Drawn Into Love - Aurora Rose Reynolds - E-Book
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Drawn Into Love E-Book

Aurora Rose Reynolds

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Beschreibung

Wenn das Schicksal eine zweite Chance fordert ... Courtney Williams hat auf ein Für immer gehofft. Bekommen hat sie sechs Jahre leere Versprechungen, eine Scheidung und eine wohlverdiente Abfindung, die ihr den Weg nach Manhattan ebnet. Dort darf sie sich nun als glücklicher Single neu beweisen – bis sie auf den Architekten Lucas Fremont trifft, der nicht nur Entwürfe für ihre Deckenbalken anzubieten hat. Als hingebungsvoller, alleinerziehender Vater wirkt er auf den ersten Blick fast zu gut, um wahr zu sein. Lucas ist keineswegs auf der Suche nach einer neuen Partnerin, doch als er Courtney begegnet, lässt sie sein gebrochenes Herz sofort höherschlagen. Instinktiv spürt Lucas, dass er es langsam angehen muss, wenn er dieser besonderen Frau näherkommen möchte. Eine verbitterte Ex und ein nicht unwesentliches Detail aus Courtneys Vergangenheit machen einen Neuanfang jedoch keineswegs zum Kinderspiel ...

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Seitenzahl: 315

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Drawninto Love

Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2019 unter dem

Titel DRAWN INTO LOVE von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht. Diese Ausgabe wird im Rahmen einer Lizenzvereinbarung ermöglicht, die von Amazon Publishing, www.apub.com, in Zusammenarbeit mit der Agentur Hoffmann stammt.

© 2021 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH

8700 Leoben, Austria

Aus dem Amerikanischen von Friederike Bruhn

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: © Sara Eirew

Redaktion: Romance Edition

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903278-63-9

ISBN-EPUB:978-3-903278-64-6

www.romance-edition.com

Für das Montlake-Team.

Danke für alles.

Danke, dass ihr an mich und diese Reihe glaubt.

1. Kapitel

Neues Fundament

Courtney

Nach einem Schluck Wein nehme ich mir wieder das Paketband und klebe eine weitere Schachtel zu. Anschließend sehe ich mich in meinem beinahe leeren Wohnzimmer um. Wer hätte gedacht, dass sechs Jahre meines Lebens in einige wenige Kisten passen? Doch die Kartons, die sich vor einer der Wände stapeln, sind Beweis genug dafür. Morgen Früh werden ein paar Möbelpacker hier aufschlagen und sie mitnehmen.

Das Festnetztelefon beginnt zu klingeln, und ich stoße einen Seufzer aus. Es gibt nur zwei Menschen, die mich über diesen Anschluss anrufen würden: meine ehemalige Schwiegermutter und mein Ex-Mann. Als der Anrufbeantworter anspringt und die Stimme meines Ex’ durch das leere Haus hallt, zucke ich unwillkürlich zusammen.

»Courtney, hier ist Tom. Ich habe mit Mom gesprochen. Sie meinte, die Leute von dem Umzugsunternehmen würden morgen kommen. Ich wollte wissen, ob du heute Abend mit mir essen möchtest. Wir sollten noch mal miteinander spreche, bevor du fährst. Ruf mich zurück.« Sobald er aufgelegt hat, erfüllt ein lautes Tuten den Raum. Ich blicke hinunter auf meine Hände und bemerke, dass ich vor Anspannung meine Fingernägel in die Innenflächen bohre.

Er will reden? Jetzt? Lustig, dass er auf einmal eine Unterhaltung möchte. Denn während der letzten zwei Jahre unserer Ehe, als ich mit ihm sprechen wollte, war er entweder zu beschäftigt oder der Auffassung, dass es nichts zu bereden gäbe. Alles sei in bester Ordnung. Was nicht stimmte. Sonst hätte ich wohl kaum herausgefunden, dass er ein betrügerisches Arschloch ist und seine Sekretärin geschwängert hat. Und zwar während ich mich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzog, um uns endlich die lang ersehnte Familie schenken zu können. Frustriert lasse ich die Hände sinken und kippe den Rest meines Weins hinunter, ehe ich hinüber in die Küche gehe.

Während ich mein leeres Glas mit Wasser fülle, starre ich aus dem Fenster über der Spüle. Früher habe ich gern hier gestanden und mir ausgemalt, dass ich unsere Kinder dabei beobachte, wie sie im Garten spielen. In meinen Träumen hatten wir eine ganze Rasselbande – eine Vorstellung, die mich vom Aufgeben abhielt, auch wenn ich eigentlich nicht mehr konnte. Als Tom und ich dieses Haus kauften, waren wir jung, furchtbar verliebt und bereit für die Zukunft. Eine gemeinsame Zukunft. Wir lernten uns kennen, als ich dreiundzwanzig und frisch von Albany hierher nach Boston gezogen war, um in jener Kanzlei als Rechtsanwaltsgehilfin zu arbeiten, in der Tom als Anwalt tätig war. Wie wir schließlich zueinander fanden, weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich daran, was mich zu ihm hinzog: Er hatte eine große Familie, die sich sehr nahestand, und danach hatte ich mich immer gesehnt. Außerdem schien er Mitgefühl mit den Menschen zu haben, denen es weniger gut ging als ihm; ein Charakterzug, der mir bei anderen Männern sonst nur sehr selten begegnete.

Als wir uns kennenlernten, schien Tom all das zu sein, was ich gesucht hatte: Er war nett und solide, und er akzeptierte mich, wie ich war. Da ich in einem Heim aufwuchs, hatte ich nie ein stabiles Umfeld, geschweige denn jemanden, auf den ich mich in schwierigen Momenten verlassen konnte. All das hat Tom mir gegeben. Na ja, zumindest für eine Weile.

»Es ist an der Zeit, dass du selbst Fuß fasst und dir ein stabiles Umfeld errichtest«, rufe ich mir in Erinnerung und kehre ins Wohnzimmer zurück, um fertig zu packen.

