Echtes Essen. Der Anti-Aging-Kompass - Hans-Ulrich Grimm - E-Book

Echtes Essen. Der Anti-Aging-Kompass E-Book

Hans-Ulrich Grimm

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Beschreibung

Super-Fruits, Zuckerfrei oder doch einfach das gute alte Olivenöl? Was hilft denn nun unserem Körper gesund und glücklich alt zu werden? Reicht es ab und an Obst in den Entsafter zu werfen und Smoothies zu schlürfen oder muss ich meine Ernährung komplett auf den Kopf stellen? Ernährungsexperte und Bestsellerautor Hans-Ulrich Grimm trägt die Ergebnisse jahrelanger Forschung zusammen und erstellt so den ultimativen Ernährungskompass zum Älterwerden. Die Ergebnisse zahlreicher neuer Forschungen weisen eines deutlich nach: Das Geheimnis des guten Alterns, des wahren Anti-Aging, liegt in der lebenslangen richtigen Ernährung. Und die richtige Ernährung ist in der Regel die jeweilige traditionelle regionale Kost. Ausgesprochene Anti-Aging Küchen sind die mediterrane, die skandinavische, die chinesische, auch die brasilianische. Grimms Fazit: Gutes Essen hält jung, schlechtes Essen macht alt! Am wichtigsten ist, einen Bogen um die heimlichen Altersbeschleuniger in der Nahrung zu machen. Diese hat die Wissenschaft identifiziert: die Gerontotoxine. Und diese kommen üblicherweise durch die Nahrungsmittelindustrie ins Essen.

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Hans-Ulrich Grimm

ECHTES ESSENDer Anti-Aging-Kompass

Wie wir jünger und gesünder bleiben

Knaur e-books

Über dieses Buch

Super-Fruits, Zuckerfrei oder doch einfach das gute alte Olivenöl? Was hilft denn nun unserem Körper, gesund und glücklich alt zu werden? Reicht es, ab und an Obst in den Entsafter zu werfen und Smoothies zu schlürfen, oder muss ich meine Ernährung komplett auf den Kopf stellen?

Ernährungs-Experte und Bestseller-Autor Hans-Ulrich Grimm trägt die Ergebnisse jahrelanger Forschung zusammen und erstellt so den ultimativen Anti-Aging-Ernährungs-Kompass.

Die Ergebnisse zahlreicher neuer Forschungen weisen eines deutlich nach: Das Geheimnis des guten Alterns, des wahren Anti-Aging, liegt in der lebenslangen richtigen Ernährung. Ausgesprochene Anti-Aging Küchen sind die mediterrane, die skandinavische, die chinesische, auch die brasilianische.

Grimms Fazit: Gutes Essen hält jung, schlechtes Essen macht alt! Am wichtigsten ist, einen Bogen um die heimlichen Alters-Beschleuniger in der Nahrung zu machen: die Gerontotoxine. Die kommen üblicherweise durch die Nahrungsmittel-Industrie ins Essen.

Inhaltsübersicht

Einleitung1. Iss dich jünger2. Spürbare Spannung3. Blaues Wunder4. Russisches Roulette5. Wege aus der Süß-Falle6. Traumwerte7. Besser werden8. Schön im Takt9. Klar im Kopf10. Schönheit von innen11. Mit dem größten Vergnügen12. Blaue ZoneLiteraturBücherAufsätze
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Einleitung

Woran liegt es, dass manche viel jünger aussehen, als sie sind, sich auch so fühlen – und tatsächlich gesünder sind als andere?

Die Menschen in der »Blauen Zone« auf Sardinien zum Beispiel, einer jener Gegenden auf der Welt, in der es auffällig viele Hundertjährige gibt: Da sehen viele mit 80 Jahren aus wie andere vielleicht mit 50. Und die Jüngeren wollen ihnen nacheifern, wie die 35-jährige Sofia mit ihrer coolen, verspiegelten Sonnenbrille, die in einem dieser schönen Dörfer lebt, mit den malerischen Gassen und dem weiten Blick aufs Meer (siehe Kapitel 12).

Was ist das Geheimnis der Alten? Was macht sie so widerstandsfähig und stark? So gesund, glücklich und zufrieden?

Wie machen die das? Und was können wir davon lernen, für unseren eigenen blauen Hotspot zu Hause?

Sie kennen das sicher: Bei Klassentreffen wundern wir uns insgeheim, wie unterschiedlich alt wir alle aussehen, obwohl wir praktisch ein Jahrgang sind. Tatsächlich sind manche Menschen, wie Wissenschaftler nachgewiesen haben, mit 38 Jahren innerlich, rein biologisch betrachtet, schon 60 Jahre alt, während andere mit 60 Jahren biologisch erst 30 Jahre alt sind.

Klar: Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle. In Sardinien ist die mediterrane Ernährung, die berühmte Mittelmeerkost, der Königsweg zu Gesundheit und einem langen Leben.

Sie programmiert die innere Uhr neu, stellt die Regler um, hält mich tatsächlich jünger. Sie wirkt zum Beispiel auf die sogenannten Telomere, die Lebensfäden in jeder Zelle, die mit jedem Lebenstag ein bisschen kürzer werden – bei manchen Menschen schneller, bei anderen langsamer.

Echtes Essen hält jung.

Aber selbstverständlich gibt es noch andere Mächte neben den Telomeren, die zum Altern beitragen.

Die Gene zum Beispiel. Ihr Anteil bei der Lebenserwartung soll bei 15 bis 30 Prozent liegen – und womöglich sogar »deutlich darunter«, verkündete im November 2018 eine Tochterfirma des Internetgiganten Google, zuständig fürs Megathema Jungbleiben (siehe Kapitel 2).

Daneben gibt es eine Fülle von Faktoren. Einer der mächtigsten: Stress. Oder, auf der anderen Seite: glückliche Umstände. Geld soll angeblich besonders wirksam sein. Schließlich zeigen Untersuchungen, dass die Wohlhabenden gesünder und länger leben.

Die medizinische Versorgung, meinen manche, spiele auch eine Rolle. Wobei andere finden, es sei besser, einen großen Bogen um Ärzte zu machen, der Gesundheit zuliebe.

Denn gerade dort, wo überraschend viele Menschen ultralange leben, viele sogar mehr als 100 Jahre, ist das nächste Krankenhaus oft weit entfernt – und es wird auch gar nicht gebraucht, weil die Leute ja sowieso gesund sind. In den Blauen Zonen zum Beispiel, wie in Sardinien. Besonders reich sind die Leute da übrigens auch nicht, viele waren Hirten und mithin nicht sehr wohlhabend. Und dennoch werden sie steinalt – überraschenderweise sogar Männer und Frauen gleichermaßen. Ein Paradies der Gleichberechtigung – mehr dazu in Kapitel 12.

Wie schaffen die das?

Vielleicht spielt das angenehme Klima eine Rolle, die beneidenswerte Lage, die Nähe zum Meer?

Es ist aber noch mehr im Spiel: die ganze Lebensweise, mit großer Familie und vielen Freunden, ständiger Aktivität, vielleicht auch Glaube und Spiritualität. Und, ganz wichtig: Humor. In der Blauen Zone wird viel gelacht und gescherzt. Lachen soll, sagen Wissenschaftler, fürs lange und gesunde Leben so wertvoll sein wie Bewegung.

Am wichtigsten aber ist sicher die richtige Ernährung oder zumindest das, was am leichtesten zu beeinflussen ist, wenn wir unsere eigene kleine blaue Hotspot-Zone eröffnen wollen.

Die Ernährung ist schon allein deshalb von zentraler Bedeutung, weil sie die Basis ist für einen unglaublichen Erneuerungsprozess, der permanent, aber völlig unbemerkt stattfindet. Und je besser er läuft, desto jünger wirkt das Ergebnis.

Der Körper erneuert sich ja tatsächlich unablässig. Kaum zu glauben, aber wahr: Binnen eines einzigen Jahres wird er, wie in Kapitel 1 beschrieben, zu 90 Prozent runderneuert. Nicht nur die Haare und Fingernägel wachsen ständig nach, auch die Haut erneuert sich, und sogar die ganzen Organe, selbst das Herz, die Knochen.

Ich bin also, vom Material her, frisch und zart wie ein Baby. Mein ganzes Leben lang. Leider fühlt es sich nicht so an und sieht auch nicht so aus. Denn bei jeder Renovierungsrunde kann einiges schiefgehen. Und da kommt es natürlich sehr auf die Qualität des Materials an und darauf, dass die Pläne immer schön lesbar bleiben.

Wie das gelingen kann, darüber berichtete bei einem Weltkongress der Alternsforscher in San Francisco, in einem riesigen Saal, eine kleine, energische und elegante Frau. Über sensationelle Erkenntnisse, wie uns die richtige Ernährung jung halten kann und die sogenannten Telomere schützen, jene Lebensfäden, die für die jugendliche Erscheinung von zentraler Bedeutung sind.

