Ein Hund namens Brötchen - Heidi Schmitt - E-Book

Ein Hund namens Brötchen E-Book

Heidi Schmitt

4,9

Beschreibung

Der italienische Segugio-Mix Panini hat nicht nur zahlreiche bemerkenswerte Hobbys. Er bringt sein Frauchen auch zum Grübeln. Etwa über seltsame Mitmenschen. Über Flöhe, die keine sind. Oder über das Dödeln als Marktlücke in Hundeschulen. 30 komische und nachdenkliche Geschichten über das Leben mit Hund, Höhen und Tiefen der Hundeerziehung und vor allem über die unerschütterliche Liebe zu einem Tier namens Brötchen.

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Ein Hund namens Brötchen

VorwortDas Tier und ich Ja, wieheißtdudenn?  Wer bin ich?  Die Frau mit dem Hund.   Ein Jahr mit Panini.  Ich bin kein Rudelführer. Nachts, wenn Hundehalter verschwinden.  Voll peinlich.  Martin Rütter lässt mich im Stich.  Das Tier ist taub. Die weltbesten Erziehungstipps. Mitmenschen & Mittiere Meine neue Wohngegend. Panini und der wilde Molly.  Mir stinkt's.  Ich hab auch einen zuhause. Die Hundeschulen-Nazis.  Herr M.  Der Floh. Ein Drama in vier Bissen.  Es ist ein Hund! Networking. Das Tier und seine Hobbys Vom Winde verweht. Der beste Freund des Hundes. Gassi gehen. Lob des Dödelns. Panini – das große Interview. Das ummäntelte Tier. Überfellig.  Das reisende Tier. DankÜber die AutorinImpressum

Vorwort

Noch bevor ein Hund einzieht, stellt man sich gerne vor, wie das Leben mit ihm sein würde. Auch mir ging das so. Allerdings hätte ich mir meine Visionen getrost sparen können – so ziemlich nichts davon ist so eingetroffen wie gedacht. Panini musste in den ersten zwei Jahren bei mir fünf Mal operiert werden. Sie hatte zwei Kreuzbandrisse, in beiden Fällen gab es Komplikationen bei der Heilung.

Das gemeinsame lässige Streifen durch Felder und Auen musste erst einmal warten. Diese erste Zeit war nicht immer leicht, aber keineswegs trübe. Dafür sorgte vor allem das Brötchen selbst. Mit ihrer lustigen und immer zu Unfug aufgelegten Art inspirierte mich Panini zu vielen Gedanken und Geschichten. Ich habe sie aufgeschrieben und teilweise in meinem Blog kommstdu-hierher.de veröffentlicht. Etliche der kleinen Kolumnen sind jedoch bislang noch in der Schublade geblieben. Für dieses E-Book habe ich alle Texte neu zusammengestellt.

Es wäre leicht gewesen, ein durchgängig lustiges Buch zu schreiben. Auch ein komplett nachdenkliches, eher ernstes zu verfassen wäre mir nicht schwer gefallen. Ich habe mich dafür entschieden, dass es beides sein soll. Schließlich ist das Leben mit Hund weder ein immerwährender Schenkelklopfer, noch ein Grund, der Grübelei anheim zu fallen. Viel Freude mit der ganzen Welt des Brötchens wünschen  Heidi  &  Panini

Das Tier und ich

Ja, wieheißtdudenn? 

Einem Tier einen Namen zu geben ist eine verantwortungsvolle Sache. Schließlich ist man geneigt, vom Namen auf den Charakter zu schließen. Das kann man natürlich nutzen. Es wäre zum Beispiel eine Idee, einen extrem trägen, introvertierten und passiven Hund „Rambo“ zu nennen, um ihm ein etwas dynamischeres Image zu geben. Der Name „Giselle“ würde einer rauflustigen Schlammpfützenfreundin mehr Lieblichkeit verleihen. Und vielleicht würde ein unermüdlich umherspringender Balljunkie mit dem Namen „Bruno“ ja etwas ruhiger. 

Einfacher ist es natürlich, wenn alles schon passt. Vor kurzem traf ich einen gefühlt 20 cm hohen Shih Tzu namens Mechthild, das war so stimmig, dass ich mich innerlich nur still vor dem Namensgeber verbeugen konnte. Da Panini aus Italien stammt, war für mich klar, dass sie einen Namen bekommen sollte, der daran erinnert. Nicht, dass ich einen rumänischen Rüden zwangsläufig Maffay genannt hätte, obwohl ich die Idee nicht übel finde. Aber Italien bietet klanglich doch so einiges. Leider enden viele schöne italienische Begriffe auf „o“ und ich hätte es dann doch gern etwas weiblicher gehabt. Eine Zeitlang stand deshalb der Name „Pizza“ bei mir hoch in Kurs. Doch es stellte sich heraus, dass Panini keine Pizza war. Ihr fehlte der crosse Rand, die Tomatensoße und überhaupt alles. Der Name klang viel zu hart für sie. Panini ist einfach kein Wesen mit zwei „z“. 