Morgen startet mein neues Leben. Ich ziehe aus diesem Haus aus und nach New York City, wo ein Job in einer Anwaltskanzlei, die auf Scheidungsrecht spezialisiert ist, auf mich wartet. Irgendwie ist es schade, dass mir ausgerechnet das Ende meiner eigenen Ehe zu dieser Karrierechance verhalf, aber so war es. Nachdem ich von Toms Affäre Wind bekam, hatte ich erst einmal nicht vor, ihn dafür in irgendeiner Weise bluten zu lassen – was sich aber änderte, als ich erfuhr, dass seine Geliebte schwanger war. Zugegeben, da bin ich etwas durchgedreht und wollte ihn doch ein bisschen leiden sehen. Er sollte das Gleiche fühlen wie ich, als er mir meinen Traum zerstörte. Dabei hatte ich so vieles für unsere gemeinsame Zukunft hintangestellt.

Als wir uns damals dazu entschieden, eine Familie zu gründen, kündigte ich meine Stelle. Ich gab mich selbst auf, um zu der Ehefrau zu werden, die Tom wollte. Ich kümmerte mich um das Haus und die Einkäufe, bereitete ihm jeden Abend das Essen zu und stand ihm immer zur Verfügung, wenn er Zeit zu zweit wollte oder einfach nur Sex. Daran, dass ich all das für ihn getan habe, ist nicht allein er schuld. Schließlich wollte ich eine gute Ehefrau sein. Ihn glücklich und stolz machen. Er sollte nie daran zweifeln, wie sehr ich ihn schätzte. Umso mehr hat mich sein Betrug getroffen.

Ich hatte kein Geld und mir war klar, dass ich niemanden aus der hiesigen Anwaltschaft mit der Abwicklung meiner Scheidung betrauen konnte, weil viele von ihnen mit Tom befreundet sind. Zum Glück fiel mir ein Zeitungsartikel über jemanden aus meiner Vergangenheit in die Hände: Abby Snider, Scheidungsanwältin in New York. Obwohl ich drei Jahre älter bin als sie, waren wir einige Zeit in derselben Wohngruppe. Ich habe mich so gut es ging um sie gekümmert, bis sie mit elf von einer wohlhabenden Familie aus der City adoptiert wurde. Danach hatten wir keinen Kontakt mehr, aber wie sich herausstellte, hat mich Abby nie vergessen und ich sie genauso wenig. In dem Zeitungsartikel stand, dass Abby für die Gerechtigkeit eintreten würde und sich vehement für ihre Klientinnen einsetzt. Genau das brauchte ich. Jemanden, der für mich kämpft, und das hat Abby getan. Als ich sie kontaktierte, hat sie sich sofort an mich erinnert und zugestimmt, mir zu helfen.

Dass Tom und seine Familie reich waren, war keine Neuigkeit für mich. Aber erst als ich die Scheidung einreichte, erfuhr ich, wie viel Geld er verdiente. Vorher wusste ich nur, dass wir mehr als gut über die Runden kamen, uns ein schickes Haus in einer hübschen Gegend leisten konnten, stets die neuesten Autos fuhren und ich keine Coupons sammeln musste. Letzten Endes gestand mir Tom in einer Vereinbarung etwas mehr als zehn Millionen Dollar zu, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Vielleicht hatte er mir gegenüber Schuldgefühle; mir eine Stange Geld zu überlassen, machte sein Vergehen aber nicht ungeschehen. Mir wäre jenes Leben viel lieber gewesen, das er mir bei unserer Hochzeit versprochen hat.

Ein Klingeln reißt mich aus meinen Gedanken. Durch die verglasten Aussparungen der Holztür kann ich sehen, wer sich auf der anderen Seite befindet. Genervt verdrehe ich die Augen und marschiere über den auf Hochglanz polierten Parkettboden hinüber. »Ja?«, frage ich, nachdem ich schwungvoll geöffnet habe.

»Ich dachte mir, dass du wahrscheinlich mit Packen beschäftigt bist, deswegen habe ich Abendessen mitgebracht«, antwortet Tom und hält eine braune Papiertüte in die Höhe.

Ich atme einmal tief durch und beobachte, wie er unbehaglich von einem Fuß auf den anderen tritt. Es ist seltsam, dass ich ihn mittlerweile nicht mehr attraktiv finde. Kein bisschen. Als wir ein Paar wurden, hielt ich ihn für einen gutaussehenden Mann: Er ist groß und schlank, hat blonde Haare und braune Augen, die mich einst dahinschmelzen ließen, kaum dass er mich ansah. Jetzt regt sich da nichts mehr.

»Solltest du nicht zu Hause sein? Bei deiner Freundin und deinem Baby?«, entgegne ich und es gelingt mir nicht, den schnippischen Unterton aus meiner Stimme zu verbannen.

Seit seine Tochter vor zwei Monaten zur Welt kam, macht er so was wie heute Abend öfter. Unangekündigt vor meiner Tür aufkreuzen, mich fragen, ob wir zusammen zu Abend essen, ständig anrufen – solche Dinge. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich dagegen entschieden habe, Tom seine Hälfte des Hauses abzukaufen und hier wohnen zu bleiben. Stattdessen habe ich mich dazu entschlossen, Abbys Jobangebot anzunehmen. Denn in der gleichen Stadt wie Tom zu leben, ist hart. Ich hasse es, ihm dauernd zu begegnen. Besonders furchtbar war, seiner damals noch schwangeren Freundin im Supermarkt über den Weg zu laufen und ihre gehässigen Blicke ertragen zu müssen. Auch dass seine Mutter auf der anderen Straßenseite wohnt und denkt, sie könne weiterhin vorbeikommen, wann immer es ihr passt, geht mir auf den Senkel. Versteht mich nicht falsch, ich liebe seine Mom, aber sie zu sehen, erinnert mich an die Familie, die ich verloren habe. Aber am meisten widerstrebt mir, dass Tom glaubt, noch eine Art Anspruch auf meine Zeit zu haben; dass er anrufen oder hier reinschneien dürfe, wenn ihm danach ist.

