Until Love: Cash - Aurora Rose Reynolds - E-Book
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Until Love: Cash E-Book

Aurora Rose Reynolds

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Beschreibung

Ein Blick auf Lilly Donovan genügt und Cash Mayson verliebt sich Hals über Kopf in die hübsche Rothaarige. Ihre romantische Beziehung nimmt jedoch ein jähes Ende, als Cash gezwungen wird, zwischen der Liebe seines Lebens und seinem ungeborenen Kind zu wählen. Cash denkt, das Richtige zu tun, als er sich für seinen Sohn Jax entscheidet. Erst Jahre später findet er heraus, eine Lüge gelebt und damals nicht nur Lilly, sondern mit ihr auch sein ungeborenes Mädchen im Stich gelassen zu haben. Er beginnt, um seine kleine Familie zu kämpfen, doch um Lillys Herz zurückzugewinnen, muss er zuerst alle Mauern niederreißen, die sie darum errichtet hat ...

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Seitenzahl: 445

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NEW YORK TIMES UND USA TODAY BESTSELLER AUTORIN

AURORA ROSE REYNOLDS

UNTIL LOVE

CASH

Contemporary Romance

Aus dem Amerikanischen von Lizzi Pierce-Parker

UNTIL LOVE : CASH

Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2014 unter demTitel UNTIL LILLY von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht.

© 2017 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH8712 Niklasdorf, Austria

Covergestaltung: © SturmmöwenTitelabbildung: © tverdohlibKorrektorat: Melanie Reichert

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903130-22-7ISBN-EPUB: 978-3-903130-23-4

www.romance-edition.com

Dieses Buch ist allen kleinen Brüdern gewidmet.Ich liebe dich.TJ

Inhalt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Prolog

Lilly

Vier Jahre zuvor …

Als ich Cash das erste Mal traf, studierte ich im vierten Semester auf dem College und machte mein Diplom als Kindererzieherin. Die vergangene Nacht hatte ich durchgemacht, um mich auf eine Prüfung vorzubereiten. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es kurz nach zehn Uhr morgens war – und ich hatte noch immer nicht den gesamten Stoff verinnerlicht. Wenn ich mehr Informationen in meinen Kopf bekommen wollte, brauchte ich dringend Kaffee.

Ich hatte noch meinen Pyjama an; mein frisch gefärbtes hellrotes Haar hatte ich zu einem unordentlichen Knoten hochgesteckt. Ich schlüpfte aus meinem Schlafanzug und zog mir ein Kleid über. Dann schnappte ich mir den alten Sweater meines Dads von meinem Schreibtischstuhl, zog ihn ebenfalls an und schob zehn Dollar, meine Schlüssel und mein Telefon in die eingenähte Tasche.

Draußen war es warm. Über die Straßen liefen College-Studenten und junge Familien, die in der Gegend wohnten und den traumhaften Tag genossen.

Als ich den kleinen Coffeeshop erreichte, bemerkte ich eine Frau mit einem Kinderwagen, die mühsam versuchte, ihn durch die Tür zu bekommen. Ich lief zu ihr, zog die Tür weiter auf und ließ ihr den Vortritt. Plötzlich breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Rücken aus und im nächsten Moment hörte ich ein Rumpeln. Ich sah über meine Schulter und sah einen riesigen Truck, der auf den Parkplatz des Coffeeshops gelenkt wurde. Sobald er stand, sprangen zwei Männer aus dem Wagen. Der Fahrer sah gut aus, aber es war der Beifahrer, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er war groß, seine Haut gebräunt, als würde er viele Stunden in der Sonne verbringen und unter dem eng anliegenden weißen T-Shirt konnte ich einen definierten Oberkörper ausmachen. Er hatte dunkelbraunes Haar, das unter der roten Baseballkappe hervorlugte.

Als mir klar wurde, dass ich ihn anstarrte und er das bemerkt hatte, wurden meine Wangen heiß. Ich wandte mich ab und marschierte in den Coffeeshop, ohne den beiden die Tür aufzuhalten. Das Gebläse der Klimaanlage und der Geruch nach frischem Kaffee halfen mir, etwas von der Anspannung abzubauen, die sich beim Anblick des Fremden in mir breitgemacht hatte. Ich konnte mit solchen Gefühlen nicht umgehen. Lust war etwas, über das meine Freundinnen sprachen und ich hörte ihnen zu. Bis zu diesem Moment hatte ich so etwas nie selbst empfunden.

»Was darf es sein?«, fragte die hübsche Blondine hinter dem Tresen und riss mich aus meinen Gedanken.

Ich sah zur Tafel hoch, die hinter ihr hing. Ich hatte noch nie was anderes bestellt, also wusste ich nicht, warum ich das tat. »Kann ich einen Eiskaffee mit Magermilch und drei Stück Süßstoff haben?« Während ich ihr die Bestellung ansagte, wurden ihre Augen immer größer. Dann spürte ich Hitze, die von jemandem neben mir ausging. Ich musste meinen Kopf nicht zur Seite neigen, um zu sehen, wer bei mir stand. Der Ausdruck im Gesicht der Bedienung reichte, um zu wissen, dass es der Fremde von vorhin war.

»Ich bekomme einen großen Eiskaffee, schwarz bitte«, warf er ein.

Die Augen des Mädchens nahmen beim Klang seiner Stimme einen verträumten Ausdruck an.

Ich wandte mich dem Mann zu, damit ich ihn ansehen und mich wundern konnte, warum er sich so aufspielte.

»Hier, Süße, wir gehören zusammen, also bezahle ich ihre Bestellung mit.« Er schob der jungen Frau einen Zwanziger zu, die ihn weiterhin anstarrte.

»Wir gehören nicht zusammen«, warf ich ein und ballte meine Hände zu Fäusten. Wer zum Teufel glaubte der Kerl zu sein?

»Das tun wir. Ich bezahle.«

Der Mann brachte mich dermaßen durcheinander, dass meine sonst so ruhige Gemütslage kippte. Keine Ahnung, ob es an dem Schlafentzug lag, aber als uns das Mädchen die Bestellung reichte, wandte ich mich dem Fremden erneut zu.

»Hier«, sagte ich und schob ihm meinen Zehner gegen die Brust, sodass er rückwärts gegen die Person hinter ihm stolperte. Die Verschlusskappe seines Kaffees sprang auf, als er den Becher zusammendrückte und sich der Inhalt auf seinem T-Shirt verteilte.

»Mist, das tut mir leid. Das wollte ich nicht.« War ja klar, dass mir das passieren musste. Ich fühlte mich deshalb so schlecht, dass ich mich umdrehte, ein paar Servietten aus dem Spender hinter mir schnappte und begann, sein T-Shirt sauber zu machen. Dank des Kaffees lag der Stoff nun enger an seinem Körper an und offenbarte seine Bauchmuskeln. Ich fühlte, wie mein Gesicht von Sekunde zu Sekunde mehr glühte. »Warum hast du mich nicht selbst für meinen Kaffee bezahlen lassen?«, fragte ich.

Er begann zu lachen, was mich veranlasste, den Kopf zu heben. Dabei traf ich so hart sein Kinn, dass ich hören konnte, wie seine Zähne aufeinandertrafen. Schmerzenstränen sammelten sich in meinen Augen. »Das ist so peinlich«, flüsterte ich und spürte immer mehr Tränen aufsteigen. Ich fasste mir an den Kopf, wo sich eine große Beule bildete.

»Lass mich mal sehen, Babe«, sagte Mister-heißer-Kerl und zog mich an sich. Er nahm mir den Kaffee aus der Hand und reichte ihn an den Fremden hinter ihm weiter. Dann zog er mich an meinem Handgelenk zur Seite. »Du weißt, dass ich nun deinen Namen und deine Nummer brauche, falls ich dich ärztlich versorgen lassen muss, ja?«

Ich benötigte eine Sekunde, bis ich begriff, was er gesagt hatte. Sobald ich es verstanden hatte, fing ich an zu lachen. »Ich hoffe, das ist kein Versuch, mit mir zu flirten.« Ich sah mich um und stellte fest, dass uns einige Leute beobachteten.

