Ein Platz in meinem Herzen - Patrick Osborn - E-Book

Ein Platz in meinem Herzen E-Book

Patrick Osborn

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Beschreibung

Auf einer Party lernt die Anwältin Katarina Wolf den Bestsellerautoren Oliver Neuhaus kennen. Schnell merkt Katarina, dass Oliver die Liebe ihres Lebens ist. Als sie kurz vor der Hochzeit schwanger wird, scheint das Glück perfekt zu sein. Doch plötzlich treten Komplikationen auf, die erste Schatten auf das junge Glück werfen und die Beziehung von Katarina und Oliver auf eine harte Probe stellen.

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Patrick Osborn

Ein Platz in meinem Herzen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Widmung

Katarina

Tagebuch

Katarina

Tagebuch

Katarina

Tagebuch

Katarina

Tagebuch

Katarina

Tagebuch

Mark

Katarina

Danksagung und Nachwort

Bonusmaterial - Making of "Ein Platz in meinem Herzen"

Bonusmaterial - Exklusive Kurzgeschichte

Schlusswort

Impressum neobooks

Widmung

Für Angelika,

meiner besten Freundin, geliebten Frau und Komplizin

Für Rita, Thorsten, Petra und Michael,

Katarina

Tausend Gedanken schossen Katarina Neuhaus durch den Kopf, als sie ihren Nissan Micra in der Tiefgarage des Apartmenthauses in der Nähe des Berliner Reichstages abstellte.

Ein moderner Aufzug brachte sie in die achte Etage. Vorsichtig kramte sie in ihrer Guccitasche nach dem Schlüssel und öffnete die Tür zu Olivers Wohnung.

Obwohl er diese seit mehr als einem Jahr nicht betreten hatte, war er Katarina immer noch gegenwärtig. Sie konnte ihn mit jeder Faser ihres Körpers spüren. Sie war kurz davor, die Fassung zu verlieren. Erinnerungen wallten in ihr auf. Sie hätte nicht geglaubt, dass sich ihr Leben so entwickeln würde. Und zum hundertsten Male fragte sich Katarina, was Oliver und sie falsch gemacht hatten.

Behutsam schloss sie die Tür hinter sich. Die Wohnung sah noch so aus, wie an dem Tag, als Oliver seine Reise begonnen hatte. Katarina betrat das Wohnzimmer, ließ ihren Blick umherwandern und sah die mit Chintz bezogenen Lehnsessel, das alte Leinensofa und die Fotogalerie über dem Kamin. Behutsam streiften Katarinas Finger einen Bilderrahmen auf dem Kaminsims, als sie sich abrupt umdrehte und das Zimmer verließ.

Ihr Mund war trocken und sie beschloss, sich ein Glas Wasser einzugießen. Zum wiederholten Male fragte sie sich, was sie hier eigentlich wollte.

Vielleicht hatten Oliver und sie doch noch eine Chance, wenn es ihnen gelang, die Zeit zurückzudrehen.

Sie trank aus und ging in die zweite Etage. Die Maisonettewohnung mit einem atemberaubenden Blick auf das neue Zentrum Berlins hatte Oliver ein kleines Vermögen gekostet. Das obere Geschoss bestand ausschließlich aus Olivers Arbeitszimmer. In der Mitte des Raumes thronte ein riesiger Schreibtisch, der so chaotisch aussah, als hätte Oliver bis eben noch an einem Manuskript gearbeitet. Der Mac war mit Notizzetteln zugeklebt. Es grenzte an ein Wunder, dass er überhaupt etwas auf dem Bildschirm hatte lesen können.

Katarina nahm auf dem großzügigen Ledersessel Platz und ließ ihren Blick durch das Zimmer gleiten. Wenn sie hier saß, fühlte sie sich Oliver ganz nah. Gleichzeitig wurde sie wütend, dass er einfach abgereist war. Nach allem, was sie gemeinsam erlebt hatten, wäre es doch nicht zu viel verlangt gewesen, ein paar Abschiedsworte zu finden. Wieder kämpfte Katarina mit den Tränen. Ihr Blick wanderte durch das mit Bücherregalen vollgestopfte Arbeitszimmer. Sie wusste es nicht genau, schätzte jedoch, dass Oliver einige hundert Romane besaß: Werke von Günter Grass standen dort ebenso wie die Thriller von Tom Clancy und John Grisham. Als begeisterter Leser von J.R.R. Tolkien besaß Oliver alle erhältlichen Ausgaben. Katarina erinnerte sich daran, dass er in ihrer Anfangszeit immer eine abgegriffene Taschenbuchausgabe vom kleinen Hobbit mit sich herumgetragen hatte. Weiterhin entdeckte sie jede Menge Fachbücher, die sich mit verschiedenen Problemen der menschlichen Psyche beschäftigten.

