22,99 €
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 22,99 €
So wird Ihr Körper wieder jung Wie alt ist Ihr Herz wirklich? Und was ist mit Ihrem Gehirn, Ihrer Leber, Ihrer Haut? Die Altersforschung weiß heute: Die biologische Uhr tickt nicht in allen Organen gleich – sie altern unterschiedlich schnell. Während Ihre Haut vielleicht noch jugendlich strahlt, könnte Ihr Herz bereits erste Anzeichen von Schwäche zeigen. Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk, führender Experte für Anti-Aging-Medizin, und der renommierte Wissenschaftsjournalist Bernhard Hobelsberger geben faszinierende Einblicke in die neuesten Erkenntnisse der Altersforschung. Sie erklären, wie verhängnisvolle Kettenreaktionen den Alterungsprozess beschleunigen und zeigen, wie Sie Schwachstellen in den Organsystemen frühzeitig erkennen. Mit gezielten Tests und individuellen Praxistipps für Knochen, Gelenke, Muskeln, Herz, Haut und Gehirn können Sie den Altersprozess Ihrer Organe verlangsamen und sogar umkehren. So gezielt ging Verjüngung noch nie!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 318
Veröffentlichungsjahr: 2024
Unsere eBooks werden auf kindle paperwhite, iBooks (iPad) und tolino vision 3 HD optimiert. Auf anderen Lesegeräten bzw. in anderen Lese-Softwares und -Apps kann es zu Verschiebungen in der Darstellung von Textelementen und Tabellen kommen, die leider nicht zu vermeiden sind. Wir bitten um Ihr Verständnis.
© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
© Printausgabe: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Projektleitung: Stella Schossow
Lektorat: Ulrike Geist
Bildredaktion: Fabian Riedel
Covergestaltung: GROOTHUIS. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH; groothuis.de
eBook-Herstellung: Evelynn Ruckdäschel
ISBN 978-3-8338-9642-2
1. Auflage 2024
Bildnachweis
Illustrationen: GU/Alexandra Vent
Fotos: Adobe Stock; European Society of Cardiology/GU; Getty Images; iStock; privat; Renate Forster; U. Mons/Dt. Ärzteblatt
Syndication: Bildagentur Image Professionals GmbH, Tumblingerstr. 32, 80337 München, www.imageprofessionals.com
GuU 8- 9642 12_2024_02
Unser E-Book enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Im Laufe der Zeit können die Adressen vereinzelt ungültig werden und/oder deren Inhalte sich ändern.
Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de
www.facebook.com/gu.verlag
LIEBE LESERINNEN UND LESER,
wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteur*innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft.
Haben wir Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie mit diesem E-Book und seinen Inhalten zufrieden? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung. Und wir freuen uns, wenn Sie diesen Titel weiterempfehlen, in ihrem Freundeskreis oder bei Ihrem Online-Kauf.
KONTAKT ZUM LESERSERVICE
GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12 81675 München
Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Verfasser dar. Sie wurden von den Autoren nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autoren noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.
Die Anti-Aging- oder Longevity-Medizin unterscheidet zwischen dem chronologischen und dem biologischen Lebensalter. Das chronologische Lebensalter lässt sich recht einfach ermitteln: Ein Blick in den Personalausweis verrät das Geburtsjahr – der Rest lässt sich ausrechnen. Spannend wird es jedoch beim biologischen Alter, denn biologisch gesehen können wir deutlich jünger oder älter sein, als es unser Geburtsjahr vermuten lässt.
Das Phänomen kennen wir alle: Es gibt 75-Jährige, die körperlich und geistig topfit sind und noch immer neue Gipfel erklimmen – sei es in den Bergen oder im Leben. Und es gibt 50-Jährige, deren Körper bereits deutliche Warnsignale sendet.
Aber auch das biologische Alter ist keine einheitliche Größe. Unser Organismus besteht aus verschiedenen Organsystemen, die unterschiedlich schnell altern: je nach genetischer Veranlagung, Lebensweise und Umwelteinflüssen. Und so ist es mit unserer Gesundheit im Prinzip nicht viel anders als mit einem Auto: Nur selten fällt gleich das ganze Gefährt auseinander. Stattdessen glänzt der Lack, der Motor schnurrt – aber das Getriebe streikt. Oder die Bremsen funktionieren nicht mehr. Auf ähnliche Weise bestimmt das schwächste Organsystem über unsere Gesundheit und Lebenserwartung.
Es nützt uns also wenig, wenn wir einen wohldefinierten, muskulösen Körper aufgebaut haben, aber wegen einer fortgeschrittenen Arteriosklerose vorzeitig an einem Herzinfarkt sterben. Wir haben auch nichts davon, wenn unsere Fortpflanzungsorgane noch gut funktionieren, wir aber aufgrund eines schlechten Immunsystems einer Virusinfektion zum Opfer fallen …
In diesem Buch lernen Sie die einzelnen Organsysteme kennen. Sie erfahren im Detail, wie Herz, Haut oder Nieren altern und welche neuen Möglichkeiten es gibt, diesen Alterungsprozess zu messen. Nicht zuletzt erhalten Sie eine Fülle von praktischen Tipps, wie Sie Ihre Organe gezielt schützen und therapieren können, um auch die nächsten Jahrzehnte gesund und vital zu genießen.
In Ihren Händen halten Sie damit ein umfassendes »Handbuch der Anti-Aging-Medizin«, das Ihnen hilft, den gesamten Körper und die einzelnen Organsysteme fit zu halten. Denn es gilt die Devise: Wer morgen deutlich länger leben will, muss heute damit anfangen, gesund zu bleiben.
Dabei wünschen wir Ihnen alles Gute.
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk
Bernhard Hobelsberger
Herz, Muskeln, Knochen, Immunsystem … Jedes unserer Organe altert in seinem eigenen Tempo, wie die Medizin heute weiß. Diese Erkenntnis bietet eine Chance, lange jung und gesund zu bleiben. Denn wer sich auf diejenigen Partien seines Körpers konzentriert, deren biologische Uhr schneller tickt, bremst das Altern wirkungsvoll aus.
Altersforscher werfen gerade eine vertraute Gewissheit über Bord. Die Gewissheit, dass die biologische Uhr von Kopf bis Fuß weitgehend gleich tickt.