»Lebst du hier in der Nähe?« Er neigte mein Kinn in seine Richtung und zwang damit meinen Blick zurück zu seinem.

»Ja, ich gehe hier zur Schule.«

Er nickte und biss sich auf die Lippe. »Wie heißt du?«

»Ähm … Lilly. Und du?«

»Du siehst wie eine Lilly aus.«

»Tue ich das?«

»Ja.« Er grinste, fasste nach einer meiner Haarsträhnen und strich sie mir hinter das Ohr. »Ich bin Cash.«

Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Ist das ein Spitzname?«

»Nein, meine Mom nannte mich Cash nach Johnny Cash.« Er hob erneut die Hand, dieses Mal, um mir über die Wange zu streichen. Ich fand es seltsam, dass er mich berührte, aber ich konnte mich nicht durchringen, ihn davon abzuhalten. »Ich brauche deine Nummer.«

»Wofür?«

»Ich werde dich anrufen müssen, um sicherzugehen, dass du keine Gehirnerschütterung hast.«

»Es geht mir gut.« Ich schmunzelte, dann sah ich hinüber zu dem Mann, der mit Cash reingekommen war. Er blickte lächelnd auf sein Handydisplay.

»Komm, ich stelle dir meinen Bruder vor.« Er gab mir keine Gelegenheit, Nein zu sagen. Er nahm mich an der Hand und zog mich mit sich. »Für wen ist dieses Lächeln?«, fragte Cash den Mann, der nun von seinem Handy hochsah. Ich hatte keinen Schimmer, wie die Eltern der beiden aussehen mussten, aber großer Gott, die zwei waren so was von heiß.

»Liz hat mir geschrieben.«

»Das ist Lilly. Lilly, das ist einer meiner Brüder, Trevor.«

»Schön, dich kennenzulernen«, sagte er freundlich, während ich an nichts anderes denken konnte, als daran, wie sich Cashs Hand anfühlte, die auf meinem unteren Rücken lag.

»Hi.« Ich atmete durch und versuchte, mich zu sammeln. »Ähm, ich muss jetzt los. War nett, euch über den Weg zu laufen. Und noch mal – es tut mir leid wegen dem Kaffee und der Kinnhaken.« Die beiden Männer grinsten.

Cash hielt mich an meinem Sweater fest. »Ist schon okay. Ich begleite dich nach draußen.«

Trevor gab mir meinen Kaffee zurück und ich nickte ihm kurz zu, ehe ich den Coffeeshop mit Cash verließ. Sobald wir draußen waren, ließ er meinen Sweater los und nahm stattdessen meine Hand.

Ich wusste nicht, wie ich mich angesichts seiner Aufmerksamkeit verhalten sollte. Es fühlte sich an, als befände sich ein Bienenstock in meinem Bauch.

»Hast du ein Handy?«, fragte er und kam dabei so nah, dass ich den leichten Duft seines Aftershaves riechen konnte. Er duftete nach Wind und Sonnenschein; die Hitze seines Körpers verschmolz mit meiner.

Ich griff in die Tasche meines Sweaters und zog mein Telefon hervor. Cashs Nähe bewirkte, dass ich kein Wort sagen konnte. Er nahm mir das Telefon aus der Hand und die Berührung prickelte durch meinen Körper, als hätte ich einen elektrischen Zaun angefasst. Er gab einige Ziffern in mein Handy ein, ehe das Seine in der Hosentasche zu läuten begann. »Jetzt kann ich mich zumindest davon überzeugen, dass du keine Gehirnerschütterung hast.« Er lächelte und offenbarte damit zwei Grübchen auf seinen Wangen.

Ich konnte nicht anders und lächelte zurück. Kopfschüttelnd räusperte ich mich. »Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Cash.« Ich machte einen Schritt von ihm weg, als sein Bruder mit zwei Bechern Kaffee aus dem Laden kam.

»Bis bald.« Cash sah aus, als wollte er noch etwas sagen, tat es aber nicht.

Ich wandte mich ab und machte mich auf den Weg zurück zu meinem Apartment. Einige Sekunden später vibrierte das Handy in meiner Tasche.

Unbekannter Teilnehmer:Melde dich kurz, wenn du zu Hause bist, okay? Ich will mir keine Sorgen machen müssen.

Lächelnd sah ich über meine Schulter zurück und schüttelte den Kopf, ehe ich weiterging. Nachdem ich seine Nummer eingespeichert hatte, schrieb ich zurück.

Ich:

Du musst dir keine Sorgen machen. Ich habe einen ziemlichen Dickschädel.

Als ich in meinen vier Wänden ankam, warf ich meinen Sweater auf die Couch und ließ mich ebenfalls darauf fallen, den Kopf lehnte ich nach hinten. Ich dachte über die letzten dreißig Minuten nach, bis mein Telefon erneut piepte. Mein Puls beschleunigte sich, als ich seinen Namen las.

Cash:

Bist du zu Hause?

Ich ließ meinen Blick durch das kleine Apartment schweifen.

Ich:

Bin gerade angekommen.

Cash:

Ich rufe dich an, wenn ich daheim bin.

Ich:

Wo bist du denn daheim?

Cash:

In einer kleinen Stadt in Tennessee, etwas über zwei Stunden von dir entfernt.

Mein Magen machte einen Satz. Das war eine weite Strecke. Zumindest war sie zu weit, um so etwas wie eine Beziehung zu führen. Nicht, dass er das vorgeschlagen hätte, oder dass ich so etwas wollte. Ich besaß nicht mal ein Auto. Ich war nur dank eines Vollzeitstipendiums am College und konnte mir nichts leisten, was man nicht in die Mikrowelle schieben konnte.

Cash:

Wir hören uns bald.

Ich betrachtete das Telefon in meiner Hand, ehe ich antwortete.

Ich:

Klar, bis dann.

Ich schaltete mein Handy auf lautlos. Ich musste mich wieder ans Lernen machen. Das Letzte, was ich gerade gebrauchen konnte, war ein Tagtraum über einen braunhaarigen Kerl mit blauen Augen und Grübchen.

Lilly

Drei Wochen später …

Ich war bereit.

Ich betrachtete mich im Spiegel: Meine cremig-weiße Haut war unter der Sonne von Alabama dunkler geworden, was meine hellbraunen Augen einen Tick grüner wirken ließ. Ich hatte kräftig Mascara aufgetragen, dazu ein wenig Rouge. Mein rotes Haar hatte ich zu Locken gedreht und an den Seiten mit kleinen Spangen zurückgesteckt. Ich trug meine dunkle enge Lieblingsjeans, schwarze Sandalen und ein Tube-Top.

»Du kannst das«, sagte ich an mein Spiegelbild gewandt.

Drei Wochen war es her, dass ich Cash zum ersten Mal gesehen hatte. Drei Wochen voller Anrufe und Textnachrichten, und nun würde er in wenigen Minuten hier sein.

Ich war nervös und aufgeregt, weil ich ihn bald wiedersah. In den vergangenen Wochen hatte ich einiges über ihn erfahren. Er stammt aus einer Familie, in der sich alle sehr nahe stehen. Er hat drei Brüder. Seine Mom und sein Dad sind nach wie vor verheiratet und noch immer verliebt. Er hat außerdem eine Nichte, die er vergöttert, und eine weitere ist unterwegs. Cash und seine Brüder sind die Besitzer eines Bauunternehmens und er hat ein eigenes Haus, das er fertigstellen muss.

Die Türglocke schrillte und ließ mich zusammenzucken. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel, machte das Licht im Badezimmer aus und ging hinaus, um ihm zu öffnen.

Ich konnte nicht sagen, warum, aber sein Anblick traf mich unvorbereitet. Er trug ein graues T-Shirt, Jeans und Stiefel. Sein Haar war ein wenig länger und stand wie schon bei unserer ersten Begegnung unter seiner Baseballkappe hervor.

Er betrachtete mich von oben bis unten, dabei wurden sein Blick dunkler. Schließlich sah er mir wieder ins Gesicht.