Sie heißt übrigens Maggi. Dabei hat sie mit den Maggi-Produkten nichts zu tun, sie ist dagegen und für die echte, die traditionelle Ernährung: Frau Professorin Stefania Maggi plädierte für jene Ernährungsweise, die heute als »Goldstandard« in Sachen Gesundheit gilt, wie das die Mediziner nennen – und sogar messbar dazu beitragen kann, dass der Körper länger jung bleibt. Die mediterrane Ernährung, also das, was die Menschen rund ums Mittelmeer traditionell zu sich nehmen, scheint da besonders gut geeignet zu sein. Das zeigen immer mehr wissenschaftliche Studien.

Die Leute auf Sardinien sind da also erkennbar im Vorteil.

Doch mittlerweile entdecken die Forscher auch die Vorzüge anderer Ernährungsweisen: der nordischen, skandinavischen, chinesischen und indischen, der brasilianischen und mexikanischen. Die Prinzipien sind überall ähnlich: viel Frisches, wenig Fleisch, manchmal Fisch, kein Fast Food, keine Softdrinks, kaum Zucker, keine Chemie. Manche nennen diese Ernährung auch: die traditionelle Ernährung.

Mitten im bolivianischen Urwald lebt zum Beispiel ein Indianerstamm, der weltweit für Schlagzeilen gesorgt hat, weil seine Mitglieder Weltmeister sind in der Disziplin Herz-Kreislauf. Und das fernab von Hospitälern und Präventionsprogrammen der Krankenkassen. Eine internationale Forschergruppe hatte herausgefunden, dass nirgendwo sonst auf der Welt die Menschen so saubere Blutadern haben und weitaus gesündere Herzen als wir Mitteleuropäer oder auch die Amerikaner. Die Ablagerungen, die Veränderungen an den Adern, die zu Bluthochdruck und Herzinfarkt führen – sie waren kaum festzustellen.

Warum?

Offenbar produziert die traditionelle Nahrung dort kaum jene Rückstände, durch die Blutbahnen verkalken und verstopfen. Und wenn doch, dann ist der Körper anscheinend in der Lage, die Verunreinigungen wieder zu beseitigen. Und das ist auch bei uns möglich oder in den USA. Das zeigt die unglaubliche Geschichte einer Dame, die mit 65 Jahren im Rollstuhl saß, von den Ärzten schon zum Sterben nach Hause geschickt worden war – und dann bald aus dem Rollstuhl aufstehen konnte, spazieren gehen, nein: wandern, und, wie in Kapitel 8 beschrieben, noch weitere 31 Jahre lebte.

Ebenso wichtig ist natürlich die geistige Fitness. Manche versuchen schon, sich mit chemischen Mitteln aufzupimpen, um die mentale Performance zu steigern. Bei vielen geht die Angst um, vor dem Vergessen, der allmählichen Auslöschung des Bewusstseins: vor Morbus Alzheimer. Das sei der Preis des Alterns, seine zwangsläufige Folge, sagen achselzuckend die vermeintlichen Experten. Völliger Unsinn, wie ein in Kapitel 9 beschriebener Vergleich zwischen Afrikanern und Afroamerikanern zeigt. Die Amerikaner hatten weitaus häufiger Alzheimer als ihre genetisch ähnlichen Altersgenossen aus Afrika.

Und was war der Grund?

Der Lebensstil, natürlich, und insbesondere die Ernährung. Gerade das Hirn braucht ja sehr viel Energie, und da ist die Qualität bei der Versorgung von zentraler Bedeutung. Für die sogenannten Mitochondrien vor allem, die Kraftwerke des Körpers, damit sie die 25 Watt zuverlässig produzieren, die das Denkorgan benötigt. Und zum Schutz vor Störern. Denn die können mit der Nahrung eindringen, als Hacker sozusagen, die das Kraftwerk lahmlegen. Jedenfalls dann, wenn die Nahrung die falsche ist.

Und diese Hacker sorgen auch dafür, dass wir nicht mehr so jung aussehen, wie wir uns eigentlich fühlen. Manche von uns fangen ja dann an, die Ärzte mit Spritze und Skalpell hantieren zu lassen, um Unebenheiten zu glätten und Furchen zu beseitigen. Aber das ist in der Tat pure Fassadenkosmetik, im Untergrund geht der Verfall weiter, und bald bröckelt auch wieder die Fassade.

Wahre Schönheit kommt bekanntlich von innen, und warum das so ist, erklärt ein Professor aus Berlin (Kapitel 10), zu dem Menschen aus der ganzen Welt pilgern, weil er einen Scanner entwickelt hat, mit dem man auf einen Blick sieht, wo man auf der Wahre-Schönheit-kommt-von-innen-Skala von 1 bis 10 liegt. Und das richtige Essen kann nicht nur Falten vorbeugen, sondern ist überraschenderweise auch gut für die Frisur, mit der sich ja viele schwertun, weil kaum noch was da ist, das sich frisieren ließe. Und das bisschen, was noch da ist, entspricht oft farblich nicht den eigenen Ansprüchen.

Glatze oder vorzeitiges Grau, auch das muss nicht zwingend sein. Es ist nicht von Gott oder den Genen gegeben, sondern kann beeinflusst werden – in gewissen Grenzen, versteht sich. Selbst die Dellen an Beinen und Po, unter denen viele Frauen hierzulande leiden, sind für andere überhaupt kein Thema: Cellulite kennen asiatische Frauen überhaupt nicht. Auch das, behaupten manche, liege an der Ernährung. Vielleicht, weil die asiatischen Frauen viel Suppe essen und wenig Salat. Denn das rohe Grünzeug mit dem tollen Image, gerade bei Frauen, belaste in Wahrheit jene Zone, die mittlerweile als die Kernregion fürs Anti-Aging erkannt ist: den Verdauungstrakt.

Der Darm, das Organ mit Charme, versorgt uns mit den lebensnotwendigen Nährstoffen, löst sie aus der Nahrung, macht sie verwertbar und ist schon deshalb von kaum zu überschätzender Bedeutung für unser Wohl. Er organisiert und orchestriert auch den Kampf gegen Krankheitserreger – denn der Großteil der Abwehrkämpfer ist dort stationiert. Wenn ich also die Angreifer, die mir Schnupfen und Schlimmeres antun wollen, lässig abschmettern möchte, muss ich mich um das Klima im Darm kümmern – zumal es auch noch ganz entscheidend ist für meine Laune. Die Gefühle kommen bekanntlich aus dem Bauch – und dort werden tatsächlich jene Wohlfühlsubstanzen produziert, die für gute Stimmung sorgen.

Gesund, wohlgenährt und guter Dinge: Das ist ja das Entscheidende beim Anti-Aging, und deshalb ist der Darm, völlig zu Recht, zum Anti-Aging-Zentralorgan avanciert. Nur: Vieles, was der moderne Mensch so in sich hineinkippt, ist kontraproduktiv. Stört die Abwehr, macht anfällig für Krankheiten, schlägt auf die Stimmung, wie in Kapitel 11 zu lesen ist.

Aber ausgerechnet das, was als besonders gesund verkauft wird von Apotheken und Drogeriemärkten und auch im Internet, ist nicht immer optimal, ja es kann sogar das Gegenteil dessen bewirken, was wir erhoffen. Die angebliche Herzschutzmargarine zum Beispiel, die in Wahrheit dem Herzen schaden kann, wie in Kapitel 8 beschrieben. In Verdacht sind auch vermeintliche Gesundheitszusätze wie Kalzium. Denn Kalk ist zwar in den Knochen gut, in den Blutadern und Herzkammern hingegen nicht.

Oder die Vitamine, die so einen tollen Ruf haben, bei vielen Produkten für ein gesundes Image sorgen sollen, als Zusatz in den Cornflakes, in der Margarine oder in Getränken. Und jetzt zeigen Forscher: Wer länger und gesünder leben möchte, lässt lieber die Finger davon. Denn sie haben erhebliche Risiken und Nebenwirkungen: Sie können die Hirnfunktionen stören, das Krebsrisiko erhöhen, ja sogar zu vorzeitigem Ableben führen, wie in Kapitel 6 beschrieben, in dem es um verhängnisvolle Irrwege der Wissenschaftler geht, denen ich besser nicht folge, wenn mir mein Leben und meine Gesundheit lieb ist.

Denn manche Wissenschaftler mussten sich sogar schon vorzeitig aus dieser Welt verabschieden. Was wiederum bei den Hinterbliebenen nicht nur zu Trauer und Wehmut führte, sondern auch Kritik und sogar Spott hervorrief. Gerade bei den Gurus ist es irritierend, wenn sich ihre Lehren als Irrtum herausstellen und viele Follower sich fragen müssen, wieso sie sich haben blenden lassen. Sogar weltweit gültige Ernährungslehren erweisen sich regelmäßig über kurz oder lang als Irrlehre: wie bei der Sache mit dem Fett, dem Cholesterin und dem Ei – weshalb aufgeklärte Experten schon meinen, der beste Rat sei der, überhaupt keinen Ernährungsratschlägen zu folgen (siehe Kapitel 6).

