Ein Kampf ohne Verbündete und ohne Erfolg - Gabriel Peter Weiß - E-Book

Ein Kampf ohne Verbündete und ohne Erfolg E-Book

Gabriel Peter Weiß

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Beschreibung

Am 10. Mai 1933 verbrannten Nationalsozialisten, unter ihnen auch Bonner Studenten, auf dem Bonner Marktplatz Bücher, die sie als "undeutsch" empfanden. Die Aktion wurde durch die Deutsche Studentenschaft angeregt und auch die Bonner Studentenschaft blieb nicht unbeteiligt. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass nicht wenige der Bonner Studenten den nationalsozialistischen Umtrieben mit einer gewissen Skepsis gegenüberstanden. Schließlich hatten noch im Februar des selben Jahres eine Mehrheit der Studenten bei den Wahlen für das Studentenparlament gegen den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund gestimmt. Tatsächlich war die Bonner Universität diejenige, wo diese Organisation deutschlandweit am wenigsten Stimmern erhielt. In diesem Buch wird untersucht, welche anderen Gruppen an der Bonner Universität mit den Nationalsozialisten um die Stimmen und Herzen der Studenten warben und warum es diesen hier besser gelang als anderswo.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund und die Bonner Allgemeine Studentische Arbeitsgemeinschaft

Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund und die Bonner Allgemeine Studentische Arbeitsgemeinschaft

Gabriel Peter Weiß

Ein Kampf ohne Verbündete und ohne Erfolg habe ich ursprünglich im Februar 2023 als Bachelorarbeit im Fach Geschichte an der Universität Bonn eingereicht. Ich möchte an dieser Stelle zunächst Dr. Christoph Studt, der für die Bachelorarbeit als Erstkorrektor fungierte und mich in dieser Rolle mit viel Geduld beraten und unterstützt hat, danken.

Des Weiteren gilt mein Dank der Burschenschaft Alemannia Bonn, dem KStV Arminia Bonn und dem Ring Katholisch Deutscher Burschenschaften, die mir großzügigerweise Ihre Archive geöffnet haben.

Die Veröffentlichung dieser Arbeit ist kommt nur zustande, weil die Ferdinand-Friedensburg-Stiftung sie mit dem Ferdinand-Friedensburg-Preis ausgezeichnet hat. Ich danke der Stiftung von ganzem Herzen für diese Würdigung.

Ich danke außerdem meinen Freunden Vaneh und Cornelius, die bereit waren den Text meiner Arbeit Korrektur zu lesen.

Letztlich gilt mein Dank meinen Eltern, ohne die mein Studium und folglich auch diese Arbeit nicht möglich gewesen wären.

Bonn am 10.10.2023

Gabriel Weiß

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Hochschulpolitik in Bonn, 1928-1933

Vom AStA zur ASTAG: Bonner Studentische Selbstverwaltung in der Weimarer Republik

Die Geschichte des NSDStB in Bonn

„Der gewiefteste Zentrumspolitiker in ganz Westdeutschland“: Die Auseinandersetzung zwischen dem NSDStB und den Rektoren der Universität Bonn.

Ideologische Nähe und Pragmatische Ablehnung: Nationale Gruppen und ihr Verhältnis zum NS-Studentenbund

Der Bonner Waffenring

Der Nationale Hochschulblock

„Faschistische Verlockung und antifaschistische Entscheidung“: Die ideologische Begründung der Arbeit katholischer Studenten gegen den NS-Studentenbund.

Nichtkorporierte Katholische Studenten inner- und außerhalb der ASTAG

Der Ring Katholischer Korporationen und die in ihm vertretenen Dachverbände

Die Republikaner und Sozialisten als erste Gegner des Studentenbundes

Die Republikanischen Studenten

Sozialistische Gruppen außerhalb der ASTAG

Parteigenossen gegen Parteigenossen: Innernationalsozialistische Auseinandersetzungen

Fazit

Literaturverzeichnis

Unveröffentlichte Quellen

Zeitungsquellen

Einleitung

Das Phänomen einer stark politisierten und staatsfeindlichen Studentenschaft wird in der modernen Bundesrepublik Deutschland vermutlich in erster Linie mit den Studentenunruhen der späten sechziger Jahre und dem darauffolgenden RAF-Terror assoziiert. Dass eine Radikalisierung der akademischen Jugend 1968 nichts Neues war, scheint weitestgehend in Vergessenheit geraten zu sein. Denn spätestens ab der Mitte der 1920er Jahre entwickelte sich die Grundstimmung an fast allen deutschen Universitäten in eine entschieden antidemokratische und folglich ‚systemfeindliche‘ Richtung. Der Historiker Wolfgang Zorn sah sich 1970 veranlasst, im Journal of Contemporary History die Parallelen zwischen den beiden Studentenjahrgängen zu ziehen, was dafürspricht, dass die beiden Entwicklungen zu diesem Zeitpunkt noch miteinander assoziiert wurden. Er kam dabei zu dem Schluss, dass „a young generation of university students […] protesting against a parliamentary administration and a political ‚establishment‘“ das volle Ausmaß der Gemeinsamkeiten ausmachte.1