Ich schluckte und nahm einen tiefen Atemzug; meine Finger drückte ich gegen das Holz des Türrahmens. »Hi«, sagte ich. Was Cash zum Anlass nahm, mein Apartment zu betreten und seine Arme um meine Taille zu legen. Sein Gesicht schob er an meinen Hals. Ich zögerte, ließ meine Arme einige Sekunden an den Seiten hängen, dann schlang ich sie um seinen Rücken, um ihn ebenfalls festzuhalten.

»Du riechst so verdammt gut.« Seine Stimme war ein sanftes Vibrieren gegen meine Haut. Es erhöhte meinen Puls und ließ die Stelle zwischen meinen Beinen prickeln.

»Danke.« Ich lächelte und genoss das Gefühl, von ihm gehalten zu werden. Ich hatte vergessen, wie er roch und wie groß er im Gegensatz zu mir war.

Cash hob den Kopf, ließ seine Hände über meine Arme zu meinen Schultern gleiten. »Bist du bereit?«

Ich nickte. Mein Mund war ganz trocken geworden, weil er so nah bei mir stand. Seine Gegenwart überwältigte mich. Er war einer der attraktivsten Männer, denen ich jemals begegnet war. Mit dieser Kappe sah er wie ein heißer Baseballspieler aus, nur dass Cash muskulöser war. »Was werden wir unternehmen?«

»Ich dachte mir, wir gehen essen und danach sehen wir uns einen Film an.«

»Klingt gut. Lass mich nur meine Tasche holen.« Ich machte mich aus seiner Umarmung los und ging den Flur bis zu meiner Küche entlang, wo ich meine Tasche von der Anrichte nahm und überprüfte, ob ich mein Handy eingesteckt hatte.

Cash stand bei der Eingangstür und sah sich die Fotos an, die daneben an der Wand hingen. »Sind das deine Eltern?« Er zeigte auf ein Bild von Mom und Dad vor einem Gletscher in Alaska. Dad hielt Mom an sich gedrückt, ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und sie sahen in die Kamera. Ich hatte das Bild geschossen, kurz bevor ich die beiden verlassen hatte, um aufs College zu gehen.

»Ja, das sind meine Mom und mein Dad.«

Cash sah mich an, dann betrachtete er wieder das Foto. »Du siehst wie deine Mom aus. Nur dein Haar ist anders.«

Automatisch fasste ich nach einer Strähne. »Seit ich alt genug bin, um in einen Laden zu gehen, ändere ich die Farbe ständig.« Ich lächelte bei der Erinnerung an mein erstes Mal, als ich mir eine Haarfarbe gekauft hatte. »Das erste Mal fanden mich meine Eltern mit schwarz gefärbtem Haaren vor, als sie heimkamen. Es wäre alles nicht schlimm gewesen, wenn nicht die Handtücher, meine Hände und der Großteil des Badezimmers ebenfalls schwarz gewesen wären.« Ich lachte auf. »Mein Dad meint, er könne anhand meiner Haarfarbe sagen, in welcher Stimmung ich mich befinde.«

»Was sagt Rot über deine Stimmung aus?« Cash hob den Arm und ließ seine Finger durch meine Strähnen gleiten.

»Keine Ahnung.«

»Sagt man über Rothaarige nicht, dass sie wild wären?« Er grinste.

Meine Wangen wurden heiß. »Ähm … ich …«

»Oder dass sie ein feuriges Temperament hätten?«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, dass meine Haarfarbe etwas mit meinem Temperament zu tun hat.«

»An dem Tag im Coffeeshop … Wie würdest du deine Gemütslage dort beschreiben?«

»Du warst anstrengend.«

Er schmunzelte und machte einen Schritt zurück. »Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich an dir interessiert bin.«

Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Indem du dich durchsetzt, meinen Kaffee zu bezahlen?«

»Ich wollte nur nett sein.«

»Die Geste war nett, da stimme ich dir zu, nur die Ausführung war schrecklich.«

»Das war scheinbar nicht mein Spielfeld.«

»Ist es das, was du tust? Versuchst du öfter, Frauen in Coffeeshops aufzureißen, indem du ihren Kaffee bezahlst?«

»Ich kann dir zu Hundertprozent garantieren, dass ich das noch nie zuvor gemacht habe.«

»Niemals?«, fragte ich und erhielt ein Kopfschütteln zur Antwort. Ein Schatten huschte über sein Gesicht. Ich hatte keine Ahnung, was das bedeutete, aber es gefiel mir nicht. »Hast du viele Dates?«, wollte ich wissen und fragte mich, ob ich nur eine weitere Eroberung für ihn war.

»Ich habe noch nie gedatet.«

»Noch nie?« Ich betrachtete ihn genau. Vermutlich dachte er, ich wäre dumm. Männer, die aussahen wie er, hatten bestimmt viele Dates.

»Ich musste bisher niemanden daten.«

»Was bedeutet das?«

»Wenn ich mit jemandem schlafen wollte, musste ich diese Person zuvor nicht ausführen.«

»Was?« Ich atmete ein. Das hatte ich nicht erwartet. »Du gehörst zu der Sorte Mann, die jede Frau haben kann, ohne den geringsten Aufwand betreiben zu müssen?«

Er zuckte mit den Schultern. Die Geste ließ Übelkeit in mir aufsteigen und zugleich wollte ich ihm zwischen die Beine treten. Vielleicht war tatsächlich mein rotes Haar für mein Temperament verantwortlich.

»Ich habe nie jemanden an der Nase herumgeführt oder Dinge gesagt, nur weil sie jemand hören wollte.«

»Und das macht die Sache besser?«

»Das kann ich nicht sagen, aber so bin ich eben.«

»Dann bin ich froh, jetzt davon erfahren zu haben und nicht erst, wenn es zu spät ist.«

»Oh nein.« Er schüttelte den Kopf. »Diese Sache mit dir ist eine völlig andere.«

»Ich weiß«, erwiderte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Es ist anders, weil ich nicht mit dir schlafen werde.« Ich lehnte mich nach vorn. »Niemals.«

»Ich denke, damit haben wir die Frage beantwortet, ob Rothaarige mehr Temperament besitzen, nicht wahr?« Er lächelte und offenbarte damit beide Grübchen. »Aber ich hätte keine drei Stunden in meinem Wagen gesessen, nur um mit dir zu schlafen. Deswegen bin ich nicht hier. Diese Sache mit dir ist völlig anders. Ich bin gespannt, was sich daraus entwickeln wird«, wiederholte er die Worte von vorhin und mein Puls beschleunigte sich.

»Wir können Freunde sein, mehr nicht. Ich will weder die nächste Eroberung noch die Schlampe oder eine weitere Kerbe im Bettpfosten eines Mannes sein.«

»Habe ich dich gefragt, ob du mit mir schlafen möchtest?« Cash wirkte amüsiert.

Nein, das hatte er nicht getan, aber ich war schon Kerlen dieser Sorte auf dem Campus begegnet und hatte sie alle geflissentlich gemieden.

»Wenn wir irgendwann miteinander schlafen, wird es uns beiden etwas bedeuten.«

»Hast du gehört, was ich gesagt habe?«

»Das habe ich. Ich weiß allerdings auch, dass man niemals nie sagen sollte.« Er sah mich an, als wüsste er etwas, das mir verborgen blieb. Es bescherte mir ein unbehagliches Gefühl. »Bist du nun bereit, auszugehen?«

Ich war nicht bereit. Wenn ich ehrlich sein sollte, war ich mir bewusst, einen riesengroßen Fehler zu begehen. Mein Verstand lief auf Hochtouren, um herauszufinden, was zum Teufel vor sich ging.

Cash reichte mir die Hand. Sie war schön, groß und männlich, und seine Finger waren lang.

Das alles fühlte sich wie ein Test an. Einer, auf den ich nicht vorbereitet war.

»Hey.« Er fasste unter mein Kinn und hob es hoch. »Wir können das hier langsam angehen lassen.«

»Was ist das hier?«, fragte ich.

Sein Blick wirkte plötzlich noch einnehmender, was mein Herz schneller schlagen ließ. »Das hier … ist der Anfang von uns beiden.«

»Bist du ein Vampir oder so etwas?«, machte ich einen lahmen Scherz, weil er mich so besitzergreifend ansah und dieses warme Gefühl in mir auslöste.

