Until You: Sage - Aurora Rose Reynolds - E-Book
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Until You: Sage E-Book

Aurora Rose Reynolds

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Beschreibung

Sage Mayson bekommt Kimberly seit ihrer ersten Begegnung nicht mehr aus dem Kopf. Nachdem er sie aufgrund eines Missverständnisses so rüde von sich gestoßen hat, plagt ihn auch noch das schlechte Gewissen. Er will die Sache aus der Welt schaffen, doch Kim weist jeden Annäherungsversuch zurück. Erst nach einem tragischen Familienereignis öffnet sie sich und nimmt seine Hilfe an. Doch Kim hütet ein Geheimnis, das wie ein Damoklesschwert über ihnen schwebt und alles zu zerstören droht ...

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Seitenzahl: 372

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NEW YORK TIMES UND USA TODAY BESTSELLER AUTORIN

AURORA ROSE REYNOLDS

UNTIL YOU

SAGE

Contemporary Romance

Aus dem Amerikanischen von Friedericke Bruhn

UNTIL YOU : SAGE

Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2017 unter demTitel UNTIL SAGE von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht.

© 2018 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH8712 Niklasdorf, Austria

Covergestaltung: © SturmmöwenTitelabbildung: fxquadroKorrektorat: Stephanie Bösel

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903130-74-6ISBN-EPUB: 978-3-903130-75-3

www.romance-edition.com

Für Anjelisa

Du warst wunderschön, mit deinen dunklen Haaren, und einem Lächeln, das die Welt um dich herum zum Strahlen brachte. Du warst viel zu perfekt für diese Welt und wurdest ihr viel zu früh genommen. Mögest du immer wissen, wie sehr du geliebt wirst.

10.01.2002 – 18.05.2002

Für Elizabeth

Es gibt Menschen auf dieser Welt, die dir zeigen, was wahreStärke ist. Du, mein Schatz, bist einer davon.

Inhalt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Wissenschaft sagt, dass es nur vier Minuten braucht, um sich in jemanden zu verlieben. Ich habe nicht geglaubt, dass das wahr ist, bis ich Sage Mayson traf …

Prolog

Kim

Ein dumpfer Knall lässt mich das Lenkrad nach links reißen, und ich kreische erschrocken auf, als mein Auto auf die Gegenfahrbahn gerät. Ich versuche, den Wagen wieder unter Kontrolle zu bekommen und gehe vom Gas, als mir die unsteten Bewegungen des Autos bereits verraten, dass ich einen Platten habe. »Na super, einfach toll.«

Ich fahre vorsichtig auf den Seitenstreifen und stelle meine Warnblinkanlage an. Dann schnappe ich mir das Handy aus meiner Tasche, die auf dem Beifahrersitz steht, und fluche erneut, als ich feststelle, dass der Akku nahezu leer ist. »Du hättest im Bett bleiben sollen«, murmle ich an mich selbst gewandt, denke dann aber an die babyblaue Wildledertasche, die ich für siebzig Prozent Nachlass im Sale erstanden habe, und weiß sofort wieder, warum es sich doch gelohnt hat, heute Morgen aufzustehen.

Ich scrolle mich durch die Kontakte meines Handys, bis ich die Nummer des 24-Stunden-Services gefunden habe. Ich wähle die Nummer und stelle das Gerät auf Lautsprecher. »Danke, dass Sie Triple A anrufen. Ihr Anruf wird unter Umständen überwacht und aufgezeichnet. Bitte drücken Sie die Eins für …« Das Telefon in meiner Hand geht aus. Mit einem Knurren lasse ich das nutzlose Mistding in den Getränkehalter gleiten, überprüfe den Verkehr, steige aus dem Wagen und knalle die Tür hinter mir zu.

Die beiden Reifen auf der Fahrerseite sind unbeschädigt, also gehe ich nach hinten und lasse die Schultern hängen, als ich sehe, dass der rechte Hinterreifen nicht nur platt, sondern auch völlig zerfetzt ist. Damit kann ich nicht fahren. Nicht, ohne das Auto zu ruinieren.

Ich stemme die Hände in die Hüften und blicke die Straße entlang. Alles ist sterbensleer. »Sieht so aus, als wärst du auf dich allein gestellt.«

Ich habe noch nie in meinem Leben einen Reifen gewechselt und habe keinen Plan, was zur Hölle ich tun muss, aber ich hoffe, es herauszufinden. Ich ziehe den zweiten Boden aus dem Kofferraum, unter dem ein Ersatzreifen und ein Wagenheber verstaut sind. Den Wagenheber stelle ich auf dem Boden ab, dann verbringe ich die nächsten zehn Minuten mit dem Versuch, die Schrauben des Ersatzreifens aus der Verankerung zu lösen, um ihn montieren zu können. Allerdings scheint das unmöglich zu sein. Vor lauter Frustration steigen mir Tränen in die Augen. Ich lehne mich gegen den Wagen und meine Stirn gegen den Ersatzreifen. »Das ist echt ätzend.«

»Brauchen Sie Hilfe?«, fragt plötzlich eine Stimme hinter mir.

Erschrocken fahre ich hoch, stoße mir den Kopf an der Autoklappe und richte mich dann schleunigst auf. Die Hand an meinen Kopf gepresst, drehe ich mich um.

»Geht es Ihnen gut?«

»Ich …« Ich blinzle und mein Mund wird ganz trocken. »Ähm …« Ich starre den Typen vor mir an und versuche, mein Hirn und meine Lippen dazu zu bringen, gleichzeitig zu arbeiten.

Heiß, ist das einzige Wort, das mir einfällt, während ich ihn von Kopf bis Fuß mustere. Der Fremde ist mindestens einen Meter achtundachtzig, wenn nicht größer, schlank, hat breite Schultern, schmale Hüften und eine wunderschöne bronzefarbene Haut. Schmunzelnd ziehen sich seine Mundwinkel ein wenig nach oben, da bemerke ich, dass ich ihn noch immer anstarre und seine Frage noch nicht beantwortet habe.

Ich schüttle den Kopf, um meine plötzliche Beschränktheit loszuwerden. »Mein Reifen ist geplatzt.«

»Haben Sie einen Ersatzreifen dabei?« Er tritt näher, während der tiefe Klang seiner Stimme über meine Haut streicht und ich seine Präsenz noch intensiver wahrnehme.

Ich lag falsch …, heiß ist nicht das richtige Wort. Es gibt meiner Meinung nach überhaupt kein Wort, das diesen Mann ordnungsgemäß beschreiben könnte. Lange, dichte Wimpern lassen seine ungewöhnlichen graugrünen Augen noch auffälliger erscheinen. Sein Kinn ist markant und seine Nase ein wenig nach links geneigt, doch nicht mal diese kleine Unvollkommenheit kann von seinem tollen Aussehen ablenken.

»Ja, habe ich, aber ich bekomme ihn nicht aus dem Kofferraum.« Im Stillen klopfe ich mir auf den Rücken, einen ganzen Satz rausgebracht zu haben, ohne zu stottern.