Der Unterschied in Bonn war allerdings drastischer als in anderen deutschen Universitätsstädten. Während die Ereignisse an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kaum von denen an anderen westdeutschen Universitäten unterschieden,2 galt die Bonner Studentenschaft 40 Jahre zuvor noch als vergleichsweise republiktreu und moderat. So waren nationalsozialistische Studenten in vielen deutschen Studentenschaften schon 1931 in der Mehrheit und konnten 1932 bereits die Deutsche Studentenschaft (DSt), den übergeordneten Dachverband deutschsprachiger Studentenschaften, fest unter die Kontrolle des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) bringen. Im Vergleich dazu erscheint das Viertel der Bonner Studenten, die 1932 bei der Wahl der örtlichen studentischen Kammer, der Allgemeinen Studentischen Arbeitsgemeinschaft (ASTAG), für den NSDStB gestimmt hatten, als eine außergewöhnlich kleine Minderheit.

Der Grund für die Resilienz der Bonner Studenten gegenüber dem zunächst antirepublikanischen und völkischen3 und später nationalsozialistischen Geist, der die Studentenschaft an fast allen deutschen Universitäten in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre ergriff, wird in den meisten Untersuchungen zu dieser Zeit in dem hohen Anteil katholischer Studenten an der rheinischen Universität gesucht.4 Diese machten in der Weimarer Zeit rund die Hälfte der Studenten an den Bonner Hochschulen aus, was fast dem Doppelten des Durchschnitts der Universitäten im Deutschen Reich entsprach.5 Es ist auch richtig, dass die katholischen Bonner Studenten, die im Hochschulparlament durch drei oder mehr Listen vertreten waren, den größten Wählerblock darstellten.

Den katholischen Listen stand aber in allen Wahlperioden zwischen 1930 und 1933 eine ähnlich starke Gruppe rechter Hochschulparteien gegenüber, in der nationalsozialistische Stimmen zunehmend an Dominanz gewannen. Die nichtnationalsozialistischen Rechtsgruppen, also der Bonner Waffenring, ein Zusammenschluss fechtender (im Studentenjargon: schlagender) Verbindungen, und der Nationale Hochschulblock, in dem verschiedene kleinere rechte Gruppen zusammengefasst waren, verweigerten allerdings trotz aller ideologischen Gemeinsamkeiten dem NSDStB ab 1932 die Zusammenarbeit. Der NSDStB fand auch außerhalb des Spektrums der Hochschulpolitik, in dem neben den bereits genannten Gruppen auch noch Republikaner und Sozialisten vertreten waren, nur wenige Verbündete. Weder unter den Hochschullehrern noch in der eigenen Partei konnten die nationalsozialistischen Studenten auf Unterstützung zählen und tatsächlich fanden sich in beiden Gruppen einige ihrer hartnäckigsten Widersacher.

Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, welche Gruppen und Faktoren für die Schwäche des Bonner NSDStB verantwortlich waren und was die Mitglieder dieser Gruppen motiviert hat, sich gegen den nationalsozialistischen Strom an den deutschen Universitäten zu stellen. Zeitlich begrenzt sich diese Untersuchung auf die Jahre zwischen der Gründung der Bonner Ortsgruppe des NSDStB im Dezember 1927 und der sogenannten ‚Gleichschaltung‘ der Universität in Folge der nationalsozialistischen Machtübernahme Anfang 1933. Diese Einschränkung bietet sich an, da dieses Jahr in der Geschichte der Hochschule, neben der Entlassung jüdischer und politisch unliebsamer Dozenten und einem neuen Universitätsrecht, auch ein Ende der demokratisch organisierten studentischen Selbstverwaltung bedeutete.

Zum Zweck dieser Untersuchung folgen zunächst die Geschichte der Bonner studentischen Selbstverwaltung bis 1933 und danach die der Bonner Ortsgruppe des NSDStB, die als Basis für die darauffolgenden Kapitel dienen sollen. Genauer betrachtet wird dann die Haltung der Universitätsverwaltung, da diese maßgeblich für die Rahmenbedingungen verantwortlich war, in denen die Bonner Studenten ihre politischen Auseinandersetzungen austrugen. Darauf folgen die verschiedenen studentischen Gruppen, mit denen der Studentenbund inner- und außerhalb der ASTAG umgehen musste. Das letzte inhaltliche Kapitel wird sich mit den internen Streitigkeiten der Nationalsozialisten auseinandersetzen, da diese zwar kaum einen direkten Einfluss auf die Geschehnisse an der Bonner Universität haben sollten, sich aber durchaus auf die internen und externen Kapazitäten des Bonner NSDStB auswirkten.