Cash begann zu lachen. Er warf den Kopf zurück und offenbarte sein kantiges Kinn. »Nein, kein Vampir. Ich weiß einfach, was ich will.«

»Du machst mir ehrlich ein bisschen Angst.«

»Willkommen im Club«, sagte er atemlos, als er sich der Tür meines Apartments zuwandte. Er hielt sie mir auf und schloss sie, sobald ich draußen im Gang stand. Dann nahm er meine Hand. Seine Handfläche war rau und ich fragte mich, wie sie sich auf meinem Körper anfühlen würde. Der Gedanke traf mich unvorbereitet.

Ich war in einem kleinen Dorf in Alaska aufgewachsen. In meiner Abschlussklasse saßen nur fünfunddreißig Leute. Mit sechzehn hatte ich meinen ersten und einzigen Freund; wir taten nie mehr, als uns zu küssen. Und selbst darauf ließ ich mich nur ein, weil es eben das gewesen war, was man tat, wenn man einen festen Freund hatte. Ich hatte keine Ahnung, was ich mit den Gefühlen anfangen sollte, die Cash in mir wachrief.

Ich nahm einige tiefe Atemzüge und versuchte, mich zu beruhigen. Meine Nervosität verschwand, als wir den Parkplatz betraten und neben einem großen roten Truck stehen blieben. Cash öffnete die Wagentür, doch als ich einsteigen wollte, stellte ich fest, dass es weder ein Trittbrett noch etwas Anderes gab, woran ich mich hätte festhalten können, um einzusteigen.

Ich drehte mich zu Cash um, der mich anlächelte. »Wie soll ich da reinkommen?« Ich zeigte mit dem Daumen in die Wagenkabine.

Cashs Lächeln wurde breiter. Er machte einen Schritt auf mich zu und packte mich an der Taille, um mich hochzuheben. Ich hielt mich an seinen Schultern fest. Die Position erinnerte mich an Dirty Dancing, als Patrick Swayze während den Proben Jennifer Grey auf diesem Holzstamm hochhob.

Nie zuvor in meinem Leben hatte ich jemanden dringender küssen wollen als Cash in diesem Moment. Er setzte mich auf den Beifahrersitz. Sein Blick fiel auf meinen Mund, dann sah er wieder in meine Augen und deutete mit dem Kinn zu seiner Schulter. »Du kannst jetzt loslassen.« Seine Stimme klang heiser.

Ich nahm meine Arme von ihm und drehte mich zur Seite, damit ich vollständig in der Fahrerkabine saß. Meine Hände legte ich in den Schoß und bemerkte, dass sie zitterten.

Lilly

Drei Monate später …

»Ich hasse es, dich hier zurückzulassen. Ich hasse es, ohne dich sein zu müssen«, sagte Cash leise.

Wir lagen im Bett. Cash und ich hatten gerade miteinander geschlafen und es war schöner, als ich es mir jemals vorgestellt hätte. Er ging so liebevoll mit mir um. Eigentlich tat er das ständig. Aber heute war es anders … In diesem Moment waren wir eins miteinander gewesen und damit meinte ich nicht auf sexuelle Weise. Ich wusste, dass wir einander liebten – das sagte er mir die ganze Zeit –, aber zu wissen, dass er der erste Mann für mich war, dem ich einen Teil von mir anvertraut hatte, den ich nie zurückbekommen würde … Es verband mich mit ihm auf eine Weise, was alles zwischen uns noch perfekter erscheinen ließ.

Ich kuschelte mich enger an ihn, während seine Hand träge über meinen Rippenbogen zu meiner Hüfte strich. »Ich hasse es auch«, erwiderte ich und legte mein Kinn auf seine Brust, sodass sich unsere Blicke trafen. Ich betrachtete sein Gesicht. Ich versuchte herauszufinden, was er davon halten könnte, wenn ich nach Tennessee ziehen würde, um auf ein College in seiner Nähe zu gehen. Ich wollte nicht bei ihm einziehen, so verrückt war ich nicht, aber wenn die Strecke zwischen uns nur dreißig Minuten, statt fast drei Stunden betragen würde, wäre das toll. Ich hasste es, ihn nur an den Wochenenden sehen zu können. Und es gefiel mir nicht, dass er für mich so weit fahren musste.

Ich wollte ihn darauf ansprechen, als ich feststellte, dass sich meine Idee dumm anhören würde. Es war zu früh. Ich hatte ihm erst heute meine Jungfräulichkeit geschenkt und wir würden deshalb nicht gleich heiraten. Vielleicht, wenn die Dinge so weiterliefen wie bisher, würde ich ihm den Vorschlag machen.

Als er mein Gesicht berührte, kehrte ich in die Realität zurück.

»Was ist los?« Er ließ seinen Finger von meinem Scheitel zu meiner Unterlippe gleiten.

»Nichts. Ich dachte nur, dass mein Niemals nicht funktioniert hat.« Ich lächelte und erinnerte mich an unser erstes Date, als ich ihm sagte, dass ich niemals mit ihm schlafen würde.

»Nein, aber ich werde das, was du mir heute gegeben hast, für den Rest meines Lebens wie einen Schatz hüten«, sagte er und löste ein Erdbeben in meinem Bauch aus. Der Ausdruck in seinen Augen war so ehrlich, dass ich den Atem anhielt. Er lehnte sich zu mir und küsste mich.

Cash

Ich fuhr in meine Auffahrt und stellte den Motor ab. Dann sprang ich aus meinem Truck, öffnete den Kofferraum und holte die Tasche mit meinem Zeug zum Übernachten heraus. Im Haus brachte ich die Tasche in den Waschraum, ging in die Küche und nahm mir ein Bier aus dem Kühlschrank, das ich mit einem Plopp öffnete, ehe ich einen Schluck nahm.

Ich warf meine Baseballkappe auf die Anrichte und fuhr mir mit der Hand durch das Haar. Am liebsten hätte ich Lilly angerufen, um ihre Stimme zu hören. Die gesamte Heimfahrt über hatten wir telefoniert, aber das war nicht genug. Ich brauchte mehr. Ich sah mich um und fragte mich, was sie von meinem Zuhause halten würde. Ich wollte sie hier bei mir haben. Das Gefühl, sie nicht sehen zu können, wann immer ich sie sehen wollte, gefiel mir nicht. Ich hätte sie gern gefragt, ob sie näher zu mir ziehen wollte, aber ich nahm an, dass es zu früh war, also hatte ich mich zurückgehalten.

Als Asher und Trevor die Frau ihres Lebens getroffen hatten, hatte ich sie deswegen aufgezogen … Nun wusste ich es besser. Ich würde für Lilly sterben; sie war großartig, wunderschön und liebevoll, und sie löste in mir das Bedürfnis aus, ein besserer Mensch zu sein.

Mein Telefon begann in meiner Hosentasche zu vibrieren und riss mich aus meinen Gedanken. Ich zog es in der Erwartung heraus, dass Lilly mich anrief, doch ich kannte die Nummer nicht. Ich nahm ab und das reichte bereits, um mein Leben für immer zu verändern.

Lilly

Ich liebe dich, aber wir können uns nicht mehr treffen. Die Worte schwirrten unaufhörlich in meinem Kopf herum. Ich konnte Cashs Schmerz spüren, ihn aber nicht verstehen. Es fühlte sich an, als würde meine Brust aufreißen. Er hatte mir gesagt, dass er mich lieben würde. Dass ich die Eine für ihn wäre.

Oh Gott, mir wurde schlecht. Ich rannte ins Badezimmer, um mein Mittagessen loszuwerden. Nachdem ich die Spülung betätigt hatte, drückte ich meine Wange auf den Boden. Es war mir egal, ob er dreckig war. Alles war mir egal. Ich wollte nur schlafen und nichts mehr fühlen. Ich schloss die Augen und versuchte, den Schmerz zu verdrängen, der mich vereinnahmte.