Kein Wunder, dass die, die sich wirklich auskennen, die berühmtesten Alternsforscher der Welt, sich lieber auf ihre eigene Intuition verlassen – und vor allem von modischen Produkten die Finger lassen. Das war vielleicht die überraschendste Erkenntnis bei den Recherchen zu diesem Buch, etwa im Silicon Valley, dem Zukunftslabor unseres Planeten. Auch in Sachen Jüngerbleiben sieht es da zunächst sehr nach Hightech aus. Nach Vorsprung durch Technik. So vermitteln es auch die Medien in ihren Jubelberichten. Und das Publikum in seiner Technikgläubigkeit nimmt das gerne dankbar auf, die Macht der Natur scheint überwunden. Sie greifen zu den neuen Mitteln, den Pillen, schlucken sie in der Hoffnung auf ein besseres, längeres Leben.

Die Forscher selber nicht.

Das war die große Überraschung in den Gesprächen und Interviews für dieses Buch mit den Forschern: Wenn es um ihre ganz privaten, persönlichen Geheimrezepte geht, da sieht es dann ganz anders aus, was die führenden Anti-Aging-Forscher dieser Welt berichten. Sie haben aus den Irrtümern mancher Kollegen gelernt, die den neuesten Anti-Aging-Moden gefolgt sind – und dies mit vorzeitigem Ableben bezahlen mussten. Die klügsten Köpfe unter den Forschern sind da jetzt lieber vorsichtig – und verlassen sich auf die evolutionär bewährten Rezepte.

Es gibt offenbar einen heimlichen Gegentrend im Hightech-Paradies Silicon Valley: den Trend zur Natur. Überall sieht man Filialen der Bio-Supermarktkette Whole Food. Gleich nach der Ankunft, am ersten Abend in San Francisco, kutschiert uns die freundliche Airbnb-Vermieterin mit ihrem alten Volvo dorthin (Thank you, Ann!).

Im Zukunftslabor spielt offenbar die Natur eine tragende Rolle – jedenfalls hinter den Kulissen. Das große Geld machen sie mit Algorithmen, Formeln und Faktoren, mit Chips und Software und neuerdings mit Versprechen fürs ewige Leben auf Erden. Die Alternsforscher dieser Welt verdienen ihre Brötchen (und oft ein paar Milliönchen mehr, siehe Kapitel 3) mit der Suche nach Wirkstoffen und Substanzen, die das Alter rückgängig machen sollen. Ihre Investoren, auch Pharmafirmen, hoffen auf gigantische Gewinne durch die Pille für die ewige Jugend. Und die Internetgiganten im Silicon Valley, allen voran Google und Facebook, wollen Krankheiten und den Tod gleich ganz abschaffen, sind aber trotz großer Sprüche leider noch nicht besonders weit gekommen.

Die führenden Akteure aber setzen, wenn es um sie selbst geht, ohnehin auf ganz andere Geheimrezepte.

Ein berühmter Professor in Stanford, der aus der Schweiz stammt und ganz nah dran ist an der Formel gegen das Altern, hat daneben aber sein ganz privates Geheimrezept (siehe Kapitel 2).

Ebenso jener Anti-Aging-Guru mit dem Methusalem-Bart aus der Hightech-Szene, den die Medien weltweit anhimmeln und der in Kapitel 7 sein persönliches Rezept verrät.

Sogar der Anti-Aging-Doc in Hollywood, der eigentlich für umstrittene Hormone wirbt – aber mittags seinen Bio-Lunch einnimmt und auch den Stars dort das echte, natürliche Essen empfiehlt (siehe Kapitel 4). Zumindest unterstützend. Sicher ist sicher.

Der ganze Hokuspokus aus der Anti-Aging-Industrie: ein Super-Geschäft. Aber für die, die sich wirklich auskennen, ist die Wirkung viel zu unsicher und das Ganze insgesamt zu riskant. Zu undurchschaubar die menschliche Biologie. Zu groß die Gefahr, mit unabsehbaren Folgen herumzupfuschen. Da setzen sie selbst, für sich ganz persönlich, lieber auf Bewährtes: echtes Essen. Traditionelle Ernährung (siehe Kapitel 7).

Sehr vernünftig. Denn die weltweite Wissenschaft findet immer neue Nachweise für die segensreichen Wirkungen der sozusagen evolutionär bewährten Kost und wie sie die Erneuerungsprogramme des Körpers, seine Abwehrkräfte, seine Selbstschutzmechanismen unterstützen.

Denn das ist auch eine Erkenntnis der globalen Forschung: Zwar wurde das Altern gewissermaßen von höherer Stelle eingebaut, damit wir irgendwann wieder Platz machen für andere. Und es operiert mit großer Macht und ausgeklügelten Tricks (siehe Kapitel 12). Mein Körper allerdings, und das ist die gute Nachricht, ist von dieser Aussicht genauso wenig begeistert wie ich, er kennt sogar die Tricks und stemmt sich deshalb mit aller Macht dagegen. Mein Körper will jung bleiben, so lange wie möglich, und kämpft auch ständig gegen allerlei Angreifer. Ich muss ihn also nur dabei unterstützen – und sollte ihm möglichst nicht in die Quere kommen.

Selbst bei den Biohackern gehören solche Rezepte zu den persönlichen Geheimtipps. Die Biohacker gehören einer neuen Bewegung an, sie wollen den Körper optimieren, indem sie ihn »hacken«, also umprogrammieren, wie einen Computer.

Aber sogar der coole Biohacker aus Skandinavien, einer der führenden Exponenten dieser Szene, der aussieht wie aus einem Science-Fiction-Film: Wenn es um ihn selbst geht, um seinen eigenen Körper, orientiert er sich an den Rezepten seiner Ahnen, wie er in Kapitel 9 gesteht.

Eine gute, eine zukunftsweisende Idee. Denn zum einen sind die Erzeugnisse der Anti-Aging-Industrie ziemlich unausgereift und lösen im Körper oft Reaktionen aus, die niemand überblickt und erst recht keiner unter Kontrolle hat. Kein Wunder, dass die, sie sich wirklich auskennen, nicht unbedingt das Versuchskaninchen spielen wollen.

Und dann sind da noch ganz andere Hacker am Werk, bislang völlig unerkannt und auch ungestört. Bisher galten sie auch offiziell als völlig unbedenklich. Doch jetzt zeigt sich, dass manche Inhaltsstoffe der modernen Nahrung aus dem Supermarkt im Körper unerwünschte Folgen haben können – und zum Beispiel das Alter beschleunigen.

Echtes Essen hält jung, schlechtes Essen macht alt.

Aber was ist echt und was schlecht?

Echtes Essen, das sind selbstverständlich Obst und Gemüse, Äpfel und Birnen, Heidelbeeren und Trauben, Avocados und Brokkoli, Kürbis und Karotten. Das Risotto aus Italien, die Rösti aus der Schweiz, das Wok-Gemüse aus China. Wir haben ja die freie Wahl. Nie war es schöner für Genießer, für Freunde des echten Essens.

Aber: Es gilt zwar die Regel An apple a day keeps the doctor away, ein Apfel am Tag hält den Doktor fern – doch wenn ich den Apfel mit einer Cola runterspüle, mache ich damit den ganzen Verjüngungs-Effekt zunichte.

Das ist es, worauf es mehr denn je ankommt: die Kunst des intelligenten Weglassens.

Aber was soll man weglassen? Was ist es, das da den Schalter umlegt und uns völlig unbemerkt auf ALT programmiert? Was ist schlechtes Essen?

Klar: Der wichtigste Altersbeschleuniger ist der Zucker. Das wird praktisch stündlich durch neue Forschungen bestätigt. Kein Wunder, dass die Vorzüge des Weglassens hier besonders augenfällig werden, wie die Komplimente zeigen, etwa für jene junge Frau, die eigentlich gar nicht mehr so jung war, sondern fast doppelt so alt, wie die anderen dachten (siehe Kapitel 4).

Doch der Zucker wirkt nicht nur direkt, macht Falten und dick, bringt die hormonellen Abläufe im Körper durcheinander und sorgt so für ganze Kaskaden von Folgen, er wird im Körper auch verwandelt und führt so zu einer Art von Problemstoffen, die ganz neu sind auf der Agenda der Forscher. Sie sprechen schon von Gerontotoxinen, Alterungsgiften, die im Körper Prozesse beschleunigen, die uns alt aussehen und auch innerlich tatsächlich schneller altern lassen. Sie stecken vor allem in vielen industriellen Nahrungsmitteln, nicht nur in der Cola, sondern auch, wie eigens im Rahmen der Recherchen für dieses Buch in Auftrag gegebene Laboruntersuchungen zeigten, im Cappuccino von Starbucks – und sogar im Smoothie und anderen vermeintlich gesunden Produkten, wie dem Bio-Apfelsaft von Lidl.

Und dann sind da noch die weitverbreiteten chemischen Zusätze im schlechten Essen, die Wissenschaftler, etwa im Deutschen Ärzteblatt, als »Signalmoleküle des Alterns« bezeichnen.