Hat die Leistungsfähigkeit von Herz, Gehirn, Niere oder Immunsystem nach 25 bis 30 Jahren ihren Höhepunkt erreicht, geht es mit der Fitness der Organe synchron bergab – so die klassische Überzeugung. Neue Untersuchungsmethoden, die das Altern auf molekularer Ebene messen, zeigen jedoch ein anderes Bild: Demnach verschleißen die einzelnen Teile unseres Organismus weitgehend unabhängig voneinander. Wer im Personalausweis 52 Jahre stehen hat, aber zum Herz-Alterungstyp gehört, muss damit rechnen, dass die Leistungsfähigkeit seines Lebensmotors womöglich bereits auf das Niveau eines 60-Jährigen gesunken ist. Wer hingegen zum Gehirn-Alterungstyp zählt, trägt ein höheres Risiko für vorzeitige kognitive Einbußen: Dann zeigt das Kurzzeitgedächtnis bereits mit 50 Jahren Lücken, die in der Regel erst 20 Jahre später auftreten.
Jeder Mensch besitzt andere Schwachstellen. Häufig zieht so eine Achillesferse weitere Gesundheitsprobleme nach sich. Ein hoher Blutdruck beispielsweise, den man von den Eltern geerbt hat, lässt auf Dauer eine ganze Reihe von Organen schneller degenerieren als üblich: Die Pumpleistung des Herzens nimmt ab, die Filtrationsrate der Nieren sinkt, die Durchblutung des Gehirns geht zurück. Auch Lebensstilfaktoren wirken sich in unterschiedlicher Weise auf die Organe aus. Zu viel UV-Strahlung schädigt Haut und Augenlinsen, wobei Psyche und Nervensystem von der Vitamin-D-Mitgift der Sonne durchaus profitieren. Ähnlich kompliziert verhält es sich mit manchen Medikamenten. Aspirin greift den Magen an, im Darm hingegen senkt es niedrig dosiert das Risiko für Krebs – die bösartigste Erscheinungsform, die der Alterungsprozess annehmen kann.
Lange Zeit waren die vorhandenen Biomarker nicht empfindlich genug, um die Unterschiede im Alterungsprozess verschiedener Organe auf zellulärer und molekularer Ebene präzise zu messen. Erst wenn etwa Nieren oder Lunge spürbar schlechter arbeiteten oder gar ihren Dienst versagten, wurde klar, dass sie ihrem chronologischen Alter voraus sind. Doch mittlerweile liefern neue Untersuchungsmethoden, die von Fachleuten unter dem Stichwort »Multi-Omics« zusammengefasst werden, die nötigen biologischen Informationen anhand der gesamtheitlichen Charakterisierung von Genen (Genomik), Proteinen (Proteomik), Stoffwechselprodukten (Metabolomik) und weiteren Elemente. Diese Analysen zeigen, dass Alterungsprozesse wie etwa der Abbau von Proteinen, der Energieverbrauch und die Genexpression (der Prozess, bei dem die Geninformationen in Funktion umgewandelt werden) je nach Organ unterschiedlich verlaufen.
Die spektakulärste Entdeckung in diesem Zusammenhang lieferte die »epigenetische Uhr«, die der deutsch-amerikanische Biomathematiker Steve Horvath 2013 vorstellte. Diese Untersuchungsmethode bestimmt das biologische Alter von Geweben anhand von kleinen chemischen Veränderungen am DNA-Faden der Körperzellen. Mit steigenden Lebensjahren ändert sich das Muster dieser sogenannten Methylierung an Tausenden von Stellen des Erbmoleküls. Auch Rauchen, Sport, oder Ernährung nehmen Einfluss darauf, ob kleine Anhängsel an der DNA entfernt, angehängt oder verschoben werden. Wie sich dank Horvaths Entdeckung herausstellte, verrät die Analyse des Methylierungsmusters erstaunlich präzise, ob Zellen eines Organs älter oder jünger sind als die Lebensjahre, die ein Mensch im Ausweis stehen hat. Tickt die Altersuhr in einer Körperregion schneller, kann das den Niedergang anderswo beschleunigen. Eine vorzeitige Alterung der Lunge etwa treibt den Verfall des Herzens an, wie Forscher der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) 2023 im Fachblatt »Nature« beschrieben. Verschlissene Gelenke ziehen auch das Herz-Kreislauf-System sowie das Atmungssystem in Mitleidenschaft. Logisch: Fehlende Bewegung fördert Übergewicht, und damit Bluthochdruck, Arteriosklerose, Typ-2-Diabetes … Eine verhängnisvolle Kettenreaktion – die sich allerdings stoppen und sogar umkehren lässt.
Es braucht deshalb einen neuen Blick auf den Körper – nämlich aus Perspektive seiner Organe. Wer den Alterungsprozess wirksam bremsen und Krankheiten erfolgreich aufhalten will, der muss …
… wissen, wie seine neun Organsysteme arbeiten.
… verstehen, wie die Alterungsmechanismen dieser Körperkomponenten funktionieren.
… erkennen, welches seiner Organsysteme vorzeitig altert.
… lernen, wie sich das betroffene Organsystem wirksam verjüngen lässt.
Dabei hilft der Organ-Kompass, den Sie gerade in Händen halten. Mithilfe ausgeklügelter Selbsttests aus der Feder von ärztlichen Fachgesellschaften und renommierten Experten verrät Ihnen dieser Ratgeber, wie es um das biologische Alter Ihrer Haut, Ihres Immunsystems, Ihrer Harnblase oder Ihrer Muskulatur bestellt ist. Sie erfahren zudem, welche Check-ups ein Arzt vornimmt, um die Testergebnisse auf eine sichere Grundlage zu stellen. Diese Inspektion versetzt Sie in die Lage, Ihre Organe bestmöglich zu pflegen und verborgene Schwachstellen des Körpers rechtzeitig zu entdecken – mitunter Jahre, bevor Herz oder Hirn durch möglicherweise schwer zu behebende Fehlfunktionen auf sich aufmerksam machen. Schließlich zeigt Ihnen dieses Buch, wie Sie die biologische Uhr der betreffenden Organe durch geeignete Lebensstil-Interventionen ein Stück zurückdrehen oder zumindest den weiteren Niedergang wirkungsvoll bremsen können.
Dadam, dadam – dadam, dadam – dadam, dadam … Zwei Schläge im Dauertakt. Der Beat des Lebens, erzeugt hinter dem Brustbein. Dadam, dadam. Den ganzen Tag geht das so. Achtzig, neunzig Jahre lang, bei optimaler Pflege sogar noch länger. Dadam, dadam …
Das Herz ist verlässlich, aber auch verletzlich. Bei guter Wartung ermöglicht es uns ein geradezu biblisches Alter. Leider bringt ein falscher Lebensstil unseren Kreislaufmotor häufig vorzeitig ins Stottern.