»Sie ist ausgegangen«, erklärt er und es gelingt ihm nicht, sein Missfallen darüber zu verbergen. »Kann ich reinkommen?«

»Ich bin beschäftigt, Tom. Ich muss noch eine Menge erledigen, bevor die Umzugsleute morgen erscheinen.«

Er wirft einen Blick über meine Schulter nach drinnen, ehe er wieder mich ansieht. »Ich kann dir helfen.«

»Nein danke.« Ich stelle mich ihm in den Weg, als er Anstalten macht, das Haus zu betreten.

»Courtney, ich ...« Er bricht ab und fährt sich mit den Fingern durch das Haar.

Früher fand ich es süß, wenn er das aus einer Unsicherheit heraus getan hat, aber jetzt geht es mir auf den Keks. Ehrlich gesagt nervt mich mittlerweile alles an ihm.

»Tom, geh heim.« Seufzend schüttle ich den Kopf.

»Kannst du vielleicht etwas nachsichtiger mit mir sein und versuchen, zu verstehen, was ich gerade durchmache?«

»Wie bitte?« Ich glaube, ich höre nicht recht. »Meiner Meinung nach war ich bisher viel zu nachsichtig mit dir. Und was zum Henker machst du momentan durch?«, frage ich gereizt, ehe ich mich davon abhalten kann.

»Meine Ehefrau verlässt den Bundesstaat. Das ist Grund genug, bestürzt zu sein.«

»Deine Ex-Frau«, stoße ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.

»Ich liebe dich immer noch.«

»Du hast eine andere geschwängert, während wir verheiratet waren. Während ich mich zahlreichen Fruchtbarkeitsbehandlungen unterzog. Tut mir leid, aber ich glaube absolut nicht, dass du mich noch liebst. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob du das überhaupt je getan hast.« Der Drang, ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen, ist groß.

»Du weißt, dass ich bei der Arbeit viel durchgemacht habe, und die Zeit, in der du versucht hast, schwanger zu werden ... Das war nicht einfach für mich.«

Ich ziehe scharf die Luft ein und umklammere die Klinke, um die rasende Wut, die plötzlich von mir Besitz ergreift, im Zaum zu halten. »Scher. Dich. Zum. Teufel.«

Wie konnte ich mit diesem Mann verheiratet sein? Warum habe ich erst so spät erkannt, dass er ein egoistisches Arschloch ist? Verdammt, ich muss auf beiden Augen blind gewesen sein.

»Scheiße. Tut mir leid.« Er schließt für einen Moment die Augen. »In meinem Kopf herrscht pures Chaos. Ich möchte, dass wir Freunde sind. Ich vermisse dich und mit dir zu reden.« Schon wieder fängt er damit an. In den letzten Jahren unserer Ehe wollte ich mit ihm sprechen, aber er hat mir das Gefühl gegeben, als wäre es kindisch, seine Zeit und Aufmerksamkeit zu beanspruchen. Was zum Verrücktwerden war.

»Ich möchte nicht mit dir befreundet sein, Tom. Wirklich, ich kann es kaum erwarten, dich nie wiederzusehen.«

»Das meinst du nicht ernst. Du liebst mich.«

»Ich habe dich geliebt. Aber das ist vorbei. Mittlerweile mag ich dich nicht einmal mehr.«

»Das war es also? Du ziehst nach New York, und ich sehe dich nie wieder?«

Die Traurigkeit in seiner Stimme ist nicht zu überhören, aber seine Gefühle liegen nicht mehr in meiner Verantwortung. »Einst wollte ich für immer mit dir zusammen sein. Ich wollte ein Happy End wie im Märchen, aber das hast du mir genommen. Also ja, das war es. Ich möchte nicht mit dir befreundet sein. Eigentlich will ich gar nichts mehr mit dir zu tun haben.«

Er blickt zu Boden. »Du wirst niemals wissen, wie sehr es mir leidtut«, erwidert er und sieht wieder zu mir hoch. Das Ganze scheint ihn zu treffen, und mein Herz – das er mit seiner Achtlosigkeit zerdrückt hat – erleidet einen weiteren Knacks. Mir gefällt nicht, dass er leidet, aber er war es, der die Auswirkungen seines Betruges nie bedacht hat.

»Leb wohl, Tom.« Ich schließe die Tür und damit auch dieses Kapitel meines Lebens.

»Also, was denkst du?«

Ich schaue mich in dem Haus um. Okay, vielleicht ist Haus ein wenig zu hoch gegriffen, da das Innere völlig leer ist. Es gibt keine Küche und kein Badezimmer; genauer gesagt stehen noch nicht einmal Wände. Das Ganze ist eine Außenhülle, die entfernt an ein Haus erinnert.

»Ähm.« Noch einmal blicke ich mich um und wundere mich, ob mir irgendetwas entgangen ist. John, mein Immobilienmakler, lacht. Er ist ein paar Jahre älter als ich und sieht gut aus, ein bisschen wie Prinz Harry. Seine Haarfarbe erinnert an Kupfer und bringt seine strahlend grünen Augen zum Leuchten. Er ist sportlich gebaut und das Lächeln in seinem Gesicht wirkt, als wäre es durch nichts zu erschüttern.

»Ich verstehe dich. Man kann das potenzielle Endergebnis nur erahnen, aber der Preis ist spitze. In dieser Gegend wirst du einen solchen Deal kein zweites Mal finden.«

»Es kostet über eine Million.« Erneut lasse ich den Blick umherschweifen. »Dabei hat es noch keine Wände.«

»Betrachte es wie eine leere Leinwand.« Er lächelt noch breiter, wodurch ein kleines Grübchen in seiner linken Wange zum Vorschein kommt.

»Alles andere wäre ohnehin schwer, wenn nichts da ist.« Meine Mundwinkel zucken amüsiert.

