine unübersehbare Regenbogenflagge hinter uns über der Tür hängend fällt, wundert mich augenblicklich nichts mehr. Ich zumindest bin hier am richtigen Ort.

„Auf was wartest du?“ Der Blonde holt mich aus meinen Gedanken, schultert sich seinen Rucksack und stapft in seinen Cowboystiefeln über die knarrenden Dielen nach draußen. Unter der Tür blickt er kurz nach oben, erkennt wofür die Regenbogenflagge steht und verlässt die Registration. „Siehst du, Luon, wer mutig zu sich selbst steht, hat es leichter im Leben. Jeder hier akzeptiert mich so, wie ich bin!“

„Und wie bist du?“, bohre ich.

Er bleibt mir die Antwort schuldig.

Unsere Bleibe liegt ebenerdig zwischen dem Haupthaus und den Stallungen. Damit dürfte unser Zimmer das Zentrum der Anlage ausmachen. Jeder muss es passieren, um entweder zu den Pferden oder zum Saloon zu gelangen, dessen Schwingtür mehr oder weniger an unsere Bleibe anschließt. Tummelt sich mein schöner Flitzer hier auf der Veranda, wird er die Aufmerksamkeit bekommen, nach der er sich so sehnt. Die Honeymoon Suite ist ein rustikaler Traum in Holz und Weiß. Das Bett ist zum Glück nicht zu breit, was mich einerseits erwartungsvoll stimmt und gleichzeitig ängstigt. Ich schlief noch nie zuvor mit einem anderen Mann im gleichen Bett – und da Frederick zum Schlafen bestimmt nichts anziehen wird …

„Ich schlafe auf der Seite dem Fenster zu!“ Der Flitzer holt mich aus meiner Grübelei. Er wirft seinen Rucksack auf besagte Bettseite und schüttelt dessen Inhalt einfach raus. Neben seiner Jeans, T-Shirts und Hemden in einem phosphoreszierenden kräftigen Grün ist sonst nur noch sein Toilettenbeutel drin. „Ich reise immer mit leichtem Gepäck!“

Da ich selbst kaum mehr dabeihabe, zucke ich nur mit der Schulter und räume meine eigene Reisetasche aus, um alles auf einem Regal im offenen Kleiderschrank zu deponieren.

„Lust auf einen Spaziergang? Es wird bestimmt noch zwei Stunden hell bleiben.“ Der Nackte schnappt sich den Hut von meinem Kopf und wirft ihn aus Bett.

„Na klar!“ Rasch tausche ich mein Hemd in ein T-Shirt und ziehe mir eine Lederjacke drüber. „Was?“, frage ich. „Ich bin in der Karibik aufgewachsen, da war es immer wärmer als hier.“

„Ich sage ja nichts! Denkst du, ich sollte mich auch umziehen?“ Er tauscht seinen alten Hut gegen den Weißen und dreht sich damit vor dem Wandspiegel. Abermals richtet sich sein Pimmel zu vollen Härte auf.

„Wie hast du deine Pubertät überstanden?“

Frederick schweigt, tauscht abermals den Hut und verlässt mit dem Speckigen auf seinem Kopf und in seinen Stiefeln unser Zimmer, um auf der Veranda draußen auf mich zu warten. Ich suche die Toilette auf und putze mir die Zähne. Als ich später die Honeymoon Suite verlasse, schwatzt Frederick mit einem der fünf Männer, die uns schon auf dem Weg zur Ranch begegnet sind. Sein Gesprächspartner, ein Kerl in einer abgenutzten Reithose und einer braunen Strickjacke kann seine Blicke gar nicht von Fredrick abwenden. Der lehnt rücklings an der Wand, dass sein bestes Stück eindrucksvoll zur Geltung kommt. Was er wohl damit kompensiert? An Fredericks kratzigem Klang in seiner Stimme schließe ich auf seine Nervosität. Ob er als provokativer Pin-up neues Territorium betritt?

„Luon, das ist Constantin aus Köln“, stellt er mir den Kerl vor. „Er kommt schon seit Jahren hierher, um Jungs zu reiten.“

Der konservative Endzwanzigjährige räuspert sich. „Dein Lover geht ja ganz schon ran!“

„Wir sind kein Paar!“, korrigiert Frederick. Dass er sich damit zum Freiwild macht, ist ihm entweder sehr bewusst oder es kommt ihm einfach nicht in den Sinn. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er ahnt, wie ein Nackter mit Latte rüberkommt.

„Wir sehen uns beim Abendessen!“ Damit klopft Frederick Constantin auf die Schulter und spaziert mit wippender Latte an ihm vorbei, um mich an meiner Hand von der Honeymoon Suite fort zu ziehen. Händchenhalten scheint für Frederick unter Männern ganz normal zu sein.