Jeder andere große Muskel im Körper ermüdet oder übersäuert irgendwann. Nicht das Herz. Unermüdlich pocht es gegen die Rippen, bis zu drei Milliarden Mal im Laufe des Lebens. Mit jeder Kontraktion pumpt das Zentralorgan, das zwischen die beiden Lungenflügel gebettet ist, Blut ins System. Damit gelangen Sauerstoff, Nährstoffe und Hormone über die Aorta und ein Netzwerk aus großen und kleinsten Gefäßen bis in die letzte Zelle des Körpers. Man muss nicht Medizin studiert haben, um zu ahnen, dass dieses Versorgungssystem eine zentrale Rolle für die Vitalität des Organismus spielt. Zirkuliert das Blut frei, landet seine Fracht ungehindert am Zielort. Auf diese Weise können alle Organe ihr volles Potenzial ausschöpfen.
Eine Kalenderweisheit lautet «Der Mensch ist so jung wie seine Gefäße.« Der berühmte Pathologe Rudolf Virchow (1821–1902) soll diesen Satz geprägt haben. Menschen werden demnach so alt, wie es ihre Arterien erlauben, sofern ihnen nicht ein Unfall, ein Tumor oder eine schwere Infektion einen Strich durch die Rechnung machen.
Dass das Blut reibungslos fließen kann, ist aber leider die Ausnahme. Allzu häufig sind die Adern durch Kalk- und Fettablagerung verstopft. Verkalkte Blutbahnen aufgrund von Arteriosklerose sind eine Volkskrankheit, rund vier Millionen Deutsche haben damit zu tun. Je nachdem, welcher Bereich des Körpers unterversorgt bleibt, funktionieren Herz, Gehirn, Beine, Nieren oder Darm nur noch eingeschränkt. Verschließt ein Blutgerinnsel das arteriosklerotisch verengte Gefäß komplett, drohen Herzinfarkt oder Schlaganfall. In Wohlstandsländern stehen diese zwei Erkrankungen an erster Stelle der Todesursachen. Das Herz ist zwar verlässlich, aber eben auch verletzlich. Wird es nach einem Gefäßverschluss nicht mehr versorgt, dauert es kaum 20 Minuten, bis die ersten Zellen absterben.
Dabei trägt das Herz-Kreislauf-System im Grunde kein biologisches Verfallsdatum. Kardiologen sind bei Herzkatheteruntersuchungen regelmäßig verblüfft darüber, wie wenig der Zustand der Blutbahnen mit dem chronologischen Alter der Patienten zu tun hat. Da gibt es 80-Jährige, deren Herzkranzarterien innen wunderbar glatt sind. Und es gibt halb so alte Kettenraucher, bei denen die Koronargefäße aussehen wie eine Karstlandschaft.
Elastische Gefäße sind auch in hohem Alter möglich. Als Weltrekordhalter in Sachen vaskulärer Gesundheit gelten die Amazonasbewohner im Osten Boliviens.
Wer seine Herzgesundheit verbessern will, kann viel von einem indigenen bolivianischen Volk lernen. Die rund 16000 Angehörigen des Tsimane-Stammes weisen selbst mit 70 oder 80 Jahren fast keine Anzeichen für eine Verkalkung der Koronararterien auf.
Kaum einer der Eingeborenen erkrankt an Arteriosklerose, nur jeder zehnte bis zwanzigste hat erhöhten Blutdruck. All das entdeckte ein US-Team aus Anthropologen und Ärzten. Im Rahmen des »Tsimane Health and Life History Project« haben die Forscher mehr als 700 Ureinwohner der Region im Osten Brasiliens einem peniblen Gefäß-TÜV unterzogen und per Computertomografie den Grad ihrer Arterienverkalkung gemessen. Mit Erstaunen stellten die Wissenschaftler der Universität von New Mexico in Albuquerque fest, dass nur drei Prozent der Probanden eine ausgeprägte Koronarsklerose zeigten. Der Vergleichswert in den USA: 50 Prozent.
Was die Tsimane vor Arteriosklerose schützt, ist ein extrem adernfreundlicher Lebensstil. Ihre Ernährung besteht vor allem aus Nahrungsmitteln wie Reis, Maniokwurzeln, Kochbananen, Mais, Nüssen und Früchten. Drei Viertel ihrer Kalorien beziehen die Regenwaldbewohner aus ballaststoffreicher Pflanzenkost, die die Arterien jung hält. Erlegte Tiere und Fische runden den Speiseplan ab. Die aufgenommene Energie nutzen die Tsimane für Jagd, Fischfang, Getreideanbau oder Sammlertätigkeit. Also für körperliche Aktivität, die den Energiehaushalt in Balance hält und hohen Blutzucker oder andere Alterungsfaktoren ausbremst.
Und was können wir uns bei den Tsimane abschauen? Pfeil und Bogen rausgeholt und ab in den Stadtwald zur Kaninchenjagd? Logischerweise ist ein vorindustrieller Lebensstil keine Alternative. Doch die Bolivianer demonstrieren, ähnlich wie es die herzgesunden Bewohner Kretas oder Okinawas tun, dass Arteriosklerose und andere kardiovaskulären Begleiterscheinungen des Alters keine unabwendbaren Ereignisse sind.
Weniger als zwei Stunden ihrer wachen Zeit verbringen die Stammesangehörigen der Tsimane im Sitzen oder Liegen. Zum Vergleich: In Deutschland verbringen wir werktäglich im Schnitt gut neun Stunden auf Bürostühlen, Essbänken und Couchgarnituren. Wohlstandsländer sind Wohlsitzländer.
Herz und Blutgefäße verändern sich mit den Jahren. Ein Großteil dieser biologischen Umbauvorgänge geht auf einen falschen Lebensstil zurück. Bei guter Pflege hält der Lebensmotor jedoch erstaunliche Reserven bereit.
Nicht immer gelingt es der Medizin, klar zu unterscheiden, welche Alterserscheinungen an Herz und Gefäßen quasi normal sind und welche individuell erworben werden. Zum physiologischen Alterungsprozess gehören vor allem folgende Veränderungen:
Mit den Jahren bauen sich die Elastinfasern der Arterienwände, die für die Dehnfähigkeit der Adern sorgen, zu Kollagen um. Die Gefäßwände werden dicker und steifer. Der Verlust an Elastizität führt dazu, dass sich der Blutdruck nicht mehr so flexibel an Belastungen anpasst und die Gefäßkapazität sinkt. Der Arzt spricht davon, dass die Pulswellengeschwindigkeit (PWV) steigt: also das Tempo, mit dem sich die Pulswelle durch das Arteriensystem bewegt. Die PWV korreliert mit dem Gefäßalter und ist bei Arteriosklerose krankhaft erhöht.