An einem Buch blieb ihr Blick hängen. Auf dem Rücken stand kein Titel. Auch der Einband passte nicht zu den anderen Büchern.

Katarina erhob sich und trat auf das Regal zu. Ihr Puls beschleunigte sich. Sie ahnte, dass dieses Buch etwas ganz besonderes war. Sie atmete durch und nahm das kleine schwarze Buch aus dem Regal.

Überrascht runzelte sie die Stirn.

Vorsichtig drehte sie das Buch um und hätte es beinahe fallen lassen, sosehr erschrak sie vor Olivers Handschrift. Für Florian stand handgeschrieben auf dem Einband.

Florian!

Katarinas Hände zitterten. Sie wagte kaum zu atmen und es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass sie ein Tagebuch finden würde, dass Oliver für Florian geschrieben hatte. Seit seiner Abreise hatte Katarina oft hier gesessen und nie war ihr dieses Buch aufgefallen.

Warum heute?

War dies ein Fingerzeig des Schicksals?

Benommen ging Katarina zu dem Ledersessel zurück. Ihre Gedanken überschlugen sich, ohne einen greifbar werden zu lassen. Schwerfällig ließ sie sich in den Sessel fallen. Ihre Finger zitterten, als sie die erste Seite des Tagebuchs aufschlug. Tränen stiegen in ihre Augen, die sie energisch wegwischte.

Dann begann sie zu lesen.

Tagebuch

Lieber Florian,

viele Jahre konnte ich mir nicht vorstellen, eines Tages Vater zu werden und die Verantwortung für ein menschliches Leben zu übernehmen. Erst seit ich deine Mutter kenne, habe ich mich mit diesem Gedanken beschäftigt und festgestellt, dass mir dies nicht mehr so abwegig vorkam.

Da ich die meiste Zeit meines Lebens mit Büchern verbringe (ich bin ein relativ erfolgreicher Autor musst du wissen), habe ich beschlossen, etwas für dich zu tun, worüber du dich vielleicht später einmal freuen wirst.

Ich möchte ein Tagebuch für dich schreiben! Und ich werde versuchen, es so gewissenhaft wie möglich zu führen.

Da dieses Tagebuch ausschließlich für dich ist, habe ich deiner Mutter nichts davon verraten. Wenn du ihr später davon erzählen möchtest, ist es in Ordnung. Aber die Entscheidung sollst du treffen.

Jetzt, da ich diese erste Eintragung vornehme, hast du gerade das Licht der Welt erblickt. Früher als geplant. Aber lass mich der Reihe nach erzählen und damit beginnen, was sich vor deiner Geburt ereignet hat, damit du deine Mutter und mich besser verstehen kannst.

Ich werde an einem regnerischen Abend in Berlin beginnen, an dem ich zu einer Party meiner Lektorin Patricia eingeladen war. Pat (so nennen sie alle) korrigiert meine Bücher und macht diese erst zu einem fertigen Werk.

Ich muss dazu sagen, dass ich solche Partys hasse, allerdings war gerade mein erster Roman `Der Wunschbrunnen´ erschienen und zur großen Überraschung des Verlages hatte er sich zu einem Bestseller gemausert.

Ich werde dir kurz schildern, wie es dazu kam. Ich komme aus einer Bankiersfamilie. Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich dreizehn Jahre alt war. Ein Alter, in dem man beide Elternteile braucht, um sich im Leben zurechtzufinden. Aber meine Mutter hatte einen anderen Mann kennen gelernt und verließ meinen Vater über Nacht. Da ich zum damaligen Zeitpunkt zu meiner Mutter ein angespanntes Verhältnis hatte, entschloss ich mich, bei meinem Vater zu bleiben. Trost fand ich in meinen Büchern. Ich habe schon damals alles gelesen, was mir in die Finger kam. Ich hoffe, dass du ein paar von diesen Genen von mir geerbt hast.