Erst als wir einiges später den nahen Wald durchquerten, entgleitet seine warme Hand meiner. Frederick dreht sich mir frontal zu. „Luon, dich mag ich total gerne! Ich bin nicht schwul oder so, aber dein Körper macht mich richtig geil. Ich bin sonst nicht dauergeil.“

„Hast du in Basel eine Freundin?“, frage ich ihn.

„Bei meinem stressigen Job blieb dafür nie Zeit.“

Keine Zeit oder keine Lust? Ich verkneife es mir, meine Gedanken laut auszusprechen. Verriet er nicht, er sei seit bald einem Jahr arbeitslos?

„Constantin hat mir verraten, dass bis auf zwei der Stallburschen und einer der Gäste dieses Wochenende alle anderen schwul sind. Frauen gibt es hier scheinbar nie. Mich stört das überhaupt nicht. Die Gesellschaft von Männern habe ich immer genossen.“

„Du hast die Adresse für diese Ranch von deinem früheren Abteilungsleiter bekommen?“ Das verriet er mir in Lausanne.

„Ja, Daniel stand immer auf mich. Ihm habe ich auch meine Kündigung zu verdanken.“

„Der skandalöse Zwischenfall? Was ist passiert?“

„Ich will nicht darüber reden!“ Damit ist für Frederick das Thema durch. „Was arbeitest du?“, will er wissen und lässt seine Blicke über die frühlingshaft ergrünte Landschaft wandern.

„Ich schloss kürzlich an der Uni von Caracas als Bachelor of Science in Psychology ab. Damit habe ich wohl mein Psychologiestudium in der Tasche, bin aber deswegen noch nicht berufsqualifiziert.“

„Das heißt, du hast nichts in der Hand“, stellt der Nackt fest. „An Geld fehlt es nicht. Die Übernachtung im Hotel, in dem du in Lausanne gastierst, kostet ein Vermögen.“

„Der neue Mann meiner Mutter ist reich“, weiche ich aus. Frederick geizt mit seinen Geheimnissen; das kann ich auch.

„Das dachte ich mir schon!“ Dabei nickt der Nackte auf meine Marken Lederjacke und meine Designer Jeans.

„Trotzdem! Ich brauche eine Herausforderung, sonst fällt mir die Decke auf den Kopf“, gestehe ich ihm.

„Wem sagst du das! Meine Kündigung liegt schon lange zurück. Ich lebe von der Arbeitslosenversicherung und meinem Gesparten. Mir bleibt noch ein halbes Jahr Versicherungsgeld. Finde ich bis dahin keinen neuen Job – und gebe ich bis dahin weiterhin so viel Geld aus – muss ich mich beim Sozialamt anmelden. Darauf habe ich total keinen Bock!“

„Warum arbeitest du nicht wieder in einer Bank?“

„Der Grund meiner Entlassung steht in meinem Arbeitszeugnis. Zudem findet man im Internet ein Filmchen über mich, wenn man meinen Namen googelt. Dumm gelaufen!“

„Was für ein Filmchen?“

Auch darüber schweigt sich der hübsche Blonde aus.

„Frederick, du bist jung, darüber wächst wieder Gras!“

„Ich bin dreiundzwanzig“, gesteht er mir. „Leider verjährt das Internet nicht, und meinen Namen trage ich bis ich sterbe!“

Oder bist du flüchtest und dir einen gefälschten Pass zulegst! Das behalte ich natürlich auch für mich.

Nach einem langen Spaziergang über noch brachliegende Äcker und blühende Wiesen, setzen wir uns auf von der Sonne aufgeheizte Steine am Waldrand und blicken ins Tal vor uns. Wenn die Aussicht über die sanften Hügel, die blühenden Frühlingswiesen und den nahen Sonnenuntergang auch atemberaubend schön ist, so kann ich meine Blicke dennoch nicht von Frederick neben mir abwenden. Er lehnt mit hinter seinem Kopf verschränken Händen am Fels. Nichts verdeckt seinen leicht muskulösen schamlos nackten Leib. Seine Achseln sind so fein säuberlich rasiert, wie der ganze Rest seines Körpers. Nichts, weder ein Tattoo, noch ein Piercing oder ein Schmuckstück, lenken von seiner natürlichen Schönheit ab. Der gebürtige Südfranzose ist kleiner als ich, vielleicht Eins Siebzig. Sein Penis ist weder besonders lang noch sonst irgendwie auffallend. Trotzdem kann ich meine Blicke nicht davon abwenden. Seine sehr helle Haut erinnert mich daran, warum man bei Menschen wie ihm von Weißen spricht. Nur seine kleinen Brustwarzen sind rosa, genauso wie seine Lippen, die ständig lächeln. Ich bin mir sicher, er spürt, wie ich ihn abchecke, denn sein Ding biegt sich bereits wieder immer härter werdend nach oben. Mit geschlossenen Augen genießt er meine Blicke und gedanklichen Liebkosungen. Entweder ist er wirklich einfach nur ein extremer Narziss oder sein Unterbewusstsein provoziert, bis ihn endlich ein Mann vernascht. Danach kann der Möchte-gerne-Hetero sich entweder selbst als bisexuell bezeichnen oder sein Verstand akzeptiert doch noch, was so offensichtlich ist. Ich würde diesen herben Bauernsohn aus Südfrankreich wahnsinnig gerne berühren. Meine Angst vor Ablehnung lähmt mich.