Ich zucke zusammen, als der Fremde noch einen Schritt näher kommt, meine Hüften umfasst und mich zur Seite schiebt, weg von der Straße. »Lassen Sie mich mal sehen.« Sein Kopf verschwindet im Kofferraum. Sekunden später richtet er sich wieder auf, den Reifen in den Händen, den ich noch wenige Augenblicke zuvor nicht rausholen konnte.

»Wie haben Sie das gemacht?«

»Sie müssen den Reifen nach unten drücken, während Sie die Entriegelung lösen.«

»Das sollte man irgendwo hinschreiben«, sage ich und ziehe die Nase kraus.

Der Fremde lächelt und ein Grübchen kommt auf seiner rechten Wange zum Vorschein, was meinen Magen in Aufruhr versetzt. Jesus, wer auch immer dieser Kerl ist, er ist eine Gefahr für die gesamte weibliche Weltpopulation.

Er lässt den Ersatzreifen neben dem Hinterrad auf den Boden fallen und positioniert den Wagenheber an der richtigen Stelle. »Wissen Sie, wie man einen Reifen wechselt?«

»Nein«, antworte ich vom Muskelspiel seiner Arme abgelenkt, während er die Schrauben des Hinterrads löst.

»Was war dann Ihr Plan?« Er wirft mir einen Blick zu und zieht damit meine Aufmerksamkeit auf sich.

»Wie bitte?«

»Wenn Sie den Ersatzreifen aus dem Kofferraum bekommen hätten, wie hätte Ihr weiterer Plan ausgesehen?«

»Ich hätte improvisiert«, antworte ich ehrlich.

Er schließt kurz die Augen und schüttelt den Kopf. »Kommen Sie her.«

»Warum?«

»Ich werde Ihnen beibringen, wie man einen Reifen wechselt.«

»Oh.« Ich mache einen Schritt auf ihn zu, aber anscheinend nicht nah genug, denn er umfasst meine Hand und zieht mich zu sich heran, bis ich praktisch zwischen seinen angewinkelten Knien stehe.

»Also, als Erstes sollten Sie immer die Schrauben des Reifens lösen, ehe Sie den Wagen anheben. Das macht es einfacher, sie ganz rauszudrehen, wenn das Auto erst aufgebockt ist.«

»Okay.« Ich nicke und sein erneutes Lächeln sorgt dafür, dass ich mich wie ein aufgeregtes, kleines Schulmädchen fühle. Allmählich wird mein Verhalten lächerlich. So eine Wirkung hatte noch nie jemand auf mich.

»Gut. Ich werde die Schrauben lösen, wenn wir das Auto aufbocken, verstanden?« Ich nicke und beobachte weiter das Spiel seiner Armmuskeln, als er zu arbeiten beginnt. »Dann benutzen Sie diese Kolbenpumpe am Wagenheber.« Er zeigt mir, wie man weiter verfährt. »Sobald Sie den Reifen etwa fünf Zentimeter über dem Boden haben, hören Sie auf.«

»Okay«, stimme ich zu, sein Tun noch immer beobachtend.

»Nachdem die Schrauben gelockert sind und das Auto aufgebockt ist, lösen Sie die Schrauben komplett«, fährt er fort und tut genau das.

»Kann ich es versuchen?«

»Aber natürlich.« Er lässt den Griff los und ich übernehme. Mit aller Kraft versuche ich, die Schrauben aufzudrehen, aber nichts passiert. »Lassen Sie mich helfen.« Er kommt näher – zu nah – und platziert seine Hände neben meinem auf dem Griff. »Auf drei drücken wir.«

»Okay.« Ich beiße mir auf die Lippen, als sein Körper meinen umfängt und sein dunkler, männlicher Geruch meine Sinne umnebelt.

»Eins … zwei … drei …«

Ich drücke gemeinsam mit ihm den Hebel nach unten und die Schraube löst sich.

»Gut gemacht. Wenn Sie Probleme haben, die Schrauben loszukriegen, können Sie auch drauftreten.«

»Drauftreten?«

Er grinst. »Ja, nutzen Sie Ihr Körpergewicht, um die Schrauben aufzukriegen.«

»Oh, jetzt verstehe ich.« Ich rücke von ihm ab, um ohne Hilfe die nächste Schraube zu lösen, aber das ist nicht so einfach wie zuvor. Ich will tun, was er vorgeschlagen hat, doch er umfasst meinen Arm und stoppt mich.

»Sie haben hohe Schuhe an.« Sein Blick wandert zu meinen Espadrilles mit den acht Zentimeter hohen Absätzen. »Da ich ohnehin bereits hier bin, brauchen Sie sich nicht den Hals zu brechen.« Der Fremde beugt sich vor und mit nur einer Bewegung löst sich auch die letzte Schraube. Er zieht den alten Reifen ab, schnappt sich den Ersatzreifen, und montiert ihn. »Und jetzt anders rum. Wir ziehen die Schrauben so fest an, wie wir können, lassen den Wagen runter und machen jede einzelne dann endgültig fest«, erklärt er.

Die nächsten fünf Minuten beobachte ich, wie er das Gesagte ausführt. Als er sich aufrichtet, bemerke ich einen dünnen Schweißfilm auf seiner Haut. Die Sonne hat ihren Höchststand erreicht und es ist inzwischen etwa zwanzig Grad heißer als es war, als ich heute Morgen meine Wohnung verlassen habe.

Mit dem Zipfel seines Shirts wischt er sich über das Gesicht und lässt mich dabei einen Blick auf seine Bauchmuskeln erhaschen. Jetzt bemerke ich auch, dass sich der Schmutz vom Reifenwechsel an seinen Händen mittlerweile auch auf seinem Shirt breitgemacht hat – ein Shirt, von dem ich aufgrund des kleinen Buchstabens U auf der Tasche weiß, dass es mindestens achtzig Dollar, wenn nicht mehr, gekostet hat. »Oh nein.«

Sein Blick wandert zu der Stelle, auf die ich blicke. »Was?«

»Ihr Shirt, es ist ruiniert«, erkläre ich, aber er zuckt nur mit den Schultern.

»Schon okay. Wo wollen Sie hin?«

»Etwa fünfzehn Minuten die Straße runter Richtung Stadt. Ich glaube, dort gibt es eine Werkstatt. Die wäre nicht weit weg von meinem Zuhause.«

»Alles klar, ich folge Ihnen.« Er hebt den Wagenheber mit der linken Hand, den alten Reifen mit der rechten, so als würden beide Dinge nichts wiegen, und trägt sie zu meinem Kofferraum.