Als ich meine Lider aufschlug, musste ich mich orientieren. Der Raum war dunkel. Ich setzte mich auf und begriff, dass ich auf dem Badezimmerboden eingeschlafen war. Ich machte Licht, zog mich aus und stellte die Dusche an. Bevor das Wasser warm werden konnte, stellte ich mich darunter. Das kalte Nass rüttelte mich wach. Meine Bewegungen waren mechanisch; ich fühlte nichts. Nachdem ich fertig war, hüllte ich mich in ein Badetuch, ging in mein Zimmer und kroch unter die Laken, um sofort wieder einzuschlafen.

Die nächsten Wochen verfiel ich in eine Art Routine: lernen, essen und schlafen. Etwas Anderes tat ich nicht. Ich konnte nicht fernsehen und ich konnte nicht zu viel Zeit auf dem Campus verbringen – jedes Mal, wenn ich einem Paar begegnete, hätte ich in Tränen ausbrechen können, um mich gleichzeitig wie der größte Loser aller Zeiten zu fühlen. Ich war erschöpft und fühlte mich krank. Egal, wie viel ich schlief oder was ich aß, daran änderte sich nichts. Irgendwann beschloss ich, zum Arzt zu gehen und zum zweiten Mal in nur kurzer Zeit wurde mein Leben auf den Kopf gestellt.

»Ich bin schwanger?«, fragte ich.

Der Arzt sah mich über den Rand seiner Brille hinweg an und ich zuckte unter seinem Blick zusammen. »Ja, Miss Donovan, der Urin- und Bluttest sowie der Ultraschall bestätigen das.«

»Okay.« Um sicherzugehen, dass die Diagnose wirklich stimmte, hatte ich vielleicht überreagiert, aber ehrlich? Was zur Hölle sollte das? Ich hätte niemals gedacht, schwanger werden zu können, schon gar nicht, da ich erst ein einziges Mal Sex gehabt und dabei ein Kondom verwendet hatte.

»Ich kann Ihnen die Nummer einer Klinik geben, wo man sich um Sie kümmern wird«, sagte der Arzt und ich fühlte mich sofort ein bisschen besser.

»Das wäre super.« Ich wusste, dass ich mit jemandem wegen meiner Übelkeit sprechen musste und ein paar Vitamine brauchte. Ich musste außerdem Cash anrufen, um ihn wissen zu lassen, was los war, auch wenn wir keine Beziehung mehr führten. So etwas konnte ich ihm nicht vorenthalten.

»Der Eingriff dauert ein paar Stunden. Sie werden eine Begleitperson brauchen.«

»Der Eingriff?« Mein Ausdruck musste völliger Verwirrung gleichen.

»Die Abtreibung.«

Ich fasste mir an den Bauch. Daran hatte ich nicht gedacht. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, niemals. Ich werde nicht abtreiben.« Ich empfand es nicht als falsch, wenn andere diese Entscheidung trafen, aber für mich war das keine Option.

»Es tut mir leid, Miss Donovan, ich dachte, wir reden über die gleiche Sache. Ich werde Ihnen die Nummer eines Frauenarztes aufschreiben.«

»Danke.« Ich wischte mir über die Augen und zum ersten Mal wirkte der Blick des Arztes warm.

»Alles wird in Ordnung kommen.«

»Ja«, stimmte ich ihm zu. Ich hatte meine Eltern; sie würden mich nie im Stich lassen.

Ich könnte nach Hause fliegen … Um was zu tun? Mit meinen Eltern zusammenzuleben? Damit sie mich mit dem Baby unterstützen? Das war ebenfalls keine Option. Ich wollte einen Weg finden, um es hier zu schaffen. Ich wollte einen Weg finden, die Schule zu beenden, und wenn ich das online tun musste. Es gab schließlich viele Singlemoms auf dieser Welt. Ich wäre nur eine mehr. Ich würde das schaffen.

Sobald der Arzt fertig war, gab er mir die Nummer eines Frauenarztes und ich verließ seine Praxis, um zum Bus zu gehen. Dabei nahm ich mein Handy aus der Tasche und zum ersten Mal seit drei Wochen schrieb ich Cash eine Nachricht.

Ich:

Wir müssen reden.

Cash:

Es gibt nichts zu bereden.

Mein Magen machte einen Satz. Er war nie böse oder gemein zu mir gewesen. Was hatte ich ihm getan?

Ich:

Doch, gibt es.

Alles in mir zog sich zusammen.

Cash:

Komm darüber hinweg. Wir sind fertig miteinander. Schreib mir nicht mehr.

Meine Geduld ging zu Ende. Ich konnte nicht glauben, dass er mir das antun würde.

Ich:

Ich bin mit deinem Kind schwanger, du Arsch.

Cash:

Sieh zu, dass du es loswirst. Ich bekomme bereits ein Kind mit meiner zukünftigen Ehefrau.

Ich las die Worte, rannte zum nächsten Mülleimer am Straßenrand und übergab mich. Ich konnte es nicht fassen. Wer war dieser Mann?

Eine ältere Frau kam auf mich zu und bot mir Wasser und ein Taschentuch an. Ich nahm beides an mich und dankte ihr. Dann betrachtete ich die Nachricht erneut, las sie immer und immer wieder. Ich wusste nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen war. Ich konnte mich nur erinnern, in mein Bett gekrochen zu sein und meine Hände auf meinen Bauch gelegt zu haben. Ich blickte zur Zimmerdecke und erinnerte mich an all die schönen Momente mit Cash … An all die ersten Male, die ich mit ihm geteilt hatte. Ich wusste, egal, was geschehen sollte, dass das Kind in mir in Liebe entstanden war. Auch wenn ihr oder sein Vater mich nicht liebte, liebte ich es genug für uns beide.

1. Kapitel

Gegenwart

Cash

»Daddy, sind wir schon da?«, fragt Jax genervt vom Rücksitz aus und bringt mich damit zum Lächeln. Immer, wenn wir mehr als fünfzehn Minuten im Auto verbringen, würde er am liebsten aus seinem Kindersitz springen. Er besitzt mehr Energie, als zehn Kinder zusammen.

»Nur noch fünfzehn Minuten, Kumpel, dann kannst du dich austoben.« Wir sind unterwegs zu Jumping Bean, eine riesige Halle voller Trampoline. Ich hoffe, dass er fix und fertig sein wird, sobald wir da wieder rauskommen und ich währenddessen ein wenig verschnaufen kann. Ich liebe meinen Sohn, aber verdammt, er laugt mich auch ganz schön aus.

»Wirst du mit mir springen?«

»Ja, kleiner Mann.«

»Juhu«, ruft er und wirft seine kleinen Arme in die Luft. Ich drehe die Lautstärke der Sendung etwas auf, die er sich über den Bildschirm auf der Rückseite der Kopfstütze des Beifahrersitzes ansieht. Das wird ihn hoffentlich bis zu unserem Ziel beschäftigen.

Als ich herausfand, dass Jules schwanger war, war ich auf die gesamte Welt wütend. Ich liebte Lilly und es missfiel mir, mich von ihr trennen zu müssen. Mir war klar, wenn ich eine Beziehung zu meinem Sohn haben wollte, musste ich sie aus meinem Leben streichen und mich auf Jules konzentrieren. Ein Jahr später begriff ich, dass es nicht funktionierte. Es war Selbstmord. Ich fühlte mich grauenhaft. Vor drei Jahren ließen wir uns schließlich scheiden und Jules zog in ein Apartment in der Stadt. Mein Sohn lebt bei mir; nur wenn ich arbeite, passen meine Mutter, November oder Liz auf ihn auf. Jules kommt ihn besuchen, wenn es ihr in den Kram passt, was nicht oft vorkommt, mir aber recht ist. Für Jax ist es allerdings schwierig.

»Sind wir schon da?«

Ich schmunzle und wechsle die Spur, als ich vom Highway runterfahre. »Zwei Minuten noch.«

»Das dauert eeewig«, jammert er und seufzt.

Ich sehe ihn über den Rückspiegel an. Den Kopf hat er auf seiner Faust abgestützt, dabei sieht er völlig genervt aus.

»Schau mal.« Ich zeige durch die Windschutzscheibe auf das Gebäude vor uns.

»Wir sollten hierherziehen.«

»Würdest du Grandma nicht vermissen?« Ich fahre auf den Parkplatz und finde eine Lücke.