Er blinzelt, lächelt, als er meine Blicke auf sich registriert und schließt abermals seine Augen. Sein Lederhut ist verrückt und gibt ein paar hellblonde Strähnen in seinem sonst buschigem dunkelblonden Haare preis. Ich selbst schwarzhaarig bin total fasziniert von seinem Goldhaar, genauso von seiner bleichen Haut. Als Viertel-Indio und Dreiviertel-Kolumbianer mit spanischen Wurzeln wurde ich noch nie mit einem Weißen verwechselt.

„Wenn du mich noch lange so anstarrst“, öffnet Frederick abermals seine Augen, „dann spritzt ich wieder ab.“

Obwohl ich nichts lieber bezeugen würde, sehe ich ertappt weg. Frederick setzt sich auf, rückt seinen Lederhut zurecht und langt nach meiner Hand.

„Wenn wir pünktlich zum Abendessen zurück sein wollen, sollten wir aufbrechen. Die Sonne geht bald unter. Luon, hast du dir den Rückweg eingeprägt?“

„Was?“ Verwirrt sehe ich mich um. Aus welcher Richtung sind wir gekommen? Nicht schon wieder! Wie vor wenigen Tagen in Lausanne, habe ich abermals keine Ahnung, wo ich bin.

„Relax! Ich finde immer meinen Weg. Da drüben ist Westen!“ Der Flitzer zeigt mit seiner Latte auf den Sonnenuntergang. „Am Moos hier am Felsen ist die Himmelsrichtung ebenfalls ablesbar. Na ja, nur falls die Sonne untergehen sollte. Unsere Bleibe liegt zirka einen Kilometer ins Tal runter gegen Süden. Wir müssen nur durch diesen Waldstreifen und dahinter über die Anhöhe.“

Abermals lässt er meine Hand nicht wieder los, als wir uns vom Sonnenuntergang abwenden und den nahen Waldweg ansteuern.

„Ich habe das Nacktsein wirklich vermisst!“, gesteht er mir auf dem Rückweg. „Ohne dich hätte ich mich nicht getraut hier so frei das auszuprobieren, wovon ich solange träumte!“

„Ich dachte, du bist Nudist?“

„Das bin ich seit vielen Jahren nicht mehr!“ Mehr verrät er mir nicht. Kumpelhaft legt mir Frederick seinen rechten Arm um die Schulter und trillert ein Liedchen. Als das Haus am Horizont auftaucht, fasst er wieder nach meiner Hand, bläht seine Brust, lässt seinen Pimmel hart anschwellen und schreitet breitbeiniger.

Bei unserer Ankunft in der Ranch ist die Nacht hereingebrochen. Warme Lichter des Haupthauses mit dem anschließenden Saloon beleuchten gelb den Kiesboden, der unter unseren Sohlen knirscht.

„Musst du dich wieder umziehen?“, foppe ich den Nackten, der noch immer meine Hand hält, als ob wir ein frischverliebtes Pärchen wären und nicht bloß Kumpels, als die er uns jedem vorstellt.

„Allerdings!“, pflichtet er mir bei. „Warte hier!“

Ich hocke mich aufs Holzgeländer der Veranda und seufze, während Frederick in die Honeymoon Suite eilt.

„Weiß zum Dinner! Denkst du nicht auch?“ Keck dreht er sich kurz darauf auf der Veranda mit dem neuen Cowboyhut vor mir um die eigene Achse. Stolz schreitet der hart Erregte nur in Hut und seinen Stiefeln voraus auf das hellste Licht zu. Ich eile ihm nach. Bei der Schwingtür in den Saloon hinein, bleibt er stehen, strafft seine Schulter und schiebt sein Becken vor. „Was?“, fragt er provokativ. „Ich mache das auch zum ersten Mal!“

„Ich sage ja nichts!“, verteidige ich mein Gaffen.