Ich starre ihm nach und frage mich, was ich jetzt tun soll. »Es ist nicht nötig, dass Sie mir folgen.« Ich schließe zu ihm auf. »Sie haben vermutlich noch einiges zu erledigen«, sage ich und öffne die Beifahrertür, um in meiner Tasche nach einem Zwanziger zu suchen. Anschließend lasse ich die Tür wieder ins Schloss fallen und gehe zu dem Fremden, der sich gerade über meinen Kofferraum beugt. Als er sich wieder aufrichtet, halte ich ihm den Geldschein entgegen. »Vielen herzlichen Dank, ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn Sie nicht stehengeblieben wären.«

Sein Blick richtet sich auf den Geldschein in meiner Hand, ehe er mir wieder in die Augen sieht. »Ich werde Ihr Geld nicht annehmen.«

»Bitte, nehmen Sie es.« Ich strecke ihm den Arm noch weiter entgegen.

»Nein.«

»Ihr Oberteil ist wegen mir ruiniert. Lassen Sie mich Ihnen zumindest das hier für Ihre Hilfe geben.«

»Ich brauche Ihr Geld nicht.« Er geht um mich herum und öffnet die Fahrertür meines Wagens. »Steigen Sie ein, ich folge Ihnen in die Stadt.«

Ich halte seinem Blick eine gefühlte Ewigkeit stand. Als mir klar wird, dass ich nicht gewinnen kann, gebe ich schließlich missmutig nach und stapfe zur Fahrerseite, was ihm ein Grinsen entlockt. Ich setze mich hinters Lenkrad, lasse den Motor an und sehe zu ihm auf, die Hand am Türgriff.

»Fahren Sie nicht schneller als dreißig.«

»Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass sie ein wenig herrschsüchtig sind?«

»Nein, nicht wirklich.«

»Hm.« Ich will die Tür schließen, aber er bewegt sich nicht vom Fleck. Stattdessen wirkt er, als versuche er, irgendetwas zu ergründen. »Ähm …« Gott, mir wird jetzt erst klar, dass ich seinen Namen gar nicht kenne. »Entschuldigen Sie, wie war Ihr Name?«

»Sage. Sage Mayson.«

»Das ist ein cooler Name. Ich bin Kimberley, ähm … aber meine Freunde nennen mich Kim.«

»Kimberley«, wiederholt er und der Klang meines Namens aus seinem Mund lässt mein Herz gleich doppelt so schnell schlagen. »Warte darauf, bis ich zurückgesetzt hab, ehe du losfährst.«

»Aye, aye, Captain«, erwidere ich, woraufhin sich seine Mundwinkel erneut nach oben ziehen.

Mit einem Kopfschütteln schließt er die Tür meines Wagens. Als er zurück zu seinem Auto geht, beobachte ich im Seitenspiegel seine Bewegungen. Es wirkt, als habe er über jeden einzelnen Muskel seines großen Körpers die Kontrolle. Die Schultern hat er nach hinten gezogen, sein Gang ist ausgreifend. Wenn ich neben ihm gehen würde, müsste ich meine Schritte verdoppeln, um mit ihm mitzuhalten.

Als er die Fahrertür seines Wagens öffnet, blicke ich in den Rückspiegel und erst jetzt fällt mir sein Auto auf. Es ist nicht mal ein Auto, sondern ein Cadillac SUV; der gleiche, den auch mein Dad fährt, nur dass der von Sage schwarz ist. Kein glänzendes Schwarz, sondern ein mattes Finish, was nur für ihn angefertigt worden sein kann. Sage wirkt nicht viel älter als ich; der Wagen könnte also auch seinen Eltern gehören. Falls das nicht der Fall ist, frage ich mich, wer dieser Kerl ist und wie er sich so etwas leisten kann. Ich weiß, dass mein Dad Unsummen für seinen Cadillac SUV bezahlt hat. Meine Mom hat damals ununterbrochen darüber geschimpft, wie viel der Wagen gekostet hat, als mein Dad damit heimkam.

Ein Hupen reißt mich aus meinen Gedanken und ich fahre los. Als die Tachonadel dreißig zeigt, werde ich etwas langsamer. Anstatt der normalen zwanzig Minuten, brauche ich über dreißig Minuten zurück in die Stadt. Vor der Werkstatt halte ich schließlich an und stelle den Motor ab. Sage hält auf dem Parkplatz neben mir.

Ich springe aus dem Wagen, greife nach meiner Tasche und meiner Einkaufstüte, die auf dem Rücksitz verstaut war, und mache mich auf den Weg zu Sage, der mit einem Typen mit dunklem Haar redet, das ihm ein wenig zu lang ist. Tattoos zieren jeden Zentimeter seiner Haut, die nicht von dem einst weißen Shirt, das nun mit Dreck- und Ölflecken beschmiert ist, verdeckt wird.

»Gareth, das ist Kim«, stellt er uns einander vor, sobald ich ihn erreicht habe.

»Hi.« Ich lächle ihn an und erhalte ein kaum merkliches Nicken.

»Haben Sie die Schlüssel?«

»Jepp.«

Sobald ich sie ihm gereicht habe, wendet er sich wieder Sage zu. »In etwa vierzig Minuten bin ich damit fertig.«

Ich beiße die Zähne zusammen und stemme die Hand in die Hüften. »Eigentlich ist es mein Auto«, informiere ich ihn.

Gareth sieht zu mir. »In etwa vierzig Minuten bin ich damit fertig.«

»Wow, Sie sind ja Mr Wonderful«, sage ich kaum hörbar, was Sage neben mir ein Schmunzeln und Gareth ein Lächeln entlockt. Und wenn ich heute Morgen nicht bereits Sage Maysons Lächeln erlebt hätte, hätte Gareths Lächeln mir definitiv den Atem geraubt.

»Die hier musst du behalten«, murmelt Gareth, ehe er davongeht.

Ich habe keine Ahnung, was er damit meint, frage aber auch nicht nach.

»Wie wäre es mit Kaffee?«, bietet Sage an und ich wende ihm meine Aufmerksamkeit zu, während sich ein seltsames Gefühl in meiner Brust breitmacht.

Normalerweise würde ich zu allem Nein sagen, was mir ein Mann wie Sage anbietet. Ein Mann, der so aussieht, als besäße er die Fähigkeit, dir mit nur einem Lächeln das Herz zu brechen. Aber irgendetwas in mir sagt mir, dass ich es für den Rest meines Lebens bereuen würde, würde ich seine Einladung ausschlagen. »Gern.«

»Gut.« Er lächelt sanft und überrascht mich dann damit, als er seine Hand auf meinen unteren Rücken legt und mich zu seinem Truck führt. Kaum haben wir die Beifahrerseite erreicht, öffnet er die Wagentür, nimmt mir die Taschen ab und wartet, bis ich Platz genommen habe. Dann reicht er sie mir wieder und schließt die Tür.

Ich stoße den Atem aus, den ich unbewusst angehalten habe, und sehe mich im Inneren um. Der Wagen riecht nach Sage und ist drinnen genauso sauber wie von draußen; nicht mal ein Körnchen Staub findet sich auf dem Armaturenbrett. Ich werfe einen Blick über meine Schulter und sehe, wie er die Hintertür des SUV öffnet. Er zieht sich sein schmutziges Shirt über den Kopf und wirft es auf den Rücksitz, ehe er nach einem frischen greift und es sich überstreift.