Iss dich jünger: Da müssen natürlich auch solche Altersbeschleuniger auf den Index. Bisher wirken sie völlig unbemerkt, weil niemand sie auf dem Radar hat. Und selbst kluge Leute, die sich gerade vorgenommen haben, ihr Leben zu ändern, und sich ab jetzt ganz gesund ernähren wollen, greifen trotzdem zu diesen Substanzen, ohne es zu wissen.

Zum Beispiel im Sommer, im Freibad, mit diesen Keksen, die doch eigentlich so gesund wirken. Vollkornkekse!

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1. Iss dich jünger

Wie wir uns vor den heimlichen Altersbeschleunigern schützen können

Er hat sein Leben umgestellt – aber etwas ganz Wesentliches übersehen / Gerontotoxine, die Alterungsgifte: wo sie stecken, wie sie wirken / Alters-Turbo Coca-Cola: warum der Teenager plötzlich auf die Seniorenstation kam / Hacker-Alarm: Angriff auf die Kraftwerke im Körper / Milch oder keine Milch: Frühstücksfragen bei Nobelpreisträgers zu Hause

Die Kekse. Natürlich hat er nicht im Entferntesten daran gedacht, dass mit ihnen etwas nicht stimmen könnte. Ganz normale Bahlsen-Kekse, sogar Vollkorn, denn Christoph hatte gerade begonnen, sein Leben umzustellen.

Es ist ein schöner Sommertag im Freibad. Die Ferien gehen zu Ende, es ist eine der letzten Gelegenheiten in diesem Jahr für Christophs Töchter, ein bisschen zu planschen und zu üben: Sie haben gerade schwimmen gelernt. Am Beckenrand berichtet Christoph von den fundamentalen Veränderungen in seinem Leben. Er ist Mathematiker und promovierter Informatiker, also geht er die Dinge rational und analytisch an.

Er hatte was am Knie. Das war der Auslöser. Außerdem ist er oft krank, Infekte, häufig mit 40 Grad Fieber. Auch Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen, eine »angegriffene Psyche aufgrund der Arbeitsüberlastung«. All das wollte er jetzt »in den Griff kriegen«.

Zum Frühstück gebe es jetzt nicht mehr bloß Brot mit Marmelade, sondern »ein richtig schönes Vollkornmüsli«. In der Kantine nimmt er »nicht immer die Fleischgerichte mit Pommes«, sondern den Rohkostsalat, und mit Süßspeisen ist er »ein bisschen vorsichtig«. Und natürlich: »Bewegung, Bewegung, Bewegung.«

Nur an die Kekse hat er nicht gedacht.

Er holt sie raus, als die Mädchen aus dem Wasser kommen. Schnell abtrocknen, Bademantel an. Dann packt er aus: Trauben, Melone, Pfirsiche. Und Leibniz Keks aus vollem Korn von Bahlsen.

Natürlich hat er nicht aufs Kleingedruckte geachtet. Hätte auch gar nichts genützt. Die meisten Menschen kennen sie nicht, diese Zusätze, und wissen auch nicht, dass sogar das Deutsche Ärzteblatt vor dem »Gesundheitsrisiko« durch die Chemikalien warnt. Es gibt auch keine Hinweise auf dem Etikett. Sie gelten sogar als unbedenklich, offiziell.

In den Blauen Zonen dieser Welt, wo die Menschen besonders lang leben, da gibt es solche Zusätze selbstverständlich nicht. Sie kommen in traditionellen Lebensmitteln überhaupt nicht vor. Und das ist vermutlich eines der Erfolgsrezepte fürs lange, glückliche und gesunde Leben der Leute dort: das, was sie NICHT essen.

Wie Christoph denken die allermeisten Menschen allerdings nicht an so etwas, wenn es ihnen um das schönere Altern geht, sondern an Sport und eine Ernährung mit weniger Fleisch, weniger Kohlenhydraten. Mehr Obst und Gemüse.

Dass die Zutaten aus dem Kleingedruckten eine Rolle spielen könnten, daran denkt niemand. Außer vielleicht Elizabeth Blackburn. Sie ist Nobelpreisträgerin. Im Freibad war sie leider nicht dabei. Aber was hätte sie dort gesagt?

Christoph, hätte sie gesagt, mein lieber Christoph, »es ist großartig, wenn Sie Ihre Ernährung um gesunde Lebensmittel ergänzen, aber es ist vielleicht sogar noch wichtiger, jenes industriell verarbeitete und zuckerhaltige Junkfood zu meiden, das die Feinde Ihrer Zellen ernährt«.

Wer darauf nicht achtet, kann trotz größter Sorgfalt bei der Lebensführung, viel Sport und gesündestem Grünzeug vorzeitig ins Gras beißen. Es hilft ja auch nichts, sorgsam das Haus zu pflegen, die Fenster zu putzen, den Boden zu wienern, immer schön die Schuhe auszuziehen, wenn gleichzeitig der Holzwurm in den Dielen steckt und unter unseren Füßen alles langsam zerbröselt.

Und in den modernen Lebensmitteln ist sozusagen der Wurm drin. Das fängt schon bei Christophs Keksen an. Die Zusätze aus dem Kleingedruckten: Sie lassen zum Beispiel die Knochen tatsächlich zerbröseln. Sie schwächen das Herz.

Die meisten Menschen verzehren solche Stoffe, ohne zu ahnen, dass sie damit in ihrem Körper den Schalter umlegen – auf Falten, auf Verfall, auf Verblödung, Vergessen, verfrühte Krankheit und sogar: vorzeitigen Tod. Wenn ich länger leben will, besser aussehen, geistig fit bleiben und fröhlich, dann muss ich das als Erstes auf den Index setzen: Junkfood. Müll-Nahrung, um es mal ganz hart zu formulieren.

Die moderne Nahrung. Das ist nicht nur das, was uns unter Fast Food sofort einfällt: Cola und Hamburger bei McDonald’s, Kötbullar bei Ikea. Das sind auch diese Kekse von Bahlsen. Und der Fruchtjoghurt zum Frühstück, die Cornflakes von Kellogg’s, das schnelle Kartoffelpüreepulver von Pfanni und Maggi (siehe Kapitel 11). Das ist die Kantinenkost, schon im Kindergarten, von Cateringkonzernen wie Apetito, der Snack im Bordbistro der Deutschen Bahn, im Flugzeug, bei Eurowings. Der Cappuccino bei Starbucks. Sogar die ganz normale Milch aus dem Supermarkt, von Rewe oder Edeka, die sogenannte Frischmilch, selbst die »Bio«-Milch von Aldi, auf der winzig klein vermerkt ist: »länger haltbar«.

Milch, die drei Wochen hält?

Dafür hält der Mensch jetzt kürzer.

Womöglich hat massenhafte Verbreitung dieser Art von Nahrung auch damit zu tun, dass jetzt eine Trendwende stattfindet: bei der Lebenserwartung.

Bisher ist sie stetig gestiegen. Weltweit. Doch nun droht das zu kippen. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte droht sie zurückzugehen, ohne Einwirkung von Krieg und (herkömmlichen) Seuchen. Und es beginnt ausgerechnet in den USA, die sich an der Spitze des globalen Zivilisationsprozesses wähnten und jetzt ratlos und zerknirscht vor ihren Statistiken stehen.

Erstmals zeigte sich der Rückgang 2015: »Es ist ungewöhnlich, und wir wissen nicht, was passiert ist«, sagte der Epidemiologe Jiaquan Xu vom Nationalen Zentrum für Gesundheitsstatistik (NCHS) und Hauptautor einer Studie, die zwischen 2014 und 2015 einen Rückgang der Lebenserwartung um fünf Wochen auf 78,8 Jahre ermittelt hatte, 2016 ging es weiter abwärts auf 78,6 Jahre.

Natürlich spielen in den USA auch Gewalttaten eine Rolle beim frühen Ableben, die eher US-typischen Todesarten Mord und Totschlag. Aber eben auch: Alzheimer, Herzleiden, Diabetes, Schlaganfälle, die sogenannten Zivilisationskrankheiten, die sich weltweit ausbreiten. Doch auch in Europa, warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im September 2018, besteht die Gefahr, dass sich die positiven Trends umkehren, wenn die Risikofaktoren nicht angegangen werden. Und gleich im Oktober 2018 kam gewissermaßen die Bestätigung durch das deutsche Statistische Bundesamt: Bei den Männern ging es (noch) weiter aufwärts: Von 78,31 auf 78,36 Jahre. Doch bei den Frauen geht es schon zurück: Von 83,20 auf 83,18 Jahre.

»In den letzten Jahrhunderten ist die durchschnittliche Lebenserwartung in den westlichen Ländern stetig gestiegen. Dieser Trend wird gerade erstmalig durchbrochen: Wer heute geboren wird, wird im Schnitt vermutlich kürzer leben als seine Eltern«, schrieb die Universität Bonn Anfang 2018 in einer Pressemitteilung, in der es um mögliche Gründe für diese Trendwende ging.