»Ich kenne einen guten Innenarchitekten. Er ist neu in der Stadt, aber was ich bisher von seiner Arbeit gesehen habe, war toll. Ich mache euch miteinander bekannt, wenn du dich für dieses Haus entscheiden solltest.«

»Bist du wirklich der Ansicht, dass das hier eine gute Investition ist?« Unschlüssig beäuge ich den ausladenden Raum.

»Ich habe dir Vergleichsobjekte in dieser Gegend gezeigt. Die meisten Immobilien in dieser Straße sind für fünf Millionen oder mehr verkauft worden. Ich denke, dass es dich etwa achthunderttausend Dollar kosten wird, um dir hieraus dein Traumhaus zu machen. Von daher, ja, ich halte es für eine großartige Investition.«

Niemals hätte ich gedacht, dass ich eines Tages mit jemandem darüber sprechen würde, eine Million Dollar für ein Eigenheim auszugeben – oder ähnlich viel, um es herzurichten. Aber jetzt stehe ich in einem Rohbau und überlege, genau das zu tun. Allein der Gedanke, so viel Geld in die Hand zu nehmen, verursacht ein unangenehmes Kribbeln auf meiner Haut, insbesondere nach einer Kindheit, in der mein gesamtes Leben in einen einzigen Koffer passte.

»Die Gegend ist schön«, sage ich, wenn auch mehr zu mir selbst als zu John, während ich zu einem Fenster hinübergehe, das an eine ruhige Straße in Riverdale grenzt, ein hübsches Viertel in der Bronx.

»Es ist eine wirklich schöne Gegend. Die Schulen hier gehören zu den besten der Stadt. Nur für den Fall, dass du einmal Kinder möchtest.«

Kinder. Dieser Traum ist schon lange ausgeträumt. Wenn ich dieses Haus kaufe, würde ich mir einen Hund zulegen – oder gleich mehrere –, um mir Gesellschaft zu leisten. »Wie viel Bedenkzeit habe ich?«

»Ich würde dir liebend gern sagen, dass du in Ruhe darüber nachdenken kannst, aber diese Immobilie wird schnell vom Markt sein. Der Bauunternehmer, der es renovieren wollte, möchte es schleunigst loswerden. Darum ist der Preis auch so niedrig angesetzt.«

»Also muss ich ein Angebot machen«, halte ich fest und drehe mich zu John um. Mein Magen zieht sich vor Nervosität zusammen. Ich war nie gut darin, Entscheidungen zu treffen, ohne vorher gründlich alle Optionen abzuwägen.

»Wenn du das willst, würde ich dir raten, es eher früh als spät zu tun.« Er nickt und schiebt die Hände in die Taschen seiner Anzughose.

Ein weiteres Mal lasse ich den Innenraum auf mich wirken und mir wird klar, wie sehr ich diese Gegend liebe. John hat recht. Bei dem Preis, der sonst für Objekte in dieser Straße anfällt, wäre mein finanzieller Aufwand deutlich geringer. Selbst wenn man die Renovierung miteinrechnet. Es wäre eine Investition, und eine gute noch dazu. Ich muss mir ein neues Leben aufbauen und dazu gehört, dass ich mir ein Zuhause schaffe.

»Okay«, stimme ich zu, woraufhin John fragend die Brauen hebt. »Ich werde ein Kaufangebot abgeben, aber versprich mir, dass du mich so schnell wie möglich mit deinem Innenarchitekten bekannt machst, falls es angenommen wird.«

Zwar habe ich nichts gegen meine momentane Unterkunft, aber fünftausend Dollar Miete pro Monat finde ich nicht sonderlich prickelnd. Allerdings bietet diese Stadt nur wenige erschwingliche Alternativen, wenn man in einer schönen Gegend wohnen möchte.

»Abgemacht.« Er grinst und zeigt dabei eine Reihe perfekter weißer Zähne. »Na, dann komm, ich lade dich zum Essen ein.« Wir treten nach draußen auf die Veranda, und er schließt die Vordertür hinter uns.

Nach einem Blick auf meine Uhr schüttle ich den Kopf. »Ich kann leider nicht. Ich habe gleich noch einen Termin am anderen Ende der Stadt.«

»Alles klar. Dann bereite ich die Papiere für dein Angebot vor und schicke dir per E-Mail die Dokumente, die du unterzeichnen musst.«

»Klingt gut.« Ich drücke kurz seinen Arm, ehe er ein Taxi herbeiwinkt, das nur eine Sekunde später vor uns zum Stehen kommt. »Meinst du, es würde den Prozess beschleunigen, wenn wir dem Verkäufer sagen, dass ich den Kaufpreis in bar bezahlen werde?«

»Schaden kann es nicht«, meint er schulterzuckend. Offenbar scheint ihn die Vorstellung, dass jemand für eine Immobilie eine Million in bar hinblättert, nicht zu überraschen. Als Makler in einer der teuersten Städte der Welt ist er das vermutlich gewohnt.

»Ich warte dann auf deine E-Mail.« Lächelnd rutsche ich auf die Rückbank des Taxis. Als es losfährt, betrachte ich noch ein letztes Mal das Haus und ein aufgeregtes Flattern geht durch meinen Magen.

2. Kapitel

Nur wir zwei

Lucas

»Daddy, du kannst mich jetzt ins Bett bringen und mir etwas vorlesen«, sagt Madeline. Mein kleines Mädchen steht in ihrem leuchtend pinken Pyjama, dessen Baumwollstoff über und über mit Einhörnern bedruckt ist, in der Tür zu ihrem Zimmer. Ihr Haar ist noch feucht vom Duschen und ein bezauberndes Lächeln erhellt ihr Gesicht.

»Hast du dir die Zähne geputzt?« Ich werfe einen Blick auf die Uhr und sehe, dass es bereits nach acht ist.

»Jap.« Sie grinst, und ich mustere sie aus zusammengekniffenen Augen.

»Hast du all dein Mädchenzeug zurück auf dein Regal in der Dusche gestellt?«

Ihre Augen beginnen zu funkeln und sie kichert. »Ja, Daddy.«

»Gott sei Dank.« Sie hüpft ins Bett, und ich lege mir die Hand auf die Stelle über meinem Herzen. »Noch so einen Glitterunfall wie neulich verkrafte ich nicht.«

Glucksend lässt sie sich in ihre Kissen fallen.

