Ein großer Krach und seine Folgen - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein großer Krach und seine Folgen E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »In vier Wochen findet der Ärztekongress in Barcelona statt«, bemerkte die Onkologin Dr. Simone Sandmann, als sie im Aufenthaltsraum der Behnisch-Klinik an einem der Tische stand und auf die Anzeige in einem Magazin herabblickte. Ihr Kollege und Freund Leander Meinhardt kam mit einer Tasse Kaffee zu ihr und blickte ihr über die Schulter. »Medizin und Ernährung. Wieder so was Alternatives.« Seine Stimme klang abfällig. »Was soll das heißen? Inzwischen ist es erwiesen, dass die Ernährung einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit des menschlichen Körpers hat«, verteidigte Simone ihre Überzeugung energisch. Leander lachte herablassend. Er zwickte sie zärtlich in die Wange, wie er es für gewöhnlich bei seiner kleinen Nichte zu tun pflegte. »Mein naives Häschen. Es ist immer wieder schön, wie leicht du dich von Worten einwickeln lässt. Das macht auch mir das Leben bequemer.« Ärgerlich wandte sich Simone ab. »Glücklicherweise stehe ich mit meiner Meinung, dass man nicht nur die Symptome einer Krankheit bekämpfen, sondern das Übel bei der Wurzel packen muss, nicht alleine da.« »Warum bist du nicht Heilpraktikerin geworden, wenn du die Schulmedizin nach allen Regeln der Kunst verteufelst?«, fragte Leander provokant. »Das tue ich doch gar nicht.

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Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane – 14 –

Ein großer Krach und seine Folgen

Ist Frau Dr. Sandmann unersetzlich?

Patricia Vandenberg

»In vier Wochen findet der Ärztekongress in Barcelona statt«, bemerkte die Onkologin Dr. Simone Sandmann, als sie im Aufenthaltsraum der Behnisch-Klinik an einem der Tische stand und auf die Anzeige in einem Magazin herabblickte. Ihr Kollege und Freund Leander Meinhardt kam mit einer Tasse Kaffee zu ihr und blickte ihr über die Schulter. »Medizin und Ernährung. Wieder so was Alternatives.« Seine Stimme klang abfällig.

»Was soll das heißen? Inzwischen ist es erwiesen, dass die Ernährung einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit des menschlichen Körpers hat«, verteidigte Simone ihre Überzeugung energisch.

Leander lachte herablassend. Er zwickte sie zärtlich in die Wange, wie er es für gewöhnlich bei seiner kleinen Nichte zu tun pflegte.

»Mein naives Häschen. Es ist immer wieder schön, wie leicht du dich von Worten einwickeln lässt. Das macht auch mir das Leben bequemer.«

Ärgerlich wandte sich Simone ab.

»Glücklicherweise stehe ich mit meiner Meinung, dass man nicht nur die Symptome einer Krankheit bekämpfen, sondern das Übel bei der Wurzel packen muss, nicht alleine da.«

»Warum bist du nicht Heilpraktikerin geworden, wenn du die Schulmedizin nach allen Regeln der Kunst verteufelst?«, fragte Leander provokant.

»Das tue ich doch gar nicht. Es geht mir lediglich darum, alle Möglichkeiten zur Heilung einer Krankheit auszuschöpfen. Und dazu gehört nun mal auch der naturheilkundliche und ganzheitliche Aspekt. Schon die alten Griechen wussten, dass wir mit unserer Nahrung erheblich zu unserer Gesundheit beitragen können.« Simones hellgraue Augen funkelten ärgerlich. »Und wie ich in dem Interview in der neuen Frauenzeitschrift ›Femme Fatale‹ lesen konnte, ist der Kollege Daniel Norden ganz meiner Meinung«, fügte sie triumphierend hinzu.

Genervt verdrehte Leander die Augen.