Kaum haben wir beide den Saloon betreten, ersterben die Gespräche. Jeder der anwesenden Männer fokussiert den steinhart erregten Blonden. Als ob nichts wäre, zeigt Frederick auf einen freien Tisch. Plötzlich ist alles auf Zeitlupe geschaltet. Frederick schreitet mit hochrotem Kopf und mit einem Gang, als ob er gerade vom Pferd gestiegen sei, zum Tisch, wartet dort bis ich als erster Platz genommen habe und setzt sich mir danach gegenüber hin. Dabei lässt er sich viel Zeit. Erst als nur noch sein Torso über dem Tisch zu sehen ist, beginnt das Gemurmel aufs Neue – bestimmt mit neuem Thema.

„Du bist das Gesprächsthema des Abends“, flüstere ich.

„Echt? Glaubst du?“ Fredericks Miene hellt sich auf. „Mein Herz hämmert wie verrückt“, gesteht er mir.

Noel kommt zu uns an den Tisch, klopf Frederick für seinen Auftritt auf die Schulter und zeigt auf die lange Bar an der Seitenwand des Saloons, darauf sind unzählige Schüsseln und Töpfe wie Platten mit Speisen platziert. „Jungs, wir haben hier Selbstbedienung! Nehmt was immer ihr wollt. Der Preis fürs Weekend schließt die Mahlzeiten mit ein. Teller wie Besteck und Getränke findet ihr ebenfalls an der Theke. Guten Appetit!“ Bevor sich Noel zum Gehen abwendet, schüttelt er erheitert sein ergrautes Haupt und wendet sich wieder dem nackten Cowboy zu. „Seit du vor knappen drei Stunden hier angekommen bist, redet jeder vom blonden Knackarsch mit der rasierten Latte. Frederick, du bist ist eine wahre Bereicherung!“

„Danke!“ Als ob damit alles gesagt sei, steht mein hellhäutiger Kumpel wieder auf und schreitet, jetzt noch mehr von sich überzeugt, zwischen den Tischen und Kerlen hindurch zur Theke, wo er mir mit einem Teller zuwinkt. Als ich ihn erreiche, tippt er auf ein Curry-Reisgericht, Gemüse und Steaks.

„Luon, das sieht extrem lecker aus!“ Er schöpft sich reichlich davon auf seinen Teller, sucht Besteck für mich und sich und badet bei seinem Weg zurück an unseren Tisch in den hungrigen Blicken aller Anwesenden. Am Tisch platziert er seinen Teller und dreht sich seinem Publikum zu. „Leute“, ruft er aus, „ich bin Frederick Ferrand und er“, zeigt er auf mich, „ist mein Kumpel Luon Logroño aus Kolumbien. Wir bewohnen zusammen die Honeymoon Suite gleich nebenan. Wer etwas zu trinken mitbringt, ist bei uns auf der Veranda herzlich willkommen. Ach, noch etwas: ich bin Nudist und mein Pimmel fühlt sich am wohlsten, wenn er dick angeschwollen und steinhart ist. Guten Appetit!“

„Du bist der geborene Conférencier!“, lobe ich den Nackten. „Deine kleine Ansprache hat jedem gezeigt, dass du voll und ganz zu dem stehst, was du repräsentierst!“

„Und das wäre?“

„Mein Kumpel zu sein!“

„Aha!“ Offensichtlich hoffte Frederick anderes hören.

Nach dem Essen räume ich unseren Tisch ab und hole für uns beide Cappuccino und frischen Rhabarberkuchen mit Schlagsahne. Leider ist mein Platz bei meiner Rückkehr von einem Kerl mit Dreitagebart und seinen beiden Kumpeln, die ihre Stühle an den Tisch geschoben haben, besetzt.

„Wo sind eure Manieren!“ Frederick springt von seinem Stuhl, um mir einen neuen Hocker zu organisieren. Als ich wieder sitze, stellt er sich hinter mich und legt seine warmen Hände auf meine Schulter. „Leute, das ist der Mann, mit dem ich hier das Doppelbett teile! Wir sind kein Paar, aber wir sind echt die besten Freunde!“ Dass er dabei seine Latte in meinen Rücken bohrt, scheint ihm nicht einmal aufzufallen.

Immer weitere Männer aus dem Fußball Club aus Grenoble gesellen sich zu uns an unseren Bistrotisch. Bald rückt Frederick so nahe an mich heran, dass wir uns von den Schultern bis zu den Knien berühren. Dass er auf meine Nähe sexuell reagiert, wird nicht nur mir bewusst. Seine Haut glüht förmlich und sein Harter schlägt ständig aus. Aber auch das irritiert meinen verrückten neuen Freund nicht. Da wir die Tafel immer mehr erweitern müssen, weil ständig neue Schaulustige sich darum drängen, ist der Tisch inzwischen eine Armlänge von uns entfernt. Längst verdeckt nichts mehr Fredericks zuckendes Ding. Es schert ihn kein bisschen. Im Gegenteil! Er sitzt extrem breitbeinig auf seinem Stuhl mit seinen Händen auf seinen Knien und präsentiert sich. Seine gute Laune und sein Selbstbewusstsein werden durch seine Provokation gefüttert. Der zeigegeile Hetero badet in der rein männlichen Aufmerksamkeit, wie andere in der Sonne. Diverse Lehrbuchideen über Verhalten, Verdrängung, Abwehr und Komplexe geistern durch meinen Verstand, werden aber all durch meine Verliebtheit überlagert.