Ihr Lachen ist ansteckend. Im Nachhinein betrachtet, ist das Ganze ziemlich lustig, letzte Woche war das aber völlig anders. Da habe ich versehentlich ihr Duschgel benutzt und das Zeug hinterließ einen Glitterfilm auf meinem Körper, der sich partout nicht abwaschen ließ. Ich sah aus wie dieser verdammte silberne Troll aus Trolls. Zum Glück hatte ich an jenem Tag kein Meeting mit einem Klienten und konnte mich in meinem Büro verschanzen.

»Du bist doof, Daddy.« Grinsend setzt sie sich auf.

»Also, was lesen wir heute?«, frage ich, als sie ihre Nachttischlampe anmacht, und schalte das Oberlicht aus, ehe ich mich auf die Bettkante setze.

»Das hier.« Sie drückt mir ein Buch in die Hand.

Amüsiert betrachte ich das Cover. »Schon wieder?«

»Es ist meine Lieblingsgeschichte.« Sie rutscht ein Stück zur Seite, und ich lege mich neben sie. Dann hebe ich den Arm, damit sie sich an meine Seite kuscheln kann, wie sie es seit ihrer Geburt jeden Abend macht.

»Alles klar.« Ich schlage die erste Seite auf und lese Madeline Die Prinzessin auf der Erbse vor, bis ich ihr leises Schnarchen höre. Als ich erkenne, dass ihre Lider fest geschlossen sind, drücke ich ihr für einen langen Moment einen Kuss auf die Stirn.

Nie hätte ich erwartet, dass es eines Tages nur uns beide geben würde und ich alleinerziehender Vater wäre. Als ich Madelines Mutter kennenlernte, machte ich mir nicht viele Gedanken darüber, welche Art von Frau sie war – ihr Aussehen und der Spaß, den wir miteinander hatten, haben mich geblendet. Zugegeben, ich war ein Arschloch ... Vielleicht ließ ich mich, was sie anging, auch lediglich von meiner Lust leiten. Sie war wunderschön, hatte ein atemberaubendes Lächeln und konnte im richtigen Moment sehr witzig sein. Die Anziehungskraft zwischen uns war unglaublich. Damals reichte mir das. Was sich änderte, als sie mir von ihrer Schwangerschaft erzählte.

Während meiner Kindheit und Jugend waren mir die Liebe meiner Eltern und das, was sie für ihre Ehe taten, stets ein Vorbild gewesen. Ich wollte von jeher eine eigene Familie gründen und nahm an, dass ich das zusammen mit Eva tun könnte. Ich glaubte, ein Erfolg hinge allein davon ab, dass ich mich genug darum bemühte. Als sie im zweiten Monat schwanger war, habe ich ihr einen Antrag gemacht. Keine dreißig Tage später gaben wir uns bei einer kleinen Zeremonie in der Kirche, in die meine Familie geht, das Jawort. Für eine Weile lief es gut. Nicht herausragend, aber es war in Ordnung. Wir entwickelten eine Routine, mit der wir beide zurechtkamen und in der ich ihr jeglichen Spielraum ließ.

Nach Madelines Geburt waren Eva und ich ziemlich beschäftigt – ich mit der Arbeit und sie damit, sich in meiner Abwesenheit um unser Zuhause und unsere Tochter zu kümmern. Mit der Zeit wurden die Dinge schwieriger. Es wurde anstrengender, so zu tun, als sei ich glücklich, und ich begann, ihr aus dem Weg zu gehen. Mir gefiel nicht, wie sie Madeline behandelte. Dass sie sich lieber mit ihren Freundinnen traf, als ihrer Rolle als Mutter nachzukommen. Viel zu lange habe ich diesen Mist mitgemacht. Eine Scheidung stand für mich nicht zur Debatte, denn ich wollte vermeiden, dass mich meine Tochter nur an den Wochenenden oder an von einem Gericht festgelegten Tagen sehen würde. Als Madeline fünf wurde, ließ sich das Unvermeidbare aber nicht länger abwenden. Ich konnte nicht mehr in den Spiegel schauen, ohne mich zu fragen, wer zur Hölle mir daraus entgegenblickte. Mir ging es dreckig, ich wusste nicht mehr ein noch aus und ich lebte eine Lüge mit einer Frau, mit der ich es kaum im selben Raum aushielt.

Als ich beschloss, unsere Ehe zu beenden, erwartete ich insgeheim, dass Eva mit harten Bandagen kämpfen würde; oder versuchen würde, Madeline als Druckmittel gegen mich zu verwenden, um ihren Willen durchzusetzen. Allerdings habe ich schnell herausgefunden, dass sie bereits einen Plan B in der Hinterhand hatte. Sie hatte schon eine Weile eine Affäre mit einem Mann der – zu meinem Glück – nicht das Kind eines anderen großziehen wollte. Eva überließ mir das alleinige Sorgerecht und zog zu ihrem Lover. Vor zwei Jahren verließen Madeline und ich Connecticut und wagten in der Stadt einen Neustart. Seither hat sich Eva kaum blicken lassen.

Meine Tochter ohne Mutter aufwachsen zu sehen, finde ich furchtbar, aber ein Teil von mir ist dankbar dafür. Es handelt sich immerhin um eine Frau, die einen Mann ihrem eigenen Kind vorgezogen hat. Madeline vermisst ihre Mom jedoch – oder zumindest die Vorstellung, die sie von ihr hat. Ich erkenne es in ihren Augen, wenn sie von den Müttern ihrer Freundinnen erzählt oder irgendetwas passiert, was sie mit ihrer eigenen teilen sollte. Zum Glück haben wir ein paar tolle Frauen in unserem Leben. Meine Mom und die Ehefrauen meiner Brüder haben sich der Herausforderung gestellt und versuchen, die Lücke zu füllen, die Eva hinterlassen hat.