In höherem Alter lagern sich zunehmend Fett- und Bindegewebe ins Herz ein. Die Zahl der Herzmuskelzellen nimmt etwas ab, auch weil sich die Kardiomyozyten im Erwachsenenalter kaum mehr teilen. Die verbleibenden Zellen vergrößern sich. Die Dicke der Herzkammern nimmt um 0,3 Millimeter pro Dekade zu. Gleichzeitig gelingt es dem Herzmuskel nicht mehr so gut, seinen Kalziumhaushalt aufrechtzuerhalten, der entscheidend ist für die Entspannung des Herzens in der Füllungsphase. Diese sogenannte Diastole (siehe >) ist wichtig, damit sich die Herzkammern wieder mit sauerstoffreichem Blut füllen.
Die Veränderungen führen dazu, dass Schlagvolumen und maximale Herzfrequenz mit der Zeit abnehmen. Nach Jahrzehnten im 24/7-Dauermodus kann der Kreislaufmotor seinen Takt nicht mehr so schnell beschleunigen und so viel Blut zu den Organen schicken wie früher.
Dessen ungeachtet sind Herz und Kreislauf in der Lage, bei guter Pflege erstaunliche Reserven abzurufen. Bestes Beispiel sind Konditionssportler. Bei ihnen kommt es ganz besonders darauf an, dass das Herz den von der Lunge aufgenommenen Sauerstoff rasch in die Muskeln transportiert. Der Laie spricht von Puste, der Fachmann von VO2max, abgeleitet von Volumen (V), Sauerstoff (O2) und Maximum (max). Der Peak der Sauerstoffaufnahme liegt, je nach Trainingsart, in der Regel zwischen 25 und 30 Jahren. Doch der Leistungsabfall, mit dem Schwimmer, Langläufer oder Radler in den folgenden Jahren kämpfen, ist moderater als allgemein angenommen. Bei Marathonläufern etwa beträgt der Tempoverlust zwischen 30 und 50 Jahren lediglich 10 Prozent. Herz und Kreislauf verzeichnen zwei Jahrzehnte lang kam Einbußen. Das zeigte die Auswertung der Daten von zwei Millionen Sportlern zwischen 18 und 75 Jahren. Erst zwischen 50 bis 60 Jahren lässt die Ausdauer wirklich spürbar nach. Die Herzfrequenz nimmt ab und wenn das Organ intensiv arbeiten und mehr Blut pumpen muss, beim Sport, aber auch während einer Grippe, macht sich die abnehmende Anpassungsfähigkeit an Belastungen bemerkbar.
Auch in hohem Alter kann ein gesundes Herz noch viele Jahre lang verblüffend rund schlagen. Ein jung gebliebener Lebensmotor lässt Triathleten mit 68 Jahren den Ironman finishen, trägt Bergsteiger mit 81 Jahren aufs Matterhorn und verleiht 92-Jährigen auf dem Tennisplatz Kraft für den Sprint ans Netz. (In den USA gibt es für Tenniswettkämpfe bereits eine eigene Altersklasse »Herren 90«.) Für derlei Leistungen braucht es noch nicht einmal spezielle Rekordgene. Wie Leistungsepidemiologen der Sporthochhochschule Köln in einer Langzeitstudie mit sportlichen Senioren herausfanden, genügt es, das Herz-Kreislauf-System gezielt zu trainieren. Dann werden Altersunterschiede nahezu unsichtbar.
Frauenherzen wiegen im Durchschnitt etwa 250 Gramm, Männerherzen sind 300 Gramm schwer. Um ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe in die Zellen zu bringen, muss das kleinere Organ öfter pumpen. Bei Männern sind 60 Schläge pro Minute in Ruhe normal. Bei Frauen sind es durchschnittlich zehn Schläge mehr.
Eva-Gefäße sind dünner, Plaque verengt sie deshalb schneller. Außerdem sind die Arterien Stresshormonen stärker ausgesetzt. Die Botenstoffe können bewirken, dass die feinen Herzkranzgefäße verkrampfen. Das weibliche Herz-Kreislauf-System ist deshalb besonders anfällig für chronischen Ärger im Job oder auch im Privatleben.
Bis zur Menopause besitzen Frauenherzen einen Bodyguard: Östrogene. Die weiblichen Sexualhormone erweitern die Blutgefäße und schützen sie vor Entzündungen. Das hält die Arterien elastisch und verringert die Wahrscheinlichkeit für Arteriosklerose. Sind die Östrogene nach dem letzten Eisprung versiegt, steigt das Risiko an. Mit 60 haben Frauen dann das gleiche Herzinfarktrisiko wie Männer, überleben diesen jedoch seltener, weil er häufig nicht erkannt wird.
Von der zentimeterdicken Aorta bis zu den hauchzarten Kapillaren: Ein weitverzweigtes Leitungssystem versorgt den Körper mit allem Lebenswichtigen. Mittendrin sitzt der Herzmuskel als zentraler Antreiber.
Das Herz-Kreislauf-System ist ein Versorgungsnetz, das aus dem rund 300 Gramm schweren Herzen und den Blutgefäßen besteht. Die Länge der Leitungsbahnen beträgt mehr als 100000 Kilometer. Ihre Aufgabe: den Organismus mit Sauerstoff, Nährstoffen und Hormonen versorgen.
Zugleich transportiert das kardiovaskuläre System (griech. kardia: Herz; lat. vas: Gefäß) Kohlendioxid und andere Abbauprodukte aus den Zellen ab. Dazu nutzt der Körper zwei hintereinandergeschaltete Blutkreisläufe, in die das faustgroße Herz als zentrale Druck-Saug-Pumpe eingebaut ist.
Beim großen Kreislauf (Körperkreislauf) schickt die linke Herzkammer sauerstoffreiches Blut in die Hauptschlagader – wenn wir auf dem Sofa sitzen, mit einem gemächlichen Tempo von 20 Zentimeter pro Sekunde, beim Sport hingegen mit bis zu einem Meter pro Sekunde.