»Wieder mal unser Wunderdoktor!«, stieß er hämisch hervor. »Fast habe ich den Eindruck, ich müsste eifersüchtig sein, so oft schwärmst du von ihm«, versuchte er, das Thema zu wechseln. »Verrat mir: was hat er, was ich nicht habe?«

»Er ist tolerant und geistig flexibel genug, um einzusehen, dass das in der heutigen Medizin vorherrschende technokratische Bild des Menschen falsch ist«, erwiderte Simone schneidend. Sie warf Leander einen erbarmungslosen Blick zu, als sie hinzufügte: »Und er sieht unverschämt gut aus für sein Alter. Das ist wohl Beweis genug, dass unsere Theorie richtig ist.« Mit diesen harten Worten schlug die Ärztin das Fachblatt zu, stellte ihre Teetasse in die Spüle und wollte den Aufenthaltsraum verlassen, als Leander ihr nacheilte.

»Manchmal bist du kalt wie ein Eisberg«, beschwerte er sich beleidigt. »Außerdem haben wir an dem Kongresstermin keine Zeit.«

»Warum nicht?«, fragte Simone. Ihr Kittel umwehte ihre schlanke Figur, während sie an Leanders Seite den Flur hinunterging.

»Das Golfturnier, schon vergessen? Ich spiele um den Pokal. Diesen Triumphzug wirst du dir doch nicht entgehen lassen, nicht wahr?«, fragte Leander aufreizend.

Dr. Simone Sandmann unterdrückte ein Seufzen und blieb stehen. Leander tat es ihr gleich. Sie standen sich gegenüber und sahen sich in die Augen.

»Also schön. Dann keine Fortbildung in Sachen Krebsbekämpfung durch Ernährung«, gab sie sich zögernd geschlagen. Leander quittierte das Entgegenkommen seiner Freundin mit einem zärtlichen Lächeln. Seine braunen Augen strahlten auf, als er ihr liebevoll mit dem Finger über die Wange fuhr. »Ich wusste, dass du dir dieses Ereignis nicht entgehen lassen würdest. Du bist eben doch in erster Linie eine richtige Frau und dann erst Ärztin.« Er küsste sie sanft auf die Nasenspitze, ehe er sich zum Gehen wandte. Simone starrte ihrem Freund und Kollegen fassungslos nach. Manchmal war seine Überheblichkeit nicht zu überbieten. Wieder einmal nahm sie sich vor, ihm bei der nächsten passenden Gelegenheit einen Denkzettel zu verpassen. Doch Simone wusste auch, dass sie dieses Vorhaben in der Hektik des Alltags wieder einmal vergessen würde.

*

»Man kann ja nicht oft sagen, dass die Presse seriös berichtet. Aber dieser Artikel ist wirklich hervorragend gelungen.« Aus Fee Nordens Blick sprach deutlicher Stolz, als sie das neue Frauenmagazin ›Femme Fatale‹ in Händen hielt. »Ich könnte ihn immer und immer wieder lesen.« Dr. Daniel Norden schüttelte unwillig den Kopf.

»Du hast ihn schon mindestens zehn Mal gelesen. Bestimmt kannst du ihn schon auswendig. Findest du nicht, dass das reicht?« Nach dem wunderbaren Mittagessen im Kreise seiner Familie gönnte er sich mit seiner Frau ein paar ruhige Minuten, ehe er wieder in die Praxis aufbrechen wollte. »Ich verstehe gar nicht, was dich daran so fasziniert.«

Dr. Daniel Norden liebte es nicht, wenn Rummel um seine Person gemacht wurde. Schließlich und endlich war das Interview lediglich Ergebnis einer Gefälligkeit gewesen, die er der Chefredakteurin Nora Bandini erwiesen hatte. Kein Grund, großen Wirbel darum zu machen. Doch Felicitas war zu Recht stolz auf ihren Mann. Sie hob die Zeitschrift.