»Ich liebe dich, Kleines.« Ich drücke ihr einen weiteren Kuss auf die Stirn, ehe ich vorsichtig aufstehe und sie zudecke. Dann lege ich das Buch auf den Tisch neben dem Bett, schalte die Lampe darauf aus und ihr Nachtlicht an, das kleine Sterne an die Decke projiziert. Anschließend verlasse ich ihr Zimmer. Ich muss morgen arbeiten und Maddi in die Schule, also werde ich früh aufstehen, um sie zu wecken und fertig zu machen, was keine leichte Angelegenheit ist.

Ich reibe mir über die Augen, lösche alle Lichter in der Wohnung, mache den Fernseher aus und gehe in mein Schlafzimmer. Ausgezogen lege ich mich ins Bett und nehme mein Handy, um mir einen Wecker zu stellen. Sofort springt mir eine Nachricht meiner Assistentin, Sam, bezüglich einer potenziellen neuen Klientin ins Auge. Der Umzug nach New York City hat mich zuerst beunruhigt. Allein die Preise für eine Wohnung reichten aus, um mir Herzrasen zu bereiten, aber es war die beste Entscheidung überhaupt. Impeccable Designs gilt als eines der besten Architekturbüros der Stadt und dank der Empfehlungen zufriedener Kunden habe ich mehr Arbeit, als ich bewältigen kann. Wenn die Dinge weiterhin laufen wie bisher, sollte ich nächstes Jahr in der Lage sein, mir für Madeline und mich eine größere Bleibe zu leisten.

Ich bin in die alte Wohnung von Fawn – der Ehefrau meines Bruders – gezogen; diese ist zwar schön, aber klein. Madelines Zimmer ist nicht einmal ein richtiges Zimmer. Ich glaube, dass es ursprünglich eine Abstellkammer war. Trotzdem kann ich mich glücklich schätzen, dass sie ihr eigenes Reich hat. Wirklich, ich kann mich über unsere Wohnsituation nicht beschweren. Levi und Fawn leben direkt gegenüber auf der anderen Seite des Flurs und sind immer bereit, mir mit Madeline unter die Arme zu greifen. Worüber ich mehr als froh bin, wenn ich länger arbeiten muss oder Maddi in der Schule krank wird, ich sie aber nicht abholen kann.

Ich verbinde mein Mobiltelefon mit dem Ladegerät und lege es auf den Nachttisch, ehe ich die Augen schließe. In den Jahren vor der Trennung hatte ich Probleme zu schlafen, aber seit Eva weg ist, hat sich das geändert. Auch heute döse ich mühelos ein.

3. Kapitel

Trolls

Courtney

Ehe die Ampel zurück auf Rot springt, eile ich mit den übrigen Passanten über die Straße, nur um mit meinem Schuh in einem Riss im Asphalt hängenzubleiben. Ich sehe mich schon auf die Nase fallen, erlange mein Gleichgewicht aber im letzten Moment wieder. Doch ein unglückbringendes Knacken später stehe ich erneut auf wackeligen Beinen, als mein Absatz abbricht.

»Mist.« Ich halte nicht an, denn die hupenden Autos um mich herum lassen mir keine Gelegenheit dafür. Stattdessen stolpere ich zum nächsten Bürgersteig. Dort angekommen, betrachte ich den Schaden. Mit einer Hand Balance an einer Laterne suchend, ziehe ich mit der anderen meinen Stöckelschuh aus, um diesen zu inspizieren.

Man möchte glauben, dass Heels, die beinahe tausend Dollar gekostet haben, weniger schnell kaputtgehen als solche aus billigem Kunststoff. Da sie ein Geschenk von Tom waren, sollte es mich nicht überraschen, dass sie auseinanderfallen.

Seufzend sehe ich mich um, in der Hoffnung, einen Laden zu sichten, in dem ich schleunigst ein neues Paar ergattern kann. Himmel, ich würde sogar Plastik-Flip-Flops nehmen. Als ich kein passendes Geschäft entdecken kann, werfe ich einen Blick auf meine Uhr. Mir bleiben zehn Minuten, um zu dem Meeting mit meinem Innenarchitekten zu gelangen. Bisher bin ich Mr Fremont noch nicht persönlich begegnet, sondern hatte hauptsächlich mit seiner Assistentin zu tun. Er wurde mir allerdings wärmstens empfohlen, weshalb ich große Erwartungen hege, dass mir seine Gestaltungspläne für mein Haus gefallen werden. Insbesondere da ich, wenn ich ganz ehrlich bin, nicht die Vorstellungskraft besitze, um mir auch nur eine Idee aus den Fingern zu saugen. Zumindest keine, die ich umsetzen möchte.

Aus Ermangelung anderer Möglichkeiten, ziehe ich meinen Schuh wieder an. Unter gar keinen Umständen werde ich barfuß über eine dreckige Straße in New York City laufen. Ich ernte mehr als nur ein paar seltsame Blicke, als ich unbeholfen den Gehweg entlangstakse; diese ignorierend, konzentriere ich mich darauf, irgendwie heile an mein Ziel zu gelangen. Sobald ich das Bürogebäude erreiche, in dem Impeccable Designs seinen Sitz hat, eile ich durch die Sicherheitskontrolle und betrete den Fahrstuhl. Im neunundvierzigsten Stock angekommen, betrachte ich die dunkelblauen Wände und die gerahmten Blaupausen. An einem kleinen Sitzbereich mit einem gläsernen Kaffeetisch, zwei niedrigen Ledersesseln und einem schwarzen Ledersofa vorbeistolpernd, stehe ich schließlich vor einem Empfangstresen. Eine wunderschöne blonde Frau sitzt dahinter und mustert mich mit besorgtem Gesichtsausdruck.

»Kann ich Ihnen helfen?«, erkundigt sie sich.