»Meine Güte«, hauche ich und drehe mich wieder nach vorn, wobei ich inständig hoffe, dass er nicht bemerkt hat, wie ich ihn abgecheckt habe.

»Also, du wohnst hier in der Nähe?«, fragt er, sobald er seinen großen, sehnigen Körper hinters Lenkrad bugsiert hat.

»Ja, nur ein paar Blocks weiter von der Lowery abgehend im Hamilton-Bezirk.«

»Das ist eine schöne Gegend.«

Das ist sie in der Tat und ich werde mir niemals ein Haus in diesem Bezirk leisten können. Der einzige Grund, warum ich mir mein Ein-Zimmer-Apartment dort überhaupt leisten kann, ist der, dass meine Vermieter, Mr and Mrs Dennison, mir jeden Monat einen großen Teil meiner Miete erlassen, weil ich für sie als Babysitter einspringe, wenn sie mal ausgehen wollen oder einfach mal eine Pause von ihren vier Kindern brauchen. Die Kids sind bezaubernd, aber auch echte Teufelsbraten.

»Wohnst du mit deinen Eltern zusammen?«

»Nein.«

»Häuser in der Gegend kosten fast eine Million.«

»Ich weiß«, bestätige ich, als er mich prüfend ansieht, so als wolle er dahinterkommen, wie ich es mir leisten kann, in dieser Gegend zu wohnen.

»Wo arbeitest du?«

»Bist du Polizist?«

»Nein.«

»Dann solltest du einer werden«, erwidere ich, was ihn zum Grinsen bringt. Seufzend verdrehe ich die Augen, als mir klar wird, dass er nicht aufgeben wird. »Ich habe das Apartment über einer Garage gemietet, das einem Arzt und seiner Frau gehört, die dort leben. Ich unterstütze sie, indem ich für sie babysitte, und sie erlassen mir dafür jeden Monat einen Teil der Miete«, erkläre ich ohne Pause, ehe ich einmal tief ein- und wieder ausatme. »Gibt es sonst noch etwas, was du aktuell wissen musst?«

»Ich will alles wissen.« Er wendet sich von mir ab und blickt durch die Windschutzscheibe. »Aber ich glaube, dass wird sich mit der Zeit ergeben.«

Mein nächster Atemzug entweicht mir geräuschvoll und mein Herz beginnt, heftig zu klopfen, während Sage aus der Parklücke fährt. Keine Ahnung, ob er diese Aussage tatsächlich so klingen lassen wollte, aber es klang auf jeden Fall so, als würde er wollen, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen. Der Gedanke, diesen Mann näher kennenzulernen, beschert mir Schmetterlinge im Bauch und schwitzige Hände.

»Alles okay?« Er mustert mich.

»Ja, alles cool.« Ich stelle meine Tasche auf den Boden und wische mir die Hände an meinen bloßen Beinen ab. »Also wenn du kein Cop bist, was machst du dann beruflich?«

»Ich arbeite mit meinem Cousin zusammen.«

»Okay …« Ich warte ab, ob er mir Näheres erzählt, aber er tut es nicht. »Was für eine Arbeit machst du mit deinem Cousin?«

»Private Security, Kopfgeldjagd, Privatdetektivarbeit, wir machen alles.«

»Also bist du so eine Art Cop, aber kein richtiger Cop. Warum?«

»Mein Dad ist ein Cop. Er liebt seinen Job, hasst es aber, sich mit der Bürokratie rumschlagen zu müssen. Er kann nicht einfach irgendwo reingehen und seine Arbeit erledigen. Er muss sicherstellen, dass alles ganz genau nach Vorschrift abläuft.«

»Du bist also kein Fan von Bürokratie.«

»So könnte man es sagen«, stimmt er mir zu, als wir in den Drive-in eines kleinen Coffee Diners fahren, das auf einem Parkplatz an der Main Street steht. »Weißt du schon, was du gern hättest?«

»Einen großen grünen Tee, geeist«, antworte ich und beuge mich zu meiner Tasche, um etwas Geld herauszuholen. Sobald wir das Fenster erreicht haben, gibt Sage dem Mädchen unsere Bestellung durch. »Hier.« Ich halte ihm eine Zehn-Dollar-Note entgegen, aber er schüttelt den Kopf. »Bitte, lass mich für unsere Getränke bezahlen«, dränge ich, aber er ignoriert mich, klappt stattdessen die Sonnenblende des Autos runter und zieht einen Zwanziger aus dem Geldbündel, das er dort deponiert hat. »Weißt du, es ist irgendwie etwas nervig, dass du mich nicht bezahlen lässt«, lasse ich ihn wissen, als er mir mein Getränk reicht.

»Du wirst es überleben.« Er lächelt mich an, ehe er dem Mädchen etwas Trinkgeld gibt und losfährt. »Was hast du für den heutigen Tag geplant?«

»Ich habe ein Date mit meinem neuen Bücherregal von IKEA, für das ich mit Sicherheit ein Jahr meines Lebens brauchen werde, um es zusammenzubauen. Und du?«, frage ich und nehme einen Schluck von meinem Getränk.

»Ich hab nichts weiter geplant. Möchtest du meine Hilfe beim Zusammenbauen des Regals?«

»Wirklich?«, frage ich verblüfft.

Er bremst vor einem Stoppzeichen und wendet sich mir zu. »Klar.«

Wow, okay.

»Das wäre wirklich nett«, sage ich leise, als sich ein wohlig süßes Gefühl in meinem Inneren breitmacht.

»Gut«, erwidert er genauso leise.

Er fährt zurück in Richtung der Werkstatt, wo er auf mich wartet, bis ich mein Auto abgeholt und bezahlt habe, ehe er mir zu meiner Wohnung folgt.

Sobald wir das Haus erreicht haben, lotse ich ihn die lange Einfahrt hinunter, die bis zur Rückseite des Hauses führt. Mein Apartment befindet sich über der dritten Garage. Es ist so angelegt, dass es sich anfühlt, als hätte ich meinen eigenen Bereich und nicht, als würde ich im Haus von jemand anderem wohnen. Ich drücke auf den Öffner für die Garage und fahre hinein, während Sage hinter mir hält. Dann schnappe ich mir die Taschen vom Beifahrersitz und gehe um das Auto herum, wo Sage auf mich wartet.

»Warst du schon mal hier?«, frage ich ihn.

Er sieht sich um. »Ich habe mein ganzes Leben in dieser Stadt verbracht. Als ich jünger war, wollte ich ein Haus hier in der Gegend kaufen, kurz bevor die Bauunternehmer alles in die Hände bekamen«, erwidert er und nimmt mir die Taschen ab.