Als immer mehr Fußballer sich um den kleinen Tisch scharren, zeigt Frederick auf eine Gruppe bequemer Sessel und Sofas an der Stirnwand des Saloons. Dreitagebart wie auch Lukas, ein schlanker Kerl im Club Trikot der Grenobler, eilen voraus, um die Sessel zu arrangieren. Frederick setzt sich auf den breitesten, der gleichzeitig das Zentrum des Geschehens einnimmt. Wie ein König pflanzt er sich hin und wird von seinem neuen Hofstaat umschwärmt. Aber Frederick ist kein Egoist, sondern Narzisst. Als er bemerkt, dass ich ins Abseits gerate, winkt er mich zu sich und bietet mir seinen Platz an. Ich begnüge mich mit der rechten Armlehne und überlasse ihm weiter seine Bühne. Bald erzählen sich die Männer eine Geschichte nach der anderen, lachen, trinken und lassen dabei den Flitzer nicht einen Moment aus den Augen. Wie sehr es Frederick gefällt von allen angemacht zu werden, bezeugt seine Dauererektion, die er wie das Geweih eines Platzhirsches vorführt. Abermals erstaunen mich seine Fürsorge und sein Interesse an mir. Kaum gähne ich nach über drei Stunden zum ersten Mal, stoppt er mitten in einer seiner Geschichten über die Camargue und dreht sich zu mir um.

„Leute, mein Kumpel ist müde! Es ist schon nach Mitternacht. Morgen wird ein schöner Tag zum Reiten! Den will ich nicht verschlafen!“ Frederick erhebt sich aus seinem Thron und wird entweder durch Handschlag, freundschaftliche Boxhiebe oder mehrheitlich durch Klapse auf seinen Knackarsch verabschiedet.

Vor unserem Zimmer lehnt sich Frederick an die Rückwand der Veranda und blickt zu den Sternen hoch.

„Luon, noch einen Moment länger und ich hätte einen echt klebrigen Flecken auf dem Boden im Saloon hinterlassen.“ Was er damit meint, demonstriert er mir, in dem er abermals, ohne sich selbst zu berühren, seine Lust in hohem Bogen in die Nacht abspritzt. Er keucht lustvoll und lächelt mich dabei spitzbübisch an. „Echt, das war jetzt mehr als nötig!“ Lachend, als ob nichts weiter vorgefallen wäre, spaziert er ins Zimmer, hängt seinen weißen Hut an einen Hacken, schlüpft aus den Cowboystiefeln und stellt sich danach unter die Dusche.

Als ich mich in Boxershorts zu ihm ins Badezimmer geselle, rubbelt er sich gerade seine Haare mit einem Frotteetuch trocken. „Luon, du gibst mir Kraft und Selbstvertrauen. Alleine hätte ich es niemals gewagt, mich zu outen. Das war der ungewöhnlichste Abend, den ich jemals erlebt habe. Danke!“

„Du hattest gerade dein Coming-out?“

„Ja, als wiedererwachter Nudist!“

„Nur als Nudist?“, bohre ich weiter.

„Als was denn noch?“, fragt er naiv.

Ich behalte meine Ideen für mich. Gerührt und erregt bei dem Gedanken, den nackten Blonden gleich neben mir im Bett zu haben, scharre ich mit meinen Füssen auf dem Boden. „Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt!“

„Echt?“ Doch sein neues Schmunzeln verrät mir, dass es Frederick genauso geht, wenn er es sich wahrscheinlich auch noch nicht wirklich selbst eingestehen will. Sein Herz versteht und sein Kopf ist einfach noch blind. Sein schwules Coming-out hat er noch vor sich. „Luon, du liebst mich?“, flüstert er.

„Ich glaube schon!“ Meine Worte kratzen mich im Hals. Gleichzeitig verrät das Zelt in meine Boxershorts, wie sehr ich untertreibe.

Abermals langt Frederick nach meiner rechten Hand, schleudert mit seiner linken das nasse Badetuch von sich und führt mich ins Schlafzimmer. Als er auf meiner Seite des Bettes wartet bis ich mich hinlege, tue ich es. Er deckt mich zu, streichelt mir über den Kopf und schlendert anschließend ums Doppelbett herum auf seine Seite, um sich dort einzunisten. Erst als sich sein Kopf mir auf dem Kissen zudreht und sein breites Lächeln über seine Lippen huscht, schließe ich glücklich und sehr verliebt meine Augen.