Von der rund drei Zentimeter dicken Aorta verteilt sich das Blut in ein zunehmend feineres Netz aus Arterien, Arteriolen und Kapillargefäßen. Im Kapillargeflecht wird der Sauerstoff in die Zellen und in das Gewebe abgegeben. Mit etwa 0,007 Millimeter Dicke sind die Kapillaren mitunter kleiner als die roten Blutkörperchen. Das zwingt die Erythrozyten dazu, sich zu verformen.
Im Anschluss gelangt das sauerstoffarme Blut über Venolen und Venen zurück in den rechten Vorhof des Herzens.
Hier startet der kleine Kreislauf (Lungenkreislauf): Die rechte Kammer drückt das Blut zum Stoffaustausch über die Lungenarterie in das Lungengewebe; der Rückweg führt über die Lungenvene und den linken Herzvorhof zurück in die linke Kammer. Der nächste Herzschlag startet die Endlosschleife von Neuem.
Dabei besteht jeder Pumpvorgang aus zwei Phasen: In der Systole zieht sich das Herz zusammen und wirft Blut aus; in der Diastole erschlafft der Muskel und die Herzkammern füllen sich mit Blut. In Ruhe läuft dieser Prozess 60- bis 80-mal pro Minute ab. In dieser Zeit passiert die gesamte Blutmenge – etwa fünf bis sechs Liter – den Körper und kehrt wieder zum Herzen zurück.
Ob ein Herz-Kreislauf-System biologisch betagter ist als sein chronologisches Alter, lässt sich anhand der fettreichen Ablagerungen im Inneren der Gefäßwände messen.
Die weltweit häufigste Todesursache sind Arteriosklerose und ihre Folgen. Bei dieser Erkrankung lagern sich Cholesterin, Kalzium und Entzündungszellen an den Innenwänden der Arterien ab. Mit der Zeit wachsen die Fettdepots und verhärten zu kalkhaltigen Plaques. Arteriosklerose kommt vor allem in den Herzkranzgefäßen, an der Halsschlagader und in den Beinarterien vor. Wenn sich Herzkranzgefäße verengen, spricht man von koronarer Herzkrankheit (KHK), bei den Beinen von peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK). Arterienverkalkung ist in westlichen Ländern so weit verbreitet, dass sie lange als unvermeidliche Alterserscheinung galt – ähnlich wie Fältchen oder Haarausfall. In Wirklichkeit gibt es jedoch kaum Krankheiten, die sich ähnlich gut vermeiden lassen wie die KHK und der Infarkt.
Als Turbo für die Erkrankung gelten ein hoher Cholesterinspiegel, Übergewicht, Rauchen, hoher Blutdruck und Diabetes. Diese Faktoren lösen mikroskopisch kleine Verletzungen des Endothels aus, der schützenden Innenhaut der Arterien. Diese Schicht ist normalerweise weich und glatt. Wird sie verletzt, kommt es im Verlauf von Jahren und Jahrzehnten zu entzündlichen Reaktionen, bei denen sich weiße Blutkörperchen – insbesondere Makrophagen – in die Arterienwand einnisten. Diese Immunzellen nehmen oxidiertes LDL-Cholesterin auf und verwandeln sich in sogenannte Schaumzellen, die die Plaquebildung fördern. Dadurch werden weitere Entzündungen ausgelöst, was neue Immunzellen anlockt, die Entzündung und Plaquebildung weiter vorantreiben …
Wer wissen möchte, ob er Arteriosklerose hat, bittet seinen Arzt um eine Messung der Intima-Media-Dicke. Per hochauflösendem Ultraschall wird festgestellt, wie es um die Arterienwand der Halsschlagadern steht. Je dicker sie ist, umso höher das Risiko für einen Herzinfarkt und Schlaganfall. Bei jungen, gesunden Menschen liegt die Dicke der beiden Schichten in der Arteria carotis bei 0,5 bis 0,7 Millimeter. Ab dem mittleren Lebensalter ist eine gewisse Zunahme okay, etwa 0,1 Millimeter pro Dekade. Verdickungen ab einem Millimeter gelten als krankhaft; über 1,5 Millimeter liegen starke arteriosklerotische Veränderungen vor.
Nicht das Alter schwächt das Herz, sondern hoher Blutdruck, zu viele Kilos auf den Rippen, zu viel Zucker im Blut und hohes Cholesterin. Zum Glück lassen sich diese Gefäßfeinde messen.
Je höher der Blutdruck, desto mehr muss die linke Herzkammer arbeiten, um das Blut in die Aorta zu pumpen. Der Herzmuskel verdickt sich, wird steifer, seine Sauerstoffversorgung leidet. Zudem stresst hoher Blutdruck die Gefäßwände und begünstigt Arteriosklerose. Es drohen Schäden an Gehirn, Herz, Nieren und Augen.
Optimal für unser Herz sind Werte unter 120 mmHg systolisch und 80 mmHg diastolisch. Von Bluthochdruck sprechen Mediziner ab 140 zu 90. Diese Maßzahlen markieren die Grenze zwischen gesund und krank.
Bei der Verdauung werden Kohlenhydrate im Darm in ihre einzelnen Zuckermoleküle zerlegt und ins Blut abgegeben. Klettert der Blutzuckerspiegel zu hoch, kann Glukose die Endothelschicht attackieren, die innere Auskleidung der Blutgefäße. Das befördert Entzündungen und macht die Arterien anfälliger für Plaque und Arteriosklerose.
Bei Gesunden liegt der Blutzuckerspiegel nüchtern zwischen 60 und 100 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) beziehungsweise zwischen 3,3 und 5,6 mmol/l (Millimol pro Liter). Beide Maßeinheiten sind üblich. Nach dem Essen steigen die Blutzuckerwerte an. Sie sollten aber nicht mehr als 140 mg/dl beziehungsweise 7,8 mmol/l betragen.
Nimmt die Körpermasse übermäßig zu, muss das Herz bis zu 50 Prozent mehr Leistung bringen, um alle Zellen mit Blut zu versorgen. Das erhöht den Blutdruck. Dazu kommt: Fettgewebe schüttet Entzündungsbotenstoffe aus, die Herz und Blutgefäße versteifen lassen. Adipositas ist nicht nur ein Nährboden für Hypertonie, sondern auch für Diabetes und Fettstoffwechselstörungen.
Die bestmögliche Herzgesundheit bringt ein Body Mass Index (BMI) zwischen 22 und 23. Ab einem BMI von 25 spricht man von Übergewicht, ab 30 von Adipositas. Die Formel für den BMI lautet: Körpergewicht (in Kilogramm) geteilt durch Körpergröße (in Meter) zum Quadrat. Ein 85 Kilogramm schwerer 1,75-Meter-Mensch hat demnach einen BMI von 26,1.