Im Alter von zwölf Jahren schrieb ich meine erste Geschichte. Heimlich unter der Bettdecke, da ich Angst hatte, man würde mich auslachen. Ich habe dieses Werk niemandem gezeigt. Mit sechzehn hatte ich endlich den Mut, eine Kurzgeschichte an einen Verlag zu senden. Und das Unglaubliche geschah: Die Geschichte wurde tatsächlich veröffentlicht. Stolz hielt ich das Buch in der Hand. Von diesem Moment an wusste ich, dass ich Schriftsteller werden wollte. Mein Vater begegnete diesem Entschluss mit Verachtung und Häme. Für ihn gab es nur die Option, dass ich nach dem Abitur in seiner Bank anfangen würde. Doch statt mich mit schulischen Dingen zu beschäftigen, schrieb ich in jeder freien Minute. Nach dem Abitur zog ich aus. Mein Vater bekam einen Tobsuchtsanfall und wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Er hielt mich für einen Spinner, der von der großen Karriere träumte und den Sinn für die Realitäten verloren hatte. Etwa zu dieser Zeit begann ich, meinen Roman `Der Wunschbrunnen´ zu schreiben. In den folgenden Monaten hielt ich mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Tagsüber kellnerte ich und nachts schrieb ich an meinem Roman.

Schon während des Schreibens suchte ich einen Verlag, jedoch ohne Erfolg. Allmählich glaubte ich, dass mein Vater Recht behalten sollte, zumal meine finanziellen Mittel immer kleiner wurden. Eines Tages bediente ich eine junge Frau, mit der ich ins Gespräch kam. Patricia Sellmann arbeitete als Lektorin in einem renommierten Berliner Verlag. Sie kam mehrmals die Woche ins Café und durch Zufall bekam ich heraus, was sie beruflich machte. Es dauerte einige Wochen, bis ich den Mut aufbrachte, ihr von meinem Roman zu erzählen. Zu meiner Überraschung interessierte sich Pat für die Idee und wollte einen Blick in mein Manuskript werfen. Ich kann dir nicht beschreiben, was das für ein Gefühl war, als sie mich zwei Wochen später anrief, um mir zu sagen, dass der Verlag meinen Roman veröffentlichen wollte. Und du kannst sicher sein, dass ich nicht im Traum daran gedacht hatte, dass das Buch so erfolgreich werden würde.

Ich war also auf Pats Party, nippte an einer Whisky-Cola und ließ den Blick in die illustre Runde schweifen. Mit den meisten der hier anwesenden Gäste konnte ich nicht viel anfangen. Den Hauptteil bildeten Pressevertreter und Verlagsleute, die mir zu meinem Erfolg gratulierten und schon auf den nächsten Roman warteten, in der Hoffnung noch mehr Geld mit mir zu verdienen. Obwohl ich froh sein sollte, dass der Roman so erfolgreich war, konnte ich mich nicht mit einem Platz auf der Bestseller-Liste anfreunden. Denn durch den Erfolg hatte ich ein großes Stück Anonymität aufgegeben.

Ich wollte mich gerade aus dem Staub machen, als Pat auf mich zukam. In ihrem Schlepptau eine Frau, bei deren Anblick es mir den Atem verschlug.

Deine Mutter!

Sie trug ein kurzes, schwarzes Kleid, das ihre langen Beine und ihre weiblichen Formen perfekt zur Geltung kommen lies. Fast alle anwesenden Männer warfen Blicke zu ihr herüber. Die blonden Haare hatte sie zurückgekämmt und zu einem Knoten aufgesteckt. Am meisten faszinierten mich jedoch ihre Augen. Glasklar blickten sie mich an und ich schien mich darin zu verlieren.

„Katarina ist eine Studienfreundin von mir“, riss mich Pat aus meinem Tagtraum. Ich drückte ihre Hand und ein Schauer jagte mir über den Rücken.

„Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ Ihre Stimme war warm und weich. „Haben Sie auch mit der Verlagsbranche zu tun?“ Pat rollte mit den Augen. „Kati, das ist Oliver Neuhaus. Sein Roman `Der Wunschbrunnen´ steht im Moment ganz oben in den Bestsellerlisten. Ich habe dir doch ein Exemplar geschenkt. Hast du es noch nicht gelesen?“ Deine Mutter errötete leicht. „Oh, du weißt doch, dass ich nicht allzu viel lese. Und wenn, sind es Gesetzestexte.“ Sie wandte sich mir zu. „Ich bin Anwältin. Tut mir leid, dass ich Sie nicht erkannt habe.“

„Kein Problem“, antwortete ich.