Ich liebe Frederick; und er mich. Ich will nichts riskieren oder kaputtmachen indem ich versuche, mich an ihn zu klammern. Als sich seine warme rechte Hand in meine schiebt und er seinen Kopf auf meine Brust legt, fühle ich, wie ein klebriger Fleck sich unter meiner Boxershorts rasch vergrößert.

Ein Traum, der keinen Sinn ergibt

Lange liege ich wach und denke über den Tag nach. Obwohl ich Frederick noch keine vierundzwanzig Stunden kenne, teile ich bereits das Bett und ein Vertrauen mit ihm, das mir bisher unbekannt war. Frederick schläft und hat sich aus den Laken gestrampelt. Sein Knackarsch wird durch das fahle Mondlicht – vielleicht kommt die Helligkeit auch von den Lampen draußen? – gerade genug beleuchtet, dass ich nicht wiederstehen kann. Sehr sanft berühre ich seine Backen. Ich kann die harten Muskeln spüren, feinster Flaum und seine Körperwärme. Da er nicht erwacht, sondern im Schlaf schnurrt, streichle ich ihn einfach weiter. Mich kribbelt es am ganzen Körper vor Erregung und Verlangen nach diesem seltsamen Kauz. Tief schlafend verändert er seine Position, streckt mir seinen Arsch danach willig hin und vergräbt dazu seinen Blondschopf tief im Kopfkissen. Ob er wirklich schläft oder nur so tut, als ob? Um es rauszufinden rücke ich näher an ihn heran. Während ich meine Hand tiefer zwischen seine Schenkel gleiten lasse, öffnet er seine Beine, bis seine Knie und Füße sein Becken noch mehr anheben.

Zum ersten Mal in meinem Leben, bin ich einem anderen Menschen so nahe. Dass es ein Mann sein wird, ahne ich schon seit einigen Jahren nach der Flucht aus Kolumbien. Wie weich Fredericks Haut ist, wie schön seine Rundungen und wie sinnlich er sich überall anfühlt. Scheu spielen meine Finger mit seiner Kimme, fahren sie von oben bis unten ab und überwinden jedes Mal weitere Hemmungen. Als der Bengel im Schlaf seine Knie noch weiter anwinkelt, dass sein rechter Fuß meine Hüfte berührt, ahne ich, dass er vielleicht doch erwacht ist. Sein Atem bleibt gleichmäßig, wenn seine Lust das Schnurren auch verstärkte. Mutig fasse ich tiefer. Leider sind seine Hoden und sein Penis unter seinem Leib unerreichbar für mich weggedrückt. Spielend widme ich mich weiter seinem Knackarsch. Mit meinen Fingerspitzen berühre ich erstmals seine Rosette, die sich mir in seiner Stellung darbietet.

Ich zittere aus Verlegenheit meinen neuen Freund im Schlaf zu meinem Lustsklaven zu machen, kann aber nicht aufhören, Fredericks intimste Stelle zu umkreisen und zu wecken. Als mein Zeigefinger erstmals sanft eindringt, entfährt dem hübschen Südfranzosen ein tiefer Seufzer. Leider dreht er sich ab und murmelt im Schlaf etwas, dass sich wie oh Urugnas, anhört. Danach erreichte ich seine erogenen Zonen, ohne ihn dabei zu wecken, nicht mehr. Vollkommen betrunken von meinem Verlangen gleite ich in eine andere Welt.

Sofort finde ich mich in einer Kolonne von Bergleuten wieder, die auf den nächsten Lift in den bodenlosen Abgrund wartet. Einen Moment blicke ich mich verwirrt um, dann übermannt mich das neue Hier und Jetzt des Traums vollkommen und ich vergesse, wer ich eben noch war. Ich trage nur einen Lendenschurz umgebunden und das scheint vollkommen normal zu sein, auch dass ich in meiner linken Hand eine schwere Spitzhacke halte. Es surrte. Ein Knarren. Ein hölzerner Lift an Seilwinden tauchte aus dem schwarzen Loch vor uns auf. Ich dränge mich mit mindestens zwanzig weiteren Männern auf die Plattform. Einzige Sicherheitsvorkehrung sind Seile, die vom Dach des Liftes hängen und an denen wir uns festklammern, während der Lift sich abwärts in Bewegung setzt. Immer wieder stoppt die Fahrt in den Abgrund, damit Männer austeigen können. Diese regulären Bergarbeiter entzünden Fackeln, die mich blenden. Erst wenn die Flammen in der Ferne verblassen, setzt sich die Abfahrt des Lifts fort. Endlos dauert die Fahrt. Die Luft wird stetig wärmer und stickiger. Das Atmen fällt mir schon lange schwer. Beim nächsten Stopp verschwinden die restlichen halbnackten Männer im Labyrinth dieses Bergwerkes. Alleine bleibe ich auf der schwankenden Plattform zurück. Abermals, diesmal ruckartiger, tauche ich tiefer in die ewige Nacht und ins finstere Herz des erloschenen Vulkans ein.