Vorsichtig stütze ich mich mit meinem Gewicht auf den Schuh, dessen Absatz nicht abgebrochen ist. »Ich habe ein Meeting mit Mr Fremont.«

Sie schaut auf ihren Computer und tippt etwas in ihre Tastatur ein. »Courtney Williams?« Sie sieht mich wieder an, und ich nicke. »Ich lasse ihn wissen, dass Sie hier sind. Sie können dort drüben Platz nehmen, während Sie warten. Darf ich Ihnen etwas bringen? Einen Kaffee oder ein Wasser?«

»Haben Sie zufälligerweise ein extra Paar Schuhe?«, scherze ich halbherzig, und sie lächelt mitfühlend.

»Zufällig, ja.« Sie kramt unter ihrem Schreibtisch herum, ehe sie mir einen kleinen Umhängebeutel hinhält. »Sie können diese haben. In meiner Schublade habe ich noch welche.«

»Ist das Ihr Ernst?«, frage ich ungläubig und werfe einen Blick in den Beutel. Darin befinden sich schwarze, weiche Ballerinas mit Gummisohle.

»Wir Frauen müssen zusammenhalten.« Sie zuckt mit den Schultern, während ich am liebsten über den Schreibtisch springen und sie umarmen würde.

»Vielen lieben Dank. Ich werde mich revanchieren.«

»Alles gut, machen Sie sich keine Gedanken.«

Blinzelnd sehe ich sie an. Sie könnte ein Model sein, und meiner Erfahrung nach denken solche Frauen nur an sich selbst. In der Regel helfen sie einer anderen nicht aus, wenn diese in Schuhnöten ist. Selbst wenn, müsste man für einen solchen Gefallen sein Erstgeborenes hergeben. Okay, zumindest waren die meisten Ehefrauen von Toms Kollegen so drauf.

»Danke.« Gedanklich mache ich mir eine Notiz, ihr den größten Blumenstrauß zu schicken, den ich bestellen kann. Dann schlüpfe ich aus meinen High Heels und in das flache Paar, ehe ich meine in meiner Handtasche verstaue.

»Gern geschehen.« Wir lächeln einander an; sobald jedoch jemand mit rauer Stimme von der anderen Seite des minimalistisch, aber elegant eingerichteten Empfangsraumes meinen Namen sagt, schaue ich zu ihm hinüber. Sofort gerät meine gesamte Welt ins Wanken.

Umwerfend ist das Wort, das mir in den Sinn kommt, während ich Mr Lucas Fremont betrachte. Er trägt eine schwarze Krawatte, ein blütenweißes Hemd und eine schwarze Hose. Seine Kleidung schmiegt sich wie eine zweite Haut an seinen schlanken, muskulösen Körper. Ich lasse meinen Blick an ihm hinaufwandern und mir wird klar, dass er ein Mann ist, der um sein gutes Aussehen weiß, aber sich keine großen Gedanken um sein Erscheinungsbild macht. Seine Haare sind ein bisschen zu lang, dunkelblond und scheinen von Natur aus hier und da ein paar hellere Akzente zu haben. Seine Haut ist von der Sonne gebräunt und nicht von einem regelmäßigen Besuch im Solarium, wie es bei Männern heutzutage im Trend liegt. Er hat ein markantes Gesicht, das nicht gänzlich frei von Bartstoppeln ist, als hätte er heute Morgen vergessen, sich zu rasieren. Seine Augen ... Sie sind hellblau und umgeben von dunklen Wimpern, die sie noch mehr zum Leuchten bringen.

»Courtney.« Seine tiefe Stimme reißt mich aus meiner Starre und erst jetzt merke ich, dass er nähergekommen ist. Nah genug, dass ich meinen Fehler sofort erkenne. Denn seine Augen sind nicht blau, sondern eher von einem weichen Grau mit einem dunkelblauen Ring um die Iris.

»Ähm. Ja.« Ich schlucke, mache einen Schritt auf ihn zu und strecke ihm die Hand entgegen.

»Schön, Sie kennenzulernen.« In dem Moment, in dem er seine Finger um meine schließt und sich unsere Blicke treffen, steht meine Welt ein weiteres Mal Kopf. Glühende Hitze jagt durch meine Adern und plötzlich scheint sämtlicher Sauerstoff im Raum verschwunden zu sein. Atemlos stehe ich vor ihm. Noch nie in meinem Leben habe ich in dieser Weise auf einen Mann reagiert. Noch nie hat mich eine Berührung derart verletzlich gemacht.

Was zur Hölle stimmt nicht mit mir? Vielleicht habe ich irgendetwas Falsches gegessen. Ja, das muss es sein.

»Wenn Sie mir folgen würden.« Er lässt meine Hand los, und ich beiße mir auf die Lippe, um mich davon abzuhalten, wieder danach zu greifen. Wir gehen einen hell erleuchteten Flur entlang, an dessen Wände Dutzende gerahmte Bilder von Häusern hängen. Als wir Mr Fremonts Büro erreichen, betrete ich hinter ihm den Raum und bleibe stehen, sobald er die Tür schließt.

Bei dem Klickgeräusch der Klinke zucke ich zusammen. Ich lasse meinen Blick wieder über seinen Körper wandern. An seiner Krawatte halte ich inne – oder vielmehr an einem glitzernden Trollsticker, der daran klebt.

Irritiert schaue ich auf, als sich mein Gegenüber vor mir aufbaut. Ich schlucke. »Trolls«, platzt es aus mir heraus.

»Was?«

Ich strecke meine Hand aus, kann mich aber gerade noch davon abhalten, den Sticker zu berühren. »Trolls.«

»Meine Tochter.« Er zieht das Kleidungsstück ein Stück von sich weg und lächelt, während er mit seinem Daumen über den glitzernden Aufkleber streicht. »Sie denkt, es sei witzig.«

Tochter. Mein Magen zieht sich vor Enttäuschung zusammen. Natürlich ist er verheiratet und hat ein Kind. Ein attraktiver Mann wie er ist selbstverständlich verheiratet und Vater. Der Dad eines kleinen Mädchens, das wahrscheinlich genauso aussieht wie die Mutter, in die er wahnsinnig verliebt ist.