»Na ja, sie könnte auch hierherkommen.«

»Ich denke nicht, dass Grandpa das gefallen würde, kleiner Mann.«

»Alle könnten hierherkommen.«

Ich schüttle den Kopf und steige aus dem Truck. Als ich die hintere Tür geöffnet habe, hat sich Jax bereits abgeschnallt und hüpft mir in die Arme. »Bist du bereit, Spaß zu haben?« Ich trage ihn kopfüber und sein Kichern bringt mich zum Lächeln.

»Ja«, ruft er gedehnt, als ich ihn hochwerfe. Dann drehe ich ihn richtig herum und setze ihm seine Baseballkappe auf. Wie ich trägt auch er ständig eine.

Als wir das Gebäude betreten und auf den Tresen zusteuern, um den Eintritt zu bezahlen, nehme ich ihn an die Hand. Dieser Ort ist der reine Wahnsinn. Überall sind Kinder, die schreiend durch die Gegend rennen und Fangen spielen.

»Ich will da rein, Daddy.« Jax deutet in einen Raum voller Schaumstoffblöcke.

Auf Kinder wirkt das bestimmt einladend, für mich als Elternteil sieht das eher nach unzähligen Bakterienkulturen aus. Wenn wir wieder zu Hause sind, kann ich ihn mit Desinfektionsmittel waschen. »Klar doch.«

Jax nickt. Ich nehme ihm die Kappe vom Kopf und wir ziehen beide unsere Schuhe aus, ehe wir sie in das lange Regal an der Wand stellen. Dann legt mein kleiner Wirbelwind einen Schnellstart hin und springt mit vollem Karacho und dem Kopf voraus in das Schaumstoffgewühl. Ich muss lachen, während ich beobachte, wie er versucht, sich wieder aufzurichten.

»Komm rein, Daddy.« Er will winken, aber er sieht eher wie ein gestrandeter Fisch aus.

Ich stelle mich an den Eingang und sobald ich Jax erreiche, hebe ich ihn hoch und werfe ihn, was ihn noch mehr zum Lachen bringt. Irgendwie schafft er es, die Füße auf den Boden zu bekommen, dann watet er auf mich zu, was nach einem ziemlichen Kampf aussieht.

»Lass uns da rübergehen.« Jax deutet zu einem riesigen Trampolin, das in den Boden eingelassen wurde. Er nimmt meine Hand und führt mich aus dem Schaumstoffbereich. Keine Ahnung, wer von uns beiden später erschöpfter sein wird. Eigentlich weiß ich bereits, dass es nicht er sein wird.

Sobald wir draußen sind, rennt Jax los und springt auf das Trampolin. Ich stelle mich daneben und verschränke die Arme vor der Brust. Als ich im Augenwinkel rotes Haar aufblitzen sehe, schaue ich nach links. Es wäre nicht das erste Mal, dass mir mein Verstand einen Streich spielt und mir einzubläuen versucht, Lilly zu sehen, obwohl es nicht so ist. Die Frau hat vollere Lippen als Lilly, ihr Hintern ist rund und löst in mir das Bedürfnis aus, ihm einen Klaps zu verpassen.

Scheiße, ich muss dringend wieder vögeln. Der Gedanke verfliegt so schnell, wie er gekommen ist. Mein Sohn braucht all meine Aufmerksamkeit. Meine Junggesellentage gehören der Vergangenheit an. Wenn ich heute einen Orgasmus brauche, benutze ich meine Hände.

Ich will mich bereits abwenden, als sich die Frau zu mir umdreht und ich das Atmen vergesse. Ich schwöre bei Gott, die Zeit bleibt stehen. Alles, was ich tun kann, ist, sie anzustarren. Ihre Haut besitzt noch immer diesen cremefarbenen Ton, ihr rotes Haar ist länger und fällt bis über ihre Brüste, die größer wirken, seitdem ich sie zuletzt in den Händen gehalten habe. Sie sieht noch schöner aus; wenn das überhaupt möglich ist.

Als ihr Blick auf meinen trifft, blinzelt sie einige Male, ehe sie blass wird und ihre Hand auf den Mund presst.

Was zum Teufel …?

»Mommy, Mommy!« Sie sieht nach unten und mein Magen fährt Achterbahn, als ich das kleine Mädchen mit den dunklen, zu Zöpfen geflochtenen Haaren sehe. Ihre Haut hat dieselbe Farbe wie die ihrer Mom. Lilly bückt sich nach dem Mädchen und zieht sie an sich, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern.

»Ich mag nicht weg«, weint sie und dreht mir ihr Gesicht zu. Zum zweiten Mal in wenigen Minuten hört meine Welt auf, sich zu drehen. Die Kleine sieht Jax so ähnlich, die beiden könnten Zwillinge sein.

Mein Blick trifft erneut auf Lillys.

»Daddy, komm, spiel mit mir.« Jax schnappt sich mein Hosenbein. Ich sehe zu ihm hinunter, dann zurück zu Lilly, in deren Augen sich Tränen sammeln. Sie nimmt ihre Tochter auf den Arm – unsere Tochter – und weicht langsam zurück.

Automatisch greife ich nach ihr und packe sie am Ellenbogen, dann lächle ich Jax zu. »Geh spielen, Kumpel. Ich komme in wenigen Sekunden nach.«

»Na schön«, grummelt er, bevor er losstürmt.

Ich sehe das kleine Mädchen in Lillys Armen an. Ihr Blick ist auf mich gerichtet. Sie lehnt sich zu ihrer Mom und flüstert ihr etwas ins Ohr. Lilly schließt die Augen, bevor sie ihre Tochter fester an sich drückt und etwas zurückflüstert. Dann stellt sie die Kleine ab. »Geh ein bisschen spielen, kleiner Marienkäfer«, sagt Lilly.

Das Mädchen nimmt den Blick nicht von mir. Ich will sie so sehr in meine Arme nehmen und festhalten, dass ich meine Hände zu Fäusten ballen muss, um dagegen anzukämpfen. Lilly gibt ihr einen Kuss auf die Stirn, dann rennt die Kleine auf die Trampoline zu.

Ich beobachte, wie sie zu hüpfen beginnt. Es dauert einige Sekunden, bis mein Gehirn wieder funktioniert. »Das ist meine Tochter.« Mein Blut beginnt zu kochen. Lilly hat sie mir vorenthalten.

»Nein, das ist meine Tochter.« Sie macht einen Schritt zur Seite; weg von den restlichen Eltern um uns herum.

Ich folge ihr und stelle mich so hin, dass ich die Kids im Blick habe. »Ich kann nicht glauben, dass du mein Kind vor mir geheim gehalten hast.« Ich sehe sie von oben bis unten an und das Gefühl von Wut überkommt mich.

»Du bist wahrlich ein Prachtstück von Kerl! Deine Worte waren: Sieh zu, dass du es loswirst. Du meintest, dass du bald heiraten und selbst ein Kind bekommen wirst.«

»Was habe ich?«

»Ich las diese Worte verflucht oft, sag mir nicht, sie wären nicht von dir.« Lilly drückt mir den Finger an die Brust und kommt näher. »Sie gehört zu mir! Ich habe die Morgenübelkeit allein durchgestanden. Ich war allein bei den Arztterminen. Die Geburt hat siebenundvierzig Stunden gedauert. Ich war allein. Und ich habe sie allein großgezogen.« Sie knurrt die letzten Worte.

Ich weiß nicht, wovon zum Teufel sie spricht. »Ich habe nie zu dir gesagt, dass du mein Kind loswerden sollst. Hör auf mit diesem Scheiß.«

»Oh ja, genau das hast du getan, Freundchen. Ich habe deine Textnachricht sogar ausgedruckt und aufbewahrt. Als Erinnerung daran, niemals mehr einem Mann zu vertrauen.«

»Verdammt, wovon redest du?«, frage ich und ein seltsames Gefühl breitet sich in meinen Körper aus.