Denn die hatte eine Forschergruppe der Uni Bonn gerade entdeckt (siehe Kapitel 11). Sie war auf einen neuartigen Krankheitserreger gestoßen, mit dem sich der Körper konfrontiert sieht und auf den er reagiert wie auf eine Infektion. Eine Ursache also für die sogenannten Zivilisationskrankheiten. Es ist aber keine Bazille und auch kein Virus. Es ist die sogenannte westliche Ernährung, im Fachjargon: Western Diet. Die moderne, industriell produzierte Nahrung ist gegenwärtig die größte Bedrohung für die Lebensdauer, schlimmer als Kriege und die bekannten Krankheitserreger.

Die moderne Nahrung unterscheidet sich substanziell vom echten Essen, auf das uns die Evolution vorbereitet hat. Die Western Diet ist etwas grundsätzlich anderes als die traditionelle Ernährung. Sie gehorcht ganz anderen Gesetzen und Prinzipien. Das wichtigste Prinzip ist: Haltbarkeit. Dafür kommen Chemikalien ins Spiel, die Produkte werden erhitzt oder getrocknet.

Und dabei entstehen Stoffe, die unseren Organismus verändern, umprogrammieren, die die Alterung beschleunigen: die Gerontotoxine, die für viele Krankheiten verantwortlich sind und die von Medizinern gemeinhin als unvermeidliche Begleiterscheinung des Alterns betrachtet werden. Jetzt zeigt sich: Das ist völliger Unsinn. Gerontotoxine kommen nicht automatisch mit dem Alter. Sind sie gestrichen, kann ich fröhlich Geburtstag um Geburtstag feiern: Die Zahlen steigen, aber ich spüre nichts davon, ich werde nicht krank.

Iss dich jünger!

Es hat natürlich Gründe, wenn bei den einen der Körper viel jünger ist, als es nach den Angaben im Pass zu erwarten wäre – und bei den anderen sieht es aus, als hätte einer an der Uhr gedreht: in Richtung übermorgen.

Bei den 38-Jährigen jedenfalls, die Daniel Belsky von der Duke University im US-Staat North Carolina untersucht hatte, war das so. 1000 Leute aus der neuseeländischen Stadt Dunedin waren allesamt laut Pass 38 Jahre alt, dennoch waren nach dem Zustand ihres Körpers die einen schon 60 und die anderen erst 30 Jahre alt.

Das Altern hängt nur zu 20 Prozent, vielleicht noch weniger, von den Genen ab. »Das sollte uns Hoffnung machen, dass sich das Altern mit relativ einfachen Mitteln verzögern lässt und wir einige gesunde Jahre dazugewinnen können«, sagt Terrie Moffitt, der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war.

Tatsächlich sind manche Menschen schon früh kränklich und die anderen gesund und lustig bis ins hohe Alter. Das Alter muss gar nicht zwingend mit Krankheiten einhergehen. Herzleiden, Diabetes, Bluthochdruck. Depressionen. Alles völlig entbehrlich. Wir können auch ohne solche lästigen Begleiterscheinungen 100 Jahre alt werden und dann irgendwann sanft entschlafen. Das zeigen die fröhlichen Alten aus den Blauen Zonen dieser Welt, beispielsweise in Sardinien (siehe Kapitel 12).

Wer länger jünger sein will, muss zuerst die Gerontotoxine aus seinem Leben verbannen. Alle heimlichen Altersbeschleuniger aus der täglichen Nahrung. Weil sie den Körper hacken, die Abläufe stören. Und selbst studierte Menschen wie Christoph haben keinen blassen Schimmer, was sie sich mit einem simplen Keks Krasses antun.

Klar: Die Firma Bahlsen will ihm natürlich nichts Böses, geschweige denn seinen Kindern. Die kriegen den Alterungs-Turbo ja auch ab, der sich unter den Zusätzen versteckt, die im Kleingedruckten aufgeführt sind. Auch die Firma Hipp hat keine üblen Absichten, wenn sie schon die Kleinsten mit Gerontotoxinen füttert, die entstehen, weil der Brei durch Erhitzung konserviert wird, damit er jahrelang hält. Und selbst der Firma Coca-Cola will niemand fiese und finstere Motive unterstellen, obwohl sie sicher zu den effektivsten Altersbeschleunigern auf diesem Planeten zählt, wahrscheinlich der ultimative Lebensverkürzer ist. Schließlich sterben laut einer Studie der renommierten Harvard Universität jedes Jahr 180000 Leute weltweit vorzeitig an solchen gezuckerten Softdrinks.

Und trotzdem steht sie überall auf dem Tisch, sogar beim Biohacker-Gipfel in Stockholm, in der coolen Cafeteria mit der Lounge und den Grünpflanzen im gläsern überwölbten Freibereich (siehe Kapitel 9). Die Biohacker wollen ihren Körper »hacken«, unter Kontrolle bringen, möglichst intelligent, mit Vitaminen, mit geheimnisvollen Pilzen. Dabei werden sie längst gehackt, ohne es zu merken – durch ihre Coke.

So wie Petra Brand, die Landschaftsgärtnerin aus Tettnang am Bodensee. Auch sie hatte nichts davon gewusst. Bei ihr war es der Cappuccino aus dem Supermarkt: Das Pulver enthielt ebenfalls solche »Signalmoleküle des Alterns«, chemische Zusätze, die die Haltbarkeit des Produkts verlängern, aber bei uns Menschen zu erhöhter »Mortalität« führen können, wie es das Ärzteblatt im Medizinerjargon ausdrückt: vorzeitigem Ableben. Bei ihr haben sie genauso gewirkt: Sie haben den Altersprozess sogar so sehr beschleunigt, dass ihre beiden Kinder unerwartet früh zu Waisen wurden (ausführlich dazu: Hans-Ulrich Grimm: Chemie im Essen).

Dass bei ihr so etwas im Spiel ist, wusste Petra Brand natürlich nicht. Sie war damals 36 Jahre alt, ihre zwei Töchter elf und 15 Jahre. Sie war Diabetikerin, und nierenkrank war sie auch. Dass mit dem Herzen was nicht stimmt, hatte sie beim Spazierengehen oder Radfahren gemerkt: als sie »nicht mehr richtig Luft gekriegt« hat. Bei einer Untersuchung wurde es dann festgestellt: »Dass das Herz nicht mehr richtig arbeitet. Verkalkt wahrscheinlich.«

Woher das kam?

»Das soll bei mir eine Folge der Phosphate sein, dass die Herzklappe nicht mehr richtig mitmacht, die Herzkranzgefäße zugehen.«

Nächste Woche, erzählte sie noch, hat sie ihre Herz-Operation. Das war im Februar 2013. Ein erneuter Besuch drei Jahre später war leider nicht möglich. Denn, so teilte ihr Arzt mit: »Frau Brand ist verstorben.«

Schneller altern, früher sterben: Petra Brand ist ein besonders trauriges Beispiel für die Wirkungen dieser Zusatzstoffe.

Die moderne Nahrung ist voll mit solchen Chemikalien, die auf vielerlei Art den Körper manipulieren, hacken und so Krankheiten beschleunigen, auch geistigen Abbau, wie bei sogenannten Geschmacksverstärkern. Glutamat (E621 bis 625) zum Beispiel steht im Verdacht, zu Alzheimer und Parkinson beizutragen (siehe Kapitel 9). Süßstoffe wie Aspartam (E951) stehen sogar unter Krebsverdacht (siehe Kapitel 5). Konservierungsstoffe und Emulgatoren können den Darm schädigen, das Immunsystem stören und so anfälliger machen für Krankheiten (siehe Kapitel 11).

Zum Beispiel ein Zusatzstoff namens Carrageen (E407), praktisch in jeder Sahne aus dem Supermarkt enthalten (jedenfalls, wenn sie nicht bio ist), aber auch im Snack, der im Flugzeug von freundlichen Stewardessen verteilt wird, bei Eurowings etwa, im Weizenmischbrot mit Tomatenbrotaufstrich und gegarter, geräucherter Putenbrust. Das »Verdickungsmittel« mit der E-Nummer 407 ist nicht nur ein berüchtigter Darmschädling, sondern auch ein Risikostoff bei der Zuckerkrankheit Diabetes, ebenso wie die ganz normale Wurst, nach einer im American Journal of Clinical Nutrition 2011 veröffentlichten Studie. Ein möglicher Grund: die zur Konservierung eingesetzten Nitrate und Nitrite (E249 bis 251).

Auch ein anderer Konservierungsstoff kann überraschenderweise die Zuckerkrankheit fördern, außerdem Hyperaktivität sowie Wachstumsstörungen. Er ist häufig in Softdrinks wie etwa Bonaqa Apfel-Birne aus dem Hause Coca-Cola zu finden, auch in den Gurkenscheiben im BigMac von McDonald’s, in Fischprodukten wie etwa Lysell Schwedenhappen »Mit feinen Gewürzen eingelegt« und in der Flammkuchen-Zunge griechischer Art im Bordbistro der Deutschen Bahn: das sogenannte Natriumbenzoat (E211).