»Wirklich?«

»Ja, vor Jahren. Da waren hier alles meilenweit nur Farmen und offenes Land.«

»Das hätte ich gern gesehen.«

»Es war wunderschön. Meine Eltern besitzen ein Haus ein paar Meilen von hier die Straße runter. Ihr Haus war einst mitten im Nirgendwo. Inzwischen hat sich die Stadt um sie herum aufgebaut. Mein Dad liebt es, meine Mom nicht. Sie redet seit einer Weile davon, weiter rauszuziehen, um den ganzen Leuten zu entkommen.«

»Diese Gegend wächst rasant. Als ich vor einigen Monaten hergezogen bin, haben sie gerade einen Starbucks und einen Taco Bell gebaut. Ich habe noch nie erlebt, dass Gebäude so schnell hochgezogen werden wie hier«, erzähle ich auf dem Weg zur Treppe, die sich innerhalb der Garage befindet. Sage steht hinter mir, als ich die Tür zu meiner Wohnung öffne und das Licht einschalte.

Mein Apartment ist nur knapp sechsundfünfzig Quadratmeter groß und hat einen kombinierten Wohn- und Küchenbereich. Es gibt ein kleines Schlafzimmer, das gerade groß genug ist, um mein Queen-Size-Bett, zwei Nachtschränkchen und eine Kommode zu beherbergen, sowie ein Badezimmer mit einem Spülbecken und einer einfachen Dusche.

»Schön hier«, sagt er und sieht sich um, was mich zum Lächeln bringt.

Ich liebe meine Wohnung. Das Taubenblau der Wände bringt das helle Grau des Holzbodens zur Geltung und lässt das Apartment größer wirken, was auf jeden Fall ein Bonus ist.

»Danke.« Ich nehme ihm meine Taschen ab. »Aber du solltest erst mal den Ausblick von meinem Bett aus sehen«, sprudle ich hervor und realisiere erst, was ich gesagt habe, als sich seine Mundwinkel nach oben ziehen. »Nicht dass du das jemals sehen wirst«, ergänze ich schnell und richte meinen Blick auf den Boden, während mir die Röte in die Wangen schießt. »Ich habe das nur gesagt, weil ich ein riesiges Dachfenster über meinem Bett habe, dass einem das Gefühl gibt, unter den Sternen zu schlafen.« Ich drehe mich um, eile auf mein Schlafzimmer zu. »Bin gleich wieder da.«

Ich kicke mir die Schuhe von den Füßen, lasse die Taschen aufs Bett fallen und halte mir dann mein Kissen vors Gesicht, mir wünschend, dass ich einfach losschreien könnte. Ich hatte drei Freunde. Zwei davon in der Highschool und einen auf dem College. Seitdem habe ich niemanden mehr gedatet. Zumindest nicht wirklich. Ich war zwar mit ein paar Typen zum Essen aus, aber das war nichts Ernstes und keiner von ihnen ist danach jemals mit zu mir gekommen. Ich habe also keine Ahnung, was zur Hölle ich hier mache.

Da ich weiß, dass Sage mich hören wird, wenn ich schreie, schmeiße ich das Kissen zurück aufs Bett und gehe hinüber ins Wohnzimmer, wo ich ihn über den ramponierten Karton gebeugt vorfinde, in dem mein Regal angekommen ist.

»Kam der Karton in diesem Zustand hier an?«, fragt er in meine Richtung, was ich mit einem Kopfschütteln beantworte.

»Nein, er war heil, als ich das Regal gekauft hab«, sage ich, woraufhin sein Blick von mir zu der zerstörten Verpackung und wieder zu mir wandert. »Es ist möglicherweise die Treppen runtergefallen, als ich versucht habe, es hier hochzuschleppen.«

»Nur einmal?«, hakt er amüsiert nach, als ich ertappt den Atem ausstoße.

»Okay, ein paar Mal«, verbessere ich und er lächelt.

»Hast du Werkzeug hier?«

»Werkzeug?«, wiederhole ich, und er presst die Lippen zusammen, als versuche er, nicht loszulachen. »Natürlich weiß ich, was Werkzeug ist, ich hab nur keins. Außerdem kam es mit diesem kleinen Ding, mit dem man es zusammenbaut.«

»Kleines Ding?«

»Machst du dich über mich lustig oder wirst du mir helfen?«, frage ich und stemme die Hände in die Seiten, während sich sein Blick von meinem Gesicht auf meine Hände richtet.

»Ich mache mich nicht über dich lustig.«

»Es fühlt sich aber so an«, erwidere ich.

Sage richtet sich zu seiner vollen Größe auf. Jetzt, wo ich meine Sandalen nicht mehr anhabe, ist er nicht bloß größer als ich. Er überragt mich förmlich und gibt mir damit das Gefühl, sehr klein und zerbrechlich zu sein. »Ich würde mich niemals über dich lustig machen. Ich finde die Art, wie du redest, süß.«

»Oh.«

»Ich geh kurz zu meinem Truck, um meinen Werkzeugkoffer zu holen. Kann ich diese Tür da benutzen?« Er nickt mit dem Kopf zur Schiebetür, die von der Küche auf die Dachterrasse führt, und von wo aus man den großen Teich in der Mitte der Wohnsiedlung überblickt.

»Ja, aber du wirst um die Rückseite des Gebäudes herum und durch das Seitentor gehen müssen. Einfacher wäre es, wenn du durch die Garage gehst. Außerdem müsstest du wahrscheinlich vor Burt wegrennen, und ich kann dir aus Erfahrung sagen, dass das keinen Spaß macht«, informiere ich ihn, woraufhin erneut ein humorvoller Ausdruck in seine Augen tritt.

»Wer ist Burt?«

»Der Chihuahua meines Vermieters. Er ist klein, aber unheimlich beängstigend.«

»Ich gehe durch die Garage.«

»Das ist wahrscheinlich eine kluge Entscheidung«, murmle ich.

Mit einem Kopfschütteln öffnet er die Tür und ist verschwunden. Ich höre nur noch, wie er die Treppe nach unten geht und das Garagentor geöffnet wird.

Mein Magen grummelt und erinnert mich daran, dass ich nicht gefrühstückt habe. Etwas, dass ich definitiv nicht tun sollte. Da ich meine Medikamente nehmen muss, muss ich definitiv etwas essen. Also öffne ich den Kühlschrank, hole alles Mögliche heraus, um mir ein Sandwich zu machen. Kurz darauf höre ich Sage die Treppe wieder hochkommen. Als ich mich zu ihm umdrehe, stellt er eine riesige Werkzeugkiste auf dem Boden ab.

»Bist du immer mit so viel Werkzeug unterwegs?«

»Meistens«, sagt er und zieht einen Akkuschrauber und eine Plastikbox mit passendem Zubehör hervor. »Wenn ich Zeit habe, arbeite ich an meinem Haus, aber ich lasse mein Werkzeug nicht dort, da möglicherweise jemand einbrechen und es stehlen könnte, wenn ich nicht da bin.«

»Steht dein Haus in einer schlimmen Gegend?«, hake ich nach, öffne den Brotkorb, um einen Laib herauszuholen, und lege ihn auf die Anrichte.