»An dem Tag, an dem ich herausfand, schwanger zu sein, habe ich dir geschrieben, dass wir reden müssen. Du meintest, dass es nichts mehr zu bereden gebe. Daraufhin habe ich dir gesagt, dass ich von dir schwanger sei und du hast zurückgeschrieben, dass ich zusehen solle, es loszuwerden.«

»Oh fuck.« Ich reibe mir über das Gesicht, als mir klar wird, dass Jules ihre Finger im Spiel hatte. »Das war nicht ich.« Meine Stimme klingt selbst in meinen Ohren rau. Zum ersten Mal seit Jahren will ich wie ein verdammtes Mädchen weinen.

Lilly sieht mich eindringlich an. Ihre Arme hat sie um ihre Taille geschlungen und ihr Ausdruck wechselt von Wut zu Verwirrung zu Traurigkeit.

»Wie heißt sie?«, frage ich und sehe zu meiner Tochter, die mit Jax redet. Er schnappt sich ihre Hände und hüpft mit ihr gemeinsam.

»Ashlyn Alexandra.« Das bringt mich um. Sie hat ihr meinen zweiten Vornamen als Mädchenversion mitgegeben – Alexander.

Ich schlucke den Kloß hinunter, der sich in meiner Kehle bildet, und sehe Lilly an. »Ich will uns zurück.« Erst als die Worte draußen sind, realisiere ich, sie laut ausgesprochen zu haben. Lilly ist die Eine. Ich musste sie aufgeben, aber nun werde ich sie zurückgewinnen. Ich habe mir so oft vorgenommen, nach ihr zu suchen, doch die Angst war zu groß, dass sie mich nicht mehr will oder dass sie Jax nicht akzeptieren würde. Ich habe mir eingeredet, dass sie weitergemacht hat und mich auf diese Weise rausgeredet. Nun wünsche ich mir, ich hätte es anders gemacht.

»Wie bitte?« Sie zieht verwirrt ihre Augenbrauen zusammen, genau so, wie sie es früher getan hat, als wir noch ein Paar waren. Sie sieht so hinreißend aus.

»Wir werden gemeinsam einen Weg finden, damit ich Teil ihres Lebens sein kann. Sie sollte auch ihren Bruder kennenlernen.« Ich mache einen Schritt auf Lilly zu. »Wo wohnt ihr?«

Ihre Augen werden groß und sie atmet schneller. Fuck, ja! Ich habe noch immer eine Wirkung auf sie.

»Ähm, wir sind gerade nach Springhill gezogen, weil ich da eine Stelle als Lehrerin bekommen habe«, sagt sie leise, sieht zu Ashlyn und dann wieder zu mir.

»Gut, das ist nicht so weit von mir entfernt.« Sie schüttelt den Kopf, doch ich lege meine Hand an ihre Wange. »Wir werden einen Tag ausmachen, an dem wir über alles reden können. Im Moment sollten wir Spaß haben. Ich will die Kinder nicht beunruhigen.«

»Ashlyn ist bereits aufgewühlt. Sie weiß, wer du bist.«

»Was?«

»Sie kennt die Fotos, die wir damals mit meinem Handy geschossen haben.«

»Jesus.« Ich reibe mir über meinen Hinterkopf. »Was hast du ihr gesagt, wo ich war?«

»Hier.«

»Hier?«

»Ja, klar.« Sie macht eine Pause und räuspert sich. »Wir lebten bis vor wenigen Monaten in Alaska in der Nähe meiner Eltern – bis ich hier einen Job als Lehrerin bekommen habe.«

»Also hast du ihr gesagt, dass ich in Tennessee lebe?« Ich sehe zu Jax und Ashlyn, die mit ihren kleinen Beinen wie wild auf der Stelle springen.

»Mein Dad wollte, dass ich ihr sage, du wärst tot. Aber das habe ich nicht über mich gebracht«, flüstert Lilly und ich sehe wieder zu ihr.

»Warum hast du dir nicht mehr Mühe gegeben, mich zu erreichen?« Ich fahre mir durch das Haar. Die Situation ist so was von beschissen.

»Warum zur Hölle hätte ich das tun sollen, nachdem du mir sagtest, ich solle abtreiben?«

»Das war ich nicht«, knurre ich.

»Die Nachricht kam von deinem Handy.« Sie schüttelt den Kopf. »Also hast du nicht geheiratet?« Sie verdreht die Augen. »Einen Sohn hast du offensichtlich.« Sie zeigt auf Jax.

Ich will diese Frage nicht beantworten. Sobald ich ihr sage, verheiratet gewesen zu sein, wird sie mir nicht glauben, die Abtreibung nicht verlangt zu haben.

Sie muss meinen Blick richtig gedeutet haben. Als sie wieder spricht, tut sie es leise und so voller Schmerz, dass jedes Wort tief in mein Fleisch schneidet. »Ich weiß bereits, dass du geheiratet hast, du musst nicht antworten.« Ein gequälter Ausdruck huscht über ihr Gesicht. »Ich wollte nicht glauben, dass das, was wir beide hatten, so einfach zu ersetzen ist. Ich dachte, etwas falsch gemacht zu haben und dass du sauer auf mich wärst. Ich dachte, du liebst mich. Ich war deprimiert und einsam, also habe ich online nach dir gesucht, da bin ich auf deine Hochzeitsannonce gestoßen.«

»Was zum Teufel …?«

»Ja, ungefähr so habe ich mich gefühlt.« Sie lacht auf, kurz und ohne Humor.

»Es tut mir so leid. Du wirst nie wieder auf dich allein gestellt sein«, sage ich und gehe einen Schritt auf sie zu. Ich will sie unbedingt in die Arme nehmen, doch sie weicht aus und schüttelt den Kopf.

»Wir können versuchen, eine Möglichkeit zu finden, damit du an Ashlyns Leben teilhaben kannst, aber nur, wenn du das langfristig vorhast. Ich lasse nicht zu, dass sie sich an dich gewöhnt, nur damit du ohne Erklärung wieder abhauen kannst.«

»Das würde ich niemals tun.« Ich verenge die Augen, als sie die Brauen hebt und die Arme vor der Brust verschränkt.

»Du hast mir die Bedeutung von sag niemals nie beigebracht, erinnerst du dich?«, will sie wissen.

Ich sagte das bei unserem ersten Date zu ihr. Sie meinte, dass sie niemals mit mir schlafen würde und ich erwiderte, dass man niemals nie sagen solle. Wir schliefen nur ein Mal miteinander. Dieses eine Mal verstärkte meine Liebe zu ihr nur noch. Als ich am nächsten Tag nach Hause fuhr, war mir nicht klar, dass es das letzte Mal sein würde, dass ich Lilly gesehen hatte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich bereits, was sie mir bedeutete, obwohl ich damals noch so jung war. Ich wusste es und dennoch warf ich ein Uns über den Haufen, weil ich der Meinung war, das Richtige zu tun – ohne zu ahnen, dass diese Medaille zwei Seiten hatte.

Nun stehen wir hier und starren einander an. Ich weiß nicht, was in ihr vorgeht, ich hingegen will sie besinnungslos küssen, sie halten, sie lieben und sie daran erinnern, wie gut wir zusammenpassen. Lilly sieht zur Seite, dann winkt sie Ashlyn zu sich. Ich beobachte meine Tochter, die den Weg zu uns mehr hüpft, als dass sie ihn läuft. Sie ist so wunderschön, ihr Anblick löst ein Engegefühl in meiner Brust aus. Ich habe jede Sekunde davon geliebt, meinen Sohn großzuziehen und ich hasse die Vorstellung, all diese Zeit mit ihr versäumt zu haben.

Jax begleitet Ashlyn. Sobald die beiden uns erreichen, legt sie den Kopf in den Nacken und sieht mit diesem süßen Gesichtsausdruck zu mir hoch. »Bist du mein Daddy?«

»Nein, er ist mein Daddy.« Jax klammert sich an meinem Bein fest.

Ich knie mich zu Ashlyn hinunter und lege einen Arm um Jax Mitte. Ich habe keine Ahnung, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Mein Magen kribbelt und meine Handflächen werden feucht.

»Komm her, kleiner Marienkäfer.« Lilly nimmt Ashlyn zu sich hoch.