Der Lift kracht auf den Boden. Blind taste ich nach den Fackeln, entzünde eine davon an einem roten Kristall und versuche, geblendet von der Flamme, im Schacht vorwärtstaumelnd nicht abzustürzen. Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an das wenige Licht. Tausend Schritte weiter, bei einer kürzlich eingestürzten Wand, stoppe ich. Hier wurde die Treppe entdeckt. Darum bin ich hier. Stufe um Stufe steige ich hinab. Das rußende Feuer meiner Fackel ist der einzige Lichtquell. Mir zittern die Knie.

Warum wurde ich ausgewählt? Ich bin ein junger Forscher im Dienste des Gottkönigs dieses Reiches. Warum muss ich mein Leben aufs Spiel setzen und nicht einer der Bergleute? Mich traf das Los. Es hätte jeder andere meiner vierzig Mitstudenten sein können, aber nein, die Götter erwählten mich. Ich muss als erster ins Reich der uralten Muttergöttin vorstoßen. Ein heißer Luftzug verrät mir, dass die Göttin unter mir atmet. Als Verfluchter oder Gesegneter ist es an mir, der Göttin einen persönlichen Besuch abzustatten. Tod nach wenigen Atemzügen, von Glut und Hitze verbrannt oder für immer im Schoss der Mutter verloren. Was davon erwartet mich? Endlos viele Stufen später rieche ich statt Schwefel und meinem Angstschweiß Frische und fühle einen kühlen Luftzug.

Mutig rufe ich aus: „Erhabene Mutter der Erde, Urugnas aus der Forschergilde des Gottkönigs grüßt dich!“ Das Echo meiner ausgetrockneten Stimme erschreckt mich. Finde ich hier unten nichts, werde ich der uralten Muttergöttin geopfert. Wahrscheinlich stößt man mich einfach in einen der tiefsten Schächte, damit mein Fleisch und mein Blut das Vulkan Gestein nähren.

Endlich komme ich am Ende der Treppe an. Ob ich mich in einer Höhle oder einem Gewölbe befinde? Der Boden ist bearbeitet und an vielen Stellen glatt. Mit meiner Spitzhake und der Fackel kraxle ich auf allen Vieren vorwärts durch die Finsternis und versuche irgendetwas zu entdecken. Irgendwann berühren meine Finger eine Kante. Ich fahre sie ab. Es handelt sich um eine metallene Platte. Auf der Oberfläche sind verschlungenen Linien, die eine gefiederte Schlange darstellen eingeschlagen und für den Schöpfergott Quetzalcoatl stehen. Seltsam ist eine zweite Gestalt. Es zeigt das Bildnis eines nackten Mannes mit einer Sonne auf dem Kopf. Diese Gottheit ist mir ungekannt.

Mit meiner Spitzhake mache ich mich an die Arbeit. Kaum habe ich die Platte gelöst und hochgehoben, erkenne ich darunter, von Sand und losem Gestein begraben, ein blaues Licht. Es schimmert begraben. Hastig befreie ich es und finde einen zur Pyramide geschliffenen Edelstein, aus dem das Licht zu kommen scheint.

„Urugnas, du hast mich gefunden!“

Erschrocken haste ich auf meine Füße, kann aber im blendend blauen Licht, dass jetzt die Gruft ausleuchtet, niemanden ausmachen. Zittern vor Ehrfurcht sinke ich auf meine Knie, als das Abbild eines nackten Mannes mit einer Sonne auf seinem Kopf, langsam Form annimmt. „Wer bist du?“, hauche ich zitternd.

Das blaue Licht wird golden. Ist die Sonne auf seinem Kopf ist zum Leben erwacht? Der nackte Mann mit der Sonne auf dem Kopf spricht, als ob der Wind die Brandung peitschen würde, unheimlich und urgewaltig: „Urugnas, grabe den alten Tempel im südlichen Dschungel aus und finde so denjenigen, der der Sonne würdig ist. Beeile dich! Erlöse die Sonne!“

Von einem Strahl der Morgensonne geblendet erwache ich im Doppelbett der Honeymoon Suite. Tue aber sofort so, als ob ich noch schlafen würde, denn Frederick kuschelt sich unter der dünnen Decke an mich.

So gut und so falsch

Er streichelt meine nackte Brust. Der Südfranzose kräuselt mein spärliches Brusthaar mit seinen Fingern und liebkost danach sanft meine Brustwarzen und meinen Bauchnabel. Er tut das so liebevoll, dass ich meine Augen öffne, um ihn anzusehen.