»Meiner Ansicht nach gibt es keine rein körperlich bedingten Krankheiten. Immer ist auch die Psyche beteiligt«, zitierte sie mit strahlenden Augen. »›Ich kann mich den Kollegen der Antike nur anschließen, die eine Spaltung in Ärzte für Körper ohne Seelen und Ärzte für Seelen ohne Körper befürchteten. Mein Ehrgeiz ist es aber nicht, die Schulmedizin zu verdammen. Vielmehr geht es mir darum, den psychosomatischen Ansatz in allen Bereichen der Medizin verwirklicht zu sehen‹, erklärte der sympathische und charismatische Allgemeinmediziner«, las Felicitas weiter den Text vor, den die Chefredakteurin eigenhändig verfasst hatte. Sie legte den Artikel beiseite und sah Daniel mit leuchtenden Augen an. »Statt dich zu winden, solltest du dich darüber freuen, dass deine Ideen in einem so populären Magazin veröffentlicht werden. Vielleicht nimmt sich der eine oder andere Kollege ein Beispiel daran und ändert seine Haltung.« Über diese Vermutung lachte Daniel schallend.

»Du bist so süß, mein allerliebstes Feelein. Als ob ein studierter Mediziner eine Frauenzeitschrift zur Hand nimmt und sich davon belehren lässt.«

Aber Felicitas wollte sich in ihrer Begeisterung nicht beirren lassen.

»Das vielleicht nicht. Aber du vergisst, dass viele deiner Kollegen eine bessere weibliche Hälfte an ihrer Seite haben, die wiederumsolche Magazine gelegentlich lesen.«

»Und ihren Männern abends zur Lektüre vorlegen.«

»Warum nicht? Man sollte den Einfluss der Frauen nicht unterschätzen«, lächelte Felicitas selbstbewusst. »Nicht umsonst heißt es: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau.«

Daniel Norden konnte nicht anders. Er musste einfach aufstehen und seine Frau für ihre Begeisterung küssen. Zärtlich nahm er ihren weißblonden Kopf und zog ihn zu sich heran.

»Und ich habe die stärkste Frau von allen. Nur dir allein habe ich meinen Erfolg zu verdanken«, murmelte er gerührt, ehe er sie liebevoll küsste.

Als sie wieder in die Wirklichkeit zurückkehrte, lachte Fee leise.

»Es wird nicht wenige Damen geben, die mich um meinen Status beneiden.« Obwohl sie eine fröhliche Miene zur Schau trug, blitzte ein besorgter Funken in ihren violetten Augen auf. In all den Jahren hatte sie sich ein gesundes Maß an Eifersucht bewahrt. Zu wenig, um die Beziehung zu gefährden und zu viel, um der Gleichgültigkeit anheimzufallen. Daniel bemerkte es geschmeichelt.

»Es gefällt mir, dass du nach all den Jahren noch um meine Liebe kämpfen würdest. Dich nicht entspannt zurücklehnst, wie es viele alte Ehepaare tun, weil sie sich ihrer Sache zu sicher sind. Es nicht mehr für nötig halten, sich noch Mühe zu geben.«

»Wenn es nötig ist, werde ich bis zum letzten Atemzug um dich und deine Liebe kämpfen, mein Schatz«, versprach Fee feierlich. »Ich verspreche, ich werde es dir nicht zu schwer machen.« Wieder wollte Daniel sie zu sich heranziehen. Da fiel Fees Blick auf die schöne, antike Wanduhr, die leise vor sich hin tickte.

Lächelnd entwand sich Felicitas der Umarmung ihres Mannes.

»Wenn du dich nicht bald auf den Weg in die Praxis machst, werden die Patienten hierher kommen. Dann muss ich dich gleich hier vor gewalttätigen Übergriffen verteidigen«, bemerkte sie belustigt.

Daniel seufzte.