»Daddy.« Jax legt seine Handflächen an meine Wangen und zwingt mich, ihn anzusehen. »Warum fragt das Mädchen, ob du ihr Daddy bist?« Mein Kind kommt zumindest gleich zum Punkt.

»Nun ja …« Verdammt, was soll ich ihm antworten?

»Wie heißt du, Honey?«, fragt Lilly.

Ashlyn sieht zu uns herab.

»Jax.«

Lilly lächelt so breit, dass ihr gesamtes Gesicht dabei erstrahlt. Ich habe dieses Lächeln vergessen. Verflucht, wie konnte das nur passieren? »Das ist ein sehr cooler Name.«

Jax drückt bei dem Kompliment stolz seine Brust raus. »Ich werde so groß wie mein Daddy«, informiert er sie.

»Ich bin sicher, das wirst du, Honey.« Lilly lächelt erneut. »Wie wäre es mit einer Verabredung mit Ashlyn zum Spielen?«

Jax zuckt die Schulter. Ashlyn grinst. »Klar, sie kann zu uns kommen. Ich habe ein Frettchen und ein Baumhaus!«

»Das würde ihr bestimmt gefallen. Obwohl ich nicht weiß, was ein Frettchen ist.«

Jax lacht und Ashlyn ebenfalls. Ich kann kaum glauben, wie ähnlich sich die beiden sehen.

»Ich werde mir eure Telefonnummer von deinem Dad geben lassen, dann können wir etwas ausmachen.«

»Yay!«, ruft Jax und springt auf und ab.

»Kannst du mir einen Gefallen tun, Jax?« Er nickt. »Nimm Ashlyn mit hinüber zu den Schuhen, während ich mir eure Telefonnummer aufschreibe, ja?«

»Okay«, stimmt er sofort zu.

Lilly stellt Ashlyn ab. Sie hat den Blick nie von mir genommen. Jax nimmt ihre Hand und zieht sie mit sich, damit Ashlyn ihm zeigen kann, wo ihre Schuhe sind. Sie stehen für sie zu hoch im Regal, um sie alleine zu erreichen. Nachdem er sie ihr gegeben hat, holt er seine eigenen und setzt sich damit neben Ashlyn.

»Es wird das Beste sein, wenn wir getrennt mit jedem darüber sprechen, was vor sich geht. Jax wird vermutlich verwirrt sein und Ashlyn bestimmt auch. Sie weiß von dir, aber sie kennt dich nicht. Vielleicht wäre es besser, wenn du allein zu uns kommst, um Zeit mit ihr zu verbringen. Das nächste Mal bringst du dann Jax mit, damit sich die beiden besser kennenlernen können.«

»Warum gehst du mit all dem so gelassen um?«

»Keine Ahnung. Ich schätze, ich hebe mir meinen Zusammenbruch für später auf, wenn Ashlyn im Bett ist und ich mir ein Glas Wein genehmigen kann.« Lilly nimmt ihr Handy zur Hand und fährt mit dem Finger über das Display. »Wie ist deine Nummer?«

Ich sage sie ihr an und beobachte, wie Lilly sie speichert. Dann beginnt mein Telefon zu läuten. Ich ziehe es aus meiner Hosentasche und speichere auch ihre Nummer ab.

Lilly geht zu den Kids und fährt Jax durch das Haar, ehe sie sich ihre Schuhe schnappt. Sie bückt sich und zieht sie an, dabei streckt sie ihren Hintern in die Höhe. Ich sehe mich um und entdecke einen Kerl, der trotz Freundin Lillys Hintern anstarrt. Ich gehe zu ihr, ohne den Blick von dem Typen zu nehmen. Als er mich bemerkt, hebe ich kurz das Kinn. Er sieht sofort weg, was mich etwas entspannt. Ich habe noch immer das Bedürfnis, ihm einen der Schaumstoffblöcke in den Hals zu schieben.

Sobald ich meine Sneakers angezogen habe, setze ich meine Kappe auf und schiebe meine Hand in meine Hosentasche, um meinen Autoschlüssel herauszuziehen. Ich drehe mich um und bemerke, dass mich Lilly amüsiert betrachtet. Jax hält eine, Ashlyn ihre andere Hand. Bei diesem Anblick zieht sich mein Herz zusammen. Lilly blinzelt und schüttelt den Kopf.

»Seid ihr fertig?«

»Ja.« Lilly nickt.

Jax lässt sie los und rennt zu mir, um sich meine Hand zu schnappen. Zusammen halten wir den Mädchen die Tür auf. »Dein Haar ist echt total rot«, sagt Jax und sieht Lilly an.

Sie lacht. Die Sonne scheint auf sie nieder und lässt ihr Haar noch roter glänzen, als würde es glühen.

»Sie hat es erst gefärbt. Es war vorher braun«, informiert uns Ashlyn und bringt mich damit zum Lachen. Das letzte Mal, als ich Lilly sah, war ihr Haar auch rot, nur um einiges kürzer.

Wir gehen über den Parkplatz, wo Lilly vor einem kleinen, ziemlich ramponierten Wagen stehen bleibt. Er war vermutlich mal Silber, nun ist das Blech grau und verblichen, mit einige Rostflecken und Dellen.

Lilly öffnet die hintere Tür, damit Ashlyn einsteigen kann. Das gefällt mir nicht. Alles in mir sträubt sich dagegen, die beiden gehen zu lassen.

»Ich melde mich bei dir«, sagt sie, während Ashlyn den Gurt anlegt.

»Melde dich, wenn ihr zu Hause seid«, bitte ich sie, meine Stimme rau vor Wut, aber nicht auf sie, sondern auf mich selbst.

Sie schüttelt den Kopf. »Nein, ich melde mich in ein paar Tagen bei dir, nachdem du Zeit hattest, über alles nachzudenken.«

Ich mache einen Schritt auf sie zu. »Ich werde meine Meinung nicht ändern«, knurre ich jedes Wort, was ihre Augen größer werden lässt.

Sie atmet tief ein. »Dann ruf an, wenn du bereit bist«, sagt sie, ehe sie sich zu Jax hinunterbeugt. »Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Jax.« Sie streckt ihm die Hand entgegen.

»Du bist so hübsch wie meine Mom.«

Jax hat unrecht. Jules ist hübsch, aber so verdorben in ihrem Inneren, dass sie auch nach außen hässlich wirkt. Lilly hingegen ist mehr als nur hübsch. Wenn nicht mal die Sache zwischen uns sie verbittern konnte, schafft es nichts. Jedes Mal, wenn sie unsere Tochter anblickt, leuchtet dieses Licht in ihrem Inneren auf.

»Danke schön, Honey.« Sie schenkt Jax ein kleines Lächeln, ehe sie sich aufrichtet und die Fahrertür öffnet.

Ich lehne mich zu Ashlyn, um mit ihr zu sprechen. »Wir sehen uns bald, okay?«

Sie nickt. Ihre Augen sind groß und haben dieselbe Farbe wie meine. »Bist du nun mein Daddy?«, fragt sie, dieses Mal leiser.

»Ja«, flüstere ich und streiche ihr über das Haar.

»Warum hast du mich nie besucht?«

Oh Gott, das bringt mich um. Ich weiß nicht, wie ich ihr das erklären soll. Ich weiß ja nicht mal, wie ich es mir erklären soll. »Es tut mir so leid, Süße.« Ich würge jedes Wort heraus. »Ich verspreche dir, dass ich dich von nun an immer besuchen werde, wenn ich Gelegenheit dazu habe.«

»Grandpa sagt, dass du deine Versprechen halten musst.«

»Damit hat er recht.« Ich muss lächeln, als mir auffällt, dass sie die gleichen Worte wie Jax falsch ausspricht. »Ich werde deine Mommy später anrufen, um dir eine gute Nacht zu wünschen.«

»Okay.« Sie greift über den Sitz und zieht sich eine kleine Puppe auf den Schoß.

Ich küsse Ashlyn auf den Scheitel, dann ziehe ich mich zurück. Lilly und Jax reden noch miteinander. »Bereit, kleiner Mann?«

»Ich bin hungrig.«

»Du bist immer hungrig.« Ich lache.