Die Sache mit dem Brötchen erwies sich dagegen sehr schnell als perfekt. Sie ist ein sehr weiches Brötchen zugegebenermaßen, zumal sie ein katastrophales Bindegewebe hat. Panini wobbelt ein wenig. Aber das weiße Innere eines Brötchens ist ja nun auch nicht eben knackig. Farblich passt es auch sehr gut. Italiener schütteln immer den Kopf und machen mich höflich, aber bestimmt darauf aufmerksam, dass es sich bei „Panini“ um eine Form der Mehrzahl handelt, ich ja aber wohl nur einen Hund hätte. Das stimmt allerdings nur bedingt. Panini ist draußen eine völlig andere als drinnen. Sie kann ein Jagdmonster sein und ein Kuschelhäschen. Mutig und verängstigt. Supergehorsam und nahezu gehörlos. Panini ist mehrere. Ich kann sie also auch gut mit einer Mehrzahlform benennen.  

Panini klingt weich und durch die vielen „i“ lustig und freundlich. Genau das ist sie. Obendrein erscheint es mir passend, einen Hund, der alles frisst, was man ihm hinhält und zusätzlich alles, von dem man nicht möchte, dass er es frisst, mit einem Lebensmittelbegriff zu benennen. Einem italienischen natürlich. Erst später fiel mir auf, dass ich selbst zwei „i“ im Vornamen habe und wir somit klanglich gut zusammen passen.

Übrigens hatte Panini natürlich bereits einen Namen, als ich sie aufnahm. Sie hieß „Ginny“. Zum Glück wusste sie das nicht. Den Namen habe ich demzufolge nie verwendet. Warum sollte ich meinen Hund auch „Kleiner Wachholderschnaps“ nennen?

Wer bin ich? 

Bei mir wohnt ein Hund, für den ich sorge. Er hat eine Haftpflichtversicherung und zahlt Steuern, als seine Bürokraft übernehme ich den Papierkram für ihn. Wenn Panini über die Hundewiese laufen würde und würde dort einen Haufen absetzen und ich würde ihn nicht aufsammeln, dann wäre es gut möglich, dass mich jemand anspricht. Er würde dann vielleicht sagen: „Gehört dieser Hund Ihnen?“ Und ich, wenn ich Panini nicht verleugnen will, würde „Ja“ antworten (auf die Gefahr hin, dass mir der Mensch die Leviten liest, weil ich Paninis Hinterlassenschaften nicht aufsammle. Zu Recht natürlich). Dabei finde ich gar nicht, dass mir Panini gehört. Wie kann mir ein Lebewesen überhaupt gehören? „Gehört dieser Hund zu Ihnen“, ja, das wäre schon besser. Aber bin ich Hundebesitzerin? Ich weiß nicht.

Sensible Gemüter weichen deshalb auf den Begriff „Hundehalter“ aus. Das klingt für mich nun wiederum sehr entmenschlicht und ganz schön statisch. Als wäre ich eine Art Garderobenständer, eine Leinenaufhängung zur Hundebefestigung. Wahrscheinlich bin ich wohl sowas. Aber so recht behagt es mir nicht. Möglich wäre auch, dass ich eine „Hundeführerin“ bin, schließlich bestimme ich, wann und wohin wir gehen. Meistens. Aber dabei sehe ich nun wiederum Uniformierte vor mir, die Hunde dazu bringen, Gewaltverbrecher zu fassen. Vielleicht auch solche, die gar nicht wussten, dass sie Gewaltverbrecher sind. Und wer ist in Deutschland schon gern ein Führer?

Vermutlich haben sich deshalb die meisten Hundebesitzer/halter/führerinnen damit abgefunden, dass sie „Frauchen“ sind und ihre männlichen Pendants „Herrchen“. Meistens wird dieser Begriff ja vermeintlich aus der Sicht des Hundes gebraucht. „Na, hat dir Frauchen nicht genug zu fressen gegeben?“ Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass Panini nicht denkt, dass ich Frauchen bin. Ich bin so viel größer als sie, warum sollte sie mich mit einer Verkleinerungsform bedenken? Nein, putzig findet sie mich bestimmt nicht. Da ich mit Panini nicht verheiratet bin, kann ich aber auch nicht ihre Frau sein. Frauchen und Herrchen ist also zumindest etwas Hundespezifisches. Aber es ist so ... so .... blöd. Es ist einfach blöd.