„Habe ich dich geweckt?“, fragt er. „Ich habe noch nie einen anderen Mann so erforscht. Deine Haut ist viel sanfter als meine und das obwohl ich mich überall rasiere. Haben alle Kolumbianer so weiche Haut?“ Berührungsängste kennt er nicht. „Luon, fühle den Unterschied!“ Frederick langt nach meiner rechten Hand und legt sie sich auf seine eigene Brust.

Verlegen über die plötzliche Intimität – diesmal voll wach und beobachtet – scheue ich mich. Im Schutze der Dunkelheit war es einfacher. Diesmal ist es kein heimliches Vordingen.

„Mann, wir sind Copain! Luon, jetzt fühl schon!“

Scheu fahre ich seinen Torso ab. „Da sind feine Stoppeln!“

„Echt? Schon wieder?“ Sofort überprüft es Frederick mit seinen eigenen Fingern. „Allerdings! Ich muss mich nachher rasieren. Mann, ich hasse meine borstigen Körperhaare! Luon, deine sind ganz anders.“ Er zupft an den wenigen um meine Brustwarzen. Er tut das so selbstverständlich, als ob er den Lack eines Kühlers oder ein Küchengerät inspizieren würde. Sachlich registriert er Unterschiede und redet ganz offen darüber. Er vergleicht die Farbe unserer Brustwarzen, ihre Größe und Härte. Neugierig bohrt sein Zeigefinger in meinen Bauchnabel und folgt danach der feinen Haarstraße tiefer. Ganz natürlich schiebt er seine Hand unter den Bund meiner Boxershorts und wühlt in meinem verklebten Schamhaar. „Hast du abgespritzt? Luon, hattest du auch einen erotischen Traum?“

Erschrocken hocke ich mich im Bett auf. Mein komischer Traum ist mir plötzlich wieder klar im Gedächtnis.

„Alter, das ist kein Grund zum Ausrasten.“

„Ich träumte von einer …“

„Frau?“ Frederick runzelt seine Stirn. „Luon, bist du nicht schwul?“

„Keine Frau!“ Verwirrt über die Bilder in meinem Kopf blicke ich auf den Nackten in meinem Bett und beschließe, den Traum aus meinem Gedächtnis zu tilgen. „Du hattest einen erotischen Traum?“, wechsle ich das Thema.

„Und ob!“

„Erzähl!“

Fredricks Kopf wird augenblicklich knallrot. „Später!“ Er langt abermals vorne in meine Hose. „Ich rasiere mir die Schamhaare seit die ersten gesprossen sind. Kitzeln dich diese Haare nicht den ganzen Tag?“ Frech zupft er an meinem Busch.

Da er seine Frage offensichtlich ernst meint, verneine ich.

„Luon, sei nicht so verklemmt!“, ermutigt er mich. „Ich bin auch dabei, deinen schlanken Körper zu erkunden. Nur zu! Bist du nicht neugierig, wie sich eine blitzblank rasiere Schamregion anfühlt?“ Weil ich zögere, zieht er seine Hand aus meiner Unterhose und packt damit mein Handgelenk. Zielsicher schiebt er meine Hand unter die Decke und platziert sie bei sich vor Ort. „Jetzt teste!“ Um mir zu demonstrieren, dass nichts dabei ist, schiebt er wieder zielsicher seine Hand in meine Unterhose. Diesmal schnappt er sich einfach das, was härter nicht werden kann.

Ich keuche sofort auf.

„Schon jetzt?“ Rasch zieht mir der Nackte meine Boxershorts vorne runter, dass ich freies Schussfeld bekomme. Sofort packt er wieder meine Waffe und zielt damit auf meine Brust hoch. Mit seiner anderen Hand reißt er sich selbst die Decke vom Leib und feuert zeitgleich mit mir ebenfalls seine Morgensalve ab.

Viel zu erregt zum Sprechen, sehe ich zu Frederick rüber.

Sein breites Grinsen zollt seine Zufriedenheit. „Mann, das war total genial! Gleich nochmal?“ Bevor ich reagieren kann, packt er schon fester zu. All der Kleister stört ihn überhaupt nicht. Im Gegenteil, er riecht daran und vergleicht auch hier mit seiner eigenen Duftnote. „Du riechst ganz anderes, als ich. Mein Sperma riecht nach Banane, deines nach Honig.“

Auch wenn ich nichts sehnlicher will, als seine Hand genau dort zu haben, wo sie jetzt liegt, winde ich mich. Für ihn mag das alles ein Experiment sein, eine Laune oder ein Spiel, doch für mich ist es ernst. Ich liebe diesen Flegel mehr, als ich in Worte fassen kann. Geschickt schäle ich mich aus seinem Griff und danach aus dem Bett, um unter der Dusche mit kaltem Wasser wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Wie eisig Wasser in den Alpen sein kann, versuche ich stoisch zu ignorieren.