»Das will ich dir nicht auch noch zumuten. Schließlich hast du schon Arbeit genug mit mir«, antwortete er augenzwinkernd. Ein letzter Kuss, dann musste er sich wirklich verabschieden. Doch Daniel war sich sicher, dass die nächsten Stunden wie im Flug vergehen würden. Der Artikel, der vor ein paar Tagen in dem neuen Frauenmagazin erschienen war, hatte für Furore gesorgt. Momentan konnte sich der Allgemeinmediziner nicht über mangelnde Arbeit beklagen.

Der Hörsaal leerte sich langsam. In kleinen Gruppen oder einzeln verließen die Studenten lachend und schwatzend den Raum. Nur zwei seiner Zuhörer stiegen die Stufen hinab, um mit dem Professor zu sprechen.

»Ihre Vorlesung war mal wieder erstklassig«, machte Marius Dahl keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den scheuen Pädagogen. Professor Roman Finks schmale Lippen verzogen sich zu einem verhaltenen Lächeln, das kaum als solches zu erkennen war.

»Danke für das Kompliment. Es freut mich, wenn Sie tiefere Erkenntnisse aus meinen Ausführungen gewonnen haben«, gab er in der ihm eigenen, umständlichen Sprache zurück. Dabei rückte er einen Stapel Bücher auf dem Tisch gerade, sodass die Kanten exakt aufeinanderlagen. Unordnung machte den Eigenbrötler leicht nervös. Marius streifte seinen Freund, der neben ihm stand, mit einem Seitenblick. Seine nervösen Augen kehrten zu dem zurückhaltenden Chemieprofessor zurück.

»Wir wollten fragen, ob Sie uns in die Mensa begleiten, um das Thema noch ausführlicher zu diskutieren«, fragte er schüchtern.

Der Professor rückte an der Brille mit den dicken Gläsern, die, wie seine ganze übrige Kleidung, aus längst vergangenen Tagen stammte. Roman Fink legte keinen Wert auf modischen Schnickschnack, wie er es nannte. Er lebte in seiner eigenen Welt, die ihre eigenen Gesetze hatte. Daher schüttelte er nun entschieden den Kopf.

»Tut mir leid. Ich habe keine Zeit«, lehnte er die Einladung ebenso freundlich wie bestimmt ab.

»Wirklich schade.« Die beiden Studenten warfen sich bedauernde Blicke zu. »Na dann, einen guten Tag noch.« Ratlos traten sie von einem Bein auf das andere, als warteten sie auf etwas. Als Professor Fink nicht mehr antwortete, zogen sie schließlich von dannen. Der Chemiker hatte die beiden Studenten längst vergessen und konzentrierte sich auf das, was er stets nach den Vorlesungen zu tun pflegte. Ordentlich, immer auf dieselbe Weise und in derselben Reihenfolge, packte er die Bücher in seine abgeschabte Ledermappe. Die akkurat handgeschriebenen Unterlagen folgten. Dann legte Roman Fink Füllhalter und Mienenstift in das altmodische Etui, klappte es zu und steckte es in das extra in die Tasche eingenähte Fach. Endlich war alles verstaut. Der Professor sandte einen prüfenden Blick über das Pult. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Etwas stimmte nicht, war anders als sonst. Aber er konnte den Grund dafür nicht ausmachen.

»Diesmal haben Sie einen Fehler gemacht!« Es war eine weibliche Stimme, die ihn aus seinen Betrachtungen riss. Verwirrt blickte Fink auf und sah in die lachenden Augen seiner Kollegin Carola Körner. Nie zuvor hatte er ein Wort mit ihr gewechselt. Er kannte sie nur vom Sehen. »Welchen Fehler?«, fragte er mit seiner angenehm leisen, kontrollierten Stimme.

»Das Taschentuch. Es ist auf den Boden gefallen.« Die Professorin für Psychologie deutete auf das strahlend weiße Stück Stoff, das vor dem Pult auf dem Boden lag. Roman Fink betrachtete es nachdenklich.