LDL-Cholesterin lagert sich leicht an der Innenwand der Blutgefäße ab und löst dort eine Entzündung aus. Es bilden sich Plaques aus Cholesterin, Fetten und anderen Substanzen. Die Gefäße verhärten, ihr Durchmesser verengt sich, der Blutfluss wird behindert. Wichtig ist auch der Wert des HDL-Cholesterins: Dieses Molekül hilft, die Arterien frei von Plaque zu halten, indem es überschüssiges Cholesterin aus den Arterien zur Leber abtransportiert. Ein hohes HDL kompensiert ein hohes LDL nur begrenzt, deshalb orientieren sich die Therapieziele heute vorwiegend an den LDL-Werten.
Wie viel Cholesterin im Körper zirkulieren darf, hängt von Vorerkrankungen und Risikofaktoren ab. Und teilweise auch davon, wen man fragt: Laut den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) gilt für Gesunde ein LDL-Cholesterinwert unter 116 Milligramm pro Deziliter als Zielwert. Andere Ärzteverbände ziehen die Grenze für fitte Menschen hingegen etwas großzügiger bei 130 mg/dl. Wer Übergewicht oder leicht erhöhten Blutdruck hat, sollte laut ESC weniger als 100 mg/dl aufweisen. Bei ausgeprägter Hypertonie, genetisch bedingten hohen Cholesterinwerten oder bei Rauchern sollte das LDL-Cholesterin unter 70 mg/dl bleiben. Für die meisten Patienten mit Herzerkrankungen oder mit Diabetes gelten bereits 54 mg/dl als Limit.
Optimaler Wert
Grenzwert für erhöhtes Risiko der Herzschädigung
Blutdruck
max. 120 mmhG systolisch
max. 80 mmhG diastolisch
ab 140 mmhG systolisch
ab 90 mmhG diastolisch
Nüchtern-Blutzucker
60 bis 100 mg/dl
ab 110 mg/dl
Körpergewicht
BMI 22 bis 23
BMI höher als 25
Bauchumfang
Frauen: max. 80 cm
Männer: max. 94 cm
Frauen: ab 88 cm
Männer: ab 102 cm
LDL-Cholesterin
für gesunde Menschen max. ca. 116 mg/dl
für vorerkrankte Menschen je nach Risiko max. 54–100 mg/dl
LDL/HDL-Quotient (Verhältnis der beiden Werte)
für gesunde Menschen max. 3,4
für vorerkrankte Menschen je nach Risiko max. 1,9
Ein simpler Risikorechner verrät anhand weniger Daten, wie hoch das eigene Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall ist. Entwickelt wurde der Selbsttest von der europäischen Kardiologengesellschaft.
Wer sich früher dafür interessierte, wie lange er zu leben hat, ging zur Wahrsagerin. Wer es heute wissen will, greift zur sogenannten SCORE2-Tabelle (»Systematic Coronary Risk Evaluation«, zu Deutsch: »Systematische Bewertung von Herzrisiken«, siehe >). Diese farbcodierte Übersicht verrät gesunden Menschen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren anhand von wenigen Daten, wie hoch ihre Wahrscheinlichkeit ist, innerhalb der nächsten zehn Jahre Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Die von der europäischen Kardiologengesellschaft ESC entwickelte Tabelle (Quelle siehe >) berücksichtigt die fünf entscheidenden Risikofaktoren:
Alter
Geschlecht
Blutdruck
Non-HDL-Cholesterin (jedes Cholesterin außer HDL)
Nikotinkonsum
Wenn Sie wissen wollen, wie es um Ihr Herzrisiko steht, können Sie dies anhand Ihrer Risikofaktoren in der Tabelle ablesen. Ein Beispiel: Ein 59 Jahre alter Nichtraucher mit niedrigem Nicht-HDL-Cholesterinspiegel (150 mg/dl) und niedrigem systolischen Blutdruck (118 mmHg) hat ein geringes Kardio-Risiko von gerade mal vier Prozent – in der Tabelle grün hervorgehoben. Mit anderen Worten, von 100 Personen des gleichen Geschlechts und mit dem gleichen Risikoprofil werden nur vier innerhalb der nächsten 10 Jahre eine Herzattacke bekommen. Bei den Arterien dieses Mannes handelt es sich also mutmaßlich um Vorzeige-Gefäße.
Ein weniger günstiges Beispiel: Sie sind ein 59 Jahre alter Raucher mit hohem Nicht-HDL-Cholesterinspiegel (310 mg/dl) und hohem systolischen Blutdruck (175 mmHg). In diesem Fall liegt Ihr 10-Jahres-Risiko für einen Herzinfarkt bei 20 Prozent. Ihr Tabellenfeld ist tiefrot. Höchste Zeit für einen gefäßfreundlichen Lebensstil! Das klappt mit gesünderer Ernährung, Abnehmen, mehr Sport und gegebenenfalls Medikamenten – damit können Sie Ihre Erkrankungswahrscheinlichkeit drastisch senken. Ganz auf null lässt sich das Risiko allerdings nicht drücken. Mit jedem Lebensjahr steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme statistisch gesehen etwas an.
Wichtig zu wissen: Die Werte aus dem SCORE2-System gelten für gesunde Erwachsene im Alter von 40 bis 69 Jahren, bei denen keine gesicherten atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankungen oder sehr hohe individuelle Risikofaktoren vorliegen.
Früh erkannt, lassen sich viele gesundheitliche Probleme, die Herz und Blutgefäße betreffen, beheben. Das vermeidet Folgeschäden, die die Herzalterung wie ein Turbo beschleunigen.
Leider existiert in Deutschland kein spezieller Kardio-Check als gesetzliche Vorsorge, bei dem Versicherte routinemäßig überprüfen lassen können, ob ihre Arterien elastisch sind, das Herz freudig pumpt und die filigranen Herzklappen frei von Verkalkungen sind. Erst wenn Symptome auftreten, kann ein Arzt die nötigen Untersuchungen mit der Kasse abrechnen. Kardiologen raten Gesunden ab 50 deshalb zum freiwilligen Check-up. Eine solche Herz-Vorsorge besteht beispielsweise aus EKG, Ultraschalluntersuchung sowie dem Bestimmen von Blutdruck und Blutwerten. Die Blutdruckmessung und das Ermitteln des Lipidprofils aus Gesamtcholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin sind immerhin Teil des »Check-up 35«. Dieser Herz-Kreislauf-TÜV beim Hausarzt steht Versicherten ab 35 Jahren alle drei Jahre zu. Auch der Nüchternblutzucker wird bei dieser Vorsorgeuntersuchung bestimmt.