»Kennst du Percy Priest Lake?«

»Ja.« Ich werfe einen Blick über meine Schulter und sehe, dass er bereits die einzelnen Holzelemente für das Regal in passende Stapel sortiert hat.

»Mein Haus steht direkt am See. Das Haus ist Müll. Eines Tages wird es wunderschön sein, aber aktuell ist es für’n Arsch. Das bedeutet, dass ich es zwar spottbillig bekommen habe, aber höchstwahrscheinlich viel zu viel Geld reinstecken und den Rest meines Lebens damit verbringen werde, es zu renovieren und herzurichten.«

»Das wird es wert sein«, antworte ich sofort. Auch wenn ich das Haus nicht gesehen habe, weiß ich mit absoluter Sicherheit, dass es eines Tages, wenn er damit fertig ist, großartig sein wird.

»Die Vorstellung, jeden Morgen mit Blick auf den See aufzuwachen und abends auf meiner Veranda zu sitzen und den Sonnenuntergang zu beobachten, ist es, was mich auch daran glauben lässt«, sagt er leise. Dabei verändert sich etwas in seinen Augen, was ein seltsames Gefühl in mir hervorruft.

Ehe ich noch etwas Blödes sagen kann wie in etwa: Ich möchte beides mit dir gemeinsam sehen , löse ich meinen Blick von seinem und drehe mich zur Anrichte. »Möchtest du ein Sandwich?«, frage ich stattdessen.

»Gern«, gibt er zurück, bevor er mit dem Akkuschrauber loslegt.

Sobald ich unsere Sandwiches gemacht habe, hole ich eine Box mit Cheez-Its vom obersten Regal und platziere jeweils ein paar davon auf unseren Tellern, die ich auf dem Wohnzimmertisch abstelle. Dann gehe ich zurück zum Kühlschrank, wobei ich Sage umrunden muss, der mitten im Raum am Werkeln ist, und sehe nach, welche Getränke ich dahabe. Nicht viel, da ich außer Wasser eigentlich nichts anderes trinke. »Ist Wasser für dich okay?«

Er nickt, daher schnappe ich zwei Flaschen Wasser und reiche ihm eine davon. Zusammen setzen wir uns auf die Couch.

»Liest du viel?«

Ich kaue den Bissen, schlucke ihn runter und sehe Sage an. Seine Aufmerksamkeit ruht auf meiner Sammlung von signierten Büchern, die ich ordentlich in einer Ecke des Raumes aufgestapelt habe. »Ja«, antworte ich, schlage die Füße unter und stelle den Teller auf meinen Knien ab. »Ich liebe es, zu lesen. Schon immer. Als ich noch jünger war, habe ich mich morgens vor der Schule immer in das Zimmer meiner Eltern geschlichen und jedes neue Buch meiner Mom gelesen. Als ich alt genug war, um mir meine eigenen Bücher zu kaufen, kaufte ich mir Liebesromane mit Kerlen auf dem Cover, die ihr Hemd offen hatten und deren langes Haar im Wind wehte.« Ich lache, während Sages Augen humorvoll aufblitzen. »Einmal fand mich mein Dad mit so einem Buch in meinem Zimmer und flippte komplett aus. Er war davon überzeugt, ich würde etwas Pornografisches lesen. Zum Glück kam mir meine Mom zu Hilfe und erklärte ihm, dass er sich beruhigen und froh darüber sein sollte, dass ich lesen würde, anstatt unterwegs zu sein, Party zu machen und Drogen zu nehmen.«

»Meine Mom liest auch viel, genauso wie meine Schwestern.«

»Wie viele Schwestern hast du?«

»Drei und zwei Brüder.«

»Ich wollte immer Geschwister haben«, gestehe ich und frage mich nicht zum ersten Mal, wie es gewesen wäre, wäre ich nicht zur Adoption freigegeben worden, sondern bei meiner Mutter und meiner Schwester aufgewachsen. Mein Leben wäre dann völlig anders verlaufen. Meine Mutter hätte keine Kinder bekommen sollen. Das weiß ich, seit mir meine Schwester von ihrer Kindheit erzählt hat. Sie weiß, wie es sich anfühlt, wenn man keine Ahnung hat, ob man an diesem Tag etwas zum Abendessen bekommt oder wo man schlafen wird.

»Also, meinst du, wir brauchen ein Jahr, um das Regal aufzubauen?«, scherze ich, als ich Traurigkeit in mir aufsteigen spüre – so wie immer, wenn ich an Kelly denke und daran, was sie bei unserer Mutter ertragen musste.

»Nee, das sollte nicht lang dauern.«

Das letzte Regalbrett haltend, beobachte ich Sage dabei, wie er die vier Regalhalterungen reindreht, und kämpfe angesichts seines frustrierten Gesichtsausdrucks gegen den Drang an zu lachen. Es ist jetzt über fünf Stunden her, seit er mir gesagt hat, wir bräuchten kein Jahr, um das Regal zusammenzubauen. Und er hatte recht; es hätte nicht so lang dauern sollen. Er hatte all das richtige Werkzeug, aber die Hälfte der Schrauben und des Zubehörs waren verschwunden, weshalb wir zu Home Depot fahren mussten, um all die Sachen zu besorgen. Da er fast alle Leute kannte, die uns dort über den Weg liefen, dauerte unser Trip in den Baumarkt, für den wir eigentlich nur zehn Minuten brauchen sollten, eine Ewigkeit.

Okay, möglicherweise habe auch ich ein wenig Zeit beim Stöbern durch das Sortiment verschwendet. Home Depot mag zwar ein Geschäft für Männer sein, aber jede Frau weiß, dass es dort die besten Putzutensilien zu den besten Preisen überhaupt gibt. Außerdem hat mich Sage noch mit in die Küchenabteilung genommen und mir all die Sachen gezeigt, die er für sein Haus eingeplant hat. Dazu gehört ein fantastischer Gasherd mit dazu passendem Kühlschrank, Geschirrspüler und Ofen. Auch die von ihm ausgewählten Küchenschränke und Arbeitsplatten, die aus einem coolen, sandfarbenen Material sowie blaugrünem, silbernem und goldenem Glas darin bestehen, haben wir uns gemeinsam angesehen.

Nachdem wir mit dem Rundgang fertig waren, habe ich ihm das Versprechen abgenommen, die Küche persönlich sehen zu dürfen, wenn er damit fertig ist – das war der Moment, in dem sich etwas veränderte. Ich weiß nicht genau, was es war, aber als er mir das Versprechen gab, wurde seine Miene weich und ein warmer Ausdruck trat in seine Augen. Er nahm meine Hand, führte mich zur Kasse und ließ mich erst wieder los, als ich in seinem Truck saß.

»Lachst du über mich?«, fragt er und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Ich schüttle den Kopf und presse die Lippen aufeinander, als er anfängt, kaum hörbar vor sich hinzugrummeln. Worüber? Keine Ahnung, aber es ist süß, ihn so zu sehen.