„Vielleicht erzählen Sie mir etwas über Ihr Buch?“ Sie hakte sich bei mir ein, während wir zur Bar gingen.

Der Rest des Abends verging wie im Fluge. Wir unterhielten uns stundenlang und ich hatte das Gefühl Katarina schon ewig zu kennen. Es war bereits zwei Uhr nachts, als uns Pat freundlich aber bestimmt fragte, ob wir nicht auch gehen wollten. Ich brachte deine Mutter zu ihrem Wagen und fragte sie, ob wir uns wiedersehen. Als sie kurz nickte, machte mein Herz einen Freudensprung.

In den nächsten Wochen traf ich deine Mutter fast jeden Tag. Die Arbeit an meinem zweiten Roman litt natürlich darunter, was mir den einen oder anderen Rüffel von Pat einbrachte. Sie befürchtete, dass ich meinen Abgabetermin nicht einhalten konnte.

„Hast du schon jemals ein Ruderboot benutzt?“, fragte mich deine Mutter an einem sonnigen Sonntagmorgen, als wir auf den Rangsdorfer See hinausruderten.

„Ich bin in Ruderbooten groß geworden“, antwortete ich salopp, obwohl ich zugeben muss, dass ich noch nie in einem Boot gesessen hatte.

„Dann los, mein Kapitän!“ Sie strahlte mich an und ich legte mich in die Riemen. Wir waren ein gutes Stück draußen, als ich die Ruder einzog und wir uns von der Strömung treiben ließen.

„Hast du einen Titel für deinen neuen Roman gefunden?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Du weißt doch, dass ich mich mit Titeln schwer tue. Mir wird schon was Passendes einfallen.“

„Was hältst du von `Die dunkle Seite des Herzens´? Ich habe zwar erst die ersten Seiten gelesen, aber der Titel geht mir nicht aus dem Kopf.“

„Der Vorschlag gefällt mir“, antwortete ich. Deine Mutter faszinierte mich. Nicht nur, weil sie mich auf der Party nicht erkannt hatte. Ich war mir sicher, dass sie mich als Mensch mochte und nicht den erfolgreichen Autoren. Zum ersten Mal war es mir möglich, mich einem Menschen zu öffnen.

Ich holte eine Flasche Champagner aus dem Picknickkorb, öffnete sie und goss zwei Gläser ein. Eines reichte ich deiner Mutter.

„Auf `Die dunkle Seite des Herzens´ und auf eine bezaubernde Frau.“ Wir prosteten uns zu und genossen noch eine Weile das Plätschern des Wassers, das an die Planken des Bootes stieß.

Deine Mutter war es auch, die mich ermutigte, wieder den Kontakt zu meinem Vater herzustellen. Wir saßen in unserem Lieblingsrestaurant und genossen die Küche Louisianas, als sie auf dieses Thema zu sprechen kam.

„Ich finde, ihr habt euch lange genug angeschwiegen. Möchtest du nie wieder mit deinem Vater ein Wort wechseln? Glaub mir, Oliver, es kommt der Tag, an dem du diese Einstellung bereuen wirst.“ Tief in meinem Innersten wusste ich, dass sie Recht hatte. Auch ich hatte schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, meinen Vater anzurufen, den ersten und vielleicht auch entscheidenden Schritt zu wagen. Doch männlicher Stolz kann viele Brücken zerstören, mein Sohn. Ich wollte, dass er den ersten Schritt unternahm, und war nicht bereit, ihm entgegenzugehen. So wie er damals nicht bereit gewesen war, meine Entscheidung zu akzeptieren Schriftsteller zu werden.

„Ich glaube nicht, dass das etwas bringt. Du kennst den alten Sturkopf nicht“, antwortete ich wenig überzeugend.

„Aber ich kenne dich, Oliver. Jedes Mal, wenn wir auf das Thema zu sprechen kommen, weichst du mir aus. Ich bin mir sicher, dass dein Vater nur auf ein Zeichen von dir wartet.“ Irgendetwas an ihrer Stimme ließ mich hellhörig werden.

„Woher willst du das wissen?“, fragte ich und ahnte, was als Antwort folgen würde.

„Sei mir bitte nicht böse, Oliver. Aber vor ein paar Tagen habe ich mit deinem Vater telefoniert und mich sehr gut mit ihm unterhalten.“ Für einen Moment herrschte Schweigen zwischen uns. Ich wollte ihr Vorwürfe machen, brachte aber kein Wort heraus. Stattdessen nippte ich an meinem Espresso und blickte deine Mutter eindringlich an.