Der Zusatzstoff ist ein klassischer Hacker. Er greift sogar die körpereigenen Kraftwerke an: die sogenannten Mitochondrien. Sie erzeugen die Energie, die der Körper für seine Aktivitäten braucht, so wie die Kraftwerke in der Welt draußen den Strom erzeugen. Und sie sind für den Körper natürlich besonders wichtig bei Verrichtungen wie dem Denken, das so viel Energie braucht wie eine kleine Glühbirne (siehe Kapitel 9). Oder der pausenlosen Pumptätigkeit des Herzens, für die natürlich ebenfalls viel Power gebraucht wird (siehe Kapitel 8). Diese Kraftwerke im Körper wollen die Biohacker eigentlich aufrüsten – ein verständliches, aber völlig unsinniges Unterfangen, wenn gleichzeitig Chemikalien aus der modernen Nahrung kommen und den Regler runterstellen. Von MAXIMUM POWER auf MINIMUM. Oder sogar auf: STOPP.

Die Mitochondrien werden auch von anderen modernen Lebensmittelzusätzen attackiert. Zum Beispiel von Farbstoffen in Ostereiern oder Süßigkeiten, den berüchtigten Azofarben, wie Wissenschaftler von der Universität im brasilianischen Campinas schon im Jahre 1996 nachgewiesen haben, unter anderem für Erythrosin (E127), Cochenillerot A (E124), Allura Rot (E129), Gelborange-S (E110), Tartrazin (E102), Amaranth (E123), Brillantblau (E133), Indigotin (E132). Die Einschränkung war unterschiedlich, reichte von 16 Prozent bei Tartrazin bis zu 100 Prozent bei Erythrosin. Perfekter Hacker-Akt: Kraftwerk vollständig vom Netz genommen. Und das völlig unbemerkt: Niemand denkt ja an Farbstoffe, wenn das Denken schwerer fällt oder das Herz nachlässt.

Oder an jene anderen Zusatzstoffe, die in der Wurst vorkommen, auch in der Cola, sogar in der Fläschchenmilch fürs Baby. Auch Petra Brand hatte nicht daran gedacht, dass an ihrem Herzen solche Hacker aus dem Supermarkt am Werk sind. Bei ihr steckten sie in dem Fertigcappuccino, den sie immer bei Lidl, Norma oder Netto gekauft hatte: die sogenannten Phosphate.

Sie sind nicht sehr bekannt, diese Stoffe, die auf dem Etikett auftauchen als »Dikaliumphosphat« oder auch »Tetrakaliumdiphoshat«. Oder »Diphosphate«, wie in den Bahlsen-Keksen. In der Cola ist es die Phosphorsäure. Im Kleingedruckten stehen allerdings oft nur unscheinbare Kürzel für die unterschiedlichen Phosphat-Typen: E338 bis 341, E442, E450 a, b und c, E540, 543 und 544. Das wissen dann natürlich nur Kenner oder Chemiefreaks, dass sie sich da grade einen dieser Altersbeschleuniger einverleiben, die in der modernen Welt allgegenwärtig sind. Auch im Bordbistro der Deutschen Bahn, zum Beispiel im Warmen Schinken-Käse-Baguette. Ebenso im Brötchen von McDonald’s, im McChicken, dem Cheeseburger, den Chicken McNuggets, in den Pommes und im Döner aus der Bude an der Ecke. Und nicht nur in den Keksen von Bahlsen, sondern auch in den Ritz Crackers.

Am wichtigsten aber als »Vehikel« für den Phosphat-Transport in den menschlichen Körper sind sicher weltweit die Softdrinks, sagt Gerald Weissmann, emeritierter Medizinprofessor an der New York University. Allen voran: Coca-Cola und Pepsi. Sie enthalten Phosphorsäure (E338). Schon 2010 hatten Wissenschaftler der Harvard University spezielle Mäuse mit solchen Zusätzen gefüttert – und dann »beschleunigtes Altern« diagnostiziert.

Wie schnell das gehen kann, zeigte sich bei jenem elfjährigen Jungen, der sich plötzlich in einer Klinik fand mit lauter alten Leuten, und alle Ärzte rätselten über den unerklärlichen Fall.

Als erster der Zahnarzt, der ihn einwies, weil dem Buben schon die Zähne ausfielen. Auf dem Weg ins Krankenhaus stürzte er vom Rad und brach sich einen Unterschenkel, auf der Station dann noch einen Wirbel im Rückgrat, als ihm die Schwester eine Bettpfanne unterschieben wollte. »Dem sind die Knochen regelrecht zerbröselt«, sagte die zuständige Professorin. Diagnose: Knochenschwund, medizinisch: Osteoporose, volkstümlich: Witwenbuckel, weil es bisher vor allem die Oma traf.

Noch nicht im Teenager-Alter und schon im Turbotempo auf die Seniorenstation: Das schaffte der Bub dank Coca-Cola. Drei große Flaschen hatte er getrunken am Tag (siehe dazu ausführlich: Hans-Ulrich Grimm: Tödliche Hamburger).

Die Hersteller weisen in der Regel jede Verantwortung von sich. Coca-Cola zum Beispiel teilte mit: »Bei Phosphorsäure (E338) handelt es sich um einen europaweit zugelassenen Zusatzstoff. Die gesetzliche Unbedenklichkeit als Zusatzstoff ist somit amtlich verbürgt.«

Doch die Kritik wächst. Eine Untersuchung des Institute of Medicine (IOM) in Washington, D.C., konstatierte schon Anfang des neuen Jahrhunderts: »Die Bedenken über die hohe Phosphoraufnahme haben in den letzten Jahren zugenommen, aufgrund der vermutlich in der gesamten Bevölkerung gestiegenen Phosphoraufnahme durch Cola und Phosphatzusätze in Lebensmitteln.«

Der Kalk wird nicht nur aus den Knochen gelöst, er wird auch wieder eingelagert – in den Blutadern, ja sogar im Herzen. Wie bei der Landschaftsgärtnerin Petra Brand. Denn auch bei jungen, gesunden Erwachsenen, so ergab eine US-Regierungsstudie unter der Leitung von Professor Robert N. Foley von der Universität Minnesota in Minneapolis, fördert ein erhöhter Phosphatspiegel die Verkalkung der Blutbahnen (Atherosklerose) – und damit die Verkalkung der Herzkranzgefäße; was nicht nur das Risiko steigert für einen Schlaganfall, sondern auch für Herzinfarkt.

Doch das Phosphat kann noch mehr: Es macht auch optisch alt, sorgt sogar dafür, dass die Haut dünner wird (Hautatrophie) und dass die Muskeln schwächeln und die Niere, die ja als Kläranlage des Körpers gilt, ihren Dienst aufkündigt. Eine koreanische Studie von Professor Myung-Haing Cho aus dem toxikologischen Labor der Universität in Seoul fand sogar einen Zusammenhang zwischen Phosphaten und Lungenkrebs.

Phosphat kann das alles, weil es, klassische Hackerkunst, an zentralen Schaltstellen ansetzt, im Körper über hormonelle Mechanismen wirkt – und dadurch eine große Hebelwirkung ausübt.

Dabei ist es eigentlich ein völlig natürlicher, ja lebensnotwendiger Stoff, auch in natürlicher Nahrung enthalten, etwa in Fleisch, in Linsen, Bohnen, Kohlrabi, Joghurt. Doch die Phosphate gelten auch als Allzweckwaffen der Nahrungsindustrie. Beim Fertigcappuccino sorgen sie für stabilen Schaum, in Nestlés Kaffeeweißer Coffee-mate lassen sie das Pulver schön rieseln, in vielen Fertiggerichten machen sie den Käse weich, und in der Wurst binden sie Wasser und machen sie profithaltiger. So haben sich die Verzehrmengen laut Ärzteblatt seit den 1990er-Jahren »mehr als verdoppelt«. Aus den industriellen Nahrungsmitteln nehme der Körper überdies mehr davon auf.

Die Phosphorsäure in der Cola findet das Ärzteblatt »besonders bemerkenswert«. Sie verhindert, dass die braune Brause noch dunkler wird. Denn: »Ohne Phosphatzusatz wären Cola-Getränke pechschwarz.« Weil dann eine bestimmte chemische Reaktion »ungebremst« weiterlaufen würde.

Eine Reaktion, die ihrerseits wachsende Aufmerksamkeit findet – weil sie ebenfalls zu beschleunigtem Altern führen kann.

Eigentlich ist es eine ganz harmlose Reaktion, ja sogar eine höchst erfreuliche, weil sie zum Beispiel dem Weizenbier Geschmack und Farbe verleiht oder auch beim Grillen dem Brathähnchen. Und dem Schnitzel, beim Braten in der Pfanne, wodurch die Panade so schön goldgelb und kross wird.

Also: ganz klar was Gutes, die sogenannte Maillard-Reaktion, benannt nach dem französischen Mediziner und Chemiker Louis Camille Maillard (1878–1936), eine sogenannte nicht-enzymatische Bräunungsreaktion, bei der Aminosäuren und Zucker zu neuen Verbindungen umgewandelt werden. So weit das Chemische.