»Ich wusste, dass etwas anders ist als sonst. Aber ich bin nicht darauf gekommen, was es sein könnte.« Ungläubig schüttelte er den Kopf. Roman richtete seine Augen, die ebenso seltsam farblos waren wie sein ganzes Äußeres, auf die Kollegin. »Woher wissen Sie es?«

Carola atmete tief durch und nahm all ihren Mut zusammen. Dabei kam sie ein paar Schritte näher.

»Weil ich Sie beinahe jedes Mal nach der Vorlesung beobachte. Wie Sie die Bücher zurechtrücken. Einladungen von Studenten ausschlagen, Ihre Sachen packen. Immer in derselben Reihenfolge. Und dann den Hörsaal verlassen. Allein«, ließ sie ihn stockend an ihren heimlichen Beobachtungen teilhaben.

Der Professor bedachte die Kollegin mit einem fragenden Blick.

»Sie spionieren mir nach?«, fragte er ungläubig.

»Ich beobachte Sie.«

»Warum?«

Diese Frage konnte Carola Körner nicht sofort beantworten. Sie sah Roman Fink nachdenklich an.

»Ich weiß nicht genau. Interesse, vielleicht Neugier.« Sie hielt inne und überdachte ihre Worte. »Sie sind so anders als die Kollegen hier. Immer alleine. Zurückgezogen. Ich frage mich, warum das so ist. Und ob Sie nicht einsam sind.« Sie lächelte freundlich dabei.

Roman war irritiert. Er hatte Übung darin, sein Wissen vor vielen hundert Menschen darzulegen. Aber er war es nicht gewohnt, als Person im Mittelpunkt des Interesses zu stehen.

»Ich verstehe immer noch nicht. Wie kommt man auf so eine Idee?«, fragte er leise. Carola lachte.

»Ich bin Professorin für Psychologie. Das muss als Erklärung genügen.« Sie stand inzwischen neben ihm und wollte sich nach dem Taschentuch bücken. Doch Roman kam ihr zuvor und beugte sich herab. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihn. Er stöhnte auf und knickte leicht ein. Sofort sprang Carola ihm zu Hilfe. Fürsorglich legte sie den Arm um seine Hüfte und stützte ihn.

»Was ist mit Ihnen? Sind Sie krank?«, fragte sie besorgt.

Der Professor schnappte nach Luft und richtete sich langsam wieder auf. Er atmete tief ein und aus. Endlich kehrte etwas Farbe in sein Gesicht zurück. Die Berührung war ihm unangenehm. Sanft schob er ihren Arm fort. »Nicht der Rede wert. Offenbar bin ich etwas aus der Übung«, wollte er seine Beschwerden verharmlosen. Doch so leicht ließ sich Carola nicht beruhigen. Sie sah ihn durchdringend an.

»Nichts da. Mir erzählen Sie keine Märchen. Sie haben Schmerzen«, sagte sie ihm auf den Kopf zu.

Roman Fink war es nicht gewohnt, mit anderen Menschen zu sprechen. So war er auch nicht im Lügen geübt.

»Hin und wieder«, gestand er zögernd. »Aber jetzt ist es schon wieder vorbei. Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Er nahm Carola Körner das Taschentuch aus der Hand und verstaute es in seiner Tasche. Die Begegnung und das Gespräch waren ihm unangenehm. Er trachtete danach, beides so schnell wie möglich zu beenden. »Auf Wiedersehen.« Er kehrte zu seinem strengen Ablaufplan zurück und klemmte sich die Aktentasche unter den Arm. Carola zögerte einen Moment. Dann folgte sie ihm.

»Darf ich Sie ein Stück begleiten?«, fragte sie, während sie neben dem Professor herging.

Roman versuchte gar nicht erst, sein Unbehagen über diesen Vorschlag zu verbergen.