„Oliver, er ist dein Vater und er sieht ein, dass er einen Fehler gemacht hat. Gib ihm endlich eine Chance, sich mit dir zu versöhnen.“

„Vielleicht hast du Recht.“

„Natürlich habe ich Recht. Und ich kenne dich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass du nicht so cool bist, wie du gerade tust.“ Ich verzog den Mund. „Einverstanden“, sagte ich schließlich. „Aber nur wenn du mitkommst. Wenn du mit ihm schon heimlich telefonierst, dann soll er dich auch persönlich kennen lernen.“ Zufrieden strahlte mich deine Mutter an.

Es war nicht annähernd so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Gut eine Woche später machten wir uns auf den Weg zu ihm. Mein Vater stand auf der Terrasse und heizte den Grill vor. Als Kind hatte ich ihm dabei fasziniert zugeschaut, wenn er die Briketts zu einem Türmchen aufschichtete und behutsam die Glut entfachte. Deine Mutter blieb im Haus und schickte mich zu ihm heraus. Ich sollte zunächst allein mit ihm reden. Er packte gerade zwei saftige Steaks auf den Grill, als ich näher trat.

„Sieht lecker aus.“ Mein Vater drehte sich um und es war, als falle auf einem Mal alles ab, was wir uns in den letzten Jahren an den Kopf geworfen hatten.

„Ich hoffe, ihr habt Hunger mitgebracht.“ Er stellte die Platte weg und kam auf mich zu.

„Gut siehst du aus, Junge.“ Ich sah ein paar Tränen in seinen Augen schimmern, und merkte, wie der letzte Widerstand in mir zerbrach. Es war kurz nach Mitternacht, als wir an diesem Sonntag meine Wohnung betraten und ich deine Mutter in die Arme nahm.

„Danke“, sagte ich und gab ihr einen langen Kuss. Es waren diese Momente, die mich wissen ließen, dass sie die Richtige war.

Trotzdem sah ich sie in den nächsten Wochen selten. Mein Verlag verschärfte den Druck und ich musste die Zeit nutzen, meinen Roman fertigzustellen. Aber auch deine Mutter hatte alle Hände voll zu tun, da ihre Chefin ihre Kanzlei aufgegeben und sie ihr zum Verkauf angeboten hatte.

Pat schaute jeden Tag bei mir vorbei, um zu sehen, ob ich Fortschritte machte. Wobei ich das Gefühl nicht los wurde, dass es ihr nicht nur um den Roman ging. Mit dem bisher abgelieferten Werk war sie jedenfalls mehr als zufrieden.

„Die Liebe scheint dich zu beflügeln, Oliver. Was ich bisher gelesen habe, ist noch besser, als dein Erstling. Das wird mit Sicherheit ein noch größerer Erfolg.“

„Du weißt genau, dass es mir nicht um den Erfolg geht.“

„Sicher. Aber du kannst nicht abstreiten, dass der Erfolg es dir ermöglicht, recht luxuriös zu leben.“ Sie drehte meinen Stuhl zu sich herum, so dass ich ihr Parfum wahrnahm. Pat beugte sich vor und gewährte mir einen fast nicht mehr jugendfreien Ausblick auf ihre beachtliche Oberweite. Wenn wir nicht so gut befreundet gewesen wären, hätte ich gedacht, dass sie versuchte, mit mir zu flirten. Ich drückte ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und wandte mich wieder meinem Manuskript zu.

„Wenn du mich jetzt entschuldigen möchtest, aber dein Goldenes Kalb muss noch ein paar Seiten schaffen.“

Jetzt möchte ich dir von einem besonderen Tag erzählen. Übermüdet rief ich deine Mutter in der Kanzlei an. Ich hatte kein Auge zugetan, da ich mir immer wieder den Text vorsagte, den ich gleich benutzen wollte. Ich bin zwar als Schriftsteller nie um Worte verlegen, dies gilt aber nur für meine Geschichten. Im wirklichen Leben weiß ich nicht, wie man Menschen manipuliert, Dinge zu tun, die man von ihnen möchte.

„Hi, Schatz. Ich wollte fragen, ob du heute zum Essen kommst?“, war alles, was ich herausbrachte.

Deine Mutter kam kurz nach sieben und sah hinreißend aus.

„Wollen wir vor dem Essen noch einen Spaziergang machen? Ich habe den ganzen Tag in der Kanzlei gesessen und könnte etwas Bewegung vertragen.“

Genau das wollte ich auch.