Jetzt zum Persönlichen: Diese Reaktion findet nicht nur im Hähnchen und im Schnitzel statt, beim Grillen und Braten, sondern auch bei 37 Grad im menschlichen Körper, in jedem von uns, und zwar bei jedem Atemzug. Dabei entsteht die gleiche Art von Stoffen wie in der krossen Kruste: Sie heißen Advanced Glycation End Products. Zu Deutsch etwa: fortgeschrittene Verzuckerungs-Endprodukte. Abkürzung: AGEs. Auch sie sind »Schlüsselmoleküle des Alterns«, sagt Professor Gerald Münch, der früher in Würzburg lehrte und jetzt an der australischen Western Sydney University.

Sie haben zur Folge, so Münch, »dass der Mensch wie ein Kuchen quasi vor sich hin röstet« und dadurch schneller krank wird. Denn die AGEs beschleunigen Altersschäden. Die AGEs sorgen für Falten, für Fehlsichtigkeit (siehe Kapitel 10), auch für geistigen Abbau (siehe Kapitel 9), ein schwaches Herz (siehe Kapitel 8) und vieles mehr. An praktisch allen großen Zivilisationskrankheiten sind sie beteiligt. Darum starten sie jetzt zu einer steilen Karriere, werden von der Wissenschaft weltweit in einer wachsenden Zahl von Studien gewürdigt.

AGEs: In der Öffentlichkeit sind sie bisher weithin unbekannt, der bisher prominenteste Vertreter ist: Acrylamid, das sogenannte Krebsgift. Die AGEs sind womöglich mit die mächtigsten Altersbeschleuniger der heutigen Zeit. Weil sie durch die moderne Nahrung begünstigt und gefördert werden. Durch den allgegenwärtigen Zucker zum Beispiel: Je mehr davon im Körper kursiert, desto mehr AGEs können entstehen (siehe Kapitel 5). Die meisten Menschen nehmen sie aber auch noch direkt zu sich: In der industriell produzierten Nahrung aus dem Supermarkt, der Tanke und der Kantine sind sie allgegenwärtig.

Beispiel Milch. Die ist, als Rohmilch, so ziemlich das Gesündeste für Menschen. Das zeigen Untersuchungen mit Versuchspersonen, auch Kindern von Bauernhöfen, immer wieder. Nur: Natürliche Milch von der Kuh hält allenfalls ein paar Tage. Im Naturzustand ist sie also für einen Industriekonzern, auch für die Supermarktketten, nicht besonders effizient brauchbar.

Also wird sie erhitzt und so haltbar gemacht. Die H-Milch zum Beispiel: Lieblingsmilch der Supermarktkunden, hält mehrere Monate – dank Erhitzung. Und auch die sogenannte ESL-Milch, die merkwürdigerweise im Supermarkt als »Frischmilch« verkauft wird, obwohl sie überhaupt nicht frisch ist, sondern so behandelt, dass sie wochenlang hält. Oft mit Hitze und dem Nebenprodukt: AGEs.

Schon die Babymilch von Marken wie Alete, Aptamil, Milupa oder Hipp, auch die Gläschen mit dem Fertigbrei: alles erhitzt, belastet mit AGEs. Schneller altern ab Geburt (siehe Hans-Ulrich Grimm: Gummizoo macht Kinder froh). Das eigens beauftragte Labor fahndete nach einem Stoff mit dem Kürzel CML (Carboxymethyllysin), eine von vielen AGE-Verbindungen, die als Leitsubstanz gilt.

Jetzt zeigten neue Untersuchungen im Rahmen der Recherchen für dieses Buch, dass beispielsweise das selbst gemachte Müsli nur 0,5 Milligramm pro Kilo von diesem CML enthielt, das Schwarzwaldmilch Bircher Müsli aus frischer Weidemilch hingegen 1,4 Milligramm und das Emmi Swiss Muesli Erdbeere Rhabarber 1,6 Milligramm.

Das ist nicht viel, zeigt aber: Wer die Industrieprodukte aus dem Supermarkt kauft, beschleunigt sein Altern mit jedem Bissen, mit jedem Schluck. So hat, wie die Laboruntersuchungen ergaben, der Orangensaft Marke Hohes C mit 222,2 Milligramm doppelt so viel CML wie der selbst gepresste (109,5 Milligramm pro Kilo).

Erstaunlich eklatant ist der Unterschied zwischen Apfel und Apfelsaft. Viele glauben ja, der Saft sei praktisch nur eine andere Erscheinungsform des Obstes. Irrtum: Der knackige Bio-Apfel hat nur 0,2 Milligramm CML pro Kilo, der Apfelsaft von Lidl hingegen, ebenfalls Bio, stolze 127,5.

Auch Starbucks macht alt: Während der hausgemachte Cappuccino, aus Bio-Frischmilch mit Demeter-Label, nur 151,7 Milligramm CML pro Kilogramm enthält, hat der Cappuccino von Starbucks fast sechsmal so viel: 887.

»Moderne Nahrungsmittel sind zum großen Teil erhitzt und enthalten deshalb große Mengen von AGEs«, stellte Professor Jaime Uribarri vom Mount Sinai Hospital in New York schon im Jahre 2010 fest. Er und seine Forschergruppe haben eine lange Liste ins Internet gestellt (Advanced Glycation End Products in Foods and a Practical Guide to Their Reduction in the Diet).

Besonders beeindruckende Werte wiesen die massenhaft verkauften Fast-Food-Produkte auf: Hamburger, Pommes, Chicken McNuggets sind wahre AGE-Bomben. McDonald’s: ein AGE-Paradies. Ein Schnellalterungsrestaurant. Eine Hacker-Zentrale. Voll mit Geronto-Giften, die meinen Körper manipulieren. Auch Kartoffelchips oder Kellogg’s-Produkte wie die Rice Krispies. Und die Pizza: Die gehört überraschenderweise, in der beliebten Tiefkühlversion, die für viele Menschen ja ein Grundnahrungsmittel ist, zu den Rekord-Hackern mit besonders hoher AGE-Fracht. Bei solch komplexen Fabrikprodukten kommen ja oft mehrere industriell produzierte Zutaten zusammen und werden dann noch mal kräftig durchgebacken. Und die Alterungsgifte gehen steil nach oben.

Sammelstelle: der Körper. Bei einer Untersuchung in New York nahmen Industriefood-Konsumenten doppelt so viele AGEs auf wie die Freunde von frischen Lebensmitteln.

Klar: Es handelt sich bei diesen Gerontotoxinen nicht um klassisches Gift. Es gibt keine Grenzwerte für AGEs, nicht einmal einheitliche Mess-Standards. Es gibt viele verschiedene von ihnen. Und: Ein bisschen davon ist sogar gut. Die AGEs nützt der Körper auch, um das Alter zu bekämpfen. Deswegen sind AGE-haltige Brathähnchen oder Schnitzel ja auch zu Recht beliebt. Die AGEs aus der leckeren krossen Kruste nutzt der Körper, um Reparaturprogramme zu starten oder Abwehrmaßnahmen gegen Attacken. Durch Entzündungen zum Beispiel. Sie sind so etwas wie die Brandbomben des Körpers, die er gegen Angreifer schleudert. Also: eine höchst wirksame Defensivstrategie. Nur: Wenn ständig Brandbomben fliegen, entzündet sich schließlich das eigene Terrain, irgendwann brennt alles und geht kaputt.

Tatsächlich haben diverse Untersuchungen ergeben: Je mehr die Menschen mit AGEs belastet sind, desto mehr Entzündungen haben sie. Das hatte eine Gruppe amerikanischer Forscher um die Medizinerin Weijing Cai vom New Yorker Mount Sinai Hospital schon 2008 herausgefunden. Und Entzündungen gelten als Ursache für alle großen Zivilisationskrankheiten.

Je weniger AGEs also den Körper verkrusten, desto länger währt das Leben.

Die moderne Nahrung wirkt als Altersbeschleuniger so effizient, weil sie in klassischer Hackermanier an zentralen Schalteinheiten angreift und dort die Regler verstellt. Sie führt zum Beispiel dazu, dass die Lebensfäden in unseren Zellen schrumpfen, die sogenannten Telomere.

Deshalb überlegt Elizabeth Blackburn schon beim Frühstück ganz genau, was sie zu sich nimmt. Denn sie kennt sich ein bisschen aus mit diesen Telomeren: Die Molekularbiologin von der University of California in San Francisco hat sie erforscht und dafür sogar im Jahr 2009 den Nobelpreis bekommen, zusammen mit ihrer Schülerin Carol W. Greider und dem Harvard-Kollegen Jack W. Szostak.

Die Telomere schützen, wie die Plastikteile an den Enden von Schnürsenkeln, die Baupläne in unseren Zellen. Die Schutzfolie auf seinen Plänen braucht der Körper dringend, weil er ja ständig runderneuert und saniert wird. Dabei wird sogar fast das ganze Baumaterial ausgetauscht, nicht nur für Haut und Haare, auch für die Muskeln und die Augen, alles muss raus, alles wird neu gemacht, auch Herz und Nieren, sogar die ganzen Knochen bis hin zum Rückgrat. Bisher nahmen die Mediziner an, das dauere sieben bis acht Jahre – mittlerweile gehen sie von einem Jahr aus.