Eine Labordiagnostik erkennt Risikofaktoren für vorzeitige Gefäßalterung. Es gibt etliche Parameter, die der Arzt bestimmen kann. Die wichtigsten sind: Blutfette (Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin, Triglyceride) und Blutzucker (inklusive Langzeit-Parameter HbA1c). Neuerdings fordern Fachgesellschaften, auch das Lipoprotein(a) mit auf den Schirm zu nehmen. Dieses Blutfett ist überwiegend genetisch bestimmt und erhöht das Risiko für Herzinfarkt.
Bei jedem Herzschlag entsteht im Herzen ein schwacher Strom mit einer Spannung von etwa einem Tausendstel Volt. Ein EKG zeichnet diese Herzaktionen auf und gibt sie als Herzstromkurven wieder. Die Untersuchung offenbart unter anderem Verengungen der Herzkranzgefäße, einen Herzinfarkt oder Rhythmusstörungen wie Vorhofflimmern. Das Belastungs-EKG zeigt Veränderungen, die in Ruhe nicht erkennbar sind.
Das Herz-Echo macht das Innere des Zentralorgans sichtbar. Dazu schickt das Gerät Ultraschallwellen in den Körper, die von den Geweben des Herzens und den blutgefüllten Herzkammern unterschiedlich stark zurückgeworfen werden. So erkennt der Arzt, wie groß Herz, Vorhöfe und Kammern sowie die herznahen großen Gefäße sind. Auch Pumpleistung, Herzklappenfunktion und Richtung und Geschwindigkeit des Blutflusses im Herzen lassen sich beurteilen.
Per Herzkatheteruntersuchung kann ein Kardiologe feststellen, ob die Koronararterien verengt sind. Als nicht-invasiver Gesundheitscheck gewinnt das Herz-CT zunehmend an Bedeutung.
Bei der Herzkatheter-Methode führt der Arzt einen Katheter – einen dünnen, biegsamen Kunststoffschlauch – von der Leiste oder vom Handgelenk aus durch ein Blutgefäß zum Herzen. Die schmerzlose und etwa 30-minütige Untersuchung geschieht in einem Katheterlabor, entweder in einem Krankenhaus oder einer spezialisierten Praxisklinik. Durch das Schläuchlein spritzt der interventionelle Kardiologe (Spezialist für katheterbasierte Verfahren) ein Kontrastmittel. Auf diese Weise werden Herzkammern und Herzkranzgefäße auf einem Röntgenbildschirm sichtbar. Erkennt der Spezialist eine Engstelle, kann er die verstopfte Koronararterie weiten und durch eine Gefäßstütze dauerhaft offen halten.
Für Patienten in frühen Krankheitsstadien stellt das Herz-CT oft die bessere Alternative dar. Bei dem Verfahren liegt man auf einem Untersuchungstisch, während eine Röntgenröhre um den Brustkorb rotiert und dabei dünne Schnittbilder des Herzens erzeugt. Ein Computer berechnet aus den Motiven dreidimensionale Aufnahmen. Die Untersuchung ist nicht invasiv; es wird meist eine geringere Strahlen- und Kontrastmitteldosis nötig und die Bilder zeigen das Herz und seine Strukturen in bestechender Präzision. Der Check-up stellt das gesamte Organ mit einer Auflösung von bis zu 0,2 Millimeter dar. So lässt sich nicht bloß der Innenraum der Gefäße analysieren, sondern auch die Struktur ihrer Wände. Damit ermöglicht dieser Herz-TÜV die Früherkennung von Gefäßveränderungen, noch bevor Durchblutungsstörungen auftreten.
Außerdem bietet das Cardio-CT die Möglichkeit, den Kalkgehalt der Gefäße zu bestimmen. Durch einen sekundenschnellen Scan ermittelt das Gerät den Kalkscore: also die Menge der Kalziumablagerungen in den Herzkranzgefäßen – ein wichtiger Indikator für das Arterioskleroserisiko. Bei einem Wert zwischen 0 und 10 ist das Risiko, in den nächsten fünf Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden, minimal. Liegt der Verkalkungsgrad über 400, ist die Körperpumpe stark bedroht. Der Kalkscore gibt demnach direkt das Alter der Gefäße an und ist ein prima Tool für beschwerdefreie Vorsorgepatienten. Allerdings ist die Untersuchung nicht ganz billig: Rein zur Früherkennung genutzt kostet das Cardio-CT rund 500 Euro.
Der richtige Lifestyle stärkt das Herz und macht die Gefäße geschmeidiger. Auch wenn Sie bereits zu Pillen greifen müssen, lohnt es sich, gesunde Gewohnheiten zu entwickeln.
Wie kräftig der wichtigste Muskel des Menschen schlägt, hängt von Genen, Lebensumständen und Gewohnheiten ab. Die entscheidende Rolle spielt das eigene Verhalten. Die wichtigsten Stellschrauben:
nicht rauchen
viel Bewegung
gesund essen
Welchen Sport und welche Kost Experten empfehlen, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Nicht zu unterschätzen ist die schädliche Rolle von chronischem Stress. Steht der Organismus ständig unter Strom, steigen Blutdruck und Blutzucker, die Insulinausschüttung nimmt zu und das Herz schlägt schneller. Achten Sie deshalb auf die nötige Balance zwischen Anspannung und Regenerationsphasen. Hilfreich sind Aktivitäten, die den Stress vergessen lassen: etwa kreative Auszeiten beim Malen, Musizieren, Gärtnern, aber auch Sporteln, mit Freunden kochen oder Spieleabende mit der Familie. Bewährt haben sich überdies Entspannungstechniken wie Yoga, Atemgymnastik oder ein leicht erlernbares Achtsamkeitstraining namens MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction).
Von zentraler Bedeutung für die Herzgesundheit ist, Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte und Diabetes möglichst früh zu erkennen und konsequent zu behandelt. Wenn arteriosklerotische Plaques die Gefäßbahnen bereits zur Buckelpiste gemacht haben, ist der Griff zu Statinen, Blutdrucksenkern, Blutverdünnern oder anderen pharmazeutischen Erzeugnissen häufig unvermeidlich. Doch selbst in diesen Fällen bremst ein gesunder Lebensstil das Fortschreiten der Gesundheitsschäden – und kann die vaskuläre Alterung ein Stück weit zurückdrehen.