Wir fuhren an den Wannsee, wo ich meinen Mercedes auf einem Parkplatz abstellte. Eng umschlungen schlenderten wir zum Wasser. Wir redeten erst belangloses Zeug, dann berichtete sie von ihrem Tag in der Kanzlei. Ich hatte Mühe ihr zuzuhören, weil ich in Gedanken meinen geprobten Text durchging.

Ich blieb abrupt stehen und sah deiner Mutter direkt in die Augen.

„Ich habe dich heute angerufen, weil ich dir unbedingt etwas sagen will.“ Ich merkte, wie meine Kehle trocken wurde und der Schweiß mir den Rücken herunterlief. Ich fingerte in meiner Jackentasche herum und zog einen kleinen Umschlag heraus.

„Den wollte ich dir geben.“ Deine Mutter blickte mich mit erwartungsfrohen Augen an, ihn und sah mich überrascht an, als sie eine CD in den Händen hielt. Einen Augenblick glaubte ich, Enttäuschung in ihren Augen zu sehen. Dann strahlte sie mich an und fragte:

„Bist du fertig?“ Ich nickte kurz und sie schloss mich in ihre Arme. „Wann kann ich es lesen? Du musst mir alles...“ Bevor sie einen Redeschwall auf mich loslassen konnte, löste ich mich aus ihrer Umarmung.

„Da ist noch etwas, was ich dir sagen wollte.“ Fieberhaft versuchte ich den Text zusammen zu bekommen, den ich vergangene Nacht mühsam geübt hatte.

„In den letzten Wochen ist mir klar geworden, dass mir etwas fehlt, wenn du nicht bei mir bist. Diese Leere habe ich nicht, wenn ich dich sehe.“ Ich sah, wie sich die Augen deiner Mutter mit Tränen füllten.

„Ich möchte, dass du bei mir bist, wenn ich am Morgen erwache. Ich liebe es, dich in meiner Nähe zu haben. Während der Arbeit freue ich mich auf die Zeit mir dir. Nach jemandem wie dir habe ich gesucht. Und ich wusste, als wir uns das erste Mal sahen, dass du die Richtige für mich bist. Möchtest du meine Frau werden?“

Tränen liefen über ihr Gesicht. Ich merkte, wie mein Herzschlag heftiger wurde. Ich glühte, als deine Mutter meinen Kopf in ihre Hände nahm und die Worte sprach, die sich für immer in mein Herz brannten.

Katarina

Katarina legte das Tagebuch aus der Hand und atmete tief durch. Ihre Kehle fühlte sich wund an. Sie griff nach einem Taschentuch und schnäuzte sich.

Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen.

Nicht auf Oliver.

Und schon gar nicht auf Florian.

Sie erhob sich und ging in Olivers Arbeitszimmer umher. Was sollte sie jetzt machen? Am liebsten hätte sie das Tagebuch gar nicht mehr aus der Hand gegeben. Aber konnte sie es einfach behalten?

Ihre Gedanken kreisten um Oliver. Was würde er sagen, wenn er wüsste, dass sie das Tagebuch gefunden hatte? Würde er ihr erlauben, es zu lesen?

Bevor ihre Gedanken weiter um das Tagebuch kreisen konnten, holte ihr Handy sie in die Wirklichkeit zurück. Auf dem Display erkannte Katarina, dass Mark der Anrufer war. Sie zögerte einen Augenblick, bevor sie den Anruf entgegen nahm.

„Hallo Schatz. In der Kanzlei sagte man mir, dass du bereits weg bist. Wo bist du?“

„Ich habe noch einen Termin mit einem Mandanten.“ Katarina hatte Mühe, ihre Stimme normal klingen zu lassen.

„Etwa ein Mann?“, frotzelte Mark. »Du weißt, dass ich es nicht gut finde, wenn du dich mit anderen Männern triffst.“

„Ich glaube nicht, dass Herbert Rehling dir Sorgen bereiten müsste.“

„Der Fleischereibesitzer?“

„Genau der.“

„Dann ist es ja gut. Wie lange brauchst du noch?“

„Das weiß ich nicht genau.“ Katarinas Stimme klang schärfer, als sie beabsichtigt hatte.

„Ist alles in Ordnung?“, wollte Mark wissen.

„Alles bestens. Ich bin bloß etwas gestresst. Sowie ich hier fertig bin, mache ich mich auf den Weg.“