»Nun ... Sie haben Pläne für mich, oder?« Ich reiße die Augen auf. »Ich meine Pläne, die ich mir ansehen soll.«

»Ja.« Seine Lippen zucken, als würde er ein Lächeln unterdrücken. Er räuspert sich, tritt einen Schritt zurück und geht zu seinem Schreibtisch.

Ich senke für einen Moment die Lider, als er mir den Rücken zuwendet. Im Stillen zwinge ich mich dazu, mich zusammenzureißen und mich nicht wie eine Idiotin anzustellen. Gedanklich mache ich mir eine Notiz, um später zu überprüfen, was ich gegessen habe, um Was-auch-immer nie wieder anzurühren.

»John sagte, dass Sie nicht genau wüssten, wonach Sie suchen oder welche Art von Design Ihnen vorschwebt, daher habe ich ein paar Modelle erstellt. Wenn Sie etwas sehen, dass Ihnen oder Ihrem Ehemann gefallen würde, können wir dort ansetzen.« Er dreht sich um und kommt mit einem Laptop in der Hand zu mir.

»Ich bin nicht verheiratet.« Ich schwöre, dass sich seine Schultern bei diesen Worten entspannen, aber mir ist klar, dass das reines Wunschdenken ist.

»Setzen wir uns auf das Sofa dort. Dann können Sie sich die Entwürfe ein wenig besser anschauen.«

»Okay«, willige ich ein und folge ihm zu einem einfachen grauen Sofa und einem schwarzen Kaffeetisch, die schräg gegenüber von seinem Schreibtisch stehen. Ich setze mich neben ihn – nicht zu nah natürlich – und stelle meine Handtasche auf dem Boden ab. »Wie alt ist Ihre Tochter?«

»Sie ist sechs, beinahe sieben«, antwortet er, ohne aufzusehen. »Sie ist ein richtiges Girlie und eine echte Herausforderung, aber ich würde sie gegen nichts in der Welt eintauschen.«

Süß und heiß. Gott, warum sind Männer wie er immer vergeben?

»Ist sie das?«, frage ich und betrachte ein Foto, das in einem roten Rahmen auf seinem Schreibtisch steht. Ein kleines Mädchen ist darauf abgebildet; es hat die gleiche Haarfarbe wie er. Auf ihrer offenen Handfläche sitzt ein Schmetterling, und sie strahlt bis über beide Ohren.

»Ja.« Seine Miene wird so sanft, dass mir förmlich das Herz schmilzt. »Das Bild ist letzten Sommer entstanden, als ich mit ihr im Schmetterlingspark war.«

»Sie ist zuckersüß. Sie und Ihre Frau haben ein wirklich hübsches Mädchen.«

»Ich bin nicht verheiratet.« Er sieht mich an, und plötzlich ist die Luft zum Zerreißen gespannt.

»Oh.«

Er senkt den Blick auf meinen Mund und der Ausdruck in seinen Augen scheint sich zu verdunkeln, ehe er ganz plötzlich den Laptop zu mir herumdreht. »Das ist das erste Design.«

Ehrfürchtig starre ich auf den Bildschirm. Darauf zu sehen, ist die Außenseite des Backsteinhauses, das ich kürzlich gekauft habe. Unter jedem Fenster steht ein schwarzer Kasten, der mit bunten Blumen bestückt ist, und die Haustür ist in einem gelbgoldenen Farbton gehalten, der sich vom Dunkelrot der Fassade abhebt.

Als er mit dem Finger über das Display streicht, erblicke ich mehrere Schaubilder der Inneneinrichtung. Der vordere Eingangsbereich ist sehr freundlich und offen gestaltet, hat einen hellen Holzboden und graue Wände mit einer weißen Zierleiste. Das Wohnzimmer wird von einem ausladenden Kamin dominiert, umgeben von gemütlichen Sofas, und die Küche hat weiße Schränke, Küchengeräte aus Edelstahl und eine große Kochinsel.

Er klickt weiter, zeigt mir eine Perspektive nach der anderen, und entführt mich auf eine virtuelle Tour durch die gesamten knapp zweihundertachtzig Quadratmeter des Wohnraumes. Das Ganze endet im Hauptschlafzimmer mit seinen riesigen bodentiefen Fenstern und dem angrenzenden Bad, das durch eine alte Klauenfußwanne und ein Standwaschbecken besticht.

Vielleicht konnte ich mir bisher nicht vorstellen, wie mein neues Zuhause aussehen soll. Aber nach diesen Entwürfen weiß ich, dass ich genau das will. An seinem Design würde ich nichts ändern. »Es ist perfekt«, sage ich und blicke zu ihm auf.

»Mir ist bewusst, dass ein paar der Elemente rustikaler sind, als es die meisten New Yorker mögen, aber diese lassen sich leicht gegen etwas Modernes austauschen. Ich habe noch ein paar andere Pläne erstellt, die wir uns anschauen können.«

»Ich liebe alles an diesem Vorschlag. Wirklich alles. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, das Haus in einem anderen Zustand zu sehen, aber das ist Ihnen gelungen. Ich liebe Ihre Ideen. Ich kann mir nicht vorstellen, irgendetwas daran zu ändern. Wirklich, ich würde am liebsten gleich morgen einziehen.«

»Sie würden nichts an dem Entwurf ändern? Gar nichts?«, fragt er und mustert mich.

»Absolut nicht, nein.« Ich schüttle den Kopf und betrachte noch einmal das Bild des Hauptbadezimmers. »Wie gesagt, ich liebe es.«

»Ich habe noch keine Frau kennengelernt, die so einfach zu haben ist wie Sie.« Seine Augen weiten sich und eine leichte Röte überzieht seine Wangen. »Ich meine ...«

»Schon gut.« Ich stoße ein unbeholfenes Kichern aus. »Ich weiß, was Sie meinten. Was glauben Sie, wie lange die Umsetzung Ihrer Pläne dauern wird?« Ich deute auf den Laptop, den er noch immer in der Hand hält.