Die Forschung rund um den NSDStB und die Radikalisierung der Studenten in der Weimarer Republik ist nichts Neues. Die grundlegenden Werke, namentlich Anselm Fausts zweibändige Analyse der Beziehung zwischen NSDStB und Studentenschaft und Michael Katers Versuch diese Beziehung mit der sozioökonomischen Lage der Studenten in der Weimarer Republik zu erklären, sind bereits fast 50 Jahre alt.6 Sie bilden weiterhin die Grundlage für nahezu jede Arbeit, die sich auf die Ereignisse in der Studentenschaft der Weimarer Zeit bezieht. Mehr ist seitdem auf lokaler Ebene geschehen.7 Studien zur Geschichte des NSDStB und der Studentenschaften an den jeweiligen Universitäten haben allerdings häufig mit einem geringen Aktenaufkommen zu kämpfen, das entweder durch die absichtliche Aktenvernichtung im Zuge deutscher Vertuschungsversuche oder durch kriegsbedingte Kollateralschäden entstanden ist.8

In dieser Hinsicht bildet die Bonner Universität keine Ausnahme. Im Bonner Universitätsarchiv berichten neben der Studentenzeitung Der Bonner Student, von der acht Ausgaben aus der Zeit zwischen November 1930 und Januar 1932 vorliegen, nur Teile des Bestands Kuratorium von der Lage in der Studentenschaft, was jedoch nicht für eine umfangreiche Untersuchung genügt. Ergänzend hierzu existiert die Korrespondenz, die Mitglieder der Bonner Studentenschaft mit der Führungsriege des NSDStB und der DSt geführt haben und die ehemals im Staatsarchiv Würzburg und im Bundesarchiv Koblenz archiviert war. Inzwischen sind beide im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde aufzufinden. Diese Quellen in ihrer Gesamtheit zu sichten liegt allerdings leider außerhalb des Umfangs, der für diese Arbeit angemessen ist, die wichtigsten Akten wurden jedoch von Faust und Kater bereits rezipiert.

Nicht veröffentlichte Quellen finden sich außerdem in den Archiven der Bonner Verbindungen, deren Bestand allerdings häufig ebenfalls unter ihrer Auflösung während der NS-Zeit, den Folgen des Krieges oder unzureichender Archivführung gelitten haben. Mehr als eine stichprobenartige Untersuchung der Korporationsarchive hätte den Umfang dieser Arbeit ebenfalls überschritten. Dabei erwiesen sich die internen Verbindungszeitungen als geeignete Ansatzpunkte, da hier die aktiven, also studierenden, Mitglieder der Verbindungen ihren Alten Herren, also berufstätigen Alumni, über die Ereignisse in der Verbindung, aber zum Teil auch an der Hochschule generell berichteten. Besonders ergiebig war dabei die Bonner Alemannen-Zeitung der Bonner Burschenschaft Alemannia, die in ihren Semesterberichten ausführlich über die hochschulpolitische Lage berichtete.

Außerdem bezieht sich diese Arbeit auf den jüngst digitalisierten Bonner General-Anzeiger, der von den internen Ereignissen in der Bonner Studentenschaft allerdings nur dann berichten konnte, wenn die Vorkommnisse sprichwörtlich über die Universitätsmauern überkochten. Jedenfalls bedauerten Mitglieder der Universität es regelmäßig, wenn ihre Interna über die Presse an die Öffentlichkeit getragen wurden.9 Freizügiger war man allerdings mit der Ankündigung und Besprechung von Veranstaltungen, die von Hochschulgruppen ausgerichtet wurden und die einen wertvollen Blick in die Ideologien der verschiedenen Ausrichter und die Themen, welche die Studentenschaft bewegten, ermöglichen. Grundlegende Forschungsarbeit zu der Geschichte der Bonner Universität im entsprechenden Zeitraum wurde außerdem in mehreren Lokalstudien veröffentlicht.

Joachim von Maydells Staatsexamensarbeit aus dem Jahr 1977 untersuchte primär den Westdeutschen Beobachter, also die Parteizeitung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) im Rheinland und konnte daraus auch neue Perspektiven auf den Bonner Studentenbund gewinnen.

Der, von der Interessensgemeinschaft Bonner Korporationen herausgegebene, Sammelband Studentenverbindungen und Verbindungsstudenten tendiert zwar zu einer apologetischen Perspektive auf das Bonner Verbindungsstudententum, bezieht sich für den relevanten Zeitraum aber auch auf Archivalien der Burschenschaft der Norddeutschen und bietet damit einen weiteren Blickwinkel auf die Vorgänge im Bonner Waffenring.

Einen zumindest für Teile der untersuchten Zeit hochinteressanten Einblick in die Perspektive eines Mitgliedes der ASTAG bieten die Briefe, die der später in der Bundesrepublik zum Außenminister aufgestiegene Bonner Jurastudent Gerhard Schröder an seine Eltern geschrieben hat. Er war ab Februar 1931 Mitglied der studentischen Kammer. Seine Korrespondenz liegt im Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad- Adenauer-Stiftung. Die vorliegende Arbeit bezieht sich aber ausschließlich auf die 2002 veröffentlichte Biografie von Torsten Oppelland.



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