»Na endlich.« Er nimmt mir das Regalbrett ab, das ich bis eben gehalten habe, und stellt es vor uns hin, ehe er einen Schritt zurückmacht. »Heiliger, dieses Ding ist eine Katastrophe. Wir wären besser dran gewesen, hätten wir den Mist komplett selbst gebaut.«

»Das hätte uns vermutlich vier Jahre gekostet«, korrigiere ich ihn.

Er wendet sich mir lächelnd zu. »Da hast du wahrscheinlich recht. Okay, wo willst du das Ding jetzt hinhaben?«

»An die Wand dort.« Ich zeige mit dem Finger auf die einzige Stelle im Raum ohne Kante.

Sage hebt das Regal an und stellt es vorsichtig auf den vorgesehenen Platz ab.

»Danke, dass du mir geholfen hast. Wäre ich damit auf mich allein gestellt gewesen, hätte ich das Ding wahrscheinlich über die Veranda geworfen und ein Lagerfeuer damit veranstaltet.«

»Zum Glück bin ich dir zu Hilfe geeilt«, erwidert Sage, ehe er sein Handy hervorzieht und aufs Display sieht.

Da ich weiß, was jetzt kommt – dass er sich auf den Weg machen muss – nehme ich unsere Teller, die noch immer auf dem Wohnzimmertisch stehen, und trage sie zur Spüle hinüber.

»Es ist schon spät, hast du Lust, etwas zu essen zu bestellen?«

Mein Körper, den ich unbewusst angespannt hatte, entspannt sich angesichts seiner Frage und ich drehe mich zu ihm um. »Klar.« Ich zucke mit den Schultern, als wäre es mir gleich, auch wenn dem nicht so ist. »Ich habe ein paar Speisekarten da.« Ich öffne eine der Küchenschubladen, aber er schüttelt den Kopf.

»Nein, ich kenne da was Passendes. Magst du Italienisch?«

»Welche Frau, die noch ganz richtig im Kopf ist, mag kein Italienisch?«, gebe ich als Antwort.

»Sehr richtig.« Er hält sich das Handy ans Ohr und bestellt etwas für uns. Ohne danach fragen zu müssen, gibt er meine Adresse durch; eine Fähigkeit, die vermutlich sehr praktisch in seinem Job ist. Sobald er aufgelegt hat, schiebt er das Handy wieder in seine Hosentasche. »Wir haben eine Stunde Zeit, bis das Essen kommt, eventuell etwas länger.«

»Cool, wollen wir uns einen Film ansehen oder so?«, frage ich, gehe zur Couch und greife nach der Fernbedienung. Der Fernseher wird kaum benutzt, da ich die meiste Zeit lese oder Musik höre, wenn ich zu Hause bin.

»Um ehrlich zu sein, muss ich ein paar Anrufe erledigen. Stört es dich, wenn ich kurz nach draußen gehe?«

»Kein Problem.«

Er streift meine Taille mit den Fingern, als er an mir vorbei zur Dachterrasse hinausgeht und die Tür hinter sich zuzieht. Beim Anblick seines Handys, das er sich ans Ohr hält, wandern meine Gedanken zu Kelly. Sie hat in den letzten Tagen keinen meiner Anrufe erwidert, und auch wenn sie eine Tendenz dazu hat, für einige Tage einfach zu verschwinden, ohne auch nur eine einzige Nachricht zu hinterlassen, dass es ihr gut geht, mache ich mir in so einer Situation jedes Mal aufs Neue Sorgen.

Ich gehe hinüber ins Schlafzimmer und nehme mein Handy aus meiner Tasche. Ich schließe es ans Ladegerät an und warte, bis das Telefon endlich angeht und das Apple Icon auf dem Display aufpoppt. Sofort werden mir drei Textnachrichten von meiner Mom angezeigt. Sie fragt, wie meine Shoppingjagd nach der neuen Tasche heute Morgen gelaufen ist. Eine andere Nachricht ist von meinem Dad. Er erinnert mich daran, mein Ticket für den Flug nach Hause zu buchen, um meine Mom an ihrem Geburtstag zu überraschen. Von Kelly ist wieder nichts dabei. Ich setze mich auf das Bett, mache ein Bild von meiner neuen Tasche und schicke es an meine Mom, zusammen mit den Worten: Es lief großartig. Dann schicke ich eine Nachricht an meinen Dad und lasse ihn wissen, dass ich mein Ticket bereits gebucht habe und wann ich ankommen werde. Sobald ich das erledig habe, werfe ich mein Handy aufs Bett und ziehe mich um. Ich schlüpfe in ein bequemes Outfit für zu Hause und gehe zurück ins Wohnzimmer, wo ich darauf warte, dass Sage seine Anrufe beendet und unser Essen kommt.

Sage

»Heilige Scheiße.« Meine Brust hebt und senkt sich heftig, als ich versuche, meine Atmung wieder unter Kontrolle und meinen Herzschlag auf Normalmaß zu bringen.

Ich habe nicht erwartet, dass das passieren würde. Nicht jetzt zumindest. Aber nachdem Kim und ich gegessen hatten und gemeinsam auf der Couch saßen und redeten …, als sie lachte. Es war der eine Moment, in dem ich mich vorbeugte und sie, ohne darüber nachzudenken, küsste.

Schließlich führte eins zum anderen. Wir zogen einander so schnell aus, als wäre es ein Wettrennen. Ich habe gewonnen – und verdammt, sie war unglaublich, als sie entblößt vor mir lag. Dabei dachte ich bereits, dass sie wunderschön sei, als sie noch angezogen war.

Ich lehne mich zurück und ziehe sie mit mir. Genieße das Gefühl ihres Körpers an meinem, ihrer heißen, feuchten Pussy, die um meinen Schwanz herum pulsiert, und ihres weichen Haares, das sich über meine Brust ergießt. Da ich sie genau da behalten will, wo sie gerade ist, umarme ich sie fester.

So etwas habe ich mein Leben lang noch nie mit einer Frau erlebt. Eine Verbindung, die sich jeder Logik widersetzt. Eine Verbindung, die mich alles in meinem verdammten Leben hinterfragen lässt.

»Ich bin zu schwer.« Ihre Worte gleiten über meine feuchte Haut, während Kim bereits versucht, sich von mir runterzubewegen.

Ich halte sie nur noch fester »Bist du nicht, also denk nicht mal darüber nach, dich zu bewegen«, knurre ich und sie zuckt zusammen. »Bitte«, ergänze ich leise und fahre mit den Fingern durch ihr Haar, woraufhin sie sich wieder entspannt. Ich gebe ihr einen Kuss auf den Scheitel und halte sie an mich gedrückt.