Und da muss es, wie bei einer Hausrenovierung, exakt nach Plan gehen. Damit meine Frau, meine Kinder und meine Freunde mich auch in Zukunft noch erkennen, sollte mein neues Gesicht nach der Renovierung ungefähr so aussehen wie das bisherige. Und daher müssen die Pläne genau beachtet werden, die die Erbsubstanz vorgibt, die Desoxyribonukleinsäure, kurz DNS (englisch DNA, für Deoxyribonucleic acid). Und weil bei jeder Renovierungsrunde die alten Pläne wieder herausgeholt werden, sollten sie möglichst nicht verkratzt und zerrissen sein. Gut, dass es die Telomere gibt: Sie schützen ebendiese Pläne, wie ein Plastiküberzug die Pläne eines Hauses.

Pech natürlich, wenn der Schutzüberzug abgeblättert ist. »Ohne Schutz könnten Chromosomen und das Erbgut, das sie tragen, leicht Schaden nehmen«, sagt Nobelpreisträgerin Blackburn.

Dann wird es auch immer schwerer, mein Gesicht mit neuem Material wieder so nachzubauen, wie es früher ausgesehen hat. Da kommt es dann zu bedauerlichen Bauschäden. Rissen etwa, und Falten. Dann fällt es immer schwerer, mich wiederzuerkennen. Vor allem mir selber, vor dem Spiegel, morgens im Bad. »Kenn ich nicht, wasch ich nicht«, witzeln manche.

Wenn die Pläne nicht mehr stimmen, misslingt der ganze Renovierungsvorgang. Und es geht nicht nur um die Unebenheiten in der Haut. Es kann auch passieren, dass bestimmte Teile mehrfach produziert werden und dann wie Fremdkörper im Weg stehen. Im Organismus heißt das: Krebs. Das kann im Extremfall bedeuten, »dass Sie wahrscheinlich nicht mehr lange leben würden«.

Je mehr die Telomere schrumpfen, desto schlechter die Pläne, desto schwieriger die Renovierung. Und: Je kürzer die Telomere bei ihnen sind, desto früher verlassen uns unsere Freunde. Und wenn dann die letzten Klassentreffen stattfinden, dann versammeln sich die mit den längeren Telomeren. »Menschen mit den längsten Telomeren sind am gesündesten, und mit abnehmender Telomer-Länge wachsen das Krankheits- und das Sterberisiko«, sagt Blackburn. Kurz-Telomeriker sind auch anfälliger für chronische Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf, Lungenkrankheiten, Immunprobleme.

Kein Wunder, dass die Nobelpreisträgerin schon beim Frühstück mit komplizierten Gedanken beschäftigt ist, wenn ihr Mann ihr bloß eine kurze Frage stellt, zum Kaffee etwa:

»Milch?«

Einfache Frage, könnte man denken. Nicht für die Entdeckerin der Telomere.

Was jetzt: Milch oder keine Milch?

»Nun, das ist eine schwierige Frage für die Stunden vor Tagesanbruch.« Man wird ja schließlich nicht Nobelpreisträgerin, um sich morgens einfache Fragen zu stellen.

»Ja, ich mag Milch in meinem Kaffee. Aber sollte ich sie in den Kaffee schütten? Milch ist gesund, richtig? Schließlich enthält sie Kalzium und Eiweiß.« Aber sollte sie jetzt Vollmilch nehmen oder fettarme? Oder lieber gar keine? Und was ist überhaupt mit der H-Milch? Könnte man ja auch noch fragen. Oder Nestlés Milchpulver Coffee-mate, das es im Flugzeug oft gibt.

Und so geht es weiter, bei Nobelpreisträgers zu Hause.

Toast? Butter? Obst oder Smoothie?

Die Erforscherin der Telomere hat da natürlich ein ganz einfaches Kriterium: Gegessen wird, was Telomere schützt. Und weggelassen wird, was sie kürzt. »An einem Morgen wie diesem dienen uns Telomere als Richtschnur für ein gesundes Frühstück.«

Erst mal eine rauchen, das ist schon mal keine gute Option: Die Zigarette danach (oder davor) kostet ein Stückchen von den Telomeren.

Und der Toast? Von allzu viel derartigem Backwerk rät sie eher ab, auch von Pommes, Süßigkeiten, sogar Säften. Telomer-freundlich seien die berühmten Omega-3-Fettsäuren, die beispielsweise in Leinöl stecken oder in Fleisch und Milch von glücklichen Kühen, die auf der Wiese grasen dürfen. Also: Bio-Milch ist gut für die Telomere, auch ein Müsli mit Bio-Joghurt, einem Teelöffel Leinöl und einem Apfel oder anderem Obst. Ein Smoothie eher nicht, jedenfalls keiner aus der Fabrik.

Cola? Wer sein Leben liebt und es möglichst lang genießen will, macht darum am besten einen großen Bogen. Denn Softdrinks lassen Telomere nur so dahinschrumpeln, wie eine Studie von Blackburn und ihrer Kollegin Cindy Leung von der Uni in San Francisco ergab, veröffentlicht im American Journal of Public Health (siehe Kapitel 5).

Würstchen, Schinken oder Corned Beef: Auch alles üble Telomerschädlinge. »Verarbeitetes Fleisch« kann die Schutzkappen kappen, so fanden Forscherkollegen um die Epidemiologin Amanda M. Fretts von der Universität von Washington in Seattle heraus, in einer 2016 im Journal of Nutrition veröffentlichten Studie mit Indianern. »Unverarbeitetes« Fleisch hingegen ist interessanterweise unschädlich für die Lebensfäden in der Zelle. »Verarbeitetes Fleisch«: Das ist auch der Schwarzwälder Schinken, der Südtiroler Speck und der Bacon, den Briten und Amerikaner gern zum Frühstück haben. Dass solches im Übermaß nicht gerade gesund ist, hatten schon diverse Studien ergeben.

Woran das liegt? Vielleicht an den Phosphaten, die häufig drin sind, in Wurst und Schinken. Oder den Nitraten. Oder dem Salz.

Viele Mediziner plädieren daher für eine eher salzarme Kost. Ärzte und Ernährungswissenschaftler um Professor Dariush Mozaffarian aus Boston im US-Staat Massachusetts glauben, dass sich 1,65 Millionen Todesfälle durch Infarkt und Schlaganfall weltweit jedes Jahr vermeiden ließen, wenn die Menschen, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen, höchstens fünf Gramm Salz täglich zu sich nehmen würden, und nicht, wie die Durchschnittsmenschen heute, doppelt so viel.

Sollte eigentlich kein Problem sein.

Aber weniger Salz essen, geht das überhaupt?

Nein, meint eine maßgebliche Stimme aus München. Salz ist so etwas wie Schicksal, glaubt die Süddeutsche Zeitung: weil nämlich, so das bayerische Weltblatt, »der Einzelne wenig Einfluss auf die Menge hat, die er täglich aufnimmt«. Weil wiederum »80 bis 90 Prozent der Zufuhr nicht über den Salzstreuer dosiert werden, sondern bereits in Lebensmitteln enthalten sind«.

Wie, sind jetzt schon die Karotten ab Acker versalzen? Auch die Pilze, die Tomaten, Kartoffeln? Von Natur aus alles verseucht? Nein, das meint er nicht, der Medizinmann des Bayernblattes. Er meint: »Besonders Wurst, Fleisch, Käse und Fertiggerichten wird Salz zu Konservierungszwecken zugesetzt.«

Und damit wird man dort offenbar gewissermaßen ungefragt vollgestopft. Also, tja, leider, leider: »Wer nicht als Selbstversorger oder vegetarisch lebt, hat es daher kaum in der Hand, seine Essgewohnheiten an Empfehlungen der Wissenschaft anzupassen.«

Zwangsernährt mit der Leberkäs-Semmel?

Das ist natürlich blühender Unsinn. Natürlich hat das jeder selbst in der Hand. Wie Nobelpreisträgerin Blackburn beim Frühstück. »Wir vertrauen den Ergebnissen der Telomerforschung«, sagt sie, die im Übrigen »mit den neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang stehen«. Und: »Diese Befunde sagen uns«, so die Laureatin, »dass wir frische Vollwertnahrung statt industriell verarbeiteter Lebensmittel essen sollten.«

Es sei auch ganz einfach. »Es erweist sich, dass eine ›telomer-gesunde‹ Ernährung sehr schmackhaft ist und keinerlei Verzicht erfordert.«

Stimmt.

Wie das geht?

Man kann natürlich nicht alle Gerichte, jedes Lebensmittel, alles, was auf den Tisch kommt oder in den Mund, daraufhin überprüfen, wie es auf die Telomere wirkt. Auch kann kein normaler Mensch pausenlos wissenschaftliche Studien lesen, und auch noch vor dem Essen.

Es geht aber auch einfacher.