Eine Menge Leute, die genauso empfindet, hat beschlossen, „Mama“ oder „Papa“ zu sein. Ich wäre also Hundemama. Das ist zumindest aus genetischer Sicht verblüffend. Wie kann es sein, dass mir die Begegnung mit Paninis Vater so gänzlich entfallen ist? Auch die Geburt liegt völlig im Dunkeln. Und dann hat sie optisch auch so gar nichts von mir ... Ach so, ich bin nur Adoptivmama! Ja, das stimmt auf jeden Fall, adoptiert habe ich sie. Tatsächlich gleicht unser Verhältnis dem von Mutter und Kind noch am ehesten. Ich muss sie an alles erinnern, hinter ihr aufräumen und bereite ihr Lieblingsessen zu. Unter Umständen mache ich ihr sogar den Po sauber. Diese Fürsorge ist auf jeden Fall elterlich. Aber ist das nicht sehr albern? Mama? Liegt da nicht auch eine Gruppe Menschen hinter dem nächsten Holzstapel, die „Typisch! Der Hund soll ein Kindersatz sein!“ rufen?

Es ist erstaunlich, dass wir schon so lange mit Hunden zusammenleben und noch keinen würdigen, eigenständigen Begriff gefunden haben, der unser Verhältnis zum Tier beschreibt. Der Fürsorge beinhaltet und Freundschaft. Und er müsste das feste Band ausdrücken, das die wechselseitige Begleitung aumacht. Vielleicht bin ich am ehesten Paninis Gefährtin. So, wie sie meine ist. Hundegefährtin. Möglicherweise wird es irgendwann noch einen besseren Begriff geben. Auf jeden Fall aber gibt es schon viele schlechtere.

Die Frau mit dem Hund.  

Sind Sie nicht die Frau mit dem Hund? Fragt die Dame in der kleinen Bude, bei der ich immer Spargel kaufe. Ja, das bin ich wohl. Die Frau mit dem Hund. Ich frage mich, was ich war, bevor Panini einzog. Und was ich sein werde, wenn sie einmal nicht mehr bei mir sein kann. Wer ist der dicke Mann mit dem Bart, wenn er abnimmt und sich rasiert?

Vor einiger Zeit grüßte mich eine Frau sehr freundlich auf der Straße. In der Stadt ist das ungewöhnlich, ich habe sie nie zuvor gesehen. Erst bei einer weiteren Begegnung stellte sich heraus, dass ihr kleiner Sohn ein großer Fan von Panini ist. Mutter und Sohn hatten mich schon öfter vom Fenster aus gesehen und so war ich eine alte Bekannte für sie. Man wird markant, wenn man die Frau mit dem Hund ist. Es bestätigt mich in dem Gefühl, dass mein Hund ein Teil meiner selbst ist, etwas, das untrennbar zu mir gehört. So romantisch wie das klingt, ist es nicht gemeint. Ich könnte schließlich auch die Frau mit dem Porsche Cayenne sein. Oder die Frau mit dem chronischen Fließschnupfen. So ist es mir allerdings bedeutend lieber. Gehe ich ohne Panini ins Café, fragt man dort nach ihr. Gehe ich ohne sie laufen, bin ich versucht, andere Hundehalter zu grüßen. Ich bin auch ohne Hund die Frau mit dem Hund. Aber die anderen sehen durch mich hindurch. Als hätte ich eine Tarnkappe. Mit Panini erreiche ich Sichtbarkeit, habe Gespräche an jeder Ecke.

Die Wahrheit ist, dass ich nicht mehr weiß, wer ich vor Panini war. Ich weiß, dass ich weniger fürsorglich war. Vielleicht gar weniger mütterlich. Ich war weniger rücksichtsvoll, weniger nachsichtig. Panini stattet meine Wohnung mit Haaren und mein Herz mit Wärme aus. Wo sie ist, ist zuhause. Wissen das die Menschen, für die ich die Frau mit dem Hund bin? Dass mich mein Zuhause an einer Leine hinter sich herzieht? Von Doppelhaushälften ist man dergleichen wohl nicht gewohnt. Viele Frauen wünschen sich einen Hund, der in der Lage ist, sie zu beschützen. Ein respekteinflößendes Exemplar. Panini ist das Gegenteil davon. Man muss auf sie aufpassen, damit sie keine Dummheiten macht und sie würde sich jedem freudig zu Füßen werfen, der mit Leberwurst winkt. Genau genommen ist die Leberwurst nur ein großartiger Pluspunkt, aber nicht wirklich nötig. Dennoch macht sie mich stark wie einen Ninja-Kämpfer. Die Frau mit dem Hund zu sein ist etwas völlig anderes als irgendwer zu sein. Mein Hund kann mich nicht verteidigen, aber mein Hund liebt mich. Damit werde ich jeden Tag neu geadelt. Ich stehe mit sechs Beinen auf der Erde, wer sollte mich umwerfen? Wer mir Böses will – das Schicksal eingeschlossen – soll sich gut ansehen, mit wem er sich hier anlegt. Ich bin es: Die Frau mit dem Hund.

Ein Jahr mit Panini.