Mein ganzes Leben habe ich vom Boom-Effekt gehört. Als ich noch jünger war, dachte ich, dass sei Bullshit, eine verrückte Geschichte, die mein Dad und meine Onkel erfunden haben, um sie mir und den Jungs in meiner Familie zu erzählen. Als ich älter wurde, dachte ich, dass es vermutlich gut sei, dass ich adoptiert bin, denn dann müsste ich mich mit diesem Schwachsinn nicht auseinandersetzen, sollte doch etwas dran sein. Jetzt, nachdem ich Kim getroffen habe, frage ich mich, was zur Hölle hier vor sich geht.

Ihr Atem wird ruhiger und ihr Körper wirkt völlig entspannt, was mich wissen lässt, dass sie eingeschlafen ist. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, schiebe ich sie von mir runter, stehe auf und gehe ins Bad, um das Kondom zu entsorgen und mir einen Waschlappen zu schnappen. Ich kehre zurück ins Schlafzimmer und finde Kim in exakt der Position vor, in der ich sie zurückgelassen habe. Nachdem ich sie sauber gemacht habe, etwas, was ich noch nie für eine Frau getan habe, schmeiße ich den Waschlappen in Richtung ihres Wäschekorbs in der Ecke und kehre zurück ins Bett.

Sobald ich neben ihr liege, kuschelt sie sich wieder an mich. In diesem Moment bemerke ich die Sterne über mir, die durch das Dachfenster leuchten. Hier liegend, Kims warmer Körper an meinem und ihre weiche Haut unter meiner Hand, schlafe ich mit dem Gedanken ein, dass sie recht hat: Es fühlt sich tatsächlich an, als würde man unter dem Sternenhimmel schlafen.

Als ich aufwache, höre ich sanfte Musik im Hintergrund spielen und der Geruch von Bacon steigt mir in die Nase. Ich öffne die Augen und erblicke einen grauen Himmel über mir. Mich auf meinen Ellenbogen aufrichtend, entdecke ich meine Jeans und mein Shirt, beides ordentlich gefaltet auf einem Stapel neben dem Bett. Ich hole mein Handy aus der Hosentasche und sehe, dass es bereits nach acht Uhr morgens ist.

Ich ziehe mir meine Jeans an und verlasse den Raum. Kim finde ich in der Küche. Sie hat mir den Rücken zugedreht und ihre Löwenmähne zu einem hohen Zopf zusammengebunden, was den eleganten Schwung ihres Nackens zur Geltung bringt. Während ich sie betrachte, fällt mir auf, dass sie geblümte Shorts und ein dazu passendes Top trägt, das sie gestern Abend angezogen hat, während ich telefonierte. Ohne darüber nachzudenken, gehe ich zu ihr und streiche über ihre Seite, ehe ich ihre Taille umfasse und sie an mich ziehe, was ihren Körper erzittern lässt.

»Hey.« Sie sieht mich über ihre Schulter hinweg an; ihre Wangen in einem hübschen Rosaton verfärbt.

»Guten Morgen.« Ich küsse die entblößte Haut, wo sich Nacken und Schulter treffen. »Hast du eine extra Zahnbürste?«, frage ich, woraufhin ihr Blick ganz zärtlich wird. Etwas, woran ich mich gewöhnen könnte.

»Nein, aber du kannst meine benutzen. Das macht mir nichts aus.« Sie zuckt mit den Achseln.

»Alles klar.« Ich platziere einen Kuss auf ihre Schläfe, drücke kurz ihre Mitte und mache mich dann auf den Weg ins Bad.

Als ich ein paar Minuten später wieder zurück bin, schlägt sie gerade Eier an der Pfanne auf, in der sie zuvor noch den Bacon gebraten hat.

Kim wirft mir einen Blick zu. »Ich weiß nicht …« Sie atmet einmal tief ein und wieder aus. »Ich weiß nicht, wie das hier funktioniert«, sagt sie und dreht sich gänzlich zu mir um, während ich ein paar Schritte entfernt stehen bleibe. »Ich meine …« Sie stößt erneut den Atem aus. »Keine Ahnung, ob du mit mir essen oder ob du einfach gehen willst.«

»Ich werde nicht gehen«, stelle ich klar und sehe, wie sich ihre angespannten Schultern entspannen.

»Gut«, wispert sie und ich spüre, wie dieses eine Wort wie eine Welle durch mich hindurchfährt. »Möchtest du Kaffee?«

»Ja.« Ich überbrücke die letzte Distanz zwischen uns.

Sie holt einen Kaffeebecher vom Regal und reicht ihn mir. »Kaffeepads sind in der Schublade unterhalb der Kaffeemaschine.« Sie nickt in die besagte Richtung. »Sahne ist im Kühlschrank und Zucker dort drüben.« Sie deutet auf einen Behälter. »Wie magst du deine Eier?«

»Ganz egal, ich nehme sie so, wie du sie kochst.«

»Okay.« Mit einem Lächeln schlägt sie noch zwei weitere Eier an der Pfanne auf, bevor sie das Toastbrot aus dem Ofen nimmt und Butter draufstreicht.

Ich lehne mich neben sie an die Anrichte, einen Becher frischen Kaffee in der Hand, blicke zum Regal hinüber, das wir gemeinsam aufgebaut haben, und sehe, dass sie bereits ihre Bücher darin verstaut hat. »Du bist schon eine Weile wach«, stelle ich fest.

Kim sieht ebenfalls hinüber zum Regal, das jetzt voller Bücher ist. »Ich kann nie ausschlafen. Egal, wie spät ich ins Bett gehe, ich wache immer früh auf.« Sie holt zwei Teller hervor. »Hast du gut geschlafen? Ich hatte schon überlegt, ins Schlafzimmer zu gehen und das Dachfenster zu schließen, aber ich wollte dich nicht wecken.«

»Ich habe so gut geschlafen wie schon lang nicht mehr«, offenbare ich ihr und ein zärtlicher Ausdruck tritt in ihre Augen. »Ich mag das Dachfenster. Vielleicht sollte ich auch eins ins Hauptschlafzimmer meines Hauses einbauen.«

»Es ist echt toll. Ich liege noch lieber darunter, wenn es regnet, als nachts bei klarem Sternenhimmel.«

»Das muss ich irgendwann mal selbst erleben.« Ich nehme Kims Hand und ziehe sie ein Stück näher zu mir, nachdem sie den Toast fertig bestrichen und zwei neue in den Toaster getan hat. »Was hast du heute geplant?«

»Ein Kunde kommt um zehn Uhr in den Salon. Ich muss also arbeiten. Und du?«

»Ich muss am Abend arbeiten, aber danach habe ich nichts vor. Hast du Lust, etwas zu machen?«

»Klar.« Sie lehnt sich an mich.

Ich beuge mich zu ihr, streiche mit den Lippen über ihre und berühre mit der Zunge ihre Unterlippe. Bereitwillig öffnet sich Kim und ich vertiefe den Kuss. »Wir sollten essen«, haucht sie kurze Zeit später, als ich mit den Händen ihren Körper hinunterwandere und sie noch enger an mich ziehe.