Im fortgeschrittenen Stadium einer Arteriosklerose kann die chronisch-entzündliche Erkrankung der Gefäßwand die Ablagerungen aus Fett und Blutzellen instabil machen. Reißt das Plaque plötzlich auf, kann sich ein Gerinnsel (Thrombus) bilden, das die ohnehin verengten Arterien vollständig verschließt. Es drohen Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Dass Ausdauertraining auch Cardiosport genannt wird, ist kein Zufall. Trainingsarten, die die Fähigkeit des Körpers erhöhen, über einen längeren Zeitraum eine gewisse Leistung zu erbringen, lösen eine Fülle von physiologischen Veränderungen im kardiovaskulären System aus:
Regelmäßiges Training stärkt das Herz, der Muskel wirft pro Herzschlag mehr Blut aus. Deshalb benötigt das Organ weniger Schläge, um seinen Job zu erfüllen – der Ruhepuls sinkt. Bei Untrainierten liegt der Puls bei etwa 70 Schlägen pro Minute. Freizeitsportler kommen auf etwa 60 Beats pro Minute, Leistungssportler auf 50 oder weniger.
Die Blutgefäße weiten sich dank des Trainings, das Blut fließt besser in seinen Bahnen. Dadurch sinken die Atü in den Adern: der systolische Blutdruck nimmt um 11 mmHg ab, der diastolische um 6 mmHg. Vor allem Menschen mit Hypertonie profitieren.
Das gefäßschützende HDL-Cholesterin steigt um fünf bis zehn Prozent. Die Effekte von Sport auf das LDL-Cholesterin sind vergleichsweise geringer. Doch speziell eine Unterart von kleinen, Arteriosklerose hervorrufenden LDL-Partikel kann durch körperliche Aktivität um bis zu 20 Prozent reduziert werden.
Aktive Muskeln fischen Glukose aus dem Blut, um Energie bereitzustellen. Deshalb sinkt der Blutzuckerspiegel. Eine halbe Stunde intensiver Sport senkt die Glukosekonzentration bei Diabetikern um 18 mg/dl.
Zudem erhöht regelmäßige Bewegung die Empfindlichkeit der Körperzellen für Insulin, sodass noch mehr Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt. Die Folge: Auch der Langzeitblutzucker HbA1c verbessert sich.
Die Länge der Telomere nimmt zu. Diese Schutzkappen an den Enden der Erbgutfäden, der Chromosomen, werden normalerweise mit jeder Zellteilung kürzer. Wird eine gewisse Länge unterschritten, hören die Zellen auf, sich zu teilen. Die Spanne der Endstücke gibt demnach Auskunft über das Zellalter und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Cardiosportlern wachsen die Telomere binnen sechs Monaten um sechs Prozent – das Herz altert rückwärts!
Der alternde Herzmuskel bildet sich teilweise neu. Diese Entdeckung gelang Forschern der Uniklinik Heidelberg im Tierversuch. Die jährliche Rate der neu sprießenden Kardiomyozyten liegt bei über zwei Prozent. Mit der 2022 im Fachblatt »Circulation« veröffentlichten Studie widersprechen die Forscher der Lehrmeinung, dass das Erwachsenenherz ein Regenerationsmuffel ist – und keine neuen Zellen bildet.
Körperliche Aktivität wirkt wie ein Zaubermittel aufs Herz. Es kräftigt die Pumpe, senkt den Blutdruck und lässt es den Arterien gut gehen. Doch Sport ist nicht gleich Sport. Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie hier.
Ausdauertraining trainiert den Kreislauf am besten. Die klassischen Cardioworkouts heißen Laufen, Rad fahren und Schwimmen. Auch Wandern, Tanzen, Nordic Walking, Rudern oder Inlineskaten fordern das Herz-Kreislauf-System. Worauf es letztlich ankommt, ist das Verbessern der Fähigkeit, eine sportliche Leistung möglichst lange aufrechtzuerhalten und sich danach schnell zu regenerieren – so lautet die Definition von Ausdauer. Und natürlich soll der Spaß nicht zu kurz kommen!
Mindestens 30 Minuten lang, mindestens dreimal pro Woche, gerne auch täglich – so lautet die klassische Empfehlung. Generell gilt: Jeder Schritt mehr zahlt aufs Konto ein. 15 Minuten Bewegung am Tag senken das Sterberisiko um 14 Prozent. Jede weitere Viertelstunde reduziert das Risiko um zusätzliche vier Prozent. Wer rund 50 Minuten intensiven Sport pro Tag betreibt, senkt das Mortalitätsrisiko sogar um knapp die Hälfte.
Zügiges Gehen mit bewusstem Armeinsatz ist ein prima Start. Desgleichen Radfahren. Es bietet eine gute Kontrolle der Belastungsintensität, lässt sich individuell dosieren und schont die Gelenke. Faustregel Nummer eins: Untrainierte Personen beginnen mit fünf bis zehn Minuten bei leichten bis mäßigen Belastungen und steigern sich im Lauf der Wochen. Faustregel Nummer zwei: Zunächst erhöht sich die Trainingsdauer, dann die Häufigkeit und zum Schluss die Intensität.
Klar, selbst ein vorangegangener Herzinfarkt oder eine Bypass-Operation sind kein Grund, auf Ausdauertraining zu verzichten. Im Gegenteil, wohldosierter Sport ist vielfach Teil der Therapie. Entscheidend ist, sich vom Arzt beraten zu lassen, welche körperliche Aktivität infrage kommt. Oft bieten sich Herzsport-Gruppen an, die es in ganz Deutschland gibt und bei denen ein Arzt mit von der Partie ist.
Nichts leichter, als Arterien jung zu essen. Die nötigen Zutaten gibt’s in jedem Supermarkt: frisches Gemüse, Salate, Obst, Fisch sowie Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreideprodukte und hochwertiges Olivenöl.
Eine Ernährung nach den Prinzipien der Mittelmeerküche hat viele Vorteile: Sie verbessert die Zusammensetzung der Blutfette, indem sie erhöhte Werte an LDL-Cholesterin und Triglyzeriden senkt. Gleichzeitig pusht sie das HDL-Cholesterin, das Cholesterin aus den Wänden der Blutgefäße fischt und in die Leber abtransportiert. Auch Körpergewicht, Blutdruck und Blutzuckerkonzentration, HbA1c-Langzeitblutzucker und Entzündungsparameter profitieren.